Johannes von Damaskus (675 – 749)

Griechischer Schriftsteller, Theologe, Mönch, Kirchenlehrer und Kirchenvater. Mit Johannes schloß in der christlichen Theologie die Ära der Patristik und begann die nachfolgende der orthodoxen Lehrtheologie. Dieser »letzte große Kirchenvater des Morgenlandes, der klassische Dogmatiker der griechisch orthodoxen Kirche«, wurde als Sohn eines hohen sarazenischen Staatsbeamten zu Damaskus gegen Ende des siebenten Jahrhunderts geboren. Sein Vater hinterließ ihm die Oberaufsicht über die Steuern der Provinz Syrien, aber schon bald nach 730 schied er aus dem Staatsdienst, weihte sein Leben der klösterlichen Einkehr und Gottinnigkeit, forschte, sammelte, dachte nach, betete und bereitete sich für die Gegenwart Gottes. Er starb in der Lawra des heiligen Sabas bei Jerusalem. Den Theologen ist er als verlässlicher Übermittler vertraut: alles, was er sagt, steht schon irgendwo, und er hat es nur gesammelt. Aber wie er es gesammelt hat, geordnet hat, mit der ihm eigenen Bedeutung versehen hat — und überhaupt, wie er seine Lehre vom »Bedeuten« aus den Schriften des Pseudo-Areopagiten und Gregors von Nyssa geschöpft hat — das stempelt ihn zu einem der (wenn auch fernen) Väter der christlichen Mystik.
— Heiliger (Tag im Westen und Osten 4. 12.)

Das Werk
»Die genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens« von J
ohannes ist im Volltext online in der »Bibliothek der Kirchenväter« von Gregor Emmenegger, Departement für Patristik und Kirchengeschichte an der Universität Fribourg, eingestellt.

Siehe auch Wikipedia , Heiligenlexikon und Kirchenlexikon

Aus der Darlegung des orthodoxen Glaubens«
... Die Gottheit ist unbegreifbar und so wird Sie sicherlich auch ohne Namen sein. Da wir Ihr Wesen nicht kennen können, so hätte es auch keinen Sinn, nach dem Namen Ihres Wesens zu forschen. Und überdies bezeichnen die Namen ja immer nur Sachen, Geschöpfe, Seiendes. Gott ist freilich gütig und hat uns in Seiner Güte aus dem Nichtsein ins Sein berufen, und um uns Seine Güte mitzuteilen hat Er uns auch mit Erkenntnis ausgestattet. Allein die Erkenntnis Seines Wesens hat Er uns nicht mitgeteilt, so wenig wie Sein Wesen selbst. Denn es ist ja unmöglich, daß endliche Natur jemals die unendliche Übernatur vollkommen erkenne. Mögen wir auch das Seiende kennen — wie könnten wir je an das Überseiende heranreichen? Und doch gefiel es Gott in Seiner unaussprechlichen Güte, Sich von uns nach dem nennen zu lassen, was eben uns entspricht; und so sind wir trotz allem nicht völlig bar Seiner Erkenntnis, und so haben wir dennoch ein — wenn auch sehr dunkles — Verständnis für das, was Sein Wesen sein könnte. Zwar ist uns Sein Unbegreifliches auch unnennbar — da Er aber die Ursache aller Dinge ist und da Er alle Begriffe und alle Ursachen von allem Geschaffenen in Sich trägt, wird Er auch nach allem Geschaffenen benannt, nach dem Seienden wie nach dessem Gegenseienden, wie z.B. nach dem Licht und nach der Finsternis, nach dem Wasser und nach dem Feuer. Wir sollten aber daran nur erkennen, daß Er dieses alles dem Wesen nach gar nicht sein kann. Doch als überwesentlich und als unbenennbar bedeutet Er dies alles und kann als die schöpferische Ursache von allem auch nach allem von Ihm Geschaffenen und Verursachten genannt werden.

Die
verneinenden Namen Gottes sind alle jene, die Sein Überwesentliches bedeuten sollen — wie z.B. »wesenlos«, »anfanglos«, »zeitlos«, »unsichtbar», nicht als ob Er geringer wäre als irgendetwas oder als ob Ihm irgendetwas fehlen könnte — alles ist ja das Seine und aus Ihm und durch Ihn ist alles geworden und hat nur durch Ihn Bestand — sondern weil Er unfaßbar erhaben über alle Wesen ist. Dagegen die anderen, die bejahenden Aussagen von Gott bedeuten im Munde der Aussagenden immer nur, daß Er als schöpferische Ursache von diesem allen auch darin stets gegenwärtig ist. Auch in diesem Sinne ist Gott also allgegenwärtig: alles bedeutet nur Ihn ... (
Cap. XII).
Enthalten in: Christliche Geisteswelt, Band II, Die Welt der Mystik . Herausgegeben von Walter Tritsch (S.78f..)
Holle Verlag , Darmstadt