Georg Brandes, eigentlich Morris Cohen (1842 – 1927)

  Dänischer Philosoph, Schriftsteller und Religionskritiker jüdischer Herkunft; Brandes war einer der wichtigsten Wegbereiter Nietzsches, denn er hielt als erster in Kopenhagen Vorlesungen über die Gedankenwelt Nietzsches.

Friedrich Wilhelm Nietzsche:
Zehn Jahre: und niemand in Deutschland hat sich eine Gewissensschuld daraus gemacht, meinen Namen gegen das absurde Stillschweigen zu verteidigen, unter dem er vergraben lag: ein Ausländer, ein Däne war es, der zuerst dazu genug Feinheit des Instinkts und Mut hatte ... An welcher deutschen Universität wären heute Vorlesungen über meine Philosophie möglich, wie sie letztes Frühjahr der damit noch einmal mehr bewiesene Psycholog Dr. Georg Brandes in Kopenhagen gehalten hat? (Ecce homo)

Brandes
ist Urheber einer kulturradikalen, kosmopolitischen und antiklerikalen Strömung in Dänemark und Norwegen. Er wird als Wegbereiter des Naturalismus in der dänischen Literatur angesehen.

Siehe auch Wikipedia

Inhaltsverzeichnis
Gott ist Licht - die Logos- und die Lichtlehre im Johannesevangelium
Sophia – Heiliger Geist, Mutter Gottes oder Göttin der Weisheit . . .

>>>Christus
Was am 20. Mai 325 im großen Kaisersaal in Nizäa geschah
Hat Jesus wirklich existiert?
Der Jesus der Evangelien
Lehre Jesu
Gab es ein Urevangelium?


Gott ist Licht - die Logos- und die Lichtlehre im Johannesevangelium
Das Werk beginnt nicht wie eine Erzählung, sondern wie eine Fanfare, tönend, singend, dröhnend, sich in überraschender Mystik tummelnd: »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort... Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat‘s nicht begriffen.«

Hier ist, als ob es galt, die gedrängteste, herausforderndste Form zu finden, alles gesammelt, was sich im Alten Testament anspruchslos verstreut findet.

Die Logos- und die Lichtlehre findet man ja rings im Alten Testament. Gottes Wort sagte: Es werde Licht, und es ward Licht (1. Buch Moses 1, 3). Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Geist seines Mundes (Psalm 33, 6). Denn wie da hinabfährt der Regen und Schnee vom Himmel und dahin nicht zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und fruchtbar macht . . . also auch mein Wort, das aus meinem Munde geht, nicht kehrt es leer zu mir zurück (Jesaia 55, 10). Doch die Weisheit, wo ist sie zu finden, und wo ist der Einsicht Stätte? Ihre Schätzung kennet nicht der Mensch, und im Land des Lebens ist sie nicht zu finden. Flut spricht: Nicht in mir ist sie. . . Gott kennt ihren Weg, er weiß ihre Stätte (Hiob 28, 12ff) und so in vielen anderen verwandten Aussprüchen.

Der Verfasser des Evangeliums geht von einem ganz einfachen, in Wirklichkeit nicht tiefen Grundgedanken aus:
Gott ist Licht, die Welt liegt in Finsternis. Die Möglichkeit dafür, dass nicht alles in die Brüche geht, ist mit Logos, dem beliebten Begriff der damaligen Gnostiker gegeben, der stärker als Chaos ist und den Teufel überwindet.

Sehr bezeichnend für den Zeitpunkt, zu dem das Evangelium geschrieben wurde, ist außerdem die häufige Anrufung des Geistes, der ersteht, wenn Jesus auch das Erdenleben verlässt, der
Paraklet, wie er genannt wird, der Fürsprecher der Menschen bei Gott (Joh. 14, 16 und 26, 16, 7), eine geistige Macht, die um die Mitte des zweiten Jahrhunderts in Kleinasien verehrt wurde, und hier so auftritt, dass sie die Wiederkunft Christi ganz überflüssig macht. Der Paraklet ersetzt ihn.
Aus: Georg Brandes, Die Jesus-Sage, (S.136-137), Erich Reiss Verlag, Berlin