Thales aus Milet (650 – 560)

  Griechischer Naturphilosoph, der einer der Sieben Weisen war. Nach Aristoteles ist Thales der Begründer jener Naturphilosophie, die von stofflichen Prinzipien - mit Wasser als Urstoff - ausgeht. Er versuchte zeitlich zusammenfallende Ereignisse in eine ursächliche Beziehung zueinander zu setzen, hielt aber an einer Allbelebtheit fest und führte alle Bewegungen - auch die anziehende des Magneten - auf Wirkungen einer Seele zurück. Nach Herodot soll er die Sonnenfinsternis von 585 v. Chr. vorausgesagt haben. Thales selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen. Die Rekonstruktion seiner Lehre (Aristoteles, Theophrast u. a.) beruht auf mündlicher Überlieferung. Thales wird wohl zu Recht als Urheber der griechischen und damit europäischen Philosophie angesehen, weil er nach der Überlieferung als Erster die Vorgänge der Natur nicht mit Hilfe des Mythos und der Götter, sondern durch eine entmythologisierende rationale Logos-Begründung zu erklären versuchte. Die ihm zugeschriebenen mathematischen Kenntnisse sind umstritten. Der nach ihm benannte (geometrische) »Satz des Thales« lautet: Alle Peripheriewinkel im Halbkreis betragen 90 Grad (Thaleskreis).

Siehe auch Wikipedia

Inhaltsverzeichnis
Götter und Seelen, Kosmologisches, Mathematik

Götter und Seelen

Thales glaubt, dass alles von Göttern voll sei. (Aristoteles: De an. A5, 411a 8f.)

Es wird überliefert, dass Thales aus Milet, einer der Sieben Weisen, sich als erster mit Naturphilosophie befasst hat. Er behauptet, Ursprung und Endziel des Alls sei das Wasser. Denn erstens kämen alle Dinge aus Wasser zustande, indem es sich verfestige, und würden auch wieder zu Wasser, indem sie sich verflüssigen, und zweitens werde die Gesamtheit der Dinge auf der Oberfläche des Wassers mitgeschwemmt [wie ein Schiff], wodurch auch die Erdbeben, die Zusammenballungen der Winde und die Bewegungen der Gestirne verursacht würden. Und alle Dinge bewegten sich und seien im Fluss, weil sie mit der Natur des ersten Urhebers ihres Werdens übereinstimmten. Das, was weder Ursprung noch Ende habe, sei Gott. Er hatte sich der Wissenschaft und Forschung über die Gestirne verschrieben und wurde so für die Griechen zum Begründer dieser Disziplin, er, der zum Himmel hinaufsah und behauptete, er verstehe die Dinge da oben recht gut — und in einen Brunnen fiel. Eine Magd namens Thraitta lachte ihn aus und sagte: »Die Dinge am Himmel musste er unbedingt sehen, und dabei sah er nicht, was vor seinen Füßen ist«. Er lebte zur Zeit des Krösus. ( Hippolytos: Haer.)

Nach der Überlieferung zu urteilen hat es den Anschein, dass auch Thales die Seele als Bewegungsursache betrachtet hat; er behauptete jedenfalls, der Magnetstein habe, weil er das Eisen bewege, eine Seele. (Aristoteles: De an. A2, 405a 19f)

Kosmologisches
Thales, der Begründer dieser Art von Philosophie [in der, nach Aristoteles, ein materieller Urgrund aller Dinge angesetzt wird], sagt, das Wasser sei Prinzip, weshalb er auch erklärte, die Erde sei auf dem Wasser. Wahrscheinlich begründete er diese Annahme damit, dass er beobachtete, die Nahrung aller Lebewesen sei feucht [usw.; es folgen noch andere Vermutungen des Aristoteles] Aristoteles, Metaphys. A3, 983b 20f.

Mathematik
Sie sagen, Thales habe als erster bewiesen, dass der Durchmesser den Kreis in zwei gleich große Hälften teile.
Es wird gesagt, er habe als erster gewusst und gesagt, dass in jedem gleichschenkligen Dreieck die Winkel an der Grundlinie gleich sind, wobei er in altertümlicher Weise die gleichen Winkel
»gleichend« nannte
. Proklos in Eukl. (DK11A20)
Aus: Die Vorsokratiker I, Milesier, Pythagoreer, Xenophanes, Heraklit, Parmenides, Griechisch/Deutsch Auswahl der Fragmente, Übersetzung und Erläuterungen von Jaap Mansfeld
Reclams Universalbibliothek Nr. 7965 (S. 51, 53, 55) © 1983 Philipp Reclam jun., Stuttgart Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam Verlages