Polykarp von Smyrna (70/80 – 156/166)

  Bischof von Smyrna (jetzt: Izmir/Westtürkei) und heiliger Märtyrer, dem ein Brief an die Gemeinde von Philippi in Makedonien (Philipperbrief) zugeschrieben wird. Aus einem Brief des Irenäus an Florinus geht hervor, dass der Apostel Johannes Lehrer Polykarps gewesen sei. Polykarp soll auf Initiative aufgegebrachter Smyrnaer Juden und Heiden wegen der angeblichen Missachtung und Zerstörung ihrer Götter und Gebräuche im Alter von 86 Jahren in Smyrna zu Tode gemartert worden sein.

Siehe auch Wkipedia, Heiligenlexikon und Kirchenlexikon

Vollständiger Text des Philipperbriefes: Bibliothek der Kirchenväter


Aus dem Brief an die Philipper
1. Kapitel
Anerkennung der Nächstenliebe und des Glaubens der Philipper

1. Ich habe mich gar sehr mit euch gefreut in unserem Herrn Jesus Christus, dass ihr die Abbilder der wahren Liebe aufgenommen und dass ihr, wie es sich für euch gehört, das Geleite gegeben habt denen, die mit Banden gefesselt sind, die den Heiligen zustehen und die ein Schmuck sind der wahrhaft von Gott und unserem Herrn Auserwählten;

2.
und weil gefestigt ist die Wurzel eures Glaubens, der seit ursprünglichen Zeiten verkündet wird, bis heute fortlebt und Früchte bringt für unseren Herrn Jesus Christus, der es auf sich nahm, für unsere Sünden bis in den Tod zu gehen, den Gott auferweckt hat, nachdem er die Leiden der Unterwelt gelöst hatte (Apg. 2, 24);

3. an den ihr, ohne ihn gesehen zu haben, glaubt in unaussprechlicher und herrlicher Freude (1 Petr. 1, 8.), in die viele einzugehen wünschen, weil sie wissen, dass ihr durch die Gnade erlöst seid nicht kraft der Werke (Ephes. 2, 5. 8. 9.) vielmehr nach dem Willen Gottes durch Jesus Christus.

2. Kapitel
Mahnung zur Erfüllung der Gebote Christi
1. Darum gürtet eure Lenden und dienet Gott in Furcht (1 Petr. 1, 13; Ps. 2,11.) und Wahrheit, verlasset das leere Gerede und den Irrtum der Menge, glaubt an den, der unseren Herrn Jesus Christus von den Toten auferweckt und ihm Herrlichkeit und den Thron zu seiner Rechten verliehen hat (1 Petr. 1, 21.)! Ihm ist alles untertan im Himmel und auf Erden, ihm dient jegliches Leben, er kommt als Richter der Lebendigen und Toten (Apg. 10, 42.), sein Blut wird Gott fordern von denen, die nicht an ihn glauben.

2. Der aber ihn von den Toten erweckt hat, wird auch uns auf erwecken (2 Kor. 4, 14.), wenn wir seinen Willen tun und in seinen Geboten wandeln und lieben, was er geliebt hat, und uns frei halten von jeder Ungerechtigkeit, Habsucht, Geldgier, übler Rede, falschem Zeugnis; wenn wir Böses nicht mit Bösem vergelten oder Schmähung nicht mit Schmähung (1 Petr. 3,9.), noch Faustschlag mit Faustschlag; noch Fluch mit Fluch;

3. eingedenk der Worte, die der Herr lehrend sprach:

»Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet« (Matth. 7, 1.);

»Verzeihet, damit ihr Verzeihung findet; seid barmherzig, damit ihr Barmherzigkeit erfahret; mit dem Masse, mit dem ihr messet, wird man auch euch messen«
(Luk. 6, 37. 38; Matth. 7, 1. 2.) und:

»Selig sind die Armen und die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten, denn ihrer ist das Reich Gottes«
(Matth. 5, 3; Luk. 6, 20.)

3. Kapitel
Paulus konnte besser belehren als der Verfasser
1. Brüder, nicht ich selbst habe es mir herausgenommen, euch dies über die Gerechtigkeit zu schreiben, sondern (ich tat’s) weil ihr mich dazu aufgefordert habt.

2. Denn weder ich noch sonst einer meinesgleichen kann der Weisheit des seligen und berühmten Paulus gleichkommen, der persönlich unter euch weilte und die damaligen Leute genau und untrüglich unterrichtete im Worte der Wahrheit, der auch aus der Ferne euch Briefe schrieb, durch die ihr, wenn ihr euch genau darin umseht, erbaut werden könnt in dem euch geschenkten Glauben;

3. welcher ja unser aller Mutter ist (Gal. 4,26.), wobei die Hoffnung nachfolgt, während die Liebe zu Gott, zu Christus und zum Nächsten vorausgeht. Denn wer in diesen (Tugenden) wandelt, der hat das Gebot der Gerechtigkeit erfüllt; wer nämlich die Liebe hat, der ist weit entfernt von jeder Sünde. […]

5. Kapitel
Pflichten der Diakone, der Jünglinge und Jungfrauen
1. Da wir nun wissen, dass Gott seiner nicht spotten lässt (Gal. 6, 7.), müssen wir seines Gebotes und seines Ansehens würdig wandeln.

2. Desgleichen (müssen) die Diakone untadelig (wandeln) angesichts seiner Gerechtigkeit als Diener Gottes und Christi, nicht der Menschen nicht als Verleumder, nicht doppelzüngig, nicht geldgierig, enthaltsam in allen Dingen, wohlwollend, besorgt, wandelnd nach der Wahrheit des Herrn, der aller Diener war. Wenn wir ihm wohlgefällig sind in dieser Welt, werden wir auch die zukünftige erlangen, wie er uns versprochen hat, von den Toten uns zu erwecken und ebenso (versprochen hat), dass, wenn wir seiner würdig wandeln, wir auch mit ihm herrschen werden (2 Tim. 2, 12; Röm. 8, 17.), falls wir den Glauben haben.

3. Desgleichen (sollen) auch die Jünglinge untadelig (sein) in allem, vor allem der Keuschheit sich befleissen und sich selbst zügeln und zurückhalten vor allem Bösen; denn es ist gut, sich loszureissen von den Begierden der Welt, weil jede Begierde ankämpft wider den Geist und weil weder Hurer noch Weichlinge noch Knabenschänder das Reich Gottes erben werden (1 Petr. 2,11; 1. Kor. 6, 9. 10.), noch die, welche Unordentliches tun. Deshalb muss man sich von all dem enthalten, im Gehorsam gegen die Presbyter und die Diakone wie gegen Gott und Christus; die Jungfrauen sollen in untadeligem und keuschem Gewissen wandeln. […]

7. Kapitel
Warnung vor den Doketen [Scheingläubigen] ; Mahnung, in der alten, guten Lehre zu verharren
1. Denn jeder, der nicht bekennt, dass Christus im Fleische erschienen ist, ist ein Antichrist (1 Joh. 4, 2. 3; 2 Joh. 7.); und wer das Zeugnis des Kreuzes nicht bekennt, ist aus dem Teufel; und wer die Reden des Herrn verkehrt nach seinen eigenen Begierden und die Auferstehung und das Gericht leugnet, der ist der Erstgeborene Satans.

2. Deshalb wollen wir das leere Gerede der grossen Menge und die falschen Lehren beiseite lassen und uns der von Anfang uns überlieferten Lehre zuwenden, andächtig beim Gebete (1 Petr. 4, 7.), ausdauernd im Fasten, mit Bitten den allsehenden Gott bestürmend, er möge uns nicht in Versuchung führen (Matth. 6, 13.), gemäss dem Worte des Herrn:

»Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach«
(Matth. 26, 41; Mark. 14, 38).

8. Kapitel
Christus unser Vorbild in Geduld
1. Unablässig wollen wir festhalten an unserer Hoffnung und an dem Unterpfand unserer Gerechtigkeit, nämlich an Jesus Christus, der unsere Sünden an seinem eigenen Leibe ans Kreuz getragen, der keine Sünde getan (1 Petr. 2, 24.) und in dessen Mund kein Betrug gefunden worden (1 Petr. 2, 22.); sondern unseretwegen hat er alles auf sich genommen, damit wir in ihm das Leben haben.

2. So wollen wir also Nachahmer werden (seiner) Geduld, und wenn wir seines Namens wegen leiden, wollen wir ihn verherrlichen. Hierin hat er nämlich durch sich selbst ein Beispiel gegeben, und wir haben daran geglaubt. […]

12. Kapitel
Mahnung zur Versöhnlichkeit. Gute Wünsche
1. Ich vertraue zu euch, dass ihr in den heiligen Schriften wohl bewandert seid; und euch ist nichts unbekannt; mir (allerdings) ist das nicht gegönnt. Nur das sage ich, wie es in diesen Schriften heißt:

»Zürnet, aber sündiget nicht« (Ps. 4, 5.), und:

»Die Sonne soll nicht untergehen über eurem Zorne«
(Ephes. 4, 26.).

Selig, wer daran sich erinnert, wie es, was ich glaube, bei euch geschieht.

2. Gott und der Vater unseres Herrn Jesus Christus, und er selbst der ewige Hohepriester, der Gottessohn Jesus Christus, erbaue euch im Glauben, in der Wahrheit und in aller Sanftmut, ohne jeden Groll, in Geduld, Langmut, Nachsicht und Keuschheit; und er gebe euch Los und Anteil unter seinen Heiligen und uns zugleich mit euch und allen, die unter dem Himmel sind, die glauben werden an unseren Herrn Jesus Christus und seinen Vater, der ihn von den Toten erweckt hat (Gal. 1, 1; Kol. 2, 12.).

3. Betet für alle Heiligen. Betet auch für die Könige und die Machthaber und Fürsten und für die, die euch verfolgen und hassen und für die Feinde des Kreuzes, damit eure Frucht offenbar sei bei allen, damit ihr vollkommen seid bei ihm. […]

Aus: Die apostolischen Väter. Aus dem Griechischen übersetzt von Dr. Franz Zeller. 1918 Kempten&München.Verlag der Jos. Köselschen Buchhandlung (S. 163-170)