Christian Scriver (1629 - 1693)
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Deutscher
evangelischer Pfarrer und Liederdichter, der Andachtsbücher verfasste, Kirchenlieder dichtete und als ein Wegbereiter des Pietismus gilt. Das Abendlied »Der lieben Sonne Licht und Pracht« (EG 479) im Evangelischen Gesangbuch stammt von Christian Scriver. Siehe:auch Wikipedia, Heiligenlexikon und Kirchenlexikon |
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Inhaltsverzeichnis
Wächter
über Gottesgemeinde Kein rechter Pfarrer ohne Kreuz |
Ohne Gebet richten wir nichts aus |
Wächter
über Gottesgemeinde
Gott hat uns zu Hütern und Wächtern über seine Gemeinde bestellt,
uns die Seelen anvertraut, die er mit seinem eigenen Blut erworben hat, er hat
uns zu seinen Arbeitern und Gehilfen erkoren und zu Haushaltern über seine
Geheimnisse bestellt. Hier gilt es, wahrlich nicht zu schlafen, gute Tage haben,
sich selbst schonen, Menschengunst suchen, Geld sammeln, Häuser bauen,
die Seinigen groß und reich machen. Es heißt hier: Seele
um Seele . . .
Ein rechtschaffener Prediger, der in seinem Amt gedenkt Nutzen zu schaffen,
muss durch Gott berufen und gesandt sein; er muss durch Christum Jesum als die
rechte und einige Tür zu den Schafen eingehen, und, vom Heiligen Geist
berufen, sich dieses hochheiligen Amtes unterfangen. Zwar muss er auch einen
rechtmäßigen und untadeligen Beruf vom Menschen haben, doch fragt
man billig am ersten nach dem innerlichen Beruf vor Gott.
Keine Gemeinde und niemand, der einer Gemeinde hierin vorsteht, soll einen zum
Seelenhirten berufen, es sei denn, dass sie göttlichen, inneren Beruf an
ihm verspüren. Es wird mancher zum heiligen Predigtamt, der besser wäre
zu einem Soldaten, zu einem Kaufmann, Statisten und Juristen; die sind denn
auch in solchem hochwichtigen Handel nicht viel nütze, werden oft Schandflecke
und Eiterbeulen der Kirche und richten Ärgernis und Herzeleid; sie suchen
Geld und gute Tage und lassen es gehen, wie es geht.
Ich nenne aber den innerlichen Beruf einen lebendigen und tätigen Glauben
an den Herrn Jesum, eine inbrünstige Liebe
zu demselben, einen göttlichen Eifer um seines Namens Ehre, ein herzliches
Verlangen, sein Reich fortzupflanzen, einen unermüdeten und unverdrossenen
Fleiß, Seelen zu gewinnen, wie auch allerlei andere Gaben des Heiligen
Geistes, als da sind die Weisheit und Wissenschaft der göttlichen Geheimnisse,
rechter Verstand des Worts, die lebendige Erkenntnis des Herrn Jesu, Freudigkeit
im Geist, Kraft, Stärke, Andacht, Gebet, Erfahrung und dergleichen. Dieser
innerliche Beruf, der durch Gottes Gnade und Geist geschieht, muss vorhergehen
vor aller äußerlichen Menschenwahl, Beruf und Bestätigung. Darum
ruft auch die christliche Gemeinde den Herrn der Ernte so herzlich an, dass
er getreue Arbeiter in seine Ernte senden, dieselben mit Gaben seines Heiligen
Geistes ausrüsten und seinen Geist und Kraft zum Wort geben wolle. Denn
von Gott muss die Gabe und Gnade kommen, das Wort recht zu teilen, die Sünder
seliglich zu schrecken, die Bosheit mit Ernst zu bestrafen, die Herzen zu rühren
und die verirrten Seelen wiederzubringen. S. 53ff.
Kein
rechter Pfarrer ohne Kreuz
Als Christian Scriver in jungen Jahren einen alten
Prediger besuchte, fragte ihn dieser:
»Mein lieber Herr Magister, wisset ihr auch, was euch noch fehlt?«
Er antwortete: »Mir fehlt noch viel: Gute Bücher,
mehr Gelehrsamkeit eine glückliche Heirat und dergleichen.«
Darauf spricht der andere: »Kreuz, Kreuz, Kreuz
fehlt euch; wenn euch das der liebe Gott zusenden wird, da werdet ihr ein Mann
und Theologus werden.« S. 85
Ohne
Gebet richten wir nichts aus
Des Gebetes kann ein rechtschaffener Lehrer nicht vergessen und entraten. Denn
was will er wider des Teufels Macht und List mit eigener Kraft ausrichten? Und
was vermag er ohne Gottes Gnade und Hilfe? »Ohne
mich könnt ihr nichts tun« (Joh. 15,
5), spricht unser Erzhirte, und sein Apostel: »Wir
sind nicht tüchtig, von uns selber etwas (Göttliches
und Gutes) zu denken (viel
weniger auszurichten), sondern, dass wir tüchtig
sind, ist von Gott« (2. Kor. 3, 5),
der aber will durch ein demütiges, herzliches Gebet um seine Hilfe ersucht
sein. Fleißig studieren ist gut, fleißig beten aber noch besser.
Die heiligen Apostel sagen: »Wir wollen anhalten
am Gebet und am Amt des Wortes« (Apgesch.
6, 4); sie setzen das Gebet erst und hernach den Dienst des Wortes oder
das Predigen, weil der nimmermehr etwas Gutes predigen oder ausrichten wird,
der nicht zuvor fleißig gebetet hat. Das Gebet kann mit Recht ein Schlüssel
des Himmels, der Schrift und des Herzens genannt werden. Was man oft mit vielem
Kopfzerbrechen und Nachsinnen, in vielen Büchern, mit großer Mühe
vergeblich sucht, das wird einem nach etlichen herzlichen Seufzern oft unvermutet
gegeben. S. 117f.
Enthalten in: Das teure Predigtamt. Gebete und Weisungen
für den Dienst am Wort aus dem Schatz der Kirche. Im Furche-Verlag Berlin