Kleanthes aus Assos (331 – 232 v.Chr.)

  Griechischer Philosoph der Stoa, der Schüler und Nachfolger des Zenon von Kition war, der um 308 v. Chr. die »Stoische Philosophenschule« gründete. Kleanthes schrieb u. a. auch den »Hymnus auf Zeus«, in dem er Zeus als eine Art Welt-Logos begreift, der als eine unsterbliche vernünftige Willens-Macht mit Hilfe seiner ewig lebendigen Kraft und der Vernunft, die allen Dingen gemeinsam ist (hierin folgt er offenbar Heraklit), in diesem Weltall alles erschafft, ordnet und lenkt. Auf Grund seiner natürlichen Veranlagung soll der Mensch vernünftig und tugendhaft handeln. Seine Anlage zur Tugend kann der Mensch nur vollkommen entwickeln oder gar nicht. Ein Mittelding zwischen Tugend und ihrem Gegenteil gibt es nicht, wobei er die Tugend folgendermaßen definiert: »Wie die körperliche Kraft auf der Spannung der Muskeln beruht, so beruht die Tugend auf der Anspannung des Seelen-Pneuma Bei der Handlungsweise ist die innere Absicht, nicht das durch sie bewirkte Ergebnis, ausschlaggebend.

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Zeushymnos
Aller Unsterblichen Höchster, vielnamiger Lenker des Weltalls,
Zeus, du Herr der Natur, der nach dem Gesetz alles lenket,
Sei mir gegrüßt! Dich zu preisen, ziemt den Sterblichen allen,
Stammen sie doch aus deinem Geschlecht. Von allem, was lebet
Und sich reget, gabst allein du dem Menschen die Sprache.
Deshalb will ich dich preisen und deine Herrschaft besingen.

Willig gehorcht dir das Weltall, das fügsam die Erde umkreiset,
Folgend, wohin du es führst, gefügig dem machtvollen Willen.
Denn in den siegreichen Händen hältst du den tüchtigen Diener,
Doppelt gespitzt, den Blitz, den feurigen, ewig lebend‘gen,
Der mit flammendem Strahl die Werke der Schöpfung vollendet.

Du lenkst durch ihn die Vernunft, die, allen Dingen gemeinsam,
Sich mit den großen und kleinen Lichtern des Himmels vereinigt.
Durch ihn bist du so mächtig, du oberster König des Weltalls.
Nichts geschieht auf der Erde, was, Zeus, deinem Willen entzogen,
Nichts in den göttlichen Lüften des Himmels noch drunten im Meere,
Außer allein, was die Bösen in ihrer Torheit vollbringen.

Doch vermagst du es wohl, das Unmaß zum Maße zu formen,
Wirres zu ordnen und auch, was feindlich, in Liebe zu wandeln.
So nämlich fügtest du alles zusammen, das Gute und Böse,
Dass aus allem die eine und ewige Weltordnung werde.

Nur die das Böse gewählt, versuchen ihr zu entfliehen,
Elende, die von den Gütern stets nur den Reichtum begehren,
Aber vor Gottes Gesetz die Augen und Ohren verschließen.

Folgten sie diesem mit Einsicht, sie führten ein rechtschaff‘nes Leben,
Ohne Vernunft trachten sie stattdessen nach vielerlei Übeln:
In unermüdlichem Eifer mühen die einen um Ruhm sich,
Ohne Anstand jagen die anderen nach dem Gewinne,
Sinnengenuss suchen dritte und süße Freuden des Leibes.
Schlimmes erfahren sie nur; wohin sie unstet auch irren,
Streben sie gänzlich nach dem, was jedem Guten zuwider.

Darum, allschenkender Zeus, schwarzwolkiger Schleudrer des Blitzes,
Schütze und wahre die Menschen vor der verderblichen Torheit.
Aus dem Herzen vertreib sie, Vater, und gib ihnen allen
Einsicht, mit der du selbst gerecht über alles regierest,
Dass wir die Würde dir gerne vergelten, die du uns verliehen,
Lobend beständig dein Werk, so wie es den Sterblichen ziemet.
Weder den Menschen noch Göttern ist größere Ehre gegeben,
Als das Gesetz zu preisen, das allen im Rechte gemeinsam.

Aus: Die Philosophie der Stoa, Ausgewählte Texte
Übersetzt und herausgegeben von Wolfgang Weinkauf
Reclams Universalbibliothek Nr. 18123 (S. 114ff.)
© 2001 Philipp Reclam jun., Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam Verlages