Raymond A. Moody (1944 - )
Amerikanischer Philosoph, Parapsychologe und Mediziner, der nach dem Studium der Philosophie (Spezialgebiete: Logik, Ethik, Linguistik) zum Dr. phil. promovierte und eine Dozentur für Philosophie annahm. Danach studierte er Medizin, promovierte zum Dr. med. und absolvierte eine Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Nervenheilkunde. Noch während des Studiums begann er mit der Forschungsarbeit an unerklärten Phänomenen im Grenzbereich zwischen Leben und Tod (ausgedehnte Vortragstätigkeit über dieses Gebiet). Da ernsthafte Untersuchungen über das Weiterleben nach Eintritt des medizinisch definierten Todes Neuland sind, besaß Dr. Moody zunächst keine Kenntnis von ähnlich gerichteten Forschungsprojekten anderer Wissenschaftler. Erst mit dem Versand von Vorausexemplaren seines Buches Leben nach dem Tod kam er in Kontakt mit Frau Dr. Elisabeth Kübler-Ross, deren Arbeit nicht nur parallel lief zu seiner eigenen, sondern seine Befunde unabhängig belegt hatte, obwohl die beiden ärztlichen Autoren einander erst im Februar 1976 kennen gelernt hatten. Die folgenden Zitate stammen aus dem im Rowohlt Verlag erschienenen Buch »Leben nach dem Leben«. Siehe auch Wikipedia |
Das Lichtwesen
Wohl das erstaunlichste in den von mir durchgearbeiteten Berichten wiederkehrende
Element und mit Sicherheit dasjenige, das auf den einzelnen die tiefste Wirkung ausübt, ist die Begegnung mit einem sehr hellen Licht. Bei seinem ersten
Auftreten ist es in der Regel matt, worauf es seine Helligkeit jedoch sehr rasch
bis zu überirdischer Leuchtkraft steigert. Trotz der unbeschreiblichen
Helligkeit dieses Lichts (das gewöhnlich als «weiß»
oder «klar» bezeichnet wird) greift
es die Augen in keiner Weise an, wie viele eigens betonen; es blendet nicht,
noch hindert es daran, andere Dinge in der Umgebung wahrzunehmen (vielleicht
deshalb, weil die Betroffenen zu diesem Zeitpunkt keine
physischen «Augen» mehr haben, die
geblendet werden könnten).
Ungeachtet seiner ungewöhnlichen Erscheinungsform hat keiner der Beteiligten
auch nur den leisesten Zweifel daran geäußert, dass dieses Licht ein lebendes Wesen sei, ein Lichtwesen. Und nicht nur das: es hat personalen Charakter und besitzt unverkennbar persönliches Gepräge. Unbeschreibliche
Liebe und Wärme strömen dem Sterbenden von diesem Wesen her zu. Er
fühlt sich davon vollkommen umschlossen und ganz darin aufgenommen, und
in der Gegenwart dieses Wesens empfindet er vollkommene Bejahung und Geborgenheit.
Er fühlt eine unwiderstehliche, gleichsam magnetische
Anziehungskraft von ihm ausgehen. Er wird unausweichlich zu ihm hingezogen.
[…]
Kurz nach seinem Erscheinen beginnt das Wesen, mit dem Sterbenden Verbindung
aufzunehmen. […] Fast unverzüglich richtet das Wesen einen bestimmten
Gedanken an den Menschen, in dessen Dasein es so unvermittelt eingetreten ist.
Die Personen, mit denen ich gesprochen habe, versuchten zumeist, diesen Gedanken als Frage zu formulieren. Dabei sind mir folgende Übersetzungen gegeben
worden: «Bist du darauf vorbereitet, zu sterben?»,
«Bist du bereit, zu sterben?», «Was hast du in deinem Leben
getan, das du mir jetzt vorweisen kannst?» und «Was
hast du mit deinem Leben angefangen, das bestehen kann?» Auf den
ersten Blick scheint es Sinnunterschiede zu geben zwischen den ersten beiden
Formulierungen, die auf das «Vorbereitetsein»
abheben, und dem zweiten Paar mit seiner Betonung des «Erreichten». […]
Wenden wir uns nun einigen Berichten zu, in denen die Beteiligten selbst über
dieses überirdische Wesen Auskunft geben …
. . . Es war alles pechschwarz, nur ganz weit in der Ferne konnte ich dieses
Licht sehen, dieses unglaublich helle Licht. Am Anfang schien es nicht sonderlich
groß zu sein, doch wuchs es immer mehr an, je näher ich kam. Ich
versuchte, mich zu diesem Licht dahinten hinzubewegen, weil ich glaubte, dass
es Christus war; ich gab mir alle Mühe, diesen Punkt zu erreichen. Das
Erlebnis machte mir keine Angst — es war eher freudig. . . .
. . . Ich schwebte die Diele hinunter und zur Tür hinaus, auf die mit einem
Gitter umgebene Veranda. Da schien mir fast, als ob sich auf einmal ein Wölkchen
oder, besser gesagt, ein rötlicher Nebel um mich erhob, und dann schwebte
ich geradewegs durch das Gitter, so als ob es überhaupt nicht vorhanden
wäre, und weiter hinauf in dieses reine, kristallklare Licht — ein
leuchtendweißes Licht. Es war wunderschön und so hell, so strahlend,
aber es tat den Augen nicht weh. So ein Licht kann man hier auf Erden überhaupt
nicht beschreiben. Ich sah das Licht eigentlich nicht als Person an, aber es
hat doch unzweifelhaft eine persönliche Individualität. Es ist ein
Licht höchsten Verstehens und vollkommener Liebe. …
. . . Ich befand mich außerhalb meines Körpers, ganz ohne Zweifel.
Ich konnte ihn da auf dem Operationstisch liegen sehen. Meine Seele war ausgetreten!
Zunächst drückte mich all das furchtbar nieder, aber dann erschien
dieses gewaltig helle Licht. Am Anfang war es wohl ein bißchen matt, aber
dann schwoll es zu einem Riesenstrahl — es war einfach eine enorme Lichtfülle,
mit einem großen hellen Scheinwerfer überhaupt nicht zu vergleichen,
wirklich ungeheuer viel Licht. Außerdem strahlte es Wärme aus; ich
konnte sie deutlich spüren. . . .
Die Rückschau
Das erste Auftreten des Lichtwesens und seine prüfenden, ohne Worte gestellten
Fragen leiten eine Szene von bestürzender Eindringlichkeit ein, während
der das Wesen in einer Überschau dem Sterbenden das Panorama seines Lebens
vorführt. Wie oftmals klar zutage tritt, sieht das Wesen das ganze Leben
des Individuums ausgebreitet vor sich liegen und benötigt seinerseits keinerlei
Information. Seine Absicht ist es allein, zur Rückbesinnung anzuregen.
Die Rückschau nun läßt sich am ehesten durch den Hinweis auf
Erinnerungsbilder beschreiben, da diese ihr unter allen vertrauten Erscheinungen
am nächsten stehen; andererseits weist sie jedoch Merkmale auf, die sie
von jedem normalen Erinnerungsprozeß abheben. Zunächst einmal läuft
sie mit außerordentlicher Geschwindigkeit ab. In zeitlicher Hinsicht wird
berichtet, daß die Bilder einander rasch und in chronologischer Ordnung
folgen. Andere Zeugen wiederum können sich nicht erinnern, überhaupt
eine zeitliche Reihenfolge wahrgenommen zu haben. Das Wiedererkennen ging blitzartig vor sich; alle erinnerten Geschehnisse erschienen gleichzeitig und konnten mit
einem Blick des geistigen Auges erfaßt werden. […]
In manchen Fällen wird von dreidimensionalen und sogar bewegten Bildern
in lebhaften Farben berichtet. Selbst wenn sie Schlag auf Schlag vorbeiflimmern,
wird dennoch jedes einzelne Bild wahrgenommen und auch erkannt, ja während
des Betrachtens werden die mit den Bildern zusammenhängenden Gefühle
und Gemütsbewegungen manchmal sogar erneut durchlebt. Von den geringfügigsten
bis zu den bedeutsamsten Handlungen — so versichern einige der von mir
Befragten, ohne es allerdings genauer erklären zu können — wäre
in der Rückschau alles enthalten gewesen, was sie in ihrem Leben je getan
hätten. Andere geben an, in erster Linie die Höhepunkte ihres Daseins
noch einmal vor sich gesehen zu haben. Manche haben mir versichert, ihnen sei
nach dem Lebensrückblick noch geraume Zeit jedes Ereignis ihrer Vergangenheit
in allen Einzelheiten gewärtig gewesen.
Von einigen Menschen wird das Ganze als erzieherische
Bemühung durch das Lichtwesen betrachtet. Es habe sie, während
die Bilder vor ihrem inneren Auge vorbeizogen, besonders auf die Bedeutung zweier
Dinge im Leben hingewiesen: andere Menschen lieben zu
lernen und Wissen zu erwerben. Wenden wir
uns nun einem in dieser Hinsicht charakteristischen Bericht zu:
«Als das Licht erschien, sagte es als erstes zu mir: <Was hast du in
deinem Leben getan, das du mir jetzt vorweisen kannst?> oder so ähnlich.
Im selben Augenblick fingen die Rückblenden an. <Nanu, was ist denn
jetzt?> dachte ich, als ich mich plötzlich in meine Kindheit zurückversetzt
sah. Von da ab durchschritt ich dann praktisch jedes einzelne Jahr meines Lebens,
von meiner frühen Kinderzeit bis zur Gegenwart. . . .
Aus: Dr. med. Raymond Moody, Leben nach dem Tod (S.65ff.)
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Hermann Gieselbusch und Lieselotte
Mietzner
© Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, 1977
Originalausgabe: Life After Life: The investigation of a phenomen – survival
of bodily death © 1975 by Raymond A. Moody, Jr.
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Genehmigung der Agence
Hoffman für die amerikanischen Rechtinhaber und des Rowohlt Verlages für
die deutschen Rechte