Hesychasmus (von griech. Hesychia = Ruhe, Stille)

Unter Hesychasmus versteht man eine meditative Gebetspraxis des Mönchtums in der Ostkirche, die durch Kontemplation und innigem Jesusgebet zu göttlicher Ruhe und der »unio mystica« führen soll. Um 1300 praktizierte eine besonders auf dem Berg Athos verbreitete mystisch-asketische Bewegung mit Hilfe einer psychosomatischen Atem- und Gebetstechnik eine Lichtmystik, deren höchstes Ziel die Schau des Taborlichtes ist. Mit »Taborlicht« ist das Licht gemeint, das Petrus, Jakobus und Johannes bei der Verklärung Christi auf dem Berg Tabor gesehen haben sollen (Matthäus 17, 1 - 9; Markus 9, 2 - 8; Lukas 9, 28 -35). Der Berg Tabor ist ein 588 m hoher Berg am Ostrand der Jesreelebene in Nordisrael.

Nach der von der Ostkirche übernommenen Lehre des Athosmönches Gregorius Palamas (1296/97 - 1359), der durch die reale Unterscheidung vom »überwesenhaften Wesen (Ousia)« und der »vergöttlichenden Energie des überwesenhaften Wesens Gottes« dem Hesychasmus seine theoretische Grundlage gab, soll es sich beim »Taborlicht« um kein gewöhnliches Licht handeln, sondern um eine ungeschaffene Energie des überwesenhaften Wesens Gottes. »Unteilhabbar« als »überwesenhaftes Wesen« und »teilhabbar als Inhaber der seinsschaffenden und urbildlich vollendenden Energie (Kraft)« ist es derselbe Gott, der alles um sich her bewirkt und belebt.

»Einerseits ist er (Gott) selbst das überwesenhafte Wesen, unsagbar und unbegreiflich, beziehungslos und unteilhabbar; andererseits ist er das (unsichtbare) Wesen des (sichtbaren) Seienden, das Leben der Lebenden, die Weisheit der Weisegewordenen, …«.

Selbst als Eines an sich unteilbar und unteilhabbar strahlt das »überwesenhafte Wesen Gottes« eine vergöttlichende Energie aus, die jedes gereinigte Vernunftwesen, das völlig frei von der »Hülle vielförmiger Bosheit« ist, empfangen und als »geistliches Licht« gesehen werden kann. »Der Lohn der Tugend« ist das »göttliche Hereinleuchten«, das vom reinsten Licht umblitzte Gottwerden«. »Die Lichtkraft strahlt den Würdigen das beständige und ewige Licht ein« und schafft sie, die an jenem Lichte teilhaben, selber zu leuchtenden, geistlichen Lichträgern (Sonnen) um.

Der Hesychasmus ist heute vor allem in Russland verbreitet und wird von einigen Anhängern der Ostkirche auch immer noch ausgeübt.

Gregorius Palamas