Sayyid
Ali Muhammad, genannt al-Bab (1819 – 1850)
Persischer Begründer
der - aus dem Islam hervorgegangenen - nach ihm benannten Babi-Religion (Babismus).
Bab ist der Sohn eines angesehenen Tuchhändlers aus Schiras. Bald schon
Waise, wurde er von einem Onkel erzogen und zum Kaufmann ausgebildet. Am 23.
Mai 1844 behauptete er in seiner Vaterstadt, er sei
- die Offenbarung Allahs, mit deren Kommen das Weltgericht anbricht und
- die Offenbarwerdung des erwarteten Ka‘im oder Mahdi und der Vorläufer,
das »Tor« (=Bab) zu einer
zweiten, größeren Offenbarung: der des
Man-Jushiruhullah (»Den Allah offenbaren wird«).
Innerhalb weniger Monate gewann der Bab in Persien zahlreiche Anhänger,
die von der fanatischen schi‘itischen Geistlichkeit grausam verfolgt wurden.
Diese Verfolgungen führten zur Ermordung von über zwanzigtausend Gläubigen. Nach der Rückkehr von seiner Pilgerfahrt nach Mekka (1844/1845), wurde
der Bab verhaftet, über fünf Jahre eingekerkert und am 9. Juli 1850
in Tabris in Nordpersien erschossen.
Seine sterblichen Überreste sind seit dem März 1909 in einem Grabmal
am Hange des Karmel oberhalb Haifas beigesetzt. Im Mittelpunkt der Lehren des
Bab steht seine Verkündigung der beiden Gottesoffenbarungen, der seinen
und der des Verheißenen. Mit seinem Auftreten ist nach seiner Ansicht
die Zeit des Endes der seitherigen Weltepoche eingeleitet worden, auf die ein
neues Zeitalter folgen wird. Bab lehrte die sinnbildliche Koranauslegung und
verneinte - bei Anerkennung der Unsterblichkeit der Seele - die Auferstehung
des physischen Leibes. Er stellte eine Reihe ethischer und sozialer Forderungen
auf, die zu seiner Zeit im Orient höchst revolutionär waren: tätige
Nächstenliebe, Tugendhaftigkeit, Demut, Gebet und Gottesdienst allein um
der Verehrung und des Lobpreises Allahs willen, allgemeine Arbeitspflicht, Versorgung
der Arbeitsunfähigen durch die Gemeinschaft, Bettelverbot und Gleichberechtigung
der beiden Geschlechter. Seine Lehren sind in zahlreichen Werken niedergelegt,
vor allem in seinem religiösen Gesetzbuche, dem Bajan (»Erklärung«). Der Babismus versteht sich nicht als
eine Sekte des Islam, sondern als eine selbständige Religion, in der dem Bab derselbe Rang wie Mohammed zuerkannt wird. Er erklärt den Islam für
abgeschafft und setzt ein eigenes Gesetzbuch — den Bajan
— an die Stelle des Koran. So haben sich bereits im Juni 1848 die
Führer der Bewegung auf einer Konferenz zu Badascht in Masandaran vom Islam und seinem Religionsgesetz losgesagt. Der Babismus ging später großteils
in der von Baha-Allah gegründeten Baha‘i-Religion auf.
Siehe auch Wikipedia
Inhaltsverzeichnis
Zwei Gebete
Ich bin . . .
Von der Wahrheit des Todes
Zwei Gebete
Gibt es einen Erlöser außer Allah? — Sprich: Preis sei Allah!
Er ist Allah! Alle sind seine Diener, und alle unterstehen seinem Gebot!
Im Namen Allahs, des Siegreichsten der Siegreichen, verkünde:
Allah wird allen denen beistehen, die sich erheben, ihm zu dienen! Niemand ist
fähig, ihn seiner Majestät, seiner Herrschaft, seiner Oberhoheit zu
berauben, denn im Himmel und auf Erden und in allen Reichen Allahs ist er der
Siegreiche und der Sieger!
Ich bin
. . .
Ich bin der geheimnisvolle Tempel, den die Hand der Allmacht errichtete. Ich
bin die Lampe, die Allahs Finger in ihrer Nische entzündete und mit unsterblichem
Glanze leuchten ließ. Ich bin die Flamme jenes himmlischen Feuers, das
über dem Sinai fröhlich erstrahlte und im brennenden Busch verborgen
war!
Ich bin der Erste Punkt, daraus alles Erschaffene gezeugt ward....
Ich bin das Antlitz Allahs, dessen Glanz sich nie verdunkeln läßt,
das Leuchten von Allahs Licht, welches nimmer verblassen kann ... Allah hat
beliebt, mir alle Schlüssel des Himmels in die rechte Hand zu legen und
alle Schlüssel der Hölle in meine Linke...
Ich bin ein Tragpfeiler des Ersten Wortes Allahs. Wer immer mich anerkennt,
hat alles anerkannt, was wahr und recht ist, und hat alles erreicht, was gut
und ziemlich ist… Der Stoff, daraus Allah mich geschaffen hat, ist nicht
der Staub, daraus andere wurden. Er gab mir, was die Weltweisen nie erfassen,
die Getreuen nie enthüllen können.
Ich bin — ich bin — ich bin der Verheißene! ich bin
der, dessen Namen ihr tausend Jahre angerufen habt, bei dessen Erwähnung
ihr euch erhobt, dessen Ankunft zu er¬leben ihr euch sehntet und dessen
Offenbarung ihr Allah zu beschleunigen batet! Wahrlich, ich sage: es ist die
Pflicht aller Völker des Ostens und des Westens, meinem Worte zu gehorchen
und mir Treue zu geloben!
Von der
Wahrheit des Todes
Zur Erklärung der Wahrheit vom Tode, und es ist wahr!
Der Inhalt dieses Kapitels ist folgender:
Für das Wort Tod gibt es bei Allah unendlich viele Bedeutungen, und er
allein vermag sie zu zählen. Eine dieser Bedeutungen, die jeder verstehen
kann, ist der augenscheinliche, natürliche Tod. Es ist jener Tod, der in
dem Augenblick eintritt, da man den Atem des Menschen erntet.
Nun, in jeder Bedeutung, die Allah dem Worte Tod gibt, ist dieser wahr. Dieser
Tod, bezüglich dessen alle Men¬schen die Pflicht haben, zu erklären,
daß er wahr ist, ist nicht der den Geschöpfen so bekannte Tod, sondern
der Tod bei der Offenbarung des Baumes der Wahrheit gegenüber allem, was
nicht er ist ...
Die Wahrheit über (diesen) Tod beruht auf Folgendem:
Zur Zeit der Offenbarung des Baumes der Einheit... müssen alle sterben,
sei es in der vollkommenen Verneinung oder in der vollkommenen Bejahung. Dieses
feine Geheimnis könnten alle Meere des Himmels, der Erde und was dazwischen
ist, wenn sie aus Tinte bestünden, nicht aufklären.
Das Wesen der Frage ist folgendes: Der, dessen Wille kein anderer ist
als der Wille dessen, den Allah offenbaren wird, dessen Verlangen kein anderes
ist als sein Verlangen, dessen Entscheidung keine andere ist als seine Entscheidung,
dessen Urteil kein anderes ist als sein Urteil, dessen Bestätigung keine
andere ist als die Seinige, dessen Ziel kein anderes ist als das Seinige, dessen
Buch kein anderes ist als sein Buch — der hat den Tod erfahren.
In der Tat, sein Wille ist dann nichts anderes als das Wesen des Willens Allahs,
sein Verlangen das Wesen seines Verlangens, seine Entscheidung das Wesen seiner
Entschei¬dung, sein Urteil das Wesen seines Urteils, seine Bestätigung
das Wesen seiner Bestätigung, sein Ziel das Wesen seines Ziels, sein Buch
das Wesen des Buches Allahs.
Wer immer also im Punkte des Bajan gestorben ist,
hat bezeugt, daß der Tod wahr ist; andernfalls hat ihm alles, was er vom
Koran gelesen und was er an Gebeten gesprochen hat, keine Frucht beschert.
Wieviele sprechen: Der Tod ist wahr — und ihr Wille war anders als sein
Wille. Sie sind Lügner geworden, und die Lüge ihrer Worte ist vor
den Augen Allahs offensichtlich geworden. Und (dies geht) so fort, bis sie anlangen
am Buche.
Und inzwischen ist sein Buch, welches das Buch Allahs ist, auf jene herniedergekommen,
die sich als die Gelehrtesten dieser Welt betrachten, und die Feder schämt
sich zu berichten, was sie getan haben. Dennoch sprachen sie Tag und Nacht:
Der Tod ist wahr — und handelten gemäß seinem Buche von ehemals.
Sie prahlten mit der islamischen Religion und rühmten sich ihrer Gelehrsamkeit.
Nun nahmen sie aufgrund dieser nunmehr zerstörten Verbindung, von der sie
meinten, sie besäßen sie noch immer, all das entgegen, was Allah
im Koran für ihn ausersehen hat. Und dabei war ihnen nicht einmal ihr Atemschöpfen
gestattet, denn sie atmeten nicht im Glauben Allahs.
Das ist, was im Buche Allahs mit der Frucht des Wissens ohne Werke gemeint ist.
Hätten sie den Tod begriffen, dann hätten sie ihren Bekräftigungen
nicht widerstanden. Indessen bekräftigen sie, daß er wahr ist, verharren
aber dabei, den nicht zu erkennen, der der Urheber dieser Wahrheit ist.
Und es handelt sich um jenen Tod, der allen dienlich ist am Tage des Gerichtes
und noch im Fegefeuer, bis Allah die Sonne der Wahrheit aufgehen läßt.
Und ich verstehe unter Fegefeuer die Zeit, die zwischen zwei Offenbarungen vergeht,
und nicht, was den Menschen darüber nach der Auflösung ihrer Körper
bekannt ist. Wahrlich, dies liegt jenseits dessen, was Allah ihnen als Pflicht
aufgab, denn niemand als Allah weiß, was nach ihrem Tode mit ihnen geschehen
wird. Was aber ihre Pflicht ist, müssen die Menschen wissen!
Wenn einer irgendetwas — was es auch sei —, das des Punktes des
Bajan unwürdig ist, sein Herz durchdringen läßt, dann
ist im nämlichen Augenblick, da dieser Gedanke in ihn eindringt, die Todesverordnung
nicht gegeben. Und dies ist ebenso fein wie jenes, vielleicht noch feiner. Nur
die Scharfsinnigen vermögen es zu verstehen!
Vom Wesen der Erhabenheit der Einheit bis zur niedersten Rangstufe in der Welt
der Begrenzung ist die Bedeutung des Wortes Tod wahr! ...
Wer immer den Tod kennt, wird stets tot sein in der Nähe Allahs: er wird
nichts als das wollen, was Allah will. Dieser Tod ist das Sterben im Punkte
des Bajan, denn was Allah will, offenbart sich
nur durch den Willen des Punktes des Bajan. Dies
ist die Wahrheit vom Tode für den, der in der Nähe Allahs sterben
will.
Allah hat in dieser Welt nichts Wertvolleres erschaffen als den Tod in seiner
Nähe. Alle Menschen wünschen, ihr Wille möge der Wille
dessen sein, den Allah offenbaren wird, aber sie werden ihrem Worte und ihrem
Verlangen keine Ehre machen, wenn er sich offenbaren wird.
Alle, die an den Koran glauben, hatten sich selbst geschworen, wenn Mohammed
ins Leben dieser Welt zurückkäme, seinen Worten weder ein Warum noch
ein Wie entgegenzustellen. Nun, wahrlich, Mohammed ist ins Leben dieser Welt
zurückgekehrt mit noch erhabenerem Range als jenem, den er zu Beginn seiner
Offenbarung einnahm, denn diese Offenbarung ist jene, in der man die Frucht
der vorangegangenen sammelt.
Und siehe: alle die sagen: Mohammed ist der Gesandte Allahs! sind in der Unwissenheit
geblieben und haben nicht an seine weitere Offenbarung geglaubt!
Glücklich, wer alles in seiner Wirklichkeit sieht und sich keine Vorstellungen
schaffen will, die in den Augen Allahs keinerlei Wirklichkeit besitzen, so wenig
wie in den Augen der Meister der Einsicht.
Von aller Ewigkeit her lag die Offenbarung der göttlichen
Wesenheit in dem Akte des Verborgenseins, und ihr Akt des Verborgenseins
lag in ihrer Offenbarung. Alles, was man bezüglich der Offenbarung Allahs
sagt, zielt allein auf den Baum der Wahrheit ab, der nichts anderes bekundet
als Allah. Und dieser Baum war und ist der Entsender aller Gesandten, der, welcher
alle (offenbarten) Bücher herniedersteigen läßt.
So hat er zur Zeit der Herabkunft des Koran, indem er Mohammed offenbarte, seine
Macht geoffenbart. Und zur Zeit der Herabkunft des Bajan
hat er seine Macht geoffenbart, indem er den Punkt des Bajan offenbarte. Zur
Zeit der Offenbarung dessen, den er offenbaren wird, wird er durch ihn seine
Religion in der Weise befestigen, wie er will, (und) in dem Umfang, wie es ihm
gefällt...
Aus aller vergangenen Ewigkeit in alle zukünftige Ewigkeit war und ist
Allah, und niemand hat ihn gekannt oder kennt ihn, denn was anders als
er ist, ist seine Schöpfung oder was auf seinen Befehl hin erschaffen werden
wird. Und er ist erhabener denn jede Erwähnung oder jeder Lobpreis, er
ist heiliger denn jeder Beiname oder dergleichen. Nichts vermag ihn zu begreifen,
aber er begreift alles!
Wahrlich, Allah, der Allerhöchste, kann niemals in
seiner Wesenheit erkannt werden, er kann nie begriffen werden, nicht geheiligt
werden. Für niemanden gibt es einen Weg zu ihm. Alle sind unfähig,
ihn zu erkennen, und niemand kann sich im Schatten seiner Einheit und seiner
Unbedingtheit lagern.
Alle Dinge sind stets bestätigt worden durch seine
Wesenheit, sein Dasein, seine Besonderheit, seine Ursprünglichkeit, sein
Ziel, seine Offenbarung, durch seinen Akt des Verborgenseins, seine Reinheit,
seine Wahrheit!
Wahrlich, Allah steht auf der höchsten Stufe der Beständigkeit seines
Reiches, auf dem Gipfel der Allmacht seiner Heiligkeit. Er ist rein über
jede Erwähnung, jeden Lobpreis, alle Eigenschaften und alle Maße.
Immer war Allah einzig, alleinzig, lebendig, beständig und ewig in der
Vergangenheit, ewig in der Zukunft, der, auf den man sich verlassen kann.
Er hat sich nie einen Gefährten genommen, er hat niemals ein Kind gehabt.
Alles, was nicht er ist, ist seine Schöpfung, erschaffen auf sein Geheiß.
Immer ist er in seinem Dasein ohne Daseinsbedürfnis, und seine Wesenheit
kennt aus ihrer Wesenheit heraus keinerlei Bedürfnis.
Wie wäre er nicht ohne Bedürfnis gegenüber
anderem als sich, da doch seine Wesenheit ihrer Wesenheit nach rein ist und
niemandes bedarf? Er ist rein, frei, erhaben in einem Grade, wie es seiner Heiligkeit
und seiner Größe würdig ist. Immer war er allerhöchst,
allerhaben! S.282ff.
Enthalten in: Islamische Geisteswelt. Von Mohammed bis zur Gegenwart. Herausgegeben
von Rudolf Jockel , Holle Verlag , Darmstadt