Ibn Arabi (1165 – 1240)
Berühmter
pantheistischer Sufi-Mystiker des Islam, der nach seinen eigenen
Worten »für jede Form (des Glaubens) aufnahmefähig)
geworden« ist, und »der Religion
der mystischen Liebe« anhängt. Abu
Bakr Mohammed ibn Ali Muhji ud-Din Al-Hatimi At-Ta‘i Al-Andalusi,
genannt Ibn (Al-) Arabi (»Sohn
des Arabers«), gebürtig in Murcia / Spanien hat Traditions-
und Rechtswissenschaft in Sevilla / Spanien und Ceuta / Marokko studiert. Er soll mit dem
in Jahre 1198 verstorbenen Ibn
Ruschd, genannt Averroes, zusammengetroffen sein, der aber nach der Überlieferung nicht allzu viel von seinen mystischen Gedanken gehalten
haben soll. Ibn Arabi, glaubte an die Wesenseinheit
aller Dinge, in denen sich das Göttliche offenbaren würde. Er
betrachtete alle Religionen als gleichwertig. Obwohl er für die genaue
Befolgung des religiösen Gesetzes eintrat, ließ er sich doch
in erster Linie von seinem inneren Licht leiten, von dem er überzeugt
war, dass es ihn erleuchte. Er war zudem der festen Meinung, dass er Mohammed
in verklärter Form gesehen habe, den Größten Namen Allahs kenne und durch göttliche Offenbarung — also nicht aus eigener
Kraft — mit der Kunst der Alchemie vertraut gemacht worden wäre.
Idries Shah schreibt in seinem Buche »Die
Sufis«, dass »von wenigen Menschen
ein so tiefgehender metaphysischer Einfluss sowohl auf die mohammedanische
als auch die christliche Welt ausgegangen ist, wie von Ibn El-Arabi, dem Sufi«, der »im Arabischen der größte
Meister genannt« wird. Siehe auch Wikipedia |
Inhaltsverzeichnis
Die
Gleichwertigkeit der Religionen Das Streben der Menschen |
Die Sehnsucht nach Allah |
Die
Gleichwertigkeit der Religionen
O ihr Tauben, die ihr (mich) . . . umflattert,
habet Mitleid mit mir! Verdoppelt meine Sehnsuchtsschmerzen nicht durch euer
klagendes Girren!
Habet doch Erbarmen! Locket durch euer lautes Klagen und Weinen nicht die verborgenen,
in den Tiefen meiner Natur wurzelnden Gefühle der heftigsten Sehnsucht
und Trauer hervor!
Abends und morgens rufe ich ihnen dasselbe als Antwort zu: Das Stöhnen
eines sehnsüchtig Verlangenden und die Klage eines Verliebten.
Die Geister standen sich in dem sumpfigen Dickicht von Tamarisken gegenüber,
indem sich die Zweige mit ihnen über mir zusammenbogen und mich vernichteten.
Sie brachten mir die verschiedenartigen Gefühle peinigender Sehnsucht,
leidenschaftlicher Liebe (zu Allah) und seltener
Prüfungen.
Wer gibt mir die Gewissheit betreffs der Vereinigung im Tale des Edlen
und der Glückseligkeit?
Stunde für Stunde umdrängten sie mein Herz, um Liebe und Liebesqual
zu erregen, und küßten über dem Schleier die Elemente meines
Wesens.
Umkreiste doch auch das Beste der Geschöpfe die Ka‘ba, welche die
Offenbarung des Verstandes als mit Unvollkommenheit behaftet bezeichnen
muß.
Küssend verehrte er dort Steine, obwohl er ein Prophet war. Welches ist
schließlich der Rang des mekkanischen Tempels im Vergleich mit dem Werte
des Menschen! Mein Herz ist für jede Form (des Glaubens)
aufnahmefähig geworden. Es ist daher ein Weideplatz für indische Weisheit, ein Kloster christlicher
Mönche.
Ein Tempel für Götzen, eine Ka‘ba für einen muslimischen
Pilger, die Gesetzestafeln der Thora und die Buchrolle des Koran.
Ich hänge der Religion der mystischen Liebe an. Wohin
auch immer deren Kamele ihren Weg nehmen! Dieses ist meine Religion und mein
Glaube!
Das
Streben der Menschen
O du alter Tempel! Ein Licht ist für dich aufge¬gangen, das in unseren
Herzen erstrahlt.
Bei dir beklage ich mich über die Wüsten, die ich durchschritt, und
in denen ich ungehemmte Ströme von Tränen vergossen habe.
Weder morgens noch abends erfreute ich mich der Rast. Vom Morgen bis zum Abend
setzte ich meinen Weg ununterbrochen fort.
Die Kamele setzen ihren Marsch bei Nacht fort, auch wenn sie ihre Füße
wund gelaufen haben, ja sie beschleunigen den Schritt noch dazu.
Diese gewaltigen Reitkamele trugen uns zu euch hin mit heftigem Verlangen, obwohl
sie nicht hofften, das Ziel erreichen zu können.
Sie durcheilten im Liebesstreben nach dir Wildnisse und regenlose Strecken,
ohne sich deshalb über ihre Müdigkeit zu beklagen.
Sie klagten nicht über den Schmerz der heftigen Liebe, während ich
mich über Müdigkeit beklagte. Sicherlich vollbrachte ich etwas Widerspruchsvolles!
Die
Sehnsucht nach Allah
Ich bin (ihm) ferne, und die Sehnsucht tötet
mein Herz. Und ich treffe ihn, bin aber doch nicht geheilt. Also besteht die
Sehnsucht, ob ich ihm nahe, ob ferne bin. Und die Vereinigung mit ihm bewirkt
in mir, was ich mir niemals vorgestellt habe; und das Heilmittel ist eine zweite
Krankheit der Sehnsucht.
Denn ich erkenne eine Gestalt, deren Schönheit an Glanz und Majestät
von Vereinigung zu Vereinigung zunimmt..
Und da gibt es kein Fliehen vor einer Sehnsucht, die gleichermaßen zunimmt,
wie seine Lieblichkeit wächst, nach vorbestimmtem Maß.
Enthalten in: Islamische Geisteswelt, Von Mohammed
bis zur Gegenwart Herausgegeben von Rudolf Jockel (S.221f.)
Holle Verlag , Darmstadt