Hugo von Sankt Victor, auch »der Sachse« genannt, (um 1100 – 1141)
![]() |
Französischer
Scholastiker und Mystiker, der wahrscheinlich aus Sachsen stammt
und seine Ausbildung im Augustinerchorherrenstift Hamersleben (Halberstadt) erhalten hat. Zwischen 1115 und 1120 kam er nach Saint Victor, wo er 1133 zum
Leiter der Stiftsschule von St. Victor ernannt wurde. Hugo
entwickelte sich zu einem der einflussreichsten Theologen des 12.
Jahrhunderts. Sein Denken war so sehr von Augustinus
geprägt, dass er den Spitznamen »alter
Augustinus« erhielt. Er verfasste Auslegungen der Werke des
Aeropagiten und seines Übersetzers Scotus
Eriguena. Sein bedeutendstes Werk ist »De
sacramentis christianae fidei«, in dem er eine ausführliche
systematische Darstellung der Glaubenslehre unter heilsgeschichtlichen Aspekten entfaltet. Siehe auch Wikipedia , Heiligenlexikon und Kirchenlexikon |
Aus »De
Sacramentis«
1,1,8, und 11,11,13. Als die Schöpfung begann,
da schuf Er zuerst das Licht, um alles andere danach
im Licht zu schaffen. Also hat Er bedeutet, daß
Er die Werke der Finsternis nicht liebe, weil sie böse sind. »Denn jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht
ans Licht, damit er seiner Werke nicht geziehen werde, weil sie böse sind.
Wer aber die Wahrheit tut, der kommt ans Licht, damit seine Werke offenbar werden,
weil sie in Gott getan sind.«(Joh. 3, 20f), Er, der Sich rüstete, die Wahrheit zu erschaffen, wollte Sein Werk nicht
im Finstern tun, Er kam ans Licht, Er schuf das Licht,
um durch das Licht Sich zu offenbaren. Es ist nicht so, als hätte Er das
Licht erschaffen, um selbst kraft des Lichtes zu sehen, sondern Seine Werke
wollte Er durch das Licht offenbaren, als Werke Gottes.
Manche sprechen so viel von der
Liebe, daß sie die Liebe fast schon
gegen die Wahrheit ausspielen. Und doch
gibt es kein Lob der Liebe, wo man die Wahrheit in Nachteil setzt... Alles,
was man da über die Liebe sagt, ist ein schöner Anfang zu einem richtigen
Urteil... Wir wollen aber doch das Licht von der
Finsternis scheiden und über das Dunkel lächeln, das ins
Licht sich mengt, und wie gleich zu gleich sich daneben stellt. Ja, wenn
die Liebe Licht ist, so sind doch Irrtum und Torheit Finsternis. Wo Liebe ist,
da ist Helle, aber nicht in ihr ist ein Mensch, der mit süßem Getue
einherkommt. Ein Mensch, der in der Liebe wandelt, überschreitet nicht
den Gesichtskreis, der ihm verstattet ist. Solange er
im Licht ist, kann er nicht irren, weil er sieht,
wo er steht. Wer aber im dreisten Übergriff sich dorthin stürzt,
wo er nicht sehen kann, verliert die klare Helle, weil er die Liebe nicht mehr
hat. Wohin er weiter seine Schritte noch lenken mag: alles ist Irrtum. Also
lügen jene Lobspender und wissen nichts von Liebe; sie sollten sich nicht
dessen anmaßen, was sie nicht sehen konnten ...
1, 6, Cap. 5. Das Wort wurde Fleisch, ohne etwas
von Seiner Göttlichkeit zu verlieren, und konnte erst dadurch von
den Menschen gesehen werden. Aber nur so wie ein Buch, das zugleich innerlich
und äußerlich beschrieben ist, das heißt, mit sichtbarer, und
zugleich auch mit unsichtbarer Tinte: die äußerlich sichtbare Schrift
ist das menschliche Leben Christi, die innere, die erst sichtbar gemacht werden
soll, ist Sein göttliches Leben. Die menschliche Schrift wird von uns durch
unsere Bemühungen um unsere eigene Nachfolge Christi gelesen, die Schrift
entziffern wir nur durch frommes Versenken in die Anschauung Gottes. Und wir
lesen die menschliche Schrift, um uns zu heilen, die göttliche aber, damit
wir zur Vollkommenheit geführt werden ... So steht z.B. innen »Im
Anfang war das Wort« und außen: »Das
Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns« ... Dies einzigartige
Buch ist also doppelt geschrieben, seine innere Schrift ist einmalig, seine äußere geschah in zwei Ansätzen, das erstemal
durch die Schöpfung der sichtbaren Welt und ein zweitesmal durch die Leibwerdung
Christi; ... Das erstemal, um die Natur zu begründen, das zweitemal,
um uns von der Erbsünde zu befreien. S.90f.
Enthalten in: Christliche Geisteswelt, Band II, Die Welt der Mystik . Herausgegeben
von Walter Tritsch, Holle Verlag , Darmstadt
Gemeinschaft
Drei Dinge freuen mich,
dem Herrn gefallen sie und auch den Menschen: der Brüder Eintracht, der
Nachbarn Freundschaft, und das liebende Einvernehmen von Mann und Frau. Sir
25,4
Dem Menschen gehört die Erde, wie es in der Schrift heißt, »daß er über sie herrsche« (Gen
1,28) — dem einzelnen, der irgend ein Stückchen von ihr
zu verwalten hat. Dieses Stückchen, so schön es auch sei, ist gewiß
nicht das Schöne selbst, Und so nützlich es sei, nicht das eine Notwendige,
und so groß es sei, nicht das Große, und so gut es sei, nicht das
vollkommen Gute; doch liebst du es, weil es dein ist. Liebe es so, daß
es dich wesentlich fördert: liebe es als Geschenk des großen Liebenden!
Liebe nicht dies statt Seiner, sondern liebe es, weil es von Ihm ist, und liebe
Ihn vor allem!
Auch die Gemeinschaft mit Menschen ist dir als Gottesgeschenk zuteil geworden,
damit dein Herz im Umgang mit Ihm erquickt wird und du nicht einsam dahinsiechst. So wie die Bösen eine Schulung für dich sind, so ist der Umgang mit
Guten eine Labung. Wenn du gute Menschen liebst, so wird deine Liebe
sich über alles Gute freuen, das sie besitzen. Du wirst es nicht als etwas
Fremdes, sondern wie etwas Eigenes empfinden. Es mag dich beglücken, daß
Gottes Liebe dir persönlich zugewandt ist, und du könntest versucht
sein zu denken: ich will sie für mich genießen! Aber viel seliger
ist es, die Freude mit vielen Guten zu teilen. Die wechselseitige Teilnahme
erhöht auch die göttliche Liebe, und ihre Beseligung wächst in
der gemeinsamen Freude, die Gott euch gibt.
Geistige Liebe nimmt nicht dadurch ab, daß mehrere sich gegenseitig bereichern
und jeder von seinem besonderen Wert den andern Anteil gibt. Gottes Liebe gehört
allen und jedem persönlich, und alle liebt Er so, daß der einzelne
nicht mehr und nicht anders geliebt würde, wenn Gott nur ihn und sonst
niemand liebte. S.231
Aus: Otto Karrer, Jahrbuch der Seele . Aus der Weisheit der christlichen Jahrhunderte.
Verlag Ars Sacra Josef Müller München