Sergej Iwanowitsch Muravjev-Apostol (1796 – 1826 gehängt)

Ranghoher russischer Offizier, der Sohn eines hochgebildeten Diplomaten und Senators war. Sergej war Anhänger von Rylejev, einem Vertreter des Idealismus. Muravjev- Apostol wurde als führender Teilnehmer des Dekabristenaufstandes hingerichtet.

Siehe auch Wikipedia

ORTHODOXER KATECHISMUS
Von Sergej Iwanowitsch Muravjev-Apostol

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Frage: Zu was schuf Gott den Menschen?

Antwort: Dazu, dass er an ihn glaube, frei und glücklich sei.

Frage: Was bedeutet an Gott glauben?

Antwort: Unser Gott Jesus Christus, der zu unserer Errettung auf die Erde herabkam, hinterließ uns sein heiliges Evangelium. An Gott glauben bedeutet, in allem dem wahren Sinn der in ihm aufgezeichneten Gesetze folgen.

Frage: Was bedeutet frei und glücklich sein?

Antwort: Ohne Freiheit ist kein Glück. Der heilige Apostel Paulus sagt: ihr seid mit dem Preis des Blutes gekauft, seid nicht Sklaven dem Menschen.

Frage: Weswegen aber sind das russische Volk und das russische Heer unglücklich?

Antwort: Deswegen, weil die Zaren ihnen die Freiheit geraubt haben.

Frage: Handelten folglich die Zaren entgegen dem Willen Gottes?

Antwort: Ja, sicherlich. Es sprach unser Gott: der Größere unter euch sei euch Diener, die Zaren aber tyrannisieren das Volk.

Frage: Muss man den Zaren gehorchen, wenn sie wider Gottes Willen handeln?

Antwort: Nein! Christus sprach: ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon; ebendeshalb leiden das russische Volk und das russische Heer, weil sie den Zaren gehorchen.

Frage: Was aber befiehlt unser heiliges Gesetz dem russischen Volk und Heer zu tun?

Antwort: Buße zu tun in langer Demut und, sich wider Tyrannei und Schande rüstend, zu geloben: es möge allen ein Zar im Himmel und auf Erden sein — Jesus Christus.

Frage: Was kann von der Erfüllung dieser heiligen Tat abhalten?

Antwort: Nichts! Die, welche sich dieser heiligen Tat widersetzen, sind Verräter, Abtrünnige Gottes, die ihre Seele für Unehre verkauft haben. Wehe ihnen, den Heuchlern. Denn Gottes furchtbare Strafe wird sie in dieser Welt und dort ereilen.

Frage: Auf welche Weise sollen sich alle reinen Herzen rüsten?

Antwort: Sie sollen die Waffen ergreifen und kühn den im Namen des Herrn Sprechenden folgen, indem sie der Worte des Erlösers gedenken: Selig sind, die nach Wahrheit hungern und sie begehren; denn diese werden gesättigt werden. Und, nachdem sie Unrecht und Unehre der Tyrannei niedergeworfen haben, sollen sie eine Regierung in Übereinstimmung mir dem Gesetz Gottes errichten.

Frage: Welche Regierung stimmt mit dem Gesetz Gottes überein?

Antwort: Eine solche, bei der es keine Zaren gibt. Gott schuf uns alle gleich und wählte, nachdem er auf die Erde herabgekommen war, die Apostel aus dem einfachen Volk, nicht aber aus den Vornehmen und Zaren.

Frage: Folglich liebt Gott die Zaren nicht?

Antwort: Nein! Sie sind verflucht von ihm als Unterdrücker des Volks. Denn Gott liebt die Menschen. Jeglicher, der das Urteil Gottes über die Zaren zu kennen wünscht, möge das erste Buch Samuel, Kapitel 8, durchlesen: Es versammelten sich die Männer von Israel und gingen zu Samuel und sprachen zu ihm: setze jetzt einen Zaren über uns, dass er uns richte; und es war diese Rede hinterlistig vor den Augen Samuels, und es betete Samuel zum Herrn und der Herr sprach zu Samuel: erhöre jetzt die Stimmen der Menschen, wie sie dir sagen, denn sie haben nicht dich verworfen, sondern mich, dass ich nicht über sie herrsche. Aber verkündige ihnen das Recht der Zaren. Und es sagte Samuel alle Worte des Herrn den Menschen, die von ihm den Zaren forderten, und sprach zu ihnen: dies wird das Zarenrecht sein: eure Söhne wird er nehmen und eure Töchter wird er nehmen und von eurem Land den Zehnten erheben, und ihr werdet ihm Sklaven sein und ihr werdet eines Tages über die Person eures Zaren, den ihr euch erwähltet, Geschrei erheben und der Herr wird euch eines Tages nicht erhören, weil ihr euch selbst den Zaren erwähltet. — Und so ist die Wahl der Zaren entgegen dem Willen Gottes. Denn unser einziger Zar muss Jesus Christus sein.

Frage: Ist auch der Zareneid gottentgegen?

Antwort: Ja, er ist gottentgegen. Die Zaren schreiben dem Volk erzwungene Eide zu seinem Verderben vor, indem sie nicht vergebens den Namen des Herrn anrufen. Unser Herr und Erlöser Jesus Christus aber sprach: Ich aber sage euch, schwöret in keinem Fall. Also ist jeder Eid einem Menschen gegenüber wider Gott, weil er ihm allein zusteht.

Frage: Weswegen gedenkt man der Zaren in den Kirchen?

Antwort: Nach dem unsauberen Befehl ihrer selbst, zum Betrug des Volkes, und durch die allstündliche Wiederholung der zarischen Namen besudeln sie den Gottesdienst, entgegen dem Befehl des Erlösers: die so beten, reden nicht weniger als die Heiden.

Frage: Was gebührt aber schließlich dem christusliebenden russischen Heer zu tun?

Antwort: Zur Befreiung seiner leidenden Familien und seiner Heimat und zur Erfüllung des heiligen Gesetzes Christi muß es mit heißer Hoffnung zu Gott beten, der in der Wahrheit kämpft und offensichtlich diejenigen beschützt, die fest auf ihn vertrauen, muß sich gemeinsam mit allen gegen die Tyrannei rüsten und Glauben und Freiheit in Rußland wiederaufrichten.
Wer aber zurücksteht, der wird, wie Judas der Verräter, mit dem Anathema verflucht sein. Amen.

Enthalten in: Slavische Geisteswelt. Russland. Herausgegeben von Martin Winkler (S.175-177); Holle Verlag