Grenze (griech. horeb, lat. finis)

Der Begriff »Grenze« ist ein Lehnwort und leitet sich von dem gleichbedeutenden polnischen Wort »granica« her.

Das Wort ist erstmals im 13. Jahrhundert im Ordensland Preussen aufgetreten. Es soll von Martin Luther (1483 - 1546) als »Landmark« eingedeutscht worden sein.

Unter »Grenze« vesteht man den »Rand«, der - als gedachte Markierungs-oder Grenzlinie - flächen-, raum und/oder raumzeitartige (mehrdimensionale) Gebilde (Gebiete) umschließt (begrenzt).

S
chöne und anschauliche Beispiele sind die Vielflächner (Polyeder) der Platonischen Körper.

Philosophisch gesehen verstehe ich unter dem Rand das dynamische Band, das den Rand statisch einschließt, in dem er es mittels seiner Kraft ohne Anfang und Ende kreisartig umfließt:

Grenzen sind Schranken, die alles beschränken, außer die grenzenlose Freiheit und Phantasie der Gedanken.

Immanuel Kant
(1724 - !804):
Grenze
ist bei einer stetigen Größe das, was den Grund der Schranken enthält, Mund.sensibil. §15 ( V2,111).
Das Unendliche enthält den Grund der Grenze, welche durch Beschränkung des unendlichen Raumes und der unendlichen Zeit entsteht, ibid. Folgerung (V 1, 113f.). Das Einfache (s.d.) in Raum und Zeit ist kein »Teil«, sondern Grenze.

In der Mathematik und der Naturwissenschaft erkennt die menschliche Vernunft »zwar Schranken, aber keine Grenzen, d.i. zwar, dass etwas außer ihr liege, worin sie niemals gelangen kann, aber nicht, dass sie selbst in ihrem inneren Fortgange irgendwo vollendet sein werde«.

Die mathematisch-naturwissenschaftliche Erkenntnis »geht ins Unendliche«, aber sie hat doch Schranken, da sie nur auf Erscheinungen geht und das Metaphysische und Moralische »ganz außerhalb ihrer Sphäre« liegt. Metaphysik aber führt uns auf »Grenzen des reinen Vernunftgebrauchs« und zeigt uns auch »Art, solche zu bestimmen«, worin ihr eigentlicher Zweck liegt. Schranken sind bloße Negationen, Grenzen aber zugleich »etwas Positives«, und dieses besteht hier in der Noumena (s.d.), den Dingen an sich (s.d.), die wir außerhalb unserer Erfahrung liegend noch annehmen müssen, ohne sie freilich erkennen zu können. Wir können sie im Verhältnis zur Sinnenwelt annehmen und denken. Wir halten uns auf dieser Grenze, »wenn wir unser Urteil bloß auf das Verhältnis einschränken, welches die Welt zu einem Wesen haben mag, dessen Begriff selbst außer aller Erkenntnis liegt, deren wir innerhalb der Welt fähig sind«, Prol. § 57 (III, 123ff.); vergl. Gott, Analogie. Erfahrung begrenzt sich nicht selbst, sie gelangt von einem Bedingten immer nur auf ein anderes Bedingte. »Das, was sie begrenzen, muss gänzlich außer ihr liegen, und dieses ist das Feld der reinen Verstandeswesen.« Dieses Feld ist »für uns leerer Raum, sofern es auf die Bestimmung der Natur dieser Verstandeswesen ankommt«. Da aber eine Grenze selbst etwas Positives ist, so ist es doch »eine wirkliche positive Erkenntnis, deren die Vernunft bloß dadurch teilhaftig wird, dass sie sich bis zu dieser Grenze erweitert«. Die »Begrenzung des Erfahrungsfeldes durch etwas, was ihr sonst unbekannt ist«, ist eine Erkenntnis, die sich auf das Verhältnis dieses Unbekannten zu dem, was innerhalb der Erfahrung liegt, einschränkt, ibid. § 59 (III 133ff.); vergl.Theologie.

Die »Grenze der Erscheinung« gehört noch mit zur Erscheinung, aber das Ding, »was die Grenze macht«, liegt außer ihr, N 4958. - Die Ideen (s.d.) der Vernunft fordern, nichts innerhalb der Welt möglicher Erfahrung als absolute Grenze anzusehen, sondern immer weiter im Denken und Forschen zu gehen. Vergleiche Grenzbegriff, Kritik der reinen Vernunft, Antinomie, Ding an sich, Idee, Unbedingt, Unendlichkeit, Vernunft


Mund sensibil: De mundi sensibilis atque intelligibillis forma et principiis
Prol.: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können