John Milton (1608 –1574)
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Englischer
Dichter, der Sohn eines Notars war. Nach seinem Studium in Cambridge (M. A. 1632), war Milton
1638/39 in Italien und danach für
kurze Zeit als Privatlehrer in London tätig. Mit politischen Schriften unterstützt er Puritaner im Kampf gegen das Königtum. Nach Wiederherstellung
des Königtums (1660) wurden seine Bücher
öffentlich verbrannt und er selbst musste für kurze Zeit ins Gefängnis. — Milton verfasste neben meisterhaften
Sonetten auch zahlreiche Prosaschriften. Erst nach 1660 erschienen seine bedeutendsten Werke. Völlig erblindet, verarmt und vereinsamt, diktierte er das größte englische religiöse
Epos »Das verlorene Paradies« (Paradise
lost), das vom tragischen Fall des Menschengeschlechts handelt und
sich vor dem Hintergrund eines gigantischen Ringens zwischen den Mächten
des Himmels und der Hölle abspielt. Als Ergänzung dazu schuf er
die Dichtung von der Versuchung des Heilands durch den Satan
»Paradise regained«. Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon |
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Inhaltsverzeichnis
Das
Verlorene Paradies (Inhaltsbeschreibung) Satan grüßt das heilige Licht Satans Fall Die katastrophalen Folgen des Sündenfalls |
>>>Christus Ankündigung der Erlösung durch den Messias |
Das
verlorene Paradies
Folgende Inhaltsbeschreibung stand
nicht in der Erstausgabe, sondern wurde später (1668) von John Milton hinzugefügt.
Erstes Buch (S.5f.)
Dieses erste Buch entwirft in Kürze das ganze Thema: des Menschen Ungehorsam
und folglich den Verlust des Paradieses, worin er eingesetzt worden. Dann berührt
es die erste Ursache des Sündenfalls, nämlich die Schlange, oder vielmehr
den Satan in Gestalt der Schlange. Dieser, von Gott abtrünnig und Legionen
von Engeln auf seine Seite ziehend, wurde auf Gottes Geheiß mit seiner
ganzen Schar aus dem Himmel in den tiefen Abgrund verstoßen. Danach kommt
das Gedicht sogleich zur Sache und stellt Satan mit seinen Engeln dar, wie er
soeben in die Hölle gestürzt. Diese erscheint hier nicht als im Mittelpunkt
der Erde gelegen (denn Himmel und Erde sind als noch unerschaffen, sicher aber
als noch nicht verflucht, zu betrachten), sondern an einem Ort größter
Finsternis, am passendsten Chaos genannt. Hier liegt Satan mit seinen Engeln
auf dem brennenden See, vom Donner gerührt und bestürzt, doch kommt
er nach einer Weile wie aus einer Betäubung zu sich. Er ruft den neben
ihm Liegenden an> der ihm an Rang und Würde am nächsten steht,
und sie tauschen Gedanken über ihren heillosen Sturz. Satan weckt alle
seine Legionen, die bis dahin in gleicher Weise darniedergelegen. Sie erheben
sich. Ihre Zahl und Schlachtordnung. Die Namen ihrer Anführer, nach den
später in Kanaan und angrenzenden Ländern bekannten Götzen. Diesen
spricht Satan zu und stärkt ihre Hoffnung, den Himmel zurückzugewinnen.
Zuletzt erwähnt er jedoch die Erschaffung einer neuen Welt und einer neuen
Art von Geschöpf, nach einer im Himmel gehörten Prophezeiung oder
Sage. Denn daß es lange vor dieser sichtbaren Schöpfung Engel gab,
war die Meinung vieler Kirchenväter. Um die Wahrheit über diese Prophezeiung
zu ermitteln und was darüber zu beschließen sei, stellt er eine große
Beratung in Aussicht. Was seine Mitverbündeten hierauf beginnen. Pandämonium,
der Palast Satans, ersteht, plötzlich aus der Tiefe erbaut. Hier gehen
die Höllenfürsten zu Rat.
Zweites Buch (S.34)
Nach eröffneter Beratung wirft Satan die Frage auf, ob eine zweite Schlacht
zur Wiedereroberung des Himmels gewagt werden solle. Einige befürworten
dies, andere raten ab. indessen wird ein dritter Vorschlag vorgezogen, wie ihn
Satan bereits erwähnt, nämlich die Wahrheit der himmlischen Prophezeiung
oder Überlieferung zu prüfen, die davon sprach, daß etwa um
diese Zeit eine andere Welt und eine andere Art Geschöpf erschaffen würde,
das ihnen gleich, oder doch nicht um vieles unterlegen wäre. Ihre Zweifel,
wer auf diese schwierige Erkundung gesandt werden soll. Satan als ihr Oberhaupt
unternimmt die Fahrt allein. Er erzielt großen Beifall und wird verehrt.
Nachdem der Rat so beschlossen, zerstreuen sich die Übrigen und beschäftigen
sich, ihren verschiedenen Neigungen folgend, gesondert, um sich bis zu Satans
Rückkehr die Zeit zu vertreiben. Dieser kommt auf seiner Fahrt zunächst
zu den Höllenpforten und findet sie verschlossen. Wer zu ihrer Bewachung
dort saß. Durch wen sie schließlich geöffnet werden und den
Blick freigeben in den Abgrund zwischen Hölle und Himmel. Wie schwer er
hindurch gelangt, von Chaos, der Macht jener Regionen, so weit gewiesen, bis
er dieser neuen Welt, die er gesucht, ansichtig wird.
Drittes Buch (S. 73f.)
Gott, auf seinem Throne sitzend, sieht Satan auf diese eben neu erschaffene
Welt zufliegen. Er zeigt ihn seinem Sohn, der zu seiner Rechten saß. Sagt
voraus, wie Satan mit Erfolg den Menschen verderben wird. Reinigt seine Gerechtigkeit
und Weisheit von jeder Bezichtigung, da er ja den Menschen frei geschaffen hat
und wohlbefähigt, seinem Versucher zu widerstehen. Er erklärt aber
dennoch Gnade gegen ihn ergehen zu lassen, da er nicht, wie Satan, aus eigener
Bosheit, sondern erst durch ihn verführt, fallen wird. Gottes Sohn lobpreist
den Vater für seine Bekundung gnadevoller Absichten gegen den Menschen.
Aber Gott bekräftigt, daß dem Menschen nicht Gnade werden kann, ohne
daß zuerst der göttlichen Gerechtigkeit Genüge geschehe. Der
Mensch hat Gottes Majestät beleidigt, indem er selbst Göttlichkeit
zu erlangen suchte. Deshalb ist er mit allen seinen Nachkommen dem Tode geweiht
und muß sterben, es sei denn ein Befugter werde gefunden, der des Menschen
Schuld und Strafe auf sich nehme. Gottes Sohn bietet sich freiwillig als Lösegeld
für den Menschen. Der Vater nimmt ihn an, verfügt seine Fleischwerdung
und verkündet seine Erhöhung über alle Namen im Himmel und auf
Erden. Die Engel, denen er gebietet, den Sohn zu verherrlichen, gehorchen und
feiern Vater und Sohn, im vollen Chor zur Harfe lobsingend. Inzwischen landet
Satan auf der kahlen Außenseite der äußersten Sphäre dieser
Welt. Auf ihr umherstreifend findet er einen Ort, hiernach Limbus der Eitelkeit
genannt. Welche Personen und Dinge dort hinauffliegen. Von dort kommt er zur
Himmelspforte: wie man über Stiegen hineingelangt und wie das Wasser über
der Feste sie umfließt. Sein Flug von dort auf das Sonnenrund; er trifft
dessen Regenten Uriel, doch verwandelt er sich zuerst in einen niederen Engel.
In dieser Gestalt schützt er einen frommen Eifer vor, die neue Schöpfung
und den Menschen, den Gott dort hineingestellt, zu betrachten. Von Uriel erfragt
er die Wohnstatt des Menschen und wird hingewiesen. Er landet zuerst auf dem
Berg Niphates.
Viertes Buch (S.101f.)
Satan, jetzt im Anblick Edens und nahe der Stätte, wo er nun das kühne
Unterfangen ins Werk setzen muß, das er allein gegen Gott und Mensch übernommen,
verfällt in mancherlei inneren Zweifel, viele Leidenschaften, Furcht, Neid
und Verzweiflung, behauptet sich aber schließlich im Bösen. Er zieht
weiter bis ans Paradies, dessen Aussehen und Lage beschrieben werden. Er springt
über die Umfriedung hinweg und setzt sich in Gestalt einer Scharbe auf
den Baum des Lebens, des Gartens höchsten, um Ausschau zu halten. Der Garten
wird beschrieben. Satans erster Blick auf Adam und Eva. Sein Erstaunen über
ihre Schönheit und ihr Glück, doch mit dem Entschluß, sie zu
Fall zu bringen. Er belauscht ihr Gespräch und er führt daraus, daß
ihnen unter Todesstrafe verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen. Auf ebendieses
Verbot trachtet er seine Versuchung zu gründen, indem er sie dazu verführt,
es zu übertreten. Dann entfernt er sich, um anderwärtig mehr über
ihren Zustand zu erfahren. Indessen warnt Uriel, der auf einem Sonnenstrahl
herangleitet, Gabriel, dem aufgetragen worden, über die Paradiespforte
zu wachen, vor einem bösen Geist, der dem Abgrund entwichen und am Mittag
in Gestalt eines guten Engels durch seine Sphäre gekommen, nach seinem
Flug zum Paradies jedoch auf dem Berg an seinen wilden Gebärden erkannt
worden sei. Gabriel verspricht ihn vor Tag noch ausfindig zu machen. Der Abend
kommt heran; Adam und Eva unterhalten sich über die Nachtruhe des Menschen.
Ihr Obdach, ihre Abendandacht werden beschrieben. Gabriel schickt seine nachtwachenden
Trupps auf den Rundgang ums Paradies und weist zwei starke Engel Adams Laube
zu, für den Fall, daß der böse Geist dort Adam und Eva in ihrem
Schlaf ein Leid antun sollte. Dort finden sie ihn wirklich, wie er, an Evas
Ohr, diese in einem Traum in Versuchung bringt. Sie bringen ihn, obgleich er
widerstrebt, zu Gabriel. Von diesem verhört, antwortet er voller Hohn und
will sich zur Wehr setzen, flieht jedoch, durch ein Zeichen des Himmels daran
gehindert, aus dem Paradiese fort.
Fünftes Buch (S.140)
Der Morgen naht. Eva erzählt Adam ihren beunruhigenden Traum. Dieser gefällt
ihm nicht, doch er zerstreut ihre Bedenken. Sie treten zu ihrem Tagewerk hervor.
Ihr Morgen-Lobgesang am Eingang ihrer Laube. Gott sendet Raphael, auf daß
der Mensch keine Ausrede habe, um ihn zum Gehorsam zu ermahnen und ihn über
seinen Zustand der Freiheit, die Nähe seines Feindes, dessen Person und
Beweggründe sowie alles andere, was Adam wissen soll, zu unterrichten.
Raphael kommt herab ins Paradies. Seine Erscheinung wird beschrieben Adam, im
Bogen seiner Laube sitzend, sieht ihn von ferne. Er geht ihm entgegen, geleitet
ihn unter sein Dach und bewirtet ihn mit den erlesensten Früchten des Paradieses,
die Eva gesammelt hat. Ihr Tischgespräch. Raphael erledigt seinen Auftrag,
indem er Adam an seinen Stand und an seinen Feind gemahnt. Auf Adams Ersuchen
erzählt er, wer jener Feind ist, und wie er zum Feind geworden: seine erste
Empörung im Himmel, und was ihn dazu bewogen, wie er seine Legionen in
den Norden des Himmels abgezogen und dort an gestiftet, sich mit ihm zusammen
aufzulehnen. Wie er alle überredet, außer allein Abdiel, einen Seraph,
der ihn widerlegt, ihm entgegenwirkt und ihn dann verläßt.
Sechstes Buch (S.173)
Raphael fährt in seiner Erzählung fort: wie Michael und Gabriel entsandt
wurden, um Satan und seine Engel zu bekriegen. Die erste Schlacht: Satan und
seine Kräfte ziehen sich unter dem Schutze der Nacht zurück. Er hält
Kriegsrat. Erfindet teuflische Maschinerien, die in der Schlacht des zweiten
Tages Michael und seinen Engeln erheblich zusetzen. Diese reißen jedoch
zum Schluß Berge aus und begraben darunter sowohl die Truppen wie die
Geschütze Satans. Da der Krieg indessen dadurch nicht zu Ende ist, entsendet
Gott am dritten Tag den Messias, seinen Sohn, für den er die Krönung
jenes Sieges aufgespart hat. Dieser kommt in der Vollmacht seines Vaters an
den Ort und gebietet allen seinen Legionen zu seinen beiden Seiten still zu
stehen. Auf seinem Kampfwagen fährt er unter Donner mitten in seine Feinde
und treibt sie unaufhaltsam gegen den Himmelswall. Dieser öffnet sich,
und sie springen in Schrecknis und Verwirrung hinab in den Ort der Strafe, der
für sie in dem Abgrund vorbereitet ist. Der Messias kehrt im Triumph zu
seinem Vater zurück.
Siebentes Buch (S.205)
Auf Adams Bitte erzählt Raphael, wie und weshalb diese Welt zuerst erschaffen
wurde. Wie Gott, nachdem Satan und seine Engel aus
dem Himmel gestoßen, seinen Willen bekundet, eine andere Welt zu erschaffen
und andere Geschöpfe, die darin wohnen sollen. Er schickt seinen Sohn in
Herrlichkeit aus, von Engeln begleitet, um das Werk der Schöpfung in sechs
Tagen zu vollbringen. In Lobgesängen feiern die Engel deren Vollendung.
Seine Rückkehr in den Himmel.
Achtes Buch (S.227)
Adam erkundigt sich nach den Himmelsbewegungen, erhält zwiespältige
Antwort und wird ermahnt, wissenswerteren Dingen nachzuforschen. Adam pflichtet
bei und erzählt Raphael im Wunsche, ihn länger bei sich zu halten,
woran er sich seit seiner eigenen Erschaffung erinnert: seine Einsetzung ins
Paradies, sein Gespräch mit Gott über Einsamkeit und passende Gesellschaft,
seine erste Begegnung und Hochzeit mit Eva. Sein darauffolgendes Gespräch
mit dem Engel, der nach erneuter Ermahnung die Erde wieder verläßt.
Neuntes Buch (S.250)
Satan, der die Erde umkreist hat, kehrt mit vorbedachter List als Nebel bei
Nacht ins Paradies zurück. Begibt sich in die schlafende Schlange. Adam
und Eva gehen an ihr Morgenwerk, welches Eva vorschlägt, so aufzuteilen,
daß jeder an einem andern Orte tätig wäre. Adam ist nicht einverstanden,
sondern weist auf die Gefahr, die ihr von dem angesagten Feind erwachsen möchte,
wenn er sie allein fände und versuchen sollte. Eva aber, unwillig, nicht
für umsichtig oder fest genug gehalten zu werden, besteht gerade, um ihre
Festigkeit zu beweisen, darauf, sich von ihm zu entfernen. Zuletzt gibt Adam
nach. Die Schlange findet Eva allein. Wie sie es fein anlegt, zuerst staunend
gafft, dann redet und mit viel Schmeichelei Eva über alle anderen Geschöpfe
preist. Eva, in Verwunderung darüber, daß die Schlange sprechen kann,
fragt, wie sie plötzlich menschliche Sprache und Verstand erlangt habe.
Die Schlange behauptet, beides durch den Genuß eines gewissen Baumes in
dem Garten erhalten zu haben. Eva verlangt von ihr zu dem Raume geführt
zu werden und sieht, daß es der verbotene Baum der Erkenntnis ist. Der
Schlange, dreister geworden, gelingt es schließlich mit vielen Vorspiegelungen
und Argumenten, sie zum Essen zu bringen. Vom Geschmacke entzückt, überlegt
sie eine Zeit, ob sie mit Adam teilen soll oder nicht. Schließlich bringt
sie ihn von den Früchten und erzählt, was sie dazu gebracht, davon
zu kosten. Adam, zuerst bestürzt, aber innewerdend, daß Eva verloren
ist, beschließt aus überstarker Liebe, mit ihr zugrunde zu gehen.
Er beschönigt den Fehltritt und ißt ebenfalls von der Frucht. Die
Wirkung des Genusses in beiden. Sie suchen ihre Nacktheit zu verbergen und ergehen
sich schließlich in Zank und gegenseitigen Vorwürfen.
Zehntes Buch (S.293f.)
Als des Menschen Sündenfall bekannt wird, verlassen die Wächterengel
das Paradies und kehren in den Himmel zurück, um ihre Wachsamkeit zu beteuern.
Sie wird gutgeheißen, indem Gott erklärt, daß es nicht in ihrer
Macht gestanden, das Eindringen Satans zu verhindern. Er sendet seinen Sohn,
um die Sünder zu richten. Dieser kommt herab und verurteilt sie entsprechend.
Aus Erbarmen kleidet er sie und steigt wieder empor. Die Sünde und der
Tod, die bis dahin an den Höllenpforten gesessen, gewahren in wundersamer
Sympathie den Erfolg Satans in dieser neuen Welt und die durch den Menschen
dort begangene Sünde. Sie beschließen, nicht länger in der Hölle
gefangen zu sitzen, sondern Satan, ihrem Erzeuger, an den Ort des Menschen nachzufolgen.
Um den Weg hin und her von der Hölle zu dieser Welt zu erleichtern, pflastern
sie eine breite Straße oder Brücke über das Chaos hin längs
dem zuerst von Satan eingeschlagenen Pfad. Wie sie zur Erde steigen wollen,
treffen mit ihm zusammen, der eben voller Stolz auf seinen Erfolg zur Hölle
zurückkehrt. Man gratuliert sich. Satan kommt in Pandämonium an. In
voller Versammlung erzählt er prahlend seinen Erfolg über den Menschen.
Anstatt Beifall begrüßt ihn aber ein allgemeines Gezisch seiner Zuhörer,
die, gleich wie er selbst, gemäß dem gegen ihn im Paradies gefällten Spruch, alle plötzlich in Schlangen verwandelt sind. In
dieser Gestalt spiegelt sich ihnen ein Trugbild des verbotenen Baumes vor. Danach
recken sie sich gierig, um die Frucht zu kosten, bekommen aber nur Staub und
bittere Asche zu kauen. Das Vorgehen von Sünde und Tod. Gott prophezeit
seines Sohnes endgültigen Sieg über sie sowie die Erneuerung aller
Dinge, gebietet aber fürs erste seinen Engeln, verschiedene Veränderungen
in den Bewegungen des Himmels und der Elemente vorzunehmen. Adam, der seines
gefallenen Zustandes mehr und mehr, gewahr wird, bricht in schwere Klage aus
und weist Evas Mitgefühl zurück. Sie fährt in ihren Bezeigungen
fort und beschwichtigt ihn zuletzt. Dann aber, um dem Fluch, der ihre Nachkommen
erwartet, zu entgehen, schlägt sie Adam vor, sich Gewalt anzutun. Solches
weist er zurück, erinnert sie dafür, indem er bessere Hoffnungen hegt,
an die kürzlich ergangene Verheißung, daß ihr Same sich an
der Schlange rächen werde. Er ermutigt sie, mit ihm die beleidigte Gottheit
durch Reue und demütige Bitte zu versöhnen.
Elftes Buch (S.334)
Der Sohn Gottes bringt seinem Vater die Gebete unseres jetzt bereuenden Urelternpaares
dar und legt für sie Fürbitte ein. Gott nimmt sie an, erklärt
aber, daß sie nicht mehr im Paradies verbleiben dürfen. Er entsendet
Michael mit einer Schar Cherubim, um sie zu enteignen. Zuerst soll er jedoch
Adam Zukünftiges enthüllen. Michael kommt herab. Adam weist Eva auf
gewisse verhängnisvolle Zeichen. Er bemerkt das Nahen des Engels und geht
ihm entgegen. Der Engel eröffnet ihnen die bevorstehende Ausweisung. Evas
Klage. Adam macht Gründe geltend, unterwirft sich aber. Der Engel führt
ihn auf einen hohen Berg und läßt ihn in einer Vision erblicken,
was sich bis zur Sintflut ereignen wird.
Zwölftes Buch (S.367)
Der Engel Michael fährt weiter und erzählt nun, was sich nach der
Sintflut ferner abspielen wird. Bei der Erwähnung Abrahams kommt er schrittweise
zur Erklärung, wer jener Same des Weibes sein wird, welcher Adam und Eva
beim Sündenfall verheißen worden. Seine Fleischwerdung, Tod, Auferstehung
und Himmelfahrt. Der Zustand der Kirche bis zu seiner Wiederkunft. Adam, höchlich
befriedigt und getröstet durch diese Berichte und Verheißungen, steigt
mit Michael vom Berge herab. Er weckt Eva, die während dieser ganzen Zeit
geschlafen hatte, jedoch durch sanfte Träume zur Ruhe des Gemütes
und willigen Unterwerfung gebracht worden. Michael fährt beide an der Hand
aus dem Paradies heraus. Das flammende Schwert, das hinter ihnen her geschwungen
wird, und wie die Cherubim sich aufstellen, um den Ort zu bewachen.
Aus: John Milton, Das verlorene Paradies
Aus dem Englischen übertragen und herausgegeben von Hans Heinrich Meier
Reclams Universalbibliothek Nr. 2191
© 1968 Philipp Reclam jun., Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam
Verlages
Satan
grüßt das heilige Licht (3.
Buch 10-30)
Sei mir gegrüßet, heil‘ges Licht!
Dem Himmel
Zuerst Geborenes, oder mitverewigt
Dem Ewigen, wenn deinen Strahl ich so
Zu nennen wage ungescholten; Gott,
Der selber Licht ist und von Ewigkeit
In unnahbarem Lichte wohnte, war
Von Anbeginn in dir, du heller Fluß
Aus unerschaffnem hellem Grunde fließend;
Oder soll als ätherisch reinen Strom
Ich lieber dich begrüßen, dessen Quell
Verborgen rieselt? Eh‘ die Sonne war,
Und ehe noch der Himmel, warest du;
Und auf ein Wort von Gott umgabest du
Die Welt, die da in dunkler Wassertiefe,
Dem endlos Ungestalten abgewonnen,
Sich eben formte, wie mit einem Kleid.
Dich suche ich beschwingteren Gemüts,
Seit ich dem stygischen Geschwel entwich,
Nun wieder auf, ob lange zwar gebannt
An jene düstre Stätte, da mein Flug
Mich mitten durch und in den tiefsten Schlund
Der Finsternis geführt, wo, orphisch nicht,
Vom Chaos und der ewigen Nacht ich sang;
Durch Gottes Muse niederwärts gewiesen,
Den dunkeln Abstieg und empor erneut
Den schweren, selten je begangnen Weg
Einmal zu wagen; und so suche ich
Dich glücklich wieder auf und spüre wohl
Dein lebenspendend unumschränktes Leuchten,
Aus: John Milton, Das verlorene Paradies
Aus dem Englischen übertragen und herausgegeben von Hans Heinrich Meier
Reclams Universalbibliothek Nr. 2191 (S.74)
© 1968 Philipp Reclam jun., Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam
Verlages
Satans
Fall
Die katastrophalen
Folgen des Sündenfalls (11. Buch
537-702)
»Adam, nun öffne deine Augen, und
Beschau zuerst die Wirkung deiner Schuld,
Wie sie in manchem deines Stammes sich
Ereignet hat, der nie besagten Baum
Berührt, noch zu der Schlange sich gesellt,
Noch deine Sünde je begangen hatte
Und doch aus jener Sünde des Verderbs
Teilhaftig ward und schlimmer sich verging.
Er tat die Augen auf und sah ein Feld,
Zum Teil beackert und bebaut, wo Garben
Geerntet standen frisch, zum andern Teil
Schafweid und Hürden; in der Mitte war
Markant ein ländlicher Altar errichtet,
Aus Wiesennarbe; dort hinan in Schweiß
Brachte ein Schnitter seine Erstlingsfrüchte,
Die grüne Ähre und den goldnen Halm,
Wie sie zur Hand sich unerlesen fanden;
Dann kam, demütiger, ein Hirt daher
Mit den Erstlingen seiner Herde, nur
Den besten, auserlesensten, und drauf
Legt‘ er als Opfer ihre Eingeweide
Und Fett mit Weihrauch auf die Scheiter hin,
Mit allen guten Bräuchen: alsobald
Verzehrte, von dem Himmel hergesandt,
Ein gnädig Feuer seine Gabe, hell
Auflodernd und mit angenehmem Rauche.
Nicht so des andern Opfergabe, denn
Sie war nicht fromm: dieses ergrimmte ihn,
Und wie sie auf dem Felde redeten,
Schlug er den andern so mit einem Stein
In seinen Leib, daß er das Leben ließ:
Er fiel, zu Tod erbleichend, und verhauchte,
Im Strom des Blutes stöhnend, seine Seele.
Adam erschrak in seinem Herzen sehr
Ob diesem Anblick, und rief alsogleich
Erregt dem Engel diese Worte zu:
»O Lehrer, ein gewaltig Mißgeschick
Hat jenen demutsvollen Mann ereilt,
Der also wohl geopfert! Werden so
Die Frömmigkeit, die reine Huld vergolten?«
Dem Michael, auch er gerührt, beschied:
»Die beiden sind Gebrüder, Adam, und
Aus deinen Lenden werden sie ersprießen;
Es schlug der Ungerechte den Gerechten
Aus Neid, daß seines Bruders Opfergabe
Vom Himmel gnädiglich empfangen ward;
Jedoch wird diese blutige Tat gerächt,
Des andern Glaube aber, gutgeheißen,
Ist seines Lohnes sicher, wenn du ihn
Auch sterben siehst, in Staub und Blut sich wälzend.«
Darauf sprach unser großer Ahn zu ihm:
»Weh solcher Tat und was zu ihr bewog!
Hab ich nun aber hier den Tod gesehen?
Muß ich zu meinem Staube so zurück,
Auf solche Art? O schreckliches Gericht,
Gräßlich zu sehen, schnöde! Wie entsetzlich
Zu denken! Und zu fühlen, welcher Graus!«
Dem Michael entgegnete: »Du hast
Den Tod geschaut, wie er zuerst sich warf
Auf einen Menschen; doch gibt‘s manche Art
Des Todes, und es sind der Wege viele,
Alle abscheulich, die in seine Gruft,
Die schauerliche, führen; doch den Sinnen
Erschrecklicher beim Eintritt als danach.
Es werden etliche, wie du gesehen,
Gewaltsam enden durch des Feuers Brand,
In Wasserfluten, durch die Hungersnot;
Mehrere aber durch Unmäßigkeit
In Speis und Trank, die grausige Gebrechen
Auf Erden bringen werden, wie sie dir
An einer eklen Schar erscheinen werden,
Daß du ersehen mögest, welches Elend
Evas Begier den Menschen bringen wird.«
Und alsobald erschien vor seinem Blick
Ein übelriechend traurig-dunkler Ort,
Gleich einem Siechenhaus, worinnen Haufen
Von Kranken lagen aller Art, verzehrt
Von grausem Krampfe, marternden Gebresten,
Des Herzens Todeskämpfen; alle Fieber,
Fallsüchte, Schauer, heftige Katarrhe,
Stein
und Geschwüre in den Eingeweiden,
Koliken, wilde Tollheit, Schwermutsfälle,
Mondsüchtiger Wahnsinn, grauser Lähmungsschmerz,
Auszehrung, Schwindsucht, große Pestilenz,
Die Wassersucht, das Asthma und die Gicht,
Schrecklich geschüttelt, unter tiefem Stöhnen;
Verzweiflung wartete der Kranken eifrig
Von Bett zu Bett, und triumphierend schwang
Der Tod sein Wurfgeschoß, doch schlug nicht zu,
Und harrte ihrer, wenn sie öfter auch
Als Bestes noch und Letztes ihn erflehten.
Welch steinig Herz vermöchte solches Grauen
Lang trocknen Auges sehen? Adam nicht,
Er weinte, obzwar nicht vom Weib geboren;
Das Mitleid ließ sein Bestes ihm erweichen
Und lieferte ihn eine ganze Weile
Den Tränen aus, bis stärkere Gedanken
Das Übermaß verhinderten, und kaum
Die Worte wiederfindend, klagte er:
»O jammervolle Menschheit! Wie gesunken
Und abgefallen! Besser ungeboren
Hier zu verenden. Weshalb ward uns Leben
Zuteil, damit es uns entrissen werde
Auf solche Art? Oder warum vielmehr
Uns aufgedrungen? Die wir, falls wir wüßten,
Was wir empfangen, jene Gabe nicht
Annehmen oder unverzüglich sie
Niederzulegen uns erbeten würden,
Froh, daß man uns in Frieden so entlasse.
Kann Gottes Ebenbild auf solche Weise,
Obgleich gefallen, so erniedrigt werden,
Zu gräßlichem und unmenschlichem Leiden?
Weshalb denn sollte nicht der Mensch, dem ja
Gottähnlichkeit zum Teil noch vorbehalten,
Solch schauriger Entstellung ledig gehen,
Davor gefeit, um seines Bildners willen?«
»Das Bildnis ihres Schöpfers ging verloren«,
Versetzte Michael, »als sie sich selbst
Besudelten, dem unbeherrschten Trieb
Zu frönen, und sie nunmehr jenem glichen,
Dem sie gefrönt, einem tierischen Laster,
Wovon zumal die Sünde Evas kam.
Deshalb ist ihre Strafe so erbärmlich,
Nicht Gottes Ebenbild, ihr eignes nur
Befleckend, oder, wenn es Gottes war,
Durch sie entstellt, dieweil sie der Natur
Gesunde Regeln selber so verdrehen
In widrig Siechtum; billig, da sie nicht
In ihnen selber Gottes Bild verehrten.«
»Ich gebe zu, daß solches billig ist«,
Sprach Adam, »und ich unterwerfe mich.
Doch gibt es außer diesem schmerzenreichen
Hinübergehen keinen andern Weg
Zum Tod und unsrer angestammten Erde?«
»Den gibt es«, sagte Michael, »wenn du
Der goldnen Regel achtest »Nie zu viel«,
Durch Mäßigung in Speis und Trank gelehrt,
Indem du Nahrung nur, nicht Schlemmerlüste,
Darin gebührend suchst, bis viele Jahre
Dir wiederkehren über deinem Haupt:
So lebst du wohl, bis du wie reife Frucht
In deiner Mutter Schoß herniederfällst
Oder geerntet werdest, ohn‘ Beschwer,
Nicht abgerissen, sondern reif zum Tod:
Dies ist das Greisenalter; bis dahin
Mußt du jedoch die Jugend überleben,
Die Kraft, die Schönheit, die sich dir verwandeln
In Schwach und Welk und Grau; und deine Sinne,
Dann abgestumpft, allem Genuß entsagen
An dem, was du noch hast; und an die Statt
Der Hoffnungsfreude und des jungen Mutes
Wird sich in deinem Blute trocken, kalt,
Schwermütiger Dunst auf deine Lebensgeister
Bedrückend setzen und zu guter Letzt
Den Lebenssaft verzehren.« Unser Ahn
Sprach hierauf so. »Ich fliehe künftig nicht
Den Tod, und möchte auch das Leben
Nicht sehr verlängern, sondern sorge eher,
Wie ich am besten und am leichtesten
Der schweren Bürde mich entledige,
Die ich bis zu dem mir bestimmten Tag
Der Übergabe tragen muß, und harre
Des Endes in Geduld.« Drauf Michael:
»Dein Leben liebe nicht, noch hasse es;
Was du zu leben hast, das lebe gut;
Und überlaß dem Himmel deine Dauer:
Aus: John Milton, Das verlorene Paradies
Aus dem Englischen übertragen und herausgegeben von Hans Heinrich Meier
Reclams Universalbibliothek Nr. 2191 (S.349ff.) © 1968 Philipp Reclam jun.,
Stuttgart
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Reclam
Verlages
Ankündigung der Erlösung durch den Messias