Ignatius
von Loyola,
eigentlich Inigo
Lopez de Recalde und de Loyola (1491 – 1556)
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Spanischer Stifter des Jesuitenordens, der zunächst Offizier des spanischen Vizekönigs von Navarra war und bei der Verteidigung Pamplonas gegen die Franzosen (1521) verwundet wurde. Auf, Loyola genesend, erlebte Ignatius den Aufbruch zu religiöser Lebensführung. Zunächst auf dem Montserrat (1522) durch die Devotio moderna, dann in Manresa durch mystisches Erleben geformt (1523), entwarf er die Grundzüge der Exerzitien. Nach Studien verband sich Ignatius 1534 mit seinen ersten Gefährten in Paris durch Gelübde und empfing 1537 in Venedig die Priesterweihe. 1540 genehmigte Paul III. in Rom das Grundstatut und damit die Gründung des Ordens der Gesellschaft Jesu (Jesuiten), dern erster Generaloberer Ignatius wurde. Er gründete Missionswerke und Schulen (Römisches Kolleg), führte einen weltumfassenden Briefwechsel und war Berater römischer Reformkreise. 1548 erschienen die Ejercicios espirituales, die zuerst in spanischer, später in lateinischer Sprache publiziert worden sind. Sie wurden das Grundbuch der Gesellschaft Jesu, die ihren Einfluss dank der mächtigen Person ihres Gründers auf verschiedene Gebiete verteilte, damit Prediger, Hagiographen, Philosophen (Suárez), Moralisten (Gracián) in der Erzeugung des gleichen gegenreformatisch-jesuitischen Inhalts zusammenwirken konnten. Wenngleich die Exercitia spiritualia Voraussetzungen enthalten, auf denen die spätmittelalterliche Mystik aufgebaut war, so bedeuteten sie doch etwas völlig Neues. Die Ekstase ist nicht spontan, sondern Resultat psychologischer Erkenntnisse, sie verharrt nicht mehr bloß im subjektiven Gefühl, sondern zielt auf den Umschwung und die Neubildung der religiösen Welt. Diese hat den Primat über die Profane, die nicht negiert wird, aber die geistigen Normen für ihr Verständnis nur aus dem religiösen Umkreis gewinnen kann. Die Einheit der gesamten katholischen Christenheit war das Ziel Loyolas und seiner Mitkämpfer — der milites Christi. Heiliger (Tag: 31. 7.). |
Inhaltsverzeichnis
Die »Formula Instituti«
Regeln, um einigermaßen die verschiedenen Bewegungen zu erklären und zu erspüren, die in der Seele verursachen; die guten, um sie aufzunehmen, die schlechten, um sie zu verwerfen
Regeln zu dem Zweck, die Geister noch genauer zu unterscheiden
Die
»Formula Instituti«
1. Wer immer in unsrer Gesellschaft, die wir nach dem Namen Jesu benannt wissen
möchten, unter der Fahne des Kreuzes für Gott streiten und allein
dem Herrn und seinem Stellvertreter auf Erden, dem römischen Papste, dienen
will, der soll sich nach dem feierlichen Gelübde ewiger Keuschheit folgendes
vor Augen halten: Er ist Mitglied einer Gesellschaft, die hauptsächlich
zu dem Zweck gegründet wurde, auf den Fortschritt der Seelen in christlichem
Leben und christlicher Lehre und auf die Verbreitung des Glaubens durch öffentliche
Predigten und Verwaltung des Wortes Gottes, durch geistliche Übungen und
Werke der Liebe und namentlich durch Unterweisung der Kinder und Ungebildeten
im Christentum sowie auf die geistliche Tröstung der Christgläubigen
durch Beichthören auszugehen ...
2. Das Urteil über den einem jeden zukommenden Grad sowie die Umgrenzung
und Verteilung der Ämter soll ganz in der Hand des von uns zu wählenden
Oberen liegen, damit so die gebührende Ordnung gewahrt werde, wie sie in
jeder wohleingerichteten Gemeinschaft notwendig ist. Dieser Obere soll die Vollmacht
haben, unter dem Beirat seiner Gefährten die Satzungen festzulegen, die
zur Erreichung dieses uns vorgestreckten Zieles führen, wobei immer Stimmenmehrheit
entscheiden soll . . . Das Recht, zu befehlen, soll aber ausschließlich
dem Oberen zustehen.
3. Alle Mitglieder sollen wissen und nicht nur in den ersten Zeiten nach ihrem
Eintritt, sondern ihr ganzes Leben hindurch täglich im Herzen erwägen,
daß diese ganze Gesellschaft und jeder einzelne im treuen Gehorsam gegen
unsern Heiligen Vater, den Papst, und seine Nachfolger, die andern römischen
Päpste, Gott Kriegsdienst leistet. Und wenn wir auch aus dem Evangelium
lernen und im rechten Glauben erkennen und fest bekennen, daß alle Christgläubigen
dem römischen Papst als ihrem Haupte und dem Nachfolger Jesu Christi unterworfen
sind, so haben wir es doch zur größeren Verdemütigung unsrer
Gesellschaft sowie zur vollkommenen Abtötung jedes einzelnen und zur Verleugnung
unseres eigenen Willens für höchst zweckmäßig erachtet,
uns über dieses gemeinsame Band hinaus noch durch ein besonderes Gelübde
zu verpflichten, so daß wir gehalten sind, ohne Verzug und Entschuldigung
sofort, soweit es von uns abhängt, auszuführen, was der jetzige und
die andern römischen Päpste bezüglich des Seelenheils und der
Glaubensverbreitung befehlen werden, und in jeden Wirkungskreis zu gehen, in
den sie uns senden wollen, mögen sie uns nun zu den Türken schicken
oder zu sonst irgendwelchen andern Ungläubigen, auch wenn diese in den
Indien genannten Gebieten wohnen sollten, oder zu irgendwelchen Irrgläubigen
oder von der römischen Kirche Getrennten, oder auch zu jedweden Gläubigen.
4. Darum müssen jene, die sich uns anschließen wollen, ehe sie diese
Last auf ihre Schultern nehmen, vorher lange und reiflich überlegen, ob
sie so viel geistliches Geld in ihrem Vermögen haben, daß sie diesen
Turm nach dem Rate des Herrn zu Ende bauen können, d. h. ob der Heilige
Geist, der sie antreibt, ihnen so viel Gnade verspricht, daß sie hoffen
dürfen, mit seiner Hilfe die Bürde dieses Berufes zu tragen.
Nachdem sie sich dann auf Eingebung des Herrn diesem Fähnlein Jesu Christi
beigesellt haben, müssen sie Tag und Nacht ihre Lenden umgürtet halten
und zur Abtragung einer so großen Schuld bereit sein.
5. Um aber unter uns sowohl eine unrechtmäßige Umwerbung als auch
eine verkehrte Verweigerung solcher Sendungen und Aufträge unmöglich
zu machen, sollen die einzelnen geloben, daß sie nie weder unmittelbar
noch mittelbar wegen solcher Sendungen etwas beim Papste betreiben, sondern
die ganze Sorge dafür Gott und dem Papste selbst, als dessen Stellvertreter,
und dem Oberen der Gesellschaft überlassen wollen. Und dieser Obere soll
auch seinerseits wie die übrigen versprechen, daß er nicht über
seine eigene Sendung an irgendeinem Ort mit dem Papste verhandeln werde, außer
auf den Rat der Gesellschaft.
6. Die einzelnen sollen geloben, daß sie in allem, was zur Beobachtung
dieser unserer Regel gehört, dem Oberen der Gesellschaft gehorchen wollen.
Der aber soll das befehlen, was er zur Erreichung des ihm von Gott und der Gesellschaft
vorgesteckten Zieles für zweckmäßig erkennt. Er sei in seinem
Vorsteheramt stets der Güte, Milde und Liebe Christi nach Art des Petrus
und Paulus eingedenk... Die Untergebenen aber sollen sowohl wegen des überaus
großen Nutzens für den Orden als auch wegen der nie genug zu lobenden
beharrlichen Übung in der Demut den Oberen in allem, was sich auf die Ordenseinrichtung
der Gesellschaft bezieht, jederzeit zum Gehorsam verpflichtet sein und in ihm
gleichsam Christus gegenwärtig erkennen und, wie es sich gebührt,
verehren.
7. Da wir aber erfahren haben, daß jenes Leben angenehmer, reiner und
zur Erbauung des Nächsten geeignet ist, das möglichst weit von jeder
Ansteckung der Habsucht entfernt und der evangelischen Armut möglichst
ähnlich ist, und da wir wissen, dass unser Herr Jesus Christus seinen
Dienern, die nur das Reich Gottes suchen, alles an Lebensunterhalt und Kleidung
Nötige zukommen lassen wird, darum sollen alle und jeder ewige Armut geloben
und erklären, daß sie nicht nur nicht für sich selbst, sondern
auch nicht gemeinschaftlich zum Unterhalt und Gebrauch der Gesellschaft ein
bürgerliches Recht erwerben können auf irgendwelche festen Güter
oder Einkünfte oder Erträgnisse; sondern sie sollen zufrieden sein,
nur den Gebrauch jener Dinge zu erhalten, die man ihnen zur Beschaffung des
Nötigen schenkt.
8. (Handelt über den Unterhalt der Kollegien oder Studienhäuser.)
9. Das ist‘s, was wir mit Genehmigung unsers Herrn, Papst Paul III., und
des Apostolischen Stuhles über unsern Beruf in einem vorläufigen Entwurf
erklären konnten. Wir haben es jetzt getan, um durch diese Aufzeichnung
in den Haupt-Zügen sowohl jenen Auskunft zu geben, die uns über unsre
Lebensweise fragen, als auch unsern Nachkommen, wenn wir einmal nach Gottes
Willen Nachahmer unseres Lebens haben werden. Und weil wir die Erfahrung gemacht
haben, daß mit diesem Leben viele und große Schwierigkeiten verbunden
sind, so hielten wir es für angezeigt, überdies festzusetzen, daß
keiner in diese Gesellschaft aufgenommen werden soll, der nicht lange und sorgfältig
geprüft wurde. Hat er sich als klug in Christus und entweder durch Gelehrsamkeit
oder durch Reinheit des christlichen Lebens hervorragend erwiesen, dann erst
soll er zugelassen werden zum Fähnlein Jesu Christi, der unserm schwachen
Beginnen gnädig sein wolle zur Ehre Gottes des Vaters, dem allein und allezeit
Ruhm und Ehre sei in Ewigkeit. Aus: Religiöse
Quellenschriften, Heft 34 Übersetzt von Konrad Kirch, Düsseldorf,
1926.
Enthalten in: Spanische Geisteswelt – Vom maurischen bis zum modernen
Spanien. Herausgeggeben von Fritz Schalk, (S.92-94 )
Holle Verlag
REGELN, UM EINIGERMASSEN
DIE VERSCHIEDENEN BEWEGUNGEN ZU ERKLÄREN UND ZU ERSPÜREN, DIE IN DER
SEELE SICH VERURSACHEN; DIE GUTEN, UM SIE AUFZUNEHMEN, DIE SCHLECHTEN, UM SIE
ZU VERWERFEN.
Sie eignen sich mehr für die erste Woche
DIE ERSTE REGEL. Denen, die von Todsünde zu Todsünde gehen, pflegt der Böse Feind gemeinhin augenscheinliche Lust vorzustellen, indem er Bilder sinnlicher Ergötzungen und Lüste hervorruft, um sie jeweils mehr in ihren Lastern und Sünden zu bewahren und zunehmen zu lassen. Der gute Geist verfährt bei solchen in entgegengesetzter Weise; er stachelt sie auf und gibt ihnen Gewissensbisse im innern Instinkt der Vernunft.
DIE ZWEITE. Bei denen, die entschieden voranmachen in der Reinigung von ihren Sünden und die im Dienste Gottes Unseres Herrn vom Guten zum je Besseren übergehen, hat eine Weise statt, die der ersten Regel entgegengesetzt ist. Denn nun ist es dem bösen Geiste eigen, zu beißen, traurig zu stimmen und Hindernisse zu legen, indem er mit falschen Gründen beunruhigt, damit man nicht weiter vorrücke. Und dem guten Geist ist es eigen, Mut und Kraft, Tröstungen, Tränen, Einsprechungen und Ruhe zu geben, indem er alle Hindernisse leicht macht und weghebt, damit man im Tun des Guten weiter voranschreite.
DIE DRITTE. Vom geistlichen Trost Ich rede von Trost, wenn in der Seele eine innere Bewegung sich verursacht, bei welcher die Seele in Liebe zu ihrem Schöpfer und Herrn zu entbrennen beginnt und demzufolge kein geschaffenes Ding auf dem Antlitz der Erde mehr in sich zu lieben vermag, es sei denn im Schöpfer ihrer aller. Desgleichen: wenn einer Tränen vergießt, die ihn zur Liebe Seines Herrn bewegen, sei es aus Schmerz über seine Sünden oder über das Leiden Christi Unseres Herrn oder über andere unmittelbar auf Seinen Dienst und Lobpreis hin geordnete Dinge. Und endlich nenne ich Trost jede Zunahme von Hoffnung, Glaube und Liebe, und jede innere Freudigkeit, die ihn zu den himmlischen Dingen ruft und zieht und zum eigenen Heil seiner Seele, indem sie ihn besänftigt und befriedet in seinem Schöpfer und Herrn.
DIE VIERTE. Von der geistlichen Trostlosigkeit. Ich nenne Trostlosigkeit alles, was zur dritten Regel in Gegensatz steht, als da ist: Verfinsterung der Seele, Verwirrung in ihr, Hinneigung zu den niedrigen und erdhaften Dingen, Unruhe verschiedener Getriebenheiten und Anfechtungen, die zum Mangel an Glauben, an Hoffnung, an Liebe bewegen, wobei sich die Seele ganz träg, lau, traurig findet und wie getrennt von ihrem Schöpfer und Herrn. Denn wie der Trost das Gegenteil der Trostlosigkeit ist, so sind auch die Gedanken, die der Trostlosigkeit entspringen, entgegengesetzt den Gedanken, die aus dem Trost entstehen.
DIE FÜNFTE. Zur Zeit der Trostlosigkeit soll man nie eine Änderung treffen, sondern fest und beständig in den Vorsätzen und der Entscheidung stehen, in denen man am Tag vor dieser Trostlosigkeit stand, oder in der Entscheidung, in der man im vorausgehenden Troste stand. Denn wie uns im Trost jeweils mehr der gute Geist führt und berät, so in der Trostlosigkeit der böse, auf dessen Ratschläge hin wir den Weg nie finden können, um das Rechte zu treffen.
DIE SECHSTE. Sollen wir in der Trostlosigkeit die früheren Vorsätze nicht ändern, so ist es doch sehr von Nutzen, uns selber entschieden gegen eben diese Trostlosigkeit hin zu ändern, so etwa, daß wir uns mehr dem Gebet, der Betrachtung hingeben, uns viel prüfen und in irgendeiner angemessenen Weise freigebiger Buße tun.
DIE SIEBTE. Wer in Trostlosigkeit ist, erwäge, wie der Herr ihn zur Probe in seinen natürlichen Fähigkeiten gelassen hat, zu dem Zweck, daß er den verschiedenen Antrieben und Anfechtungen des Feindes widerstehe. Er kann es nämlich mit der göttlichen Hilfe, die ihm stets verbleibt, auch wenn er sie nicht deutlich spürt, da ihm der Herr zwar seine große Glut, die besondere Liebe und die intensive Gnade entzogen, ihm aber die zum ewigen Heil genügende Gnade gelassen hat.
DIE ACHTE. Wer in Trostlosigkeit ist, gebe sich Mühe, in der Geduld auszuharren, die den ihn überkommenden Quälereien entgegenwirkt. Und er möge bedenken, daß er gar bald wieder getröstet sein wird; dabei aber sorgsam die Mittel gegen solche Trostlosigkeit anwenden, wie in der sechsten Regel gesagt worden ist.
DIE NEUNTE. Drei Gründe sind es vornehmlich, warum wir uns trostlos finden. Der erste, weil wir lau, träge oder nachlässig in unseren geistlichen Übungen sind: so zieht sich durch unsere Schuld der geistliche Trost von uns zurück. Der zweite, damit Gott uns erprobe, wie weit wir sind und in welchem Ausmaß wir uns ausgeben in seinem Dienst und Lobpreis ohne einen so großen Sold an Tröstungen und besonderen Gnaden. Der dritte, um uns die wahre Kenntnis und Einsicht zu geben, dazuhin, es inwendig zu erleben, daß es nicht unsere Sache ist, große Hingabe, intensive Liebe, Tränen oder irgendeinen andern geistlichen Trost uns zu verschaffen oder zu erhalten, sondern daß es ganz eine Gabe und Gnade Gottes Unseres Herrn ist, und wir uns nicht in ein fremdes Haus einnisten und unsern Geist in irgendeinem Stolz oder eitelm Ruhm aufblähen, indem wir die Andacht oder andere Teile des geistlichen Trostes uns selber zuschreiben.
DIE ZEHNTE. Wer im Trost ist, bedenke, wie er sich in der Trostlosigkeit benehmen werde, die später kommen wird, indem er für dann neue Kräfte sammelt.
DIE ELFTE. Wer getröstet ist, sorge sich zu demütigen und zu erniedrigen soviel er kann, indem er bedenkt, wie wenig er wert ist zur Zeit der Trostlosigkeit ohne diese besondere Gnade oder Tröstung. Und im Gegenteil bedenke, wer in der Trostlosigkeit ist, daß er viel vermag mit der Gnade, die genügt, um allen seinen Feinden zu widerstehen, indem er die Kräfte bei seinem Schöpfer und Herrn sich holt.
DIE ZWÖLFTE. Der Feind verhält sich wie ein Weib; seine Kräfte sind schwach, aber er will gerne stark erscheinen. Denn wie es Weiberart ist, beim Streit mit einem Mann den Mut zu verlieren und die Flucht zu ergreifen, wenn der Mann ihr die starke Stirne zeigt, wenn aber der Mann zu weichen beginnt und den Mut sinken läßt, Zorn, Rache und Wildheit des Weibes übergroß und maßlos werden, so ist es auch dem Feinde eigen, zusammenzusinken und den Mut zu verlieren, so daß seine Versuchungen die Flucht ergreifen, wenn der Mensch, der sich in geistlichen Dingen übt, die starke Stirne gegen seine Versuchungen zeigt, indem er geradenwegs das Gegenteil tut; wenn hingegen der sich Übende anfängt, Furcht zu hegen und beim Ausstehen der Versuchungen den Mut zu verlieren, dann gibt es auf der ganzen Welt keine so wilde Bestie wie den Feind der menschlichen Natur, wenn er mit ausgewachsener Bosheit seine tückische Absicht verfolgt.
DIE DREIZEHNTE. Desgleichen verhält er sich wie ein eitler Verliebter: er wünscht verborgen zu sein und nicht entdeckt zu werden. Denn wie dieser falsche Mensch, der sich an die Tochter eines guten Vaters oder an die Gattin eines guten Gatten heranmacht und sie zum Bösen überredet, den Wunsch hat, daß seine Worte und Einflüsterungen geheim bleiben, und es ihm sehr mißfällt, wenn die Tochter dem Vater oder die Gattin dem Gatten seine eitlen Worte und seine verkommene Absicht aufdeckt, weil er leicht begreift, daß er sein Vorhaben nicht mehr ausführen kann, ebenso wünscht und begehrt auch der Feind der menschlichen Natur, wenn er seine Listen und Einflüsterungen der gerechten Seele einflößt, daß diese im geheimen empfangen und festgehalten werden; entdeckt sie sie aber ihrem guten Beichtvater oder einer andern geistlichen Person, die seine Betrügereien und Bosheiten kennt, so grämt ihn das sehr, denn er begreift, daß er mit seiner begonnenen Bosheit nicht zum Ziel gelangen kann, da seine klaren Betrügereien offen zutage liegen.
DIE VIERZEHNTE. Er verhält sich auch wie ein Häuptling, der einen Platz bezwingen und ausrauben will, Wie ein Hauptmann oder Anführer im Feld Stellung bezieht und Kräfte und Lage der Burg ausspäht, um sie dann an der schwächsten Stelle anzugreifen, ebenso umsehleicht auch der Feind der menschlichen Natur rings alle unsere theologischen, kardinalen und moralischen Tugenden, und wo er uns schwächer und ungeschützter zu unserem ewigen Heil hin findet, dort führt er seinen Schlag gegen uns und trachtet, uns einzunehmen.
REGELN ZU DEM
ZWECK, DIE GEISTER NOCH GENAUER ZU UNTERSCHEIDEN
Sie eignen sich mehr für die zweite Woche
DIE ERSTE. Es ist Gott und Seinen Engeln in ihren Anregungen eigen, wahre geistliche Freude und Fröhlichkeit zugeben und alle Trauer und Verwirrung, die der Feind herbeiführt, zu entfernen, dessen Art es ist, gegen solche geistliche Fröhlichkeit und Tröstung anzukämpfen, indem er Scheingründe, Spitzfindigkeiten und anhaltende Täuschungen beizieht.
DIE ZWEITE. Einzig Gott Unser Herr kann ohne vorausgehenden Grund der Seele Trost geben; denn es ist dem Schöpfer vorbehalten, in sie einzutreten, aus ihr hinauszugehen, sie so zu bewegen, daß Er sie ganz in die Liebe zu Seiner Göttlichen Majestät hineinzieht. Ohne Grund soll heißen: ohne vorausgehendes Fühlen oder Erkennen irgendeines Gegenstandes, der ihr vermittels der Akte ihres Verstandes und Willens eine solche Tröstung herbeiführen würde.
DIE DRITTE. Mittels eines [solchen] Grundes kann sowohl der gute wie der böse Engel die Seele trösten; aber zu entgegengesetztem Ziele hin: der gute Engel zu ihrer Förderung, auf daß sie wachse und aufsteige vom Guten zum je Besseren, und der böse Engel zum Gegenteil, und um sie zuletzt zu seiner verwerflichen Absicht und Bosheit hinzuziehen.
DIE VIERTE. Die Art des bösen Engels, der sich in die Gestalt eines Engels des Lichtes verwandelt, ist es, mit der frommen Seele einzutreten und mit sich selbst auszutreten; will sagen: gute und heilige Gedanken, die einer solchen gerechten Seele angepaßt sind, einzuflößen, dann aber ganz allmählich zu seinem eigenen Ziele überzugehen, indem er die Seele in seine verdeckten Betrügereien und verkehrten Absichten hinzieht.
DIE FÜNFTE. Wir müssen sehr achtgeben auf den Verlauf der Gedanken. Sind Anfang, Mitte und Ende gut und hingerichtet auf etwas ganz Gutes, dann ist dies ein Zeichen des guten Engels. Wenn aber einer im Ablauf seiner Gedanken bei einer schlechten oder ablenkenden Sache endet oder bei etwas weniger Gutem als dem, was die Seele sich vorher vorgenommen hatte zu tun, oder wenn es die Seele schwächt oder verwirrt, indem es ihr den Frieden, die Stille und Ruhe, die sie vorher hatte, wegnimmt, so ist dies ein klares Zeichen, daß es vom bösen Geiste herstammt, dem Feind unseres Fortschritts und ewigen Heils.
DIE SECHSTE. Wenn der Feind der menschlichen Natur an seinem Schlangenschwanz gespürt und erkannt ward und am bösen Ende, zu dem er hinführt, so ist es der Person, die von ihm versucht wurde, nützlich, sofort den Verlauf der guten Gedanken, die er eingab, zu betrachten: wie es anfing, und er dann nach und nach dafür sorgte, daß sie aus der geistlichen Anmut und Freude, darin sie sich befand, herabstieg, bis er sie schließlich zu seiner gottlosen Absicht verführte. Und sie soll das tun, um auf Grund einer solchen erkannten und vermerkten Erfahrung sich künftig vor seinen gewohnten Betrügereien hüten zu können.
DIE SIEBTE. Bei denen, die vom Guten zum je Bessern voranschreiten, berührt der gute Engel die Seele sanft, leicht und lind wie ein Tropfen Wassers, der in einen Schwamm eindringt. Der böse dagegen berührt sie spitz und scharf und mit Gedröhn und Unruhe, wie wenn der Tropfen Wassers auf einen Stein fällt. Jene, die vom Schlechten ins je Schlechtere voranschreiten, werden von den besagten Geistern in entgegengesetzter Weise berührt. Die Ursache davon ist, daß die Disposition der Seele diesen Engeln entweder entgegengesetzt oder gleich ist. Denn ist sie entgegengesetzt, so treten sie mit Geräusch und Sensation und Fühlbarkeit ein; ist sie gleich, so tritt der Geist schweigend ein wie in sein eigenes Haus bei offener Tür.
DIE ACHTE. Ist die Tröstung ohne Grund und somit ein Betrug
ausgeschlossen, da sie, wie gesagt wurde, von Gott Unserem Herrn allein herstammt,
so soll doch die geistliche Person, der Gott solche Tröstung gibt, mit
großer Wachsamkeit und Sorgfalt zusehen und die eigentliche Zeit der aktuell
sich vollziehenden Tröstung (actual consolación) von der nachfolgenden
Zeit unterscheiden, in der die Seele noch glüht und von der Gunsterweisung
und dem von der vergangenen Tröstung Übriggelassenen beseligt ist.
Denn nicht selten bildet sie in dieser zweiten Zeit durch eigene Überlegungen
auf Grund von Gewohnheiten und von Folgerungen aus [ihren eigenen] Begriffen
und Urteilen oder durch den guten oder den bösen Geist verschiedene Vorsätze
und Ansichten, die nicht unmittelbar von Gott Unserem Herrn gegeben sind, und
die darum sehr genau untersucht werden müssen, bevor man ihnen volles Zutrauen
schenkt oder sie in die Tat umsetzt.
Aus : Ignatius von Loyola, Die Exerzitien (S.99-106)
Übertragen von Urs von Balthasar
© Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Genehmigung des Johannes
Verlages Einsiedeln