Max Heindel, ursprüngl. Carl Louis von Grasshoff (1865 – 1919)
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In
Dänemark geborener Schiffsingenieur, der durch seinen Beruf
viel in der Welt herumkam. Von der Sinnfrage getrieben, suchte Heindel schon
frühzeitig die Antwort in den verschiedenen Religionen, indem er sich intensiv mit ihren Glaubensinhalten befasste. 1903 zog er nach Los Angeles, wo er durch einen Vortrag von Charles
Webster Leadbeater (1847 - 1934) nicht nur mit dem Gedankengut der Theosophie vertraut gemacht wurde, sondern kurz darauf auch Vize-Präsident einer
Theosophiegruppe wurde. Auf einer Studienreise nach Deutschland lernte er Rudolf Steiner (1861
- 1925) kennen, der mit seinen Lehren maßgeblich die
von Heindel später vertretene Weltanschauung beeinflusste. Franz Hartmann (1842
- 1912) gelang es schließlich, Heindel
ganz für die Rosenkreuzer-Idee zu begeistern und in den Orden einzuführen, wo er auf Grund seiner
Schriften bald eine wesentliche Bedeutung erlangte. Siehe auch Wikipedia |
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Inhaltsverzeichnis
Christian
Rosenkreuz
Im 13. Jahrhundert erschien ein
hoher geistiger Lehrer, der den symbolischen Namen Christian
Rosenkreuz (Das christliche Rosen-Kreuz) trug,
um diese Arbeit zu beginnen. Er gründete den Geheimorden
der Rosenkreuzer mit dem Endziel, esoterisches Licht auf die missverstandene
christliche Religion zu werfen und die Geheimnisse des Lebens und des Seins
vom wissenschaftlichen Standpunkt in Harmonie mit der Religion zu erklären.
Jahrhunderte sind seit seiner Geburt als Christian Rosenkreuz, Begründer der Rosenkreuz-Mysterien-Schule, verstrichen. Aber seine Geburt
als Christian Rosenkreuz bezeichnet den Beginn
einer neuen Epoche im geistigen Leben der westlichen Welt. Dieses besondere
Ego hat auch seither ununterbrochen physisch in einem oder dem anderen europäischen
Land gewirkt. Er nahm einen neuen Körper an, wenn seine alten Träger
verbraucht waren, oder die Umstände es erforderten, dass er den Ort seiner
Wirksamkeit wechselte. Er ist auch heute als Eingeweihter hohen Grades verkörpert
und ein tätiger Faktor in allen Angelegenheiten des Westens, obwohl die
Welt nichts davon weiß.
Er arbeitete Jahrhunderte vor dem Erwachen der modernen Wissenschaft im Kreis
der Alchemisten und regte durch einen Mittler die jetzt verstümmelten Werke
des Bacon an. Jakob Boehme
und andere erhielten durch ihn die Inspiration, die ihre Werke so geistig erleuchtend
macht. In den Werken des unsterblichen Goethe und in den Meister-Kompositionen
Richard Wagners begegnet uns derselbe Einfluss.
Alle unerschrockenen Geister, die sich weder von orthodoxer Wissenschaft noch
von orthodoxer Religion fesseln lassen, die die Hüllen wegwerfen und ohne
Rücksicht auf Bosheit oder Schmeichelei zum geistigen Kern durchdringen,
hatten und haben ihre Erleuchtung aus derselben Quelle wie der große Geist,
der Christian Rosenkreuz beseelte.
Schon sein Name ist eine Verkörperung der Art und der Mittel, durch die
der Mensch unserer Tage in den göttlichen
Übermenschen umgewandelt wird.
Dieses Symbol:
»Christian Rosen Kreuz«
(das christliche Rosen-Kreuz)
zeigt uns das Ende und das Ziel der menschlichen Entwicklung, den Weg,
der beschritten werden muss, und die Mittel, durch die dieses Ziel erreicht
werden kann. Im schwarzen Kreuz, in dem das Kreuz umrankenden grünen Stamm
der Pflanze, in den Dornen, den blutroten Rosen liegt die Lösung des Welt-Mysteriums
verborgen: die ver¬gangene Entwicklung, die gegenwärtige Zusammensetzung
und vor allem das Geheimnis der künftigen Entfaltung.
Es verbirgt sich dem Laien, enthüllt aber dem Eingeweihten um so klarer,
wie er Tag für Tag zu arbeiten hat, um jenen seltensten aller Edelsteine,
den Stein der Weisen (der wertvoller ist als der Kohinor,
nein, als alle Schätze der Welt) durch tägliche treue Arbeit
für sich selbst herzustellen. Es erinnert ihn daran, wie die Menschheit
in ihrer Unwissenheit stündlich das vorhandene Material verwüstet,
das zur Bildung dieses preislosen Schatzes verwendet werden kann.
Damit der Mensch standhaft und treu in allen Widerwärtigkeiten des Lebens
bleibe, weist das Rosenkreuz gleich einer Erleuchtung auf die glorreiche Vollendung
dessen hin, der überwindet. Es weist auf Christus
als den Stern der Hoffnung, die »ersten Früchte«,
der diesen wunderbaren Stein schuf, als er den Körper Jesu bewohnte. S.518-520 […]
Die sieben Rosen, die unser schönes Emblem bekränzen, und der fünfeckige,
strahlende Stern dahinter, sind Sinnbilder der zwölf großen schöpferischen
Hierarchien, die dem sich entwickelnden Ego während seiner vorhergehenden
Stadien im mineralischen, pflanzlichen und tierischen Zustand und während
seines unbewussten Zustandes, in dem es unfähig war, für sich zu sorgen,
beigestanden sind. Von diesen zwölf Scharen großer Wesenheiten arbeiteten
drei am Menschen aus eigenem freiem Willen und ohne irgend eine Verpflichtung.
Diese werden durch die drei aufwärts weisenden Spitzen des Sterns auf unserem
Emblem versinnbildlicht. Weitere zwei große Hierarchien sind im Begriffe
sich zurückzuziehen. Diese werden durch die beiden nach unten weisenden
Spitzen dargestellt. Die sieben Rosen enthüllen die Tatsache, dass noch
weitere sieben große schöpferische Hierarchien an der Entwicklung
der Wesen auf der Erde tätig sind. Da alle diese Wesen, von den kleinsten
bis zu den größten — nur Teile eines großen Ganzen, das
wir Gott nennen, sind, so ist das ganze Emblem ein Sinnbild Gottes in Manifestation. S. 522f.
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Der
Orden der Rosenkreuzer
Der Orden der Rosenkreuzer ist nicht allein eine Geheimgesellschaft. Er ist
eine der Mysterien-Schulen. Die Brüder sind Hierophanten der kleineren
Mysterien, Wächter der geheiligten Lehren. Sie sind eine geistige Kraft,
die mächtiger im Leben der westlichen Welt ist als irgend eine der sichtbaren
Regierungen, obwohl sie nicht so auf die Menschheit einwirken dürfen, dass
sie ihres freien Willens beraubt werde.
Da der Entwicklungsweg immer vom Temperament des Strebenden abhängt, gibt
es zwei Wege, den mystischen und den intellektuellen. Der Mystiker lehnt für
gewöhnlich die intellektuelle Schulung ab. Er folgt den Geboten seines
Herzens und ist bestrebt, den Willen Gottes zu erfüllen, wie er ihn erfühlt.
Er erhebt sich, ohne sich irgendeines bestimmten Zieles bewusst zu sein, und
gelangt am Ende zur Erkenntnis. Im Mittelalter waren die Völker nicht so
intellektuell, wie wir es heutzutage sind, und die, die den Ruf eines höheren
Lebens fühlten, schlugen gewöhnlich den mystischen Pfad ein. Aber
während der letzten wenigen Jahrhunderte, seit dem Aufschwung der modernen
Wissenschaft, nahm der Intellektualismus auf Erden überhand. Der Kopf hat
vollständig Oberherrschaft über das Herz. Der Materialismus hat alle
vergeistigenden Impulse unterjocht. Die meisten Menschen glauben, was sie greifen,
schmecken oder fühlen können. Es ist daher Zeit zu einem Appell an
den Intellekt. Das Herz muss glauben dürfen, was es gut heißt. Auf
diese Forderung hin versuchen die Mysterienlehren der Rosenkreuzer, wissenschaftliche
Tatsachen mit geistigen zu verbinden.
In der Vergangenheit waren diese Lehren nur wenigen Eingeweihten bekannt, und
selbst heute sind sie für die Welt des Westens noch sehr mysteriös
und geheim. Alle so genannten »Enthüllungen« der Vergangenheit,
die angeblich Rosenkreuzergeheimnisse preisgaben, waren entweder Betrug oder
die Folge von Verrätereien Außenstehender, die vielleicht Bruchstücke
von Gesprächen aufgefangen haben können, die allen unverständlich
sein müssen, außer denen, die den Schlüssel dazu haben. Es ist
möglich, dass man mit einem Eingeweihten irgend einer Schule unter demselben
Dach und im innigsten Verhältnis lebt, das Geheimnis in seiner Brust wird
aber doch verborgen bleiben, bis sein Freund die Stufe erreicht hat, auf der
er ein Bruder-Eingeweihter werden kann. Die Enthüllung der Geheimnisse
hängt nicht vom Willen des Eingeweihten ab, sondern von der Eignung des
Strebenden.
Wie alle andern Geheimorden folgt auch der Orden der Rosenkreuzer
kosmischen Gesetzen. Wenn wir Kugeln von gleicher Größe nehmen und
prüfen, wie vieler wir bedürfen, um eine zu bedecken, so dass wir
sie den Blicken entziehen, dann werden wir finden, dass
zwölf erforderlich sind, um eine dreizehnte
Kugel zu verbergen. Das letzte Teilungsglied physischen Stoffes, das wahre Atom,
das im interplanetarischen Raum gefunden wird, ist ebenfalls auf einer Grundlage
der Zwölf um die Eins
aufgebaut. Die zwölf Tierkreiszeichen hüllen unser Sonnensystem
ein. Die zwölf Halbtöne der musikalischen
Skala umfassen die Oktave. Zwölf Apostel sammelten
sich um Christus. So gibt es noch andere Beispiele,
die uns das Gesetz der Zwölf mit der Eins
lehren. Auch der Orden der Rosenkreuzer besteht
aus zwölf Brüdern und einem Dreizehnten.
S. 520-522 […]
Der hermetische Grundsatz sagt: »Wie
oben, so unten«. Die kleineren Lehrer der Menschheit sind
auch nach denselben kosmischen Richtlinien von 7, 5 und
1 geordnet. Auf der Erde gibt es sieben
Schulen der kleineren Mysterien, fünf der
größeren Mysterien. Das Ganze untersteht einem gemeinsamen Oberhaupt,
das der Befreier (Liberator) genannt wird.
Der Orden der Rosenkreuzer entsendet sieben
Brüder in die Welt, wenn immer es erforderlich ist. Sie erscheinen
als Menschen unter den Menschen, oder arbeiten in ihren unsichtbaren Trägern
mit oder an andern, je nachdem es benötigt wird. Man muss sich aber immer
dessen bewusst sein, dass sie niemand gegen seinen Willen oder Wunsch beeinflussen,
sondern sie bestärken nur das Gute, wo immer sie es finden.
Die zurückbleibenden fünf Brüder
verlassen den Tempel nie. Trotzdem sie physische Körper besitzen, verrichten
sie alle ihre Arbeit von den inneren Welten aus.
Der Dreizehnte ist das Haupt
des Ordens, das Bindeglied zu einem höheren Zentralrat, der aus
Hierophanten der größeren Mysterien besteht. Dieser Rat befasst sich
gar nicht mit der gewöhnlichen Menschheit, sondern nur mit den Eingeweihten
der kleineren Mysterien.
Das Haupt des Ordens wird durch die
zwölf Brüder vor der Welt verborgen, wie die zentrale Kugel,
die in unserem vorhergehenden Gleichnis erwähnt wurde. Sogar die Schüler
der Schulen sehen ihn nie, aber bei den nächtlichen Diensten im Tempel
wird seine Gegenwart von allen gefühlt, wenn er eintritt, und dies ist
das Zeichen zum Beginn der Zeremonie.
Um die Brüder vom Rosenkreuz schart sich als deren Schüler eine Anzahl
von »Laienbrüdern«. Es sind Menschen,
die in verschiedenen Teilen der westlichen Welt leben, die aber fähig sind,
ihre Körper bewusst zu verlassen. Sie wohnen dem Dienst bei und nehmen
Anteil an der geistigen Arbeit im Tempel. Jeder einzelne von ihnen wurde hierin
von einem der Älteren Brüder eingeweiht. Die meisten von ihnen sind
fähig, sich alles dessen, was geschehen ist, zu erinnern. Es gibt aber
auch einige wenige Fälle, in denen die Fähigkeit, den Körper
zu verlassen, in einem vorhergehenden tugendhaften Leben erworben wurde, und
in denen eine Gewohnheit, Drogen einzunehmen, oder eine Krankheit, die in diesem
Leben erwor¬ben wurde, das Gehirn unfähig gemacht hat, Eindrücke
dessen, was der Mensch tut, wenn er fort ist, zu empfangen. S.
523f.
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Die
Rosenkreuzer-Gemeinschaft
Die Rosenkreuzer-Gemeinschaft ist eine Vereinigung
von Anhängern und Schülern der Rosenkreuzerlehren, wie sie in diesem
Buch ausgegeben wurden. Sie hat keine Mitglieder im vereinsüblichen Sinne,
sondern nur Schüler, Studierende, die lernen wollen, wie sie ihr Leben
am besten in Gottes Weltordnung einfügen können, um jene Gottverbundenheit
und innere Freiheit zu ereichen, die zur schöpferischen Lebensmeisterung
führt und der Welt tatkräftige und verständige Berater und Helfer
schenkt. Die Rosenkreuzer-Gemeinschaft ist keine Sekte, keine Kirche und keine
Religionsgesellschaft und hat keine religiösen Gebräuche (Kultus,
Sakramente, Rituale). Sie lässt es jedem vollständig freigestellt,
welcher Kirche oder christlichen Bruderschaft er angehören will.
Die Rosenkreuzer-Gemeinschaft hat keine offiziellen
Führer, denen die Mitglieder zu gehorchen oder nachzufolgen hätten.
Die Organisation erlässt keine Vorschriften und hat keine Dogmen. Sie überlässt
es dem Einzelnen, die dargebotenen Lehren anzunehmen oder abzulehnen, und wünscht
nur, dass jeder der Vernunft und der inneren Stimme des Gewissens folge. Sie
empfiehlt und verlangt nicht, sich an äußerliche geistige Autoritäten
zu binden, sondern sie erzieht zur geistigen Selbständigkeit. Auch verfolgt
sie weder politische noch wirtschaftliche Interessen und überlässt
es jedem, in einer nützlichen Weise, wohin ihn das Leben gestellt hat,
für das Gesamtwohl zu wirken. Eigeninteressen liegen ihr fern.
Die Rosenkreuzer-Gemeinschaft hilft jedem, der
lernen will und guten Willens ist, durch Unterricht und Rat das Leben umfassender
zu verstehen.
Dem Unterricht dienen die Korrespondenzkurse, und diese sind allen zugänglich
außer Hypnotiseuren, beruflichen Hellsehern, Wahrsagern, Chiromanten und
Geschäftsastrologen. Anfragen um Zulassung können an das Generalsekretariat
in Oceanside, California, USA, gerichtet werden. S.530a
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Die
Weltanschauung der Rosenkreuzer
»Die Weltanschauung der Rosenkreuzer« ist nicht dogmatisch, sie
wendet sich auch an keine andere Autorität als an die Vernunft des Lernenden.
Sie ist nicht polemisch; sie wird aber in der Hoffnung herausgegeben, dass sie
zur Klärung einiger Schwierigkeiten beitragen möge, die sich des Intellektes
von Studierenden der tieferen Philosophien der Vergangenheit bemächtigt
haben. Um ernsthaftes Missverstehen zu vermeiden, wird der Schüler eindringlich
darauf aufmerksam gemacht, dass keine unfehlbare Offenbarung über diesen
komplizierten Gegenstand, der alles unter und auch über der Sonne einschließt,
möglich ist.
Eine unfehlbare Darstellung würde Allwissenheit des Verfassers voraussetzen,
und selbst die Älteren Brüder sagen, dass sie manchmal in ihrem Urteile
einen Fehler finden; daher gibt es kein Werk, das das letzte Wort über
die Welt-Mysterien spricht, und der Verfasser gibt nichts als die elementarsten
Lehren der Rosenkreuzer.
Die Rosenkreuzer-Bruderschaft hat die weitreichendste und die logischste Auffassung
über das Welt-Mysterium von allen, die dem Verfasser in den vielen Jahren,
während derer er sich ausschließlich diesem Gegenstande widmete,
zur Kenntnis gekommen sind. Soweit es ihm möglich war, selbst zu forschen,
hat er ihre Lehren in Übereinstimmung mit ihm bekannten Tatsachen gefunden.
Und doch ist er überzeugt, dass auch die »Weltanschauung der Rosenkreuzer«
noch weit davon entfernt ist, das letzte Wort über diesen Gegenstand zu
sagen; dass sich mit unserem Weiterschreiten größere Ausblicke auf
die Wahrheit eröffnen, und uns viele Dinge klarmachen werden, die wir jetzt
»wie durch ein Glas und trübe« sehen. Gleichzeitig glaubt er
aber fest daran, dass alle philosophischen Systeme der Zukunft denselben Hauptlinien
folgen werden, denn sie scheinen absolut wahr zu sein.
Aus dem eben Gesagten ersieht man, dass der Verfasser dieses Buch nicht für
das Alpha und Omega, nicht für das letzte Wort über das esoterische
Wissen hält und obschon es den Namen: »Die Weltanschauung der Rosenkreuzer«
trägt, möchte der Autor doch betonen, dass es keine Glaubenssätze
übermittelt, die den Rosenkreuzern ein für allemal durch den Begründer
des Ordens oder sonst jemanden überliefert worden sind. Es sei nochmals
eindringlich betont, dass dieses Werk nur das enthält, was sein Verfasser
von den Lehren der Rosenkreuzer, das Welt-Mysterium betreffend, verstand, und
was durch seine persönlichen Forschungen in den inneren Welten, bezüglich
des vorgeburtlichen Zustandes und des Zustandes nach dem biologischen Tode des
Menschen, unterstützt wird. Der Verfasser weiß sehr gut, welche Verantwortung
der auf sich nimmt, der wissentlich oder unwis¬sentlich andere irreführt
und er wünscht sich, soweit er kann, gegen diese Möglichkeit zu decken
und auch andere davor zu bewahren, aus Unachtsamkeit irrezugehen.
Was in diesem Werk gesagt worden ist, das möge daher vom Leser nach seiner
eigenen Einsicht angenommen oder abgelehnt werden. Aller Fleiß ist auf
den Versuch angewandt worden, die Lehre klar und verständlich zu machen;
äußerste Sorgfalt ist verwendet worden, sie in solche Worte zu kleiden,
die am leichtesten zu verstehen sind. Aus diesem Grunde ist durchweg immer nur
ein Ausdruck gewählt worden, um einen Begriff wiederzugeben.
Dasselbe Wort wird dieselbe Bedeutung haben, wo immer es angewandt wird. Wenn
irgendein Wort, das eine Idee vermitteln soll, zuerst gebracht wird, so gibt
der Verfasser die klarste Definition, die ihm möglich ist. Es wurden nur
bekannte Ausdrücke und die einfachste Sprache angewandt. Der Verfasser
war immer bestrebt, so genaue und bestimmte Erklärungen über den zu
behandelnden Gegenstand zu geben, als es ihm möglich war, und alle Doppelsinnigkeiten
auszuschalten, um ein klares Bild zu geben. Wie weit ihm das gelungen ist, muss
der Beurteilung des Lesers überlassen bleiben. Aber ebenso, wie er keine
Mühe gescheut hat, die Lehre zu vermitteln, fühlt er auch die Verpflichtung,
sich gegen die Möglichkeit zu verwahren, dass dieses Werk als endgültige
Feststellung der Rosenkreuzerlehren angesehen werde. Eine Nichtbeachtung dieser
Vorsichtsmassregel könnte diesem Werke in den Augen einiger Schüler
ungebührendes Gewicht geben. Das wäre weder der Bruderschaft noch
dem Leser gegenüber in der Ordnung. Denn es würde von der Absicht
zeugen, die Verantwortung für, die Fehler, die hier, wie in allen menschlichen
Werken erscheinen müssen, auf die Bruderschaft zu werfen. Daher diese Warnung.
Während der vier Jahre, die verflossen sind, seitdem die vorhergehenden
Abschnitte geschrieben wurden, hat der Verfasser seine Forschungen in den unsichtbaren
Welten fortgesetzt und erlebte die Erweiterung des Bewusstseins in Bezug auf
diese Naturreiche, durch die Betätigung der in der westlichen Mysterienschule
gelehrten Lehren. Auch andere, welche die hierin beschriebenen Methoden der
Seelenentfaltung befolgt haben, die besonders für die Menschen des Westens
angepasst sind, haben sich von der Wahrheit der vielen hier gelehrten Dinge
persönlich überzeugen können. Dadurch hat das Verstehen dessen,
was dem Verfasser von den Älteren Brüdern gegeben wurde, gewissermaßen
eine Überprüfung erfahren, wodurch es sich zeigte, dass sie im wesentlichen
als zutreffend betrachtet werden können. Dieses sei zur Ermutigung derjenigen
erwähnt, welche noch nicht imstande sind, selbst sehen zu können.
Wenn wir gesagt hätten, dass der Lebensleib aus Prismen gebaut ist, anstatt
aus Punkten, wäre es besser gewesen, denn infolge der Strahlenbrechung
durch die winzigen Prismen verwandelt das farblose Sonnenfluidum sich in einen
rosigen Hauch, was auch von anderen Forschern beobachtet worden ist:
Es sind auch noch andere neue und wichtige Entdeckungen gemacht worden; z. B.
wissen wir jetzt, dass die Silberschnur in jedem Leben neu wächst. Ein
Teil entspringt dem Keimatom des physischen Körpers im Herzen, der andere
Teil hat seine Wurzel im Keimatom des Empfindungsleibes im Zentralwirbel der
Leber; beide Teile vereinigen sich im Keimatom des Lebensleibes im Sonnengeflecht.
Diese Verbindung der höheren und nie¬deren Träger verursacht die
Belebung des Körpers. Die Weiterentwicklung der Silberschnur zwischen dem
Herzen und dem Sonnengeflecht, während der ersten sieben Lebensjahre, hat
großen Einfluss auf die Geheimnisse des Kinderlebens und ebenso ist das
weitere vollere Wachstum von der Leber zum Sonnengeflecht, welches während
der zweiten Siebenjahrperiode vor sich geht, mitbestimmend auf die Pubertätserscheinungen.
Die Vollendung der Silberschnur fällt mit dem Ende der Kindheit zusammen,
und von dieser Zeit an gibt die Sonnenenergie, die durch die Milz eintritt und
die durch das prismatische Keimatom des Lebensleibes, das im Sonnengeflecht
seinen Sitz hat, gebrochen und gefärbt wird, der Aura eine bestimmte und
persönliche Färbung, wie wir sie bei den Erwachsenen beobachten.
S.7-11
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Die
sichtbaren und unsichtbaren Welten
Der erste Schritt in die Esoterik ist das Studium der unsichtbaren Welten. Diese
Welten werden von der Mehrzahl der Menschen nicht wahrgenommen, weil ihre höheren
und feineren Sinne schlafen. Und nur durch diese kann die unsichtbare Welt wahrgenommen
werden, so wie die sichtbare Welt um uns nur durch unsere physischen Sinne wahrgenommen
werden kann. Die Mehrzahl der Menschen steht der überphysischen Welt ebenso
gegenüber wie der Blindgeborene unserer Sinnenwelt; trotzdem Licht und
Farbe ihn rings umgeben, ist er unfähig, sie wahrzunehmen. Für ihn
sind sie nicht vorhanden und unverständlich, nur weil ihm der Gesichtssinn
zu ihrer Wahrnehmung fehlt: Gegenstände kann er fühlen; sie sind für
ihn Wirklichkeiten. Aber Licht und Farbe liegen außerhalb seines Erkenntnisvermögens.
So ist der größte Teil der Menschheit. Sie fühlen und sehen
Gegenstände der physischen Welt, aber die anderen Welten, die der Hellseher
die höheren Welten nennt, sind ihnen ebenso unverständlich wie dem
blinden Manne die Farbe. Nun ist aber das Nichtsehen des Blinden durchaus kein
Beweis gegen das Bestehen und die Wirklichkeit des Lichtes. Ebensowenig ist
es ein Beweis für das Nichtbestehen der überphysischen Welten, dass
die Mehrzahl sie nicht wahrnehmen kann. Wenn der Blinde sehend wird, so sieht
er Licht und Farbe. Wenn die höheren Sinne der für die überphysischen
Welten Blinden durch geeignete Methoden geöffnet werden, so werden auch
sie fähig, Welten wahrzunehmen, deren Dasein ihnen jetzt verborgen ist.
Während ein Teil der Menschheit den Fehler begeht, dem Vorhandensein überphysischer
Welten ungläubig zu begegnen, verfallen auch viele in das entgegengesetzte
Extrem, sobald sie von dem Bestehen übersinnlicher Welten überzeugt
sind. Sie bilden sich ein, dass dem Hellsehenden alle Wahrheit mit einem Schlage
erschlossen ist, und dass man auf einmal alles über die höheren Welten
weiß, wenn man »sehen« kann.
Das ist ein großer Irrtum. In Angelegenheiten des täglichen Lebens
erkennen wir die Irrigkeit einer solchen Ansicht gern an. Wir würden nie
annehmen, dass ein Blindgeborener, der sehend wird, auf einmal alles über
die physische Welt wissen kann. Ferner wissen wir sehr gut, dass selbst die
unter uns, die ihr Leben lang fähig waren, alle Dinge zu sehen, weit davon
entfernt sind, eine umfassende Kenntnis von ihnen zu haben. Wir wissen, dass
wir eingehender Studien und jahrelanger Übung bedürfen, um nur den
unendlich kleinen Teil der Dinge, die unser tägliches Leben ausmachen,
zu beherrschen, und wenn wir den hermetischen Grundsatz »wie oben, so
unten«, umkehren, erfassen wir sogleich, dass es in den anderen Welten
ebenso sein muss. Ebenso wahr ist aber auch, dass es viel leichter ist, in den
überphysischen Welten Kenntnisse zu erwerben, als in unserem gegenwärtigen
dichten physischen Zustande. Es ist aber doch nicht so leicht, dass die Notwendigkeit
eingehender Studien und die Möglichkeit, sich in den Beobachtungen zu irren,
ausgeschlossen werden könnten. Zeugnisse von zuverlässigen und berufenen
Beobachtern beweisen, dass man den Beobachtungen auf den anderen Plänen
noch mehr Sorgfalt zuwenden muss, als denen auf dem physischen Plane:
Auch Hellseher müssen erst geübt werden, ehe ihr Zeugnis von wirklichem
Werte ist, und je weiter sie sich entwickeln, um so bescheidener werden sie
in der Mitteilung des Erschauten, desto mehr Ehrfurcht hegen sie für die
Lesearten der anderen, denn sie wissen, wie viel es zu lernen gibt und sind
sich dessen bewusst, wie wenig der einzelne Forscher von allen Einzelheiten
seiner Forschungen ergreifen kann.
Diese Wahrnehmung erklärt auch die Verschiedenheit der Darstellungen, die
von oberflächlichen Menschen für ein Argument gegen das Bestehen der
höheren Welten gehalten wird. Sie bestehen darauf, dass die Forscher gleichlautende
Berichte zurückbringen müssen, sofern diese Welten wirklich bestehen.
Ein Beispiel aus dem Tagesleben erweist ohne weiteres die Hinfälligkeit
dieser Ansicht.
Nehmen wir an, dass eine Zeitung zwanzig Berichterstatter in eine große
Stadt schickt, um »sie zu erfassen«. Reporter sind geübte Beobachter
oder sollten es wenigstens sein. Ihr Beruf ist, alles zu sehen. Man erwartet
von ihnen, dass sie die beste Beschreibung liefern. Dennoch sind von den zwanzig
Darstellungen sicher nicht zwei vollkommen gleich. Viel sicherer ist, dass sie
grundverschieden sind. Vielleicht enthalten sie einige gleiche allgemeine Leitzüge;
im Übrigen aber werden sie sich in der Art und Reichhaltigkeit der Beschreibung
durchaus voneinander unterscheiden.
Spricht es gegen das Bestehen der Stadt, dass die Berichte darüber aus
einander gehen? Gewiss nicht. Jeder sah die Stadt von seinem besonderen Gesichtspunkte
aus. Das sagt alles. Statt dass man sich durch die verschiedenartigen Berichte
verwirren und entmutigen lässt, täte man gut, anzunehmen, dass eine
Zusammenfügung aller Berichte ein volleres und besseres Bild der Stadt
ergäbe, als ein einzelner Bericht mit Ausschluss aller anderen. Jede Darstellung
würde die anderen abrunden und ergänzen.
Dasselbe gilt auch für die Forscher in den höheren Welten. Jeder hat
seine eigene Weise, die Dinge anzuschauen und kann nur beschreiben, was er von
seinem Gesichts¬punkte aus sieht. Möge die Vorstellung jedes einzelnen
immerhin von der der anderen abweichen, vom persönlichen Standpunkte jedes
Beobachters aus können alle gleich wahr sein.
Mancher fragt: »Wozu diese Welten erforschen? Warum soll man sich nicht
zur gegebenen Zeit nur mit einer Welt begnügen, warum nicht mit den Lehren
zufrieden sein, die die Gegenwart in der physischen Welt uns bietet? Und, wenn
es unsichtbare Welten gibt, warum soll man nicht warten, bis ihre Zeit da ist,
statt vor der Zeit in sie einzudringen? Jedem Tage genügt seine Plage.
Warum im voraus die Mühen des folgenden auf uns nehmen?«
Wenn wir schon wissen, dass wir früher oder später gewiss in ein fernes
Land versetzt werden, in dem wir unter neuen, fremden Bedingungen viele Jahre
leben müssen, werden wir nicht vernünftigerweise alles, was über
dieses Land bekannt ist, schon im voraus lernen? Diese Kenntnisse werden uns
die Anpassung an die neuen Bedingungen sehr erleichtern.
Es gibt nur eine Gewissheit im Leben. Diese ist - der Tod. Wenn wir nun ins
Jenseits hinübergehen und neuen Bedingungen begegnen, muss uns deren vorherige
Kenntnis die größte Hilfe sein.
Aber das ist noch nicht alles. Um die physische Welt zu verstehen, die die Welt
der Wirkungen ist, ist es nötig, die überphysischen Welten zu verstehen,
denn sie sind die Welten der Ursachen. Wir sehen rollende Straßenbahnen
und wir hören das Geklopfe des Telegraphen, aber die geheimnisvolle Kraft,
die beide in Bewegung setzt, bleibt uns verborgen. Wir sagen, es sei die Elektrizität,
aber der Name gibt keine Erklärung. Wir erfahren nichts von der Kraft selbst,
wir hören und sehen nur ihre Wirkungen.
Bringen wir eine Schüssel mit kaltem Wasser in eine genügend niedrige
Temperatur, so werden sich sofort Eiskristalle bilden, und wir können den
Bildungsvorgang beobachten. Die Gesetze, nach denen das Wasser kristallisiert,
waren die ganze Zeit in Kraftlinien unsichtbar vorhanden, bis das Wasser gefror.
Die schönen »Eisblumen« an den Fenstern sind sichtbare Erscheinungen
der Ströme, die von den höheren Welten ausgehen und unaufhörlich
auf uns einwirken. Den meisten von uns sind sie unbekannt. Das vermindert aber
ihre Wirksamkeit nicht.
So sind die höheren Welten die Welten der Ursachen, die Welten der Kräfte;
und wir sind tatsächlich nicht imstande diese niedere Welt zu verstehen,
ehe wir die ande¬ren nicht kennen und uns über die Kräfte und
Ursachen klar werden, von denen alle grobstofflichen Dinge nur die Wirkungen
sind.
Was nun die Wesentlichkeit dieser Welten anbelangt, so sind diese Welten, die
vielen wie Spiegelungen oder sogar noch weniger körperlich zu sein scheinen,
im Vergleich mit der physischen Welt wirklicher, und die Gegenstände darin
dauernder und weniger zerstörbar, als die der physischen Welt. Ein Beispiel
wird das sofort erläutern. Kein Architekt beginnt einen Bau, indem er Material
kauft und die Werk¬leute Stein auf Stein kunterbunt türmen lässt,
ohne Leitgedanken oder Plan. Er «denkt das Bauwerk aus». Nach und
nach gewinnt es in seinem Intellekte Gestalt, und endlich steht ein kleines
Bild des fertigen Hauses vor seinem geistigen Auge - die Gedankenform des Hauses.
Niemand sieht das Haus außer dem Architekten. Er bringt es nun sichtbar
aufs Papier. Er zeichnet die Pläne, und nach diesem sichtbaren Bilde der
Gedankenform setzen nun die Handwerksleute das Haus aus Holz, Eisen oder Steinen
zusammen, genau wie es die vom Architekten geschaffene Gedankenform vorschreibt.
So wird die Gedankenform zur materiellen Wirklichkeit. Der Materialist wird
behaupten, dass diese viel wirklicher, viel dauernder und viel körperlicher
sei, als das Urbild im Intellekte des Architekten. Machen wir die Probe. Das
Haus konnte ohne die Gedankenform gar nicht gebaut werden. Das stoffliche Ding
kann durch Dynamit, Erdbeben, Feuer oder Verfall zugrunde gehen, aber das gedankliche
Urbild wird bleiben. Es wird so lange bestehen, wie der Architekt lebt, man
kann darnach beliebig viele gleiche Häuser herstellen, wenn das eine zerstört
wurde. Nicht einmal der Architekt selbst kann es vernichten. Selbst nach seinem
Tode kann seine Gedankenform von denen wieder entdeckt werden, die berufen sind
im Gedächtnis der Natur zu lesen. Doch davon wird später die Rede
sein.
Nachdem wir uns nun vor der Vernünftigkeit der Welten um und über
uns überzeugt haben, und im klaren sind über ihre Wirklichkeit, ihre
Dauer und die Nützlichkeit der Erkenntnisse, die sie betreffen, wollen
wir sie nun streng und einzeln prüfen und mit der physischen Welt beginnen.
Chemische
Region der physischen Welt
Nach den Lehren der Rosenkreuzer zerfällt das Weltall in sieben verschiedene
Welten oder Zustände der Materie, wie folgt:
1. Die Welt Gottes.
2. Die Welt der jungfräulichen oder Ur-Geister.
3. Die Welt des göttlichen Geistes.
4. Die Welt des Lebens-Geistes.
5. Die Gedanken-Welt.
6. Die Empfindungs-Welt.
7. Die physische oder Körper-Welt.
Diese Einteilung ist nicht willkürlich, sondern notwendig. Denn der Grundstoff
jeder dieser Welten unterliegt Gesetzen, die, in den anderen wirkungslos sind.
So untersteht zum Beispiel in der physischen Welt die Materie dem Gesetze der
Schwerkraft, der Zusammenziehung und Ausdehnung. In der Empfindungs-Welt gibt
es weder Hitze noch Kälte, die Körper schweben so leicht in die Höhe,
wie sie niedersteigen. Auch Raum und Zeit, die in der physischen Welt bestehen,
verlieren in der Empfindungs-Welt fast allen Einfluss.
Die Materie dieser Welt variiert auch in den Graden ihrer Dichtigkeit. Die physische
Welt ist unter allen sieben die dichteste.
Jede Welt teilt sich wieder in sieben Regionen oder Unterabteilungen. In der
physischen Welt bilden die festen Körper, Flüssigkeiten und Gase die
drei dichteren Unterabteilungen, die restlichen vier sind Äther von verschiedener
Dichtigkeit. In anderen Welten sind ähnliche Unterabteilungen notwendig.
Denn auch die Materie, aus der sie bestehen, ist nicht von gleicher Dichtigkeit.
Man muss noch zwei weitere Unterscheidungen machen. Die drei dichten Unterabteilungen
der physischen Welt, die festen Körper, Flüssigkeiten und Gase, bilden
die so genannte chemische Region. Die Substanz dieser Region ist der Kern jeder
dichten Form.
Auch der Äther ist physischer Stoff. Er ist nicht durchweg gleich, homogen,
wie die materielle Wissenschaft annimmt, sondern besteht in vier verschiedenen
Zuständen. Er ist das Eintrittsmittel für den bewegenden Geist, der
allen Körpern der chemischen Region Lebenskraft verleiht. Die vier feineren
oder ätherischen Unterabteilungen bilden das, was unter dem Namen Äther-Region
bekannt ist.
In der Gedankenwelt sind die drei höheren Unterabteilungen die Basis der
abstrakten Gedanken, sie werden daher mit einem gemeinsamen Namen die Region
der abstrakten Gedanken genannt. Die vier dichteren Unterabteilungen liefern
den Gedankenstoff, in welchen wir unsere Ideen verkörpern und konkret werden
lassen; wir nennen diese vier Unterabteilungen daher die »Region der konkreten
Gedanken«.
Die sorgfältige Betrachtung, die der Geisteswissenschaftler den Erscheinungen
der physischen Welt widmet, schiene überflüssig, wenn nicht der Standpunkt,
von dem aus er sie betrachtet, sich ungemein vom materialistischen unterscheiden
würde. Letzterer erkennt drei Zustände der Materie: den festen, den
flüssigen und den gasförmigen. Alle diese sind chemisch, da sie aus
den chemischen Bestandteilen der Erde bestehen. Aus dieser chemischen Materie
sind alle Körper der Mineralien, Pflanzen und Tiere aufgebaut, daher sind
diese ebenso chemisch, wie die Substanzen, die man allgemein so nennt. Betrachten
wir den Berg oder die Wolke, die seinen Gipfel umhüllt, den Saft der Pflanze
oder das Blut des Tieres, den Spinnenfaden, den Flügel des Schmetterlings
oder die Knochen des Elefanten, die Luft, die wir atmen, oder das Wasser, das
wir trinken - sie sind alle aus denselben chemischen Grundstoffen zusammengesetzt.
Nun fragen wir uns: was ist es, das diese Grundsubstanz zu den unendlichen Verschiedenheiten
der Formen bestimmt, die wir um uns sehen? Es ist der eine Universalgeist, der
sich in der sichtbaren Welt als vier große Lebensströme in verschiedenen
Stadien ihrer Entwicklung äußert. Dieser vierfache geistige Impuls
formt die chemische Materie der Erde in die abwechslungsreichen Formen der vier
Reiche - des Mineralreiches, des Pflanzenreiches, des Tierreiches und des Menschen.
Wenn eine Form ihren Zweck als Ausdrucksträger für die drei höheren
Lebensströme erfüllt hat, lösen die chemischen Kräfte diese
Form so auf, dass die Materie in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt
wird und dadurch verwendungsfähig zum Bauen von neuen Formen werden kann.
Der Geist oder das Leben, das den Stoff zu einem Ausdrucke seiner selbst formt,
ist daher der Materie ebenso fremd wie ein Zimmermann verschieden und persönlich
unabhängig von dem Hause ist, das er sich zu seinen Wohnzwecken erbaut
hat.
Da nun aber alle Mineral-, Pflanzen-, Tier- und Menschenkörper chemisch
sind, müssen sie logischerweise ebenso tot und gefühllos sein, wie
die chemische Masse in ihrem Ur-Zustand, und der Rosenkreuzer behauptet, dass
sie es seien.
Einige Wissenschaftler behaupten, dass jedes Gewebe, ob lebend oder tot, welchem
Reiche es auch angehöre, Gefühl habe. Sie schließen selbst die
Mineralien in ihre Kategorie der empfindenden Dinge ein und bringen als Beweismittel
in ihrem Streite Diagramme von Kraftkurven, die sie durch Untersuchungen erhielten.
Eine andere Gruppe von Forschern lehrt, dass außer dem Gehirne, dem Sitze
des Gefühles, nicht einmal der menschliche Körper Empfindung besitze.
Sie behaupten, es sei das Gehirn und nicht der verletzte Finger, der den Schmerz
empfinde. So ist das Gebäude der Wissenschaft in Teile gespalten, die sich
selbst widerlegen - wie in diesem, so in den meisten anderen Gesichtspunkten.
Jeder hat teilweise recht. Alles hängt davon ab, was wir unter »Gefühl«
verstehen. Wenn wir nur die Erwiderung auf einen Anstoß verstehen, etwa
so, wie der Rücksprung eines aufgeworfenen Gummiballes von der Erde, so
ist es gewiss richtig, sowohl mineralischem als pflanzlichem und Tiergewebe
Gefühl zuzusprechen. Aber wenn wir Vergnügen und Schmerz, Liebe und
Hass, Freude und Kummer meinen, wäre es widersinnig, die niederen Lebensformen
damit begaben zu wollen, wie zum Beispiel abgetrenntes Gewebe oder Mineralien
in ihrem Ur-Zustande oder selbst das Gehirn. Denn solche Gefühle sind nur
der Ausdruck des selbstbewussten unsterblichen Geistes, und das Gehirn ist nur
die Tastatur des wunderbaren Instrumentes, auf dem der menschliche Geist seine
Lebenssymphonie spielt, so wie der Musiker sich auf der Violine ausdrückt.
So wie es Menschen gibt, welche ganz unfähig sind zu verstehen, dass es
höhere Welten geben muss und dass es solche gibt, so gibt es auch andere,
die nach der geringsten Fühlungnahme mit den höheren Welten es sich
zur Gewohnheit machen, unsere physische Welt zu unterschätzen. Diese Haltung
ist genau so unkorrekt wie die des Materialisten. Die großen und weisen
Wesen, die berufen sind, den Willen und die Absicht Gottes zu erfüllen,
setzen uns in diese irdische Umgebung, damit wir große und wichtige Lehren
lernen, die unter keinen anderen Umständen erlernt werden können.
Es ist unsere Pflicht, nach besten Kräften unsere Kenntnisse von den höheren
Welten anzuwenden, um die Lehren, die uns diese physische Welt bietet, zu beherzigen.
In gewissem Sinne ist die physische Welt eine Art Vorschule
oder
Experimentierstation, damit wir lernen, in den anderen Welten
richtig zu arbeiten. Diese Lehren werden uns zuteil, ob wir von der Existenz
der anderen Welten wissen oder nicht, ein Beweis für die große Weisheit
der Schöpfer, die diesen Plan entworfen haben. Hätten wir keine anderen
Erkenntnisse, als die über die höheren Welten, so würden wir
viele Fehler begehen, die erst dann sichtbar würden, wenn wir zur Probe
in irdische Verhältnisse gebracht würden. Folgendes zur Erläuterung:
Stellen wir uns einen Erfinder vor, der seine Idee zu einer Maschine ausarbeitet.
Erst erbaut er die Maschine, in Gedanken, sein Intellekt sieht sie vollständig
und an der Arbeit, ihre Leistungen befriedigen ihn aufs höchste. Nun macht
er eine Zeichnung des Entwurfes und findet dabei vielleicht, dass Abänderungen
seines Gedankenplanes notwendig sind. Wenn er dann durch die Zeichnung von der
Ausführbarkeit seines Planes überzeugt wurde, geht er daran, die Maschine
aus passendem Material herzustellen.
Es ist fast gewiss, dass noch weitere Abänderungen nötig sein werden,
damit die Maschine wie beabsichtigt arbeitet. Vielleicht muss sie ganz umgeformt
werden; oder sie ist überhaupt unbenutzbar, so dass sie weggeworfen werden
muss und ein ganz neuer Plan ausgearbeitet wird. Nun ist folgendes festzuhalten,
denn das ist der springende Punkt: Der neue Plan wird zu dem Zweck ausgearbeitet,
die Fehler der nutzlosen Maschine auszumerzen. Ohne die Herstellung der Maschine
aus Material, wodurch die Feh¬ler des ersten Entwurfes offenbar wurden,
wäre nie eine zweite, richtige Idee entstanden.
Das lässt sich ebenso auf alle anderen Lebensgebiete anwenden: auf soziale,
wirtschaftliche, als auch auf philantro¬pische. Viele Pläne erscheinen
ihren Erfindern ausgezeichnet und können sogar auf dem Papier gut aussehen,
versagen aber, sobald man sie verwirklichen will. Das darf uns nicht entmutigen.
Denn es ist wahr, dass wir »aus unseren Fehlern mehr lernen als aus unseren
Erfolgen«. Der richtige Standpunkt ist, unsere physische Welt als eine
Schule wertvoller Erfahrungen zu betrachten, in der wir Lehren von der größten
Wichtigkeit zu lernen haben.
Die
Äther-Region der physischen Welt
Sobald wir dieses Reich der Natur betreten, sind wir in der unsichtbaren, untastbaren
Welt. Hier verlassen uns unsere gewöhnlichen Sinne, darum ist dieser Teil
der physischen Welt der materialistischen Wissenschaft durch Versuche nicht
zu erschließen.
Die Luft ist unsichtbar, und doch weiß die moderne Wissenschaft, dass
sie vorhanden ist. Ihre Bewegung als Wind, kann durch Instrumente gemessen werden.
Durch Druck kann sie uns als Flüssigkeit sichtbar gemacht werden, Äther
jedoch ist nicht so leicht fassbar. Die materialistische Wissenschaft stützt
sich auf ihn, um die Übertra¬gung der Elektrizität mit oder ohne
Draht zu erklären. Sie muss notgedrungen einen Stoff annehmen, der feiner
ist als die bekannten, und sie nennt diesen Stoff «Äther».
Sie weiß tatsächlich nicht, dass der Äther besteht, denn kein
Genie eines Erfinders hat bisher vermocht, ein Gefäß zu entwerfen,
in das er diesen Stoff einschließen könnte, der zu schlau für
den »Hexenmeister des Laboratoriums« ist. Er kann ihn weder messen
noch wägen, noch in irgendeiner Weise analysieren, denn kein Apparat steht
ihm gegenwärtig dazu zur Verfügung.
Wahrlich, die Errungenschaften der modernen Wissenschaft sind wirklich bewundernswert.
Aber der beste Weg, der Natur ihre Geheimnisse abzuringen, ist nicht der, Instrumente
zu erfinden, sondern den Forscher selbst zu fördern. Der Mensch hat Kräfte
in sich, die die Entfernung ausschalten und durch die die Winzigkeit der Gegenstände
kein Hindernis zu deren Erforschung ist. Sie übertreffen Teleskop und Mikroskop
unendlich mehr als diese das freie Auge. Diese Sinne oder Fähigkeiten sind
Forschungsmittel des Esoterikers. Sie sind sein »Sesam öffne dich«
auf der Suche nach Wahrheit.
Der geübte Hellseher kann den Äther ebenso ertasten, wie die Allgemeinheit
der Menschen die festen, flüssigen und gasförmigen Stoffe der chemischen
Region. Er sieht, dass die Lebenskräfte, die den mineralischen Körpern
der Pflanzen, Tiere und Menschen Leben verleihen, in diese Formen mit Hilfe
der vier Äther-Zustände fluten. Die Namen und besonderen Funktionen
dieser vier Ätherarten sind folgende:
1
. Der chemische Äther
Dieser Äther ist in seiner Manifestation sowohl positiv als negativ. Die
Kräfte, die die Stoffaufnahme und -ausscheidung verursachen, wirken durch
ihn. Die- Aufnahme ist der Vorgang, durch den die verschiedenen ernährenden
Elemente der Nahrung dem Körper der Pflanzen, Tiere und Menschen einverleibt
werden. Das geht durch Kräfte vor sich, die wir noch später kennen
lernen werden. Sie wirken längs des positiven Poles des chemischen Äthers
und ziehen die notwendigen Elemente an, um sie in die betreffenden Formen zu
bringen. Diese Kräfte arbeiten weder blind noch mechanisch, sondern nach
wohldurchdachter Wahl, die der Wissenschaftler gut aus ihren Wirkungen kennt,
und erfüllen damit ihren Zweck, den Körper aufzubauen und zu erhalten.
Die Ausscheidung geht durch Kräfte derselben Art vor sich, diese aber arbeiten
längs des negativen Poles des chemischen Äthers. Mit Hilfe dieses
Poles scheiden sie aus dem Körper aus, was zu seinem Gebrauch untauglich
ist oder auch ausgediente Bestandteile, die die Zeit ihrer Nutzbar keit im Körper
überlebt haben und nun entfernt werden müssen. Auch dieser Vorgang
ist, wie alle anderen, die nicht vom menschlichen Willen abhängig sind,
weise; er arbeitet nach genauer Wahl und auf keinen Fall mechanisch. Die Nieren
zum Beispiel filtrieren den Urin nur dann, wenn diese Organe gesund sind; sind
sie jedoch erkrankt, so lassen sie das wertvolle Eiweiß mit dem Urin entweichen
und treffen die richtige Auslese nicht, weil sie in einem anomalen Zustande
sind:
2. Lebens-Äther.
So wie der chemische Äther die Bahn ist, durch die die Kräfte zur
Erhaltung der individuellen Form wirken, wirksam werden, so ist der Lebens-Äther
die Bahn für die Tätigkeit der arterhaltenden Kräfte - für
die Kräfte der Fortpflanzung.
Auch der Lebens-Äther hat, wie der chemische Äther, seinen positiven
und seinen negativen Pol. Die Kräfte, die entlang des positiven Poles wirken,
sind jene, die im Weibe während der Schwangerschaft tätig sind. Sie
ermöglichen ihm die positive, aktive Arbeit des Hervorbringens eines neuen
Wesens. Andrerseits ermöglichen die Kräfte, die entlang des negativen
Poles des Lebensäthers wirken, den männlichen Individuen Samen hervorzubringen.
Die Kräfte, die längs des positiven Poles im befruchteten menschlichen
oder tierischen Ei oder im Samen der Pflan zen wirksam sind, bringen männliche
Individuen - Tiere oder Pflanzen - hervor; die Kräfte hingegen, die sich
längs des negativen Poles äußern, erzeugen weibliche.
3. Licht-Äther.
Dieser Äther ist ebenfalls positiv und negativ. Die Kräfte, die längs
des positiven Poles arbeiten, erzeugen in den höher organisierten Tierarten
und im Menschen die Blutwärme, die sie zu individuellen Wärmequellen
macht. Die Kräfte, die längs des negativen Poles des Licht-Äthers
wirken, sind jene, die durch die Sinne der Tierarten und im Menschen tätig
sind, sich äußernd als passive Funk¬tionen des Sehens, Hörens,
Tastens, Schmeckens und Rie¬chens. Sie erbauen und ernähren auch das
Auge.
Bei den Tieren mit kaltem Blut ist. der positive Pol die Bahn der blutantreibenden
Kräfte, und die negativen Kräfte haben dieselbe Aufgabe bezüglich
des Auges, wie die negativen bei den höheren Tieren und den Menschen. Wo
Augen fehlen, erbauen oder ernähren die im negativen Pole arbeitenden Ätherkräfte
wahrscheinlich andere Sinnesorgane, wie sie es bei allen Wesen tun, die Sinnesorgane
haben.
Bei Pflanzen rufen die Kräfte, die längs des positiven Poles des Licht-Äthers
arbeiten, den Umlauf der Säfte hervor. Daher hört im Winter, wenn
der Licht-Äther nicht so mit Sonnenlicht geladen ist, wie im Sommer, der
Saft zu fließen auf, bis die Sommersonne den Licht-Äther wieder mit,
seiner Kraft belehnt. Die Kräfte längs des negativen Poles setzen
das Chlorophyll ab und färben auch die Blumen. Alle Farbe in allen Reichen
der Natur wird durch Ver¬mittlung des negativen Poles des Licht-Äthers
verliehen. Darum haben Tiere die tiefste Farbe auf dem Rücken, und Pflanzen
sind auf der dem Licht zugewandten Seite am sattesten gefärbt. In den Polarregionen
der Erde, in denen die Sonnenstrahlen an Lichtkraft abnehmen, werden alle Farben
lichter und sind in manchen Fällen so dürftig verteilt, dass sie im
Winter völlig verschwinden und die Tiere weiß werden.
4. Rückstrahlender
Äther.
Früher haben wir festgestellt, dass die Idee vom Hause, welche im Intellekte
existiert hat, wieder im Gedächtnis der Natur aufgefunden werden kann,
sogar nach dem Tode des Architekten. Alles, was sich jemals ereignete, lässt
im rückstrahlenden Äther ein unauslöschliches Bild zurück.
Die Riesenfarnkräuter aus der Urzeit der Erde haben ihr Bild in den Kohlenlagern
zurückgelassen, die Bewegungen der Gletscher in vergangenen Tagen können
aus den Spuren bemessen werden, die sie in den Felsen längs ihres Weges
zurückgelassen haben. Ebenso unauslöschlich sind die Gedanken und
Taten der Menschen im rückstrahlenden Äther verzeichnet, und der geübte
Seher kann ihre Geschichte mit der Genauigkeit lesen, welche seiner Fähigkeit
entspricht.
Der rückstrahlende Äther verdient seinen Namen in mehr als einer Hinsicht,
denn die darin enthaltenen Bilder sind nur Rückstrahlungen aus dem Gedächtnis
der Natur. Das wirkliche Gedächtnis der Natur ist in einer viel höheren
Welt zu finden. Kein gründlich geübter Hellseher kümmert sich
um das Lesen im rückstrahlenden Äther, denn im Vergleich mit der höheren
Welt, sind sie verwischt und undeutlich. Jene, die im rückstrahlenden Äther
lesen, haben gewöhnlich keine Wahl, denn meist wissen sie nicht worin sie
lesen. In der Regel beziehen gewöhnliche Hellseher und Medien ihre Kenntnisse
durch den rückstrahlenden Äther. Auch der Schüler auf den ersten
Stufen der esoterischen Schulung liest in geringem Maße aus dem rückstrahlenden
Äther. Aber sein Lehrer macht ihn aufmerksam, dass dieser Äther zur
Erlangung vollkommen richtiger Belehrungen unzureichend ist, und dann zieht
er nicht so leicht falsche Schlüsse.
Dieser Äther ist es auch, durch den die Gedanken einen Eindruck auf das
menschliche Gehirn hervorrufen. Er hängt mit der vierten Unterabteilung
der Gedanken-Welt aufs innigste zusammen. Diese ist die höchste der vier
Unterabteilungen der Region der konkreten Gedanken; sie ist die Heimat des menschlichen
Intellektes. Dort findet man eine viel klarere Wiedergabe des Gedächtnisses
der Natur als im rückstrahlenden Äther.
Die
Empfindungs-Welt
Wie die physische Welt und jedes andere der Natur-Reiche, zerfällt auch
die Empfindungs-Welt in sieben Unterabteilungen oder Regionen, aber entgegen
der physischen Welt hat sie nicht die Zweiteilung ähnlich der chemischen
und der Ätherzone. Als Material für die Verkörperung der Empfindungen
finden wir in allen sieben Regionen oder Unterabteilungen den Empfindungs-Stoff.
Gleich wie die chemische Region das Reich der Formen ist und die Äther-Region
die Heimat der Kräfte, die die Lebenstätigkeiten in diesen Formen
antreiben, sie beleben, bewegen und fortpflanzen, so wirken die Kräfte
in der Empfindungs-Welt auf den belebten dichten Körper und veranlassen
ihn, sich in dieser oder jener Richtung zu bewegen.
Wenn nur die Tätigkeiten der chemischen und der Äther-Region der physischen
Welt vorhanden wären, so hätten wir Körper, die Leben haben und
sich bewegen können, die aber keinen Antrieb haben, es zu tun. Diesen Antrieb
veranlassen die kosmischen Kräfte, die in der Welt der Empfindungen wirken.
Ohne diesen Antrieb, der jede Fiber des belebten Körpers durchdringt und
Tätigkeit nach dieser oder jener Richtung fordert, könnten wir weder
Erfahrungen sammeln, noch moralisch wachsen. Wohl würden die Fähigkeiten
der verschiedenen Ätherarten für das körperliche Wachstum sorgen,
doch am moralischen Wachstum würde es vollständig fehlen. Die Entwicklung
würde zur Unmöglichkeit, sowohl die der Form, wie die des Lebens,
denn die Entwicklung der Formen zu höheren Stufen geschieht nur entsprechend
der Erlangung geistigen Wachstumes. Aus diesem ersehen wir gleichzeitig die
große Wichtigkeit dieses Naturreiches.
Begierden, Wünsche, Leidenschaften und Gefühle drücken sich in
der Materie der verschiedenen Regionen der Empfindungs-Welt ebenso aus, wie
Form und Gestalt in der chemischen Region der physischen Welt. Sie nehmen Formen
an, welche länger oder kürzer andauern, je nach der Intensität
der darin verkörperten Empfindung. In der Empfindungs-Welt. tritt der Unterschied
zwischen Kraft und Materie nicht so begrenzt und offenbar hervor, wie in der
physischen Welt. Fast könnte man sagen, dass hier die Ideen der Kraft und
des Stoffes sich decken oder wechselseitig sind. Es ist nicht ganz so, doch
kann man immerhin behaupten, dass die Empfindungs-Welt aus Kraft-Stoff bestehe.
Wenn wir von der Materie der Empfindungs-Welt sprechen, so müssen wir zugeben,
dass sie einen Grad weniger dicht ist, als der Stoff der physischen Welt. Aber
es ist vollständig falsch zu glauben, sie sei feinerer physischer Stoff.
Das ist eine völlig irrige Ansicht, obwohl sie von vielen vertreten wird,
die sich mit okkulten Philosophien beschäftigt haben. Der falsche Eindruck
wird hauptsächlich hervorgerufen durch die Schwierigkeit, eine so vollständige
und genaue Beschreibung zu geben, wie sie für das durchdringende Verständnis
der höheren Welten erforderlich wäre. Leider nimmt unsere Sprache
ihre Ausdrücke aus der Körperwelt und ist daher völlig ungeeignet,
Zustände der überphysischen Reiche wiederzugeben. Alles, was über
diese Reiche gesagt wird, muss als Versuch, als Gleichnis, weniger aber als
wirkliche Beschreibung aufgefasst werden.
Obwohl der Berg und das Gänseblümchen, der Mensch, das Pferd und ein
Stück Eisen aus einer und derselben atomischen Ur-Substanz zusammengesetzt
sind, können wir nicht sagen, dass das Gänseblümchen eine feinere
Form des Eisens sei. Ebenso unmöglich ist es in Worten den Wechsel oder
den Unterschied zu erklären, der eintritt, wenn physischer Stoff in Empfindungsstoff
übergeführt wird. Wenn kein Unterschied bestünde, so würde
die letztere den Gesetzen der physischen Welt unterliegen, und das ist nicht
der Fall.
Das Gesetz der Materie in der chemischen Region ist Trägheit - das Bestreben,
im status quo zu bleiben. Eine gewisse Kraft ist erforderlich, um die Trägheit
zu überwin¬den und einen Körper, der ruht, zur Bewegung und einen
sich bewegenden Körper zur Ruhe zu bringen. Anders mit dem Stoffe der Empfindungs-Welt;
hier lebt der Stoff beinahe selbst. Er ist in unaufhörlicher Bewegung,
in beständigem Fluss und nimmt alle vorstellbaren und nicht vorstellbaren
Formen mit einer Leichtigkeit und Schnelligkeit an, die sich der Beobachtung
entzieht. Gleichzeitig funkelt und schimmert er in tausend immer wechselnden
Farben, die sich mit nichts vergleichen lassen, was je in unser physisches Bewusstsein
eindrang. Einen schwachen Abglanz der Tätigkeit und der Farbenerscheinungen
von der Materie der Empfindungs-Welt gewinnen wir, wenn wir eine Perlmutterschale
in die Sonne halten und hin- und herbewegen.
Das ist das Charakteristikum der Empfindungs-Welt - immer wechselndes Licht
und Farbe -, in dem sich die Kräfte der Tiere und Menschen mit den Kräften
ungezählter Hierarchien von geistigen Wesen vermengen, die in unserer physischen
Welt nicht in Erscheinung treten, aber dort ebenso tätig sind wie wir hier.
Einige davon sollen später erwähnt werden. Ihre Verbindung mit der
menschlichen Entwicklung wird ebenfalls beschrieben werden.
Die Kräfte, die von den großen, verschiedenartigen Scharen von Wesen
ausgehen, formen die immer veränderliche Materie der Empfindungs-Welt in
unzählige und verschiedene Formen von größerer oder geringerer
Dauer, entsprechend der treibenden Energie des Impulses, dem sie ihr Dasein
verdankten.
Schon aus dieser flüchtigen Beschreibung ersieht man, wie schwer es dem
Neophyten (Neuling), dessen geistiges Auge eben geöffnet wurde, werden
mag, in der Empfindungs-Welt sein Gleichgewicht zu finden. Der geübte Hellseher
hört bald auf, sich über die unmöglichsten Beschreibungen zu
wundern, die die Medien liefern. Sie mögen vollkommen ehrlich sein, aber
die Möglichkeiten sich zu irren, sind so zahllos und so schwierig, dass
man sich wirklich wun¬dern kann, wenn sie irgendetwas richtig vermitteln.
Wir alle mussten als kleine Kinder sehen lernen und können das heute noch
an einem Säugling beobachten, denn das Kleine greift nach den Dingen im
Zimmer, nach denen über der Strasse oder auch nach dem Mond. Es ist ihm
völlig unmöglich, Entfernungen abzuschätzen. Wir können
auch bemerken, dass der sehend gewordene Blinde anfangs oftmals die Augen schließt,
um von einem Orte zum andern zu gelangen, wobei er, bevor er gelernt hat seine
Augen zu gebrauchen, behauptet, es sei viel leichter sich tastend vorwärts
zu bewegen. So muss auch der, dessen innere Organe der Wahrnehmung geöffnet
wurden, sich erst üben im Gebrauch seiner neu erworbenen Fähigkeiten.
So wird der Neophyt anfänglich die durch seine Erfahrung in der physischen
Welt erworbenen Kenntnisse auf die Empfindungs-Welt anwenden, weil er deren
eigene Gesetze noch nicht kennen gelernt hat. Das wird zur Quelle zahlloser
Störungen und Verwicklungen. Ehe er verstehen lernt, muss er wie ein kleines
Kind werden, das sein Wissen ohne Bezug auf vorhergehende Erfahrungen einsog.
Um zu einem korrekten Verständnis der Empfindungs-Welt zu gelangen, muss
man sich dessen bewusst werden, dass sie die Welt der Gefühle, der Wünsche
und der Erregungen ist. Sie alle stehen unter der Herrschaft zweier großer
Kräfte: der Anziehung und der Abstoßung, die in den drei dichteren
Regionen der Empfindungswelt in anderer Art tätig sind, als in den drei
höheren oder oberen Regionen, während die mittlere neutraler Grund
genannt werden kann.
Diese mittlere Region ist die Region des Gefühls. Hier neigt das Interesse
für oder die Gleichgültigkeit gegen einen Gegenstand oder eine Idee
die Waage zugunsten einer der beiden vorerwähnten Kräfte und versetzt
den Gegenstand oder die Idee in die drei höheren oder in die drei niederen
Regionen der Empfindungs-Welt, oder aber sie schalten sie aus. Wir werden sehen,
wie das vor sich geht.
In der feinsten und besonderen Substanz der drei höheren Regionen der Empfindungs-Welt
hat die Anziehung die Alleinherrschaft, aber sie ist auch in gewissem Grade
in der dichteren Materie der drei unteren Regionen vorhanden und wirkt dort
der Abstoßungskraft entgegen, die in diesen Unterabteilungen vorherrscht.
Die auflösende Kraft der Abstoßung würde bald jede Form zerstören,
die in diese drei niederen Regionen käme, wenn ihr nicht auf diese Weise
entgegengewirkt würde. In der dichtesten oder nie¬dersten Region, wo
sie am stärksten ist, reißt und schüttelt sie die hier erbauten
Formen, dass es grauenhaft anzusehen ist, und dennoch ist sie keine vandalische
Kraft. Nichts in der Natur ist vandalisch. Selbst was so zu sein scheint, arbeitet
nur dem Guten in die Hand. So auch diese Kraft in der untersten Region der Empfindungs-Welt.
Hier sind die Körper dämonische Schöpfungen, geschaffen von den
gröbsten Leidenschaften und Begierden von Mensch und Tier.
Jede Form der Empfindungs-Welt hat die Tendenz, alles Gleichartige anzuziehen
und dadurch zu wachsen. Wenn diese Tendenz der Anziehung in den niedersten Regionen
vorherrschen würde, so wüchse das Böse wie Unkraut. Im Kosmos
würde statt der Ordnung die Anarchie das Szepter schwingen. Dem kommt die
überlegene Kraft der Abstoßung in dieser Region zuvor. Wenn eine
grobe Empfindungs¬form durch eine andere gleichartige angezogen wird, entsteht
eine Disharmonie in ihren Vibrationen, wodurch einer auf den anderen vernichtend
wirkt. Statt dass das Übel sich mit Übel eint und vermischt, wirken
sie gegenseitig mit zerstörender Gewalt, und so wird das Böse in der
Welt in vernünftigen Grenzen gehalten. Wenn wir die Arbeit dieser Zwillingskräfte
so auffassen, verstehen wir den esoterischen Grundsatz: »In der Empfindungs-Welt
ist eine Lüge sowohl Mord wie Selbstmord.«
Alles, was sich in der physischen Welt ereignet, wirft einen Reflex in alle
andere Reiche der Natur und baut sich, wie wir gesehen haben, seine geeignete
Form in der Empfindungs-Welt. Sobald ein wahrer Bericht des Geschehenen gegeben
wird, erbaut er sich eine neue Form, die der ersten vollkommen gleicht. Sie
ziehen sich an, verschmelzen und stärken einander. Wenn nun ein unwahrer
Bericht gegeben wird, so entsteht eine von der wahren Grundform verschiedene
und ihr feindliche Form. Weil sie mit demselben Ereignis zu tun haben, werden
sie zusammengezogen, aber weil ihre Vibrationen verschieden sind, wirken sie
gegenseitig zerstörend. Darum können schlechte, boshafte Lügen
alles Gute töten, wenn sie mit gehöriger Kraft und oft genug wiederholt
werden. Umgekehrt wird das Suchen nach dem Guten im Bösen mit der Zeit
das Böse in Gutes verwandeln. Wenn die Form, die erbaut ist, um das Böse
zu verringern, schwach ist, bleibt sie wirkungslos und wird durch die böse
Form zerstört. Ist sie stark und wird sie oft genug wiederholt, so wird
sie die böse Form erfolgreich zerstören und die gute an ihre Stelle
setzen. Man merke sich wohl, dass dieser Erfolg nicht durch Lügen erzielt
wird, auch nicht durch Verneinen des Bösen, sondern dadurch, dass man das
Gute aufsucht. Der esoterische Wissenschaftler wendet dieses Prinzip - in allen
Dingen nach dem Guten zu suchen -sehr gewissenhaft an, denn er weiß, mit
welcher Kraft das Böse dadurch niedergehalten wird.
Es gibt eine Legende von Jesus, die diesen Punkt beleuchtet. Als der Herr einst
mit seinen Jüngern wanderte, kamen sie an dem verwesenden übelriechenden
Leichnam eines Hundes vorüber. Die Jünger wandten sich mit Widerwillen
ab und entsetzten sich vor dem ekelerregenden Anblicke, aber Jesus blickte auf
den Leichnam und sagte: »Perlen sind nicht weißer als seine Zähne.«
Er war entschlossen, das Gute zu finden, denn er erkannte die wohltätige
Wirkung in der Empfindungs-Welt, wenn er ihm Ausdruck verlieh.
1. Region der Leidenschaften und sinnlichen Begierden
Die niederste Region der Empfindungs-Welt wird die »Region der Leidenschaften
und sinnlichen Begierden« genannt.
2.
Region der Eindrucksfähigkeit
Für die zweite Region ist der treffendste Name »Region der Eindrucksfähigkeit«.
Hier gleichen sich die Wirkungen der Zwillingskräfte: Anziehung und Abstoßung
gerade aus. Diese Region ist neutral, daher sind alle unsere Eindrücke,
deren Stoff dieser Region entlehnt ist, neutral. Nur wenn die Zwillingsgefühle,
denen wir in der vierten Region begegnen werden, zur Tätigkeit gelangen,
kommen die Zwillingskräfte ins Spiel. Aber der bloße Eindruck irgendwelcher
Art ist vom Gefühl, das er hervorruft, vollständig zu trennen. Der
Eindruck ist neutral und eine Tätigkeit, die der zweiten Region der Empfindungs-Welt
entspringt. Dort formen sich Bilder durch die Kraft der Sinnes-Wahrnehmungen
im Lebens-Leib des Menschen.
3. Region der Wünsche
In der dritten Region der Empfindungs-Welt hat die aufbauende, zusammenziehende
Anziehungskraft bereits die Oberherrschaft über die Abstoßungskraft
mit ihren zerstörenden Absichten gewonnen. Wenn wir begreifen, dass der
springende Punkt in der Wirkung der Abstoßung die Selbstbehauptung ist,
ein Verdrängen alles anderen, um für sich Raum zu gewinnen, so verstehen
wir auch, dass sie einer Begierde nach anderen Dingen sehr leicht nachgibt,
so dass die Stoffmasse der dritten Region der Empfindungs-Welt hauptsächlich
durch die Kraft der selbstsüchtigen Anziehung anderer Dinge beherrscht
wird. Darum ist diese Region die »Region der Wünsche«.
Die Region der groben Begierden kann mit der festen Region der physischen Welt
verglichen werden; die Re¬gion der Eindrucksfähigkeit mit der flüssigen
und die schwankende, schwindende Region der Wünsche mit der gasförmigen
Region der physischen Welt. Diese drei Regio¬nen geben die Substanzen für
die Formen, die sich zu unserer Erfahrung, unserem Seelenwachstum und unserer
Entwicklung bilden, die das vollständig Zerstörende aus¬scheiden
und das Material zurückbehalten, was für den Fortschritt verwendbar
ist.
4. Region der Gefühle
Die vierte Region der Empfindungs-Welt ist die «Region der Gefühle».
Hier entspringen die Gefühle, die die bereits beschriebenen Formen betreffen.
Von den Gefühlen, die hier erzeugt werden, hängt es ab, wie weit diese
Formen für uns lebendig und wirksam sind. Es ist auf dieser Stufe nicht
wichtig, ob die Gegenstände und Ideen an und für sich gut sind. Es
ist unser eigenes Gefühl, des Interesses oder der Gleichgültigkeit,
das zum bestimmenden Faktor wird für das Schicksal des Gegenstandes oder
der Idee.
Wenn das Gefühl, mit dem wir dem Eindruck eines Gegenstandes oder einer
Idee begegnen, Interesse ist, so hat es dieselbe Wirkung auf den Eindruck, wie
auf die Pflanze das Sonnenlicht und die Luft. Eine solche Idee wächst und
gedeiht in unserem Leben. Begegnen wir hingegen einem Eindruck oder einer Idee
mit Gleichgültigkeit, so welken sie dahin wie die Pflanze in einem dunklen
Keller.
Daher kommt aus dieser Mittelregion der Empfindungs-Welt der Impuls zu Handlungen
oder die Entscheidung, sich von ihnen zu enthalten (letzteres ist im Sinne der
Geisteswissenschaftler gleichwohl auch Handlung). Denn auf unserer gegenwärtigen
Entwicklungsstufe sind die Zwillingsgefühle Interesse und Gleichgültigkeit
der Anstoß zu den Handlungen und die Federn, die die Welt bewegen. Auf
späteren Stufen werden diese Gefühle jeden Einfluss verlieren. Denn
dann wird der entscheidende Faktor das Pflichtbewusstsein werden.
Das Interesse setzt die Kräfte der Anziehung und Abstoßung in Bewegung.
Die Gleichgültigkeit aber verursacht das Hinwelken des Gegenstandes oder
der Idee, auf welche sie gerichtet ist, soweit es unsere Beziehung zu ihr betrifft.
Wenn unser Interesse an einem Gegenstand oder einer Idee die Kraft der Abstoßung
hervorruft, so sind wir natürlich bestrebt, aus unserem Leben alles zu
entfernen, was mit dem betreffenden Gegenstande oder der Idee zusammenhängt.
Zwischen der Tätigkeit der Abstoßung und dem bloßen Gefühl
der Gleichgültigkeit besteht jedoch ein großer Unterschied. Vielleicht
erklärt ein Beispiel die Tätigkeit der Zwillingsgefühle und der
Zwillingskräfte deutlicher.
Drei Männer gehen eine Straße entlang. Sie sehen einen kranken Hund.
Er ist mit Schwären bedeckt und leidet sichtbar unter Qualen und Durst.
Das nehmen alle drei Männer durch ihre Sinne wahr. Nun kommt das Gefühl
dazu. Zwei «interessieren» sich für das Tier, den dritten »lässt
es gleichgültig«. Er geht vorüber und überlässt den
Hund seinem Schicksal. Die anderen beiden bleiben zurück. Sie interessieren
sich beide, aber ihr Interesse äußert sich auf verschiedene Weise.
Der eine Mann hegt ein sympathisches, hilfreiches Interesse, das ihn veranlasst,
sich um das arme Tier zu kümmern, seine Schmerzen zu stillen und es gesund
zu pflegen. In ihm hat das Gefühl des Interesses die Kraft der Anziehung
wachgerufen. Das Interesse des anderen Mannes ist von anderer Art. Er sieht
nur ein Bild, das ihm widerwärtig ist und wünscht, sich und die Welt
so schnell als möglich davon zu befreien. Er rät, das Tier sofort
zu töten und zu begraben. In ihm hat das Gefühl des Interesses die
zerstörende Kraft der Abstoßung wachgerufen.
Wenn das Gefühl des Interesses die Anziehungskraft wachruft und auf niedere
Gegenstände und Begierden gerichtet ist, so wirken sich diese in den niederen
Regionen der Empfindungs-Welt aus, in denen, wie früher beschrieben wurde,
die entgegenwirkende Kraft der Abstoßung tätig ist. Aus dem Kampf
der Zwillingskräfte: Anziehung und Abstoßung, entstehen alle die
Schmerzen und Leiden, die an unrechte oder missleitete Bemühungen geknüpft
sind, mögen sie beabsichtigt sein oder nicht.
Daraus ersehen wir, wie äußerst wichtig das Gefühl ist, das
wir in Bezug auf irgendetwas haben. Denn es erzeugt die Natur der Atmosphäre,
die wir uns selbst schaffen. Lieben wir das Gute, so erhalten und ernähren
wir als Schutzengel alles, was gut um uns ist. Im anderen Falle bevölkern
wir unseren Weg mit Dämonen unserer eigenen Schöpfung.
Die Namen der drei höheren Regionen der Empfindungs-Welt sind: »Region
des Seelen-Lebens«, »Region
des Seelen-Lichtes« und »Region
der Seelen-Kraft«. In diesen wohnen: Kunst, Nächstenliebe,
Menschenfreundlichkeit und alle Tätigkeiten des höheren Seelen-Lebens.
Wenn wir uns diese Regionen als solche denken, welche jene Eigenschaften, auf
die ihre Benennungen hinweisen, in die Formen der drei niederen Regionen ausstrahlen,
so verstehen wir richtig die höheren und niederen Tätigkeiten. Immerhin
kann Seelen-Kraft zeitweilig für schlechte Zwecke ebenso gut angewandt
werden, wie für gute, doch dann tritt die Abstoßungskraft in Tätigkeit
und zerstört das Laster, während die Anziehung auf seinen zertrümmerten
Ruinen die Tugend aufbaut. Im letzten Grunde arbeiten alle Dinge gemeinschaftlich
am Guten.
Die physische und die Empfindungs-Welt sind voneinander nicht
räumlich getrennt. Sie sind enger verbunden als »Hände
und Füße«. Weder um von einer Welt in die andere, noch
um von einer Region in die andere zu gelangen, braucht man sich von der Stelle
zu bewegen. Gerade so, wie in unseren Körpern feste Körper, Flüssigkeiten
und Gase vereint sind und einander durchdringen, verhält es sich auch mit
den verschiedenen Regionen der Empfindungs-Welt. Wieder können wir die
Kraftlinien, längs derer sich die Eiskristalle im Wasser bilden, mit den
unsichtbaren, in der Empfindungs-Welt entstehenden Ursachen vergleichen, die
in der physischen Welt in Erscheinung treten und uns den Anstoß zum Handeln
nach irgend einer Richtung geben.
Die Empfindungs-Welt mit ihren unzähligen Bewohnern durchdringt die physische
Welt, wie die Kraft-Linien das Wasser - unsichtbar aber allgegenwärtig
und mächtig als die Ursache allen Geschehens in der physischen Welt.
Die
Gedanken-Welt
Auch die Gedanken-Welt besteht aus sieben Regionen von verschiedener Eigenschaft
und Dichtigkeit und sie zerfällt, wie die physische Welt, in zwei Hauptabteilungen:
die Region der konkreten Gedanken, die die vier dichtesten Regionen umfasst,
und die Region der abstrakten Gedanken, die die drei Regionen der feinsten Substanz
umfasst. Die Gedanken-Welt ist die mittlere der fünf Welten, aus denen
der Mensch die Träger (Vehikel) seines Ego erhält.
Hier begegnen sich Körper und Geist. Sie ist auch die höchste der
drei Welten, in denen die gegenwärtige menschliche Entwicklung vor sich
geht; während die zwei noch höheren Welten für uns Menschen praktisch
noch nicht in Betracht kommen.
Wir wissen nun bereits, dass die Stoffe der chemischen Region zum Aufbau aller
physischen Formen verwendet werden. Diesen Formen wird durch die in den vier
Äther-Regionen wirkenden Kräfte Leben und die Kraft der Bewegung gegeben
und einige dieser belebten Formen werden durch die Zwillingsgefühle der
Empfindungs-Welt zur Tätigkeit angeregt. Die Region der konkreten Gedanken
liefert den Gedankenstoff, worin sich die in der Region der abstrakten Gedanken
entstandenen Ideen in Gedankenformen kleiden, um als Regulatoren und Balance-Räder
die Impulse zu regeln, die in der Empfindungs-Welt durch Eindrücke aus
der physischen Welt erzeugt werden.
Gott
So sehen wir, wie die drei Welten, in denen der Mensch sich jetzt entwickelt,
einander ergänzen und ein Ganzes bilden, das die erhabene Weisheit des
großen Baumeisters des Systemes offenbart, dem wir angehören. Diesen
Baumeister ehren wir in dem heiligen Namen »Gott«.
Fassen wir die verschiedenen Einteilungen der
Region der konkreten Gedanken einzeln ins Auge, so finden wir
in der niedersten, »Kontinentale Region«
genannten Abteilung, die Ur-Typen der physischen
Formen, ohne Unterschied, welchem Reiche sie angehören. In dieser kontinentalen
Region sind auch die Ur-Typen der Erdteile und Inseln unserer Welt; ihre äußere
Form entspricht diesen Ur-Typen. Veränderungen in der Erdrinde müssen
in der kontinentalen Region vorgezeichnet werden. Erst wenn das Ur-Modell verändert
worden ist, können die Intelligenzen, die wir, um unsere Unwissenheit zu
verbergen, »Naturgesetze« nennen - die physischen Bedingungen hervorrufen,
die die physischen Züge der Erde, entsprechend jenen Abänderungen
umgestalten, so wie es die mit der Evolution betrauten Hierarchien vorgezeichnet
haben. Diese planen ebenso Veränderungen, wie sie der Architekt bei einem
Ge¬bäude plant, bevor die Werkleute ihm seine konkrete Form geben.
Ebenso sind die Umgestaltungen der Flora und Fauna den Metamorphosen in den
sie betreffenden Ur-Typen zu verdanken.
Wenn wir von Ur-Typen der verschiedenen Formen der physischen Welt sprechen,
dürfen wir nicht glauben, dass diese Ur-Typen bloße Modelle seien,
etwa so, wie man ein Versuchsmodell verkleinert und aus einem anderen Material
konstruiert als das seiner letzten Ausführung ist. Sie sind nicht nur Abbilder
oder Modelle der Formen, die wir um uns sehen, sondern sie sind schöpferische
Ur-Typen, d. h sie formen die Körper der physischen Welt
nach ihrem Ebenbilde oder, besser gesagt, nach ihren Ebenbildern, denn oft arbeiten
viele zusammen, um eine bestimmte Art zu formen, und jede Ur-Type gibt einen
Teil zur Erbauung der betreffenden Form her.
Diese zweite Unterabteilung der Region der konkreten Gedanken ist die »Ozeanische
Region«. Am besten beschreibt man sie als fließende
pulsierende Lebens-Kraft. Hier sieht man als Ur-Typen alle die Kräfte,
die durch die vier Äther-Gattungen der Äther-Region wirksam sind.
Sie ist ein Strom flutenden Lebens, der durch alle Formen kreist, ähnlich
dem durch den Körper pulsierenden Blute; es ist ein und dasselbe Leben
in allen Formen. Hier sieht der geübte Hellseher am besten, wie wahr es
ist, dass »alles Leben Eins ist«.
Die »Luft-Region«
ist die dritte Abteilung der Region der konkreten Gedanken. Hier finden wir
die Ur-Typen der Begierden, Leidenschaften, Wünsche, Gefühle und Gemüts-Erregungen,
wie wir sie in der Empfindungs-Welt erleben. Hier erscheinen alle Tätigkeiten
der Empfindungs-Welt als luftige Zustände. Wie von einem sommerlichen Zephirhauche
wird der Sinn des Hellsehers von Gefühlen des Vergnügens und der Freude
umweht. Wie das Seufzen das Windes in Baumwipfeln scheint das Sehnen der Seele,
und die Leidenschaften kriegführender Nationen sind wie Blitzstrahlen.
In dieser Atmosphäre der Region der konkreten Gedanken befinden sich auch
Bilder aus dem Gefühlsleben der Menschen und Tiere.
Die »Region der Kräfte der Urtypen«
ist die vierte Abteilung der konkreten Gedanken-Region. Sie ist die mittelste
und allerwichtigste in den fünf Welten, worin die gesamte Evolution des
Menschen vor sich geht. Auf einer Seite dieser Region stehen die. drei höheren
Regionen der Gedanken-Welt, die Welt des Lebens-Geistes und die Welt des göttlichen
Geistes. Auf der anderen Seite dieser »Region der Kräfte der Urtypen«
sind die drei niederen Regionen der Gedanken-Welt, die Empfindungs-Welt und
die physische Welt. So wird diese Region zu einer Art »Kreuz«, das
an der einen Seite durch die Welten des Geistes, an der anderen durch die Welten
der Form begrenzt wird. Sie ist der Brennpunkt, worin der Geist sich in der
Materie widerspiegelt.
Wie schon der Name sagt, ist diese Region die Heimat der Kräfte der Urtypen,
die die Tätigkeit der Ur-Typen in der Region der konkreten Gedanken lenken.
Aus dieser Region wirkt der Geist formend auf die Materie. [...]
Die Gesamtheit der abstrakten Gedanken-Region spiegelt sich in der Empfindungs-Welt
wider; die Welt des Lebens¬-Geistes in der Äther-Region der physischen
Welt, und die Welt des göttlichen Geistes in der chemischen Region der
physischen Welt.
Nachstehendes Diagramm gibt einen Überblick über die sieben Welten, die unsere Entwicklungssphäre bilden. Wir müssen aber sorgsam festhalten, dass diese Welten nicht eine über der anderen stehen, wie sie durch das Diagramm dargestellt sind. Es muss betont werden, dass sie einander durchdringen, so wie es an dem vergleichenden Beispiele der physischen und der Empfindungs-Welt gezeigt wurde, worin wir die Empfindungs-Welt mit den Kraftlinien im gefrierenden Wasser und das Wasser selbst mit der physischen Welt verglichen hatten. Das Gleiche können wir über die Kraftlinien von jedem der sieben Welten denken, und das Wasser würde, wie in unserem obigen Beispiel, der nächst dichten Welt, in dieser Abstufung entsprechen. Vielleicht kann ein anderes Beispiel dieses noch deutlicher erklären.
Die sieben Welten
Die
Welt Gottes |
bestehend
aus sieben Regionen |
Gott |
Die
Welt der jungfräulichen Ur-Geister |
Diese
Welt besteht aus sieben Regionen und ist der Aufenthaltsort der jungfräulichen
Geister, nachdem sie in Gott abgeteilt worden sind, vor ihrer Pilgerfahrt
durch die Materie. |
Träger
des Menschen |
Die
Welt des göttlichen Geistes |
besteht
aus sieben Regionen und ist die Heimat des höchsten geistigen Einflusses
im Menschen |
Göttlicher
Geist |
Die
Welt des Lebensgeistes |
besteht
aus sieben Regionen und ist der Aufenthalt des zweiten Teils vom dreifachen
Geiste des Menschen |
Lebensgeist |
Gedankenwelt |
Region
der abstrakten Gedanken |
Die
7. Region enthält die Keimideen der Formen von Mineralien, Pflanzen,
Tieren und Menschen. Die 6. Region enthält die Keimidee des Lebens
von Pflanzen, Tieren und Menschen. Die 5. Region enthält die Keimidee
der Begierdenund Erregungen von Tieren und Menschen. Aufenthaltsort des
3. Aspektes vom Geist im Menschen. |
Menschlicher
Geist |
Region
der konkreten Gedanken |
Die
4. Region enthält die Kräfte der Ur-Typen und den menschlichen
Intellekt. Sie ist der Brennpunkt, durch den der Geist sich in der Materie
widerspiegelt. Die 3. Region enthält Ur-Typen der Begierden und Erregungen
(Luftregion). Die 2. Region enthält Ur-Typen der universellen Lebenskraft
(Ozeanische Region). Die 1. Region enthält Ur-Typen der Formen (Kontinentale
Region). |
Intellekt |
Empfindungswelt |
Anziehung |
Empfindungsleib |
Physische
Welt |
Äther-Region |
7.
Region Rückstrahlender Äther, Gedächtnis der Natur 6. Region Lichtäther, Vermittlung der Sinneswahrnehmung 5. Region Lebensäther, Vermittler der Fortpflanzung 4. Region Chemischer Äther, Vermittler der Assimilation und Ausscheidung |
Lebensleib |
Chemische
Region |
3.
Region Gase 2. Region Flüssigkeiten 1. Region feste Körper |
Physischer
Körper |
Wir wollen die dichte Erde - die chemische Region -- als einen runden Schwamm
versinnbildlichen. Stellen wir uns vor, dass feiner Sand alle Poren des Schwammes
durchdringt und auch eine Schicht um ihn herum bildet; der Sand kann die Äther-Region,
die die dichte Erde durchdringt und sich über ihre Atmosphäre erstreckt,
darstellen.
Denken wir uns ferner diesen Schwamm und Sand eingetaucht in ein mit reinem
Wasser gefülltes, rundes Glasgefäß, das etwas größer
ist, als der Schwamm mit dem Sande. Wir setzen Schwamm und Sand in die Mitte
des Gefäßes wie den Dotter in ein Ei. Nun haben wir eine Schicht
reinen Wassers zwischen dem Glasgefäß und dem Schwamm. Das Wasser
als Ganzes soll die Empfindungs-Welt darstellen, denn so wie das Wasser zwischen
die Sandkörner und selbst in die kleinsten Poren des Schwammes dringt und
noch außerhalb eine klare Schicht bildet, so durchdringt die Empfindungs-Welt
sowohl die dichte Erde wie den Äther und erstreckt sich noch über
die Grenzen dieser beiden Substanzen.
Wir wissen, dass das Wasser von Luft durchdrungen wird, und wenn wir uns
(in unserem Beispiele) die Luft als Repräsentantin der Gedanken-Welt
vorstellen; so haben wir ein schönes geistiges Bild, wie die feinere Gedanken-Welt
die zwei dichteren Welten durchdringt.
Stellen wir uns schließlich vor, dass das Glasgefäß mit Schwamm,
Sand und Wasser in die Mitte eines kugelförmigen größeren Gefäßes
gesetzt würde, so würde die Luftschicht zwischen den Wänden der
beiden Gefäße jenen Teil der Gedanken-Welt veranschaulichen, der
über die Empfindungs-Welt hinausragt.
Jeder Planet unseres Sonnensystems hat drei einander so durchdringende Welten.
Stellen wir uns jeden aus drei Welten bestehenden Planeten als einen Schwamm
vor und die vierte Welt, die Welt des Lebens-Geistes, als das Wasser in einem
großen Gefäße; in dem diese dreifachen getrennten Schwämme
schwimmen, so erfassen wir das Gleichnis: Wie das Wasser im Gefäße
den Raum zwischen den Schwämmen ausfüllt und die Verbindung zwischen
ihnen herstellt, so erfüllt die Welt des Lebens-Geistes den interplanetarischen
Raum und verbindet und durchdringt die einzelnen Planeten. Sie
ist ein gemeinsames Band zwischen ihnen, und so wie es nötig
ist, ein lenkbares Schiff zu haben, das uns von Amerika nach Afrika bringt,
so müssten wir auch unter bewusster Beherrschung einen Träger (Vehikel)
haben; der der Eigenart der Welt des Lebensgeistes entspricht, wenn wir von
einem Planeten zum anderen reisen wollten.
Gleich wie die Welt des Lebens-Geistes uns mit den anderen Planeten unseres
Sonnensystemes verbindet, so verbindet uns die Welt des göttlichen Geistes
mit den anderen Sonnensystemen. Wenn wir uns die Sonnensysteme als separate
Schwämme vorstellen, die in der Welt des göttlichen Geistes schwimmen,
so wird uns offenbar, dass um von einem Sonnensystem zum anderen zu gelangen,
man fähig sein müsste, im höchsten Träger des Menschen,
im göttlichen Geiste, bewusst zu wirken. S. 24-55
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Die
dreifache Seele
Während des Lebens wirkt der dreifache Geist, das Ego, durch und im dreifachen
Körper, mit dem er durch das Bindeglied des Intellektes verbunden ist.
Diese Werktätigkeit bringt die dreifache Seele ins Dasein. Die Seele ist
das vergeistigte Produkt des Körpers.
So wie geeignete Nahrung den Körper in materiellem Sinne aufbaut, befördert
die Tätigkeit des Geistes im dichten Körper, die als «richtiges
Handeln» zutage tritt, das Wachstum der Bewusstseins-Seele. Wie
die Kräfte der Sonne im Lebens-Leibe spielen und ihn ernähren, damit
er auf den physischen Leib einwirken kann, so befördert die Erinnerung
an Taten des dichten Körpers, an Begierden, Empfindungen und Gefühle
des Empfindungs-Leibes und an Gedanken und Ideen des Intellektes das Wachstum
der Verstandes-Seele. Ebenso formen die höchsten
Empfindungen und Erregungen des Empfindungs-Körpers die
Empfindungs-Seele.
Die dreifache Seele steigert wiederum das Bewusstsein des dreifachen Geistes.
Die Empfindungs-Seele als Extrakt des Empfindungs-Leibes vermehrt die Fähigkeiten
des menschlichen Geistes, der das geistige Doppelbild des Empfindungs-Leibes
ist.
Die Verstandes-Seele vermehrt die Kraft des Lebens-Geistes, weil sie dem Lebens-Leibe
entzogen wird, der das materielle Doppelbild des Lebens-Geistes ist.
Die Bewusstseins-Seele vermehrt das Bewusstsein des göttlichen Geistes,
weil sie der Extrakt des physischen Körpers ist, welcher das Doppelbild
des göttlichen Geistes ist.
Tod
und Fegefeuer
So sät und baut der Mensch, bis der Augenblick des
Todes herankommt. Dann ist die Zeit zu säen, zu wachsen und zu reifen vorüber.
Die Erntezeit ist da, und das Knochengerippe des Todes erscheint mit Stundenglas
und Hippe. Das ist ein treffliches Symbol. Das Skelett symbolisiert den verhältnismäßig
dauernden Teil des Körpers. Die Sense repräsentiert die Tatsache,
dass dieser dauernde Teil, der jetzt vom Geiste geerntet werden soll, die Frucht
des Lebens ist, das nun seinem Ende zugeht. Das Stundenglas in seiner Hand zeigt
an, dass die Stunde nicht schlägt, bevor die Zeit in Übereinstimmung
mit unabänderlichen Gesetzen erfüllt ist. Wenn der Augenblick eintritt,
findet eine Trennung der Träger statt. Da für die gegenwärtige
Zeit das Leben in der physischen Welt beendet ist, braucht der Mensch seinen
physischen Träger nicht mehr zurückzuhalten. Der Lebens-Leib, der,
wie wir erklärt haben, auch der physischen Welt angehört, tritt aus
dem Körper durch den Kopf hinaus und lässt den physischen Körper
unbelebt zurück.
Man kann beobachten, wie die höheren Träger: der Lebens-Leib, der
Empfindungs-Leib und der Intellekt, den physischen Körper in spiralförmiger
Bewegung verlassen. Mit ihnen geht die Seele eines dichten Atomes. Es ist nicht
das Atom selbst, sondern die Kräfte, die es durchströmen. In dieses
besondere Atom wurden die Erfahrungen eingeprägt, die während des
eben beendeten Lebens gemacht wurden. Während alle anderen Atome des menschlichen
Körpers immerfort erneuert wurden, ist dieses eine Atom unverändert
geblieben. Es hat nicht nur diesem Leben standgehalten, sondern es hat einen
Teil jedes dichten Körpers gebildet, dessen sich ein einzelnes Ego jemals
bediente. Es wird beim Tode nur zurückgezogen, um beim Anbruch eines neuen
Lebens wieder als Kern zu dienen, um den sich ein neuer physischer Körper
zur Benutzung für dasselbe Ego bildet. Es heißt darum das «Keimatom»
(Samenatom). Während des Lebens sitzt das
Keimatom in der linken Herzkammer, nahe der Spitze. Beim Tode steigt es auf
dem Wege des pneumo-gastrischen Nervs zum Gehirn und verlässt den physischen
Körper zusammen mit den höheren Trägern durch die Nähte
zwischen dem Scheitel- (os parietale) und Hinterhauptbein.
Die
Silberschnur
Wenn die höheren Träger den physischen Körper
verlassen haben, so sind sie noch mit ihm durch eine dünne, glänzende
silbrige Schnur verbunden, die zwei geschriebenen «Sechs» sehr ähnlich
ist, von denen eine aufrecht, die andere verkehrt steht und die am Ende ihrer
Haken aneinander hängen.
Ein Ende ist durch das Keimatom mit dem Herzen verbunden. Beim Brechen des Keimatomes
hört das Herz auf zu schlagen. Die Schnur selbst wird nicht abgeschnitten,
ehe nicht das Panorama des vergangenen Lebens, das im Lebens-Leibe enthalten
ist, überblickt wurde. Es ist wichtig darauf zu achten, dass der Körper
nicht früher als drei Tage nach dem Tode verbrannt oder einbalsamiert wird.
Solange der Lebens-Leib in Verbindung mit den höheren Trägern ist,
und sie mit dem physischen Körper noch durch die silberne Schnur zusammenhängen,
wird jede Leichensektion oder Verletzung des physischeu Körpers nach dessen
Ableben noch im gewissen Grade vom Menschen empfunden.
Besonders die Verbrennung sollte in den ersten drei Tagen nach dem Tode vermieden
werden, weil sie den Lebens-Leib zerstört, der unverletzt bleiben sollte,
bis das Panorama des vergangenen Lebens in den Empfindungs-Körper eingraviert
ist.
Die Silberschnur bricht an der Stelle, an der sich die beiden Sechse vereinigen.
Die eine Hälfte bleibt beim dichten Körper und die andere bei den
höheren Trägern. Erst vom Augenblicke an, in dem die Schnur reißt,
ist der physische Körper ganz tot.
S. 96-99
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer
Das
Panorama des vergangenen Lebens
Wenn der Mensch vom physischen Körper
befreit ist, der als schwerstes Bleigewicht an seiner geistigen Kraft hing (so
wie der Handschuh an der Hand des Musikers in unserem früheren Beispiel),
dann kehrt seine geistige Kraft in gewissem Maße zurück und
er kann die Bilder im negativen Pole des rückstrahlenden Äthers, der
einen Teil seines Lebens-Leibes bildet und der Sitz des unterbewussten Gedächtnisses
ist, lesen.
Vor seinem Blicke zieht sein ganzes vergangenes Leben wie ein Panorama vorüber,
aber in umgekehrter Reihenfolge. Zuerst erscheinen die Ereignisse der Tage,
die dem Tode unmittelbar vorangingen, und so schreitet er zurück durch
Mannes- oder Frauenalter, durch Jugend, Kindheit und Säuglingsalter. Alles
ist in diesem Gedächtnisse aufbewahrt.
Vor diesem Panorama seines vergangenen Lebens steht der Mensch als Zuschauer.
Er sieht die vorübergleitenden Bilder und sie prägen sich seinen höheren
Trägern ein. Sie rufen jedoch in diesem Augenblick keine Empfindung in
ihm hervor. Das ist seinem Eintritt in die Empfindungs-Welt vorbehalten, die
die Welt der Gefühle und Erregungen ist. Gegenwärtig befindet er sich
aber in der Äther-Region der physischen Welt.
Dieses Panorama dauert von einigen Stunden bis zu einigen Tagen, was von der
Länge der Zeit abhängt, während derer der Mensch, wenn nötig,
wach bleiben kann. Einige Menschen können nur 12 Stunden wach bleiben,
andere, wenn es sein muss, mehrere Tage lang. Aber sein Panorama dauert so lange,
als er fähig ist, wach zu bleiben.
Dieses Abbild des Lebens nach dem Tode gleicht dem, das man während des
Ertrinkens oder des Fallens von einer Höhe hat. In solchen Fällen
verlässt der Lebens-Leib auch den physischen Körper, und der Mensch
sieht sein Leben blitzartig an sich vorüberziehen, denn er verliert das
Bewusstsein augenblicklich. Die Silberschnur wird aber nicht abgebrochen, sonst
gäbe es kein Wiederaufleben.
Wenn der Lebens-Leib die Grenze seines Widerstandes erreicht hat, bricht er
zusammen, so wie es bei der Erscheinung des Schlafes beschrieben wurde. Solange
das Ego während des physischen Lebens seine Träger lenkt, ist dieses
Zusammenbrechen der Abschluss des Wachzustandes; nach dem Tode beschließt
dieses Zusammenbrechen des Lebens-Leibes das Panorama des Lebens und zwingt
den Menschen zum Eintritt in die Empfindungs-Welt. Die Silberschnur bricht an
der Stelle der Vereinigung der beiden «Sechs»,
und es geschieht dieselbe Trennung, die wie während des Schlafes stattfindet,
nur mit dem wichtigen Unterschiede, dass der Lebens-Leib, obwohl er zum physischen
Körper zurückkehrt, ihn nicht mehr durchdringt, sondern bloß
über ihm schwebt. Er schwebt über dem Grabe hin und her und löst
sich gleichzeitig mit dem physischen Körper auf. Aus diesem Grunde ist
für den geübten Hellseher ein Friedhof ein grauenerregender Anblick,
und wenn auch andere dieses Geschehen beobachten könnten, so brauchte man
keine langen Auseinandersetzungen, um die gegenwärtige, ungesunde Methode
der Leichenbestattung mit der viel vernünftigeren des Verbrennens zu vertauschen,
die die Elemente in ihren Ur-Zustand zurückführt, ohne dass sie die
widerlichen Begleiterscheinungen des langsamen Zerfalles hervorruft. S.101-103
Das
Reinigungsleben im Fegefeuer
Beim Verlassen des Lebens-Leibes ist der Vorgang im großen
und ganzen so wie beim Aufgeben des physischen Körpers. Auch hier werden
einem Atome die Lebenskräfte entzogen, um als Kern für den Lebens-Leib
in einer zukünftigen Inkarnation zu dienen. So bringt der Mensch bei seinem
Eintritt in die Empfindungs-Welt die Keim-Atome des physischen und des Lebens-Leibes,
zusammen mit dem Empfindungs-Körper und dem Intellekte, mit.
Wenn der Sterbende alle seine Begierden zurücklassen könnte, würde
sein Empfindungs-Leib sehr rasch von ihm abfallen und ihm die Freiheit geben,
in die himmlische Welt einzugehen, aber im Allgemeinen ist das nicht der Fall.
Die meisten Menschen, namentlich solche, die im Frühling des Lebens sterben,
werden durch viele Bande und Interessen an das Erdenleben gefesselt. Ihre Empfindungen
haben sich durch den Verlust ihres physischen Körpers nicht verändert.
Ja oftmals verstärken sie sich noch durch ein heftiges Sehnen, zurückzukehren.
Das hat zur Folge, sie in sehr unangenehmer Weise an die Ernpfindungs-Welt zu
binden, obwohl ihnen das unglücklicherweise nicht bewusst wird. Alte Menschen
aber und die, die durch lange Krankheit sehr geschwächt und des Lebens
müde sind, gehen sehr schnell durch die Empfindungs-Welt hindurch.
Ein Vergleich mit einem Kerne, der sehr leicht aus der reifen Frucht fällt,
wobei nichts vom Fleische an ihm haften bleibt, beleuchtet diese Erscheinung.
Der unreife Kern hängt mit äußerster Zähigkeit am Fruchtfleische.
Menschen, die auf der Höhe ihrer physischen Gesundheit und Stärke
durch einen Unglücksfall betroffen werden, sterben ganz besonders schwer,
weil sie noch in zahllose Angelegenheiten des physischen Lebens verwickelt waren,
weil sie durch die Bande der Ehe, der Familie, der Verwandten, der Freunde,
des Hingebens an Geschäfte und Vergnügungen gehalten wurden.
Der Selbstmörder, der dem Leben zu entfliehen sucht, wird nur finden, dass
er so lebendiger ist, als je; sein Zustand ist der bedauernswürdigste.
Er ist imstande, die, die er vielleicht durch seine Tat schädigte, zu beobachten.
Das schlimmste von allem aber ist ein unaussprechliches Gefühl, das er
hat. Es ist ihm, als sei er ausgehöhlt. Der Teil seiner eiförmigen
Aura, den sein physischer Körper bisher einnahm, ist leer. Wenn auch der
Empfindungs-Leib die Form des abgeschiedenen physischen Körpers angenommen
hat, hat der Mensch doch das Gefühl, eine leere Schale zu sein. Das kommt
daher, weil der schöpferische Ur-Typus in der Region der konkreten Gedanken
als leere Hülse so lange fortwirkt, als der physische Körper ursprünglich
gelebt haben würde. Stirbt ein Mensch eines natürlichen Todes, wenn
auch in der Blüte des Lebens, so hört auch die Tätigkeit des
Ur-Typus auf. Dem passt sich der Empfindungs-Leib an und füllt die Form
ganz aus. Im Falle eines Selbstmordes bleibt aber das entsetzliche Gefühl
des Ausgehöhltseins bestehen, bis zum Zeitpunkte, an dem der natürliche
Tod eingetreten wäre.
Solange der Mensch seine an der Erde haftenden Empfindungen behält, muss
er in seinem Empfindungs-Leibe bleiben, und da der Fortschritt des Individuums
fordert, dass es in höhere Regionen eingehe, muss der Aufenthalt in der
Empfindungs-Welt natürlich reinigend wirken; er muss ihn von seinen ihn
fesselnden Begierden befreien. Wie das vor sich geht, wird am besten an einigen
Schulbeispielen erläutert.
Der Geizhals, der auf Erden sein Gold liebte, liebt es in der Empfindungs-Welt
genau so; er kann nun aber unmöglich mehr Gold erwerben, da ihm der physische
Körper fehlt, um es zusammenzuscharren und, was am schlimmsten ist, er
kann nicht einmal das behalten, was er während des Lebens aufgehäuft
hatte. Vielleicht geht er hin, setzt sich zu seinem Geldschrank und bewacht
sein geliebtes Gold und seine Pfandbriefe. Nun kommen aber die Erben, scherzen
über den «filzigen alten Narren» (den
sie nicht sehen, der sie aber sowohl sieht wie hört) und öffnen
seinen Geldschrank. Er wirft sich wohl über sein Gold, um es zu beschützen,
aber sie stecken ihre Hände durch ihn hindurch, wissen nichts von seiner
Anwesenheit, kümmern sich auch nicht darum und gehen dann hin, um seinen
Schatz auszugeben, während er in Kummer und ohnmächtiger Wut leidet.
Er leidet schwer, denn seine Leiden sind um so schrecklicher, weil sie vollkommen
mentaler Art sind. Der physische Körper dämpft solche Leiden einigermaßen.
Aber in der Empfindungs-Welt haben diese Leiden freies Spiel, und der Mensch
leidet, bis er zur Einsicht kommt, dass sein Geld ein Fluch sein kann. So söhnt
er sich nach und nach mit seinem Lose aus und wird endlich von seinem Empfindungs-Leibe
erlöst. Er ist dann bereit weiterzugehen.
Oder man nehme den Fall eines Säufers. Er liebt berauschende Getränke
nach seinem Tode genau so wie vorher. Nicht der physische Körper giert
nach Getränken, denn er wird durch den Alkohol nur krank und würde
ihn lieber meiden. Vergebens wehrt er sich auf verschiedene Weise gegen die
Aufnahme von Alkohol. Der Empfindungs-Leib des Trunkenboldes lechzt nach alkoholischen
Getränken und zwingt den physischen Körper, sie aufzunehmen, damit
er das Vergnügen der erhöhten Schwingungen genießen kann. Die
Begierde bleibt nach dem Tode des physischen Körpers, aber der Empfindungs-Leib
des Trunkenboldes hat weder einen Mund zum Trinken noch einen Magen, um die
Getränke zu behalten. Vielleicht, ja gewiss, begibt sich der Säufer
in Trinkstuben, wo er seinen Körper in die Körper der Trinkenden einzwängt,
damit er das Lustgefühl der erhöhten Schwingungen wenigstens durch
Übertragung genießen kann. Aber diese Empfindung ist zu schwach,
um ihm viel Vergnügen zu bereiten. Er begibt sich auch in Whiskyfässer,
aber ebenso nutzlos, weil im Fasse nicht dieselben Dünste entstehen, wie
sie von den Verdauungsorganen eines Trinkers erzeugt werden. Er verspürt
keine Wirkung und gleicht einem Manne, der in einem offenen Boote im Ozean schwimmt.
«Wasser, überall Wasser, aber kein Tropfen zum Trinken»; und
er leidet Qualen. Mit der Zeit lernt er die Erfolglosigkeit seines Sehnens aber
erkennen, und, wie so viele der Begierden in unserem Erdenleben, sterben alle
Begierden in der Empfindungs-Welt an der Unmöglichkeit sie zu befriedigen.
Wenn der Trinker sich geläutert hat, so ist er, wenigstens was dieses Laster
betrifft, bereit, diesen Zustand des «Fegefeuers»
zu verlassen und in die himmlische Welt einzugehen.
Hieraus ersehen wir, dass es kein rächender Gott ist, der Fegefeuer oder
Hölle für uns schafft, sondern dass es unsere
eigenen üblen Gewohnheiten und Taten sind. Der Heftigkeit
unserer Begierden entspricht auch die Länge der Zeit und die Intensität
der Leiden, die wir zu ihrer Austilgung brauchen. Im erwähnten Falle wäre
es für den Trunkenbold kein Leid gewesen, seinen weltlichen Besitz zu verlieren.
Selbst wenn er Schätze besaß, hing er nicht an ihnen. Es hätte
auch den Geizhals nicht geschmerzt, keine berauschenden Getränke genießen
zu können. Man kann mit Sicherheit behaupten, dass ihn der Mangel jedes
trinkbaren Tropfens auf der Erde gleichgültig gelassen hätte. Der
Geizhals sorgte sich um sein Gold, der Trunkenbold gierte nach berauschenden
Getränken, und darum gab das unfehlbare Gesetz jedem, was zur Befreiung
von seinen Begierden und Lastern dienlich war.
Das ist das Gesetz, das durch die Sense des Schnitters Tod symbolisiert wird,
das Gesetz, das da sagt: «Was der Mensch sät,
das wird er ernten.» Es ist das Gesetz der Ursache und Wirkung,
das alle Dinge der drei Welten beherrscht, dem jedes Naturreich unterworfen
ist: das physische, das moralische und das geistige. Überall wirkt es unerbittlich,
es gleicht alles aus, es stellt das Gleichgewicht wieder her, da wo die kleinste
Handlung eine Störung hervorgerufen hat, wie es ja schließlich jede
Handlung tun muss. Die Wirkung kann sich unmittelbar zeigen, sie kann nach Jahren
oder nach Leben eintreten, aber irgendwann und irgendwo erfolgt gerechte und
ausgleichende Wiedervergeltung. Der Schüler muss besonders darauf achten,
dass die Tätigkeit dieses Gesetzes vollständig unpersönlich ist.
In der Natur gibt es weder Lohn noch Strafe, alles ist die Folge eines unabänderlichen
Gesetzes.
Die Wirkungsweise dieses Gesetzes wird im nächsten Kapitel eingehender
auseinandergesetzt werden, wo wir es in Verbindung mit einem anderen großen,
kosmischen Gesetze finden werden, das auch in die Entwicklung des Menschen eingreift.
Das Gesetz, das wir jetzt betrachten, heißt: das Gesetz der Ursache und
Wirkung.
In der Empfindungs-Welt reinigt es den Menschen von seinen Begierden, gleicht
seine Schwächen und Laster, die ihn am Fortschritte hindern, aus und lässt
ihn zu diesem Zwecke in der Art leiden, die diesen Erfolg am ehesten herbeiführt.
Wenn er andere leiden ließ oder ungerecht behandelte, wird mit ihm ebenso
verfahren werden. Es muss aber bemerkt werden, dass ein lasterhafter oder ungerechter
Mensch, der seine Laster überwunden oder bereute, und seine Ungerechtigkeit
so weit als möglich gut gemacht hat, durch solche Reue, Besserung oder
Wiederherstellung sich von diesen besonderen Lastern und bösen Taten befreit
hat. Das Gleichgewicht ist wiederhergestellt, und die Lehre ist in diesem Erdenleben
aufgenommen worden, daher fehlt die Ursache zu leiden nach dem Tode.
In der Empfindungs-Welt vergeht das Leben ungefähr dreimal so schnell wie
in der physischen Welt. Ein Mensch, der in der physischen Welt fünfzig
Jahre alt geworden ist, würde dieselben Ereignisse in der Empfindungs-Welt
in ungefähr 16 Jahren durchleben. Dies ist jedoch nur allgemein der Fall.
Es gibt Menschen, die in der Empfindungs-Welt viel länger leben, als die
ihnen zugemessene Spanne Zeit in der physischen Welt betrug, andere, deren Leben
von wenigen groben Begierden erfüllt war, durchlaufen die Empfindungs-Welt
in viel kürzerer Zeit, aber das oben angegebene Maß stimmt fast für
alle Durchschnittsmenschen der Gegenwart.
Rufen wir uns in Erinnerung zurück, dass beim Verlassen des physischen
Körpers das vergangene Leben in Bildern vorüberzieht, der Mensch aber
in diesem Augenblicke kein Empfinden dafür hat.
Auch während des Lebens in der Empfindungs-Welt laufen diese Lebensbilder
in umgekehrter Reihenfolge wie vorher ab. Nun hat aber der Mensch so viele Gefühle
dabei, als er haben kann, während die Szenen eine nach der anderen vorüberziehen.
Er durchlebt nun jeden Augenblick seines Lebens nochmals. Wenn er zu einem Punkte
kommt, an dem er einem Menschen Unrecht getan hat, so empfindet er das Unrecht
so, wie der betreffende Mensch es empfand. Er durchlebt allen Kummer und Schmerz,
den er anderen verursachte, und lernt dabei, wie schmerzlich die Verlet¬zung,
und wie schwer zu ertragen der Kummer war, den er schuf. Dazu kommt noch, dass
das Leiden, wie bereits erwähnt, schärfer empfunden wird, weil der
physische Körper den Schmerz nicht mehr abstumpfen kann. Vielleicht ist
deshalb die Schnelligkeit des Lebens verdreifacht, damit die Leiden durch die
Verkürzung das verlieren, was sie an Stärke gewinnen. Das Maß
der Natur ist wunderbar gerecht und wahr.
Diesem Abschnitte des Lebens nach dem Tode ist noch ein anderes Merkmal eigentümlich,
das eng mit der schon angeführten Tatsache des Nichtbestehens der Entfernungen
in der Empfindungs-Welt, zusammenhängt. Wenn der Mensch stirbt, so scheint
er auf einmal in seinen Lebens-Leib hineinzuschwellen, der ungeheure Ausdehnungen
anzunehmen scheint. Nicht der Körper wächst wirklich, sondern die
Aufnahmefähigkeit wird von vielen Eindrücken aus verschiedenen Quellen,
die alle ganz nahe zu sein scheinen, getroffen. Dasselbe gilt auch vom Empfindungs-Körper.
Es scheint dem Menschen so, als sei er bei allen Menschen gegenwärtig,
mit denen er auf der Erde in Beziehung stand, die nun berichtigt werden müssen.
Wenn er einen Menschen in San Franzisko und einen in New-York verletzt hat,
so scheint es ihm, als wenn ein Teil von ihm an jedem der beiden Orte wäre,
was das Gefühl des Zerstückeltseins hervorruft.
Der Schüler wird nun, wo sich das Panorama des vergangenen Lebens in scharf
umgrenzte Gefühle umsetzt, auch die Wichtigkeit dieses Panoramas während
des Reinigungslebens verstehen. Wenn es lange dauerte, und der Mensch nicht
gestört wurde, so macht ein voll und klar dem Empfindungs-Leibe eingegrabener
Eindruck das Leben in der Empfindungs-Welt lebendiger und bewusster. Die Reinigung
kann dann gründlicher vor sich gehen, als wenn laute Ausbrüche der
Verzweiflung und des Kummers am Totenbette nach dem Tode den Abgeschiedenen
nur einen verschwommenen Eindruck seines vergangenen Lebens gewinnen lassen.
Der Geist, der seinem Empfindungs-Leibe einen tiefen und klaren Eindruck eingeprägt
hat, wird die Fehler seines vergangenen Lebens viel klarer und bestimmter fühlen,
als wenn die Bilder verschwommen geblieben wären, weil seine Aufmerksamkeit
durch die Leiden und den Kummer seiner Umgebung abgelenkt wurde. Das Gefühl
betreffend die Ursachen seiner Leiden in der Empfindungs-Welt, wird viel bestimmter
sein, wenn es von einem deutlichen Eindrucke des Panoramas herrührt, als
wenn die Dauer des Vorganges nur kurz ist.
Dieses scharf und klar umrissene Gefühl ist für die zukünftigen
Leben von größtem Werte. Es drückt dem Keimatome des Empfindungs-Leibes
ein unauslöschliches Merkmal von sich auf. Die
Erfahrungen werden in künftigen Leben vergessen sein, das Gefühl aber
wird bleiben. Wenn sich in späteren Leben Gelegenheiten
bieten, die Fehler zu wiederholen, so wird das Gefühl klar und unfehlbar
davor warnen. Es ist die «stille, kleine Stimme», die uns warnt,
obwohl wir nicht wissen warum. Aber je klarer und bestimmter das Panorama des
vergangenen Lebens gewesen ist, desto öfter, stärker und klarer werden
wir diese Stimme hören. Daraus ersehen wir, wie wichtig es ist, die hinübergehende
Seele nach dem Tode völlig in Ruhe zu lassen. Handeln wir entsprechend,
so helfen wir ihr, dem eben beendeten Leben den größten Nutzen zu
entziehen und die Wiederholung derselben Fehler in künftigen Leben zu vermeiden,
während unsere selbstsüchtigen, hysterischen Klagen ihr viel vom Nutzen
des eben abgeschlossenen Lebens rauben können.
Die Aufgabe des Fegefeuers ist, die üblen Gewohnheiten dadurch auszumerzen,
dass ihre Befriedigung unmöglich wird. Der Mensch leidet genau so, wie
er andere durch seine Unehrlichkeit, seine Grausamkeit, seine Unduldsamkeit
usw. leiden ließ. Aus diesen Leiden lernt er in künftigen Leben gegen
andere gütig, ehrlich und nachsichtig zu sein. So lernt er als Folge dieses
heilbringenden Zustandes Tugend und richtiges Handeln. Wenn er wieder geboren
wird, ist er frei von üblen Gewohnheiten; jeder begangene Fehltritt entspringt
dann dem freien Willen. Der Hang, das Böse aus vergangenen Leben zu wiederholen,
bleibt zurück, denn wir müssen lernen, das Rechte bewusst und aus
freiem Willen zu tun. Gelegentlich versuchen uns diese Neigungen und geben uns
dadurch Gelegenheit, uns auf die, Seite der Rechtschaffenheit und Tugend oder
auf die Seite des Lasters und der Grausamkeit zu stellen. Das Gefühl aber,
das aus der Reinigung von den Fehlern und aus der Austilgung der üblen
Taten der vergangenen Leben erwächst, hilft uns, die rechte Handlungsweise
zu erkennen und widerstandsfähig gegen die Fallstricke und Ränke der
Versuchung zu sein. Wenn wir dieses Gefühl beachten und uns von dem besonderen
damit verbundenen Übel fernhalten, wird die Versuchung aufhören. Wir
haben uns für alle Zeiten davon befreit. Geben wir nach, so werden wir
schwerer leiden als vorher, bis wir endlich gelernt haben, nach der goldenen
Regel zu leben, denn der Weg für den Übertreter ist hart. Aber selbst
dann ist das Endziel noch nicht erreicht. Anderen Gutes tun, damit sie uns wieder
Gutes tun, ist im Grunde selbstsüchtig. Wir müssen mit der Zeit lernen,
das Gute ohne Rücksicht darauf zu tun, wie wir von anderen behandelt werden.
Christus sagt, wir müssen selbst unsere Feinde lieben.
Eine unschätzbare Wohltat ist es, über die Methode und den Zweck dieser
Reinigung unterrichtet zu sein, weil es uns dadurch möglich wird, unser
Fegefeuer schon hier und jetzt Tag für Tag zu durchleben und auf diese
Weise viel schneller vorwärts zu kommen, als es sonst möglich wäre.
Im späteren Teile dieses Buches wird eine Übung angegeben, deren Zweck
die Reinigung ist, die wir zur Entwicklung geistigen Sehens brauchen. Sie besteht
darin, die Ereignisse des Tages zu überdenken, ehe man sich zur Ruhe begibt.
Wir lassen alle Ereignisse des Tages in umgekehrter Reihenfolge an uns vorüberziehen,
richten unser besonderes Augenmerk auf ihre moralische Seite und überlegen,
ob wir in jedem einzelnen Falle, was Taten, geistige Haltung und Gewohnheiten
betrifft, recht oder unrecht getan haben. Wenn wir uns auf diese Weise selbst
kritisieren und suchen, Fehler und Übeltaten zu verbessern, können
wir die Reinigungszeit im Fegefeuer wesentlich abkürzen, vielleicht sogar
unnötig machen und nach dem Tode unmittelbar in den ersten Himmel eingehen.
Wenn wir so unsere Schwächen bewusst bekämpfen, machen wir auch sehr
wesentliche Fortschritte auf unserem Entwicklungswege. Selbst wenn es uns nicht
gelingt, unsere Taten zu berichtigen, so ziehen wir doch außerordentlichen
Vorteil aus unserer Selbstkritik, da wir dadurch Neigungen zum Guten schaffen,
die sich im Laufe der Zeit unfehlbar als rechte Handlungen verwirklichen müssen.
Wenn wir die Tagesereignisse überblicken und uns für die Fehler tadeln,
so dürfen wir auch nicht vergessen, auf unpersönliche Weise unsere
guten Taten anzuerkennen und uns zu entschließen, noch besser zu handeln.
So fördern wir das Gute durch Anerkennung und verringern das Böse
durch Tadel.
Reue und Umkehr sind ebenfalls mächtige Faktoren zur Abkürzung des
Reinigungszustandes, denn die Natur verschwendet niemals Anstrengungen in nutzlosen
Vorgängen. Wenn wir uns des Unrechtes verschiedener Gewohnheiten und Taten
aus unserem vergangenen Leben bewusst werden und den Entschluss fassen, das
Unrecht gutzumachen und die üble Gewohnheit abzulegen, tilgen wir ihr Bild
aus dem unterbewussten Gedächtnisse aus, und sie können nach dem Tode
nicht über uns zu Gericht sitzen. Selbst wenn wir nicht fähig sind,
unser Unrecht gutzumachen, so genügt die Aufrichtigkeit unserer Reue. Das
Ziel der Natur ist nicht Rache. Unsere Opfer werden Genugtuung auf andere Weise
erhalten.
Es können viele dem künftigen Leben vorbehaltene Fortschritte von
einem Menschen erreicht werden, der der Zeit vorauseilt, indem er sich selbst
richtet und seine Fehler und Laster durch Verbesserung seines Charakters austilgt.
Diese Übung wird dringend empfohlen. Sie ist vielleicht die wichtigste
Lehre dieses Werkes. S.103-113
Das
Grenzland
Das Fegefeuer nimmt die drei niederen Regionen der Empfindungs-Welt
ein. Der erste Himmel befindet sich in den drei oberen Regionen. Die mittlere
Region ist eine Art Grenzland, weder Himmel noch Hölle. Hier finden wir
Menschen, die ehrlich und rechtschaffen waren, die niemand Unrecht taten, die
aber so in ihre geschäftlichen Angelegenheiten vertieft waren, dass sie
niemals an ein höheres Leben dachten. Für sie ist die Empfindungs-Welt
ein Zustand unbeschreiblicher Einförmigkeit. Hier gibt es keine «Geschäfte»
noch irgend etwas, das an ihre Stelle treten könnte. Sie machen eine harte
Zeit durch, bis sie an etwas anderes denken lernen, als an Geschäftsbücher
und Briefkonzepte. Auch Menschen, die über das Problem des Lebens nachdachten
und zu dem Schluss kamen, dass «der Tod das Ende
von allem» sei, und die das Bestehen von übersinnlichen Dingen
leugneten, fühlen diese fürchterliche Einförmigkeit. Sie hatten
Vernichtung des Bewusstseins erwartet und finden sich nun mit geschärfter
Aufnahmefähigkeit für Menschen und Dinge ihrer Umgebung wieder. Sie
waren gewohnt, diese Dinge so energisch zu leugnen, dass sie oft glauben, die
Empfindungs-Welt sei eine Sinnestäuschung, und nicht selten kann man sie
in tiefer Verzweiflung rufen hören: «Wann wird das enden ?»
Diese Menschen sind wirklich bedauernswert. Sie sind für gewöhnlich
außerhalb des Bereiches jeder Hilfe und leiden viel länger als die
meisten anderen. Sie haben außerdem fast kein Leben in der himmlischen
Welt, wo der Aufbau der Körper zum künftigen Gebrauch gelehrt wird,
und so werfen sie alle ihre kristallisierenden Gedanken in irgendeinen Körper,
den sie für ihr zukünftiges Leben erbauen; so entsteht ein Körper,
der die verhärtenden Neigungen hat, wie wir sie z. B. bei Lungenkranken
sehen können. Manchmal bringen die Leiden, die einem so gebrechlichen Körper
anhaften, die Gedanken des Menschen zu Gott und ihre Entwicklung kann vorwärts
schreiten. Aber im materialistischen Intellekt liegt die größte Gefahr,
die Verbindung mit dem Geist zu verlieren und ein Ausgestoßener zu werden.
Darum waren die «Älteren Brüder»
während des letzten Jahrhunderts sehr ernsthaft um das Schicksal der westlichen
Welt besorgt, und wenn sie sich nicht so segenbringend bemüht hätten,
hätten wir eine verheerende soziale Umwälzung gehabt, gegen die die
französische Revolution nur ein Kinderspiel war. Der geübte Hellseher
sieht, wie knapp die Menschheit vernichtendem Unheil entgangen ist, das ganze
Erdteile ins Meer gefegt hätte.
S.113-144 […]
Der
erste Himmel
Wenn die Zeit der Läuterung vorüber ist, steigt
der gereinigte Geist in den ersten Himmel, in die drei höchsten Regionen
der Empfindungs-Welt, in der die Resultate seiner Leiden dem Keimatome des Empfindungs-Leibes
einverleibt werden. Wie bekannt, teilt dieses die Fähigkeit, richtig zu
fühlen, mit und schafft einen Antrieb zum Guten und eine Abhaltung vom
Bösen im künftigen Leben. Hier entrollt sich das Panorama des vergangenen
Lebens abermals in umgekehrter Reihenfolge, nur sind es hier die guten Taten,
die zur Grundlage der Gefühle werden. Wenn wir zu den Szenen kommen, in
denen wir anderen halfen, so erleben wir nochmals die Freude des Helfens, die
wir in dem Augenblick genossen und fühlen dazu noch alle Dankbarkeit des
Empfängers unserer Hilfe. Wenn wir zu den Szenen kommen, in denen uns geholfen
wurde, fühlen wir nochmals alle Dankbarkeit, die wir für unsere Wohltäter
hegten. Daraus sehen wir die Wichtigkeit, die uns erwiesenen Guttaten dankbar
anzuerkennen, denn die Dankbarkeit trägt zum Seelenwachstum bei. Unser
Glück im Himmel hängt davon ab, wieviel Freude wir anderen bereiteten
und dass wir anerkannten, was andere für uns taten. […]
Der erste Himmel ist der Ort der Freude, ohne einen einzigen Tropfen Bitterkeit.
Der Geist schwebt über den materiellen, irdischen Zuständen und nimmt
alles Gute aus seinem vergangenen Leben auf, so wie es an ihm vorüberzieht.
Hier erfüllen sich ihm alle edlen Bestrebungen, die auf der Erde nur angebahnt
wurden, in vollstem Maße. Er ist der Ort der Ruhe, und je härter
das Leben mit dem Menschen umgesprungen ist, desto süßer wird die
Ruhe empfunden werden. Krankheit, Kummer und Schmerz sind unbekannte Erscheinungen.
Hier ist das Sommerland der Spiritualisten. Hier der Ort, an dem die Gedanken
der frommen Christen das neue Jerusalem aufgebaut haben. Menschen, die nach
dem Besitz schöner Häuser, Blumen und dergleichen strebten, haben
das alles hier; sie errichten diese Dinge selbst aus dem feinen Empfindungs-Stoffe.
Und trotzdem sind diese Dinge für sie ebenso wirklich und körperlich,
wie uns die materiellen Häuser. Hier wird allen die Befriedigung, die ihnen
im Erdenleben nicht zuteil wurde.
Eine Gruppe führt hier ein besonders schönes Leben: die Kinder. Wenn
wir sie sehen könnten, hätte unser Kummer schnell ein Ende. Wenn ein
Kind vor der Geburt des Empfindungs-Leibes stirbt, die ungefähr um das
vierzehnte Jahr erfolgt, so steigt es nicht höher, als in den ersten Himmel,
weil es für seine Handlungen so wenig verantwortlich ist als das ungeborene
Kind für die Schmerzen, die es seiner Mutter durch seine Bewegungen in
ihrem Schoß macht. Deshalb hat das Kind kein Leben im Fegefeuer. Was nicht
lebendig wurde, kann nicht sterben, und so bleibt der Empfindungs-Leib des Kindes
mit seinem Intellekte bis zu einer neuen Geburt bestehen; aus diesem Grunde
können sich Kinder oft an ihr früheres Erdenleben erinnern, wie wir
dieses aus einem weiterhin zu bringenden Beispiel sehen werden.
Für solche Kinder ist der erste Himmel ein Warteplatz, wo sie von einem
bis zwanzig Jahre bleiben, bis sich eine Gelegenheit zu einer neuen Geburt bietet.
Doch ist er nicht nur ein Warteplatz, da während dieser Zeit viele Fortschritte
gemacht werden.
Stirbt ein Kind, so wird es immer von irgend einem Verwandten erwartet oder,
sollte das unmöglich sein, so gibt es Menschen, die im Leben gerne Kinder
«bemutterten» und sich nun freudig des kleinen herrenlosen Gutes
annehmen. Die außerordentliche Bildsamkeit des Empfindungs-Stoffes macht
es leicht, die herrlichsten lebenden Spielzeuge für die Kinder zu schaffen,
und ihr Leben ist ein einziges schönes Spiel. Ihr Unterricht wird aber
dabei nicht vernachlässigt. Sie werden je nach ihrem Temperament, ohne
Rücksicht auf ihr Alter, in Klassen geteilt. In der Empfindungs-Welt ist
es leicht, Anschauungsunterricht über den Einfluss von guten und bösen
Leidenschaften auf das Betragen und auf das Glück zu geben. Diese Lehren
prägen sich dem empfindsamen und aufnahmefähigen Empfindungs-Leibe
des Kindes unauslöschlich ein und verbleiben in ihm auch nach seiner Reinkarnation,
so dass mancher, der ein edles Leben lebt, den Dank dafür zum großen
Teile dieser Erziehung schuldet. Oftmals, wenn ein schwacher Geist geboren wird,
lassen ihn die «Mitleidigen» (die unsichtbaren
Führer, die unsere Entwicklung lenken) in frühen Jahren sterben,
damit er seine besondere Erziehung erhalte und fähig werde, ein hartes
Leben zu führen. Das scheint besonders dann der Fall zu sein, wenn die
Schrift im Empfindungs-Leibe schwach war, weil der Sterbende durch die Klagen
seiner Angehörigen gestört. wurde, oder weil er auf dem Schlachtfelde
oder durch einen Unglücksfall starb. Er erfuhr so nicht die nötige
Intensität der Gefühle in seinem Leben nach dem Tode. Dieser Mangel
wird ausgeglichen, wenn er geboren wird und im frühen Kindesalter stirbt.
Oft fällt die Pflicht, im himmlischen Leben ein solches Kind zu pflegen,
denen anheim, die schuld an dieser Unregelmäßigkeit waren. So bietet
sich ihnen Gelegenheit, ihren Fehler gutzumachen und zu lernen vernünftiger
zu handeln. Oder vielleicht werden sie die Eltern der Geschädigten und
haben die Pflicht, in den wenigen Erdenjahren, die sie leben, für sie zu
sorgen. Wenn sie dann bei ihrem Tode in hysterisches Wehklagen ausbrechen, so
liegt nichts daran, weil im Lebens-Leibe eines Kindes doch keine be¬merkenswerten
Bilder entstehen.
Dieser Himmel ist auch ein Ort des Fortschrittes für alle, die lernbegierig,
künstlerisch begabt, oder menschenfreundlich waren. Der Student und der
Philosoph haben unmittelbaren Zutritt zu allen Büchereien der Welt. Der
Maler genießt endlose Wonnen durch die immer wechselnden Farbenzusammenstellungen.
Bald lernt er, dass seine Gedanken diese Farben verbinden und nach seinem Willen
formen. Seine Schöpfungen leuchten und glitzern in einem Leben, wie es
die trüben Erdfarben niemals verleihen können. Er malt mit lebendigem,
glühendem Material und kann seine Entwürfe mit einer Leichtigkeit
ausführen, die ihn entzückt. Der Musiker hat hier noch nicht den Ort
erreicht, an dem seine Kunst voll zum Ausdrucke gelangt. Die physische Welt
ist die Welt der Form. Die Empfindungs-Welt, in der wir das Fegefeuer und den
ersten Himmel finden, ist vorwiegend die Welt der Farbe. Aber die Gedanken-Welt,
der zweite und dritte Himmel, ist die Sphäre des Tones. Himmlische Musik
ist eine Tatsache, und nicht nur eine Redewendung. Pythagoras fabelte nicht,
wenn er von der Musik der Sphären sprach, denn jeder der raumdurchsausenden
Sterne hat seinen bestimmten Ton, und sie tönen zusammen zur himmlischen
Symphonie, deren Goethe auch im Prolog zum «Faust», dessen Schauplatz
im Himmel liegt, erwähnt. Der Erzengel Raphael spricht:
Die
Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschrieb'ne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Selbst hier in der physischen Welt erreichen uns Wiederklänge
der himmlischen Musik. Sie sind unser kostbarstes Gut, obwohl sie so flüchtig
sind wie ein Irrlicht und nicht für die Dauer geschaffen werden können
wie andere Kunstwerke, wie eine Statue, ein Bild oder ein Buch. In der physischen
Welt stirbt und verschwindet der Ton, nachdem er geboren wurde. Im ersten Himmel
sind naturgemäß diese Wiederklänge schöner und dauernder,
daher hört der Musiker hier süßere Weisen als jemals in seinem
Erdenleben.
Die Erfahrungen des Dichters sind denen des Musikers verwandt. Die Dichtkunst
ist der wörtliche Ausdruck der innersten Seelengefühle nach denselben
Gesetzen der Harmonie und des Rhythmus angeordnet, die auch die musikalischen
Ergüsse des Geistes beherrschen. Hierzu kommt noch, dass der Dichter eine
herrliche Anregung in den für die Empfindungs-Welt charakteristischen Bildern
und Farben findet. Von dort nimmt er die Anregung zu seinen Schöpfungen
im nächsten Erdenleben. Ebenso sammelt sich der Schriftsteller Fähigkeit
und Material an. Der Philanthrop arbeitet seine altruistischen Pläne zur
Hebung des Menschen aus. Wenn er in einem Leben Misserfolg hatte, so wird ihm
im ersten Himmel klar, woran das lag, und er wird lernen, Hindernisse zu überwinden
und Fehler, die seine Pläne undurchführbar machten, zu vermeiden.
Endlich ist der Zeitpunkt erreicht, wo die Leiden des Fegefeuers mit den Freuden,
die den guten Werken des vergangenen Lebens entsprangen, in dem Keim des Empfindungs-Leibes
niedergelegt werden. Sie bilden zusammen das, was wir Gewissen nennen, unseren
Warner vor üblen Taten als den Erzeugern der Schmerzen und unseren Aneiferer
zum Guten, als der Quelle von Glück und Freude. Dann überlässt
der Mensch seinen Empfindungs-Leib dem Verfalle, wie er es einst mit dem physischen
und Lebens-Leib tat. Er nimmt nur die Kräfte des Keimatoms mit sich, die
den Kern der zukünftigen Empfindungskörper bilden werden, wie sie
die dauernden Bestandteile seiner vergangenen Empfindungsträger waren.
Wie bereits erwähnt, werden die Kräfte dem Keimatome entzogen. Für
den Materialisten sind Kraft und Materie untrennbar. Der Esoteriker denkt darüber
anders. Ihm sind sie nicht zwei vollkommen verschiedene und getrennte Begriffe,
sondern die beiden Pole eines Geistes.
Materie ist
kristallisierter Geist.
Kraft ist
derselbe noch unkristallisierte Geist.
Das wurde bereits gesagt, aber es kann nicht fest genug
eingeprägt werden. In dieser Beziehung ist das Beispiel von der Schnecke
sehr hilfreich. Die Materie, die kristallisierter Geist ist, entspricht dem
Schneckenhause, das kristallisierte Schnecke ist. Die chemische Kraft, die die
Materie bewegt, macht sie zum Erbauen der Form brauchbar, und auch hier ist
die Schnecke, die ihr Haus bewegt, ein gutes Bild. Was jetzt Schnecke ist, wird
mit der Zeit Haus werden, und was jetzt Kraft ist, wird mit der Zeit, wenn ihr
Kristallisationsprozess fortschreitet, Materie werden. Auch der entgegengesetzte
Vorgang, Materie wieder in Geist aufzulösen, findet fortdauernd statt.
Die gröbere Phase dieses Prozesses sehen wir als Verfall, wenn ein Mensch
seine Träger zurücklässt, und zu dieser Zeit lässt sich
der Geist eines Atoms leichter von dem gröberen Geiste trennen, der sich
als Materie manifestiert hatte. S.114-122
Der
zweite Himmel
Endlich tritt der Mensch, das Ego, der dreifache Geist,
in den zweiten Himmel ein. Er ist mit der Hülle des Intellektes bekleidet,
das die drei Keimatome enthält, die Quintessenz der drei verlassenen Träger.
Wenn der Mensch stirbt und seinen dichten Körper und Lebens-Leib verliert,
ist er in demselben Zustande, wie beim Einschlafen. Der Empfindungs-Leib hat,
wie erwähnt wurde, keine Organe gebrauchsfertig. Er macht jetzt die Umformung
von seiner Eiförmigkeit in ein Gebilde durch, das dem verlassenen physischen
ähnelt. Wir werden leicht verstehen, dass da ein Zwischenzustand der Unbewusstheit
vorhergehen muss, ähnlich dem des Schlafes, ehe der Mensch in der Empfindungswelt
wiedererwacht. Es kommt oft vor, dass solche Menschen lange Zeit sich dessen
nicht bewusst sind, was mit ihnen geschah. Sie sind sich nicht klar darüber,
dass sie gestorben sind. Sie wissen, dass sie fähig sind, sich zu bewegen
und zu denken, und es kostet manchmal viel Anstrengung, ihnen begreiflich zu
machen, dass sie «gestorben» sind.
Sie merken, dass sich etwas verändert hat, aber sie verstehen nicht, was
es ist.
Anders beim Übergange vorn ersten Himmel, der in der Empfindungs-Welt ist,
zum zweiten Himmel, welcher in der Region der konkreten Gedanken ist. Da verlässt
der Mensch seinen Empfindungs-Leib. Er ist vollständig bewusst. Er geht
in eine große Stille hinüber. Für den Augenblick scheint alles
zu schwinden. Er kann nicht denken. Keine Fähigkeit lebt, und er weiss
doch, dass er ist. Er hat das Gefühl, «in der
großen Unendlichkeit» zu stehen, vollständig allein
zu stehen und sich dennoch nicht zu fürchten. Und seine Seele wird von
einem wunderbaren Frieden erfüllt, der über alles Verstehen geht».
Die esoterische Wissenschaft nennt diesen Zustand
«die große Stille».
Dann kommt das Erwachen. Der Geist ist nun im Himmel, in seiner Heimatwelt.
Hier bringt das erste Erwachen dem Geiste den Klang «der Musik der Sphären».
In unserem Erdenleben sind wir von den kleinen Geräuschen und Klängen
unserer beschränkten Umgebung so betäubt, dass wir die Musik der kreisenden
Weltkugeln nicht vernehmen. Aber der esoterische Wissenschaftler hört sie.
Er weiß, dass die zwölf Tierkreiszeichen und die sieben Planeten
den Resonanzboden und die Saiten von «Apollos siebensaitiger
Leier» bilden. Er weiß, dass ein einziger falscher Akkord
als Störer in der himmlischen Harmonie dieses grandiosen Instrumentes «den
Zusammenbruch der Materie und den Zusammensturz des Weltalls» zur
Folge hätte.
Die Kraft der rhythmischen Schwingungen ist selbst denen wohl bekannt, die dem
Thema auch nur geringes Studium gewidmet haben. Wenn z. B. Soldaten über
eine Brücke marschieren, so erhalten sie den Befehl, im unregelmäßigen
Schritt zu gehen, weil ihr rhythmischer Tritt die stärksten Konstruktionen
erschüttern würde. Für den Esoteriker ist die in der Bibel erzählte
Geschichte vom Blasen der Widderhörner beim Umschreiten der Mauern von
Jericho kein Unsinn. Oft sind ähnliche Dinge geschehen, ohne dass die Welt
ungläubig und überlegen dazu gelächelt hätte. Vor einigen
Jahren übte eine Musikkapelle in einem Garten, der an den festen Mauern
eines alten Schlosses gelegen war. An einer bestimmten Stelle des Stückes
befand sich ein sehr langer und durchdringender Ton. Als er ertönte, stürzte
die Schloßmauer plötzlich ein. Die Musiker hatten den Grundton der
Mauer angeschlagen und genügend langgezogen gespielt, um sie zu stürzen.
Wenn wir sagen, der zweite Himmel sei die Welt des Tones, so ist damit nicht
gemeint, dass es dort keine Farben gäbe. Viele Leute wissen, dass zwischen
Ton und Farbe eine innige Verbindung besteht; dass gleichzeitig mit dem Anschlagen
eines Tones eine gewisse Farbe erscheint. So ist es auch in der himmlischen
Welt. Hier ist sowohl Farbe wie Klang; gegenwärtig, der Ton ist aber der
Schöpfer der Farbe. Darum sagten wir, hier sei hauptsächlich die Welt
des Tones, und es ist dieser Ton, der alle Formen in der physischen Welt aufbaut.
Dem Musiker erklingen aus den verschiedenen Teilen der Natur bestimmte Töne,
aus dem Winde, der im Walde weht, aus dem Brechen der Wogen am Strande, aus
dem Brausen des Ozeans und dem Getöse des Wasserfalles. Alle diese Geräusche
verbinden sich zu einem Ganzen, das der Grundton der Erde ist - ihr «Ton».
So wie sich geometrische Sand-Figuren auf einer Platte bilden, deren Rand man
mit einem Violinbogen streicht, so sind die Formen, die wir um uns sehen, kristallisierte
Klangfiguren der Urtypen-Kräfte, welche in die Ur-Typen der himmlischen
Welt hineinspielen.
Die Arbeit, die der Mensch in der himmlischen Welt leistet, ist vielseitig.
Er führt kein untätiges, träumerisches oder eingebildetes Dasein.
Es ist für die Vorbereitung zum künftigen Leben die größte
und wichtigste Tätigkeitsperiode, so wie der Schlaf eine tätige Vorbereitung
für die Arbeit des folgenden Tages ist.
Hier wird die Quintessenz der drei Körper in den dreifachen Geist hineingebaut.
Soviel vom Empfindungs-Leibe, wie der Mensch während seines Lebens durch
die Reinigung seiner Begierden und Erregungen hinaufgearbeitet hat, wird dem
menschlichen Geiste eingeschmolzen und gibt ihm für sein künftiges
Dasein einen verbesserten Intellekt.
Soviel vom Lebens-Leibe, als der Lebens-Geist entwickelt, umgewandelt, vergeistigt
und so vor dem Verfalle bewahrt hat, dem der Rest des Lebens-Leibes unterliegt,
wird mit dem Lebens-Geiste verschmolzen, um einen besseren Lebens-Leib und ein
besseres Temperament für das zukünftige Leben zu schaffen.
Soviel vom physischen Körper, als der göttliche Geist durch rechtes
Handeln gerettet hat, wird in ihn eingebaut und wird bessere Umgebungen und
bessere Gelegenheiten geben.
Diese Vergeistigung der Träger wird vollbracht durch die Pflege der Fähigkeiten
der Beobachtung, der Unterscheidung und des Gedächtnisses, durch Hingabe
an hohe Ideale, Gebete, Konzentration, Beharrlichkeit und rechten Gebrauch der
Lebenskräfte.
Der zweite Himmel ist das wahre Heim des Menschen - des Ego, des Denkers. Hier
wohnt er jahrhundertelang, die Früchte des letzten Erdenlebens aufnehmend
und bereitet die irdischen Bedingungen vor, die für seine nächste
Stufe des Fortschrittes am besten geeignet sind. Der Klang oder Ton, der diese
Region durchflutet und überall als Farbe in Erscheinung tritt, ist sozusagen
sein Werkzeug. Es ist diese harmonische Klangschwingung, die als Lebenselixier
in den dreifachen Geist die Quintessenz des dreifachen Körpers hineinbaut,
von dem sein Wachstum abhängig ist.
Das Leben im zweiten Himmel ist in verschiedener Beziehung außerordentlich
tätig. Das Ego nimmt die Früchte des letzten Erdenlebens auf und bereitet
die Umgebung für eine künftige physische Existenz vor. Es genügt
nicht nur anzunehmen, dass die neuen Bedingungen durch Lebensführung und
Taten im eben verflossenen Leben bestimmt werden. Die Früchte der Vergangenheit
müssen in die Welt hineingearbeitet werden, die der nächste Schauplatz
der Tätigkeit sein wird, während das Ego neue physische Erfahrungen
und weitere Früchte sammelt. Daher arbeiten alle Bürger der himmlischen
Welt an den Modellen der Erde, die alle in der Region der konkreten Gedanken
sind. Sie verwandeln die physischen Züge der Erde und bringen ihre allmählichen
Veränderungen hervor, die ihr Aussehen verwandeln, so dass zur nächsten
Wiederkehr auf die Erde eine umgemodelte Umgebung vorbereitet wird, wo nun neue
Erfahrungen gesammelt werden. Das Klima, die Flora und die Fauna werden vom
Menschen unter Führung höherer Wesen, von denen später die Rede
sein soll, geändert. So ist die Welt genau so, wie wir selbst, individuell
und gemeinsam, sie gestaltet haben, und sie wird so sein, wie wir sie gestalten.
Der esoterische Wissenschaftler sieht hinter jedem Ereignis eine Ursache geistiger
Natur, die sich selbst manifestiert, und vergisst die Einflüsse und die
beunruhigend zunehmende Häufigkeit der Erdbebenstörungen nicht, die
er auf materialistisches Denken der modernen Wissenschaft zurückführt.
Es ist ja richtig, dass rein physische Ursachen solche Störungen verursachen
können. Ist das aber auch das letzte Wort darüber ? Können wir
dadurch die volle Erklärung erhalten, dass wir verzeichnen, was auf der
Erdoberfläche vor sich geht ? Gewiss nicht ! Wir sehen, dass zwei Menschen
auf der Strasse sprechen, dass einer den andern plötzlich zu Boden schlägt.
Ein Beobachter kann sagen, dass ein zorniger Gedanke die Ursache war. Ein anderer
kann sich über diese Aussage lustig machen und erklären, dass er den
aufgehobenen Arm, die zusammengezogenen Muskeln, den ausholenden und mit dem
niedergeschlagenen Opfer in Verbindung kommenden Arm sah. Auch das ist wahr.
Man kann aber ruhig behaupten, dass ohne einen vorhergehenden zornigen Gedanken
der Schlag nicht erfolgt wäre. Ebenso sagt der Esoteriker, dass ohne den
Materialismus Erdbeben sich nicht ereignet hätten.
Die Tätigkeit des Menschen in der himmlischen Welt beschränkt sich
nicht ausschließlich auf die Umgestaltung der Erdoberfläche, obwohl
sie die Stätte zukünftiger Kämpfe um die Unterwerfung der physischen
Welt sein wird. Er ist ebenso eifrig bemüht, einen Körper bauen zu
lernen, der ein immer besseres Ausdrucksmittel wird. Die Bestimmung der Menschen
ist, eine schöpferische Intelligenz zu werden, und er verbringt die Zeit
im zweiten Himmel, um sich dazu zu schulen. Während seines Lebens im Himmel
lernt er alle Arten von Körpern, einschließlich des menschlichen,
zu erbauen.
Wir sprachen von den Kräften, die längs der positiven und negativen
Pole der verschiedenen Ätherarten wirken. Der
Mensch ist selbst ein Teil dieser Kräfte. Die, die wir
«tot» nennen, helfen uns zu leben !
Diesen wird wiederum geholfen durch die sogenannten «Naturgeister»,
über die sie befehligen. Der Mensch wird bei seinen Arbeiten von Lehrern
aus den höheren schöpferischen Hierarchien geleitet, die ihm halfen,
sich seine Träger zu erbauen, ehe er Selbstbewusstsein erlangt hatte. Er
baute damals so, wie er jetzt seine Körper im Schlafe wieder aufbaut. Während
des himmlischen Lebens lehren sie ihn bewusst. Der Maler wird gelehrt, ein genaues
Auge zu bauen, das fähig ist, eine vollkommene Perspektive, Farbe und Schatten
so aufzunehmen, wie niemand es vermag, der sich nicht für Farbe und Licht
interessiert.
Der Mathematiker hat es mit dem Raume zu tun. Die Fähigkeit der Raumwahrnehmung
hängt mit der delikaten Anordnung der im Inneren des Ohres befindlichen
drei halbkreisförmigen Kanäle zusammen, von denen jeder in eine der
drei Dimensionen des Raumes zugespitzt ist. Logisches Denken und mathematische
Befähigung stehen im Verhältnis zur Genauigkeit der Anordnung dieser
halbkreisförmigen Kanäle. Auch die musikalische Befähigung beruht
auf demselben Faktor; aber außer der Notwendigkeit der feinen Ausgestaltung
der halbkreisförmigen Kanäle, bedarf der Musiker einer außerordentlichen
Feinheit der «kortischen Fibern (Fasern)»,
von denen das menschliche Ohr ungefähr zehntausend hat. Jede von ihnen
ist fähig ungefähr 25 Tonabstufungen wiederzugeben. In den Ohren der
Mehrzahl der Menschen reagieren sie nur auf drei bis zehn der möglichen
Abstufungen.
Unter den Durchschnitts-Musikern steigt die Zahl bis auf höchstens 15 Klänge
für eine Fiber. Aber der Meister, der fähig ist, Musik aus der himmlischen
Welt herunterzubringen und wiederzugeben, braucht eine höhere Empfindlichkeit,
damit er die verschiedenen Noten unterscheiden und den kleinsten Missklang der
äußerst komplizierten Akkorde wahrnehmen kann. Auf Menschen, die
Organe von so besonderer Zartheit zum Ausdrucke für ihre Fähigkeiten
brauchen, verwendet man besondere Sorgfalt, wie es die höhere Stufe ihrer
Entwicklung verdient und erfordert. Kein anderer Künstler kommt an Rang
dem Musiker gleich. Diese Erwägung ist verständlich, wenn wir in Betracht
ziehen, dass der Maler seine Inspirationen hauptsächlich aus der Welt der
Farbe – der näheren Empfindungs-Welt - schöpft, der Musiker
sich aber bemüht, die Atmosphäre unserer himmlischen Heimatwelt
(in der wir als Geister Bürger sind) herniederzubringen, und sie
versucht, in die Klänge des Erdenlebens zu übertragen. Er hat die
höchste Mission als Künstler, denn von den Ausdrucksarten des Seelenlebens
steht die Musik an höchster Stelle. Dass die Musik anders und höher
als die anderen Künste ist, geht auch daraus hervor, dass eine Statue oder
ein Gemälde, einmal geschaffen, dauernden Bestand hat. Sie entstammen der
Empfindungs-Welt, und sind daher kristallisationsfähiger, während
die Musik als Botschaft aus der himmlischen Welt, flüchtiger ist und neu
geschaffen werden muss, so oft wir sie hören. Man kann sie nicht einsperren,
wie man aus den erfolglosen Versuchen besonders mit mechanischen Erfindungen
wie Phonographen und Pianolas sehen kann. Die so erzeugte Musik verliert viel
von dem seelendurchdringenden Schmelz, den sie hat, wenn sie gerade aus ihrer
eigenen Welt kommt, wenn sie der Seele die Erinnerung an ihre Heimat zurückbringt
und zu ihr in einer Sprache sprechend, der keine in Marmor oder auf der Leinwand
ausgedrückte Schönheit gleichen kann.
Das Instrument, vermöge dessen der Mensch die Musik erfasst, ist das meist-vollkommene
Sinnesorgan des menschlichen Körpers. Das Auge ist keineswegs verlässlich,
aber das Ohr ist es in dem Sinne, dass es jeden Klang ohne Entstellung hört,
während das Auge oft entstellt, was es sieht.
Außer dem musikalischen Ohre muss der Musiker auch lernen, eine lange,
feine Hand zu erbauen, die schlanke Finger und empfindliche Nerven hat, sonst
könnte er die Melodien, die er hört, nicht wiedergeben.
Es ist ein Naturgesetz, dass niemand einen tüchtigeren Körper bewohnen
kann, als er zu erbauen fähig ist. Zuerst lernt er Körper von einer
gewissen Abstufung zu erbauen, und dann lernt er darin zu leben. Auf diese Weise
lernt er dessen Fehler kennen und erhält die Lehre, wie sie zu verbessern
sind.
Alle Menschen arbeiten während des vorgeburtlichen Lebens so lange unbewusst
an der Erbauung ihrer Körper, bis der Punkt erreicht ist, an dem die Quintessenz
der früheren Körper - die sie bewahrt haben - hineingebaut werden
soll. Dann arbeiten sie bewusst. Daraus ersieht man, dass der Mensch, je mehr
er sich entwickelt und an seinen Trägern arbeitet, wodurch er sie unsterblich
macht, um so mehr Macht gewinnt, für ein neues Leben zu bauen. Der vorgeschrittene
Schüler einer esoterischen Schule beginnt manchmal bei seiner neuen Verkörperung
für sich selbst zu bauen, sobald das Werk der ersten drei Wochen (das
ausschließlich der Mutter gehört), vollendet ist. Wenn die
Zeit des unbewussten Erbauens vorüber ist, hat der Mensch eine Gelegenheit,
seine angeborene schöpferische Kraft zu üben, und der wahrhaft ursprünglich-schöpferische
Vorgang: «Epigenesis» - beginnt.
So sehen wir, dass der Mensch seine Träger in der himmlischen Welt erbauen
und sie in der physischen Welt gebrauchen lernt. Die Natur bereitet alle Phasen
der Entwicklung in einer so bewundernswerten Weise und mit so vollendeter Weisheit
vor, dass wir, je mehr wir lernen, tiefer und tiefer in ihre Geheimnisse einzudringen,
immer mehr von unserer eigenen Bedeutungslosigkeit und von einer immer wachsenden
Ehrfurcht vor Gott erfüllt werden, dessen sichtbares Symbol die Natur ist.
Je mehr wir von ihren Wundern erkennen, um so mehr gewinnen wir die Überzeugung,
dass das Weltsystem nicht ein ungeheures «Perpetuum
mobile» ist, wie gedankenlose Menschen es uns einreden wollen.
Diese Annahme ist genau so logisch, als wenn wir uns einbildeten, dass eine
in die Luft geworfene Schachtel voll loser Buchstaben sich bei ihrem Herabfallen
zu einem schönen Gedichte geordnet haben werden. Je größer die
Kompliziertheit des Planes ist - um so größer ist die Kraft des Argumentes
zugunsten der Theorie eines intelligenten göttlichen Urhebers. S.122-130
Der
dritte Himmel
Wenn nun alle Früchte des vergangenen Lebens aufgenommen
wurden und die Gestalt der Erde dermaßen verändert worden war, dass
sie die nötige Umgebung für einen weiteren Schritt zur Vervollkommnung
bieten kann; wenn durch Arbeit an Körpern anderer gelernt wurde, einen
geeigneten eigenen Körper zu bauen, durch welchen es möglich ist,
sich selbst in der physischen Welt zu betätigen, und wenn endlich der Intellekt
in der Essenz aufgelöst wurde, die an dem dreifachen Geiste baut, steigt
der nackte individuelle Geist in die höhere Region der Gedankenwelt - in
den dritten Himmel. Hier wird er durch die unaussprechliche Harmonie dieser
höheren Welt zu seinem neuen Untertauchen in die
Materie gestärkt.
Nach einiger Zeit entsteht das Verlangen nach neuen Erfahrungen und die Beschauung
der Möglichkeiten einer neuen Geburt wird ermöglicht. Diese lässt
eine Serie von Bildern vor dem Geiste entstehen: ein Panorama des neuen Lebens,
das seiner harrt. Aber man beachte wohl: das Pa¬norama enthält nur
die Hauptereignisse. Was die Einzelheiten anbelangt, hat der Geist freien Willen.
Es ist so, als wenn ein Mensch, der in eine fremde Stadt reisen soll, einen
nur für bestimmte Zeit gültigen Fahrschein mit freier Wahl des Reiseweges
hätte. Nachdem er gewählt und die Reise begonnnen hat, ist es noch
nicht bestimmt, ob er nicht während der Reise seinen Reiseweg verändern
wird. Er kann sich innerhalb der zulässigen Zeit an so vielen Orten aufhalten,
als er will; er kann aber nicht zurück. So wird er mit fortschreitender
Entfernung vom Ausgangsorte durch seine vergangene Wahl mehr und mehr beschränkt.
Hat er eine Dampfbahn gewählt, die mit Kohlenstaub angeheizt wird, so kann
er erwarten, beschmutzt und verrußt zu werden. Hätte er eine Eisenbahn
gewählt, die mit Anthrazit geheizt oder durch Elektrizität betrieben
wird, so wäre er reiner geblieben. Ebenso ist es im neuen Leben. Es kann
ihm ein hartes Leben bestimmt sein; er hat aber freie Wahl, es reinlich oder
im Schmutze watend zu durchleben. Auch andere Umstände des Lebens unterliegen
seiner Bestimmung, soweit sie innerhalb der Grenzen seiner vergangenen Entschlüsse
und Taten stehen.
Die Bilder im Panorama des zu erwartenden Lebens beginnen bei der Wiege und
enden mit dem Grabe. Sie rollen in der entgegengesetzten Reihenfolge ab, wie
im Panorama nach dem Tode, das vor dem Auge des Geistes unmittelbar nach seiner
Befreiung vom physischen Körper vorüberzieht. Der Grund für diesen
fundamentalen Unterschied der beiden Panoramen ist, dass das vorgeburtliche
Panorama den Zweck hat, dem sich wiederverkörpernden Ego
zu zeigen, wie bestimmte Ursachen
oder Taten immer gewisse Wirkungen hervorrufen.
Beim Panorama nach dem Tode liegt der Fall umgekehrt; es hat
den Zweck zu zeigen, dass jedes Ereignis
im verflossenen Leben die Wirkung
einer weiter zurückliegenden Ursache war.
Die Natur oder Gott tut nichts ohne logische Gründe, und je weiter wir
suchen, um so offenbarer wird es sein, dass die Natur eine weise Mutter ist,
die immer die besten Mittel anwendet, um zum Ziel zu gelangen.
Man könnte vielleicht fragen, warum müssen wir wiedergeboren werden
? Warum müssen wir in dieses begrenzte und elende Erdendasein zurückkehren
? Warum können wir nicht in jenen höheren Reichen Erfahrungen sammeln,
ohne zur Erde kommen zu müssen ? Wir sind dieses traurigen, öden Erdenlebens
müde!
Solche Fragen beruhen auf verschiedenen Missverständnissen. Vor allem müssen
wir uns darüber klar werden und es tief in die Tafeln unseres Gedächtnisses
einprägen, dass der Zweck des Lebens nicht
Glück, sondern Erfahrung ist. Kummer und Schmerz sind unsere
wohlwollendsten Lehrer, während die Freuden des Lebens nur flüchtig
sind.
Das scheint eine düstere, strenge Lehre zu sein, und das menschliche Herz
schreit schon leidenschaftlich auf bei dem Gedanken, dass sie wahrscheinlich
wahr ist. Dennoch ist sie wahr, und wir werden bei näherer Prüfung
finden, dass sie gar nicht eine so strenge Lehre ist.
Betrachten wir die Segnungen des Schmerzes. Wenn wir unsere Hand auf einen heißen
Ofen legen würden, ohne Schmerz zu empfinden, so ließen wir sie wahrscheinlich
so lange liegen, bis sie, und vielleicht sogar auch der Arm, verbrannt sind,
ohne dass wir etwas davon wüssten, bis es zu spät ist, um sie zu retten.
Der Schmerz, der aus der Berührung der Hand mit dem heißen Ofen hervorgeht,
lässt uns die Hand zurückreißen, ehe ernstlicher Schaden erfolgt.
Statt die Hand zu verlieren, kommen wir mit einer Blase davon, die schnell heilt.
Das ist ein Beispiel aus der physischen Welt. Dasselbe Prinzip kann man in der
seelischen und in der geistigen Welt anwenden. Wenn wir die Moral vergewaltigen,
so werden uns die Beklemmungen unseres Gewissens davor bewahren, die Tat zu
wiederholen, und wenn wir der ersten Lehre nicht achten, wird uns die Natur
härtere und immer härtere Erfahrungen schicken, bis unserem Gewissen
endlich die Lehre aufgezwungen ist, dass «der Weg
des Übertreters schwer» ist. Und es bleibt so, bis wir endlich
gezwungen sind, uns einer anderen Richtung zuzuwenden, zu einem besseren Leben.
Erfahrung ist «Kenntnis der Wirkungen, die den Taten
folgen». Das ist der Zweck des Lebens, zusammen mit der Entwicklung
des «Willens». Der Wille ist die Kraft,
durch die wir die Resultate der Erfahrung anwenden. Wir müssen Erfahrungen
gewinnen. Aber wir haben die Wahl, ob wir sie auf dem harten Wege der persönlichen
Erfahrung oder durch die Beobachtung der Handlungen anderer, durch vernünftige
Betrachtung und Überlegung im Lichte der Erfahrungen, die wir bereits gemacht
haben, gewinnen wollen.
Nach dieser Methode sollte der esoterisch orientierte Schüler lernen, statt
nach den Streichen der Not und des Schmerzes zu verlangen. Je williger wir sind,
auf diese Weise zu lernen, um so weniger werden wir die stechenden Dornen des
«Schmerzensweges» fühlen, um so
früher werden wir auf «den Pfad des Friedens»
gelangen.
Die Wahl ist unser. Aber solange wir noch nicht alles gelernt haben, was wir
in dieser Welt lernen können, müssen wir hierher zurückkommen.
Wir können nicht in den höheren Welten bleiben und dort lernen, ehe
wir die Lehren des Erdenlebens bemeistern. Das wäre gerade so unvernünftig,
als wenn wir ein Kind heute in den Kindergarten und morgen an die Hochschule
schicken wollten. Das Kind muss Tag für Tag in den Kindergarten zurückkehren
und Jahre in der Volksschule und in der Mittelschule zubringen, ehe seine Fähigkeiten
zum Hochschulstudium genügend entwickelt sind.
Auch der Mensch geht in die Schule - in die Schule der Erfahrung. Er muss oftmals
wiederkommen, ehe er hoffen kann, alles Wissen der Sinnenwelt zu beherrschen.
Kein Leben, und sei es noch so reich an Erfahrungen, kann alle Erkenntnisse
umfassen, und so gebietet die Natur, dass er nach Pausen der Ruhe zur Erde wiederkehren
und seine Arbeit an dem Punkte aufnehmen muss, an dem er sie fallen ließ,
so wie das Kind seine Arbeit in der Schule am nächsten Tag wieder aufnimmt,
nachdem es die dazwischenliegende Nacht durchschlafen hat. Gegen diese Theorie
ist auch das kein Argument, dass der Mensch keine Erinnerung an seine vergangenen
Leben hat. Wir können nicht einmal alle Ereignisse unseres gegenwärtigen
Lebens zurückrufen. Wir erinnern uns nicht der Bemühungen, die uns
das Schreibenlernen kostete, aber wir haben die Kenntnis dieser Kunst erworben,
ein Beweis, dass wir gelernt haben. Alle Fähigkeiten, die wir besitzen,
sind ein Beweis dafür, dass wir sie irgendwann und irgendwo erworben haben.
Manche Menschen erinnern sich ihrer vergangenen Leben, wie am Schlusse des nächsten
Kapitels gezeigt werden wird, und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Wenn es keine Wiederkehr zur Erde gäbe, was wäre dann wohl der Zweck
des Lebens? Warum sich um irgend etwas bemühen? Inwiefern wäre ein
glückliches Leben im ewigen Himmel die Belohnung für ein gutes Leben
hier? Was für Vorteile könnte man in einem Himmel, wo jedermann sowieso
schon glücklich ist, von einem guten Leben haben ? Sicher ist an einem
Orte, wo jedermann glücklich und zufrieden ist, kein Platz für Sympathie,
Selbstaufopferung oder weisen Rat. Keiner würde sie dort brauchen. Aber
auf der Erde gibt es viele, die darnach dürsten, und solche menschenfreundliche
und altruistische Eigenschaften sind für die kämpfende Menschheit
von größtem Nutzen. Darum bringt das große Gesetz, das im Dienste
des Guten arbeitet, den Menschen wieder zurück, um zum Segen für sich
und andere zu arbeiten, ausgestattet mit seinen erworbenen Schätzen, mit
Schätzen, die im Himmel brach lägen, weil keiner sie braucht. S.130-134
Vorbereitung
zur Wiedergeburt
Nachdem wir nun die Notwendigkeit wiederholter Verkörperungen gesehen haben,
wollen wir zur Betrachtung der Methode übergehen, durch die diese Absicht
ausgeführt wird.
Vor dem Eintauchen in die Materie ist der dreifache Geist nackt; er hat nur
die Kräfte der vier Keimatome (die die Kerne des
dreifachen Körpers und die Hülle des Intellektes sind). Sein
Niedersteigen gleicht dem Anziehen der verschiedenen Handschuhpaare von immer
größerer Dicke, wie im früher erwähnten Beispiele. Die
Kräfte des Intellektes aus dem letzten Erdenleben werden aus ihrem Schlummer
im Keimatome wieder erweckt. Dieses beginnt Materie aus der höchsten Unterabteilung
der Region der konkreten Gedanken in ähnlicher Art anzuziehen, wie ein
Magnet Eisenspäne anzieht.
Wenn wir nun einen Magnet über feine Feilspäne von Messing, Silber,
Eisen, Gold, Blei und anderen Metallen halten, so werden wir finden, dass er
nur Eisenspäne herauswählt, und dass er selbst von diesen nicht mehr
anzieht, als seine Stärke zulässt. Seine Anziehungskraft ist von einer
bestimmten Art und ist auf ein gewisses Maß innerhalb dieser Art beschränkt.
Dasselbe gilt vom Keimatom. Es kann aus jeder Region nur das anziehen, wofür
es Affinität hat, und auch hier nicht über ein bestimmtes Maß.
So wird der Träger, der sich um diesen Kern herum bildet, ein genaues Ebenbild
des entsprechenden Trägers des vergangenen Erdenlebens, vermindert um das
Böse, das durch Reinigung entfernt wurde und vermehrt um die Quintessenz
des Guten, das im Keimatome verkörpert wurde.
Das Material, das von dem dreifachen Geiste ausgewählt wurde, formt sich
zu einer großen, glockenförmigen Gestalt, die am unteren Ende offen
ist und an der Spitze das Keimatom trägt. Wir können bei dieser Darstellung
an eine Taucherglocke denken, die in ein aus Flüssigkeiten von zunehmender
Dichtigkeit bestehendes Meer hinabtaucht. Diese entsprechen den verschiedenen
Unterabteilungen einer jeden Welt. Die Materie, die in das Gewebe des glockenförmigen
Körpers aufgenommen wird, macht ihn schwerer, so dass er in die nächst
niedere Unterabteilung sinkt und ihr die ihm angemessene Quantität von
ihrer Materie entnimmt. So wird er noch schwerer und sinkt noch tiefer, bis
er die vier Unterabteilungen der Region der konkreten
Gedanken durchschritten hat und die Hülle für den neuen Intellekt
des Menschen vollendet ist. Als nächstes werden nun die Kräfte im
Keimatome des Empfindungs-Leibes erweckt. Es stellt sich inwendig an die Spitze
der Glocke, und die Materie der siebenten Region der Empfindungs-Welt zieht
sich ringsherum zusammen, bis sie in die sechste Region sinkt und dort weitere
Materie anzieht, und so fort, bis die erste Region der Empfindungs-Welt erreicht
ist. Nun hat die Glocke zwei Lagen: die Wille des Intellektes von außen,
und innen den neuen Empfindungs-Leib.
Das Keimatom des Lebens-Leibes wird nun als nächstes zur Tätigkeit
erweckt. Hier ist aber der Vorgang nicht so einfach, wie beim Intellekte und
beim Empfindungs-Leibe. Der Leser erinnert sich daran, dass diese beiden Träger
verhältnismäßig unorganisiert sind, während der Lebens-Leib
und der physische Körper mehr organisiert und sehr kompliziert sind. Die
Materie von gegebener Quantität und Qualität wird in derselben Weise
und unter Wirksamkeit desselben Gesetzes angezogen, wie irrt Falle der beiden
höheren Körper, aber der Aufbau des neuen Körpers und seine Unterbringung
in der richtigen Umgebung wird von vier großen Wesen von unermesslicher
Weisheit besorgt, welche die berichterstattenden Engel, die
«Herren des Schicksales» sind. Sie beeinflussen den rückstrahlenden
Äther des Lebens-Leibes in solcher Weise, dass die Bilder des kommenden
Lebens in ihn widerstrahlt werden. Der Lebens-Leib wird von den Bewohnern der
himmlischen Welt und von den Elementar-Geistern in solcher Weise gebaut, dass
ein besonderer Typus des Gehirns geformt wird. Aber man merke sich: das wiederkehrende
Ego selbst einverleibt darin die Quintessenz seiner früheren Lebens-Leiber
und schafft zusätzlich zu diesem auch ein wenig Ursprüngliches. Das
geschieht, damit im zukünftigen Leben noch etwas Raum bleibt für ursprünglichen
und indivi¬duellen Ausdruck, nicht vorbestimmt durch vergangene Taten.
Es ist sehr wichtig, sich dieser Tatsache zu erinnern. Sonst wäre die Neigung
zu glauben, dass alles jetzt Bestehende das Resultat von etwas früher Bestehendem
ist, zu groß. Wenn es wirklich so wäre, so bliebe kein Raum für
neue und ursprüngliche Bemühung und für neue Ursachen. Die Kette
der Ursachen und Wirkungen ist keine eintönige Wiederholung.
Stets findet ein Zufluss von neuen und ursprünglichen Ursachen statt. Das
ist das eigentliche Rückgrat der Evolution, das einzige, das ihr Sinn verleiht
und es zu etwas anderem macht als zum Aufrollen latenter Wirklichkeiten. Das
ist «Epigenesis» - der freie Wille,
der Freiheit hat, etwas vollständig Neues einzuführen und nicht nur
zwischen zwei Handlungsweisen zu wählen. Das ist der wichtige Faktor, der
allein das System, dem wir angehören, befriedigend erklären kann.
Involution und Evolution an und für sich sind unzureichend hierzu. Aber
im Verein mit Epigenesis bilden sie den vollen Dreiklang der Erklärung:
Das Schicksal eines Individuums, das unter dem Gesetz der Ursache und Wirkung
erzeugt wurde, ist sehr kompliziert und immer assoziiert mit Egos in und außer
der physischen Existenz. Selbst die gleichzeitig Verkörperten können
nicht alle an demselben Orte leben, so dass sich die Bestimmung des Individuums
unmöglich in einer Lebenszeit oder an einem Orte erfüllen kann. Darum
wird das Ego in eine gewisse Umgebung und Familie gebracht, mit der es bereits
irgendwie in Beziehung steht. Was das abzuarbeitende Schicksal anbelangt, so
kann es unter Umständen gleichgültig sein, in welcher von mehreren
Umgebungen sich das Ego wieder verkörpert, und ist das der Fall, so steht
ihm so viel als möglich die Wahl frei. Hat es aber einmal gewählt,
so wachen die Helfer der «Herren des Schicksales»
ungesehen, dass keine Tat des freien Willens die Abarbeitung des gewählten
Schicksalsanteiles zunichte mache. Wenn wir irgend etwas tun, um diese Pflicht
zu umgehen, so werden sie Kräfte in Bewegung setzen, die uns zur Erfüllung
des Schicksals zwingen.
Wir können aber nicht oft genug wiederholen, dass das den Menschen nicht
hilflos macht. Es ist nur dasselbe Gesetz, das in Wirkung tritt, wenn wir eine
Pistole abgefeuert haben. Wir können diese abgefeuerte Kugel nicht aufhalten
oder sie auch nur auf irgend eine Weise von ihrer Bahn ablenken. Ihre Richtung
wurde von der Stellung der Pistole im Augenblicke des Abfeuerns bestimmt. Wir
hätten diese Stellung jederzeit ändern können, ehe wir den Hahn
abdrückten, da wir zu diesem Zeitpunkte noch volle Gewalt über diese
Handlung hatten. Das gilt ebenso für neue Handlungen, die zukünftiges
Schicksal schaffen. Wir können bis zu einem bestimmten Punkte gewissen
schon in Bewegung gesetzten Ursachen entgegenwirken oder sie ändern, aber
wenn sie einmal in Wirksamkeit sind, und keine andere Tat ihnen entgegengestellt
wird, so entschwinden sie unserer Kontrolle. Man nennt das «reifes»
Schicksal, und es ist diese Art des Schicksals, von dem jeder Versuch,
sich davonzustehlen, von den Herren des Schicksals vereitelt wird. Unserer Vergangenheit
stehen wir in großem Maße hilflos gegenüber, aber zukünftige
Handlungen haben wir völlig in der Gewalt, soweit wir nicht durch unsere
vergangenen Handlungen gehindert werden. Doch nach und nach erfahren wir, dass
wir die Ursache un¬serer eigenen Freuden und Schmerzen sind. Diese Erfah¬rung
erweckt uns zum Bewusstsein der Notwendigkeit, unser Leben mehr in Harmonie
mit Gottes Gesetzen zu bringen und uns so über die Gesetze der physischen
Welt zu erheben. Das ist der Schlüssel zur Befreiung, wie Goethe
sagt:
«Von
der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.»
Nachdem der Lebens-Leib durch die Herren des Schicksales gestaltet wurde, gibt
er dem physischen Körper Organ für Organ, seine Form. Die Matrize
oder Form wird hierauf in den Schoss der künftigen Mutter versetzt. Das
Keimatom des physischen Körpers befindet sich im dreieckigen Kopfe einer
der Spermatozoen im Samen des Vaters. Das allein macht die Befruchtung möglich,
und hierin liegt die Erklärung für die Tatsache, dass geschlechtliche
Verbindungen so oft unfruchtbar sind. Die chemischen Bestandteile der Samenflüssigkeit
und des Eies sind zu allen Zeiten dieselben. Wenn das die einzigen Faktoren
beim Zustandekommen einer Befruchtung wären, könnte die Erklärung
für das Problem der Unfruchtbarkeit, die meist in der materiellen, sichtbaren
Welt gesucht wird, nicht gefunden werden. Es wird klar, wenn wir bedenken, dass
die Wassermoleküle nur entlang des Kraftschemas im Wasser gefrieren und
sich als Eiskristalle offenbaren, statt in eine homogene Masse zusammenzuschmelzen,
wie es geschähe, wenn vor dem Gefrieren noch keine Kraftlinien vorhanden
wären. Ebenso kann kein fester Körper gebaut werden, ehe ein Lebens-Leib
vorhanden ist, in den die Bestandteile eingebaut werden können. Auch muss
ein Keimatom für den festen Körper vorhanden sein, um als Maß
für Qualität und Quantität der in den festen Körper einzubauenden
Materie zu dienen. Obschon im gegenwärtigen Entwicklungsstadium keine volle
Harmonie in den Bestandteilen des Körpers herrscht, die ja einen vollkommenen
Körper bedeuten würde, darf doch der Missklang nicht so stark sein,
um den Organismus zu zerstören.
Die Theorie der Vererbung ist vornehmlich nur wahr in bezug auf die Bestandteile
des festen Körpers. Die seelischen Eigenschaften sind vollständig
individuell. Aber auch an seinem physischen Körper leistet das sich verkörpernde
Ego einen Teil der Arbeit, indem es ihm die Quintessenz seiner vergangenen physischen
Qualitäten einverleibt. Kein Körper ist eine genaue Mischung der Eigenschaften
seiner Eltern, obwohl das Ego zur Entnahme seines Materials auf die Körper
des Vaters und der Mutter beschränkt ist. Darum verkörpert sich der
Musiker dort, wo er Material zum Aufbau der schlanken Hände und des zarten
Ohres mit seinen empfindlichen kortischen Fasern (Fibern)
und der genauen Anordnung der drei halbkreisförmigen Kanäle findet.
Aber die Anordnung dieses Materials liegt innerhalb der angegebenen Grenzen
in der Gewalt des Ego. Es ist gerade so, als wenn man einem Zimmermann eine
Anzahl Balken zur Erbauung seines Wohnhauses geben würde, es aber seinem
Urteil überließe, was für ein Haus er daraus errichten will.
Außer bei sehr hoch entwickelten Wesen ist diese Arbeit des Ego auf unserer
jetzigen Entwicklungsstufe kaum beachtenswert. Der größte Spielraum
ist für den Aufbau des Empfindungs-Leibes gegeben. Ein sehr kleiner für
den des Lebens-Leibes und fast gar keiner für den des physischen Körpers.
Dennoch genügt schon dieses Wenige, um jeden Menschen zum Ausdruck seines
eigenen Geistes und verschieden von seinen Eltern zu machen.
Nachdem die Befruchtung des Eies stattgefunden hat, arbeitet der Empfindungs-Leib
der Mutter durch achtzehn bis einundzwanzig Tage daran, während das Ego
in seinem Empfindungs-Leibe und der Hülle seines Intellektes außen,
aber immer in inniger Berührung mit der Mutter bleibt. Nach Ablauf dieser
Zeit tritt das Ego in den Körper der Mutter ein. Die glockenförmigen
Träger ziehen sich über den Kopf des Lebens-Leibes, und die Glocke
schließt sich unten. Von diesem Zeitpunkte an brütet das Ego über
sein werdendes Instrument bis zur Geburt des Kindes, und das neue Erdenleben
des wiederkehrenden Ego beginnt. S.134-140
Geburt
des dichten Körpers
Die Träger des Neugeborenen treten nicht sogleich in Tätigkeit. Der
physische Körper ist lange Zeit nach der Geburt noch hilflos. Analog können
wir ersehen, dass das gleiche mit den höheren Trägern der Fall sein
muss. Der wissenschaftlich geschulte Esoteriker sieht es, und die Vernunft beweist
es auch ohne Hellsichtigkeit. Ebenso wie der physische Körper unter der
schützenden Hülle des Mutterleibes für das getrennte persönliche
Leben langsam vorbereitet wird, so werden die anderen Körper nach und nach
geboren und zur Tätigkeit gebracht. Obschon die in der folgenden Beschreibung
angegebene Zeit nur annähernd ist, ist sie immerhin für allgemeine
Zwecke genau genug und zeigt die Verbindung zwischen Mikrokosmos
und Makrokosmos - dem Individuum und der Welt.
In dem Zeitabschnitt, der der Geburt unmittelbar folgt, durchdringen die verschiedenen
Träger einander, so wie in unserem früheren Beispiel der Sand den
Schwamm, und das Wasser den Sand und den Schwamm durchdringt. Aber obschon sie
im Grunde alle wie beim Erwachsenen vorhanden sind, so sind sie eben nur
latent vorhanden. Keine einzige ihrer positiven Fähigkeiten
ist in Tätigkeit. Der Lebens-Leib kann die Kräfte längs des positiven
Poles der Ätherarten noch nicht benutzen. Die Stoffaufnahme, die durch
den positiven Pol des chemischen Äthers vor sich geht, ist im Kindesalter
sehr subtil. Sie wird hauptsächlich durch den makrokosmischen Lebens-Leib
bewirkt, dessen Äther für den Lebens-Leib des Kindes als Mutter-Leib
wirken, bis es sein siebentes Lebensjahr erreicht hat; während dieser Zeit
bringen sie ihn nach und nach zur Reife. Die Fortpflanzungsfähigkeit, die
längs des positiven Poles des Lebens-Äthers wirkt, ist ebenfalls latent.
Die Erwärmung des Körpers (die durch den positiven
Pol des Licht-Äthers vor sich geht) und den Blutkreislauf verdankt
das Kind ebenfalls noch dem makrokosmischen Lebens-Leibe. Die Äther wirken
auf das Kind und entwickeln es selbst langsam zur Herrschaft über diese
Funktionen. Hingegen sind die Kräfte, die durch die negativen Pole der
Äther wirken, um so tätiger. Die Ausscheidung der festen Stoffe, die
entlang des negativen Poles des chemischen Äthers vor sich geht (und
die der festen Unterabteilung der chemischen Region entspricht), ist
sogar zu unbeschränkt, ebenso die Absonderungen der Flüssigkeit, die
entlang des negativen Poles des Lebens-Äthers vor sich geht und der zweiten
oder flüssigen Abteilung der chemischen Region entspricht. Auch die negativen
Sinneswahrnehmungen, eine Folge der negativen Kräfte des Licht-Äthers,
sind sehr stark. Das Kind ist sehr aufnahmefähig für Sinneseindrücke;
es ist «ganz Auge und Ohr».
Während der ersten Jahre sind auch die entlang des negativen Poles des
rückstrahlenden Äthers wirkenden Kräfte sehr tätig. In diesen
Jahren können Kinder die höheren Welten «sehen»
und sie plappern über das Gesehene, bis das Gelächter der Älteren
oder Strafen fürs «Märchenerzählen»
sie lehren, zu schweigen.
Es ist im höchsten Grade beklagenswert, dass die Kleinen gezwungen sind,
zu lügen oder wenigstens die Wahrheit zu leugnen, weil die «weisen»
Älteren ungläubig sind. Selbst die Arbeiten der Gesellschaft für
psychische Forschung haben ergeben, dass Kinder oft unsichtbare Spielgefährten
haben, die sie besuchen, bis sie einige Jahre alt sind. Während dieser
Jahre trägt die Hellsichtigkeit der Kinder denselben negativen Charakter
wie die der Medien.
Auch die dem Empfindungs-Leibe zugeeigneten Kräfte entwickeln sich auf
gleiche Weise. Das passive Gefühl der physischen Schmerzen ist vorhanden,
während das Gefühl der Erregung fast ganz fehlt. Gewiss zeigt das
Kind beim geringsten Anlasse Erregung, aber die Dauer dieser Erregung ist nur
kurz. Alles liegt an der Oberfläche.
Das Kind hat auch das Bindeglied des Intellektes; es ist aber zu persönlicher
Denktätigkeit fast unfähig. Es ist für Kräfte des negativen
Poles außerordentlich empfänglich und daher nachahmungslustig und
gelehrig.
So sehen wir, dass im neugeborenen Wesen alle negativen Eigenschaften tätig
sind. Ehe es aber fähig wird, seine Träger zu gebrauchen, müssen
die positiven Eigenschaften zur Keife kommen.
Darum wird jeder Träger durch die Tätigkeit des entsprechenden makrokosmischen
Trägers bis zu einem gewissen Grad der Reife gebracht, ihm als Mutterleib
dienend, bis dieser Grad erreicht ist.
Vom 1. bis 7. Lebensjahre wächst und reift der Lebens-Leib langsam im Schoße
des makrokosmischen Lebens-Leibes und wegen dessen größerer Weisheit
ist der Kindeskörper runder und wohlgeformter als im späteren Leben.
S.140-143
Geburt
des Lebens-Leibes
Während der makrokosmische Lebens-Leib das Wachstum des Kindeskörpers
leitet, bewahrt er ihn vor Gefahren, die ihm später drohen, wenn der unkluge
individuelle Lebens-Leib uneingeschränkt die Herrschaft hat. Das beginnt
ungefähr mit dem siebenten Jahre. Bis zum vierzehnten Jahre besteht dann
die Gefahr des übermäßigen, gefährlichen Wachstumes. Während
dieser Zeit hat der makrokosmische Empfindungs-Leib die Aufgabe, dem individuellen
Empfindungs-Leib als Mutterleib zu dienen.
Wenn der Lebens-Leib beim menschlichen Körper, so wie bei den Pflanzen,
uneingeschränkt freie Hand hätte, so wüchsen wir zu einer ungeheuren
Größe. Es gab in ferner Vergangenheit eine Zeit, in der der Mensch
wie eine Pflanze gebaut war und nur einen physischen und einen Lebens-Leib hatte.
Die Überlieferungen der Mythologie und der Volksmären, die über
die ganze Welt verbreitet, von Riesen zu berichten wissen, sind vollkommen wahr,
denn damals wurden die Menschen so groß wie die Bäume, und zwar aus
demselben Grunde wie diese. S.143
Geburt
des Empfindungs-Leibes
Der Lebens-Leib der Pflanze baut Blatt für Blatt
und entwickelt den Stamm höher und höher. Die Körper würden
auf diese Weise unbegrenzt fortwachsen, wenn nicht der makrokosmische Empfindungs-Leib
bei einem gewissen Punkte einschreiten und weiteres Wachstum verhindern würde.
Die Kraft, die zum weiteren Wachstume nicht mehr nötig ist, wird nun zu
anderen Zwecken verwendet. Sie muss die Blüte erbauen und den Samen entwickeln.
Ebenso lässt der Lebens-Leib, wenn der physische Körper des Menschen
mit sieben Jahren unter seine Herrschaft kommt, ihn sehr schnell wachsen, aber
um das vierzehnte Lebensjahr herum wird der Empfindungs-Leib aus dem Mutterleibe
des makrokosmischen Empfindungs-Leibes geboren und hat dann Gewalt, am physischen
Körper zu arbeiten. Um diese Zeit hört das außerordentliche
Wachstum auf, und die Kräfte, die dadurch frei werden, können für
die Fortpflanzung verwendet werden, damit die menschliche Pflanze blühen
und Früchte bringen kann. Darum leitet die Geburt des Empfindungs-Leibes
die Periode der Pubertät ein. Von dieser Zeit an wird die Anziehung zum
anderen Geschlecht gefühlt, die in der dritten Siebenerperiode des menschlichen
Körpers besonders stark ist (vom 14. bis zum 21.
Jahre), weil der zurückhaltende Intellekt noch nicht geboren wurde.
S.143-144
Geburt des Intellektes
Nach dem 14. Jahre wird nunmehr der Intellekt vom makrokosmischen
Intellekte bebrütet und genährt, damit er seine latenten Möglichkeiten
entwickeln kann und befähigt wird, eigene Gedanken zu haben. Die Kräfte
der verschiedenen Träger des Individuums sind nunmehr bis zu einem solchen
Reifegrade gelangt, dass es alle zu seiner Entwicklung gebrauchen kann. Daher
kommt das Ego mit dem 21. Jahre in den vollen Besitz aller seiner Träger.
Das vollzieht sich mit Hilfe der Blutwärme und durch die Entwicklung persönlichen
Blutes, was in Verbindung mit der vollen Entwicklung des Licht-Äthers vor
sich geht. S.144
Das
Blut als Träger des Ego
Während der Kindheit und bis zum 14. Jahre bilden
die roten Markknochen nicht alle Blutkörperchen. Die meisten werden durch
die Thymusdrüse geliefert, die im Fötus am größten ist
und nach und nach abnimmt, während die Fähigkeit, persönliches
Blut zu bilden, sich im Kinde entwickelt. Die Thymusdrüse enthält
sozusagen einen Zuschuss von Blutkörperchen, die die Eltern dem Kinde mitgeben,
und daher sieht sich das Kind selbst nicht als Individualität an. Nicht
eher, als das Blut vom Kinde selbst gebildet wird, denkt es von sich selbst
als vom «Ich»,
und wenn mit dem 14. Lebensjahre die Thymusdrüse verschwindet, erreicht
das «Ich»-Gefühl seinen vollen
Ausdruck, denn von da an wird das Blut vom Ego allein gebildet und beherrscht.
S. 144-145
Aus: Max Heindel, Die Weltanschauung der Rosenkreuzer