Emanuel von Swedenborg (1688 – 1772)
Schwedischer
Naturforscher und Theosoph, der 1716 Bergassessor in Stockholm wurde. Swedenborg
entwickelte auf kartesianischen Grundlage eine Nebular- und Atomtheorie
und betrieb außerdem astronomische, geologisch-paläontologische und anatomisch-physiologische Untersuchungen. Paranormal begabt, sah er
den Brand von Stockholm voraus. 1747 legte
er sein Amt nieder, um »den Menschen den geistigen
Sinn der Heiligen Schrift auszulegen«. Aus visionären
Erlebnissen entstand schließlich eine umfassende Deutung des Universums:
Von Gott aus entfalte sich alles sein in 3 abgestuften Bereichen
(dem himmlischen, geistigen und natürlichen), die im Menschen
vereinigt seien. Die Geschichte auf der Erde stehe unter dem Zeichen fortschreitender
Verderbnis bis zur Aufschließung der Wahrheit durch ihn selbst und
der geistigen Wiederkunft Christi im Jahr 1770:
dann werde die Epoche der »Neuen Kirche« beginnen. — Seine Anhänger (Swedenborgianer)
sammelten sich in eigenen Vereinigungen (1782 in London, 1817 in den USA, 1874 in der Schweiz, 1922 in Deutschland.). — Über diesen Kreis hinaus hat sein Werk bedeutende Männer
angeregt (u.a. Lavater, Kant, Goethe, Schopenhauer, Claudius, Schelling,
Heine, Emerson und Strindberg). Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon |
Inhaltsverzeichnis
Gott
der Schöpfer
Gottes
Unendlichkeit oder Unermesslichkeit und Ewigkeit
01. Gott ist der Unendliche, weil Er in sich ist und existiert und alles im
Weltall aus Ihm ist und existiert.
02. Gott ist der Unendliche, weil Er vor der Welt war, und bevor Räume und Zeiten entstanden sind.
03. Gott ist nach der Erschaffung der Welt im Raum ohne Raum und in der Zeit
ohne Zeit.
04. Die Unendlichkeit Gottes heißt in Beziehung auf die Räume Unermesslichkeit,
und in Beziehung auf die Zeiten Ewigkeit, und obwohl diese Beziehungen bestehen,
ist dennoch nichts von Raum in Seiner Unermesslichkeit, und nichts von
Zeit in Seiner Ewigkeit.
05. Die erleuchtete Vernunft kann aus sehr vielem in der Welt die Unendlichkeit
Gottes, des Schöpfers, ersehen.
06. Alles Erschaffene ist endlich, und das Unendliche ist in den endlichen Subjekten
wie in Aufnahmsgefäßen und in den Menschen wie in seinen Ebenbildern.
S.51f.
Gottes
Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart
01.Der göttlichen Weisheit aus der göttlichen Liebe kommt Allmacht,
Allwissenheit und Allgegenwart zu.
02. Gottes Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart können nicht erkannt
werden, sofern man nicht weiß, was die Ordnung ist, und nicht von dieser
das weiß, daß Gott die Ordnung ist und daß er zugleich mit
der Schöpfung eine Ordnung eingeführt hat sowohl in das Weltganze,
als in alles und jedes desselben.
03. Gottes Allmacht im Weltganzen und in allem und jedem desselben geht vor
sich und wirkt gemäß den Gesetzen seiner Ordnung.
04. Gott ist allwissend, das heißt, Er nimmt wahr, sieht und weiß
bis zum Kleinsten herab alles und jedes, was der Ordnung gemäß existiert,
und aus diesem auch das, was wider die Ordnung geschieht.
05. Gott ist allgegenwärtig vom Ersten bis zum Letzten in seiner Ordnung.
06. Der Mensch ist zur Form der göttlichen Ordnung geschaffen worden.
07. Der Mensch ist insoweit in der Macht gegen das Böse und Falsche aus
der göttlichen Allmacht, und insoweit in der Weisheit in Rücksicht
des Guten und Wahren aus der göttlichen Allwissenheit, und insoweit in
Gott vermöge der göttlichen Allgegenwart, als er nach der göttlichen
Ordnung lebt. S.95
Der
Heilige Geist und die göttliche Einwirkung
01. Der Heilige Geist ist die göttliche Wahrheit
und auch die göttliche Kraft und Einwirkung, hervorgehend von dem einen
Gott, in welchem eine göttliche Dreieinheit ist, somit von dem Herrn Heiland.
02. Die göttliche Kraft und Einwirkung, welche unter
dem Heiligen Geist verstanden wird, ist im allgemeinen die Umbildung
und Wiedergeburt, und diesen gemäß die Erneuerung, Belebung, Heiligung
und Rechtfertigung, und diesen gemäß die Reinigung vom Bösen
und die Vergebung der Sünden, und zuletzt die Seligmachung.
03. Jene göttliche Kraft und Einwirkung, welche unter der Sendung des Heiligen
Geistes verstanden wird, ist bei den Geistlichen insbesondere die Erleuchtung
und Unterweisung.
04. Der Herr wirkt diese Kräfte in jenen, die an Ihn glauben.
05. Der Herr wirkt aus sich vom Vater her, und nicht umgekehrt.
06. Der Geist des Menschen ist dessen Gemüt und alles, was aus diesem hervorgeht. S.237
Die
göttliche Dreieinheit
01. Es gibt eine göttliche Dreieinheit, bestehend aus Vater, Sohn und Heiligem
Geist.
02. Diese drei, Vater, Sohn und Heiliger Geist, sind die drei Wesenheiten des
Einen Gottes, welche eins ausmachen, wie die Seele, der Leib und die Wirksamkeit
bei dem Menschen.
03. Vor Erschaffung der Welt war diese Dreieinheit nicht, sondern sie ist nach
der Erschaffung der Welt, als Gott Mensch wurde, vorgesehen und verwirklicht
worden, und zwar in dem Herrn Gott Erlöser und Heiland Jesus Christus. S.276f.
Aus: Emanuel Swedenborg, Die wahre christliche Religion
enthaltend die ganze Theologie der Neuen Kirche 1. Teil: Gott der Schöpfer
Swedenborg-Bibliothek, Verlag R. Halbeck, Berlin
Die
Geisterwelt oder der Zustand des Menschen nach dem Tode
Was in diesem Werke vom Himmel, von der Geisterwelt und der Hölle gesagt
ist, wird für alle dunkel sein, die keine Lust haben, geistige Wahrheiten
zu erkennen, hell dagegen für jeden, der das Wahre um des Wahren willen
liebt; denn was man liebt, dringt mit Licht in die Vorstellung ein, vor allem,
wenn man das Wahre liebt, denn alles Wahre ist im Licht.
Die Geisterwelt ist weder der Himmel noch die Hölle,
sondern ein Mittelort oder Mittelzustand zwischen beiden. Dorthin gelangt der
Mensch zuerst nach dem Tode; dann, nach vollbrachter Zeit, wird er gemäß
seinem Leben in der Welt entweder in den Himmel erhoben oder in die Hölle
gestürzt. Es wurde mir offenbart, daß die Geisterwelt ein
Mittelort ist, weil sich die Reiche des Himmels oberhalb, die der Hölle
unterhalb von ihr befinden; desgleichen, daß sie einen Mittelzustand darstellt,
weil der Mensch, so lange er dort lebt, noch nicht im Himmel und auch nicht
in der Hölle weilt. Der Zustand des Himmels im Menschen ist die Verbindung
des Guten mit dem Wahren, der Zustand der Hölle die Verbindung des Bösen
mit dem Falschen. Ist bei einem geistigen Menschen das Gute mit dem Wahren verbunden,
so gelangt er in den Himmel, denn diese Verbindung bedeutet den Himmel in ihm;
ist das Böse mit dem Falschen verbunden, so gelangt er in die Hölle,
denn diese Verbindung bedeutet die Hölle in ihm. Die Verbindung selbst
vollzieht sich in der Geisterwelt, denn hier befindet er sich im Mittelzustand.
Es ist gleichbedeutend, ob man sagt: Verbindung des Verstandes und Willens oder:
Verbindung des Guten mit dem Wahren.
Dem Menschen ist Verstand und Wille gegeben; der Verstand nimmt die Wahrheiten
auf und bildet sich aus ihnen; der Wille nimmt das Gute auf und entwickelt sich
aus ihm. Darum hält man alles, was man wissentlich denkt, für wahr,
und was man willentlich denkt, für gut. Man kann auf Grund seines Verstandes
erkennen, daß etwas gut und auch wahr ist, ohne es auf Grund seines Willens
zu erkennen: wenn man es nämlich nicht will und doch tut. Erst wenn man
es will und kraft seines Willens tut, besteht es sowohl im Verstande wie im
Willen, also auch im Menschen; denn weder der Verstand allein macht den Menschen
aus noch der Wille allein, sondern die Vereinigung von beiden; erst das, was
beiden gemeinsam ist, wurzelt im Menschen und gehört zu ihm. Die Möglichkeit,
daß man mit dem Verstande, getrennt vom Willen, denken kann, dient zum
Zwecke der Umwandlung des Menschen; denn durch die Wahrheiten wird ein Mensch
umgewandelt, und diese zu erkennen, ist Aufgabe des Verstandes. Seinem Willen
nach wird man in alles Böse hineingeboren und will keinem wohl außer
sich selbst. Wer nur an sich denkt, freut sich über jedes Unheil, das andern
zustößt, besonders wenn es um seinetwillen geschieht; er will die
Güter seiner Mitmenschen, ihre Würden und Reichtümer, an sich
bringen und frohlockt, je mehr es ihm gelingt. Damit dieser Wille verbessert
und geläutert werde, ist der Mensch befähigt, die Wahrheiten zu erkennen,
um durch sie den Trieb zum Bösen, der aus seinem Willen entspringt, zu
zügeln. So kommt es, daß er die Wahrheiten mit dem Verstande nicht
zu erkennen, sondern auch bekennen und ausführen kann; keineswegs aber
vermittelt ihm der Wille diese Erkenntnis, bevor er die Wahrheiten nicht aus
sich, das heißt, aus seinem Herzen heraus will und tut. Erst, wenn der
Mensch dahin gelangt ist, dann ist alles, was er mit dem Verstande erkennt,
Gegenstand seines
Glaubens, und was er mit Willen erkennt, Gegenstand seiner Liebe, und es verbinden
sich Glaube und Liebe in ihm, wie Verstand und Wille. Soweit nun die Wahrheiten
des Verstandes mit dem Guten des Willens im Einklang sind, jemand also das Wahre
will und auch tut, hat er den Himmel in sich, weil die Verbindung des Wahren
mit dem Guten, wie wir wissen, den Himmel darstellt; soweit das Falsche des
Verstandes mit dem Bösen des Willens verbunden ist, hat er die Hölle
in sich, denn die Verbindung des Bösen mit dem Falschen bedeutet die Hölle.
Besteht jedoch keine Verbindung zwischen beiden, so befindet er sich im Mittelzustand.
Fast jeder Mensch lebt heutzutage in diesem Zustand, daß er die Wahrheiten
kennt, sie vermöge seines Wissens und Verstandes zu erfassen vermag, dabei
viel, oder wenig, oder gar nichts mit ihnen anfängt, oder aus Liebe zum
Bösen und dem daraus entspringenden Glauben an das Falsche sogar ihnen
entgegen handelt. Damit er nun entweder zum Himmel oder zur Hölle gelange,
wird er nach dem Tode zuerst in die Geisterwelt geführt, wo bei denen,
die zum Himmel erhoben werden, die Verbindung des Guten mit dem Wahren, bei
denen, die in die Hölle stürzen, die Verbindung des Bösen mit
dem Falschen stattfindet. Weder im Himmel noch in der Hölle darf jemand
ein zwiespältiges Gemüt haben, nämlich etwas anderes erkennen
und etwas anderes wollen, sondern was er will, soll er auch erkennen, und was
er erkennt, soll er auch wollen. Wer daher im Himmel das Gute will, soll das
Wahre begreifen, und wer in der Hölle das Böse will, soll das Falsche
erfassen. Damm wird den Guten das Falsche genommen, und es werden ihnen die
mit ihrem Guten übereinstimmenden, gleichgerichteten Wahrheiten verliehen;
den Bösen dagegen werden die Wahrheiten genommen, und es wird ihnen das
mit ihrem Bösen übereinstimmende Falsche verliehen. So wird offenbar,
was die Geisterwelt bedeutet.
Die Geisterwelt erscheint wie ein Tal zwischen Bergen und Felsen, das hier und
dort sich senkt und hebt. Die Tore und Pforten zu den himmlischen Gemeinschaften
sind nur denen sichtbar, die zum Himmel vorbereitet werden; von den anderen
werden sie nicht gefunden. Zu jeder Gemeinschaft führt aus der Geisterwelt
ein Eingang und dahinter ein Weg, der, aufsteigend, sich in mehrere teilt. Die
Tore und Eingänge zur Hölle werden auch nur denen sichtbar, die sie
betreten sollen> ihnen werden sie aufgetan. Sind sie geöffnet, so zeigen
sich finstere, wie mit Ruß bedeckte Höhlen, schräg abwärts
in die Tiefe führend, wo wieder mehrere Eingänge sind. Aus jenen Höhlen
dunsten scheußliche Dämpfe und ekelerregende Gerüche auf, vor
denen die guten Geister voll Abscheu fliehen, während die bösen sich
gierig daran weiden, weil sie ihnen Genuß bereiten. So wie jemand in der
Welt am Bösen seine Lust hatte, erfreut er sich nach dem Tode an dem üblen
Geruch, dem sein Böses entspricht; darin kann man ihn mit Raubvögeln
und wilden Tieren, Raben, Wölfen und Schweinen vergleichen, die, den Dunst
witternd, sich auf Aas und Mist stürzen. Ich hörte jemand wie aus
innerem Schmerz laut aufschreien, als ihn ein aus dem Himmel strömender
Hauch berührte, dagegen blieb er still und heiter, als ihn der aus der
Hölle schwelende Dunst traf. Jeder Mensch hat gleichsam zwei Pforten: die
eine tut sich zur Hölle auf für das Böse und Falsche, die andere
zum Himmel für das Gute und Wahre. Die Pforten der Hölle sind in denen
geöffnet, die im Bösen und deshalb im Falschen leben; nur oben durch
die Spalten fließt etwas Licht aus dem Himmel herein, durch dessen Einfluß
der Mensch denken, folgern und reden kann. Die Pforten des Himmels sind in denen
geöffnet, die im Guten und deshalb im Wahren leben. Es gibt zwei Wege,
die den Menschen zur Vernunft führen: einen oberen oder inneren Weg, durch
den Gutes und Wahres von Gott her eindringt; einen unteren oder äußeren,
durch den Böses und Falsches von der Hölle her eindringt. Die Vernunft
selbst, zu der beide Wege führen, liegt in der Mitte. Soweit nun das Licht
vom Himmel einströmt, ist jemand vernünftig; soweit es nicht einströmt,
ist er unvernünftig, was er sich auch einbilden mag. Dies mußte erläutert
werden, um das Verhältnis des Menschen zum Himmel und zur Hölle klarzustellen.
Unter Geistern werden die Bewohner der Geisterwelt, unter Engeln die des Himmels
verstanden.
Wer überlegt, erkennt, daß nicht der Körper denkt, weil er Materie
ist, sondern die Seele, weil sie Geist ist. Die Seele des Menschen, über
deren Unsterblichkeit viele geschrieben haben, ist sein Geist, dessen Wesen
unsterblich ist und als geistige Kraft im Körper denkt; denn das Geistige
nimmt Geistiges auf und lebt geistig, das heißt, es denkt und will. Daher
gehört alles geistige Leben, das im Körper entsteht, zum Geist und
nicht zum Körper. Der Körper ist Materie, und die Materie, dem Körper
eigentümlich, dient nur als Hülle, gewissermaßen als Ausdrucksmittel
des Geistes, damit dieser Geist ein natürliches Leben führen und sich
nützlich in der Welt auswirken kann, deren sämtliche Dinge materiell,
das bedeutet, an sich leblos sind. Da nun das Materielle nicht lebt, sondern
nur das Geistige, so gehört offenbar alles, was im Menschen lebt, zum Bereich
seines Geistes, dem der Körper dienstbar ist, wie ein Werkzeug einer lebendigen
Kraft. Man sagt zwar von einem Werkzeug, es bewirkt, bewegt oder treibt; würde
man aber diese Tätigkeit dem Werkzeuge zuschreiben und nicht der Kraft,
die das Ganze vollbringt, so wäre es eine Täuschung.
Alles, was im Körper lebt und aus diesem Leben wirkt und fühlt, gehört
zum Geist und nicht zum Körper; daraus folgt, daß der Geist der eigentliche
Mensch ist, oder mit andern Worten: daß der Mensch,
an sich betrachtet, Geist ist, und daß dieser Geist auch die gleiche Gestalt
hat. Wenn alles, was im Menschen lebt und empfindet, zu seinem Geist
gehört, und vom Scheitel bis zur Sohle nichts in ihm entstehen kann, was
nicht lebt und empfindet, so muß bei der Trennung von Geist und Körper,
die man Sterben heißt, der Mensch noch Mensch bleiben und leben. Ich vernahm
aus dem Himmel, daß einige während des Sterbens, wenn sie auf der
Totenbahre liegen und noch nicht auf erweckt sind, in ihrem erkalteten Körper
weiterdenken, in der Meinung, sie lebten noch; nur mit dem Unterschied, daß
sie kein einziges materielles Teilchen ihres Körpers bewegen können.
Niemand kann denken oder wollen ohne eine Substanz als Vermittler. Ohne ein
Organ als Vermittler seines Gesichtes kann niemand sehen, ohne ein Organ als
Vermittler seines Gehöres niemand hören, sonst wären Gesicht
und Gehör ein Nichts, eine Unmöglichkeit. Das gleiche gilt für
das Denken, als das innere Sehen, und die Bewußtseinstätigkeit, als
das innere Hören; hätten sie nicht zur Vermittlung Substanzen, aus
organischen Formen gebildet, so könnten sie nicht ins Dasein treten. Daraus
folgt, daß der vom Körper losgelöste Geist des Menschen eine
Gestalt hat, die eine menschliche sein muß; daß er die
gleichen Sinne und Sinnesorgane besitzt, wie während seines Aufenthaltes
im Körper; daß alles Leben des Auges, des Ohres, kurz, der Sinne,
nicht zum Körper, sondern zum Geist gehören und sich bis ins kleinste
in ihm abspielt. Daher sehen, hören und empfinden die Geister ebenso
wie die Menschen, nur nach der Trennung vom Körper nicht mehr in der körperlichen,
sondern in der geistigen Welt. Solange ein Geist im Körper lebte, empfand
er körperlich durch die ihm anhaftende Materie; doch empfand er auch da
schon geistig, sooft er dachte und wollte.
Andersgläubige denken gewöhnlich, die Tiere lebten und empfänden
genauso; sie hätten also etwas Geistiges wie der Mensch, nur daß
es mit dem Körper stürbe. Doch ist das Geistige der Tiere von anderer
Art. Der Mensch besitzt etwas, was die Tiere nicht haben, nämlich einen
inneren Sinn, in den das Göttliche einströmt. Infolgedessen hat er
vor den Tieren voraus, daß er über Gott und die göttlichen Dinge
nachdenken, Gott lieben und mit ihm vereinigt werden kann. Was mit dem Göttlichen
vereinigt wird, kann nicht zerfallen; was aber nicht mit ihm vereinigt werden
kann, zerfällt. Ich weiß aus vielen Erfahrungen, daß der Mensch
seinem Innern nach Geist ist; wollte ich sie alle anführen, so könnte
ich, wie man zu sagen pflegt, Bände füllen. Ich sprach mit den Geistern
als Geist und sprach mit ihnen als Mensch im Körper. Sprach ich mit ihnen
als Geist, so waren sie der Meinung, ich sei selber ein Geist, genau wie sie
in menschlicher Gestalt; solange ich als Geist sprach, erschien ihnen nämlich
mein Inneres, während mein materieller Körper nicht erschien.
Wird der Mensch von seinem Körper getrennt, was mit
dem Tode eintritt, so lebt er trotzdem als ein Mensch weiter. Um mich
in dieser Anschauung zu bestärken, wurde ich in die Lage versetzt, mir
allen zu reden, die ich in ihrem körperlichen Leben gekannt hatte; mit
einigen stundenlang, mit einigen wochen- und monatelang, mit manchen jahrelang,
um alles bezeugen zu können. Ich muß hinzufügen, daß jeder
Mensch, während er noch im Körper lebt, sich geistig, ohne es zu wissen,
in Gemeinschaft mit Geistern befindet, und zwar der Gute in Gemeinschaft von
Engeln, der Böse in höllischer Gemeinschaft: jeder in der Gemeinschaft,
in die er nach dem Tode gelangt. Um zu beweisen, daß der Mensch
seinem Innern nach Geist ist, will ich aus meiner Erfahrung berichten, wie man
aus dem Körper entrückt und vom Geist an einen anderen Ort versetzt
wird. Der erste Vorgang, nämlich die Entrückung aus dem Körper,
ereignet sich folgendermaßen. Man wird in einen Zustand mitten zwischen
Schlafen und Wachen versetzt. In diesem Zustand glaubt man, völlig wach
zu sein; alle Sinne sind so wach, wie beim völligen Wachsein des Körpers,
sowohl Gesicht wie Gehör wie merkwürdigerweise auch das Gefühl,
das dann sogar feiner ist, als es im wachen Körper möglich wäre.
In diesem Zustand sind Geister und Engel leibhaftig von mir gesehen, gehört
und, was das Sonderbarste ist, auch berührt worden; dabei war mein Körper
fast völlig unbeteiligt. Dies ist der Zustand sogenannter körperlicher
Entrückungen, in dem man nicht weiß, ob man innerhalb oder außerhalb
des Körpers ist. Ich bin höchstens drei- oder viermal in diesen Zustand
versetzt worden, um ihn kennenzulernen. Auch der zweite Vorgang, nämlich
die vom Geiste bewirkte Entruckung an einen anderen Ort, ist mir durch die lebendige
Erfahrung vermittelt worden, aber auch nur zwei- bis dreimal. Ich will nichts
als meine Erfahrung schildern. Durch Gefilde und die Straßen einer Stadt
im Gespräch mit Geistern wandelnd, glaubte ich, ebenso wach und klar zu
sein wie immer. Ohne mich zu verirren, ging ich dahin und hatte währenddessen
ein Gesicht; ich sah Haine, Ströme, Paläste, Häuser, Menschen
und vieles andere mehr. Nachdem ich stundenlang so gewandelt war, sah ich plötzlich
wieder mit den Augen des Körpers und fand mich an einem anderen Ort. Darüber
war ich sehr betroffen, bis ich merkte, ein Zustand hatte mich befallen, ähnlich
wie Menschen, von denen es heißt: sie wurden vom Geist an einen anderen
Ort entrückt. Solange dieser Zustand währt, achtet man nicht des Weges,
wenn es auch meilenweit ginge, und nicht der Zeit, wenn es auch Stunden und
Tage dauerte, noch fühlt man irgendeine Ermattung; man wird auf Wegen geführt,
die man selber nicht kennt, ohne sich zu verirren, bis an sein Ziel.
Wenn der Körper seine Verrichtungen in der materiellen Welt, die den Gedanken
und Neigungen seines Geistes in der geistigen Welt entsprechen, nicht mehr erfüllen
kann, so sagt man, er stirbt, das geschieht, wenn die Atemzüge der Lunge
und die Pulsschläge des Herzens versagen. Trotzdem stirbt der Mensch nicht,
er wird nur vom Verstandlichen getrennt, das ihm in der Welt zum Gebrauch diente.
Ich behaupte, der Mensch selbst lebt weiter, weil er nicht
durch den Körper, sondern durch den Geist Mensch ist; es ist der Geist,
der in ihm denkt, und Denken und Neigung machen ihn zum Menschen. So kommt es,
daß der Mensch im Zustand des Sterbens nur von einer Welt in die andere
übergeht, weshalb der Tod in des Wortes innerstem Sinn Auferstehen und
Fortleben bedeutet.
Der Geist steht in inniger Gemeinschaft mit Atmen und Herzschlag, das Denken
mit dem Atem, und die Liebesneigung mit dem Herzen. Wenn diese beiden Bewegungen
im Körper aufhören, erfolgt sofort die Trennung, denn diese beiden,
das Atmen der Lunge und der Pulsschlag des Herzens, sind die eigentlichen Bande,
nach deren Zerreißen der Geist sich selbst überlassen bleibt, und
der Körper, des lebendigen Geistes beraubt, erkaltet und verwest. Ist die
Trennung erfolgt, so verharrt der Geist des Menschen noch eine Zeitlang im Körper,
doch nicht länger als bis zum völligen Stillstand des Herzens, der
verschieden eintritt, je nach der Krankheit, an der jemand stirbt. Bei einigen
hält die Bewegung des Herzens lange an, bei anderen bricht sie früher
ab. Sobald sie erlischt, wird der Mensch auf erweckt, was nur durch Gott geschehen
kann. Unter Auferweckung ist das Geleit des menschlichen Geistes aus dem Körper
und seine Einführung in die geistige Welt zu verstehen, gewöhnlich
Auferstehung genannt. Daß der menschliche Geist nicht eher vom Körper
getrennt wird, als bis die Bewegung des Herzens erlischt, kommt daher, weil
das Herz der Liebesneigung entspricht, die der Inbegriff des menschlichen Lebens
ist, denn aus der Liebe empfängt jeder seine Lebenswärme.
Ich will auf Grund meines Erlebnisses berichten, wie die Auferweckung vor sich
geht. Ich wurde in einen Zustand der Empfindungslosigkeit meiner körperlichen
Sinne versetzt, der dem von Sterbenden gleichkam, dabei blieb mein inneres Leben
und mein Denken unbeeinflußt, so daß ich wahrnehmen und mir einprägen
konnte, was mit denen, die von den Toten auferweckt werden, geschieht. Ich fühlte,
wie das Atmen des Körpers allmählich aufhörte, wie nur ein inneres,
geistiges Atmen, verbunden mit dem leisen und schwachen Atmen des Körpers,
zurückblieb. Zunächst offenbarte sich die Gemeinschaft des Herzschlags
mit dem himmlischen Reich, das dem menschlichen Herzen entspricht. Es erschienen
auch Engel aus diesem Reich, einige in der Ferne und zwei nahe zu meinen Häupten,
wo sie sich niederließen. Darauf verlor ich alle Gemütserregung,
nur Denken und Bewußtsein blieb mir. In diesem Zustand verharrte ich mehrere
Stunden. Jetzt entfernten sich die Geister, die mich umgeben hatten, in der
Meinung, ich sei gestorben, und wie von einem einbalsamierten Leichnam erhob
sich ein aromatischer Duft. Sind himmlische Engel in der Nähe, dann wird
die Verwesung wie Wohlgeruch empfunden, der die Geister, die ihn wittern, fernhält;
so werden auch böse Geister vom Geiste des Menschen ferngehalten bei seinem
Geleit in das ewige Leben. Die Engel, die zu meinen Häupten saßen,
waren schweigsam; sie brachten nur ihre Gedanken in Berührung mit den meinen.
Wenn diese Gedanken aufgenommen werden, wissen die Engel, der menschliche Geist
ist bereit, aus dem Körper geleitet zu werden. Die Übertragung ihrer
Gedanken geschah dadurch, daß sie mir ins Antlitz sahen; denn so vollzieht
sich im Himmel die Mitteilung der Gedanken. Da ich denken und wahrnehmen konnte,
um das Erlebnis der Auferweckung im Gedächtnis zu behalten, kam mir zu
Bewußtsein, daß die Engel zuerst meine Gedanken erforschten, ob
sie denen von Sterbenden glichen, die an das ewige Leben denken7 mit solchen
Gedanken suchten sie mich zu beschäftigen. Später wurde ich belehrt,
der menschliche Geist muß beim Verscheiden des Körpers so lange bei
seinem letzten Gedanken verharren, bis er zu denen zurückkehrt, die seiner
wesentlichen Neigung in der Welt entspringen. Vor allem empfand ich, daß
eine Anziehung, gleichsam Loslösung meines Innern, und zwar des Geistes
aus dem Körper, stattfand und erkannte, daß sie von Gott kam und
also die Auferstehung war.
Wenn die Engel des Himmels den Auferweckten empfangen, verlassen sie ihn nicht,
weil sie jeden lieben; ist der Geist aber nicht fähig, ihren Umgang zu
ertragen, so sehnt er sich selber von ihnen fort. Dann
nahen Engel aus dem geistigen Reiche, durch die er des Lichtes teilhaftig wird,
denn bis dahin hatte er nichts gesehen, sondern nur gedacht. Die geistigen Engel
leisten dem neuen Geiste sämtliche Dienste, die er sich im Zustand des
Lichtes wünschen kann; sie machen ihn mit allen Dingen des andern Lebens
vertraut, soweit er sie begreift. Zeigt er sich diesem Unterricht nicht
gewachsen, dann sehnt er sich fort; trotzdem verlassen ihn die Engel nicht,
sondern er trennt sich von ihnen. Darauf wird er von guten Geistern aufgenommen,
und auch hier werden ihm alle Dienste erwiesen; war sein weltliches Leben aber
derart, daß er nicht in ihrer Gemeinschaft weilen kann, dann sehnt er
sich auch von den Guten fort. Das geschieht so oft und so lange, bis er zu jenen
kommt, die mit seinem Leben in der Welt genau übereinstimmen; hier findet
er endlich eine Lebensmöglichkeit und führt merkwürdigerweise
dasselbe Leben wie in der Welt.
Der Mensch ist Mensch kraft seines Geistes, und die Gestalt des Geistes ist
menschlich, weil der Mensch geistig nach dem Bilde des Himmels geschaffen ist.
Der gesamte Himmel mit seinen Gesetzen ist der menschlichen Seele eingepflanzt;
daher ihre Fähigkeit, Einsicht und Weisheit aufzunehmen. Wenn der
Geist in die Geisterwelt eingeht, so hat er zunächst dasselbe Antlitz und
denselben Tonfall wie in der Welt; er befindet sich noch im äußeren
Zustand, und das Innere ist noch nicht aufgedeckt. Dann aber verändert
sich sein Antlitz völlig; es nimmt den Ausdruck der Liebe und Neigung an,
die sein Inneres in der Welt, das heißt, den Geist im Körper beherrschten.
Das Antlitz des Geistes ist nämlich vom Antlitz des Körpers grundverschieden;
das erste stammt von den Eltern, das zweite ist von seiner Neigung geprägt,
zu deren Abbild es wird. Dies Gesicht nimmt der Geist nach dem körperlichen
Leben an, wenn das Äußere abgestreift, und das Innere enthüllt
ist.
Die Gestalt des Menschen nach dem Tode ist um so schöner, je inniger er
die göttlichen Wahrheiten geliebt und nach ihnen gelebt hat. Gemäß
dieser Liebe und diesem Leben wird das Innere jedes Menschen erschlossen und
gestaltet; je inniger seine Neigung, desto schöner das Antlitz, desto ähnlicher
dem Bilde des Himmels. Daher sind die Engel im innersten Himmel die schönsten,
denn sie sind die Verkörperungen der himmlischen Liebe. Jene aber, die
nur äußerlich die göttlichen Wahrheiten geliebt und nach ihnen
gelebt haben, sind minder schön; es bleibt im Vergleich mit den anderen
etwas Dunkles in ihrem Antlitz zurück, das nicht erhellt ist vom Glanze
des inneren Lebens. Alle Vollkommenheit wächst, je innerlicher, und nimmt
ab, je äußerlicher ein Mensch ist, und mit ihr wächst und schwindet
die Schönheit. Ich sah Engelsgesichter im dritten
Himmel, die so schön waren, daß kein Maler mit all seiner Kunst so
viel Leben in Farben ausdrücken oder auch nur ein Tausendstel des Lichtes
widerspiegeln könnte, das in diesen Gesichtern erschien.
Der Mensch behält in der geistigen
Welt alle seine Eigenschaften, mit Ausnahme des irdischen Körpers; er sieht
wie vorher, hört, redet, riecht und schmeckt, hat Gefühle, Wünsche
und Gedanken und Überlegung. Seine Liebe und seine Neigungen bleiben
dieselben; wer Freude an den Wissenschaften hatte, liest
und schreibt wie früher, als ob er von einem Leben zum anderen gelangt
sei, wie von einem Orte zum andern. Er behält sein Gedächtnis, die
Erinnerung alles dessen, was er in der Welt gelernt, gesehen und erfahren hat
von der ersten Kindheit bis zum Lebensende. Da die natürlichen Bilder
des Gedächtnisses in der geistigen Welt nicht in Erscheinung treten können,
so ruhen sie, wie bei einem Menschen, bei dem sie in Vergessenheit geraten sind;
doch können sie jederzeit zum Vorschein kommen, wenn es Gott gefällt.
Zwischen dem Leben des Menschen in der geistigen und in der natürlichen
Welt besteht ein großer Unterschied, hinsichtlich der inneren wie der
äußeren Sinneseindrücke. Die im Himmel Weilenden sehen und hören
viel schärfer und denken weiser als die in der Welt, denn sie sehen mit
Hilfe des himmlischen Lichtes, das bei weitem das irdische überstrahlt,
und hören mittels der geistigen Atmosphäre, die weit vollkommener
als die weltliche ist. Die Verschiedenheit dieser äußeren Sinne ist
so groß, wie der Unterschied zwischen Helle und Nebel, zwischen Licht
am Mittag und Schatten am Abend. Das Licht des Himmels, als das göttlich
Wahre, befähigt die Engel, das Geringste zu sehen und zu unterscheiden;
ihr äußeres Sehen entspricht ihrem inneren Schauen oder ihrem Verstande,
und beide fließen ineinander und wirken zusammen als Einheit. Ähnlich
ist der Unterschied zwischen den Bewohnern der Hölle und denen der Welt;
so vollkommen die Sinne der Engel im Himmel sind, so unvollkommen sind sie bei
den Wesen der Hölle.
Ich habe viele Beweise erhalten,
daß der Mensch sein irdisches Gedächtnis beibehält; einige davon
will ich mitteilen. Es gab solche, die ihre in der Welt begangenen Verbrechen
und Schandtaten leugneten. Damit sie nicht schuldlos erschienen, wurde alles
enthüllt und vom ersten bis zum letzten Lebensalter aus ihrem Gedächtnis
der Reihe nach aufgezählt; hauptsächlich Ehebrüche und Verbrechen
der Unzucht. Andere hatten gestohlen oder mit Hilfe listiger Kniffe betrogen;
auch ihre Schlauheiten und Betrügereien wurden eine nach der andern aufgedeckt,
darunter manches, was außer ihnen kaum jemand in der Welt wußte.
Sie gestanden auch alles ein, denn es trat gleichsam im
Licht zutage, und jeder Gedanke, jede Absicht,
Freude und Furcht, die sie damals bewegt hatten, kehrten wieder. Andere
hatten Geschenke angenommen und aus dem richterlichen Amt eine Erwerbsquelle
gemacht; auch ihr Gedächtnis wurde geprüft, und alles vom ersten bis
zum letzten Tag ihrer Amtsführung aufgedeckt: Zahl und Art der Bestechungen,
Zeit, Absicht und Gelegenheit; alles wurde ihnen ins Gedächtnis
zurückgerufen und sichtbar dargestellt. Seltsamerweise wurden sogar
ihre Tagebücher, in die sie Aufzeichnungen gemacht hatten, aufgeschlagen.
Andere hatten Jungfrauen zur Unzucht verführt und ihre Keuschheit verletzt;
sie wurden vor ein ähnliches Gericht gestellt, dabei wurden sämtliche
Einzelheiten in ihrem Gedächtnis heraufbeschworen und aufgezählt.
Sogar die Gestalten der Frauen und Jungfrauen an Ort und Stelle, Worte und Begierden
kamen plötzlich zum Vorschein. Die Enthüllungen dauerten manchmal
stundenlang. Jemand hatte sich kein Gewissen daraus gemacht, andere anzuschwärzen,
ich hörte die Flut der Verleumdungen mit seinen eigenen Worten wiedergegeben,
über wen und vor wem sie gesagt waren, obwohl er sie ängstlich in
der Welt geheimgehalten hatte. Ein anderer hatte unter betrügerischen Vorspiegelungen
seine Verwandten um ihre Erbschaft gebracht, er wurde genauso überführt
und gerichtet; merkwürdigerweise wurde sogar ihr Briefwechsel vor meinen
Ohren verlesen, wobei sich herausstellte, daß kein Wort fehlte. Derselbe
hatte kurz vor seinem Tode heimlich seinen Nachbar mit Gift ermordet; das wurde
folgendermaßen enthüllt: er schien unter seinen Füßen
eine Grube zu graben, aus der ein Mann, wie aus einem Grabe, aufstieg. Dieser
Mann rief ihm zu: ,,Was hast du mir angetan?“ Darauf wurde alles offenbar:
wie der Giftmischer freundlich zu ihm geredet und ihm den Becher gereicht, was
er vorher gedacht, und was sich nachher ereignet hatte, und als das Ganze enthüllt
war, wurde er zur Hölle verurteilt. Mit einem Worte:
alle bösen und ruchlosen Taten, Raub, List und Betrug, werden im Gedächtnis
jedes bösen Geistes lebendig, und er wird von ihnen überführt;
ihm bleibt keine Möglichkeit mehr zum Leugnen, denn alle Vorgänge
erscheinen gleichzeitig. So nimmt der Mensch sein
ganzes Gedächtnis mit hinüber, und nichts ist in der Welt so verborgen,
daß es nicht nach dem Tode offenbar würde.
Nach dem Tode erwartet jeden sein Leben, und jeder wird
nach seinen Werken und Taten gerichtet. Doch ist unter Werken und Taten
nicht das äußere Geschehen, sondern das innere Wesen zu verstehen;
denn jedes Werk und jede Tat entspringt dem Wollen und Denken des Menschen,
sonst wären es nur Bewegungen von Automaten und Marionetten. Ist der Wille
und Gedanke gut, dann sind auch die Werke und Taten gut; ist der Wille und Gedanke
aber böse, dann sind auch die Werke und Taten böse.
Tausend Menschen mögen das gleiche tun, das heißt, die gleiche Handlung
begehen, so völlig übereinstimmend, daß äußerlich
kaum ein Unterschied besteht, und doch ist jede, an sich betrachtet, von der
anderen verschieden, weil die Beweggründe verschieden
sind. Das läßt sich an der gerechten und aufrichtigen Handlungsweise
gegen einen Mitmenschen beweisen. Der eine kann auf richtig gegen ihn handeln
sich selbst und seiner Ehre zuliebe; ein zweiter der Welt und seines Vorteils
wegen; ein dritter in der Hoffnung auf Wiedervergeltung, es möge ihm als
Verdienst angerechnet werden; ein vierter aus Freundschaft; ein fünfter
aus Furcht vor dem Gesetz und aus Angst, seinen guten Ruf und sein Amt zu verlieren;
ein sechster, um einen andern für seine Zwecke, auch für die bösen,
zu gewinnen; ein siebenter in betrügerischer Absicht, und so fort. Doch
die Taten der Betreffenden sind böse, sie mögen noch so gut erscheinen
— denn gerecht und aufrichtig gegen seinen Mitmenschen handeln, ist gut
—, weil sie nicht um der Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit willen, sondern
aus Selbstsucht und Weltliebe geschehen. In seinen Werken und Taten offenbart
sich der ganze Mensch. Wollen und Denken oder Liebe und Glaube, die Eigenschaften
des inneren Menschen, waren nicht vollkommen, fänden sie nicht ihren Ausdruck
in den Werken und Taten des äußeren Menschen. Durch sie erhalten
sie ihre letzten Begrenzungen, ohne die sie das Unendliche wären, das noch
nicht vorhanden ist, folglich im Menschen nicht sein kann. Denken und Wollen,
ohne zu handeln, obwohl man dazu imstande ist, gleicht einer Flamme, die, eingeschlossen
in einem Gefäß, erlischt, oder einem Samenkorn, das, in den Sand
geworfen, nicht aufgeht und mit allen Keimen verderben muß. Denken und
Wollen aber, und danach handeln, ist wie ein Feuer, das ringsum Licht und Wärme
verbreitet; wie ein Same im Erdreich, der zum Baum oder zur Blume erwächst.
Wollen und nicht handeln, obwohl man dazu imstande ist gilt als nicht wollen;
lieben und nicht das Gute tun, obwohl man dazu imstande ist, als nicht lieben.
Das Denken ist nur die Voraussetzung von Lieben und Wollen, etwas Abstraktes,
das schwindet und vergeht. Die Liebe und der Wille sind
die eigentliche Seele der Taten; sie formen den Leib des Menschen auf Grund
seiner gerechten und aufrichtigen Werke. Der geistige Leib oder der Leib des
Menschengeistes gestaltet sich nur durch das, was jemand aus Liebe oder mit
Willen tut; sein ganzes menschliches und geistiges Wesen äußert sich
in seinen Werken und Taten.
Der Mensch ist nach dem Tode ein Geschöpf seiner Liebe und seines Willens.
Der gesamte Himmel ist in Gemeinschaften nach den Abstufungen des Guten in der
Liebe eingestellt, und jeder Geist, der zum Himmel erhoben und Engel wird, gelangt
zur Gemeinschaft seiner Liebe. Hier fühlt er sich heimisch, wie in dem
Hause, wo er geboren ist, und gesellt sich zu seinesgleichen. Entfernt er sich
von dort in andere Gegenden, dann spürt er ein dauerndes Widerstreben und
sehnt sich zu seinesgleichen zurück. So bilden sich
Gemeinschaften im Himmel und in der Hölle auf Grund von Neigungen, nur
daß die Neigungen im Himmel denen der Hölle entgegengesetzt sind.
Kein Geist vermag sich seiner herrschenden Liebe zu entziehen, das sind die
Bande, die ihn fesseln, durch die man ihn leiten, von denen er sich nicht lösen
kann. Der Geist wird eins mit dieser Liebe, weil er alles ihr Gemäße
anzieht und alles ihr Fremde abstößt. Wie ein Mensch seiner Liebe
nach beschaffen ist, so bleibt er nach dem Tode in Ewigkeit, und keines Menschen
Liebe kann jemals verändert werden, denn die Liebe eines Geistes verändern,
hieße, sein Leben vernichten.
Jedes Lustgefühl des Menschen erwächst aus seiner Liebe; man empfindet
nur da Freude, wo man liebt. Die Freuden sind verschiedenartig; sie pflegen
ebenso mannigfaltig zu sein wie Menschen, Geister und Engel. Die Liebe des einen
gleicht keineswegs der des andern, daher hat auch niemand die gleiche Gesichtsform,
denn das Antlitz des Menschen ist das Abbild seiner Gesinnung,
in der geistigen Welt das Ebenbild seiner Liebe. Die Art der geistigen
Freuden, in die sich die natürlichen eines jeden nach dem Tode verwandeln,
geht aus der Lehre vom Zusammenhang zwischen Geistigem und Natürlichem
hervor, das sich gegenseitig entspricht. Wer diese Lehre beherrscht und sich
seiner Liebe bewußt ist, weiß von seinem Zustand nach dem Tode;
er braucht nur seine Liebe zu kennen, aus der alle Triebe stammen. Diese
Liebe jedoch zu erkennen, ist jedem versagt, der von Eigenliebe beherrscht wird,
seine bösen Taten gutheißt und das Falsche, das er begünstigt,
für wahr hält. Ein solcher Mensch kann sein Wissen nur aus
der Weisheit der andern schöpfen, weil diese sehen, was er nicht sieht;
vorausgesetzt, er steckt nicht so tief in Eigenliebe, daß er im voraus
jede andere Weisheit ablehnt. Wer Teil an der himmlischen Liebe hat, nimmt Belehrung
an, und das Böse seiner Geburt, in das er verstrickt ist, wird ihm durch
die Wahrheiten offenbart. Die Wahrheit des Guten lehrt jeden die Falschheit
des Bösen erkennen, nicht aber umgekehrt; denn das Falsche ist der Schatten
des Bösen und entspricht ihm auch. Deshalb gleichen die Bösen den
Blinden, die das Licht nicht sehen und vor ihm fliehen wie Nachteulen; die Guten
dagegen sehen mit offenen Augen und sind imstande, Licht und Schatten zu unterscheiden.
Wie die irdischen Freuden eines jeden sich nach dem Tode in das Entsprechende
verwandeln, geht zwar aus der Lehre von den Entsprechungen hervor; da diese
Lehre aber noch unbekannt ist, will ich den Vorgang durch bestimmte Beispiele
aus meiner Erfahrung erhellen.
Wer das Falsche geliebt und die Wahrheit gehaßt hat, stürzt in unterirdische
Höhlen mit finsteren Eingängen, in Felsenklüften verborgen; denn
das Falsche entspricht der Finsternis, wie
die Wahrheit dem Licht. Dasselbe
geschieht mit allen, die Vergnügen an heimlichen Ränken und versteckten
Bosheiten hatten; auch sie leben in unterirdischen Höhlen, raunen sich
in die Ohren und verkriechen sich in Gewölben von solcher Dunkelheit, daß
keiner den andern sieht; so vollzieht sich die Umwandlung ihrer Erdenfreuden.
Wer die Wissenschaften studiert hat, nur um gelehrt zu erscheinen, dabei ungebildet
geblieben und nichts in seinem Dünkel behalten hat, liebt sandige Orte,
die er sich vor Feldern und Gärten aussucht; denn das Sandige entspricht
seinen Studien. Wer die Gebote der Religion gekannt und nicht auf sein Leben
angewandt hat, wohnt an felsigen Orten zwischen Steinhaufen und meidet bebaute
Plätze, die ihm ein Greuel sind. Wer alles nur der Natur oder seiner eigenen
Klugheit zugeschrieben und durch allerhand Kniffe Würden und Reichtümer
erworben hat, ergötzt sich im anderen Leben an Zauberkünsten, die
ein Mißbrauch der göttlichen Ordnung sind. Wer die göttlichen
Wahrheiten zu seinen Gunsten verdreht und verfälscht hat, liebt das Harnhafte,
weil das den Reizen einer solchen Liebe entspricht. Wer ein schmutziger Geizhals
war, haust in Kellern, liebt den Unflat der Schweine und die aus dem Unverdauten
des Magens aufsteigenden Dünste. Wer sein Leben in Vergnügungen verpraßt,
Bauch und Gaumen gefrönt und darin das höchste Lebensgut erblickt
hat, weidet sich nach dem Tode an Exkrementen und Kloaken; denn solche Vergnügungen
sind geistiger Schmutz. Ein derartiger Mensch flieht vor reinen und sauberen
Orten, weil sie ihm zuwider sind. Wer seine Lust am Ehebruch hatte, hält
sich in Bordellen auf, wo alles schamlos und unzüchtig ist; er liebt diese
Häuser und meidet anständige, in deren Nähe ihm die Sinne schwinden;
sein größter Genuß ist, Ehen zu zerstören. Rachgierige
mit einer rohen und grausamen Natur lieben das Aashafte und leben auch in derartigen
Höllen. Und so fort.
Hingegen verwandeln sich die Freuden derer, die in der Welt in himmlischer Liebe
gelebt haben, in die entsprechenden Freuden des Himmels und seiner Sonne; alles
erscheint im Licht dieser Sonne, was in sich das Göttliche
birgt. Wer die Gebote der göttlichen Wahrheit um der Wahrheit willen geliebt
hat, weilt im andern Leben im Licht auf erhabenen Orten,
wie auf Bergen, in einem ewigen Himmelsglanz. Für
ihn gibt es keine Finsternis gleich den Nächten der Welt; Inder Wärme
des Frühlings grünen vor seinen Augen Acker, Ernten und Weinberge;
die Gegenstände in seinem Hause schimmern wie Edelsteine; die Fenster,
durch die er blickt, sind klar wie Kristall. Diese Freuden des Auges gleichen
den Freuden der Seele, weil sie dem Göttlichen entsprechen, denn die Worte
der Wahrheit, die er geliebt hat, entsprechen den Ernten, Fenstern und Weinbergen,
den Edelsteinen und dem Kristall. Wer die Lehren der Religion im Leben befolgt
hat, weilt im innersten Himmel. Mehr als alle im Genuß der Weisheit, erblickt
er in jedem Gegenstand die göttliche Herkunft; er sieht zwar die Gegenstände,
aber das Göttliche, dem sie entsprechen, strömt sogleich in seine
Seele und erfüllt sie mit solcher Seligkeit, daß alles in seiner
Empfindung vom Glanze des lachenden Lebens umspielt ist. Wer
die Wissenschaften studiert, Einsicht und Bildung erworben und das Göttliche
anerkannt hat, dessen Freude wird im anderen Leben in geistige Lust verwandelt,
zur Erkenntnis des Wahren und Guten; er wohnt in Gärten, schön
bepflanzt mit Beeten und Rasen und rings umfriedet von Alleen mit Bäumen
und Laubgängen. Die Bäume und Blumen wechseln von einem Tage zum andern;
der Anblick des Ganzen bietet die Freude des Gesamteindrucks, während die
Mannigfaltigkeit im einzelnen die Freude ständig noch steigert; so werden,
entsprechend den göttlichen Dingen, immer neue Erkenntnisse zu immer höherer
Vollendung vermittelt. Die Freude an den Gärten, Beeten, Blumen und Rasen
entspricht der Freude an der Wissenschaft und ihren Werken. Wer alles der göttlichen
Vorsehung zuschrieb und ihr gegenüber die Natur als etwas Totes, nur dem
Geistigen Dienstbares ansah und fest davon überzeugt war, lebt
im himmlischen Licht. Was vor seinen Augen erscheint, ist von diesem Licht umflossen
und wird durchsichtig, und in der Durchsichtigkeit offenbaren sich die unendlichen
Wechselspiele des Lichtes, die das innere Schauen gleichsam unmittelbar aufsaugt,
so daß die Freuden im Innern empfunden werden. Die Gegenstände
seines Hauses sind wie Diamanten, in denen sich das Strahlenspiel
widerspiegelt; es wurde gesagt, die Wände seien wie Kristall, also
ebenfalls durchsichtig, und gleich bewegten Gestalten steigen himmlische Erscheinungen
in ewigem Wechsel in ihnen auf. Diese Durchsichtigkeit
entspricht dem von Gott erleuchteten Verstande, wenn die Schatten der
natürlichen Welt von seiner Liebe und seinem Glauben genommen sind. Das
und unendlich viel mehr ist es, von dem die Bewohner des Himmels sagen, sie
hätten gesehen, was nie ein Auge sah, und durch die göttliche
Offenbarung gehört, was nie ein Ohr hörte. Wer nichts verheimlichen,
sondern alles, was er dachte, offen zeigen wollte, soweit es im bürgerlichen
Leben möglich ist, hat im Himmel ein strahlendes Antlitz, denn er dachte
gerecht und aufrichtig im göttlichen Sinne. Durch die Kraft dieses Lichtes
erscheinen in seinem Antlitz die einzelnen Gefühle und Gedanken wie gestaltet;
seine Reden und Taten sind gleichsam Ebenbilder seiner Liebe, und so wird er
mehr als alle andern geliebt. Wenn er redet, verdunkelt sich sein Antlitz etwas;
aber nach vollendeter Rede wird alles, was er gesagt hat, zugleich in seinem
Antlitz völlig sichtbar, und seine ganze Umwelt, die seinem Innern entspricht,
tritt so in Erscheinung, daß jedem ihr Sinn und ihre Bedeutung offenbar
wird. Geister, welche Heimlichkeiten lieben, fliehen schon in der Entfernung
vor ihm und scheinen sich wie Schlangen vor ihm zu verkriechen. Wer den Ehebruch
für ein Verbrechen hielt und in keuscher Ehe lebte, hat mehr als alle andern
die Harmonie des Himmels in sich; daher schmückt ihn die Schönheit
und Blüte einer ewigen Jugend; die Wonnen seiner Liebe, in die sich alle
Freuden des Himmels ergießen, sind unaussprechlich und wachsen unaufhörlich.
So verwandeln sich die Freuden der Menschen nach dem Tode in die ihnen entsprechenden,
und nur die Liebe währt in Ewigkeit: nämlich die eheliche Liebe, die
Liebe zur Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit, zum Guten und Wahren, die Liebe
zur Wissenschaft und Erkenntnis, zur Einsieht und Weisheit, und so fort. Aus
dieser Liebe entspringen die Freuden wie Ströme aus ihrer Quelle; auch
sie verbleiben, doch werden sie zu einer höheren Stufe erhoben bei ihrem
Übergang aus der natürlichen in die geistige Welt.
Der Mensch durchlebt drei Zustände nach dem Tode,
bevor er in den Himmel oder die Hölle gelangt.
Der erste ist der Zustand seines äußeren Wesens,
der zweite der seines innern Wesens und
der dritte der Zustand der Vorbereitung;
diese drei Zustände durchlebt er in der Geisterwelt.
Doch gibt es Ausnahmen: Menschen, die gleich nach dem Tode entweder in den Himmel
erhoben oder in die Hölle gestürzt werden. Die ersten sind in der
Welt wiedergeboren und so für den Himmel vorbereitet worden, daß
sie nur die natürlichen Unreinigkeiten mit ihrem Körper abzustreifen
brauchen, um gleich von Engeln emporgeleitet zu werden; ich sah, wie einige
nach der Todesstunde dorthin erhoben wurden. Die andern dagegen, die im Innern
böse und nach außen scheinbar gut waren, also voll List in ihrer
Bosheit Güte vorgetäuscht hatten, wurden sofort in die Hölle
gestürzt; ich sah einen Erzgauner mit dem Kopf nach unten und den Füßen
nach oben in die Hölle fahren.
Der erste Zustand des Menschen nach dem Tode gleicht seinem
Zustand in der Welt, weil er das äußere Wesen darstellt; er
besitzt die gleiche Gesichtsform, die gleiche Rede- und Ausdrucksweise, also
auch das gleiche moralische und bürgerliche Leben. Deshalb wähnt er,
noch auf der Welt zu sein, wofern er nicht darauf achtet, was mit ihm vorgeht,
und was ihm die Engel bei der Auferweckung gesagt haben, daß er jetzt
ein Geist sei. So folgt ein Leben aus dem andern, und der Tod ist nur ein Übergang.
Deshalb wird auch jeder, der ins andere Leben eingeht, dort von seinen Freunden
und Bekannten, die er in der Welt hatte, wiedererkannt; die Geister erkennen
ihn nicht nur an seinem Antlitz und seiner Sprache, sondern an seiner Lebenssphäre,
wenn sie ihm nahe kommen. Freunde freuen sich über ihr Wiedersehen, und
je nach der Art ihrer Freundschaft in der Welt, reden sie und treten in Verbindung
miteinander. Meist kommen Ehegatten wieder zusammen und begrüßen
sich voll Glück; sie bleiben auch beisammen, länger oder kürzer,
je nach der Harmonie ihres Zusammenlebens in der Welt. Wenn aber die wahre eheliche
Liebe, die eine geistige Gemeinschaft auf Grund der himmlischen Liebe ist, nicht
ihre Seelen verbunden hatte, scheiden sie nach kurzem Zusammensein wieder. Waren
sie uneinig, voll inneren Widerstrebens, so bricht ihr Streit in offene Feindschaft
aus; trotzdem trennen sie sich nicht eher, als bis sie den zweiten Zustand erreicht
haben, von dem im folgenden die Rede ist. Der erste Zustand dauert bei manchen
tagelang, bei manchen monatelang, bei manchen ein Jahr; selten aber länger
als ein Jahr, je nachdem das innere Wesen mit dem äußeren übereinstimmt
oder nicht; das äußere muß erst geklärt werden, damit
es dem inneren als Grundlage dienen kann.
Der zweite Zustand des Menschen nach dem Tode bedeutet sein inneres Wesen; er
wird in das Innere versenkt, das seine geistigen Kräfte, sein Denken oder
Wollen, enthält, während das äußere des ersten Zustandes
in Schlaf sinkt. Dies innere Wesen, in das nach vollendetem erstem Zustand der
Mensch als Geist versinkt, ist das gleiche wie in der Welt, wenn er, sich selbst
überlassen, frei und schrankenlos dachte. Er gleitet, ohne es zu wissen,
in diesen Zustand hinein, in dem er sich selber, das heißt, sein Leben
offenbart; denn frei aus eigener Neigung denken, ist das eigentliche Leben,
ist der Mensch selbst. In diesem Zustand offenbart sich, wie ein Mensch in der
Welt war. War er gut, so handelt er vernünftig und weise, ja viel weiser
als in der Welt, denn er ist jetzt von den Fesseln des Körpers und damit
von irdischen Dingen befreit, die ihn wie eine dunkle Wolke umschatteten. War
er böse, so handelt er töricht und unverständig, ja viel törichter
als in der Welt, weil er jetzt frei und durch keine Hemmungen mehr gebunden
ist. Solange er in der Welt lebte, war er nach außen hin vernünftig,
um als verständiger Mensch zu gelten; nun aber das Äußere von
ihm genommen ist, kommen seine Tollheiten an den Tag. Böse Geister pflegen,
weil sie in alle Arten des Bösen verrannt sind, häufig und schwer
gestraft zu werden. Es gibt viele Strafen in der Geisterwelt, ohne Ansehen der
Person, ob einer König oder Knecht in der Welt war. Jede Bosheit führt
ihre Strafe mit sich, beide sind miteinander verknüpft. Wer böse ist,
dessen Strafe ist auch böse, dabei wird keiner für die in der Welt
begangenen Bosheiten bestraft, sondern für das Böse, das er jetzt
tat. Es ist gleichbedeutend, ob man sagt: sie büßen die in der Welt
begangenen bösen Taten oder: die Bosheiten, die sie im andern Leben begehen,
denn nach dem Tode kehrt jeder zu seinem Leben, folglich zu seinen bösen
Taten zurück. Sie werden bestraft, weil Furcht vor Strafe das einzige Mittel
ist, ihre Bosheit zu zähmen; nichts vermag Ermahnung, Belehrung, noch Angst
vor Gesetz oder üblem Ruf; jeder handelt nach seiner Natur, die nur durch
Strafen gebändigt werden kann. Gute Geister dagegen werden nie gestraft,
selbst wenn sie Böses in der Welt taten; ihre bösen Taten kehren nicht
wieder, denn ihr Ursprung ist ein anderer1 nicht aus Vorsatz gegen das Wahre,
nur aus einem ererbten bösen Herzen wurden sie in blinder Lust mitgerissen.
Der böse Geist stürzt sich selbst in die Hölle zu seinesgleichen,
und im Fall erscheint er dem Auge wie einer, der rücklings mit dem Kopf
nach unten und den Füßen nach oben hinabstürzt. Das kommt daher,
weil er eine verkehrte Ordnung hat; er hatte die höllischen Dinge geliebt
und die himmlischen verworfen. Im zweiten Zustand erfolgt die Trennung der bösen
von den guten Geistern; im ersten sind sie beisammen, denn hier führen
sie ein äußeres Leben wie in der Welt. Anders dagegen, wenn sie in
das innere Wesen versenkt werden, und jeder seiner Natur oder seinem Willen
überantwortet wird.
Der dritte Zustand des Menschen nach dem Tode oder seines
Geistes ist der Zustand der Belehrung; er wird denen zuteil, die in den
Himmel gelangen und Engel werden, nicht aber denen, die in die Hölle stürzen,
da diese unbelehrbar sind. Keiner kann für den Himmel ohne Kenntnis des
Guten und Wahren vorbereitet werden; keiner kann wissen, was im geistigen Sinne
gut und wahr, und das Gegenteil davon, böse und falsch ist, wenn er sich
nicht belehren läßt. Die geistigen Wahrheiten lernt er nicht durch
die Welt, sondern durch den Himmel kennen. Ihre Belehrungen erfolgen durch Engel
mehrerer Gemeinschaften, besonders der nördlichen und südlichen Regionen,
denn ihnen ist die Einsicht und Weisheit dieser Erkenntnis verliehen. Die Orte
der Belehrung liegen gen Norden; sie sind verschieden und haben nach Art und
Gattung des himmlischen Guten eine bestimmte Einteilung, so daß jeder
dort nach seiner Anlage und Aufnahmefähigkeit unterrichtet werden kann.
Die Orte selbst dehnen sich rings in weitem Umkreis aus. Die Belehrung im Himmel
unterscheidet sich von der auf Erden dadurch, daß die Lehren nicht dem
Gedächtnis erteilt, sondern lebendig werden, denn das Gedächtnis der
Geister ist zugleich ihr Leben, weil sie alles, was mit ihrem Leben übereinstimmt,
in sich aufnehmen, alles andre dagegen ausschalten; die Geister bestehen aus
Neigungen, und so haben sie eine ihren Neigungen ähnliche Menschengestalt.
Sobald sie an den erwähnten Orten durch Belehrung für den Himmel vorbereitet
sind, was nicht lange dauert, weil sie vieles zugleich in geistigen Begriffen
umfassen, werden sie mit weißen Engelsgewändern wie aus zartester
Leinwand bekleidet und auf den Weg geleitet, der zum Himmel emporführt.
Dort werden sie Hüter-Engeln anvertraut und dann von andern Engeln aufgenommen
und in Gemeinschaften zu vielen Seligkeiten geführt.
Manche glauben, es sei schwer, ein geistiges Leben zu führen, um in den
Himmel zu kommen, denn sie haben gehört, man müsse der Welt entsagen,
die sogenannten fleischlichen und körperlichen Begierden ablegen und als
geistiger Mensch leben. Darunter verstehen sie die Abkehr von irdischen Dingen,
vor allem von Würden und Reichtümern, eine ständige, fromme Betrachtung
über Gott, das Heil und die Ewigkeit, und ein Leben voll von Gebeten und
der Lektüre erbaulicher Schriften. Das, glauben sie, hieße, der Welt
entsagen und nicht im Fleische, sondern im Geiste leben. Die Sache ist aber
ganz anders, wie ich aus vielen Erfahrungen und Unterhaltungen mit den Engeln
weiß. Wer auf diese Weise der Welt entsagt und geistig lebt, schafft sich
ein trauriges Leben, unempfänglich für himmlische Freude, denn jeden
erwartet später sein Leben. Vielmehr soll man gerade
in der Welt in Ämtern und Stellungen wirken, um durch ein bürgerliches
und moralisches Leben das geistige in sich aufzunehmen; das ist die einzige
Möglichkeit, sich durch Geistesbildung für den Himmel vorzubereiten.
Ein inneres Leben führen ohne ein äußeres, bedeutet soviel,
wie in einem Hause wohnen, das keinen Grund hat, das allmählich sich senkt,
Risse bekommt, aufklafft und schwankt, bis es zusammenfällt.
Betrachtet und erforscht man das menschliche Leben vom Standpunkt der Vernunft,
so findet man, daß es dreifach ist: geistig, moralisch und bürgerlich.
Diese drei Arten unterscheiden sich voneinander. Es gibt Menschen, die ein bürgerliches,
aber kein moralisches und geistiges Leben führen; es gibt solche, die ein
moralisches, aber kein geistiges führen; es gibt solche, die zugleich ein
bürgerliches, moralisches und geistiges Leben führen. Die letzten
führen ein Leben des Himmels, die andern dagegen ein vom Himmel entferntes
Weltleben. Schon daraus folgt, daß ein geistiges Leben nicht vom natürlichen
oder weltlichen getrennt, sondern mit ihm verbunden ist wie die Seele mit dem
Leib. Würde man beide trennen, so ergäbe sich der oben erwähnte
Vergleich mit dem Wohnhaus, das keinen Grund hat. Das
moralische und bürgerliche Leben ist nämlich der tätige Teil
des geistigen Lebens: Aufgabe des geistigen ist es, das Gute zu wollen; Aufgabe
des moralischen und bürgerlichen, es auszuführen. Wird das
eine vom andern getrennt, so besteht das geistige Leben nur aus Denken und Reden,
und der Wille tritt zurück, weil er keinen Boden hat; dabei ist der Wille
das eigentlich Geistige im Menschen.
Es ist nicht so schwer, als man glaubt, ein Leben des Himmels zu führen.
Wer sollte nicht ein moralisches und bürgerliches Leben führen können?
Schon als Kind wird jeder dazu angehalten und kennt es aus dem Leben der Welt.
Auch führt ja jeder dies Leben, der Böse wie der Gute; denn wer möchte
nicht aufrichtig erscheinen, und wer nicht gerecht? Fast alle üben nach
außen hin Gerechtigkeit und Redlichkeit so gewissenhaft, daß es
den Anschein erweckt, als seien sie wirklich im Herzen so und handelten danach.
Genauso soll der geistige Mensch leben, was er ebenso leicht vermag wie der
natürliche, mit dem einzigen Unterschied, daß der geistige an das
Göttliche glaubt und gerecht und aufrichtig nicht nur nach bürgerlichen
und moralischen, sondern auch nach göttlichen Gesetzen
handelt. Indem er bei seinen Handlungen an das Göttliche denkt, tritt er
in Gemeinschaft mit den Engeln des Himmels, und mit zunehmender Gemeinschaft
wird sein innerer Mensch erschlossen, der an sich geistig ist. In diesem Zustand
wird er von Gott an Kindes Statt angenommen und ohne sein Wissen geleitet, so
daß er die gerechten und aufrichtigen Taten seines bürgerlichen und
moralischen Lebens dann aus geistigem Ursprung begeht. Die Gesetze des geistigen,
bürgerlichen und moralischen Lebens werden auch in den zehn Geboten des
Dekalogs gelehrt, und zwar in den ersten drei die Gesetze des geistigen, in
den folgenden vier die Gesetze des bürgerlichen und in den letzten drei
die Gesetze des moralischen Lebens. Der rein weltliche Mensch lebt äußerlich
nach denselben Gesetzen wie der geistige; er ehrt in gleicher Weise das Göttliche,
geht zur Kirche, hört die Predigten, legt sein Gesicht in andächtige
Falten, tötet nicht, begeht keinen Ehebruch, stiehlt nicht, legt kein falsches
Zeugnis ab und beraubt seine Mitmenschen nicht ihrer Güter. Alles das aber
tut er nur sich und der Welt zuliebe zum Schein; im Innern ist er genau das
Gegenteil von dem, was er äußerlich vortäuscht. Im tiefsten
Herzen verwirft er das Göttliche, beim Gottesdienst spielt er den Heuchler,
unbeobachtet in seinen Gedanken lacht er über die heiligen Lehren der Religion
und hält sie für eine Fessel der einfältigen Masse. So kommt
es, daß er, vom Himmel geschieden, weder ein geistiger, moralischer, noch
ein bürgerlicher Mensch ist. Zwar tötet er nicht, doch haßt
er jeden, der ihm widerstrebt, und brennt vor Haß und Rachgier; er würde
auch töten, hielten ihn nicht bürgerliche Gesetze und äußere
Hemmungen zurück, vor denen er Angst hat. In seinen Begierden ist er ein
fortwährender Mörder und ständiger Ehebrecher; denn, selbst wenn
er den Ehebruch nicht begeht, hält er ihn doch für erlaubt und begeht
ihn in Gedanken, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Er stiehlt nicht, dabei
gelüstet ihn nach den Gütern der andern; List und Betrug sind keine
Verbrechen in seinen Augen, und so wird er ständig in seiner Gesinnung
zum Dieb.
Jeder möge wissen, daß Lauf und Richtung der Gedanken von den Absichten
eines Menschen bestimmt werden. Das Denken ist nämlich das innere Sehen
des Menschen, das, genau wie das äußere, in einer gegebenen Richtung
verläuft. Wird das innere Sehen oder Denken der Welt zugewandt und haftet
an ihr, muß er weltlich werden; richtet es sich auf das eigene, eitle
Ich, muß es fleischlich werden; erhebt es sich aber zum Himmel, muß
es himmlisch werden. Das selbstsichere Denken wird vom Himmel abgelenkt und
ins Fleischliche versenkt, und das gleiche geschieht mit dem weltlichen Denken:
es zersplittert sich in den Dingen, die vor Augen sind. Die Liebe eines Menschen
bestimmt seine Absicht; sie verleiht dem inneren Sehen oder Denken die Richtung;
diese Absicht ist sein Wille. Was jemand will, beabsichtigt er, und was er beabsichtigt,
denkt er. Richtet sich seine Absicht auf den Himmel, so zielt auch sein Denken
dahin, wie sein ganzes Wesen, das dann am Himmel teilnimmt. Von hier aus blickt
er auf die Dinge der Welt herab, als lägen sie unter ihm wie Häuser,
von der Höhe eines Daches gesehen. So kommt es, daß jeder, dessen
Inneres erschlossen ist, das Böse und Falsche an sich selber sehen kann,
weil es unterhalb seines Geistes liegt; umgekehrt aber jemand, dessen Inneres
nicht erschlossen ist, das Böse und Falsche nicht sieht, weil er nicht
darüber, sondern darin steht. Das ist die Erklärung, wie ein Mensch
zur Weisheit oder Torheit gelangt und wie er nach dem Tode beschaffen sein muß,
wenn es ihm überlassen bleibt, seinem Innern gemäß zu wollen,
zu denken, zu handeln und zu reden.
Es ist nicht so schwer, als man glaubt, ein Leben des Himmels zu führen.
Sooft man einer Unredlichkeit und Ungerechtigkeit begegnet,
zu der man sich hingezogen fühlt, braucht man nur daran zu denken, man
darf sie nicht begehen, weil es gegen die göttlichen Gebote verstößt.
Wer sich an diesen Gedanken gewöhnt, erlangt durch die Gewohnheit eine
gewisse Macht und wird so allmählich mit dem Himmel verbunden. Das Böse
kann nicht eher beseitigt werden, als bis man es durchschaut; diesen Weg beschreitet
der Mensch nach eigener Wahl, und wer sollte nicht freiwillig sich diesen Gedanken
zu eigen machen? Doch muß man sich klar sein, daß die Schwierigkeit,
so zu denken und dem Bösen zu widerstehen, in dem Maße wächst,
je mehr man das Böse mit Willen tut; man gewöhnt sich dann so daran,
daß man es schließlich nicht mehr sieht und zuletzt liebt; man entschuldigt
es, weil es einem Freude macht, begründet es mit allerhand Trugschlüssen
und hält es am Ende für gut und erlaubt. Das ist bei denen der Fall,
die sich in der Jugend zügellos ins Böse stürzen
und gleichzeitig das Göttliche aus ihrem Herzen verbannen.
Einst wurde mir der Weg sichtbar, der zum Himmel und auch zur Hölle führt.
Es war ein breiter Weg, nach links oder Norden gerichtet, und viele Geister
erschienen, die ihn gingen. In der Ferne aber, wo der breite Weg endete, sah
man einen ziemlich großen Stein, von dem zwei Pfade abzweigten; einer
nach links und der andere in entgegengesetzter Richtung nach rechts. Der Pfad,
der nach links bog, war eng und schmal und führte über Westen nach
Süden ins Licht des Himmels; der Pfad, der nach rechts bog, war breit und
geräumig und führte schräg abwärts in die Hölle. Zunächst
schienen alle denselben Weg zu gehen bis zu dem großen Stein am Scheidewege;
dort angekommen, trennten sie sich. Die Guten wandten sich zur Linken und gingen
den schmalen Pfad, der zum Himmel führte; die Bösen dagegen sahen
den Stein am Scheidewege nicht, stolperten über ihn, verletzten sich und
liefen, nachdem sie aufgestanden waren, den rechten Pfad weiter, der zur Hölle
führte. Später wurde mir erklärt, was das alles zu bedeuten habe.
Durch den ersten, breiten Weg, den viele, Gute und Böse zugleich, wandelten,
wobei sie sich ohne Unterschied wie Freunde unterhielten, wurden jene veranschaulicht,
deren äußeres Leben gerecht und aufrichtig ist, so daß man
sie sichtbar nicht unterscheiden kann. Durch den Stein am Scheideweg oder den
Eckstein, über den die Bösen stolperten, um dann auf dem Pfade weiterzulaufen,
der zur Hölle führte, wurde das göttlich Wahre veranschaulicht,
das die zur Hölle Gekehrten leugnen; im höchsten Sinne ward durch
diesen Stein das Göttlich-Menschliche Gottes dargestellt. So zeigt sich
wiederum, daß die Bösen äußerlich dasselbe Leben führen
wie die Guten. Die Gedanken der Menschen, die ihrer Absicht oder ihrem Willen
entspringen, werden im andern Leben durch Wege veranschaulicht; wirklich treten
dort Wege zutage, ähnlich wie Gedanken in einer Absicht, und jeder wandelt
nach seinen Gedanken. Deshalb kann man die Geister und ihre Gedanken an ihren
Wegen erkennen.
Ich war in der Lage, mit einigen im andern Leben zu reden, die sich in der Welt
von ihren Beschäftigungen zurückgezogen hatten, um fromm und heilig
zu leben; auch sprach ich mit solchen, die sich auf manche Art kasteit hatten,
in dem Glauben, das hieße, der Welt entsagen und die Lüste des Fleisches
zähmen. Da viele von ihnen sich ein trauriges Leben
geschaffen und von der tätigen Liebe entfernt hatten, die man nur in der
Welt ausüben kann, so konnten sie nicht mit den Engeln vereinigt werden,
denn das Leben der Engel ist fröhlich aus Seligkeit und besteht aus Werken
des Guten und der Liebe. Außerdem brennen alle, die sich vom weltlichen
Leben zurückgezogen haben, vor Gier nach Verdiensten; unablässig verlangen
sie nach dem Himmel und betrachten die himmlische Freude als einen Lohn, ohne
im geringsten zu wissen, was himmlische Freude bedeutet. Ebensowenig
gelangen jene in den Himmel, die nach außen hin heilig gelebt, ständig
in Kirchen und Gebeten gelegen, an ihre Brust geschlagen und dabei stets von
sich gedacht hatten, sie müßten vor allen andern geachtet und nach
ihrem Tode als Heilige verehrt werden: denn sie taten es nur um ihrer selbst
willen. Weil einige von ihnen die göttlichen Wahrheiten durch ihre Eigenliebe
entweiht und herabgezogen haben, verfallen sie in solchen Wahnsinn, daß
sie sich für Götter halten; sie kommen deshalb zu ihresgleichen in
die Hölle. Andere sind schlaue Betrüger und kommen in die Höllen
der Betrüger, nämlich solche, die durch geschickte Kunstgriffe etwas
vorgetäuscht haben, wodurch sie das gemeine Volk zu dem Wahne verleiten,
daß göttliche Heiligkeit in ihnen wohne.
Dies ist gesagt worden, damit man erkenne: nicht ein weltabgewandtes Leben führt
zum Himmel, sondern ein Leben in der Welt. Ein Leben der Frömmigkeit ohne
Nächstenliebe, die nur in der Welt möglich ist, führt niemals
dorthin, wohl aber ein Leben der tätigen Liebe, welche darin besteht, daß
man in jedem Beruf, in jedem Geschäft, in jedem Werk gerecht und aufrichtig
nach seinem Innern, also aus göttlichem Ursprung handelt.
Aus: Emanuel Swedenborg, Himmel, Hölle, Geisterwelt.
© 1925 by Verlag die Schmiede, Berlin
Auch enthalten in: Das große Buch der Mystiker. Herausgegeben von Wulfing
von Rohr und Diane von Weltzien, Goldmann Verlag