Philippus Aureolus Theophrastus Paracelsus (1493 - 1541)

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Inhaltsverzeichnis

Das Wesen Christi
Der Leib Christi (die Sakramente)
Die Weisheit Christi

Das Wesen Christi

a) Christus als Lebensquell. Wer will leben seliglich auf Erden, der muß sein Lehr, Regiment und Ordnung auf den Eckstein Christum setzen, derselbig ist alles. M 84 f.

b) Christus als offenbarer und verleiblichter Gott. Gott hat kein Ohren, die Person aber des Sohns hat‘s. Darum so man Gott erweckt hat, und sein Ohren aufzutun ermahnt und erbeten wird, so ist die Person Christi da, der die Ohren zu hören zusteht. — Aus der Ursach ist Gott natürlich worden, und doch aber nit ein Geschöpf seiner Natur. Daß er natürlich ist, ist also: Er ist natürlich worden ein Mensch. Darum sind wir aus ihm zum andern Mal geschaffen, auf daß wir wieder zum Ewigen an den Tod kommen. — Der den Sohn sieht, der sieht auch den Vater, zwo Personen in dem, daß der Sohn ist Mensch worden, ein Person aber nach der Gottheit. Der Vater hat weder Blut noch Fleisch, darum besitzt er kein Statt der Person er ist im Sohn, der Sohn in ihm, auf einem Stuhl, nit auf zweien, in einer Person anzusehen, nit zu zweien. Darum ist kein Seite da, noch Teilung der Hände, sondern im Centro, im Punkten, ein einigs, nicht geteilt. Th IV,142. — M 136f..— Th V,127 f.

c) Der gegenwärtige Christus. Ob wir gleich die Person Christi nit haben, so haben wir doch seine Kraft und Tugend bei uns. Allein daß wir uns ein fruchtbare Erden sind, damit daß die Wirkung in uns gehe! Serm. de miraculis inf. 344b

d) Christi Werk. Christus hat uns erlöset von menschlichen Ordnungen und gar in die göttlichen Gesatz geführet. De thoro legit. 553a

e) Christus als Arzt. Also ist Christus der erst Arzet und der oberste, der es umsonst tut. Serm. de miraculis inf. 341a

f) Unendliche Genugtuung. So groß ist die Barmherzigkeit Gottes, daß. . . auch möglich der Barmherzigkeit Gottes ist, die Teufel zu erledigen, welches aber nit geschieht. Denn Ursach, die Barmherzigkeit ist im Sohn, der Will im Vater; den Willen hat der Vater behalten, auf daß der Sohn nit zuviel seinen Feinden barmherzig wäre. Darum zieht der Vater die zum Sohn, die er will erhalten haben, und der Sohn macht niemand selig, sein Vater hab ihn denn zu ihm gezogen... Denn die unermeßlich Gute und Barmherzigkeit Gottes, denn sein Leiden ist so überaus groß: so nicht ein Einred behalten wär bei Gott dem Vater, daß alles erlöst würde, niemand ausgenommen, Teufel und Geist[er], Mörder und Ketzer, Schänder und Verächter Christi. Th V,93 f.

g) Der präexistente Christus als Erlöser im Alten Bunde. Darum David sagt: ... Wär er geborn, so bäte ich ihn jetzt; so er aber noch nit geborn ist, so bitt ich jetzt und komm zuvor, [auf] daß, so er geborn wird, [er] diese meine Bitte (die er jetzt auch hört, als wohl als auf der Erden, so er geboren wird sein), daß er mein Hoffnung, so ich in ihn hab, annehmen wolle und mich erlösen. Das ist vorgearbeitet und die Tauf empfangen vor ihrer Zeit. Das sind die alten Christen, die ersten Christen: David und die heiligen Altväter. ThV,200f.

Der Leib Christi (die Sakramente)
a) Die Taufe als Grundlage des neuen Menschen. Darum sind zwei Fleisch: von Adam, das ist nichts wert; von dem Heiligen Geist, das macht lebendig Fleisch, denn er inkarniert von oben herab, darum kommet sein Inkarnation durch uns wieder gen Himmel. Also wisset nun, daß der lauf anstatt der Jungfrauen da ist, und im lauf werden wir inkarniert vom Heiligen Geist ... Der wird auch dann sein bei uns und uns inkarniern in die neue Geburt, in welcher ist das Leben und nit der Tod. Und so wir in dieser Geburt nit werden geboren, so sind wir Kinder des Tods und nit des Lebens. — Also daß der erste Anfang eines jeglichen Christen sein soll, mit dem lauf anzufangen, ... und das von wegen der Inkarnation, so vom Heiligen Geist im Tauf geschaffen wird, welche den Leib gibt der Auferstehung. XII,309. — XII,310

b) Die Taufe als das wahre Amt des Menschen. Welcher getauft ist, der ist geweihet. Und die Weih allein, sonst kein Weih mehr! — Der Tauf ist das Amt des Menschen und die Gewalt des Menschen, die er hat zu reden von Christo im Neuen Testament. Spätere Entwürfe Mt. 31b

c) Einmaligkeit und Wirksamkeit der Taufe. Der Tauf bleibt gerecht mit uns in Tod. . .; der kann nit erneuert werden noch verändert, sondern er bleibt in seiner Kraft, soviel demselbigen Wasser Kraft geben ist. Und dieselbige Kraft soll nimmer erneuert werden, dann Ursach da folgt hernach der lauf des Heiligen Geists, so wir aus dem kindlichen Verstand kommen in die jährlichen Zeiten. Derselbig soll taufen, und nit das Wasser ... der kommt nit in kindlichen Tagen, sondern in gewachsnen Tagen. Th VI,17

d) Die geistige Speise des Leibes Christi. Das ist der best Weizen, Christus; das ist der best Honig, sein Blut... In dem müssen wir gespeist werden und in keinem andern. Wie der Weizen unser Leib ist, also ist der Weizen der Leib Christi, ... und er speiset in uns als ein neu Geschöpf. Die Speis er selbst ist. Denn Adams Limbus [irdische Leiblichkeit] ist tot in Christo; sein Speis, so aus seinem Limbo gebt, ist auch tot. Lebendig ist Christus, der Limbus auch. . . er will, daß wir aus ihm gar sind und sein Speis essen, das ist ihn selbst und nichts tötlichs. Th VI, 119

e) Das geistige Essen und Trinken von Fleisch und Blut. Die mit mir essen auf Erden mein Mahl, mein Fleisch, und trinken mein Blut, dieselbigen werd ich auferwecken, dieselbigen werden mit mir auch essen im Reich meines Vaters. Das ist die Auferstehung, daß wir von dem irdischen Wesen und Unflat kommen, und kommen in ein neu Geburt, die aus Gott sei, nit vom Menschen. — Also essen wir den neuen Leib, den wir nit sehen, und wähnen, wir essen im Samen und dem tötliche Leib; und neben dem wird auch gespeist der himmelisch Leib. . . Wir sehen den irdischen Leib für ein Speis, und das Himmelisch ist darin, und ißt‘s, und wir sehen‘s nit. Wächst die Rosen von dem Tau und Regen, so wächst unser ander Kreatur auch von diesem Tau, der da liegt. Denn mehr ist ein Mensch denn ein Ros, und die Natur hat viel in ihr. . . Noch aber die ander Kreatur hat niemand in der Philosophia ergründ‘t, wer es wäre, ... und ist doch nit irdisch, sondern vom Himmel herab. M 303. —M 309
Aus: Paracelsus, Vom Licht der Natur und des Geistes. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk Unter Mitarbeit von Karl-Heinz Weimann, herausgegeben und eingeleitet von Kurt Goldammer
Reclams Universalbibliothek Nr. 8448 (S.182-187) © 1960 Philipp Reclam jun., Stuttgart Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam Verlages

Die Weisheit Christi
Besser ist die Weisheit Christi, als alle Weisheit der Natur. Ich muss auch das bekennen, dass ein Prophet besser redet und in einer Stund mehr Wahrheit als alle Astronomi, und ein Apostel besser ist in der Wahrheit als alle Magi. Denn was kann der Schule widerstehen, die mit feurigen Zungen redet. Christus hat die ewige Weisheit in die Welt gebracht; darum ist es billig, die mindere zu verlassen und der besseren anzuhangen; und das muss ich auch bejahen, dass die untere Weisheit einmal der besseren weichen wird; darum: besser ist die Weisheit Christi als die der Natur, besser auch ein Prophet, als ein Astronomus und ein Medikus; besser aus Gott geweissagt, denn aus der Astronomei; besser aus Gott arzneien, denn aus den Kräutern. Durch die Propheten wird geredet, das nit fehlet; durch die Apostel werden die Kranken gesund gemacht, das auch nit fehlet. Drum ob schon die Astronomei mit ihrem Licht unter Christo verlassen worden ist, wer kann das falsch heißen? Aber weiter muss man doch auch sagen: die Kranken bedürfen eines Arztes, nicht alle jedoch der Apostel; auch die Vorhersagen bedürfen eines Astronomi, nit alle eines Propheten. Es ist vielmehr so ausgeteilt: ein Teil den Propheten, ein teil den Astronomis, weiter ein Teil den Aposteln, ein Teil den Ärzten. So hat jeglicher seinen Grund; drum ist die Astromei uns Christen nit aufgehoben noch verboten, sondern christlich zu gebrauchen erlaubt.

So also erbt an uns das Licht von Gott dem Vater und das Licht von Gott dem Sohn, hie auf Erden wie auch im ewigen Leben. Und kein Teil hindert den andern, der Vater seinen Sohn nit, der Sohn den Vater nit. So kann der Mensch auf beiden Seiten wohl handeln, erfahren und begründet sein.
Mehr rat ich zum Licht des Sohnes als zu dem des Vaters, und doch des Vaters Licht nicht verlassen, denn der Vater ist nicht wider den Sohn, der Sohn auch nicht wider den Vater, - allein, wehe dem, der in dem heiligen Geist sündigt.

So bekenne ich auch, dass der Mensch ein Staub ist, denn er ist aus den Elementen. Was sind die Elemente? Nichts. Was ist dann der Mensch? Auch nichts. Darum ist billig, zu dem zu raten, das nit nichts ist, sondern ist. Jedoch, weil die Wunderwerk Gottes sollen erfahren werden, ist es recht, dass ich mich im Licht der Natur bemühe. Denn es sind Gaben den Propheten gegeben, Gaben den Aposteln, Gaben den Astronomis, - und das alles durch Gott und aus Gott. Also was bestimmt ist in die Hände der Propheten und Apostel, das wird seinen Fortgang haben, auch was in der Astronomei und Arznei bestimmt ist, wird auch seinen Fortgang haben, und alles durch Gott und durch seine Werk, - nicht alles in das Ewige, nit alles in die Natur; ein jegliches, da es hin gehört.
Obwohl Christus und die Propheten über die Natur sind, - dass aber mit ihrem Kommen die Astronomei aufgehoben worden sei, das ist nicht der Fall. Es ist aber eingerissen eine Logik, dieselbe hat verblendet das Licht der Natur und das Licht der Weisheit und hat eingeführt eine fremde Doktrin: das sind diejenigen, die angefangen haben, Christi wegen das Licht des Ewigen und der Natur zu verlöschen, und so wird durch sie verdunkelt die Wahrheit beider Lichter.

Dazu merket aber, dass Christus und die Seinen dem Licht der Natur nichts genommen haben; aber der pharisäische Sauerteig derer, die in den Schulen wandeln, hat der Natur ihre Macht brechen und nehmen wollen, und sie selbst folgen weder Christo noch dem natürlichen Licht. Sie sind die Toten, die die Toten begraben (Lukas 2, 60); das ist, kein Leben ist in ihrem Tun, denn sie lernen in keinem Licht etwas, weder im natürlichen noch im ewigen, und wollen doch beides sein.

So ist das Licht der Natur und auch des heiligen Geistes verlöscht und in ein unansehnlich Wesen gebracht worden. Das könnte vielleicht sein die Sünde in den heiligen Geist, die weder hie noch in jener Welt vergeben werden kann (Matth. 12, 31); das ist das Heulen Rahels (Matth. 2, 18), die niemand geschweigen konnte. Dahin ist es gekommen, dass wenn die Königin des Ostens diesmal käme und suchte die Weisheit Salomos (Könige 10), sie würde keinen finden, der mit ihr Gespräch hielte, - und es ist doch das Licht der Natur und des heiligen Geistes nicht erloschen, sondern noch so gut wie am Pfingsttage. Dass es aber so steht, das macht die Sophisterei, die beide Lichter verboten hat.

Und das ist zu beklagen, käme ein Apostel vom Himmel oder Prophet, es wäre niemand da, der mit ihm reden könnte. Käme Jupiter vom Gestirn herab zu uns, er fände niemand, mit dem er Bekanntschaft machen könnte, so durchaus ist der Grund erloschen. Aber käme der Satan, er fände seinen Leviathan (vergl. Hiob 40, 29), mit dem er spielen könnte. So haben sie ihre eigenen erdichteten Fabeln an die Statt der beiden Lichter gesetzt. Wenn diese Sekte nicht wäre eingerissen, so wäre die Schule der Apostel vortrefflich, in großem Schein, und das Licht der natur vorhanden in großen Künsten und Würden.
S. 237-241
Aus: Paracelsus, Die Geheimnisse. Ein Lesebuch aus seinen Schriften herausgegeben von Will-Erich Peuckert. Erschienen in der Dieterich’schen Verlagsbuchhandlung zu Leipzig