Sophia [griech. »Weisheit«] (zeitlose Existenz)
Mystische Göttin der Weisheit, die der göttlichen Weisheit als (dreifacher) Licht-Abglanz Gottes Ausdruck verleiht. Wenn man das göttliche Licht mit der Sonne vergliche, dann müsste man Sophias Lichtglanz mit dem des Mondes vergleichen. In der platonischen Philosophie wird »Sophia« mit dem Wissen der göttlichen Ideen identifiziert; religionsgeschichtlich wird »die Sophia« als personifizierte Weisheit Gottes (siehe auch Salomo) deklariert — Eine besondere Sophia-Theologie (Sophiologie) von der orthodoxe Schultheologie stark bekämpft — entwickelte die russische religiöse Philosophie des 19. und 20. Jh. unter Aufnahme von Gedanken Jakob Boehmes. Dabei nahm die Sophia auch die Bedeutung einer idealen Urgestalt der Schöpfung an (Wladimir Solowjew, Pawel Florenskij, besonders Sergei Bulgakow). |
Inhaltsverzeichnis
Salomos Weisheit
Salomo empfängt und erfährt die Weisheit
Die Sprüche Salomos
Einladung und Verheißung der Weisheit
Die Weisheit als Gottes Liebling
Weisheit und Torheit laden zum Mahle
Das Buch Jesus Sirach
Vom göttlichen Ursprung der Weisheit
Vom Wert der Weisheit
Vom Streben nach der Weisheit
Vom Trachten nach Weisheit
Das Hohelied der Weisheit
Das Buch Hiob (Ijob)
Das Lied von der Weisheit Gottes
Christosophia (Jakob Böhme)
Sophia – Heiliger Geist, Mutter Gottes oder Göttin der Weisheit . . .(Georg Brandes)
Pistis Sophia
Biblische Texte
Salomos Weisheit
7
Salomo >> empfängt und erfährt die Weisheit
22 Denn es wohnt in ihr ein Geist, der
verständig ist, heilig, einzigartig, vielfältig,
fein, behend, durchdringend, rein, klar, unversehrt, freundlich,
scharfsinnig, ungehindert, wohltätig,
23 menschenfreundlich, beständig, gewiß, ohne Sorge,
sie vermag alles, sieht alles, und durchdringt selbst alle Geister, die verständig,
lauter und sehr fein sind.
24 Denn die Weisheit ist regsamer als alles, was sich regt, sie geht und dringt
durch alles - so rein ist sie.
25 Denn sie ist ein Hauch der göttlichen Kraft und ein
reiner Strahl der Herrlichkeit des Allmächtigen; darum
kann nichts Unreines in sie hineinkommen.
26 Denn sie ist ein Abglanz des ewigen Lichts
und ein fleckenloser Spiegel des göttlichen Wirkens und
ein Bild seiner Güte.
27 Obwohl sie nur eine ist, kann sie doch alles. Und obwohl sie bei sich selbst
bleibt, erneuert sie das All, und von Geschlecht zu Geschlecht geht
sie in heilige Seelen und macht sie zu Freunden Gottes und zu Propheten.
28 Denn niemanden liebt Gott, außer dem, der mit der Weisheit lebt.
29 Denn sie ist herrlicher als die Sonne und übertrifft alle Sternbilder.
Verglichen mit dem Licht hat sie den Vorrang.
30 Denn das Licht muß der Nacht weichen, aber die Bosheit kann die Weisheit
nicht überwältigen.
Aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers
mit Apokryphen in der revidierten Fassung von 1984
Deutsche Bibelgesellschaft
Die Sprüche
Salomos
8 Einladung und Verheißung
der Weisheit
1 Ruft nicht die Weisheit, und lässt nicht die Klugheit sich hören?
2 Öffentlich am Wege steht sie und an der Kreuzung der Straßen;
3 an den Toren am Ausgang der Stadt und am Eingang der Pforte ruft sie:
4 O ihr Männer, euch rufe ich und erhebe meine Stimme zu den Menschenkindern!
5 Merkt, ihr Unverständigen, auf Klugheit, und ihr Toren, nehmt Verstand
an!
6 Hört, denn ich rede, was edel ist, und meine Lippen sprechen, was recht
ist.
7 Denn mein Mund redet die Weisheit, und meine Lippen hassen, was gottlos ist.
8 Alle Reden meines Mundes sind gerecht, es ist nichts Verkehrtes noch Falsches
darin.
9 Sie sind alle recht für die Verständigen und richtig denen, die
Erkenntnis gefunden haben.
10 Nehmt meine Zucht an lieber als Silber und achtet Erkenntnis höher als
kostbares Gold.
11 Denn Weisheit ist besser als Perlen, und alles, was man wünschen mag,
kann ihr nicht gleichen.
12 Ich, die Weisheit, wohne bei der Klugheit und weiß guten Rat zu geben.
13 Die Furcht des HERRN hasst das Arge; Hoffart und Hochmut, bösem Wandel
und falschen Lippen bin ich Feind.
14 Mein ist beides, Rat und Tat, ich habe Verstand und Macht.
15 Durch mich regieren die Könige und setzen die Ratsherren das Recht.
16 Durch mich herrschen die Fürsten und die Edlen richten auf Erden.
17 Ich liebe, die mich lieben, und die mich suchen, finden mich.
18 Reichtum und Ehre ist bei mir, bleibendes Gut und Gerechtigkeit.
19 Meine Frucht ist besser als Gold und feines Gold, und mein Ertrag besser
als erlesenes Silber.
20 Ich wandle auf dem Wege der Gerechtigkeit, mitten auf der Straße des
Rechts,
21 dass ich versorge mit Besitz, die mich lieben, und ihre Schatzkammern fülle.
Die
Weisheit als Gottes Liebling
22 Der HERR hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege,
ehe er etwas schuf, von Anbeginn her.
23 Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, im Anfang, ehe
die Erde war.
24 Als die Meere noch nicht waren, ward ich geboren, als die Quellen noch nicht
waren, die von Wasser fließen.
25 Ehe denn die Berge eingesenkt waren, vor den Hügeln ward ich geboren,
26 als er die Erde noch nicht gemacht hatte noch die Fluren darauf noch die
Schollen des Erdbodens.
27 Als er die Himmel bereitete, war ich da, als er den Kreis zog über den
Fluten der Tiefe,
28 als er die Wolken droben mächtig machte, als er stark machte die Quellen
der Tiefe,
29 als er dem Meer seine Grenze setzte und den Wassern, dass sie nicht überschreiten
seinen Befehl; als er die Grundfesten der Erde legte,
30 da war ich als sein Liebling bei ihm; ich war seine
Lust täglich und spielte vor ihm allezeit;
31 ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine
Lust an den Menschenkindern.
32 So hört nun auf mich, meine Söhne! Wohl denen, die meine Wege einhalten!
33 Hört die Mahnung und werdet weise und schlagt sie nicht in den Wind!
34 Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, dass er wache an meiner Tür täglich,
dass er hüte die Pfosten meiner Tore!
35 Wer mich findet, der findet das Leben und erlangt Wohlgefallen vom HERRN.
36 Wer aber mich verfehlt, zerstört sein Leben; alle, die mich hassen,
lieben den Tod.
9
Weisheit und Torheit laden zum Mahle
1 Die Weisheit hat ihr Haus gebaut und ihre sieben Säulen behauen.
2 Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein gemischt und ihren Tisch bereitet
3 und sandte ihre Mägde aus, zu rufen oben auf den Höhen der Stadt:
4 »Wer noch unverständig ist, der kehre hier ein!«, und zum
Toren spricht sie:
5 »Kommt, esst von meinem Brot und trinkt von dem Wein, den ich gemischt
habe!
6 Verlasst die Torheit, so werdet ihr leben, und geht auf dem Wege der Klugheit.«
7 Wer den Spötter belehrt, der trägt Schande davon, und wer den Gottlosen
zurechtweist, holt sich Schmach.
8 Rüge nicht den Spötter, dass er dich nicht hasse; rüge den
Weisen, der wird dich lieben.
9 Gib dem Weisen, so wird er noch weiser werden; lehre den Gerechten, so wird
er in der Lehre zunehmen.
10 Der Weisheit Anfang ist die Furcht des HERRN, und den Heiligen erkennen,
das ist Verstand.
11 Denn durch mich werden deine Tage viel werden und die Jahre deines Lebens
sich mehren.
12 Bist du weise, so bist du's dir zugut; bist du ein Spötter, so musst
du's allein tragen.
13 Frau Torheit ist ein unbändiges Weib, verführerisch, und weiß
nichts von Scham.
14 Sie sitzt vor der Tür ihres Hauses auf einem Thron auf den Höhen
der Stadt,
15 einzuladen alle, die vorübergehen und richtig auf ihrem Wege wandeln:
16 »Wer noch unverständig ist, der kehre hier ein!«, und zum
Toren spricht sie:
17 »Gestohlenes Wasser ist süß, und heimliches Brot schmeckt
fein.«
18 Er weiß aber nicht, dass dort nur die Schatten wohnen, dass ihre Gäste
in der Tiefe des Todes hausen.
Aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers
mit Apokryphen in der revidierten Fassung von 1984
Deutsche Bibelgesellschaft
Das Buch Jesus Sirach
Vom
göttlichen Ursprung der Weisheit
1.1 Alle Weisheit kommt von Gott dem Herrn und ist bei ihm in Ewigkeit.
Spr 2,6; 8,22-23; Weish 9,4
2 Wer kann sagen, wie viel Sand das Meer, wie viel Tropfen der Regen und wie
viel Tage die Welt hat? Spr
30,4; Jes 40,12-14
3 Wer kann erforschen, wie hoch der Himmel, wie breit die Erde, wie tief das
Meer ist? Wer kann Gottes Weisheit ergründen, die doch allem voraufgeht?
4 Denn seine Weisheit ist vor allem geschaffen; sein Verstand und seine Einsicht
sind von Ewigkeit her. Kap 24,14
5 Das Wort Gottes in der Höhe ist die Quelle der Weisheit, und sie verzweigt
sich in die ewigen Gebote. Bar
3,12; Kap 24,34-37
6 Wem sonst wäre die Wurzel der Weisheit aufgedeckt, und wer könnte
ihre geheimen Gedanken erkennen? Hiob
28,21-23
7 Einer ist's, der Allerhöchste, der Schöpfer, allmächtig, ein
gewaltiger König und sehr schrecklich,
8 der auf seinem Thron sitzt als Herrscher und Gott.
9 Er hat die Weisheit geschaffen durch seinen Heiligen Geist; Hiob
28,12.23-27 er hat sie gesehen, gezählt und gemessen
10 und hat sie ausgeschüttet über alle seine Werke und über alle
Menschen nach seinem Gefallen und gibt sie denen, die ihn lieben.
Vom
Wert der Weisheit
4.12 Die Weisheit erhöht ihre Kinder und nimmt die auf, die sie suchen.
13 Wer sie lieb hat, der hat das Leben lieb; und wer sie eifrig sucht, wird
große Freude haben. Spr
3,16-18
14 Wer fest an ihr hält, der wird große Ehre erlangen; und wo er
einkehrt, da segnet der Herr.
15 Wer ihr dient, der dient dem heiligen Gott; und wer sie lieb hat, den hat
der Herr auch lieb.
16 Wer ihr gehorcht, der wird Völker regieren; und wer sich zu ihr hält,
der wird sicher wohnen. 1.Kön
3,9-12; Weish 6,22-23
17 Wenn er ihr vertraut, wird er sie erlangen; und auch seine Nachkommen werden
sie besitzen.
18 Und wenn sie sich auch anfangs verstellt
19 und ihm Angst und Bange macht und ihn mit Strenge erzieht und ihn mit ihren
Forderungen versucht, bis sie ihm vertrauen kann, Weish
10,5
20 so wird sie doch dann wieder zu ihm kommen und sich nicht mehr verstellen
und ihn erfreuen
21 und ihm ihre Geheimnisse offenbaren.
22 Wenn er aber abirrt, wird sie ihn verlassen und ihn dahingeben, sodass er
fallen muss.
Vom
Streben nach der Weisheit
6.18 Liebes Kind, lass dich von der Weisheit erziehen von Jugend auf, so wirst
du sie gewinnen bis ins hohe Alter. Kap
51,18; Spr 22,6
19 Geh an sie heran wie einer, der ackert und sät, und warte auf ihre guten
Früchte.
20 Du brauchst dich nur ein wenig um sie zu mühen, dann wirst du bald ihre
Früchte genießen. Kap
51,35
21 Unzugänglich ist sie für alle, die sich nicht erziehen lassen,
und ein Unverständiger hält es bei ihr nicht aus.
22 Denn sie ist für ihn ein schwerer Prüfstein, und er wirft sie bald
von sich.
23 Denn von der Weisheit, wie ihr Name sagt, wissen nur wenige.
24 Liebes Kind, gehorche meiner Lehre und weise meinen Rat nicht zurück.
25 Lass deine Füße von der Weisheit fesseln und ihr Halseisen dir
um den Hals legen.
26 Beuge deine Schultern, nimm sie auf dich und sperre dich nicht gegen ihre
Bande. Kap 51,34
27 Wende dich ihr zu von ganzer Seele, und halte ihre Wege ein mit aller deiner
Kraft. 5.Mose 6,5
28 Forsche nach ihr und suche sie, so wirst du sie finden; und wenn du sie ergriffen
hast, so lass sie nicht mehr los. Weish
6,13
29 Denn am Ende wirst du Trost an ihr haben, und dein Leid wird in Freude verwandelt
werden,
30 und ihre Fesseln werden zum starken Schutz und ihr Halseisen ein herrlicher
Schmuck für dich.
31 Denn ihr Joch wird zum goldenen Stab und ihre Bande zu Purpurbändern.
Kap 21,23
32 Wie ein Festgewand wirst du sie anziehen und als schöne Krone sie dir
aufsetzen. Spr 4,9
33 Liebes Kind, wenn dir daran liegt, so wirst du weise; und setzt du dein Herz
daran, so wirst du klug.
34 Hörst du gerne zu, so wirst du sie empfangen, und neigst du deine Ohren,
so wirst du weise werden. Spr
19,20
35 Lerne gern von den Alten, und wo ein weiser Mann ist, schließ dich
ihm an. Lass dir gern von Gottes Taten erzählen, und lass dir keinen Weisheitsspruch
entgehen. Kap 8,9-10; 9,21-23
36 Wo du einen verständigen Mann siehst, den suche häufig auf, und
geh stets ein und aus bei ihm.
37 Betrachte immer Gottes Gebote und denke stets an seine Befehle; der wird
dein Herz verständig machen und dir Weisheit geben, wie du begehrst.5.Mose
6,6-9; Ps 1,2; 5.Mose 4,6
Vom
Trachten nach der Weisheit
14.22 Wohl dem, der über die Weisheit nachsinnt und sie aufnimmt in sein
ganzes Denken; Spr 8,34
der ihre Wege von Herzen betrachtet und ihren Geheimnissen immer weiter [a]nachforscht,
ihr wie ein Späher nachschleicht und auf ihren Wegen auf sie wartet
24 und guckt zu ihrem Fenster hinein und horcht an ihrer Tür,
25 sucht Herberge nahe bei ihrem Hause und schlägt seine Pflöcke bei
ihren Mauern ein und richtet an ihrer Wand sein Zelt auf, sodass er eine gute
Herberge hat.
26 Er bringt auch seine Kinder unter ihr Dach und bleibt unter ihrem Schatten;
Jes 25,4
27 da wird er vor der Hitze beschirmt und hat eine herrliche Wohnung.
15.1 Das alles tut nur, wer den Herrn fürchtet; und wer sich an Gottes
Wort hält, der findet die Weisheit. Kap
19,18
2 Und sie wird ihm begegnen wie eine Mutter und wird ihn empfangen wie eine
junge Frau. Weish 8,2.9
3 Sie reicht ihm die Speise der Einsicht und den Trank der Weisheit. Kap
24,28-29; Spr 9,5
4 Er wird durch sie fest stehen, dass er nicht fällt, und wird sich an
sie halten, dass er nicht zuschanden wird.
5 Sie wird ihn erhöhen über seine Nächsten und ihm den Mund auftun
in der Gemeinde. Weish 8,10-15
6 Sie wird ihn krönen mit Freude und Wonne und ihm einen ewigen Namen verleihen.
Kap 6,32; Kap 39,13
7 Aber die Narren finden die Weisheit nicht, und die Gottlosen können sie
nicht entdecken.
8 Sie ist weit weg von den Hochmütigen, und die Heuchler wissen nichts
von ihr. Spr 8,13
9 Es schickt sich nicht für den Gottlosen, Gott zu loben; denn es ist ihm
vom Herrn nicht gegeben. Am
5,23
10 Denn zu rechtem Lob gehört die Weisheit, dann gibt Gott Gnade dazu.
Das
Hohelied der Weisheit
24.1 Die Weisheit preist sich selbst, und unter dem Volk rühmt sie sich.
Spr 8,1-36; Hiob 28,1-28
2 Sie tut ihren Mund auf in der Gemeinde des Höchsten
3 und lobt sich vor seinem himmlischen Heer und spricht:
4 »Ich ging vom Munde des Höchsten aus Weish
7,25; 6,24; Spr 2,6
5 und bedeckte wie Nebel die Erde.
6 Mein Zelt war in der Höhe und mein Thron auf den Wolken. Bar
3,29
7 Ich allein durchwanderte das Himmelsgewölbe
8 und durchzog die Tiefen des Abgrunds.
9 Auf den Wogen im Meer, überall auf Erden,
10 unter allen Menschen und Völkern gewann ich Besitz.
11 Bei diesen allen suchte ich Wohnung, um bei einem von ihnen einen Erbbesitz
zu finden.
12 Da gebot mir der Schöpfer aller Dinge, und der mich geschaffen hat,
gab mir eine bleibende Wohnung
13 und sprach: In Jakob sollst du wohnen, und in Israel soll dein Erbbesitz
sein. Bar 3,37-38
14 Vor der Welt, im Anfang bin ich geschaffen und werde
ewig bleiben. Kap 1,4
15 Ich habe vor ihm im heiligen Zelt gedient und danach auf dem Zion eine feste
Stätte gefunden; so hat er mich in die geliebte Stadt gesetzt, dass ich
in Jerusalem regieren sollte. 2.Mose
40,2-3; 1.Kön 8,1.9.16
16 Ich bin eingewurzelt bei einem geehrten Volk, das Gottes Erbteil ist. 5.Mose
7,6
17 Ich bin hoch gewachsen wie eine Zeder auf dem Libanon und wie eine Zypresse
auf dem Gebirge Hermon. Ps 92,13
18 Ich bin aufgewachsen wie ein Palmbaum in En-Gedi und wie die Rosenstöcke
in Jericho,
19 wie ein schöner Ölbaum auf freiem Felde; ich bin aufgewachsen wie
eine Platane.
20 Ich strömte einen lieblichen Geruch aus wie Zimt und köstliche
Würze und duftete wie die beste Myrrhe, Kap
39,17-18
21 wie Galbanum und Onyx und Stakte und wie der Weihrauch im Tempel. 2.Mose
30,34-35
22 Ich breitete meine Zweige aus wie eine Terebinthe, und meine Zweige waren
schön und prächtig.
23 Ich sprosste lieblich wie der Weinstock,
24 und meine Blüte brachte herrliche und reiche Frucht.
25 Kommt her zu mir, alle, die ihr nach mir verlangt, Kap
51,31; Spr 9,5; Jes 55,1; Mt 11,28; Joh 7,37
26 und sättigt euch an meinen Früchten!
27 Denn an mich zu denken ist süßer als Honig, und mich zu besitzen
süßer als Honigseim. Kap
23,37
28 Wer von mir isst, den hungert immer nach mir; Joh
4,13-14; 6,35
29 und wer von mir trinkt, den dürstet immer nach mir.
30 Wer mir gehorcht, der wird nicht zuschanden;
31 und wer mir dient, der wird unschuldig bleiben.«
32 Dies alles ist das Buch des Bundes, den der höchste Gott aufgerichtet
hat, 2.Kön 23,2; Bar 4,1
33 nämlich das Gesetz, das uns Mose befohlen hat, das Erbe der Gemeinde
Jakobs. 5.Mose 33,4
34 Es lässt Weisheit fließen wie der Pischon 1.Mose
2,10-14; Jos 3,15
35 und wie der Tigris im Frühling;
36 es lässt Verstand überströmen wie der Euphrat und wie der
Jordan in der Ernte.
37 Das Gesetz lässt Belehrung hervorbrechen wie der Nil, wie der Gihon
im Herbst.
38 Es hat nie einen gegeben, der mit dem Lernen der Weisheit zu Ende gekommen
wäre, und es wird nie einer kommen, der sie ergründen könnte.
Röm 11,33
39 Denn ihr Sinn ist reicher als das Meer und ihr Rat
tiefer als der große Abgrund.
40 So ging auch ich, die Weisheit, hervor wie ein Seitenarm aus dem Strom und
wie ein Wassergraben, der in den Lustgarten geleitet wird.
41 Ich sprach: Ich will meinen Garten bewässern
Hes 47,1-12; Joh 7,38
42 und meine Beete tränken.
43 Da wurde mein Wasserarm zum Strom
44 und mein Strom zum Meer.
45 Nun lasse ich meine Lehre leuchten weithin wie der lichte Morgen und lasse
sie scheinen bis in die Ferne.
46 Auch schütte ich meine Lehre aus wie Prophetenworte und hinterlasse
sie kommenden Geschlechtern.
47 Da seht ihr, dass ich mich nicht für mich allein gemüht habe, sondern
für alle, die Weisheit begehren.
Kap 33,18
Aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers
mit Apokryphen in der revidierten Fassung von 1984
Deutsche Bibelgesellschaft
Das
Buch Hiob (Ijob)
Das Lied von der Weisheit
Gottes
28.1 Es hat das Silber seine Gänge und das Gold seinen Ort, wo man es läutert.
2 Eisen bringt man aus der Erde, und aus dem Gestein schmilzt man Kupfer.
3 Man macht der Finsternis ein Ende, und bis ins Letzte erforscht man das Gestein,
das im Dunkel tief verborgen liegt.
4 Man bricht einen Schacht fern von da, wo man wohnt; vergessen, ohne Halt für
den Fuß, hängen und schweben sie, fern von den Menschen.
5 Man zerwühlt wie Feuer unten die Erde, auf der doch oben das Brot wächst.
6 Man findet Saphir in ihrem Gestein, und es birgt Goldstaub.
7 Den Steig dahin hat kein Geier erkannt und kein Falkenauge gesehen.
8 Das stolze Wild hat ihn nicht betreten, und kein Löwe ist darauf gegangen.
9 Auch legt man die Hand an die Felsen und gräbt die Berge von Grund aus
um.
10 Man bricht Stollen durch die Felsen, und alles, was kostbar ist, sieht das
Auge.
11 Man wehrt dem Tröpfeln des Wassers und bringt, was verborgen ist, ans
Licht.
12 Wo will man aber die Weisheit finden? Und wo ist die
Stätte der Einsicht?
13 Niemand weiß, was sie wert ist, und sie wird nicht gefunden im Lande
der Lebendigen.
14 Die Tiefe spricht: »In mir ist sie nicht«; und das Meer spricht:
»Bei mir ist sie auch nicht.«
15 Man kann nicht Gold für sie geben noch Silber darwägen, sie zu
bezahlen. Spr 3,13-15
16 Ihr gleicht nicht Gold von Ofir oder kostbarer Onyx und Saphir.
17 Gold und edles Glas kann man ihr nicht gleichachten noch sie eintauschen
um güldnes Kleinod.
18 Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht; wer Weisheit erwirbt, hat
mehr als Perlen.
19 Topas aus Kusch wird ihr nicht gleichgeschätzt, und das reinste Gold
wiegt sie nicht auf.
20 Woher kommt denn die Weisheit? Und wo ist die Stätte
der Einsicht?
21 Sie ist verhüllt vor den Augen aller Lebendigen, auch verborgen den
Vögeln unter dem Himmel.
22 Der Abgrund und der Tod sprechen: »Wir haben mit unsern Ohren nur ein
Gerücht von ihr gehört.«
23 Gott weiß den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Stätte.
Spr 8,22-31
24 Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist.
25 Als er dem Wind sein Gewicht gegeben und dem Wasser sein Maß gesetzt,
26 als er dem Regen ein Gesetz gegeben hat und dem Blitz und Donner den Weg:
27 damals schon sah er sie und verkündigte sie, bereitete sie und ergründete
sie
28 und sprach zum Menschen: Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und
meiden das Böse, das ist Einsicht. Ps
111,10; Spr 1,7
Aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers mit Apokryphen in der
revidierten Fassung von 1984
Deutsche Bibelgesellschaft
Friedrich Christoph Oetinger >>
Sophia
Christosophia
(Jakob Böhme)
45. Wenn sich der Eckstein Christus in dem verblichenen Bilde des Menschen,
in seiner herzlichen Bekehrung und Buße beweget, so erscheinet Jungfrau
Sophia in der Bewegung des Geistes Christi, in dem verblichenen Bilde
vor der Seelen in ihrem jungfräulichen Schmucke, vor welcher sich die Seele
in ihrer Unreinigkeit entsetzet, daß alle ihre Sünden erst in ihr
aufwachen und vor ihr erschrecken und zittern, Denn allda gehet das Gerichte
über die Sünde der Seelen an, daß sie auch wohl in ihre Unwürdigkeit
zurücke weichet und sich vor ihrem schönen Buhlen [Geliebten]
schämet, in sich geht und sich vernichtiget als ganz unwürdig,
ein solches Kleinod zu empfahen [empfangen],
den Unsern [Geistesverwandten] verstanden,
so dieses Kleinod geschmecket haben und sonst niemanden wissende. Aber die edle
Sophia nahet sich in der Seelen Essenz und küsset sie freundlich und tingieret
[färbt] mit ihrem Liebestrahl das finstere
Feuer der Seelen und durchscheinet die Seele mit ihrem Liebeskusse. So springet
die Seele in ihrem Leibe vor großen Freuden in Kraft der jungfräulichen
Liebe auf, triumphieret und lobet den großen Gott kraft der edlen
Sophia.
Dessen ich allhie eine kurze Andeutung stellen will, wie es zugehe, wenn die
Braut den Bräutigam herzet. Dem Leser, so vielleicht noch nicht möchte
sein an diesem Ort gewesen, zum Nachdenken, ob ihn lüstere, uns nachzufahren
und auch an den Reihen [Reigen] zu treten,
da man mit Sophia spielet.
Wenn nun dieses, wie oben gemeldet, geschiehet, so erfreuet sich die Seele in
ihrem Leibe und spricht:
46. Nun sei dir, o großer Gott, in deiner Kraft und Süßigkeit,
Lob, Dank, Stärke, Preis und Ehre, daß du mich von dem Treiber der
Angst erlöset hast. O du schönes Lieb, mein Herze fasset dich, wo
bist du so lange gewesen? Mich deuchte [ich meinte]
ich wäre in der Hölle und in Gottes Grimm. O holdseliges Lieb,
bleib doch bei mir, sei doch meine Freude und Erquickung. Führe mich doch
auf rechter Straße. In deine Liebe ergebe ich mich. Ach ich bin ja vor
dir dunkel; mache mich doch lichte. O edles Lieb, gib mir doch deine süße
Perle; lege sie doch in mich!
O großer Gott in Christo Jesu, nun preise und lobe ich dich in deiner
Wahrheit, in deiner großen Macht und Herrlichkeit, daß du mir hast
meine Sünde vergeben und hast mich mit deiner Kraft erfüllet. Ich
jauchze dir in meinem Leben und lobe dich in deiner Feste
[Wohnung Gottes], welche niemand aufschließen kann als dein Geist
in deiner Barmherzigkeit. Meine Gebeine erfreuen sich in deiner Kraft, und mein
Herz spielet in deiner Liebe. Dank sei dir ewiglich, daß du mich aus der
Höllen erlöset und den Tod in mir zum Leben gemacht hast. Jetzo empfinde
ich deine verheißende Wahrheit. O süßes Lieb, laß mich
doch nicht wieder von dir weichen. Schenke mir doch dein Perlenkränzlein
und bleib in mir. Sei doch mein Eigentum, daß ich mich ewig in dir erfreue.
Darauf spricht die Jungfrau Sophia zur Seelen:
47. Mein edler Bräutigam, meine Stärke und Macht, bist mir zu vielen
Malen willkommen. Wie hast du meiner so lange vergessen, daß ich in großem
Trauren vor deiner Tür stehen müssen anklopfen? Habe ich dir doch
allezeit geflehet und gerufen. Aber du hattest dein Antlitz von mir gewandt.
Deine Ohren waren aus meinem Lande gegangen. Mein Licht
konntest du nicht sehen, denn du wandeltest im finstern Tal. Ich hin nahe bei
dir gewesen und habe dir stets geflehet, aber deine Sünde hielt dich im
Tode gefangen, daß du mich nicht kanntest. Ich kam in großer Demut
zu dir und riet dir, aber du warest in der Macht des Zornes Gottes reich und
achtest meiner Demut nicht. Du hattest dir den Teufel zum Buhlen genommen. Der
hat dich also besudelt und sein Raubschloß der Eitelkeit in dir aufgebauet
und dich ganz von meiner Liebe und Treue abgewendet in sein gleißnerisches
falsches Reich, darinnen hast du viel Sünde und Bosheit gewirket und deinen
Willen von meiner Liebe abgebrochen, und hast mir die Ehe gebrochen und eine
fremde Buhlschaft gepflogen und mich, deine dir von Gott gegebene Braut, lassen
im verblichenen Wesen ohne Stärke deiner Feuersmacht stehen. Ich habe nicht
können ohne deine Feuersmacht fröhlich sein, denn du bist mein Mann;
Von dir wird mein Glanz offenbar. Du kannst meine
verborgenen Wunder in deinem Feuerleben offenbaren und in Majestät einführen,
und bist doch außer mir ein dunkel Haus, da nur Angst und Pein, dazu eine
feindliche Qual innen ist.
O edler Bräutigam, bleib doch mit deinem Angesichte vor mir stehen und
gib mir deine Feuerstrahlen. Führe deine Begierde in mich und zünde
mich an, so will ich dir aus meiner Sanftmut deine Feuerstrahlen in ein weißes
Licht verwandeln und meine Liebe durch deine Feuerstrahlen in deine Feueressenz
einführen, und will dich ewig küssen.
O mein Bräutigam, wie ist mir so wohl in deiner Ehe. Küsse mich doch
mit deiner Begierde, in deiner Stärke und Macht, so will ich dir alle meine
Schöne zeigen und dich mit meiner süßen Liebe und hellem Licht
in deinem Feuerleben erfreuen. Alle heiligen Engel erfreuen sich jetzt mit uns,
daß sie uns wieder in der Ehe [Verbindung]
sehen. Nun mein lieber Buhle, bleib doch in meiner Treue und wende dein Angesichte
nicht mehr von mir. Wirke du in meiner Liebe deine Wunder, dazu dich Gott erwecket
hat.
Weiter spricht die Seele zu ihrer edlen Jungfrau Sophia
als zu ihrer in ihr wiedergeborenen Buhlschaft:
48. Ach, meine edle Perle und eröffnete Flamme meines Lichtes in meinem
ängstlichen Feuerleben, wie verwandelst du mich in deine Freude! O schönes
Lied, ich bin dir ja in meinem Vater Adam brüchig
[untreu] worden und habe mich durch die Feuersmacht in Wollust und Eitelkeit
der äußern Welt gewandt und eine fremde Buhlschaft angenommen und
hätte also müssen ewig im finstern Tal, in fremder Buhlschaft wandeln,
wenn du nicht wärest in großer Treu durch dein Durchdringen und Zerbrechung
des Zornes Gottes, der Höllen und finstern Todes in das Haus meines Elendes
zu mir kommen und hättest meinem Feuerleben deine Sanftmut und Liebe wiederbracht.
O süße Liebe, du hast mir Wasser des ewigen Lebens aus Gottes Brünnlein
mitgebracht und mich in meinem großen Durste erquicket. In dir sehe ich
Gottes Barmherzigkeit, welche mir zuvorn in der fremden Buhlschaft verborgen
stunde. In dir kann ich mich erfreuen. Du wandelst mir meine Feuerangst in große
Freude. Ach holdseliges Lieb, gib mir doch deine Perle, daß ich ewig möge
in solcher Freude stehen.
Darauf antwortet die edle Sophia der Seelen wieder
und spricht:
49. Mein lieber Buhle und treuer Schatz, du erfreuest mich hoch in deinem Anfange.
Ich bin ja durch die tiefen Tore Gottes zu dir eingebrochen, durch Gottes Zorn,
durch Hölle und Tod in das Haus deines Elendes, und habe dir meine Liebe
aus Gnaden geschenket und dich von Ketten und Banden erlöset, daran du
feste angebunden warest. Ich habe dir meine Treu gehalten. Aber du bittest jetzt
ein Schweres von mir, das ich nicht gerne mit dir wage. Du willst mein Perllein
zum Eigentum haben. Gedenke doch, mein lieber Bräutigam, wie du es vorhin
[beim Sündenfall] in Adam verwahrloset
hast. Dazu stehest du noch in großer Gefahr und wandelst in zweien gefährlichen
Reichen. Als in deinem Feuer-Urstand wandelst du im Lande, da sich Gott einen
starken eiferigen Gott und ein verzehrend Feuer nennet. Im andern Reiche wandelst
du in der äußern Welt in der Luft, im eiteln verderbten Fleisch und
Blut, da der Welt Wollust mit des Teufels Angriffen alle Stunde über dich
herrauschen. Du möchtest in deiner großen Freude wiederum Irdigkeit
[das Irdische, Menschliche] in meine Schöne einführen und mir
mein Perllein verdunkeln. Auch möchtest du stolz werden wie Luzifer ward,
als er das Perllein zum Eigentum hatte, und möchtest dich von Gottes Harmonie
abwenden. So müßte ich hernach ewig meines Buhlen beraubet sein.
Ich will mein Perllein in mir behalten und will in deiner verblichenen und jetzt
in mir wieder lebendig gemachten innern Menschheit im Himmel in dir wohnen und
mein Perllein dem Paradeis vorbehalten, bis du diese Irdigkeit von dir ablegest.
Alsdann will ich dirs zum Eigentum geben. Aber mein Antlitz und süße
Strahlen des Perlleins will ich dir die Zeit dieses irdischen Lebens gerne darbieten.
Ich will mir dem Perllein im inneren Chor wohnen und deine getreue liebe Braut
sein. In dein irdisch Fleisch vermähle ich mich nicht, denn ich bin eine
Königin der Himmeln und mein Reich ist nicht von dieser Welt. Jedoch will
ich dein äußer Leben nicht wegwerfen, sondern ofte mit meinen Liebesstrahlen
heimsuchen, denn deine äußere Menschheit soll wiederkommen.
[in der »Auferstehung des Leibes«] Aber das Tier der Eitelkeit
will ich nicht haben. Gott hat das [die menschliche Leiblichkeit] auch nicht
aus seinem Fürsatz also grob und irdisch geschaffen, sondern deine Begierde
hat diese viehische Grobheit in Adam durch Lust gefasset aus allen Essentien
der aufgewachten Eitelkeit irdischer Eigenschaft, darinnen Hitze und Kälte,
dazu Wehetun und Feindschaft, auch das Zerbrechen stehet.
Nun, mein lieber Buhle und Bräutigam, gib dich mir in meinen Willen. Ich
will dich in diesem irdischen Leben in deiner Fährlichkeit [Gefährdung]
nicht verlassen, wenn dich gleich wird Gottes Zorn überziehen, daß
dir wird bange sein und meinest, ich habe dich verlassen, so will ich doch bei
dir sein und dich verwahren, denn du kennest dich nicht, was dein Amt ist. Du
sollst diese Zeit wirken und gebären. Du bist die Wurzel dieses Baumes,
aus dir sollen Zweige geboren werden, die müssen alle in Ängsten geboren
werden Ich dringe durch deine Zweige in ihrem Saft mit aus und gebäre Früchte
auf deinen Ästen, und das weißt du nicht; denn der Höchste hat
mich also geordnet, bei und in dir zu wohnen.
Darum wickle dich in die Geduld und behüte dich vor Wollust des Fleisches.
Brich ihm den Willen und Begierde. Halte es im Zaum als [wie]
ein böses Roß, so will ich dich ofte in deiner feurischen Essenz
besuchen und dir meinen Liebeskuß geben und dir ein Kränzlein aus
dem Paradeis zum Zeichen meiner Liebe mitbringen und aufsetzen, darinnen du
dich sollst erfreuen. Aber mein Perllein gebe ich dir diese Zeit nicht zum Eigentum.
Du sollst in der Gelassenheit bleiben stehen und hören, was der Herr in
deiner Harmonie in dir spielet. Dazu sollst du ihm Klang und Essenz deines Tons
aus meiner Kraft geben, denn du bist nun jetzt ein Bote seines Mundes und sollst
seinen Ruhm und Ehre verkündigen. Um dieser Ursache halben hab ich mich
jetzt aufs neue mit dir verbunden und dir mein ritterliches Siegeskränzlein,
das ich in der Schlacht des Teufels und Todes erlanget habe, aufgesetzet. Aber
die Perlenkrone, damit ich dich krönete, habe ich dir beigeleget. [aufbewahrt]
Die sollst du nicht mehr tragen bis du rein vor mir wirst sein.
Die Seele spricht ferner zur edlen Sophia:
50. Ach du meine schöne und süße Gemahlin, was soll ich vor
dir sagen? Laß mich nur dir befohlen sein Ich kann mich nicht verwahren.
Willst du mir jetzt nicht das Perllein geben, so sei es in deinem Willen. Gib
mir nur deine Liebesstrahlen und führe mich durch diese Pilgramstraße.
Erwecke und gebäre du in mir, was du willst. Ich will hinfort dein eigen
sein und mir nichts mehr wollen noch begehren, ohne was du durch mich willst.
Ich hatte deine süße Liebe verscherzt und dir meine Treue nicht gehalten.
Dadurch ich war in ewige Strafe gefallen. Weil du aber bist aus Liebe zu mir
in die Höllenangst kommen und hast mich von Pein erlöset, auch wieder
zum Gemahl angenommen, so will ich jetzt um deiner Liebe willen meinen Willen
brechen und dir gehorsam sein und auf deine Liebe warten. Ich habe nun genug,
daß ich weiß, daß du in allen Nöten bei mir bist und
mich nicht verlässest. O holdseliges Lieb, ich wende mein feuriges Angesichte
zu dir. O schöne Krone, hole mich doch balde in dich und führe mich
aus der Unruhe. Ich will ewig dein eigen sein und nimmermehr von dir weichen.
Die edle Sophia antwortet der Seelen ganz tröstlich
und spricht:
51. Mein edler Bräutigam, sei getrost, ich habe mich mit dir verlobet in
meiner höchsten Liebe und in meiner Treue mir dir verbunden. Ich will alle
Tage bis an der Welt Ende bei und in dir sein. Ich will zu dir kommen und Wohnung
in deinem innern Chor in dir machen. Du sollst aus meinem Brünnlein trinken,
denn ich bin nun dein und du bist mein; uns soll der Feind nicht mehr scheiden.
Wirke du in deiner feurischen Eigenschaft, so will ich dir meine Liebesstrahlen
in dein Wirken eingeben. Wir wollen den Weinberg Jesu Christi bauen. Gib du
Essenz des Feuers, so will ich Essenz des Lichtes und
Gedeihen geben. Sei du Feuer, so will ich Wasser sein und wir wollen das in
dieser Welt verrichten, dazu wir von Gott verordnet sind, und wollen ihm dienen
in seinem Tempel, der wir selber sind. Amen.
Aus: Jakob Böhme: Christosophia, (S.62-69 = 1.
Büchlein, 45-51)
Herausgegeben von Gerhard Wehr
insel taschenbuch it 1412
Sophia – Heiliger Geist, Mutter Gottes oder Göttin
der Weisheit . . .
Die Taube, die von so entscheidender Bedeutung in der christlichen
Mythenwelt ist, war der babylonisch-syrischen Göttin Istar oder Astarte,
wie auch der griechischen Aphrodite geweiht. Sie gehörte dieser Naturgöttin,
die wie jene Gottheiten und wie die ägyptische Isis im Himmel und auf Erden
wohnte. In den Sprüchen Salomos im Alten Testament ist der Name der Göttin
Sophia (Weisheit). Der strenggläubige jüdisch-alexandrinische
Philosoph Philon sagt, mit der Weisheit zeugte Gott Kosmos. Bei den Gnostikern
ist Sophia der heilige Geist, Ruach, und in einem
alten Evangelienbruchstück nennt Jesus den heiligen Geist (der auf Hebräisch
Femininum ist) seine Mutter. Nach Mitteilung des Evangeliums standen am Ufer
des Jordans nicht wenige Menschen, die den Himmel sich öffnen und eine
Taube herabfliegen sahen, während sie eine Stimme rufen hörten: „Dies
ist mein Sohn, der Heißgeliebte usw.“ Der griechische Text kann
übersetzt werden: „Mein Sohn, mein Geliebter.“ Durch naturphilosophische
Grübelei wurde, um die Einheit der Gottheit zu bewahren, Attis gleichzeitig
Kybeles Sohn und Gatte, wie auch Horus, der Sohn der Isis, gewöhnlich in
ihren Gemahl Osiris verwandelt wurde. — Ruach = Isis =
Sophia scheint zugleich Gemahlin und Tochter des höchsten Gottes gewesen
zu sein. Die Gnostiker ließen Sophia und Christus
eine unlösbare Einheit mit dem irdischen Jesus eingehen (Pistis
Sophia). Bei ihnen ist die Rede von einer Göttin, Sophia,
die von bösen Geistern gefangengehalten und von ihrem Bruder, Christus,
der sie heiratet, befreit wird. Mutter und Tochter sind in den Mysterien in
der Regel Varianten derselben Gestalt. In der ursprünglichen Gnosis ist
Sophia die Vorläuferin der Mutter Gottes.
Die gefangene Natur- und Himmelskönigin wird als Mutter, Schwester und
Geliebte Christi aufgefaßt. S.20-21
Im Buche Jesu Sirach (und mehr noch in den Sprüchen
Salomons) ist die Weisheit ein selbständiges Wesen
geworden, das einen Übergang zu Logos im Evangelium Johannis bildet.
Die göttliche Wahrheit ist jetzt personifiziert.
Die Sprüche Salomons sind heute noch eine lesenswerte Schrift. Hieronymus,
der lateinische Kirchenvater, der am Ende des vierten Jahrhunderts die Bibelübersetzung
ausführte, die den Namen Vulgata trägt, hat sich (wie nach ihm Luther)
dafür eingesetzt, daß die Sprüche Salomons auf Philon zurückzuführen
seien. Das beweist nur ihr geringes Wissen von Philon. Der Verfassernamen laßt
sich nicht angeben. Aber soviel ist klar, daß das Buch von griechischer
Philosophie durchdrungen ist und fast auf jeder Seite Spuren von Platon trägt.
Von einer Schöpfung aus dem Nichts ist hier keine Rede; hier arbeitet die
Gottheit mit einem ungeformten Stoff. S.66
Gott selbst liebt die Weisheit (seine Sophia aus
den Sprüchen Salomons). Sophia ist die heilige Mutter
der Wahrheit, die der Welt ihren einzigen Sohn schenkt. In den Sprüchen
treffen wir Sophia als Helferin Gottes bei der Schöpfung.
Zuletzt begegnen wir ihr als der jungfräulichen Mutter Gottes, die im Evangelium
Johannis dem Johannes überantwortet wird, als wäre sie auch seine
Mutter, wodurch man ihn plötzlich zum Halbgott befördert sieht. (Johannes
19, 27.) Sie bleibt die Erbin des Geistes des mißhandelten Erlösers.
S.86
Aus: Georg Brandes: Urchristentum (S.20-21,
66, 86), Erich Reiss Verlag, Berlin
Pistis
Sophia
Es handelt sich auch in dem uns als Pistis Sophia überlieferten
Schriftenkomplex um syrischen Gnostizismus auf ägyptischem
Boden. Die Entstehung des Werkes muß in das dritte Jahrhundert
gerückt werden. Es enthält keine in sich abgerundete und aus sich
selbst verständliche Darstellung eines gnostischen Systems oder auch nur
eines geschlossenen Gedankenkreises, sondern es setzt andere ähnliche Schriften
voraus, von denen uns die übrigen erhaltenen Fragmente der zu demselben
Typus gehörenden koptischen Schriften eine Vorstellung geben. Der das Ganze
zusammenhaltende Gedankengang ist folgender: Jesus erzählt
im zwölften Jahre nach seiner Auferstehung seinen auf dem Ölberg versammelten
Jüngern die Reise durch die Welten der Äonen und Archonten, deren
Macht er gebrochen hat. Bei seinem Aufstieg begegnete ihm die Pistis
Sophia, deren Schicksale ausführlich geschildert werden. Sie hatte einst
im dreizehnten Äon ihren Wohnsitz und blickte auf zu dem Licht in der Höhe,
vom Verlangen nach der oberen Lichtwelt erfaßt.
Dadurch zog sie sich den Haß der Archonten der zwölf Äonen
zu. Unter ihnen wird man die den zwölf Tierkreiszeichen entsprechenden
Beherrscher des Fixsternhimmels zu verstehen haben. Zwischen
ihm und dem Lichtreich, im Orte der Mitte, außerhalb der durch den Sternenhimmel
begrenzten Welt, wohnt die Sophia. Durch ein Irrlicht
wird sie in die Welt hinabgelockt und in die Materie verstrickt. In ihrer
Verzweiflung schickt sie dreizehn Bußgebete an das Licht in der Höhe
und bittet um Erlösung von den Nachstellungen ihrer Feinde. Als das neunte
Bußgebet erklungen war, wurde Jesus auf Befehl des ersten Mysteriums in
die chaotische Welt hinabgesandt. Er läßt die
Pistis Sophia aus dem Chaos in einen der Welt entrückten Ort versetzen.
Eine Reihe von Hymnen schickt Pistis Sophia als Dank für ihre Rettung aus
der Not zu Gott empor. Zuletzt steigt Jesus auf und führt
die Pistis Sophia in ihren früheren Wohnort, den dreizehnten Äon,
zurück. An den ihnen Erschienenen aber richten die Jünger und
Maria weitere Fragen über die Beschaffenheit der oberen Welt, die Art der
Wirkung der verschiedenen Mysterien des Lichtes, die man kennen muß, um
in die einzelnen Räume des Himmels eintreten zu können; sie fragen
nach den sittlichen Forderungen, die an den Mysten gestellt werden, nach der
durch die Mysterien zu erlangenden Sündenvergebung und den Strafen, die
in den äußersten Örtern der Finsternis gebüßt werden
müssen. Auf alles erhalten sie die ausführlichste Belehrung. Man ersieht
aus diesen Fragen, was für den Gnostiker wichtig und wesentlich war. Es
geht um das Heil der Menschenseele. Soll sie dieser
Welt entrinnen können, so muß sie Gnosis besitzen. Gnosis
aber ist hier nichts anderes als Magie: Kenntnis der okkulten Wirkungen der
Mysterien, Kenntnis der magischen Mittel, durch welche die einzelnen Räume
des Himmels der aufstrebenden Seele erschlossen und die Kräfte der Archonten
gebannt werden. Hierzu aber muß sie selbst rein sein, sie muß
sich — und das wieder auf magische Weise — die Sündenvergebung
sichern. S.353-355 Fortsetzung
Kröner Stuttgart, Kröners Taschenausgabe
Band 32, Hans Leisegang, Die Gnosis . ©1985 by Alfred Kröner Verlag
in Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Alfred
Kröner Verlages, Stuttgart