Giromalo (Hieronymus) Savonarola (1452 – 1498)
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Italienischer
Sittenprediger, Reformer und Märtyrer, der mit rücksichtsloser
Härte den Sittenverfall am päpstlichen Hof anprangerte und eine
theokratisch inspirierte Demokratie nach streng asketisch-kirchlichen Grundsätzen in Florenz installieren wollte. 1497 wurde
er von Papst Alexander VI. exkommuniziert und
schließlich als Häretiker und Schismatiker von der Stadt Florenz gehängt und verbrannt. Siehe auch Wikipedia und Heiligenlexikon |
Die Kunst des
guten Todes
Heute Morgen nun wollen wir von der Kunst des guten Todes reden und euch, wie ich schon gestern früh sagte, einen sauren Brocken
zu kosten geben. Wir wollen uns mit dem Beweise nicht abmühen, dass der
Mensch sterben müsse, denn das wäre überflüssig, und du
würdest sprechen: Vater, es ist um die Zeit schade, wir wissen sehr wohl,
dass wir sterben müssen. Daher will ich dies lassen und euch nur davon
zu überzeugen suchen, dass der Mensch den Tod immer vor Augen haben müsse. Ich will euch zeigen, dass ihr daraus großen
Nutzen schöpft, ja, des Todes stets eingedenk, selig wäret. Alle Heiligen
der Vergangenheit hegten diesen Gedanken an den Tod; er gab ihnen die Kraft,
hier auf Erden ein frommes Leben zu führen, weshalb sie nunmehr in paradiesischer
Seligkeit schwelgen. Darum frommt es dem Menschen gar sehr, ans Sterben zu denken,
denn in der christlichen Religion hilft weder Anfang noch Mitte, ohne ein gutes
Ende. Immer muss man daher auf ein gutes Ende bedacht sein, und das heißt,
an den Tod denken...
Wenn du dich häufig in den Gedanken und in die Betrachtung
des Todes versenktest, so würdest du am Glauben
nicht zweifeln, sondern an ihm im Gegenteil nur
immer fester hängen. Mache es dir also erstens zur Regel, dich zuweilen
mit dem Tode zu beschäftigen und zu sprechen: Ich
muss jedenfalls sterben. Und schaue manchmal dein Fleisch und deine Hände an und sprich: diese Hände
und dieses Fleisch müssen zu Staub und Asche werden und sind bald nur mehr
Gestank...
Mache es dir also zur Regel, gehe gerne zu Begräbnissen, siehe gerne solchen
zu, welche sterben. Wenn du von einem Verwandten, Freunde oder sonst jemandem
hörst, es gehe zu Ende mit ihm, so lasse es dir nicht entgehen, seinem
Tode und seiner Beerdigung beizuwohnen und an die Vergänglichkeit
des Menschen zu
denken, das wird dir ein starker Zügel gegen die Sünde sein. Bist du aber sehr zur Sünde geneigt, so solltest du dir den Tod in
deinem Hause malen lassen und einen Totenkopf in die Hand nehmen und oft betrachten,
und wenn du dich vom Ehrgeiz versucht fühlst an den Tod denken und sprechen: Tor, der ich bin, wo sind
so viele Herren und große Männer, die sich dem Ehrgeize in die Arme
warfen und nach Amt und Würde haschten? Tot sind
sie alle, sind Staub und Asche und nichts mehr als Fäulnis; und darum lass
deine hochfliegenden Pläne, befleißige dich eines ehrbaren Wandels.
Aus: Jakob Studer, Für alle Tage, Ein christliches
Lesebuch, Fretz & Wasmuth Verlag AG. Zürich (S.354f.)