Hermann (Ludwig Heinrich) Fürst von Pückler-Muskau (1785 – 1871)
Deutscher
Landschaftsarchitekt sowie viel- und weitgereister Schriftsteller,
der durch seine selbst entworfene Garten- und Parkanlagen Weltruhm erlangte. Der
geniale Gartenkünstler legte seine Erkenntnisse in seinen »Andeutungen
zur Landschaftsgärtnerei« nieder. Seine Reiseerlebnisse und Ansichten zu den verschiedensten Themen beschrieb er in mehreren Werken,
von denen das bekannteste wohl die anonym veröffentlichten »Briefe
eines Verstorbenen. Ein fragmentarisches Tagebuch aus Deutschland, Holland,
England, Wales, Irland und Frankreich« sein dürfte. Bemerkenswert
ist, dass er auf seinen Reisen auch telekinetische Ereignisse beobachten
konnte. (Das Tischrücken der Wundermädchen
von Smyrna). |
Inhaltsverzeichnis
Gott hat uns in die Lage versetzt, dass wir uns selbst helfen sollen | ||
Das Tischrücken der Wundermädchen von Smyrna |
Gott
hat uns in die Lage versetzt, dass wir uns selbst helfen sollen
Dass die Menschheit nicht wie eine willenlose Maschine stille zu stehen, oder
im Kreise sich ewig umzudrehen brauche, sondern weiter schreite, und aus sich
selbst fort werde, bis sie einst ihren möglichen Lebenszyklus geendigt,
und ihre höchste Perfektibilität erreicht hat, daran zweifle ich keinen
Augenblick. Meine Hypothese
würde dabei nur die sein, dass die Erde, gleich dem einmal vom Stapel gelassenen
Schiffe, unter dem Schutz und Zwange unwandelbarer Naturgesetze, nun ihrer eigenen
Mannschaft überlassen bleibe. Wir selbst machen hinfort unser Leben
(so weit es vom Menschen und nicht von jenen Gesetzen abhängt) so
wie unsre Geschichte,
im Großen wie im Kleinen, durch unsre eigene moralische Kraft oder Schwäche.
Keine besonders eingreifende Macht ist meines Erachtens anzunehmen, die z. B. Napoleon einen harten Winter in Russland schickt, um ihn zu stürzen, sondern Napoleon stürzt an dem fehlerhaften Prinzip,
das ihn selbst leitet, und welches auf die Länge, an dieser oder jener
scheinbaren Ursache,
immer untergehen muss. Das Naturereignis tritt, in Bezug auf ihn, nur zufällig ein, an sich aber ohne Zweifel in der notwendigen
Folge der Gesetze,
denen es unterworfen ist, wenn diese Gesetze uns
gleich unbekannt sind.
Aus eben dem Grunde wird es dem Guten, Fleißigen, Sparsamen, Klugen etc.
in der Regel der liebe Gott gut gehen, und vieles
was er wünscht, gelingen lassen, dem Toren und Bösen aber, der sich
in Krieg mit der Welt setzt, wird es nicht so gut ergehen. Dem, der die Hand
im Eise liegen lässt, wird sie der liebe Gott höchstwahrscheinlich
erfrieren, und dem, der sie ins Feuer hält, verbrennen lassen, es müsste
denn der unverbrennbare Spanier sein. Die zu Schiffe gehen, werden zuweilen
vom lieben Gott die Schickung des Ertrinkens zugeteilt
erhalten, wer aber nie das Land verlässt, den wird der liebe Gott auch
gewiss nie im Meere umkommen lassen. Daher heißt es auch mit Recht:
Hilf Dir selbst, und Gott wird Dir helfen.
Die Wahrheit ist, dass Gott uns
schon von vornherein geholfen hat. –
Das Werk des Meisters ist vollendet, und, soweit es beabsichtigt war, vollkommen.
Es braucht daher keiner fernern extraordinären Nachhilfe und Korrigierung
von oben.
In unsre eignen Hände ist für jetzt die weitere Entwicklung gelegt. Wir können gut und böse,
klug und töricht sein, nicht immer vielleicht wie es die Individuen frei
wollen möchten, aber wie sie die vorhergehende Menschheit herangebildet.
Tugend und Sünde, Klugheit und Torheit sind ja überhaupt bloß
Worte, die ihre Bedeutung hier erst durch die menschliche Gesellschaft erhalten,
und ohne sie gänzlich verlieren würden. Der Begriff des Guten und
Bösen entwickelt sich offenbar nur in Bezug auf andere, denn der Mensch,
welcher nie einen Mitmenschen sah, kann weder gut noch böse handeln, ja
wohl kaum so fühlen und denken – er besitzt allerdings die Fähigkeit
dazu, und dies begründet seine höhere geistige Natur, aber nur durch
ihm gleichartige Mitgeschöpfe kann diese in Wirksamkeit treten, wie Feuer
erst entsteht, oder sichtbar wird, wo brennbare Materie vorhanden ist.
Der Begriff des Klugen und Törichten entsteht dagegen schon früher,
und auch in Bezug auf unser eignes Individuum allein, denn auch der einzelne
Mensch, im Konflikt mit der so genannten toten Natur, kann töricht sich
schaden, oder das Gegebene mit Klugheit benutzen, und dies an sich gewahr werden.
Gut sein heißt also in jeder Beziehung nichts andres als: andre Menschen
lieben und sich ihren Gesetzen unterwerfen – böse aber: sich nicht
an diese Gesetze kehren, das Wohl andrer für wenig oder nichts achten,
und bei seinen Handlungen nur die eigne momentane Gratifikation vor Augen haben.
Klug sein heißt dagegen nur seinen eignen Vorteil am geschicktesten zu
bewahren wissen – töricht, ihn zu vernachlässigen, oder falsch
zu beurteilen. Wir sehen also sehr bald, dass gut und klug, böse und töricht,
in höchster Potenz, fast synonym werden, denn wer gut ist, wird in der
Regel seinen Mitmenschen gefallen, von ihnen wieder geliebt werden müssen,
folglich auch klug, für sich den wahrsten Vorteil erlangen, der Böse
dagegen mit ihnen in ewigen Streit geraten, indem er zuletzt den kürzeren
ziehen, folglich Schaden haben muss.
Hat sich aber das Moralprinzip noch höher herangebildet, so wird der einzelne tugendhafte Mensch sich
zwar ein eignes Gesetz stellen, dem er folgt, unbekümmert um Vorteil, Gefahr
oder Meinung anderer. Aber die Grundlage dieses Gesetzes wird immer das sein,
was ich eben geschildert, Berücksichtigung des Wohlseins der Mitmenschen
und daraus abgezogene Pflicht,
die von nun an dem selbst vorgezeichneten Wege konsequent folgt. Aber auch dann
gibt die innere Überzeugung, diese Pflicht erfüllt zu haben, dem geistigen
Menschen größere Befriedigung als alle irdischen Güter ihm gewähren
könnten, und es bleibt daher, in einer wie der andern Beziehung, und in
jedem Stande der Bildung, wahr: dass es zugleich die höchste Klugheit ist,
gut, die größte Torheit, böse zu sein.
Aber freilich treten hier, durch das Gewirr des Lebens, noch vielfache Nuancen
ein. Man kann, für das Irdische oder Äußere, sehr wohl durch
größere Klugheit den Schein erlangen, ohne Realität. Man kann
andere Menschen täuschen, und ihnen sogar glauben machen, man tue ihnen
wohl, verdiene ihre Achtung und ihren Dank, wenn man sie doch nur zu Werkzeugen
seines eignen Vorteils benutzt, und ihren bittersten Schaden herbeiführt.
Torheit bringt nur zu oft die entgegengesetzte Wirkung hervor, nämlich
andere Böses und üble Motive voraussetzen zu lassen, wo das Gegenteil
stattfindet. Aus diesem folgt ganz natürlich die, auch durch die Erfahrung,
überall begründete, wenn gleich schmerzliche Wahrheit: dass in den
irdischen Verhältnissen es dem Individuum noch gewisseren Schaden bringt,
töricht, als bös und schlecht zu sein. Die äußern Folgen
des letztern können durch Klugheit aufgehalten, ja ganz abgewendet werden,
nichts aber wendet die Folgen der Torheit ab, die fortwährend gegen sich
selbst arbeitet.
Das Bedürfnis und die Erfindung positiver Religionen mögen dieser
Erkenntnis, und der daraus folgenden Unzulänglichkeit der bloß irdischen
Strafgesetze größtenteils ihre Entstehung verdanken, namentlich die
Lehre der künftigen Strafen und Belohnungen eines Allwissenden, gegen den
die Klugheit nicht mehr ausreicht, und von dem der Törichte Mitleiden und
Kompensation erwartet, denn wahrlich der Gute und Kluge braucht keinen weitern
Lohn – er findet ihn schon reich und überschwänglich in sich
selbst.
Wer würde nicht ohne Bedenken alles hingeben, um die Seligkeit zu genießen,
vollkommen zu sein!
Es könnte vielleicht eine Zeit kommen, wo alle Staats-Religionen und Kirchen
zu Grabe getragen würden, Poesie und Liebe aber, deren Blüte die wahre Religion,
wie Tugend ihre
Frucht ist – müssen ewig den menschlichen Geist beherrschen, in ihrer
heiligen Dreieinigkeit: der Anbetung Gottes als der Ursache alles Seins, der
Bewunderung der Natur als seines hohen Werks, und der Liebe zu den Menschen als unsere Brüder.
Und das allein ist ja Christus' Lehre – von
keinem reiner, inniger, einfacher und doch tiefer ausgesprochen, wenn auch den
Formen und den Voraussetzungen seiner Zeit gemäß – und darum
ist er auch der Kern geworden, an dem sich die Frucht der Zeiten ansetzt, der
wahre Vermittler, dessen Lehre einst, wie wir hoffen müssen, Christentum
in Wahrheit,
nicht bloß dem Namen nach werden wird. . .
Aus: Pückler-Muskau, Briefe eines Verstorbenen.
Ein fragmentarisches Tagebuch aus Deutschland, Holland, England, Wales, Irland
und Frankreich, geschrieben in den Jahren 1826 bis 1829, 27. Brief
Das
Tischrücken der Wundermädchen von Smyrna
Ich hatte mit dem Commodore v. Bandeira,
Herrn van Lennep, Herrn v. Chabret und einigen andren Herren verabredet,
uns heute zu zwei Wundermädchen zu begeben, welche seit einiger Zeit das
hiesige Tagesgespräch abgeben. Es soll¬ten die seltsamsten elektrisch-magnetischen
Phänomene von ihnen ausgehen, und wir waren alle sehr neugierig, diese
selbst zu prüfen. Leider war das Wetter hell und schneidend kalt geworden.
was der geheimnisvollen Kraft der Mädchen, wie man sagte, nachteilig sei,
dagegen warmes Wetter und Regen diese vermehre. Dessenungeachtet war, was wir
fanden, über unsere Erwartung.
Beide Mädchen, dem Anschein nach zwischen 18 und 20 Jahren, zeigten ein
Benehmen, das zwar ihrem nur geringen Stande angemessen, aber keineswegs roh
und gemein war, so wie auch ihr Äußeres, wenn nicht schön, doch
angenehm erschien. Sie hatten sich kaum an einem hölzernen, mit einer Wachsleinwanddecke
belegten und gegen die Wand gestellten Tische niedergesetzt und ihre Hände
darauf gelegt. als man zuerst einen scharfen Luftzug unter der Tischplatte hinstreichen
fühlte und dann ein ganz eigentümlich tönendes Knarren in verschiedenen
längeren und kürzeren Absätzen in der dünnen Tischtafel
sehr deutlich hörte, das bald dem Krabbeln einer Maus, bald einem Kratzen
mit den Nägeln ähnlich war, doch nur ähnlich — nicht gleich,
denn es war etwas charakteristisch Besonderes dabei, was nicht auszudrücken
ist und einem in der Nacht gespensterartig vorkommen würde.
Bald darauf aber ward die Sache noch wunderlicher. Der Tisch fing an sich seitwärts
an der Wand langsam fortzuschieben, ungeachtet des hindernden Teppichs, auf
dem er stand. Sobald die Mädchen ihre Hände aufhoben, hörte die
Bewegung auf. Als sie sie wieder auflegten, begnügte sich der Tisch nicht
mehr mit der früheren langsamen Bewegung, sondern rückte stoßweise
heftig, fast springend fort, wie gewaltsam fortgestoßen. Diese abstoßende
Kraft ruhte besonders in der Hand des jüngsten Mädchens und
wirkte manchmal so stark, wenn sie sich ihrer Schwester gegenübersetzte,
dass diese aufspringen und ihren Stuhl schnell zurückziehen musste, um
nicht vom Tisch umgestoßen zu werden.
Wir machten im allgemeinen dabei folgende Bemerkungen.
Es fand keine Veränderung in den Resultaten statt, ob die Wachstuchdecke
auf dem Tisch lag oder abgenommen wurde.
Brennendes Licht schwächte die Wirkungen, je näher es gebracht wurde;
je dunkler die Stube durch die herabgelassenen Vorhänge gemacht wurde,
je stärker war die Bewegung des Tisches. Andrang von Menschen ganz in der
Nähe schwächte ebenfalls den Effekt, und wenn ein anderer die Hand
auf den Tisch legte oder auf die Mädchen selbst oder diesen die Spitze
eines Messers entgegenhielt, hörte meistens, aber nicht immer, Geräusch
und Bewegung auf.
Wir überzeugten uns alle verschiedene Mal, während mehrerer Stunden,
die wir hier verweilten, dass, je unbefangener die Mädchen waren, je animierter
sie sich miteinander oder mit einem der Zuschauer unterhielten, und je heiterer
sie dabei wurden, auch in derselben Progression die Experimente sich erfolgreicher
zeigten. Auffallend war es auch, dass, als einmal die Jüngste und Kräftigste
ein Glas Limonade verlangte, das sie. sehr durstig wie es schien, mit großem
Wohlbehagen austrank, der Tisch, wie von gleicher Freude beseelt, einen förmlichen
Satz machte, dann aber, eine geraume Zeit lang, wie erschöpft, sich nicht
mehr bewegte, was alles außer Elektrizität und Magnetismus auch in
das Gebiet des so genannten
animalischen Magnetismus überzugreifen scheint.
Während des ganzen Abends fanden wir immer, dass die Bewegungen des Tisches
und das knarrende Geräusch in demselben, welches zuweilen sich bis zu dem
Klang einer schwachen Explosion steigerte, nie zusammen eintraten, sondern das
letzte immer dem ersten vorausging, wie der Donner einer Eruption bei feuerspeienden
Bergen oder bei einem Erdbeben.
Sowohl dem Anschein als ihrer eigenen Aussage nach wurden beide Mädchen
durch die Übung ihrer seltsamen Kraft nicht
im geringsten angegriffen oder geschwächt; merkwürdig war aber der
Umstand, dass bei der Jüngeren der Puls der rechten Hand äußerst
heftig wie im Fieber schlug, während der an der linken, die nicht auf dem
Tisch lag, nur äußerst schwach ging und zuweilen sogar intermittierte,
was der Schiffsarzt des Commodore, der uns begleitete, mehreremal verifizierte.
Der Puls des andern Mädchens ging vollkommen regelmäßig und
an beiden Armen gleich.
Die mit uns gegenwärtige Mutter, eine sehr einfache Frau, erzählte,
dass gestern, als beide Kinder in Gesellschaft einiger Freundinnen ausgelassen
lustig geworden, sie auf den Gedanken gekommen seien, in einer ganz dunklen
Stube gegen eine verschlossene Tür zu operieren. Dies habe einen so unerwarteten
Erfolg gehabt, dass nach kurzer Zeit das Knarren im Holze in Explosionen so
laut wie Pistolenschüsse übergegangen, einige Minuten später
aber die Füllung der Tür, auf der die Hände gelegen, mit Gekrach
zerbrochen und wie von einem gewaltsamen Fußtritt in die Nebenstube geschleudert
worden sei. Sie zeigte uns in der Tat das diesen Morgen erst wieder frisch eingeleimte
Stück in der Tür. Wir baten sogleich die Mädchen, welche sich
während der ganzen langen Sitzung immer gleich willig und gefällig
gezeigt, dasselbe heute noch einmal zu versuchen. Sie erklärten sich bereit,
und Herr Chabert ward gemeinschaftlich mit mir
beauftragt, bei den Mädchen zu bleiben, während die übrigen in
die andere Stube gingen.
Die Nacht war schon eingebrochen, und wir verhüllten nun in der äußersten
Ecke des Zimmers eine Lampe so, dass nur gerade noch so viel Schein übrig
blieb, um uns überzeugen zu können, dass kein Betrug stattfinde, obgleich
schon längst die beharrlichsten Skeptiker unter uns, darunter der Schiffsarzt.
sich überzeugt hatten, dass es auch dem geschicktesten Taschenspieler unmöglich
sein würde, das hervorzubringen, was der unerklärlichen
Naturkraft dieser unwissenden Mädchen so leicht wurde.
Wir hatten alle Ursache, mit diesem letzten Versuch zufrieden zu sein, denn
schon nach wenigen Sekunden begann das eigentümliche Knarren in der Türe
weit stärker als in der Tischplatte, und in ziemlich kurzen Zwischenräumen
folgten ein paar Minuten darauf so heftige Schläge, als wenn jemand mit
geballter Faust aus allen Kräften gegen die Tür donnere. Dennoch war
der Ton immer so fremdartig eigentümlich, dass, als ich zum Scherz selbst
so stark ich konnte mit der Faust an die Tür schlug, die Herren im anderen
Zimmer gleich riefen: Was ist das? Das war kein elektrischer Schlag! Die Mädchen
baten uns nun das Licht ganz auszulöschen, worauf, als wir in vollkommener
Dunkelheit verblieben waren, die verschiedenartigen Geräusche und Schläge
sich in Menge und Stärke noch bedeutend vermehrten; indes war es den Mädchen
heute nicht möglich die Tür wieder zu zerstören wie gestern,
wiewohl an der geleimten Stelle ein wirklicher Fußstoß im Dunkeln
dies leicht bewerkstelligt haben würde, wenn sie zu einem Betrug ihre Zuflucht
hätten nehmen wollen.
Dies sind die einfachen, aber streng wahren Beobachtungen einiger Ungelehrten
über ein Phänomen, das die Herren der Wissenschaft wie Humboldt,
Arago usw. vielleicht bald in Europa besser zu würdigen Gelegenheit
haben werden, da man von allen Seiten den beiden elektrischen Mädchen anrät,
sich dort zu produzieren, wogegen sie jedoch bis jetzt die größte
Abneigung zeigen.
Mich erinnerte die heutige Darstellung an eine bemerkenswerte, fast vergessene
Erzählung aus alter Zeit. Eine schon bejahrte Dame, die Gemahlin eines
ehemals reichsunmittelbaren Großen, teilte uns nämlich, als von Ahnungen
und Erscheinungen die Rede war, als selbst erlebtes Abenteuer mit, dass, als
sie einst mit einer Freundin noch spät Abends sich sehr lebhaft und lustig
unterhalten, diese sich mit der Hand auf einen am Pfeiler stehenden Tisch gestützt
und beide allsogleich einen wunderbaren knisternden und knatternden Ton in der
Nähe gehört. Im Moment darauf habe der Tisch sich ganz von selbst
bis mitten in die Stube geschoben, als rücke ihn eine unsichtbare Hand.
Sie sei bei diesem Anblick fast ohnmächtig vor Schreck geworden und habe
es gleich für eine Unglück verheißende Ahnung angesehen, auch
wäre bald darauf fast um dieselbe Tageszeit der Mann ihrer Freundin gestorben.
Ob nicht eine ähnliche unbewusste magnetische Kraft hier ebenso eingewirkt
hat als bei den Smyrnaer elektrischen Notabilitäten? Immer mehr Wunder
beginnen jetzt sich natürlich zu erklären,
mais les extremes se touchent, und zuletzt werden wir wohl inne
werden, dass alles um uns her in das Reich der Wunder gehört.
S. 312-319
Aus: Geist und Geisterwelt, Fragmente aus der Literatur des Übersinnlichen
von Thomas Wandler, Rudolf Kaemmerer Verlag, Berlin-Dresden 1923