Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831)

Deutscher Philosoph, der am Tübinger Stift mit Friedrich Hölderlin und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling studierte. 1805 wurde Hegel Professor in Jena, 1808 Rektor des Gymnasiums in Nürnberg, 1816 Professor in Heidelberg und 1818 Nachfolger von Johann Gottlieb Fichte in Berlin, wo er als Haupt einer einflussreichen Schule bis zu seinem Tod wirkte. Hegel vollendete den Deutschen Idealismus und entwarf das umfassendste und einheitlichste System der deutschen Philosophie (absoluter Idealismus). Seine Philosophie erhebt den Anspruch, alle Erscheinungen des Natur- und Geisteslebens aus dem Wesen des Geistes abzuleiten. Die gesamte Wirklichkeit wird als dialektisch-prozessuale Selbstentwicklung und Selbstbewusstwerdung des absoluten Geistes aufgefasst. Grundvoraussetzung ist, daß alles Wirkliche vernünftig und nur das Vernünftige wirklich ist (Panlogismus). Der Gang der Philosophie in seiner logischen Entwicklung wird von ihm als Wiederholung des Schöpfungsprozesses sowie der geschichtlichen Entfaltung des Seins interpretiert. Das Gesetz der Bewegung der Wirklichkeit und damit des Begriffs als Wesen und Inbegriff der Dinge ist der Widerspruch; sobald im Denken (und Sein) ein bestimmter Zustand erreicht ist, schlägt er in seinen Gegensatz um, woraus sich ein dritter, die vorausgehenden »aufhebender«, über sie hinausgehender ergibt. Diese Dialektik (Dreischritt von These, Antithese und Synthese) ist nach Hegel nicht nur eine äußerliche Denktechnik, sondern eine der Wirklichkeit der Natur zugrundliegende Realdialektik.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

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Inhaltsverzeichnis
Das Hegelsche System

Phänomenologie des Geistes
Die Religion
A. Die natürliche Religion
a. Das Lichtwesen
b. Die Pflanze und dasTier
c. Der Werkmeister
B. Die Kunstreligion
a. Das abstrakte Kunstwerk
b. Das lebendige Kunstwerk
c. Das geistige Kunstwerk
C. Die offenbare Religion
Tod Gottes 1 , Gut und Böse , Tod , Tod Gottes 2 ,
Das Ziel ist das absolute Wissen

Philosophie der Religion
Das unendliche Gespenst
Von Gott
Das religiöse Verhältnis
Der spekulative Begriff der Religion
Die absolute Religion
Die göttliche Idee
Dreieinigkeit
Die Bestimmung des Menschen

Wissenschaft der Logik
Das Unendliche im Endlichen
Wahrhafte Unendlichkeit

Philosophie der Weltgeschichte
Gott in der Weltgeschichte
Mensch, Volksgeist und Weltgeist
Die heroischen Seelenführer
Ziel und Endzweck der Weltgeschichte
Zustand der jüdischen Religion — Jesus
Das germanische Reich

Evangelisches u. katholisches Christentum

Der Mohammedanismus


Parmenides
Zenon
Heraklit
Zarathustra
Epikur

Das Hegelsche System
Das Hegelsche System setzt sich aus drei ineinandergreifenden Bestandteilen zusammen:

1. Logik (identisch mit Metaphysik),
2. Naturphilosophie und
3. Philosophie des Geistes.


Die Logik (1. System-Bestandteil) ist die Wissenschaft von der reinen Idee und umfaßt die Lehre vom Sein, vom Wesen und vom Begriff; sie führt vom ursprünglich »an sich« seienden, leeren Begriff (ontologisch-metaphysisch der Logos vor der Weltschöpfung) bis zur absoluten Idee; die Idee entfaltet sich dann in der Form des Andersseins zur Natur, deren äußerliche Entwicklung in der Naturphilosophie (2. System-Bestandteil) stattfindet. Diese Entäußerung wird wieder aufgehoben, indem sich die Natur im menschlischen Bewußtsein selbstbewußt vergeistigt. In der Philosophie des Geistes als 3. System-Bestandteil erfolgt die Entwicklung des Geistes vom subjektiven zum objektiven und zum absoluten Geist, der über die Stufen von Kunst (Ästhetik) und Religion als verschiedenen Graden des Sichbewußtwerdens Gottes im Menschen seine höchste Erscheinungsform in der Philosophie findet. Ungeachtet des idealistischen Ansatzes erfaßt die Hegelsche Philosophie eine Mannigfaltigkeit von Konkretem, von Erscheinungen des Geistes. So waren ihr Gehalt und ihre Methoden von großem Einfluß auf das philosophisch-geisteswissenschaftliche wie das politisch-soziale Denken. Besonders nachhaltig wirkten die »Phänomenologie des Geistes« (1807), in der einzelne Formen des Bewusstseins und der sittlichen Einstellungen als für geschichtliche Epochen repräsentativ erscheinen, die Philosophie der Weltgeschichte, in der er die Staaten zu Manifestationen von Volksgeistern phantasiert und die geschichtliche Ereignisfolge als »Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit« statuiert. Die Hegelsche Rechtsphilosophie ist im wesentlichen naturrechtlich orientiert, bezieht jedoch im Rahmen des dialektischen Systems auch die weltverändernde Rolle der geschichtlichen Realität ein. Im Bereich des Sozialen soll sich der Geist zu eigenen Welten überindividueller Gestalten (Recht, Moralität, Sittlichkeit) entfalten. Im Staat soll der objektive Geist als »Wirklichkeit der sittlichen Idee« zu seiner Höchstform auflaufen. Dieses Wunschdenken wurde später zu Recht als Ausdruck eines politischen Konservativismus gesehen und als »Staatsvergottung« und theoretische Rechtfertigung totalitärer Staatsallmacht kritisiert. Die in den »Grundlinien der Philosophie des Rechts« am Rande behandelte Theorie der »bürgerlichen Gesellschaft« (im Gegengsatz zur traditionellen Auffassung als privatrechtliches System für Arbeit und Bedürfnisbefriedigung verstanden) enthält bereits Ansätze zu einer Dialektik der Klassengegensätze (Anhäufung von Reichtum, Entstehung eines besitzlosen Pöbels). Die Lösung dieser Widersprüche versteht Hegel jedoch nicht eine sozialrevolutionäre, sondern als evolutionäre Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Neben dem grundlegenden Prinzip der Dialektik, der Theorie der Entfremdung und der Arbeit als Element der Selbstverwirklichung des Menschen hat insbesondere der Gedanke der Klassengegensätze Karl Marx beeinflusst. In der Gegenwart greift die Kritische Theorie im Gegensatz zum Marxismus-Leninismus stärker auf den spekulativen Systemansatz Hegels zurück. Insbesondere der Kritische Rationalimus stellt diesen Ansatz in Frage, vor allem hinsichtlich Reichweite und Begründung der dialektischen Methode gegenüber den Ansprüchen der analytischen Wissenschaftstheorie und mathematischen Logik. Nachhaltig war die Wirkung Hegels auch auf die christliche - insbesondere die evangelische - Theologie auf Grund der von ihm geforderten Aussöhnung von Religion und Philosophie.


Phänomenologie des Geistes

Die Religion
In den bisherigen Gestaltungen, die sich im allgemeinen als Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist unterscheiden, ist zwar auch die Religion als Bewußtsein des absoluten Wesens überhaupt vorgekommen, - allein vom Standpunkte des Bewußtseins aus, das sich des absoluten Wesens bewußt ist; nicht aber ist das absolute Wesen an und für sich selbst, nicht das Selbstbewußtsein des Geistes in jenen Formen erschienen.

Schon das Bewußtsein wird, insofern es Verstand ist, Bewußtsein des Übersinnlichen oder Inneren des gegenständlichen Daseins. Aber das Übersinnliche, Ewige, oder wie man es sonst nennen mag, ist selbstlos; es ist nur erst das Allgemeine, das noch weit entfernt ist, der sich als Geist wissende Geist zu sein. - Alsdann war das Selbstbewußtsein, das in der Gestalt des unglücklichen Bewußtseins seine Vollendung hat, nur der sich zur Gegenständlichkeit wieder herausringende, aber sie nicht erreichende Schmerz des Geistes. Die Einheit des einzelnen Selbstbewußtseins und seines unwandelbaren Wesens, zu der jenes sich bringt, bleibt daher ein Jenseits desselben. - Das unmittelbare Dasein der Vernunft, die für uns aus jenem Schmerz hervorging, und ihre eigentümlichen Gestalten haben keine Religion, weil das Selbstbewußtsein derselben sich in der unmittelbaren Gegenwart weiß oder sucht.

Hingegen in der sittlichen Welt sahen wir eine Religion, und zwar die Religion der Unterwelt; sie ist der Glaube an die furchtbare unbekannte Nacht des Schicksals und an die Eumenide [Wohlwollende] des abgeschiedenen Geistes; - jene die reine Negativität in der Form der Allgemeinheit, diese dieselbe in der Form der Einzelheit. Das absolute Wesen ist in der letzteren Form also zwar das Selbst und gegenwärtiges, wie das Selbst nicht anders ist; allein das einzelne Selbst ist dieser einzelne Schatten, der die Allgemeinheit, welche das Schicksal ist, getrennt von sich hat. Er ist zwar Schatten, aufgehobener Dieser, und somit allgemeines Selbst; aber noch ist jene negative Bedeutung nicht in diese positive umgeschlagen, und daher bedeutet zugleich das aufgehobene Selbst noch unmittelbar diesen Besonderen und Wesenlosen. -

Das Schicksal aber ohne das Selbst bleibt die bewußtlose Nacht, die nicht zur Unterscheidung in ihr noch zur Klarheit des Sichselbstwissens kommt.

Dieser Glaube an das Nichts der Notwendigkeit und an die Unterwelt wird zum Glauben an den Himmel, weil das abgeschiedene Selbst mit seiner Allgemeinheit sich vereinen, in ihr das, was es enthält, auseinanderschlagen und so sich klar werden muß. Dieses Reich des Glaubens aber sahen wir nur im Elemente des Denkens seinen Inhalt ohne den Begriff entfalten und es darum in seinem Schicksale, nämlich in der Religion der Aufklärung untergehen. In dieser stellt sich das übersinnliche Jenseits des Verstandes wieder her, aber so daß das Selbstbewußtsein diesseits befriedigt steht und das übersinnliche, das leere, nicht zu erkennende noch zu fürchtende Jenseits weder als Selbst noch als Macht weiß.

In der Religion der Moralität ist endlich dies wiederhergestellt, daß das absolute Wesen ein positiver Inhalt ist; aber er ist mit der Negativität der Aufklärung vereinigt. Er ist ein Sein, das ebenso ins Selbst zurückgenommen und darin eingeschlossen bleibt, und ein unterschiedener Inhalt, dessen Teile ebenso unmittelbar negiert, als sie aufgestellt sind. Das Schicksal aber, worin diese widersprechende Bewegung versinkt, ist das seiner als des Schicksals der Wesenheit und Wirklichkeit bewußte Selbst.

Der sich selbst wissende Geist ist in der Religion unmittelbar sein eigenes reines Selbstbewußtsein. Diejenigen Gestalten desselben, die betrachtet worden - der wahre, der sich entfremdete und der seiner selbst gewisse Geist -, machen zusammen ihn in seinem Bewußtsein aus, das seiner Welt gegenübertretend in ihr sich nicht erkennt. Aber im Gewissen unterwirft er sich wie seine gegenständliche Welt überhaupt, so auch seine Vorstellung und seine bestimmten Begriffe und ist nun bei sich seiendes Selbstbewußtsein. In diesem hat er für sich, als Gegenstand vorgestellt, die Bedeutung, der allgemeine Geist zu sein, der alles Wesen
und alle Wirklichkeit in sich enthält, ist aber nicht in der Form freier Wirklichkeit oder der selbständig erscheinenden Natur. Er hat zwar Gestalt oder die Form des Seins, indem er Gegenstand seines Bewußtsein ist; aber weil dieses in der Religion in der wesentlichen Bestimmung, Selbstbewußtsein zu sein, gesetzt ist, ist die Gestalt sich vollkommen durchsichtig; und die Wirklichkeit, die er enthält, ist in ihm eingeschlossen oder in ihm aufgehoben, gerade auf die Weise, wie wenn wir alle Wirklichkeit sprechen; sie ist die gedachte allgemeine Wirklichkeit.

Indem also in der Religion die Bestimmung des eigentlichen Bewußtseins des Geistes nicht die Form des freien Andersseins hat, so ist sein Dasein von seinem Selbstbewußtsein unterschieden, und seine eigentliche Wirklichkeit fällt außer der Religion; es ist wohl ein Geist beider, aber sein Bewußtsein umfaßt nicht beide zumal, und die Religion erscheint als ein Teil des Daseins und Tuns und Treibens, dessen anderer Teil das Leben in seiner wirklichen Welt ist. Wie wir nun es wissen, daß der Geist in seiner Welt und der seiner als Geist bewußte Geist oder der Geist in der Religion dasselbe sind, so besteht die Vollendung der Religion darin, daß beides einander gleich werde, nicht nur, daß seine Wirklichkeit von der Religion befaßt ist, sondern umgekehrt, daß er sich als seiner selbst bewußter Geist wirklich und Gegenstand seines Bewußtseins werde. –

Insofern der Geist in der Religion sich ihm selbst vorstellt, ist er zwar Bewußtsein, und die in ihr eingeschlossene Wirklichkeit ist die Gestalt und das Kleid seiner Vorstellung. Der Wirklichkeit widerfährt aber in dieser Vorstellung nicht ihr vollkommenes Recht, nämlich nicht nur Kleid zu sein, sondern selbständiges freies Dasein; und umgekehrt ist sie, weil ihr die Vollendung in ihr selbst mangelt, eine bestimmte Gestalt, die nicht dasjenige erreicht, was sie darstellen soll, nämlich den seiner selbst bewußten Geist. Daß seine Gestalt ihn selbst ausdrückte, müßte sie selbst nichts anderes sein als er und er sich so erschienen oder wirklich sein, wie er in seinem Wesen ist. Dadurch allein würde auch das erreicht, was die Forderung des Gegenteils zu sein scheinen kann, nämlich dass der Gegenstand seines Bewußtseins die Form freier Wirklichkeit zugleich hat; aber nur der Geist, der sich als absoluter Geist Gegenstand ist, ist sich eine ebenso freie Wirklichkeit, als er darin seiner selbst bewußt bleibt.

Indem zunächst das Selbstbewußtsein und das eigentliche Bewußtsein, die Religion und der Geist in seiner Welt oder das Dasein des Geistes unterschieden wird, so besteht das letztere in dem Ganzen des Geistes, insofern seine Momente als auseinandertretend und jedes für sich sich darstellt. Die Momente aber sind das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein, die Vernunft und der Geist, - der Geist nämlich als unmittelbarer Geist, der noch nicht das Bewußtsein des Geistes ist. Ihre zusammengefaßte Totalität macht den Geist in seinem weltlichen Dasein überhaupt aus; der Geist als solcher enthält die bisherigen Gestaltungen in den allgemeinen Bestimmungen, den soeben genannten Momenten. Die Religion setzt den ganzen Ablauf derselben voraus und ist die einfache Totalität oder das absolute Selbst derselben. -

Der Verlauf derselben ist übrigens im Verhältnis zur Religion nicht in der Zeit vorzustellen. Der ganze Geist nur ist in der Zeit, und die Gestalten, welche Gestalten des ganzen Geistes als solchen sind, stellen sich in einer Aufeinanderfolge dar; denn nur das Ganze hat eigentliche Wirklichkeit und daher die Form der reinen Freiheit gegen Anderes, die sich als Zeit ausdrückt. Aber die Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist, haben, weil sie Momente sind, kein voneinander verschiedenes Dasein. –

Wie der Geist von seinen Momenten unterschieden wurde, so ist noch drittens von diesen Momenten selbst ihre vereinzelte Bestimmung zu unterscheiden. Jedes jener Momente sahen wir nämlich wieder an ihm selbst sich in einem eigenen Verlaufe unterscheiden und verschieden gestalten; wie z. B. am Bewußtsein die sinnliche Gewißheit und die Wahrnehmung sich unterschied. Diese letzteren Seiten treten in der Zeit auseinander und gehören einem besonderen Ganzen an. -

Denn der Geist steigt aus seiner Allgemeinheit durch die Bestimmung zur Einzelheit herab. Die Bestimmung oder Mitte ist Bewußtsein, Selbstbewußtsein usf. Die Einzelheit aber machen die Gestalten dieser Momente aus. Diese stellen daher den Geist in seiner Einzelheit oder Wirklichkeit dar und unterscheiden sich in der Zeit, so jedoch, daß die folgende die vorher gehenden an ihr behält.

Wenn daher die Religion die Vollendung des Geistes ist, worin die einzelnen Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist, als in ihren Grund zurückgehen und zurückgegangen sind, so machen sie zusammen die daseiende Wirklichkeit des ganzen Geistes aus, welcher nur ist als die unterscheidende und in sich zurückgehende Bewegung dieser seiner Seiten. Das Werden der Religion überhaupt ist in der Bewegung der allgemeinen Momente enthalten. Indem aber jedes dieser Attribute, wie es nicht nur im allgemeinen sich bestimmt, sondern wie es an und für sich ist, d. h. wie es in sich selbst sich als Ganzes verläuft, dargestellt wurde, so ist damit auch nicht nur das Werden der Religion überhaupt entstanden, sondern jene vollständigen Verläufe der einzelnen Seiten enthalten zugleich die Bestimmtheiten der Religion selbst. Der ganze Geist, der Geist der Religion, ist wieder die Bewegung, aus seiner Unmittelbarkeit zum Wissen dessen zu gelangen, was er an sich oder unmittelbar ist, und es zu erreichen, daß die Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein erscheint, seinem Wesen vollkommen gleiche und er sich anschaue, wie er ist. -

In diesem Werden ist er also selbst in bestimmten Gestalten, welche die Unterschiede dieser Bewegung ausmachen; zugleich hat damit die bestimmte Religion ebenso einen bestimmten wirklichen Geist. Wenn also dem sich wissenden Geiste überhaupt Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist angehören, so gehören bestimmten Gestalten des sich wissenden Geistes die bestimmten Formen an, welche sich innerhalb des Bewußtseins, Selbstbewußtseins, der Vernunft und des Geistes an jedem besonders entwickelten. Die bestimmte Gestalt der Religion greift für ihren wirklichen Geist aus den Gestalten eines jeden seiner Momente diejenige heraus, welche ihr entspricht. Die eine Bestimmtheit der Religion greift durch alle Seiten ihres wirklichen Daseins hindurch und drückt ihnen dies gemeinschaftliche Gepräge auf.

Auf diese Weise ordnen sich nun die Gestalten, die bis hierher auftraten, anders, als sie in ihrer Reihe erschienen, worüber vorher noch das Nötige kurz zu bemerken ist. -

In der betrachteten Reihe bildete sich jedes Moment, sich in sich vertiefend, zu einem Ganzen in seinem eigentümlichen Prinzip aus; und das Erkennen war die Tiefe oder der Geist, worin sie, die für sich kein Bestehen haben, ihre Substanz hatten. Diese Substanz ist aber nunmehr herausgetreten; sie ist die Tiefe des seiner selbst gewissen Geistes, welche es dem einzelnen Prinzip nicht gestattet, sich zu isolieren und in sich selbst zum Ganzen zu machen, sondern
diese Momente alle in sich versammelnd und zusammenhaltend schreitet sie in diesem gesamten Reichtum ihres wirklichen Geistes fort, und alle seine besonderen Momente nehmen und empfangen gemeinschaftlich die gleiche Bestimmtheit des Ganzen in sich. -

Dieser seiner selbst gewisse Geist und seine Bewegung ist ihre wahrhafte Wirklichkeit und das Anundfürsichsein, das jedem Einzelnen zukommt. –

Wenn also die bisherige eine Reihe in ihrem Fortschreiten durch Knoten die Rückgänge in ihr bezeichnete, aber aus ihnen sich wieder in eine Länge fortsetzte, so ist sie nunmehr gleichsam an diesen Knoten, den allgemeinen Momenten, gebrochen und in viele Linien zerfallen, welche, in einen Bund zusammengefaßt, sich zugleich symmetrisch vereinen, so daß die gleichen Unterschiede, in welche jede besondere innerhalb ihrer sich gestaltete, zusammentreffen. -

Es erhellt übrigens aus der ganzen Darstellung von selbst, wie diese hier vorgestellte Beiordnung der allgemeinen Richtungen zu verstehen ist, daß es überflüssig wird, die Bemerkung zu machen, daß diese Unterschiede wesentlich nur als Momente des Werdens, nicht als Teile zu fassen sind; an dem wirklichen Geiste sind sie Attribute seiner Substanz, an der Religion aber vielmehr nur Prädikate des Subjekts. –

Ebenso sind an sich oder für uns wohl alle Formen überhaupt im Geiste und in jedem enthalten; aber es kommt bei seiner Wirklichkeit überhaupt allein darauf an, welche Bestimmtheit für ihn in seinem Bewußtsein ist, in welcher er sein Selbst ausgedrückt oder in welcher Gestalt er sein Wesen weiß.

Der Unterschied, der zwischen dem wirklichen Geiste und ihm, der sich als Geist weiß, oder zwischen sich selbst als Bewußtsein und als Selbstbewußtsein gemacht wurde, ist in dem Geiste aufgehoben, der sich nach seiner Wahrheit weiß; sein Bewußtsein und sein Selbstbewußtsein sind ausgeglichen. Wie aber hier die Religion erst unmittelbar ist, ist dieser Unterschied noch nicht in den Geist zurückgegangen. Es ist nur der Begriff der Religion gesetzt; in diesem ist das Wesen das Selbstbewußtsein, das sich alle Wahrheit ist und in dieser alle Wirklichkeit enthält. Dieses Selbstbewußtsein hat als Bewußtsein sich zum Gegenstande; der erst sich unmittelbar wissende Geist ist sich also Geist in der Form der Unmittelbarkeit, und die Bestimmtheit der Gestalt, worin er sich erscheint, ist die des Seins.

Dies Sein ist zwar weder mit der Empfindung oder dem mannigfaltigen Stoffe noch mit sonstigen einseitigen Momenten, Zwecken und Bestimmungen erfüllt, sondern mit dem Geiste und wird von sich als alle Wahrheit und Wirklichkeit gewußt. Diese Erfüllung ist auf diese Weise ihrer Gestalt, er als Wesen seinem Bewußtsein nicht gleich. Er ist erst als absoluter Geist wirklich, indem er, wie er in der Gewißheit seiner selbst, sich auch in seiner Wahrheit ist, oder die Extreme, in die er sich als Bewußtsein teilt, in Geistsgestalt füreinander sind. Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand seines Bewußtseins annimmt, bleibt von der Gewißheit des Geistes als von der Substanz erfüllt; durch diesen Inhalt verschwindet dies, daß der Gegenstand zur reinen Gegenständlichkeit, zur Form der Negativität des Selbstbewußtseins herabsänke. Die unmittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die Grundlage oder reines Bewußtsein, innerhalb dessen das Bewußtsein auseinandertritt. Auf diese Weise in sein reines Selbstbewußtsein eingeschlossen, existiert er in der Religion nicht als der Schöpfer einer Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewegung hervorbringt, sind seine Gestalten als Geister, die zusammen die Vollständigkeit seiner Erscheinung ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Werden seiner vollkommenen Wirklichkeit durch die einzelnen Seiten derselben oder seine unvollkommenen Wirklichkeiten.

Die erste Wirklichkeit desselben ist der Begriff der Religion selbst oder sie als unmittelbare und also natürliche Religion; in ihr weiß der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder unmittelbarer Gestalt.

Die zweite aber ist notwendig diese, sich in der Gestalt der aufgehobenen Natürlichkeit oder des Selbsts zu wissen. Sie ist also die künstliche Religion; denn zur Form des Selbsts erhebt sich die Gestalt durch das Hervorbringen des Bewußtseins, wodurch dieses in seinem Gegenstande sein Tun oder das Selbst anschaut.

Die dritte endlich hebt die Einseitigkeit der beiden ersten auf; das Selbst ist ebensowohl ein unmittelbares, als die Unmittelbarkeit Selbst ist.

Wenn in der ersten der Geist überhaupt in der Form des Bewußtseins, in der zweiten des Selbstbewußtseins ist, so ist er in der dritten in der Form der Einheit beider; er hat die Gestalt des Anundfürsichseins; und indem er also vorgestellt ist, wie er an und für sich ist, so ist dies die offenbare Religion. Ob er aber in ihr wohl zu seiner wahren Gestalt gelangt, so ist eben die Gestalt selbst und die Vorstellung noch die unüberwundene Seite, von der er in den Begriff übergehen muß, um die Form der Gegenständlichkeit in ihm ganz aufzulösen, in ihm, der ebenso dies sein Gegenteil in sich schließt. Alsdann hat der Geist den Begriff seiner selbst erfaßt, wie wir nur erst ihn erfaßt haben, und seine Gestalt oder das Element seines Daseins, indem sie der Begriff ist, ist er
selbst.

A. Die natürliche Religion
Der den Geist wissende Geist ist Bewußtsein seiner selbst und ist sich in der Form des Gegenständlichen; er ist - und ist zugleich das Fürsichsein. Er ist für sich, er ist die Seite des Selbstbewußtseins, und zwar gegen die Seite seines Bewußtseins oder des sich auf sich als Gegenstand Beziehens. In seinem Bewußtsein ist die Entgegensetzung und hierdurch die Bestimmtheit der Gestalt, in welcher er sich erscheint und weiß. Um diese ist es in dieser Betrachtung der Religion allein zu tun, denn sein ungestaltetes Wesen oder sein reiner Begriff hat sich schon ergeben. Der Unterschied des Bewußtseins und Selbstbewußtseins fällt aber zugleich innerhalb des letzteren; die Gestalt der Religion enthält nicht das Dasein des Geistes, wie er vom Gedanken freie Natur noch wie er vom Dasein freier Gedanke ist; sondern sie ist das im Denken erhaltene Dasein, so wie ein Gedachtes, das sich da ist. -

Nach der Bestimmtheit dieser Gestalt, in welcher der Geist sich weiß, unterscheidet sich eine Religion von einer anderen; allein es ist zugleich zu bemerken, daß die Darstellung dieses seines Wissens von sich nach dieser einzelnen Bestimmtheit in der Tat nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft. Die Reihe der verschiedenen Religionen, die sich ergeben werden, stellt ebensosehr wieder nur die verschiedenen Seiten einer einzigen, und zwar jeder einzelnen dar, und die Vorstellungen, welche eine wirkliche Religion vor einer anderen auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor.

Allein zugleich muß die Verschiedenheit auch als eine Verschiedenheit der Religion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines Bewußtseins und seines Selbstbewußtseins befindet, so hat die Bewegung das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben und der Gestalt, die Gegenstand des Bewußtseins ist, die Form des Selbstbewußtseins zu geben. Dieser Unterschied ist aber nicht dadurch schon aufgehoben, daß die Gestalten, die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts an ihnen haben und der Gott als Selbstbewußtsein vorgestellt wird. Das vorgestellte Selbst ist nicht das wirkliche; daß es, wie jede andere nähere Bestimmung der Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre, muß es teils durch das Tun des Selbstbewußtseins in sie gesetzt werden, teils muß die niedrige Bestimmung von der höheren aufgehoben und begriffen zu sein sich zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch auf, Vorgestelltes und seinem Wissen fremd zu sein, daß das Selbst es hervorgebracht hat und also die Bestimmung des Gegenstandes als die seinige, somit sich in ihm anschaut. -

Durch diese Tätigkeit ist die niedrigere Bestimmung zugleich verschwunden; denn das Tun ist das negative, das sich auf Kosten eines anderen ausführt; insofern sie auch noch vorkommt, so ist sie in die Unwesentlichkeit zurückgetreten; so wie dagegen, wo die niedrigere noch herrschend ist, die höhere aber auch vorkommt, die eine selbstlos neben der anderen Platz hat. Wenn daher die verschiedenen Vorstellungen innerhalb einer einzelnen Religion zwar die ganze Bewegung ihrer Formen darstellen, so ist der Charakter einer jeden durch die besondere Einheit des Bewußtseins und des Selbstbewußtseins bestimmt, d. i. dadurch, daß das letztere die Bestimmung des Gegenstandes des ersteren in sich gefaßt, sie durch sein Tun sich vollkommen angeeignet [hat] und sie als die wesentliche gegen die anderen weiß. -

Die Wahrheit des Glaubens an eine Bestimmung des religiösen Geistes zeigt sich darin, daß der wirkliche Geist so beschaffen ist wie die Gestalt, in der er sich in der Religion anschaut, - wie z. B. die Menschwerdung Gottes, die in der morgenländischen Religion vorkommt, keine Wahrheit hat, weil ihr wirklicher Geist ohne diese Versöhnung ist. –

Hierher gehört es nicht, von der Totalität der Bestimmungen zu der einzelnen zurückzukehren und zu zeigen, in welcher Gestalt innerhalb ihrer und ihrer besonderen Religion die Vollständigkeit der übrigen enthalten ist. Die höhere Form unter eine niedrigere zurückgestellt entbehrt ihrer Bedeutung für den selbstbewußten Geist, gehört ihm nur oberflächlich und seiner Vorstellung an. Sie ist in ihrer eigentümlichen Bedeutung und da zu betrachten, wo sie Prinzip dieser besonderen Religion und durch ihren wirklichen Geist bewährt ist.

a. Das Lichtwesen
Der Geist, als das Wesen, welches Selbstbewußtsein ist — oder das selbstbewußte Wesen, welches alle Wahrheit ist und alle Wirklichkeit als sich selbst weiß —, ist gegen die Realität, die er in der Bewegung seines Bewußtseins sich gibt, nur erst sein Begriff; und dieser Begriff ist gegen den Tag dieser Entfaltung die Nacht seines Wesens, gegen das Dasein seiner Momente als selbständiger Gestalten das schöpferische Geheimnis seiner Geburt. Dies Geheimnis hat in sich selbst seine Offenbarung; denn das Dasein hat in diesem Begriffe seine Notwendigkeit, weil er der sich wissende Geist ist, also in seinem Wesen das Moment hat, Bewußtsein zu sein und sich gegenständlich vorzustellen. —

Es ist das reine Ich, das in seiner Entäußerung, in sich als allgemeinem Gegenstande die Gewißheit seiner selbst hat, oder dieser Gegenstand ist für es die Durchdringung alles Denkens und aller Wirklichkeit.

In der unmittelbaren ersten Entzweiung des sich wissenden absoluten Geistes hat seine Gestalt diejenige Bestimmung, welche dem unmittelbaren Bewußtsein oder der sinnlichen Gewißheit zukommt. Er schaut sich in der Form des Seins an, jedoch nicht des geistlosen, mit zufälligen Bestimmungen der Empfindung erfüllten Seins, das der sinnlichen Gewißheit angehört, sondern es ist das mit dem Geiste erfüllte Sein. Es schließt ebenso die Form in sich, welche an dem unmittelbaren Selbstbewußtsein vorkam, die Form des Herrn gegen das von seinem Gegenstande zurücktretende Selbstbewußtsein des Geistes. —

Dies mit dem Begriffe des Geistes erfüllte Sein ist also die Gestalt der einfachen Beziehung des Geistes auf sich selbst oder die Gestalt der Gestaltlosigkeit. Sie ist vermöge dieser Bestimmung das reine, alles enthaltende und erfüllende Lichtwesen des Aufgangs, das sich in seiner formlosen Substantialität erhält. Sein Anderssein ist das ebenso einfache Negative, die Finsternis; die Bewegungen seiner eigenen Entäußerung, seine Schöpfungen in dem widerstandslosen Elemente seines Andersseins sind Lichtgüsse; sie sind in ihrer Einfachheit zugleich sein Fürsichwerden und Rückkehr aus seinem Dasein, die Gestaltung verzehrende Feuerströme. Der Unterschied, den es sich gibt, wuchert zwar in der Substanz des Daseins fort und gestaltet sich zu den Formen der Natur; aber die wesentliche Einfachheit seines Denkens schweift bestandlos und unverständig in ihnen umher, erweitert ihre Grenzen zum Maßlosen und löst ihre zur Pracht gesteigerte Schönheit in ihrer Erhabenheit auf.

Der Inhalt, den dies reine Sein entwickelt, oder sein Wahrnehmen ist daher ein wesenloses Beiherspielen an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne in sich niederzugehen, Subjekt zu werden und durch das Selbst ihre Unterschiede zu befestigen. Ihre Bestimmungen sind nur Attribute, die nicht zur Selbständigkeit gedeihen, sondern nur Namen des vielnamigen Einen bleiben. Dieses ist mit den mannigfachen Kräften des Daseins und den Gestalten der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke angekleidet; sie sind nur eigenen Willens entbehrende Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herrlichkeit und Stimmen seines Preises.

Dies taumelnde Leben aber muß sich zum Fürsichsein bestimmen und seinen verschwindenden Gestalten Bestehen geben. Das unmittelbare Sein, in welchem es sich seinem Bewußtsein gegenüberstellt, ist selbst die negative Macht, die seine Unterschiede auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbst; und der Geist geht darum dazu über, sich in der Form des Selbsts zu wissen. Das reine Licht wirft seine Einfachheit als eine Unendlichkeit von Formen auseinander und gibt sich dem Fürsichsein zum Opfer dar, daß das Einzelne sich das Bestehen an seiner Substanz nehme.

b. Die Pflanze und das Tier
Der selbstbewußte Geist, der aus dem gestaltlosen Wesen in sich gegangen oder seine Unmittelbarkeit zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine Einfachheit als eine Mannigfaltigkeit des Fürsichseins und ist die Religion der geistigen Wahrnehmung, worin er in die zahllose Vielheit schwächerer und kräftigerer, reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Dieser Pantheismus, zunächst das ruhige Bestehen dieser Geisteratome, wird zur feindseligen Bewegung in sich selbst. Die Unschuld der Blumenreligion, die nur selbstlose Vorstellung des Selbsts ist, geht in den Ernst des kämpfenden Lebens, in die Schuld der Tierreligion, die Ruhe und Ohnmacht der anschauenden Individualität in das zerstörende Fürsichsein über. —

Es hilft nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod der Abstraktion genommen und sie zu Wesen geistiger Wahrnehmung erhoben zu haben; die Beseelung dieses Geisterreichs hat ihn durch die Bestimmtheit und die Negativität an ihr, die über die unschuldige Gleichgültigkeit derselben übergreift. Durch sie wird die Zerstreuung in die Mannigfaltigkeit der ruhigen Pflanzengestalten eine feindselige Bewegung, worin sich der Haß ihres Fürsichseins aufreibt. -

Das wirkliche Selbstbewußtsein dieses zerstreuten Geistes ist eine Menge vereinzelter ungeselliger Völkergeister, die in ihrem Hasse sich auf den Tod bekämpfen und bestimmter Tiergestalten als ihres Wesens sich bewußt werden, denn sie sind nichts anderes als Tiergeister, sich absondernde, ihrer ohne Allgemeinheit bewußte Tierleben.

In diesem Hasse reibt sich aber die Bestimmtheit des rein negativen Fürsichseins auf, und durch diese Bewegung des Begriffs tritt der Geist in eine andere Gestalt. Das aufgehobene Fürsichsein ist die Form des Gegenstandes, die durch das Selbst hervorgebracht oder die vielmehr das hervorgebrachte, sich aufreibende, d. h. zum Dinge werdende Selbst ist. Über die nur zerreißenden Tiergeister behält daher der Arbeitende die Oberhand, dessen Tun nicht nur negativ, sondern beruhigt und positiv ist. Das Bewußtsein des Geistes ist also nunmehr die Bewegung, die über das unmittelbare Ansichsein wie über das abstrakte Fürsichsein hinaus ist. Indem das Ansich zu einer Bestimmtheit durch den Gegensatz herabgesetzt ist, ist es nicht mehr die eigene Form des absoluten Geistes, sondern eine Wirklichkeit, die sein Bewußtsein sich entgegengesetzt als das gemeine Dasein vorfindet, sie aufhebt und ebenso nicht nur dies aufhebende Fürsichsein ist, sondern auch seine Vorstellung, das zur Form eines Gegenstandes herausgesetzte Fürsichsein, hervorbringt. Dies Hervorbringen ist jedoch noch nicht das vollkommene, sondern eine bedingte Tätigkeit und das Formieren eines Vorhandenen.

c. Der Werkmeister
Der Geist erscheint also hier als der Werkmeister, und sein Tun, wodurch er sich selbst als Gegenstand hervorbringt, aber den Gedanken seiner noch nicht erfaßt hat, ist ein instinktartiges Arbeiten, wie die Bienen ihre Zellen bauen.

Die erste Form, weil sie die unmittelbare ist, ist sie die abstrakte des Verstandes, und das Werk [ist] noch nicht an ihm selbst vom Geiste erfüllt. Die Kristalle der Pyramiden und Obelisken, einfache Verbindungen gerader Linien mit ebenen Oberflächen und gleichen Verhältnissen der Teile, an denen die Inkommensurabilität des Runden vertilgt ist, sind die Arbeiten dieses Werkmeisters der strengen Form. Um der bloßen Verständigkeit der Form willen ist sie nicht ihre Bedeutung an ihr selbst, nicht das geistige Selbst. Die Werke empfangen also nur den Geist entweder in sich als einen fremden, abgeschiedenen Geist, der seine lebendige Durchdringung mit der Wirklichkeit verlassen [hat], selbst tot in diese des Lebens entbehrenden Kristalle einkehrt; oder sie beziehen sich äußerlich auf ihn als auf einen solchen, der selbst äußerlich und nicht als Geist da ist, — als auf das aufgehende Licht, das seine Bedeutung auf sie wirft.

Die Trennung, von welcher der arbeitende Geist ausgeht, des Ansichseins, das zum Stoffe wird, den er verarbeitet, und des Fürsichseins, welches die Seite des arbeitenden Selbstbewußtseins ist, ist ihm in seinem Werke gegenständlich geworden. Seine fernere Bemühung muß dahin gehen, diese Trennung der Seele und des Leibes aufzuheben, jene an ihr selbst zu bekleiden und zu gestalten, diesen aber zu beseelen. Beide Seiten, indem sie einander nähergebracht werden, behalten dabei die Bestimmtheit des vorgestellten Geistes und seiner umgebenden Hülle gegeneinander; seine Einigkeit mit sich selbst enthält diesen Gegensatz der Einzelheit und Allgemeinheit. Indem das Werk in seinen Seiten sich selbst [sich] nähert, so geschieht dadurch zugleich auch das andere, daß es dem arbeitenden Selbstbewußtsein nähertritt und dieses zum Wissen seiner, wie es an und für sich ist, in dem Werke gelangt. So aber macht es nur erst die abstrakte Seite der Tätigkeit des Geistes aus, welche nicht in sich selbst noch ihren Inhalt, sondern [ihn] an seinem Werke, das ein Ding ist, weiß. Der Werkmeister selbst, der ganze Geist, ist noch nicht erschienen, sondern ist das noch innere verborgene Wesen, welches als Ganzes, nur zerlegt in das tätige Selbstbewußtsein und in seinen hervorgebrachten Gegenstand, vorhanden ist.

Die umgebende Behausung also, die äußere Wirklichkeit, die nur erst in die abstrakte Form des Verstandes erhoben ist, arbeitet der Werkmeister zur beseelteren Form aus. Er verwendet das Pflanzenleben dazu, das nicht mehr wie dem früheren ohnmächtigen Pantheismus heilig ist, sondern von ihm, der sich als das fürsichseiende Wesen erfaßt, als etwas Brauchbares genommen und zur Außenseite und Zierde zurückgesetzt wird. Es wird aber nicht unverändert verwendet, sondern der Arbeiter der selbstbewußten Form vertilgt zugleich die Vergänglichkeit, welche die unmittelbare Existenz dieses Lebens an ihm hat, und nähert seine organischen Formen den strengeren und allgemeineren des Gedankens. Die organische Form, die freigelassen in der Besonderheit fortwuchert, ihrerseits von der Form des Gedankens unterjocht, erhebt andererseits diese geradlinigen und ebenen Gestalten zur beseelteren Rundung, — eine Vermischung, welche die Wurzel der freien Architektur wird.

Diese Wohnung, die Seite des allgemeinen Elements oder der unorganischen Natur des Geistes, schließt nun auch eine Gestalt der Einzelheit in sich, die den vorher von dem Dasein abgeschiedenen, ihm inneren oder äußerlichen Geist der Wirklichkeit näherbringt und dadurch das Werk dem tätigen Selbstbewußtsein gleicher macht. Der Arbeiter greift zuerst zur Form des Fürsichseins überhaupt, zur Tiergestalt. Daß er sich seiner nicht mehr unmittelbar im Tierleben bewußt ist, beweist er dadurch, daß er gegen dieses sich als die hervorbringende Kraft konstituiert und in ihm als seinem Werke sich weiß; wodurch sie zugleich eine aufgehobene und die Hieroglyphe einer anderen Bedeutung, eines Gedankens wird. Daher wird sie auch nicht mehr allein und ganz vom Arbeiter gebraucht, sondern mit der Gestalt des Gedankens, mit der menschlichen, vermischt. Noch fehlt dem Werke aber die Gestalt und Dasein, worin das Selbst als Selbst existiert; — es fehlt ihm noch dies, an ihm selbst es auszusprechen, daß es eine innere Bedeutung in sich schließt, es fehlt ihm die Sprache, das Element, worin der erfüllende Sinn selbst vorhanden ist. Das Werk daher, wenn es sich von dem Tierischen auch ganz gereinigt [hat] und die Gestalt des Selbstbewußtseins allein an ihm trägt, ist die noch tonlose Gestalt, die des Strahls der aufgehenden Sonne bedarf, um Ton zu haben, der, vom Lichte erzeugt, auch nur Klang und nicht Sprache ist, nur ein äußeres Selbst, nicht das innere zeigt.

Diesem äußeren Selbst der Gestalt steht die andere gegenüber, welche anzeigt, ein Inneres an ihr zu haben. Die in ihr Wesen zurückgehende Natur setzt ihre lebendige, sich verein¬zelnde und in ihrer Bewegung sich verwirrende Mannigfaltigkeit zu einem unwesentlichen Gehäuse herab, das die Decke des Inneren ist; und dieses Innere ist zunächst noch die einfache Finsternis, das Unbewegte, der schwarze formlose Stein.

Beide Darstellungen enthalten die Innerlichkeit und das Dasein, — die beiden Momente des Geistes; und beide Darstellungen [enthalten sie] beide zugleich in entgegengesetztem Verhältnisse, das Selbst sowohl als Inneres wie als Äußeres. Beides ist zu vereinigen. — Die Seele der menschlich geformten Bildsäule kommt noch nicht aus dem Innern, ist noch nicht die Sprache, das Dasein, das an ihm selbst innerlich ist, — und das Innere des vielförmigen Daseins ist noch das Tonlose, sich nicht in sich selbst Unterscheidende und von seinem Äußeren, dem alle Unterschiede gehören, noch Getrennte. —

Der Werkmeister vereint daher beides in der Vermischung der natürlichen und der selbstbewußten Gestalt, und diese zweideutigen, sich selbst rätselhaften Wesen, das Bewußte ringend mit dem Bewußtlosen, das einfache Innere mit dem vielgestalteten Äußeren, die Dunkelheit des Gedankens mit der Klarheit der Äußerung paarend, brechen in die Sprache tiefer, schwerverständlicher Weisheit aus.

In diesem Werke hört die instinktartige Arbeit auf, die dem Selbstbewußtsein gegenüber das bewußtlose Werk erzeugte; denn in ihm kommt der Tätigkeit des Werkmeisters, welche das Selbstbewußtsein ausmacht, ein ebenso selbstbewußtes, sich aussprechendes Inneres entgegen. Er hat sich darin zu der Entzweiung seines Bewußtseins emporgearbeitet, worin der Geist dem Geiste begegnet. In dieser Einheit des selbstbewußten Geistes mit sich selbst, insofern er sich Gestalt und Gegenstand seines Bewußtseins ist, reinigen sich also seine Vermischungen mit der bewußtlosen Weise der unmittelbaren Naturgestalt. Diese Ungeheuer an Gestalt, Rede und Tat lösen sich zur geistigen Gestaltung auf, einem Äußeren, das in sich gegangen, — einem Inneren, das sich aus sich und an sich selbst äußert; zum Gedanken, der sich gebärendes und seine Gestalt ihm gemäß erhaltendes und klares Dasein ist. Der Geist ist Künstler.

B. Die Kunstreligion
Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein ist, in die Form des Bewußtseins selbst erhoben und bringt eine solche sich hervor. Der Werkmeister hat das synthetische Arbeiten, das Vermischen der fremdartigen Formen des Gedankens und des Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die Form der selbstbewußten Tätigkeit gewonnen, ist er geistiger Arbeiter geworden.

Fragen wir danach, welches der wirkliche Geist ist, der in der Kunstreligion das Bewußtsein seines absoluten Wesens hat, so ergibt sich, daß es der sittliche oder der wahre Geist ist. Er ist nicht nur die allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem sie für das wirkliche Bewußtsein die Gestalt des Bewußtseins hat, so heißt dies soviel, daß sie, die Individualisation hat, von ihnen als ihr eigenes Wesen und Werk gewußt wird. Weder ist sie so für sie das Lichtwesen, in dessen Einheit das Fürsichsein des Selbstbewußtseins nur negativ, nur vergehend enthalten ist und den Herrn seiner Wirklichkeit anschaut, noch ist sie das rastlose Verzehren sich hassender Völker, noch die Unterjochung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein der Organisation eines vollendeten Ganzen ausmachen, dem aber die allgemeine Freiheit der Individuen fehlt. Sondern er ist das freie Volk, worin die Sitte die Substanz aller ausmacht, deren Wirklichkeit und Dasein alle und jeder Einzelne als seinen Willen und Tat weiß.

Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine Erhebung über seine Wirklichkeit, das Zurückgehen aus seiner Wahrheit in das reine Wissen seiner selbst. Indem das sittliche Volk in der unmittelbaren Einheit mit seiner Substanz lebt und das Prinzip der reinen Einzelheit des Selbstbewußtseins nicht an ihm hat, so tritt seine Religion in ihrer Vollendung erst im Scheiden von seinem Bestehen auf. Denn die Wirklichkeit der sittlichen Substanz beruht teils auf ihrer ruhigen Unwandelbarkeit gegen die absolute Bewegung des Selbstbewußtseins und hiermit darauf, daß dieses noch nicht aus seiner ruhigen Sitte und seinem festen Vertrauen in sich gegangen ist, teils auf seiner Organisation in eine Vielheit von Rechten und Pflichten sowie in die Verteilung in die Massen der Stände und ihres besonderen Tuns, das zum Ganzen zusammenwirkt, — hiermit darauf, daß der Einzelne mit der Beschränkung seines Daseins zufrieden ist und den schrankenlosen Gedanken seines freien Selbsts noch nicht erfaßt hat. Aber jenes ruhige unmittelbare Vertrauen zur Substanz geht in das Vertrauen zu sich und in die Gewißheit seiner selbst zurück, und die Vielheit der Rechte und Pflichten wie das beschränkte Tun ist dieselbe dialektische Bewegung des Sittlichen als die Vielheit der Dinge und ihrer Bestimmungen — eine Bewegung, die nur in der Einfachheit des seiner gewissen Geistes ihre Ruhe und Festigkeit findet. —

Die Vollendung der Sittlichkeit zum freien Selbstbewußtsein und das Schicksal der sittlichen Welt ist daher die in sich gegangene Individualität, der absolute Leichtsinn des sittlichen Geistes, der alle festen Unterschiede seines Bestehens und die Massen seiner organischen Gliederung in sich aufgelöst [hat] und vollkommen seiner sicher zur schrankenlosen Freudigkeit und zum freisten Genusse seiner selbst gelangt ist. Diese einfache Gewißheit des Geistes in sich ist das Zweideutige, ruhiges Bestehen und feste Wahrheit sowie absolute Unruhe und das Vergehen der Sittlichkeit zu sein. Sie schlägt aber in das letztere um, denn die Wahrheit des sittlichen Geistes ist nur erst noch dies substantielle Wesen und Vertrauen, worin das Selbst sich nicht als freie Einzelheit weiß und das daher in dieser Innerlichkeit oder in dem Freiwerden des Selbsts zugrunde geht. Indem also das Vertrauen gebrochen, die Substanz des Volks in sich geknickt ist, so ist der Geist, der die Mitte von bestandlosen Extremen war, nunmehr in das Extrem des sich als Wesen erfassenden Selbstbewußtseins herausgetreten. Dieses ist der in sich gewisse Geist, der über den Verlust seiner Welt trauert und sein Wesen, über die Wirklichkeit erhoben, nun aus der Reinheit des Selbsts hervorbringt.

In solcher Epoche tritt die absolute Kunst hervor; früher ist sie das instinktartige Arbeiten, das, ins Dasein versenkt, aus ihm heraus und in es hinein arbeitet, nicht an der freien Sittlichkeit seine Substanz und daher auch zum arbeitenden Selbst nicht die freie geistige Tätigkeit hat. Später ist der Geist über die Kunst hinaus, um seine höhere Darstellung zu gewinnen, — nämlich nicht nur die aus dem Selbst geborene Substanz, sondern in seiner Darstellung als Gegenstand dieses Selbst zu sein, nicht nur aus seinem Begriffe sich zu gebären, sondern seinen Begriff selbst zur Gestalt zu haben, so daß der Begriff und das erzeugte Kunstwerk sich gegenseitig als ein und dasselbe wissen.

Indem also die sittliche Substanz aus ihrem Dasein sich in ihr reines Selbstbewußtsein zurückgenommen, so ist dieses die Seite des Begriffs oder der Tätigkeit, mit welcher der Geist sich als Gegenstand hervorbringt. Sie ist reine Form, weil der Einzelne im sittlichen Gehorsam und Dienste sich alles bewußtlose Dasein und feste Bestimmung so abgearbeitet hat, wie die Substanz selbst dies flüssige Wesen geworden ist. Diese Form ist die Nacht, worin die Substanz verraten ward und sich zum Subjekte machte; aus dieser Nacht der reinen Gewißheit seiner selbst ist es, daß der sittliche Geist als die von der Natur und seinem unmittelbaren Dasein befreite Gestalt aufersteht.

Die Existenz des reinen Begriffs, in den der Geist aus seinem Körper geflohen, ist ein Individuum, das er sich zum Gefäße seines Schmerzes erwählt. Er ist an diesem als sein Allgemeines und seine Macht, von welcher es Gewalt leidet, — als sein Pathos, dem hingegeben sein Selbstbewußtsein die Freiheit verliert. Aber jene positive Macht der Allgemeinheit wird vom reinen Selbst des Individuums, als der negativen Macht, bezwungen. Diese reine Tätigkeit, ihrer unverlierbaren Kraft bewußt, ringt mit dem ungestalteten Wesen; Meister darüber werdend, hat sie das Pathos zu ihrem Stoffe gemacht und sich ihren Inhalt gegeben, und diese Einheit tritt als Werk heraus, der allgemeine Geist individualisiert und vorgestellt.

a. Das abstrakte Kunstwerk
Das erste Kunstwerk ist, als das unmittelbare, das abstrakte und einzelne. Seinerseits hat es sich aus der unmittelbaren und gegenständlichen Weise dem Selbstbewußtsein entgegenzubewegen, wie andererseits dieses für sich im Kultus darauf geht, die Unterscheidung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist gibt, und hierdurch das an ihm selbst belebte Kunstwerk hervorzubringen.

Die erste Weise, in welcher der künstlerische Geist seine Gestalt und sein tätiges Bewußtsein am weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare, daß jene als Ding überhaupt da ist.

Sie zerfällt an ihr in den Unterschied der Einzelheit, welche die Gestalt des Selbsts an ihr hat, und der Allgemeinheit, welche das unorganische Wesen in bezug auf die Gestalt, als seine Umgebung und Behausung, darstellt. Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den reinen Begriff ihre reine, dem Geiste angehörige Form. Sie ist weder der verständige Kristall, der das Tote behaust oder von der äußerlichen Seele beschienen wird, noch die aus der Pflanze erst hervorgehende Vermischung der Formen der Natur und des Gedankens, dessen Tätigkeit hierin noch ein Nachahmen ist. Sondern der Begriff streift das ab, was von der Wurzel. dem Geäste und Geblätter den Formen noch anklebt, und reinigt sie zu Gebilden, worin das Geradlinige und Ebene des Kristalls in inkommensurable Verhältnisse erhoben ist, so daß die Beseelung des Organischen in die abstrakte Form des Verstandes aufgenommen und zugleich ihr Wesen, die Inkommensurabilität, für den Verstand erhalten wird.

Der inwohnende Gott aber ist der aus dem Tiergehäuse hervorgezogene schwarze Stein, der mit dem Lichte des Bewußtseins durchdrungen ist. Die menschliche Gestalt streift die tierische, mit der sie vermischt war, ab; das Tier ist für den Gott nur eine zufällige Verkleidung; es tritt neben seine wahre Gestalt und gilt für sich nichts mehr, sondern ist zur Bedeutung eines Anderen, zum bloßen Zeichen, herabgesunken. Die Gestalt des Gottes streift eben dadurch an ihr selbst auch die Bedürftigkeit der natürlichen Bedingungen des tierischen Daseins ab und deutet die innerlichen Anstalten des organischen Lebens in ihre Oberfläche verschmolzen und nur dieser angehörig an. —

Das Wesen des Gottes aber ist die Einheit des allgemeinen Daseins der Natur und des selbstbewußten Geistes, der in seiner Wirklichkeit jenem gegenüberstehend erscheint. Zugleich zunächst eine einzelne Gestalt, ist sein Dasein eines der Elemente der Natur, so wie seine selbstbewußte Wirklichkeit ein einzelner Volksgeist. Aber jenes ist in dieser Einheit das in den Geist reflektierte Element, die durch den Gedanken verklärte, mit dem selbstbewußten Leben geeinte Natur. Die Göttergestalt hat darum ihr Naturelement als ein aufgehobenes, als eine dunkle Erinnerung in ihr. Das wüste Wesen und der verworrene Kampf des freien Daseins der Elemente, das unsittliche Reich der Titanen, ist besiegt und an den Saum der sich klar gewordenen Wirklichkeit, an die trüben Grenzen der sich im Geiste findenden und beruhigten Welt verwiesen. Diese alten Götter, in welche das Lichtwesen, mit der Finsternis zeugend, sich zunächst besondert, der Himmel, die Erde, der Ozean, die Sonne, das blinde typhonische Feuer der Erde usf. sind durch Gestalten ersetzt, die an ihnen nur noch den dunkel erinnernden Anklang an jene Titanen haben und nicht mehr Naturwesen, sondern klare sittliche Geister der selbstbewußten Völker sind.

Diese einfache Gestalt hat also die Unruhe der unendlichen Vereinzelung — ihrer sowohl als des Naturelements, das nur als allgemeines Wesen notwendig, in seinem Dasein und Bewegung aber sich zufällig verhält, wie ihrer als des Volks, das, in die besonderen Massen des Tuns und in die individuellen Punkte des Selbstbewußtseins zerstreut, ein Dasein mannigfaltigen Sinnes und Tuns hat — an sich vertilgt und in ruhige Individualität zusammengefaßt. Es steht ihr daher das Moment der Unruhe, ihr — dem Wesen — das Selbstbewußtsein gegenüber, das als die Geburtsstätte derselben für sich nichts übrig behielt, als die reine Tätigkeit zu sein. Was der Substanz angehört, gab der Künstler ganz seinem Werke mit, sich selbst aber als einer bestimmten Individualität in seinem Werke keine Wirklichkeit; er konnte ihm die Vollendung nur dadurch erteilen, daß er seiner Besonderheit sich entäußerte und zur Abstraktion des reinen Tuns sich entkörperte und steigerte. —

In dieser ersten unmittelbaren Erzeugung ist die Trennung des Werks und seiner selbstbewußten Tätigkeit noch nicht wieder vereinigt; das Werk ist daher nicht für sich das wirklich beseelte, sondern es ist Ganzes nur mit seinem Werden zusammen. Das Gemeine an dem Kunstwerke, daß es im Bewußtsein erzeugt und von Menschenhänden gemacht ist, ist das Moment des als Begriff existierenden Begriffs, der ihm gegenübertritt. Und wenn dieser, als Künstler oder als Betrachter, das Kunstwerk als an ihm selbst absolut beseelt auszusprechen und sich, den Tuenden oder Schauenden, zu vergessen uneigennützig genug ist, so muß hiergegen der Begriff des Geistes festgehalten werden, der des Moments nicht entbehren kann, seiner selbst bewußt zu sein. Dies Moment aber steht dem Werke gegenüber, weil er in dieser seiner ersten Entzweiung beiden Seiten ihre abstrakten Bestimmungen des Tuns und Dingseins gegeneinander gibt und ihre Rückkehr in die Einheit, von der sie ausgingen, noch nicht zustande gekommen ist.

Der Künstler erfährt also an seinem Werke, daß er kein ihm gleiches Wesen hervorbrachte. Es kommt ihm zwar daraus ein Bewußtsein so zurück, daß eine bewundernde Menge es als den Geist, der ihr Wesen ist, verehrt. Aber diese Beseelung, indem sie ihm sein Selbstbewußtsein nur als Bewunderung erwidert, ist vielmehr ein Bekenntnis, das diese Beseelung an den Künstler ablegt, nicht seinesgleichen zu sein. Indem es ihm als Freudigkeit überhaupt zurückkommt, findet er darin nicht den Schmerz seiner Bildung und Zeugung, nicht die Anstrengung seiner Arbeit. Sie mögen das Werk auch noch beurteilen oder ihm Opfer bringen, auf welche Art es sei, ihr Bewußtsein darein legen, — wenn sie sich mit ihrer Kenntnis darüber setzen, weiß er, wieviel mehr seine Tat als ihr Verstehen und Reden ist; wenn sie sich darunter setzen und ihr sie beherrschendes Wesen darin erkennen, weiß er sich als den Meister desselben.

Das Kunstwerk erfordert daher ein anderes Element seines Daseins, der Gott einen anderen Hervorgang als diesen, worin er aus der Tiefe seiner schöpferischen Nacht in das Gegenteil, in die Äußerlichkeit, die Bestimmung des selbstbewußtlosen Dinges herabfällt. Dies höhere Element ist die Sprache, — ein Dasein, das unmittelbar selbstbewußte Existenz ist. Wie das einzelne Selbstbewußtsein in ihr da ist, ist es ebenso unmittelbar als eine allgemeine Ansteckung; die vollkommene Besonderung des Fürsichseins ist zugleich die Flüssigkeit und die allgemein mitgeteilte Einheit der vielen Selbst; sie ist die als Seele existierende Seele. Der Gott also, der die Sprache zum Elemente seiner Gestalt hat, ist das an ihm selbst beseelte Kunstwerk, das die reine Tätigkeit, die ihm, der als Ding existierte, gegenüber war, unmittelbar in seinem Dasein hat. Oder das Selbstbewußtsein bleibt in dem Gegenständlichwerden seines Wesens unmittelbar bei sich.

Es ist, so in seinem Wesen bei sich selbst seiend, reines Denken oder die Andacht, deren Innerlichkeit in der Hymne zugleich Dasein hat. Sie behält die Einzelheit des Selbstbewußtseins in ihr, und vernommen ist diese Einzelheit zugleich als allgemeine da; die Andacht, in allen angezündet, ist der geistige Strom, der, in der Vielfachheit des Selbstbewußtseins, seiner als eines gleichen Tuns aller und als einfaches Sein bewußt ist; der Geist hat als dieses allgemeine Selbstbewußtsein aller seine reine Innerlichkeit ebensowohl als das Sein für Andere und das Fürsichsein der Einzelnen in einer Einheit.

Diese Sprache unterscheidet sich von einer anderen Sprache des Gottes, die nicht die des allgemeinen Selbstbewußtseins ist. Das Orakel sowohl des Gottes der künstlerischen als der vorhergehenden Religionen ist die notwendige erste Sprache desselben; denn in seinem Begriffe liegt ebensowohl, daß er das Wesen der Natur als des Geistes ist und daher nicht nur natürliches sondern auch geistiges Dasein hat. Insofern dies Moment erst in seinem Begriffe liegt und noch nicht in der Religion realisiert ist, so ist die Sprache für das religiöse Selbstbewußtsein Sprache eines fremden Selbstbewußtseins. Das seiner Gemeine noch fremde Selbstbewußtsein ist noch nicht so da, wie sein Begriff fordert. Das Selbst ist das einfache und dadurch schlechthin allgemeine Fürsichsein; jenes aber, das von dem Selbstbewußtsein der Gemeine getrennt ist, ist nur erst ein einzelnes. —

Der Inhalt dieser einen und einzelnen Sprache ergibt sich aus der allgemeinen Bestimmtheit, in welcher der absolute Geist überhaupt in seiner Religion gesetzt ist. —

Der allgemeine Geist des Aufgangs, der sein Dasein noch nicht besondert hat, spricht also ebenso einfache und allgemeine Sätze vom Wesen aus, deren substantieller Inhalt in seiner einfachen Wahrheit erhaben ist, aber um dieser Allgemeinheit willen dem weiter sich fortbildenden Selbstbewußtsein zugleich trivial erscheint.

Das weiter gebildete Selbst, das sich zum Fürsichsein erhebt, ist über das reine Pathos der Substanz, über die Gegenständlichkeit des aufgehenden Lichtwesens Meister und weiß jene Einfachheit der Wahrheit als das Ansichseiende, das nicht die Form des zufälligen Daseins durch eine fremde Sprache hat, sondern als das sichere und ungeschriebene Gesetz der Götter, das ewig lebt und von dem niemand weiß, von wannen es erschien. —

Wie die allgemeine Wahrheit, die vom Lichtwesen geoffenbart wurde, hier ins Innere oder Untere zurückgetreten und damit der Form der zufälligen Erscheinung enthoben ist, so ist dagegen in der Kunstreligion, weil die Gestalt des Gottes das Bewußtsein und damit die Einzelheit überhaupt angenommen hat, die eigene Sprache des Gottes, der der Geist des sittlichen Volkes ist, das Orakel, das die besonderen Angelegenheiten desselben weiß und das Nützliche darüber kundtut.

Die allgemeinen Wahrheiten aber, weil sie als das Ansichseiende gewußt werden, vindiziert sich das wissende Denken, und die Sprache derselben ist ihm nicht mehr eine fremde, sondern die eigene. Wie jener Weise des Altertums, was gut und schön sei, in seinem eigenen Denken suchte, dagegen den schlechten zufälligen Inhalt des Wissens, ob es ihm gut sei, mit diesem oder jenem umzugehen, oder einem Bekannten gut, diese Reise zu machen, und dergleichen bedeutungslose Dinge, dem Dämon zu wissen überließ, ebenso holt das allgemeine Bewußtsein das Wissen vom Zufälligen von den Vögeln oder von den Bäumen oder von der gärenden Erde, deren Dampf dem Selbstbewußtsein seine Besonnenheit nimmt; denn das Zufällige ist das Unbesonnene und Fremde, und das sittliche Bewußtsein läßt sich also auch, wie durch ein Würfeln, auf eine unbesonnene und fremde Weise darüber bestimmen. Wenn der Einzelne durch seinen Verstand sich bestimmt und mit Überlegung das wählt, was ihm nützlich sei, so liegt dieser Selbstbestimmung die Bestimmtheit des besonderen Charakters zum Grunde; sie ist selbst das Zufällige, und jenes Wissen des Verstandes, was dem Einzelnen nützlich ist, daher ein ebensolches Wissen als das jener Orakel oder des Loses; nur daß der [, der] das Orakel oder Los befragt, damit die sittliche Gesinnung der Gleichgültigkeit gegen das Zufällige ausdrückt, da jenes hingegen das an sich Zufällige als wesentliches Interesse seines Denkens und Wissens behandelt. Das Höhere als beide aber ist, zwar die Überlegung zum Orakel des zufälligen Tuns zu machen, aber diese überlegte Handlung selbst wegen ihrer Seite der Beziehung auf das Besondere und ihrer Nützlichkeit als etwas Zufälliges zu wissen.

Das wahre selbstbewußte Dasein, das der Geist in der Sprache erhält, die nicht die Sprache des fremden und also zufälligen, nicht allgemeinen Selbstbewußtseins ist, ist das Kunstwerk, das wir vorhin gesehen. Es steht dem Dinglichen der Bildsäule gegenüber. Wie diese das ruhende, so ist jenes das verschwindende Dasein; wie in diesem die Gegenständlichkeit frei entlassen des eigenen unmittelbaren Selbsts entbehrt, so bleibt sie dagegen in jenem zu sehr in das Selbst eingeschlossen, kommt zuwenig zur Gestaltung und ist, wie die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, indem sie da ist.

Die Bewegung beider Seiten, in der die im reinen empfindenden Elemente des Selbstbewußtseins bewegte und die im Elemente der Dingheit ruhende göttliche Gestalt gegenseitig ihre verschiedene Bestimmung aufgeben und die Einheit zum Dasein kommt, die der Begriff ihres Wesens ist, macht der Kultus aus. In ihm gibt sich das Selbst das Bewußtsein des Herabsteigens des göttlichen Wesens aus seiner Jenseitigkeit zu ihm, und dieses, das vorher das Unwirkliche und nur Gegenständliche ist, erhält dadurch die eigentliche Wirklichkeit des Selbstbewußtseins.

Dieser Begriff des Kultus ist an sich schon in dem Strome des hymnischen Gesanges enthalten und vorhanden. Diese Andacht ist die unmittelbare reine Befriedigung des Selbsts durch und in sich selbst. Es ist die gereinigte Seele, welche in dieser Reinheit unmittelbar nur Wesen und eins mit dem Wesen ist. Sie ist um ihrer Abstraktion willen nicht das seinen Gegenstand von sich unterscheidende Bewußtsein und also nur die Nacht seines Daseins und die bereitete Stätte seiner Gestalt. Der abstrakte Kultus erhebt daher das Selbst dazu, dieses reine göttliche Element zu sein. Die Seele vollbringt diese Läuterung mit Bewußtsein; doch ist sie noch nicht das Selbst, das in seine Tiefen hinabgestiegen sich als das Böse weiß, sondern es ist ein Seiendes, eine Seele, welche ihre Äußerlichkeit mit Waschen reinigt, sie mit weißen Kleidern antut und ihre Innerlichkeit den vorgestellten Weg der Arbeiten, Strafen und Belohnungen, den Weg der die Besonderheit entäußernden Bildung überhaupt [hin] durchführt, durch welchen sie in die Wohnungen und die Gemeinschaft der Seligkeit gelangt.

Dieser Kultus ist nur erst ein geheimes, d. h. ein nur vorgestelltes, unwirkliches Vollbringen; er muß wirkliche Handlung sein, eine unwirkliche Handlung widerspricht sich selbst. Das eigentliche Bewußtsein erhebt sich dadurch in sein reines Selbstbewußtsein. Das Wesen hat in ihm die Bedeutung eines freien Gegenstandes; durch den wirklichen Kultus kehrt dieser in das Selbst zurück, — und insofern er im reinen Bewußtsein die Bedeutung des reinen, jenseits der Wirklichkeit wohnenden Wesens hat, steigt dies Wesen von seiner Allgemeinheit durch diese Vermittlung zur Einzelheit herunter und schließt sich so mit der Wirklichkeit zusammen.

Wie beide Seiten in die Handlung eintreten, bestimmt sich so, daß für die selbstbewußte Seite, insofern sie wirkliches Bewußtsein ist, das Wesen sich als die wirkliche Natur darstellt; einesteils gehört sie ihm als Besitz und Eigentum und gilt als das nicht ansichseiende Dasein; andernteils ist sie seine eigene unmittelbare Wirklichkeit und Einzelheit, die von ihm ebenso als Nichtwesen betrachtet und aufgehoben wird. Zugleich aber hat für sein reines Bewußtsein jene äußere Natur die entgegengesetzte Bedeutung, nämlich das ansichseiende Wesen zu sein, gegen welches das Selbst seine Unwesentlichkeit aufopfert, wie es umgekehrt die unwesentliche Seite der Natur sich selbst aufopfert. Die Handlung ist dadurch geistige Bewegung, weil sie dies Doppelseitige ist, die Abstraktion des Wesens, wie die Andacht den Gegenstand bestimmt, aufzuheben und es zum Wirklichen zu machen und das Wirkliche, wie das Handelnde den Gegenstand und sich bestimmt, auf- und in die Allgemeinheit zu erheben.

Die Handlung des Kultus selbst beginnt daher mit der reinen Hingabe eines Besitzes, den der Eigentümer scheinbar für ihn ganz nutzlos vergießt oder in Rauch aufsteigen läßt. Er tut hierin vor dem Wesen seines reinen Bewußtseins auf Besitz und Recht des Eigentumes und des Genusses desselben, auf die Persönlichkeit und die Rückkehr des Tuns in das Selbst Verzicht und reflektiert die Handlung vielmehr in das Allgemeine oder in das Wesen als in sich. —

Umgekehrt aber geht darin ebenso das seiende Wesen zugrunde. Das Tier, das aufgeopfert wird, ist das Zeichen eines Gottes; die Früchte, die verzehrt werden, sind die lebendige Ceres und Bacchus selbst; — in jenem sterben die Mächte des oberen Rechts, welches Blut und wirkliches Leben hat; in diesen aber die Mächte des unteren Rechts, das blutlos die geheime listige Macht besitzt. —

Die Aufopferung der göttlichen Substanz gehört, insofern sie Tun ist, der selbstbewußten Seite an; daß dieses wirkliche Tun möglich sei, muß das Wesen sich selbst schon an sich aufgeopfert haben. Dies hat es darin getan, daß es sich Dasein gegeben und zum einzelnen Tiere und zur Frucht gemacht hat. Diese Verzichtleistung, die also das Wesen schon an sich vollbracht, stellt das handelnde Selbst im Dasein und für sein Bewußtsein dar und ersetzt jene unmittelbare Wirklichkeit des Wesens durch die höhere, nämlich die seiner selbst. Denn die entstandene Einheit, die das Resultat der aufgehobenen Einzelheit und Trennung beider Seiten ist, ist nicht das nur negative Schicksal, sondern hat positive Bedeutung. Nur dem abstrakten unterirdischen Wesen wird das ihm Aufgeopferte ganz hingegeben und damit die Reflexion des Besitzes und des Fürsichseins in das Allgemeine, von dem Selbst als solchem unterschieden, bezeichnet. Zugleich aber ist dies nur ein geringer Teil, und das andere Opfern ist nur die Zerstörung des Unbrauchbaren und vielmehr die Zubereitung des Geopferten zum Mahle, dessen Schmaus die Handlung um ihre negative Bedeutung betrügt. Der Opfernde behält bei jenem ersten Opfer das meiste und von diesem das Nutzbare seinem Genusse auf. Dieser Genuß ist die negative Macht, welche das Wesen sowie die Einzelheit aufhebt, und zugleich ist er die positive Wirklichkeit, worin das gegenständliche Dasein des Wesens in selbstbewußtes verwandelt [ist] und das Selbst das Bewußtsein seiner Einheit mit dem Wesen hat.

Dieser Kultus ist übrigens zwar eine wirkliche Handlung, ihre Bedeutung liegt jedoch mehr nur in der Andacht; was dieser angehört, ist nicht gegenständlich hervorgebracht, so wie das Resultat im Genusse sich selbst seines Daseins beraubt. Der Kultus geht daher weiter und ersetzt diesen Mangel zunächst dadurch, daß er seiner Andacht ein gegenständliches Bestehen gibt, indem er die gemeinsame oder einzelne, jedem tunliche Arbeit ist, welche die Wohnung und den Putz des Gottes ihm zu Ehren hervorbringt. —

Es wird dadurch teils die Gegenständlichkeit der Bildsäule aufgehoben, denn durch diese Weihung seiner Geschenke und Arbeiten macht der Arbeitende den Gott sich geneigt und schaut sein Selbst ihm angehörig an; teils auch ist dies Tun nicht das einzelne Arbeiten des Künstlers, sondern diese Besonderheit ist in der Allgemeinheit aufgelöst. Es ist aber nicht nur die Ehre des Gottes, die zustande kommt, und der Segen seiner Geneigtheit fließt nicht nur in der Vorstellung auf den Arbeiter, sondern die Arbeit hat auch die umgekehrte Bedeutung gegen die erste der Entäußerung und der fremden Ehre. Die Wohnungen und Hallen des Gottes sind für den Gebrauch des Menschen, die Schätze, die in jenen aufbewahrt sind, im Notfalle die seinigen; die Ehre, die jener in seinem Schmucke genießt, ist die Ehre des kunstreichen und großmütigen Volkes. Am Feste schmückt dieses ebenso seine eigenen Wohnungen und Bekleidungen sowie seine Verrichtungen mit zierlichem Geräte. Es empfängt auf diese Weise für seine Gaben die Erwiderung von dem dankbaren Gotte und die Beweise seiner Geneigtheit, in der es sich mit ihm durch die Arbeit verband, nicht in der Hoffnung und einer späten Wirklichkeit, sondern hat in der Ehrenbezeugung und Darbringung der Gaben unmittelbar den Genuß seines eigenen Reichtumes und Putzes.

b. Das lebendige Kunstwerk
Das Volk, das in dem Kultus der Kunstreligion sich seinem Gotte naht, ist das sittliche Volk, das seinen Staat und die Handlungen desselben als den Willen und das Vollbringen seiner selbst weiß. Dieser Geist, dem selbstbewußten Volke gegenübertretend, ist daher nicht das Lichtwesen, das selbstlos nicht die Gewißheit der Einzelnen in sich enthält, sondern vielmehr nur ihr allgemeines Wesen und die herrische Macht ist, worin sie verschwinden. Der Kultus der Religion dieses einfachen gestaltlosen Wesens gibt seinen Angehörigen daher nur dies im allgemeinen zurück, daß sie das Volk ihres Gottes sind; er erwirbt ihnen nur ihr Bestehen und einfache Substanz überhaupt, nicht aber ihr wirkliches Selbst, das vielmehr verworfen ist. Denn sie verehren ihren Gott als die leere Tiefe, nicht als Geist. Der Kultus aber der Kunstreligion entbehrt andererseits jener abstrakten Einfachheit des Wesens und daher der Tiefe desselben. Das Wesen aber, das mit dem Selbst unmittelbar geeinigt ist, ist an sich der Geist und die wissende Wahrheit, obzwar noch nicht die gewußte oder die sich selbst in ihrer Tiefe wissende. Weil das Wesen also hier das Selbst an ihm hat, so ist seine Erscheinung dem Bewußtsein freundlich, und im Kultus erhält dieses nicht nur die allgemeine Berechtigung seines Bestehens, sondern auch sein in ihm selbst bewußtes Dasein; so wie umgekehrt das Wesen nicht in einem verworfenen Volke, dessen Substanz nur anerkannt wird, selbstlose Wirklichkeit hat, sondern in dem Volke, dessen Selbst in seiner Substanz anerkannt ist.

Aus dem Kultus tritt also das in seinem Wesen befriedigte Selbstbewußtsein und der Gott eingekehrt in es als in seine Stätte. Diese Stätte ist für sich die Nacht der Substanz oder ihre reine Individualität, aber nicht mehr die gespannte des Künstlers, die noch nicht mit ihrem gegenständlich werdenden Wesen sich ausgesöhnt hat, sondern die befriedigte Nacht, welche ihr Pathos unbedürftig an ihr hat, weil sie aus der Anschauung, der aufgehobenen Gegenständlichkeit, zurückkehrt. —

Dieses Pathos ist für sich das Wesen des Aufgangs, das aber nunmehr in sich untergegangen ist und seinen Untergang, das Selbstbewußtsein, und damit Dasein und Wirklichkeit an ihm selbst hat. —

Es hat hier die Bewegung seiner Verwirklichung durchlaufen. Sich aus seiner reinen Wesenheit herabsetzend zu einer gegenständlichen Naturkraft und deren Äußerungen, ist es ein Dasein für das Andere, für das Selbst, von dem es verzehrt wird. Das stille Wesen der selbstlosen Natur gewinnt in seiner Frucht die Stufe, worin sie, sich selbst zubereitend und verdaut, sich dem selbstischen Leben darbietet; sie erreicht in der Nützlichkeit, gegessen und getrunken werden zu können, ihre höchste Vollkommenheit; denn sie ist darin die Möglichkeit einer höheren Existenz und berührt das geistige Dasein; — teils zur stillkräftigen Substanz, teils aber zur geistigen Gärung ist der Erdgeist in seiner Metamorphose dort zum weiblichen Prinzipe der Ernährung, hier zum männlichen Prinzipe der sich treibenden Kraft des selbstbewußten Daseins gediehen.

In diesem Genusse ist also jenes aufgehende Lichtwesen verraten, was es ist; er ist das Mysterium desselben. Denn das Mystische ist nicht Verborgenheit eines Geheimnisses oder Unwissenheit, sondern besteht darin, daß das Selbst sich mit dem Wesen eins weiß und dieses also geoffenbart ist. Nur das Selbst ist sich offenbar, oder was offenbar ist, ist es nur in der unmittelbaren Gewißheit seiner. In dieser aber ist durch den Kultus das einfache Wesen gesetzt worden; es hat als brauchbares Ding nicht nur das Dasein, das gesehen, gefühlt, gerochen, geschmeckt wird, sondern ist auch Gegenstand der Begierde und wird durch den wirklichen Genuß eins mit dem Selbst und dadurch vollkommen an dieses verraten und ihm offenbar. —

Dasjenige, von dem gesagt wird, es sei der Vernunft, dem Herzen offenbar, ist in der Tat noch geheim, denn es fehlt noch die wirkliche Gewißheit des unmittelbaren Daseins, sowohl die gegenständliche als die genießende, welche in der Religion aber nicht nur die gedankenlose unmittelbare, sondern zugleich die rein wissende des Selbsts ist.

Was hiermit durch den Kultus dem selbstbewußten Geiste in ihm selbst offenbar geworden, ist das einfache Wesen als die Bewegung, teils aus seiner nächtlichen Verborgenheit herauf in das Bewußtsein zu treten, dessen stillernährende Substanz zu sein, teils aber sich ebenso wieder in die unterirdische Nacht, in das Selbst zu verlieren und oben nur mit stiller Muttersehnsucht zu verweilen. —

Der lautere Trieb aber ist das vielnamige Lichtwesen des Aufgangs und sein taumelndes Leben, das, von seinem abstrakten Sein ebenso abgelassen, sich zuerst in das gegenständliche Dasein der Frucht befaßt, dann, dem Selbstbewußtsein sich hingebend, in ihm zur eigentlichen Wirklichkeit gelangt, — nun als ein Haufen schwärmender Weiber umherschweift, der ungebändigte Taumel der Natur in selbstbewußter Gestalt.

Noch ist aber dem Bewußtsein nur der absolute Geist, der dieses einfache Wesen und nicht als der Geist an ihm selbst ist, verraten, oder nur der unmittelbare Geist, der Geist der Natur. Sein selbstbewußtes Leben ist daher nur das Mysterium des Brotes und des Weins, der Ceres und des Bacchus, nicht der anderen, der eigentlich oberen Götter, deren Individualität als wesentliches Moment das Selbstbewußtsein als solches in sich schließt. Noch hat sich ihm also der Geist als selbsthewußter Geist nicht geopfert, und das Mysterium des Brotes und Weins ist noch nicht Mysterium des Fleisches und Blutes.

Dieser unbefestigte Taumel des Gottes muß sich zum Gegenstande beruhigen und die Begeisterung, die nicht zum Bewußtsein kam, ein Werk hervorbringen, das ihr, wie der Begeisterung des vorhergehenden Künstlers die Bildsäule, zwar als ein ebenso vollendetes Werk gegenübertritt, aber nicht als ein an ihm lebloses, sondern als ein lebendiges Selbst. —

Ein solcher Kultus ist das Fest, das der Mensch zu seiner eigenen Ehre sich gibt, jedoch in einen solchen noch nicht die Bedeutung des absoluten Wesens legt; denn das Wesen ist ihm erst offenbar, noch nicht der Geist; nicht als solches, das wesentlich menschliche Gestalt annimmt. Aber dieser Kultus legt den Grund zu dieser Offenbarung und legt ihre Momente einzeln auseinander. So hier das abstrakte Moment der lebendigen Körperlichkeit des Wesens, wie vorhin die Einheit beider in bewußtloser Schwärmerei. Der Mensch stellt also an die Stelle der Bildsäule sich selbst als zur vollkommen freien Bewegung erzogene und ausgearbeitete Gestalt, wie jene die vollkommen freie Ruhe ist. Wenn jeder Einzelne wenigstens als Fackelträger sich darzustellen weiß, so hebt sich einer aus ihnen hervor, der die gestaltete Bewegung, die glatte Ausarbeitung und flüssige Kraft aller Glieder ist, — ein beseeltes, lebendiges Kunstwerk, das mit seiner Schönheit die Stärke paart und dem der Schmuck, womit die Bildsäule geehrt wurde, als Preis seiner Kraft und die Ehre, unter seinem Volke statt des steinernen Gottes die höchste leibliche Darstellung ihres Wesens zu sein, zuteil wird.

In den beiden Darstellungen, die soeben vorkamen, ist die Einheit des Selbstbewußtseins und des geistigen Wesens vorhanden; es fehlt ihnen aber noch ihr Gleichgewicht. In der bacchischen Begeisterung ist das Selbst außer sich, in der schönen Körperlichkeit aber das geistige Wesen. Jene Dumpfheit des Bewußtseins und ihr wildes Stammeln muß in das klare Dasein der letzteren und die geistlose Klarheit der letzteren in die Innerlichkeit der ersteren aufgenommen werden. Das vollkommene Element, worin die Innerlichkeit ebenso äußerlich als die Äußerlichkeit innerlich ist, ist wieder die Sprache, aber weder die in ihrem Inhalte ganz zufällige und einzelne des Orakels, noch die empfindende und nur den einzelnen Gott preisende Hymne, noch das inhaltslose Stammeln der bacchischen Raserei. Sondern sie hat ihren klaren und allgemeinen Inhalt gewonnen, ihren klaren Inhalt, denn der Künstler hat sich aus der ersten ganz substantiellen Begeisterung heraus zur Gestalt gearbeitet, die eigenes, in allen seinen Regungen von der selbstbewußten Seele durchdrungenes und mitlebendes Dasein ist, — ihren allgemeinen Inhalt, denn in diesem Feste, das die Ehre des Menschen ist, verschwindet die Einseitigkeit der Bildsäulen, die nur einen Nationalgeist, einen bestimmten Charakter der Göttlichkeit enthalten.

Der schöne Fechter ist zwar die Ehre seines besonderen Volkes, aber er ist eine körperliche Einzelheit, worin die Ausführlichkeit und Ernst der Bedeutung und der innere Charakter des Geistes, der das besondere Leben, Anliegen, Bedürfnisse und Sitten seines Volkes trägt, untergegangen ist. In dieser Entäußerung zur völligen Körperlichkeit hat der Geist die besonderen Eindrücke und Anklänge der Natur abgelegt, die er als der wirkliche Geist des Volks in sich schloß. Sein Volk ist sich daher nicht mehr seiner Besonderheit in ihm, sondern vielmehr der Ablegung derselben und der Allgemeinheit seines menschlichen Daseins bewußt.

c. Das geistige Kunstwerk
Die Vereinigung der schönen Volksgeister im Pantheon der Sprache
Die Volksgeister, die der Gestalt ihres Wesens in einem besonderen Tiere bewußt werden, gehen in einen zusammen; so vereinigen sich die besonderen schönen Volksgeister in ein Pantheon, dessen Element und Behausung die Sprache ist. Die reine Anschauung seiner selbst als allgemeiner Menschlichkeit hat an der Wirklichkeit des Volksgeistes die Form, daß er sich mit den anderen, mit denen er durch die Natur eine Nation ausmacht, zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung verbindet und für dieses Werk ein Gesamtvolk und damit einen Gesamthimmel bildet. Diese Allgemeinheit, zu der der Geist in seinem Dasein gelangt, ist jedoch nur diese erste, die von der Individualität des Sittlichen erst ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch nicht überwunden, nicht einen Staat aus diesen Völkerschaften gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirklichen Volksgeistes beruht teils auf dem unmittelbaren Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen ihres Volkes, teils auf dem unmittelbaren Anteil, den alle, des Unterschiedes von Ständen unerachtet, an den Entschlüssen und Handlungen der Regierung nehmen. In der Vereinigung, zunächst nicht zu einer bleibenden Ordnung, sondern nur zu einer gemeinsamen Handlung, ist jene Freiheit des Anteils Aller und Jeder einstweilen auf die Seite gestellt. Diese erste Gemeinschaftlichkeit ist daher mehr eine Versammlung der Individualitäten als die Herrschaft des abstrakten Gedankens, der die Einzelnen ihres selbstbewußten Anteils an Willen und Tat des Ganzen berauben würde.

Die Versammlung der Volksgeister macht einen Kreis von Gestalten aus, der jetzt die ganze Natur wie die ganze sittliche Welt befaßt. Auch sie stehen unter dem Oberbefehl mehr des Einen als seiner Oberherrschaft. Für sich sind sie die allgemeinen Substanzen dessen, was das selbstbewußte Wesen an sich ist und tut. Dieses aber macht die Kraft und zunächst den Mittelpunkt wenigstens aus, um den jene allgemeinen Wesen sich bemühen, der nur erst zufälligerweise ihre Geschäfte zu verbinden scheint. Aber die Rückkehr des göttlichen Wesens in das Selbstbewußtsein ist es, die schon den Grund enthält, daß dieses den Mittelpunkt für jene göttlichen Kräfte bildet und die wesentliche Einheit zunächst unter der Form einer freundlichen äußerlichen Beziehung beider Welten verbirgt.

Dieselbe Allgemeinheit, welche diesem Inhalte zukommt, hat notwendig auch die Form des Bewußtseins, in welcher er auftritt. Es ist nicht mehr das wirkliche Tun des Kultus, sondern ein Tun, das zwar noch nicht in den Begriff, sondern erst in die Vorstellung, in die synthetische Verknüpfung des selbstbewußten und des äußeren Daseins erhoben ist. Das Dasein dieser Vorstellung, die Sprache, ist die erste Sprache, das Epos als solches, das den allgemeinen Inhalt, wenigstens als Vollständigkeit der Welt, obzwar nicht als Allgemeinheit des Gedankens, enthält. Der Sänger ist der Einzelne und Wirkliche, aus dem als Subjekt dieser Welt sie erzeugt und getragen wird. Sein Pathos ist nicht die betäubende Naturmacht, sondern die Mnemosyne, die Besinnung und gewordene Innerlichkeit, die Erinnerung des vorhin unmittelbaren Wesens. Er ist das in seinem Inhalte verschwindende Organ; nicht sein eigenes Selbst gilt, sondern seine Muse, sein allgemeiner Gesang. Was aber in der Tat vorhanden ist, ist der Schluß, worin das Extrem der Allgemeinheit, die Götterwelt, durch die Mitte der Besonderheit mit der Einzelheit, dem Sänger, verknüpft ist. Die Mitte ist das Volk in seinen Helden, welche einzelne Menschen sind wie der Sänger, aber nur vorgestellte und dadurch zugleich allgemeine, wie das freie Extrem der Allgemeinheit, die Götter.

In diesem Epos stellt sich also überhaupt dem Bewußtsein dar, was im Kultus an sich zustande kommt, die Beziehung des Göttlichen auf das Menschliche. Der Inhalt ist eine Handlung des seiner selbst bewußten Wesens. Das Handeln stört die Ruhe der Substanz und erregt das Wesen, wodurch seine Einfachheit geteilt und in die mannigfaltige Welt der natürlichen und sittlichen Kräfte aufgeschlossen ist. Die Handlung ist die Verletzung der ruhigen Erde, die Grube, die, durch das Blut beseelt, die abgeschiedenen Geister hervorruft, welche, nach Leben durstend, es in dem Tun des Selbstbewußtseins erhalten. Das Geschäft, um welches die allgemeine Bemühung geht, bekommt die zwei Seiten, die selbstische, von einer Gesamtheit wirklicher Völker und den an ihrer Spitze stehenden Individualitäten, und die allgemeine, von ihren substantiellen Mächten vollbracht zu werden. Die Beziehung beider aber bestimmte sich vorhin so, daß sie die synthetische Verbindung des Allgemeinen und Einzelnen oder das Vorstellen ist. Von dieser Bestimmtheit hängt die Beurteilung dieser Welt ab. —

Das Verhältnis bei der ist dadurch eine Vermischung, welche die Einheit des Tuns inkonsequent verteilt und die Handlung überflüssigeweise von der einen Seite zur andern herüberwirft. Die allgemeinen Mächte haben die Gestalt der Individualität und damit das Prinzip des Handelns an ihnen; ihr Wirken erscheint daher als ein ebenso freies, von ihnen ganz ausgebendes Tun als das der Menschen. Ein und dasselbe haben daher ebensowohl die Götter als die Menschen getan. Der Ernst jener Mächte ist ein lächerlicher Überfluß, da diese in der Tat die Kraft der handelnden Individualität sind; — und die Anstrengung und Arbeit dieser ist eine ebenso unnütze Bemühung, da jene vielmehr alles lenken. —

Die übertägigen Sterblichen, die das Nichts sind, sind zugleich das mächtige Selbst, das die allgemeinen Wesen sich unterwirft, die Götter verletzt und ihnen überhaupt die Wirklichkeit und ein Interesse des Tuns verschafft; wie umgekehrt diese ohnmächtigen Allgemeinheiten, die sich von den Gaben der Menschen nähren und durch sie erst etwas zu tun bekommen, das natürliche Wesen und der Stoff aller Begebenheiten und ebenso die sittliche Materie und das Pathos des Tuns sind. Wenn ihre elementarischen Naturen durch das freie Selbst der Individualität erst in Wirklichkeit und betätigtes Verhältnis gebracht werden, so sind sie ebensosehr das Allgemeine, das sich dieser Verbindung entzieht, in seiner Bestimmung unbeschränkt bleibt und durch die unüberwindliche Elastizität seiner Einheit die Punktualität des Tätigen und seine Figurationen auslöscht, sich selbst rein erhält und alles Individuelle in seiner Flüssigkeit auflöst.

Wie sie mit der entgegenstehenden selbstischen Natur in diese widersprechende Beziehung fallen, ebenso gerät ihre Allgemeinheit mit ihrer eigenen Bestimmung und deren Verhältnis zu anderen in Widerstreit. Sie sind die ewigen schönen Individuen, die, in ihrem eigenen Dasein ruhend, der Vergänglichkeit und fremder Gewalt enthoben sind. —

Aber sie sind zugleich bestimmte Elemente, besondere Götter, die sich also zu anderen verhalten. Aber das Verhältnis zu anderen, das nach seiner Entgegensetzung ein Streit mit ihnen ist, ist eine komische Selbstvergessenheit ihrer ewigen Natur. —

Die Bestimmtheit ist in das göttliche Bestehen eingewurzelt und hat in seiner Begrenzung die Selbständigkeit der ganzen Individualität; durch diese verlieren ihre Charaktere zugleich die Schärfe der Eigentümlichkeit und vermischen sich in ihrer Vieldeutigkeit. —

Ein Zweck der Tätigkeit und ihre Tätigkeit selbst, da sie gegen ein Anderes und somit gegen eine unbesiegbare göttliche Kraft gerichtet ist, ist ein zufälliges leeres Aufspreizen, das ebenso zerfließt und den anscheinenden Ernst der Handlung in ein gefahrloses, seiner selbst sicheres Spiel ohne Resultat und Erfolg verwandelt.

Wenn aber an der Natur ihrer Göttlichkeit das Negative oder die Bestimmtheit derselben nur als die Inkonsequenz ihrer Tätigkeit und der Widerspruch des Zwecks und des Erfolgs erscheint und jene selbständige Sicherheit über das Bestimmte das Übergewicht behält, so tritt ihr eben dadurch die reine Kraft des Negativen gegenüber, und zwar als ihre letzte Macht, über welche sie nichts vermögen. Sie sind das Allgemeine und Positive gegen das einzelne Selbst der Sterblichen, das nicht gegen ihre Macht aushält; aber das allgemeine Selbst schwebt darum über ihnen und über dieser ganzen Welt der Vorstellung, welcher der ganze Inhalt angehört, als die begrifflose Leere der Notwendigkeit, — ein Geschehen, gegen das sie sich selbstlos und trauernd verhalten, denn diese bestimmten Naturen finden sich nicht in dieser Reinheit.

Diese Notwendigkeit aber ist die Einheit des Begriffes, der die widersprechende Substantialität der einzelnen Momente unterworfen ist, worin die Inkonsequenz und Zufälligkeit ihres Tuns sich ordnet und das Spiel ihrer Handlungen seinen Ernst und Wert an ihnen selbst erhält. Der Inhalt der Welt der Vorstellung spielt losgebunden für sich in der Mitte seine Bewegung, versammelt um die Individualität eines Helden, der aber in seiner Kraft und Schönheit sein Leben gebrochen fühlt und, einem frühen Tod entgegensehend, trauert. Denn die in sich feste und wirkliche Einzelheit ist an die Extremität ausgeschlossen und in ihre Momente entzweit, die sich noch nicht gefunden und vereint. Das eine Einzelne, das abstrakte Unwirkliche, ist die Notwendigkeit, die an dem Leben der Mitte nicht Anteil hat, sowenig als das andere, das wirkliche Einzelne, der Sänger, der sich außer ihm hält und in seiner Vorstellung untergeht. Beide Extreme müssen sich dem Inhalte nähern; das eine, die Notwendigkeit, hat sich mit dem Inhalte zu erfüllen, das andere, die Sprache des Sängers, muß Anteil an ihm haben und der sich selbst vorher überlassene Inhalt die Gewißheit und feste Bestimmung des Negativen an ihm erhalten.

Diese höhere Sprache, die Tragödie, faßt also die Zerstreuung der Momente der wesentlichen und handelnden Welt näher zusammen; die Substanz des Göttlichen tritt nach der Natur des Begriffs in ihre Gestalten auseinander, und ihre Bewegung ist gleichfalls ihm gemäß. In Ansehung der Form hört die Sprache dadurch, daß sie in den Inhalt hereintritt, auf, erzählend zu sein, wie der Inhalt, ein vorgestellter [zu sein]. Der Held ist selbst der Sprechende, und die Vorstellung zeigt dem Zuhörer, der zugleich Zuschauer ist, selbstbewußte Menschen, die ihr Recht und ihren Zweck, die Macht und den Willen ihrer Bestimmtheit wissen und zu sagen wissen. Sie sind Künstler, die nicht, wie die das gemeine Tun im wirklichen Leben begleitende Sprache, bewußtlos, natürlich und naiv das Äußere ihres Entschlusses und Beginnens aussprechen, sondern das innere Wesen äußern, das Recht ihres Handelns beweisen und das Pathos, dem sie angehören, frei von zufälligen Umständen und von der Besonderheit der Persönlichkeiten in seiner allgemeinen Individualität besonnen behaupten und bestimmt aussprechen. Das Dasein dieser Charaktere sind endlich wirkliche Menschen, welche die Personen der Helden anlegen und diese in wirklichem, nicht erzählendem, sondern eigenem Sprechen darstellen. So wesentlich es der Bildsäule ist, von Menschenhänden gemacht zu sein, ebenso wesentlich ist der Schauspieler seiner Maske, — nicht als äußerliche Bedingung, von der die Kunstbetrachtung abstrahieren müsse; oder insofern davon in ihr allerdings zu abstrahieren ist, so ist eben dies damit gesagt, daß die Kunst das wahre eigentliche Selbst noch nicht in ihr enthält.

Der allgemeine Boden, worauf die Bewegung dieser aus dem Begriffe erzeugten Gestalten vorgeht, ist das Bewußtsein der ersten vorstehenden Sprache und ihres selbstlosen, auseinandergelassenen Inhalts. Es ist das gemeine Volk überhaupt, dessen Weisheit in dem Chore des Alters zur Sprache kommt; es hat an dessen Kraftlosigkeit seinen Repräsentanten, weil es selbst nur das positive und passive Material der ihm gegenübertretenden Individualität der Regierung ausmacht. Der Macht des Negativen entbehrend, vermag es den Reichtum und die bunte Fülle göttlichen Lebens nicht zusammenzuhalten und zu bändigen, sondern läßt es auseinanderlaufen und preist jedes einzelne Moment als einen selbständigen Gott, bald diesen, bald wieder einen anderen, in seinen verehrenden Hymnen. Wo es aber den Ernst des Begriffes, wie er über diese Gestalten, sie zertrümmernd, einherschreitet, verspürt und es zu sehen bekommt, wie schlecht es seinen gepriesenen Göttern geht, die sich auf diesen Boden, worauf der Begriff herrscht, wagen, ist es nicht selbst die negative Macht, die handelnd eingreift, sondern hält sich im selbstlosen Gedanken derselben, im Bewußtsein des fremden Schicksals, und bringt den leeren Wunsch der Beruhigung und die schwache Rede der Besänftigung herbei. In der Furcht vor den höheren Mächten, welche die unmittelbaren Arme der Substanz sind, vor ihrem Kampfe miteinander und vor dem einfachen Selbst der Notwendigkeit, das auch sie wie die Lebendigen, die an sie geknüpft sind, zermalmt, — in dem Mitleiden mit diesen, die es zugleich als dasselbe mit sich selbst weiß, ist für es nur der untätige Schrecken dieser Bewegung, das ebenso hilflose Bedauern und als Ende die leere Ruhe der Ergebung in die Notwendigkeit, deren Werk nicht als die notwendige Handlung des Charakters und nicht als das Tun des absoluten Wesens in sich selbst erfaßt wird.

Auf diesem zuschauenden Bewußtsein als auf dem gleichgültigen Boden des Vorstellens tritt der Geist nicht in seiner zerstreuten Mannigfaltigkeit, sondern in der einfachen Entzweiung des Begriffs auf. Seine Substanz zeigt sich daher nur in ihre zwei extremen Mächte auseinandergerissen. Diese elementarischen allgemeinen Wesen sind zugleich selbstbewußte Individualitäten, — Helden, welche in eine dieser Mächte ihr Bewußtsein setzen, an ihr die Bestimmtheit des Charakters haben und ihre Betätigung und Wirklichkeit ausmachen. —

Diese allgemeine Individualisierung steigt, wie erinnert, noch zur unmittelbaren Wirklichkeit des eigentlichen Daseins herunter und stellt sich eine Menge von Zuschauern dar, die an dem Chore ihr Gegenbild oder vielmehr ihre eigene, sich aussprechende Vorstellung hat.

Der Inhalt und die Bewegung des Geistes, der sich hier Gegenstand ist, ist bereits als die Natur und Realisierung der sittlichen Substanz betrachtet worden. In seiner Religion erlangt er das Bewußtsein über sich oder stellt sich seinem Bewußtsein in seiner reineren Form und einfacheren Gestaltung dar. Wenn also die sittliche Substanz sich durch ihren Begriff, ihrem Inhalte nach, in die beiden Mächte entzweite, die als göttliches und menschliches oder unterirdisches und oberes Recht bestimmt wurden — jenes die Familie, dies die Staatsmacht — und deren das erstere der weibliche, das andere der männliche Charakter war, so schränkt sich der vorher vielförmige und in seinen Bestimmungen schwankende Götterkreis auf diese Mächte ein, die durch diese Bestimmung der eigentlichen Individualität genähert sind. Denn die frühere Zerstreuung des Ganzen in die vielfachen und abstrakten Kräfte, die substantiiert erscheinen, ist die Auflösung des Subjekts, das sie nur als Moment in seinem Selbst begreift, und die Individualität ist daher nur die oberflächliche Form jener Wesen. Umgekehrt ist ein weiterer Unterschied der Charaktere als der genannte zur zufälligen und an sich äußerlichen Persönlichkeit zu rechnen.

Zugleich teilt sich das Wesen seiner Form oder dem Wissen nach. Der handelnde Geist tritt als Bewußtsein dem Gegenstande gegenüber, auf den es tätig und der somit als das Negative des Wissenden bestimmt ist; der Handelnde befindet sich dadurch im Gegensatze des Wissens und Nichtwissens. Er nimmt aus seinem Charakter seinen Zweck und weiß ihn als die sittliche Wesenheit; aber durch die Bestimmtheit des Charakters weiß er nur die eine Macht der Substanz, und die andere ist für ihn verborgen. Die gegenwärtige Wirklichkeit ist daher ein anderes an sich und ein anderes für das Bewußtsein; das obere und das untere Recht erhalten in dieser Beziehung die Bedeutung der wissenden und dem Bewußtsein sich offenbarenden und der sich verbergenden und im Hinterhalte lauernden Macht. Die eine ist die Lichtseite, der Gott des Orakels, der, nach seinem natürlichen Momente aus der alles beleuchtenden Sonne entsprungen, alles weiß und offenbart, — Phöbus und Zeus, der dessen Vater ist. Aber die Befehle dieses wahrredenden Gottes und seine Bekanntmachungen dessen, was ist, sind vielmehr trügerisch. Denn dies Wissen ist in seinem Begriffe unmittelbar das Nichtwissen, weil das Bewußtsein an sich selbst im Handeln dieser Gegensatz ist. Der, welcher die rätselhafte Sphinx selbst aufzuschließen vermochte, wie der kindlich Vertrauende werden darum durch das, was der Gott ihnen offenbart, ins Verder¬ben geschickt. Diese Priesterin, aus der der schöne Gott spricht, ist nichts anderes als die doppelsinnigen Schicksalsschwestern, die durch ihre Verheißungen zum Verbrechen treiben und in der Zweizüngigkeit dessen, was sie als Sicherheit angaben, den, der sich auf den offenbaren Sinn verließ, betrügen.

Daher das Bewußtsein, das reiner ist als das letztere, das den Hexen glaubt, und besonnener und gründlicher als das erstere, das der Priesterin und dem schönen Gotte traut, auf die Offenbarung, die der Geist des Vaters selbst über das Verbrechen, das ihn mordete, machte, mit der Rache zaudert und andere Beweise noch veranstaltet, — aus dem Grunde, weil dieser offenbarende Geist auch der Teufel sein könnte.

Dies Mißtrauen ist darum gegründet, weil das wissende Bewußtsein sich in den Gegensatz der Gewißheit seiner selbst und des gegenständlichen Wesens setzt. Das Recht des Sittlichen, daß die Wirklichkeit nichts an sich ist im Gegensatze gegen das absolute Gesetz, erfährt, daß sein Wissen einseitig, sein Gesetz nur Gesetz seines Charakters ist, daß es nur die eine Macht der Substanz ergriff. Die Handlung selbst ist diese Verkehrung des Gewußten in sein Gegenteil, das Sein, ist das Umschlagen des Rechts des Charakters und des Wissens in das Recht des Entgegengesetzten, mit dem jenes im Wesen der Substanz verknüpft ist, — in die Erinnye der anderen feindlich erregten Macht und Charakters. Dies untere Recht sitzt mit Zeus auf dem Throne und genießt mit dem offenbaren und dem wissenden Gotte gleiches Ansehen.

Auf diese drei Wesen wird von der handelnden Individualität die Götterwelt des Chors eingeschränkt. Das eine ist die Substanz, ebensowohl die Macht des Herdes und der Geist der Familienpietät wie die allgemeine Macht des Staats und der Regierung. Indem der Substanz als solcher dieser Unterschied angehört, individualisiert er sich der Vorstellung nicht zu zwei unterschiedenen Gestalten, sondern hat in der Wirklichkeit die zwei Personen seiner Charaktere. Hingegen der Unterschied des Wissens und Nichtwissens fällt in ein jedes der wirklichen Selbstbewußtseine, — und nur in der Abstraktion, im Elemente der Allgemeinheit verteilt er sich an zwei individuelle Gestalten. Denn das Selbst des Heros hat nur Dasein als ganzes Bewußtsein und ist daher wesentlich der ganze Unterschied, der der Form angehört; aber seine Substanz ist bestimmt, und es gehört ihm nur die eine Seite des Unterschieds des Inhalts an. Daher erhalten die beiden Seiten des Bewußtseins, die in der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigene Individualität haben, in der Vorstellung jede ihre besondere Gestalt, — die eine die des offenbarenden Gottes, die andere die der sich verborgen haltenden Erinnye. Beide genießen teils gleicher Ehre, teils ist die Gestalt der Substanz, Zeus, die Notwendigkeit der Beziehung beider aufeinander. Die Substanz ist die Beziehung, daß das Wissen für sich ist, aber seine Wahrheit an dem Einfachen, [daß] der Unterschied, wodurch das wirkliche Bewußtsein ist, seinen Grund an dem ihn tilgenden inneren Wesen, [daß] die sich klare Versicherung der Gewißheit ihre Bestätigung an der Vergessenheit hat.

Das Bewußtsein schloß diesen Gegensatz durch das Handeln auf; nach dem offenbaren Wissen handelnd, erfährt es den Betrug desselben, und dem Innern nach dem einen Attribute der Substanz ergeben, verletzte es das andere und gab diesem dadurch das Recht gegen sich. Dem wissenden Gotte folgend, ergriff es vielmehr das nicht Offenbare und büßt dafür, dem Wissen vertraut zu haben, dessen Zweideutigkeit, da sie seine Natur ist, auch für es, und eine Warnung dafür vorhanden sein mußte. Die Raserei der Priesterin, die unmenschliche Gestalt der Hexen, die Stimme des Baumes, des Vogels, der Traum usf. sind nicht die Weisen, in welchen die Wahrheit erscheint, sondern warnende Zeichen des Betrugs, der Nichtbesonnenheit, der Einzelheit und Zufälligkeit des Wissens. Oder, was dasselbe ist, die entgegengesetzte Macht, die von ihm verletzt wird, ist als ausgesprochenes Gesetz und geltendes Recht vorhanden, es sei das Gesetz der Familie oder des Staats; das Bewußtsein folgte dagegen dem eigenen Wissen und verbarg sich selbst das Offenbare.

Die Wahrheit aber der gegeneinander auftretenden Mächte des Inhalts und Bewußtseins ist das Resultat, daß beide gleiches Recht und darum in ihrem Gegensatz, den das Handeln hervorbringt, gleiches Unrecht haben. Die Bewegung des Tuns erweist ihre Einheit in dem gegenseitigen Untergange beider Mächte und der selbstbewußten Charaktere. Die Versöhnung des Gegensatzes mit sich ist die Lethe der Unterwelt im Tode, — oder die Lethe der Oberwelt, als Freisprechung nicht von der Schuld, denn diese kann das Bewußtsein, weil es handelte, nicht verleugnen, sondern vom Verbrechen, und seine sühnende Beruhigung. Beide sind die Vergessenheit, das Verschwundensein der Wirklichkeit und des Tuns der Mächte der Substanz, ihrer Individualitäten, und der Mächte des abstrakten Gedankens des Guten und des Bösen; denn keine für sich ist das Wesen, sondern dieses ist die Ruhe des Ganzen in sich selbst, die unbewegte Einheit des Schicksals, das ruhige Dasein und damit die Untätigkeit und Unlebendigkeit der Familie und der Regierung, und die gleiche Ehre und damit die gleichgültige Unwirklichkeit Apolls und der Erinnye, und die Rückkehr ihrer Begeistung und Tätigkeit in den einfachen Zeus.

Dieses Schicksal vollendet die Entvölkerung des Himmels, der gedankenlosen Vermischung der Individualität und des Wesens — einer Vermischung, wodurch das Tun des Wesens als ein inkonsequentes, zufälliges, seiner unwürdiges erscheint; denn dem Wesen nur oberflächlich anhängend, ist die Individualität die unwesentliche. Die Vertreibung solcher wesenlosen Vorstellungen, die von Philosophen des Altertums gefordert wurde, beginnt also schon in der Tragödie überhaupt dadurch, daß die Einteilung der Substanz von dem Begriffe beherrscht, die Individualität hiermit die wesentliche und die Bestimmungen die absoluten Charaktere sind. Das Selbstbewußtsein, das in ihr vorgestellt ist, kennt und anerkennt deswegen nur eine höchste Macht und diesen Zeus nur als die Macht des Staats oder des Herdes und, im Gegensatze des Wissens, nur als den Vater des zur Gestalt werdenden Wissens des Besonderen — und als den Zeus des Eides und der Erinnye, des Allgemeinen, im Verborgenen wohnenden Innern. Die weiter aus dem Begriffe in die Vorstellung sich zerstreuenden Momente, die der Chor nacheinander gelten läßt, sind hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken ihm zur Leidenschaft herunter, — zu zufälligen wesenlosen Momenten, die der selbstlose Chor wohl preist, aber die nicht fähig sind, den Charakter der Helden auszumachen, noch von ihnen als ihr Wesen ausgesprochen und geachtet zu werden.

Aber auch die Personen des göttlichen Wesens selbst sowie die Charaktere seiner Substanz gehen in die Einfachheit des Bewußtlosen zusammen. Diese Notwendigkeit hat gegen das Selbstbewußtsein die Bestimmung, die negative Macht aller auftretenden Gestalten zu sein, in ihr sich selbst nicht zu erkennen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selbst tritt nur den Charakteren zugeteilt auf, nicht als die Mitte der Bewegung. Aber das Selbstbewußtsein, die einfache Gewißheit seiner, ist in der Tat die negative Macht, die Einheit des Zeus, des substantiellen Wesens und der abstrakten Notwendigkeit; es ist die geistige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das wirkliche Selbstbewußtsein noch von der Substanz und dem Schicksale unterschieden wird, ist es teils der Chor oder vielmehr die zuschauende Menge, welche diese Bewegung des göttlichen Lebens als ein Fremdes mit Furcht erfüllt oder in der sie als ein Nahes nur die Rührung des nicht handelnden Mitleidens hervorbringt. Teils, insofern das Bewußtsein mithandelt und den Charakteren angehört, ist diese Vereinigung, weil die wahre, die des Selbsts, des Schicksals und der Substanz noch nicht vorhanden ist, eine äußerliche, eine Hypokrisie [»Heuchelei, Verstellung«]; der Held, der vor dem Zuschauer auftritt, zerfällt in seine Maske und in den Schauspieler, in die Person und das wirkliche Selbst.

Das Selbstbewußtsein der Helden muß aus seiner Maske hervortreten und sich darstellen, wie es sich als das Schicksal sowohl der Götter des Chors als der absoluten Mächte selbst weiß und von dem Chore, dem allgemeinen Bewußtsein, nicht mehr getrennt ist.

Die Komödie hat also vorerst die Seite, daß das wirkliche Selbstbewußtsein sich als das Schicksal der Götter darstellt. Diese elementarischen Wesen sind, als allgemeine Momente, kein Selbst und nicht wirklich. Sie sind zwar mit der Form der Individualität ausgestattet, aber diese ist ihnen nur eingebildet und kommt ihnen nicht an und für sich selbst zu; das wirkliche Selbst hat nicht ein solches abstraktes Moment zu seiner Substanz und Inhalt. Es, das Subjekt, ist daher über ein solches Moment als über eine einzelne Eigenschaft erhoben, und angetan mit dieser Maske spricht es die Ironie derselben aus, die für sich etwas sein will. Das Aufspreizen der allgemeinen Wesenheit ist an das Selbst verraten; es zeigt sich in einer Wirklichkeit gefangen und läßt die Maske fallen, eben indem es etwas Rechtes sein will. Das Selbst, hier in seiner Bedeutung als Wirkliches auftretend, spielt es mit der Maske, die es einmal anlegt, um seine Person zu sein; aber aus diesem Scheine tut es sich ebenso bald wieder in seiner eigenen Nacktheit und Gewöhnlichkeit hervor, die es von dem eigentlichen Selbst, dem Schauspieler, sowie von dem Zuschauer nicht unterschieden zu sein zeigt.

Diese allgemeine Auflösung der gestalteten Wesenheit überhaupt in ihrer Individualität wird in ihrem Inhalte ernstbarer und dadurch mutwilliger und bitterer, insofern er seine ernstere und notwendigere Bedeutung hat. Die göttliche Substanz vereinigt in ihr die Bedeutung der natürlichen und sittlichen Wesenheit. In Ansehung des Natürlichen zeigt das wirkliche Selbstbewußtsein schon in der Verwendung desselben zu seinem Putze, Wohnung usf. und im Schmause seines Opfers sich als das Schicksal, dem das Geheimnis verraten ist, welche Bewandtnis es mit der Selbstwesenheit der Natur hat; in dem Mysterium des Brotes und Weines macht es dieselbe zusammen mit der Bedeutung des inneren Wesens sich zu eigen, und in der Komödie ist es sich der Ironie dieser Bedeutung überhaupt bewußt. —

Insofern nun diese Bedeutung die sittliche Wesenheit enthält, ist sie teils das Volk in seinen beiden Seiten des Staats oder eigentlichen Demos und der Familieneinzelheit, teils aber das selbstbewußte reine Wissen oder das vernünftige Denken des Allgemeinen.

— Jener Demos, die allgemeine Masse, die sich als Herrn und Regenten sowie als den zu respektierenden Verstand und Einsicht weiß, zwingt und betört sich durch die Besonderheit seiner Wirklichkeit und stellt den lächerlichen Kontrast seiner Meinung von sich und seines unmittelbaren Daseins, seiner Notwendigkeit und Zufälligkeit, seiner Allgemeinheit und Gemeinheit dar. Wenn das Prinzip seiner vom Allgemeinen getrennten Einzelheit in der eigentlichen Gestalt der Wirklichkeit sich hervortut und des Gemeinwesens, dessen geheimer Schaden es ist, sich offenbar anmaßt und es einrichtet, so verrät sich unmittelbarer der Kontrast des Allgemeinen als einer Theorie und dessen, um was es in der Praxis zu tun ist, die gänzliche Befreiung der Zwecke der unmittelbaren Einzelheit von der allgemeinen Ordnung und der Spott jener über diese.

Das vernünftige Denken enthebt das göttliche Wesen seiner zufälligen Gestalt, und entgegengesetzt der begrifflosen Weisheit des Chors, die mancherlei Sittensprüche vorbringt und eine Menge von Gesetzen und bestimmten Pflicht- und Rechtsbegriffen gelten läßt, hebt es sie in die einfachen Ideen des Schönen und Guten empor. —

Die Bewegung dieser Abstraktion ist das Bewußtsein der Dialektik, welche diese Maximen und Gesetze an ihnen haben, und hierdurch des Verschwindens der absoluten Gültigkeit, in der sie vorher erschienen. Indem die zufällige Bestimmung und oberflächliche Individualität, welche die Vorstellung den göttlichen Wesenheiten lieh, verschwindet, haben sie nach ihrer natürlichen Seite nur noch die Nacktheit ihres unmittelbaren Daseins, sie sind Wolken, ein verschwindender Dunst, wie jene Vorstellungen. Nach ihrer gedachten Wesentlichkeit zu den einfachen Gedanken des Schönen und Guten geworden, vertragen diese es, mit jedem beliebigen Inhalt erfüllt zu werden. Die Kraft des dialektischen Wissens gibt die bestimmten Gesetze und Maximen des Handelns der Lust und dem Leichtsinne der — hiermit — verführten Jugend preis und [gibt] der Ängstlichkeit und Sorge des auf die Einzelheit des Lebens beschränkten Alters Waffen zum Betrug an die Hand. Die reinen Gedanken des Schönen und Guten zeigen also das komische Schauspiel, durch die Befreiung von der Meinung, welche sowohl ihre Bestimmtheit als Inhalt wie ihre absolute Bestimmtheit, das Festhalten des Bewußtseins enthält, leer und eben dadurch das Spiel der Meinung und der Willkür der zufälligen Individualität zu werden.

Hier ist also das vorher bewußtlose Schicksal, das in der leeren Ruhe und Vergessenheit besteht und von dem Selbstbewußtsein getrennt ist, mit diesem vereint. Das einzelne Selbst ist die negative Kraft, durch und in welcher die Götter sowie deren Momente, die daseiende Natur und die Gedanken ihrer Bestimmungen, verschwinden; zugleich ist es nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern erhält sich in dieser Nichtigkeit selbst, ist bei sich und die einzige Wirklichkeit. Die Religion der Kunst hat sich in ihm vollendet und ist vollkommen in sich zurückgegangen. Dadurch, daß das einzelne Bewußtsein in der Gewißheit seiner selbst es ist, das als diese absolute Macht sich darstellt, hat diese die Form eines Vorgestellten, von dem Bewußtsein überhaupt Getrennten und ihm Fremden verloren, wie die Bildsäule, auch die lebendige schöne Körperlichkeit oder der Inhalt des Epos und die Mächte und Personen der Tragödie waren; — auch ist die Einheit nicht die bewußtlose des Kultus und der Mysterien, sondern das eigentliche Selbst des Schauspielers fällt mit seiner Person zusammen, so wie der Zuschauer in dem, was ihm vorgestellt wird, vollkommen zu Hause ist und sich selbst spielen sieht. Was dies Selbstbewußtsein anschaut, ist, daß in ihm, was die Form von Wesenheit gegen es annimmt, in seinem Denken, Dasein und Tun sich vielmehr auflöst und preisgegeben ist, es ist die Rückkehr alles Allgemeinen in die Gewißheit seiner selbst, die hierdurch diese vollkommene Furcht- und Wesenlosigkeit alles Fremden und ein Wohlsein und Sichwohlseinlassen des Bewußtseins ist, wie sich außer dieser Komödie keines mehr findet.

C. Die offenbare Religion

Durch die Religion der Kunst ist der Geist aus der Form der Substanz in die des Subjekts getreten, denn sie bringt seine Gestalt hervor und setzt also in ihr das Tun oder das Selbstbewußtsein, das in der furchtbaren Substanz nur verschwindet und im Vertrauen sich nicht selbst erfaßt. Diese Menschwerdung des göttlichen Wesens geht von der Bildsäule aus, die nur die äußere Gestalt des Selbsts an ihr hat, das Innere aber, ihre Tätigkeit, fällt außer ihr; im Kultus aber sind beide Seiten eins geworden, in dem Resultate der Religion der Kunst ist diese Einheit in ihrer Vollendung zugleich auch auf das Extrem des Selbsts herübergegangen; in dem Geiste, der in der Einzelheit des Bewußtseins seiner vollkommen gewiß ist, ist alle Wesenheit versunken. Der Satz, der diesen Leichtsinn ausspricht, lautet so: das Selbst ist das absolute Wesen; das Wesen, das Substanz und an dem das Selbst die Akzidentalität war, ist zum Prädikate heruntergesunken, und der Geist hat in diesem Selbstbewußtsein, dem nichts in der Form des Wesens gegenübertritt, sein Bewußtsein verloren.

Dieser Satz: das Selbst ist das absolute Wesen, gehört, wie von selbst erhellt, dem nichtreligiösen, dem wirklichen Geiste an, und es ist sich zu erinnern, welches die Gestalt desselben ist, die ihn ausdrückt. Sie wird zugleich die Bewegung und die Umkehrung desselben enthalten, welche das Selbst zum Prädikate herunterstimmt und die Substanz zum Subjekte erhebt. So nämlich, daß der umgekehrte Satz nicht an sich oder für uns die Substanz zum Subjekte macht oder, was dasselbe ist, die Substanz so wiederherstellt, daß das Bewußtsein des Geistes zu seinem Anfange, der natürlichen Religion, zurückgeführt wird, sondern so, daß diese Umkehrung für und durch das Selbstbewußtsein selbst zustande gebracht wird. Indem dieses sich mit Bewußtsein aufgibt, so wird es in seiner Entäußerung erhalten und bleibt das Subjekt der Substanz, aber als sich eben so entäußertes hat es zugleich das Bewußtsein derselben; oder indem es durch seine Aufopferung die Substanz als Subjekt hervorbringt, bleibt dieses sein eigenes Selbst. Es wird hierdurch erreicht, daß, wenn in den beiden Sätzen, in dem ersten der Substantialität das Subjekt nur verschwindet und in dem zweiten die Substanz nur Prädikat ist und beide Seiten also in jedem mit der entgegengesetzten Ungleichheit des Wertes vorhanden sind, — daß die Vereinigung und Durchdringung beider Naturen hervorgeht, in der beide mit gleichem Werte ebenso wesentlich als auch nur Momente sind; hierdurch ist also der Geist ebenso Bewußtsein seiner als seiner gegenständlichen Substanz wie einfaches, in sich bleibendes Selbstbewußtsein.

Die Religion der Kunst gehört dem sittlichen Geiste an, den wir früher in dem Rechtszustande untergehen sahen, d. h. in dem Satze: das Selbst als solches, die abstrakte Person ist absolutes Wesen. Im sittlichen Leben ist das Selbst in dem Geiste seines Volks versenkt, es ist die erfüllte Allgemeinheit. Die einfache Einzelheit aber erhebt sich aus diesem Inhalte, und ihr Leichtsinn reinigt sie zur Person, zur abstrakten Allgemeinheit des Rechts. In dieser ist die Realität des sittlichen Geistes verloren, die inhaltsleeren Geister der Völkerindividuen sind in ein Pantheon versammelt, nicht in ein Pantheon der Vorstellung, deren ohnmächtige Form jeden gewähren läßt, sondern in das Pantheon der abstrakten Allgemeinheit, des reinen Gedankens, der sie entleibt und dem geistlosen Selbst, der einzelnen Person, das Anundfürsichsein erteilt.

Aber dies Selbst hat durch seine Leerheit den Inhalt freigelassen; das Bewußtsein ist nur in sich das Wesen; sein eigenes Dasein, das rechtliche Anerkanntsein der Person, ist die unerfüllte Abstraktion; es besitzt also vielmehr nur den Gedanken seiner selbst, oder wie es da ist und sich als Gegenstand weiß, ist es das unwirkliche. Es ist daher nur die stoische Selbständigkeit des Denkens, und diese findet, durch die Bewegung des skeptischen Bewußtseins hindurchgehend, seine Wahrheit in derjenigen Gestalt, die das unglückliche Selbstbewußtsein genannt wurde.

Dieses weiß, welche Bewandtnis es mit dem wirklichen Gelten der abstrakten Person und ebenso mit dem Gelten derselben in dem reinen Gedanken hat. Es weiß ein solches Gelten vielmehr als den vollkommenen Verlust; es selbst ist dieser seiner bewußte Verlust und die Entäußerung seines Wissens von sich. —

Tod Gottes 1
Wir sehen, daß dies unglückliche Bewußtsein die Gegenseite und Vervollständigung des in sich vollkommen glücklichen, des komischen Bewußtseins ausmacht. In das letztere gehe alles göttliche Wesen zurück, oder es ist die vollkommene Entäußerung der Substanz. Jenes hingegen ist umgekehrt das tragische Schicksal der an und für sich sein sollenden Gewißheit seiner selbst. Es ist das Bewußtsein des Verlustes aller Wesenheit in dieser Gewißheit seiner und des Verlustes eben dieses Wissens von sich — der Substanz wie des Selbsts; es ist der Schmerz, der sich als das harte Wort ausspricht, daß Gott gestorben ist.

In dem Rechtszustande ist also die sittliche Welt und die Religion derselben in dem komischen Bewußtsein versunken und das unglückliche das Wissen dieses ganzen Verlustes. Sowohl der Selbstwert seiner unmittelbaren Persönlichkeit ist ihm verloren als [der] seiner vermittelten, der gedachten. Ebenso ist das Vertrauen in die ewigen Gesetze der Götter, wie die Orakel, die das Besondere zu wissen taten, verstummt. Die Bildsäulen sind nun Leichname, denen die belebende Seele, so wie die Hymne Worte, deren Glauben entflohen ist, die Tische der Götter ohne geistige Speise und Trank, und aus seinen Spielen und Festen kommt dem Bewußtsein nicht die freudige Einheit seiner mit dem Wesen zurück. Den Werken der Muse fehlt die Kraft des Geistes, dem aus der Zermalmung der Götter und Menschen die Gewißheit seiner selbst hervorging. Sie sind nun das, was sie für uns sind, — vom Baume gebrochene schöne Früchte: ein freundliches Schicksal reichte sie uns dar, wie ein Mädchen jene Früchte präsentiert; es gibt nicht das wirkliche Leben ihres Daseins, nicht den Baum, der sie trug, nicht die Erde und die Elemente, die ihre Substanz, noch das Klima, das ihre Bestimmtheit ausmachte, oder den Wechsel der Jahres¬zeiten, die den Prozeß ihres Werdens beherrschten. —

So gibt das Schicksal uns mit den Werken jener Kunst nicht ihre Welt, nicht den Frühling und Sommer des sittlichen Lebens, worin sie blühten und reiften, sondern allein die eingehüllte Erinnerung dieser Wirklichkeit. —

Unser Tun in ihrem Genusse ist daher nicht das gottesdienstliche, wodurch unserem Bewußtsein seine vollkommene, es ausfüllende Wahrheit würde, sondern es ist das äußerliche Tun, das von diesen Früchten etwa Regentropfen oder Stäubchen abwischt und an die Stelle der inneren Elemente der umgebenden, erzeugenden und begeistenden Wirklichkeit des Sittlichen das weitläufige Gerüst der toten Elemente ihrer äußerlichen Existenz, der Sprache, des Geschichtlichen usf. errichtet, nicht um sich in sie hineinzuleben, sondern nur um sie in sich vorzustellen. Aber wie das Mädchen, das die gepflückten Früchte darreicht, mehr ist als die in ihre Bedingungen und Elemente, den Baum, Luft, Licht usf. ausgebreitete Natur derselben, welche sie unmittelbar darbot, indem es auf eine höhere Weise dies alles in den Strahl des selbstbewußten Auges und der darreichenden Gebärde zusammenfaßt, so ist der Geist des Schicksals, der uns jene Kunstwerke darbietet, mehr als das sittliche Leben und Wirklichkeit jenes Volkes, denn er ist die Er-Innerung des in ihnen noch veräußerten Geistes, - er ist der Geist des tragischen Schicksals, das alle jene individuellen Götter und Attribute der Substanz in das eine Pantheon versammelt, in den seiner als Geist selbst bewußten Geist.

Alle Bedingungen seines Hervorgangs sind vorhanden, und diese Totalität seiner Bedingungen macht das Werden, den Begriff oder das ansichseiende Hervorgehen desselben aus.

— Der Kreis der Hervorbringungen der Kunst umfaßt die Formen der Entäußerungen der absoluten Substanz; sie ist in der Form der Individualität, als ein Ding, als seiender Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins, — als die reine Sprache oder das Werden der Gestalt, deren Dasein nicht aus dem Selbst heraustritt und rein verschwindender Gegenstand ist, — als unmittelbare Einheit mir dem allgemeinen Selbstbewußtsein in seiner Begeisterung und als vermittelte in dem Tun des Kultus, — als schöne selbstische Körperlichkeit und endlich als das in die Vorstellung erhobene Dasein und die Ausbreitung desselben zu einer Welt, die sich zuletzt in die Allgemeinheit, die ebenso reine Gewißheit ihrer selbst ist, zusammennimmt. —

Diese Formen und auf der andern Seite die Welt der Person und des Rechts, die verwüstende Wildheit der freigelassenen Elemente des Inhalts, ebenso die gedachte Person des Stoizismus und die haltlose Unruhe des skeptischen Bewußtseins machen die Peripherie der Gestalten aus, welche erwartend und drängend um die Geburtsstätte des als Selbstbewußtsein werdenden Geistes umherstehen; der alle durchdringende Schmerz und Sehnsucht des unglücklichen Selbstbewußtseins ist ihr Mittelpunkt und das gemeinschaftliche Geburtswehe seines Hervorgangs, — die Einfachheit des reinen Begriffs, der jene Gestalten als seine Momente enthält.

Er hat die zwei Seiten an ihm, die oben als die beiden umgekehrten Sätze vorgestellt sind; die eine ist diese, daß die Substanz sich ihrer selbst entäußert und zum Selbstbewußtsein wird, die andere umgekehrt, daß das Selbstbewußtsein sich seiner entäußert und zur Dingheit oder zum allgemeinen Selbst macht. Beide Seiten sind sich auf diese Weise entgegengekommen, und hierdurch [ist] ihre wahre Vereinigung entstanden. Die Entäußerung der Substanz, ihr Werden zum Selbstbewußtsein drückt den Übergang ins Entgegengesetzte, den bewußtlosen Übergang der Notwendigkeit oder dies aus, daß sie an sich Selbstbewußtsein ist; umgekehrt die Entäußerung des Selbstbewußtseins dies, daß es an sich das allgemeine Wesen ist, oder — weil das Selbst das reine Fürsichsein ist, das in seinem Gegenteile bei sich bleibt — dies, daß für es es ist, daß die Substanz Selbstbewußtsein und eben dadurch Geist ist. Es kann daher von diesem Geiste, der die Form der Substanz verlassen und in der Gestalt des Selbstbewußtseins in das Dasein tritt, gesagt werden — wenn man sich der aus der natürlichen Zeugung hergenommenen Verhältnisse bedienen will —, daß er eine wirkliche Mutter, aber einen ansichseienden Vater hat; denn die Wirklichkeit oder das Selbstbewußtsein und das Ansich als die Substanz sind seine beiden Momente, durch deren gegenseitige Entäußerung, jedes zum anderen werdend, er als diese ihre Einheit ins Dasein tritt.

Insofern das Selbstbewußtsein einseitig nur seine eigene Entäußerung erfaßt, wenn ihm schon sein Gegenstand also ebensowohl Sein als Selbst ist und es alles Dasein als geistiges Wesen weiß, so ist dadurch dennoch noch nicht für es der wahre Geist geworden, insofern nämlich das Sein überhaupt oder die Substanz nicht an sich ebenso ihrerseits sich ihrer selbst entäußerte und zum Selbstbewußtsein wurde. Denn alsdann ist alles Dasein nur vom Standpunkte des Bewußtseins aus geistiges Wesen, nicht an sich selbst. Der Geist ist auf diese Weise dem Dasein nur eingebildet; dieses Einbilden ist die Schwärmerei, welche der Natur sowohl als der Geschichte, wie der Welt so den mythischen Vorstellungen der vorhergehenden Religionen einen anderen inneren Sinn unterlegt, als sie in ihrer Erscheinung dem Bewußtsein unmittelbar darbieten und, in Ansehung der Religionen, als das Selbstbewußtsein, dessen Religionen sie waren, darin wußte. Aber diese Bedeutung ist eine geliehene und ein Kleid, das die Blöße der Erscheinung nicht bedeckt und sich keinen Glauben und Verehrung erwirbt, sondern die trübe Nacht und eigene Verzückung des Bewußtseins bleibt.

Daß diese Bedeutung des Gegenständlichen also nicht bloße Einbildung sei, muß sie an sich sein, d. h. einmal dem Bewußtsein aus dem Begriffe entspringen und in ihrer Notwendigkeit hervorgehen. So ist uns durch das Erkennen des unmittelbaren Bewußtseins oder des Bewußtseins des seienden Gegenstandes, durch seine notwendige Bewegung der sich selbst wissende Geist entsprungen. Dieser Begriff, der als unmittelbarer auch die Gestalt der Unmittelbarkeit für sein Bewußtsein harte, hat sich zweitens die Gestalt des Selbstbewußtseins an sich, d. h. nach eben der Notwendigkeit des Begriffes gegeben, als das Sein oder die Unmittelbarkeit, die der inhaltlose Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins ist, sich seiner entäußert und Ich für das Bewußtsein wird. —

Von dem denkenden Ansich oder dem Erkennen der Notwendigkeit ist aber das unmittelbare Ansich oder die seiende Notwendigkeit selbst unterschieden, — ein Unterschied, der zugleich aber nicht außer dem Begriffe liegt, denn die einfache Einheit des Begriffes ist das unmittelbare Sein selbst; er ist ebenso das sich selbst Entäußernde oder das Werden der angeschauten Notwendigkeit, als er in ihr bei sich ist und sie weiß und begreift. —

Das unmittelbare Ansich des Geistes, der sich die Gestalt des Selbstbewußtseins gibt, heißt nichts anderes, als daß der wirkliche Weltgeist zu diesem Wissen von sich gelangt ist; dann erst tritt dies Wissen auch in sein Bewußtsein und als Wahrheit ein. Wie jenes geschehen, hat sich schon oben ergeben.

Dies, daß der absolute Geist sich die Gestalt des Selbstbewußtseins an sich und damit auch für sein Bewußtsein gegeben, erscheint nun so, daß es der Glaube der Welt ist, daß der Geist als ein Selbstbewußtsein, d. h. als ein wirklicher Mensch da ist, daß er für die unmittelbare Gewißheit ist, daß das glaubende Bewußtsein diese Göttlichkeit sieht und fühlt und hört. So ist es nicht Einbildung, sondern es ist wirklich an dem. Das Bewußtsein geht dann nicht aus seinem Innern von dem Gedanken aus und schließt in sich den Gedanken des Gottes mit dem Dasein zusammen, sondern es geht von dem unmittelbaren gegenwärtigen Dasein aus und erkennt den Gott in ihm. —

Das Moment des unmittelbaren Seins ist in dem Inhalte des Begriffes so vorhanden, daß der religiöse Geist in der Rückkehr aller Wesenheit in das Bewußtsein einfaches positives Selbst geworden ist, ebenso wie der wirkliche Geist als solcher im unglücklichen Bewußtsein eben diese einfache selbstbewußte Negativität.

Das Selbst des daseienden Geistes hat dadurch die Form der vollkommenen Unmittelbarkeit; es ist weder als Gedachtes oder Vorgestelltes noch Hervorgebrachtes gesetzt, wie es mit dem unmittelbaren Selbst teils in der natürlichen, teils in der Kunstreligion der Fall ist. Sondern dieser Gott wird unmittelbar als Selbst, als ein wirklicher einzelner Mensch, sinnlich angeschaut; so nur ist er Selbstbewußtsein.

Diese Menschwerdung des göttlichen Wesens, oder daß es wesentlich und unmittelbar die Gestalt des Selbstbewußtseins hat, ist der einfache Inhalt der absoluten Religion. In ihr wird das Wesen als Geist gewußt, oder sie ist sein Bewußtsein über sich, Geist zu sein. Denn der Geist ist das Wissen seiner selbst in seiner Entäußerung; das Wesen, das die Bewegung ist, in seinem Anderssein die Gleichheit mit sich selbst zu behalten. Dies aber ist die Substanz, insofern sie in ihrer Akzidentalität ebenso in sich reflektiert, nicht dagegen als gegen ein Unwesentliches und somit in einem Fremden sich Befindendes gleichgültig, sondern darin in sich, d. h. insofern sie Subjekt oder Selbst ist. —

In dieser Religion ist deswegen das göttliche Wesen geoffenbart. Sein Offenbarsein besteht offenbar darin, daß gewußt wird, was es ist. Es wird aber gewußt, eben indem es als Geist gewußt wird, als Wesen, das wesentlich Selbstbewußtsein ist.

Dem Bewußtsein ist in seinem Gegenstand dann etwas geheim, wenn er ein Anderes oder Fremdes für es ist und wenn es ihn nicht als sich selbst weiß. Dies Geheimsein hört auf, indem das absolute Wesen als Geist Gegenstand des Bewußtseins ist; denn so ist er als Selbst in seinem Verhältnisse zu ihm; d. h. dieses weiß unmittelbar sich darin, oder es ist sich in ihm offenbar. Es selbst ist sich nur in der eigenen Gewißheit seiner offenbar; jener sein Gegenstand ist das Selbst; das Selbst aber ist kein Fremdes, sondern die untrennbare Einheit mit sich, das unmittelbar Allgemeine. Es ist der reine Begriff, das reine Denken oder Fürsichsein, das unmittelbar Sein [ist] und damit Sein für Anderes und als dieses Sein für Anderes unmittelbar in sich zurückgekehrt und bei sich selbst; es ist also das wahrhaft und allein Offenbare.

Das Gütige, Gerechte, Heilige, Schöpfer Himmels und der Erde usf. sind Prädikate eines Subjekts, — allgemeine Momente, die an diesem Punkte ihren Halt haben und nur erst im Rückgehen des Bewußtseins ins Denken sind. —

Indem sie gewußt werden, ist ihr Grund und Wesen, das Subjekt selbst, noch nicht offenbar, und ebenso sind die Bestimmungen des Allgemeinen nicht dies Allgemeine selbst. Das Subjekt selbst und damit auch dies reine Allgemeine ist aber offenbar als Selbst, denn dies ist eben dies in sich reflektierte Innere, das unmittelbar da und die eigene Gewißheit desjenigen Selbsts ist, für welches es da ist. Dies — seinem Begriffe nach das Offenbare zu sein — ist also die wahre Gestalt des Geistes, und diese seine Gestalt, der Begriff, ist ebenso allein sein Wesen und Substanz. Er wird gewußt als Selbstbewußtsein und ist diesem unmittelbar offenbar, denn er ist dieses selbst; die göttliche Natur ist dasselbe, was die menschliche ist, und diese Einheit ist es, die angeschaut wird.

Hier also ist in der Tat das Bewußtsein oder die Weise, wie das Wesen für es selbst ist, seine Gestalt, seinem Selbstbewußtsein gleich; diese Gestalt ist selbst ein Selbstbewußtsein; sie ist damit zugleich seiender Gegenstand, und dieses Sein hat ebenso unmittelbar die Bedeutung des reinen Denkens, des absoluten Wesens. —

Das absolute Wesen, welches als ein wirkliches Selbstbewußtsein da ist, scheint von seiner ewigen Einfachheit herabgestiegen zu sein, aber in der Tat hat es damit erst sein höchstes Wesen erreicht. Denn der Begriff des Wesens, erst indem er seine einfache Reinheit erlangt hat, ist er die absolute Abstraktion, welche reines Denken und damit die reine Einzelheit des Selbsts sowie um einer Einfachheit willen das Unmittelbare oder Sein ist. —

Was das sinnliche Bewußtsein genannt wird, ist eben diese reine Abstraktion, es ist dies Denken, für welches das Sein das Unmittelbare ist. Das Niedrigste ist also zugleich das Höchste; das ganz an die Oberfläche herausgetretene Offenbare ist eben darin das Tiefste. Daß das höchste Wesen als ein seiendes Selbstbewußtsein gesehen, gehört usf. wird, dies ist also in der Tat die Vollendung seines Begriffes; und durch diese Vollendung ist das Wesen so unmittelbar da, als es Wesen ist.

Dies unmittelbare Dasein ist zugleich nicht allein und bloß unmittelbares Bewußtsein, sondern es ist religiöses Bewußtsein; die Unmittelbarkeit hat ungetrennt die Bedeutung nicht nur eines seienden Selbstbewußtseins, sondern des rein gedachten oder absoluten Wesens. Wessen wir uns in unserem Begriffe bewußt sind, daß das Sein Wesen ist, ist das religiöse Bewußtsein sich bewußt. Diese Einheit des Seins und Wesens, des Denkens, das unmittelbar Dasein ist, ist, wie es der Gedanke dieses religiösen Bewußtseins oder sein vermitteltes Wissen ist, ebenso sein unmittelbares Wissen; denn diese Einheit des Seins und Denkens ist das Selbstbewußtsein und ist selbst da, oder die gedachte Einheit hat zugleich diese Gestalt dessen, was sie ist. Gott ist also hier offenbar, wie er ist; er ist so da, wie er an sich ist; er ist da, als Geist. Gott ist allein im reinen spekulativen Wissen erreichbar und ist nur in ihm und ist nur es selbst, denn er ist der Geist, und dieses spekulative Wissen ist das Wissen der offenbaren Religion. Jenes weiß ihn als Denken oder reines Wesen, und dies Denken als Sein und als Dasein, und das Dasein als die Negativität seiner selbst, hiermit als Selbst, dieses und allgemeines Selbst; eben dies weiß die offenbare Religion.

Die Hoffnungen und Erwartungen der vorhergehenden Welt drängten sich allein auf diese Offenbarung hin, anzuschauen, was das absolute Wesen ist, und sich selbst in ihm zu finden; diese Freude wird dem Selbstbewußtsein und ergreift die ganze Welt, im absoluten Wesen sich zu schauen, denn es ist Geist, es ist die einfache Bewegung jener reinen Momente, die dies selbst ausdrückt, daß das Wesen dadurch erst, daß es als unmittelbares Selbstbewußtsein angeschaut wird, als Geist gewußt wird.

Dieser Begriff des sich selbst als Geist wissenden Geistes ist selbst der unmittelbare und noch nicht entwickelt. Das Wesen ist Geist, oder es ist erschienen, es ist offenbar; dies erste Offenbarsein ist selbst unmittelbar; aber die Unmittelbarkeit ist ebenso reine Vermittlung oder Denken; sie muß daher an ihr selbst als solcher dies darstellen. Bestimmter dies betrachtet, so ist der Geist in der Unmittelbarkeit des Selbstbewußtseins dieses einzelne Selbstbewußtsein, dem allgemeinen entgegengesetzt; er ist ausschließendes Eins, das für das Bewußtsein, für welches es da ist, die noch unaufgelöste Form eines sinnlichen Anderen hat; dieses weiß den Geist noch nicht als den seinen, oder der Geist ist noch nicht, wie er einzelnes Selbst ist, ebensowohl als allgemeines, als alles Selbst da. Oder die Gestalt hat noch nicht die Form des Begriffs, d. h. des allgemeinen Selbsts, des Selbsts, das in seiner unmittelbaren Wirklichkeit ebenso Aufgehobenes, Denken, Allgemeinheit ist, ohne in dieser jene zu verlieren.

— Die nächste und selbst unmittelbare Form dieser Allgemeinheit ist aber nicht schon die Form des Denkens selbst, des Begriffes als Begriffes, sondern die Allgemeinheit der Wirklichkeit, die Allheit der Selbst[e] und die Erhebung des Daseins in die Vorstellung, — wie überall, und um ein bestimmtes Beispiel anzuführen, das aufgehobene sinnliche Dieses erst das Ding der Wahrnehmung, noch nicht das Allgemeine des Verstandes ist.

Dieser einzelne Mensch also, als welcher das absolute Wesen offenbar ist, vollbringt an ihm als Einzelnem die Bewegung des sinnlichen Seins. Er ist der unmittelbar gegenwärtige Gott; dadurch geht sein Sein in Gewesensein über. Das Bewußtsein, für welches er diese sinnliche Gegenwart hat, hört auf, ihn zu sehen, zu hören; es hat ihn gesehen und gehört; und erst dadurch, daß es ihn nur gesehen, gehört hat, wird es selbst geistiges Bewußtsein, oder wie er vorher als sinnliches Dasein für es aufstand, ist er jetzt im Geiste aufgestanden. —

Denn als solches, das ihn sinnlich sieht und hört, ist es selbst nur unmittelbares Bewußtsein, das die Ungleichheit der Gegenständlichkeit nicht aufgehoben, nicht ins reine Denken zurückgenommen hat, sondern diesen gegenständlichen Einzelnen, nicht aber sich selbst als Geist weiß. In dem Verschwinden des unmittelbaren Daseins des als absoluten Wesens Gewußten erhält das Unmittelbare sein negatives Moment; der Geist bleibt unmittelbares Selbst der Wirklichkeit, aber als das allgemeine Selbstbewußtsein der Gemeine, das in seiner eigenen Substanz ruht, so wie diese in ihm allgemeines Subjekt ist; nicht der Einzelne für sich, sondern zusammen mit dem Bewußtsein der Gemeine, und das, was er für diese ist, ist das vollständige Ganze desselben.

Vergangenheit und Entfernung sind aber nur die unvollkommene Form, wie die unmittelbare Weise vermittelt oder allgemein gesetzt ist; diese ist nur oberflächlich in das Element des Denkens getaucht, ist als sinnliche Weise darin aufbewahrt und mit der Natur des Denkens selbst nicht in eins gesetzt. Es ist nur in das Vorstellen erhoben, denn dies ist die synthetische Verbindung der sinnlichen Unmittelbarkeit und ihrer Allgemeinheit oder des Denkens.

Diese Form des Vorstellens macht die Bestimmtheit aus, in welcher der Geist in dieser seiner Gemeine seiner bewußt wird. Sie ist noch nicht das zu seinem Begriffe als Begriffe gediehene Selbstbewußtsein desselben; die Vermittlung ist noch unvollendet. Es ist also in dieser Verbindung des Seins und Denkens der Mangel vorhanden, daß das geistige Wesen noch mit einer unversöhnten Entzweiung in ein Diesseits und Jenseits behaftet ist. Der Inhalt ist der wahre, aber alle seine Momente haben, in dem Elemente des Vorstellens gesetzt, den Charakter, nicht begriffen zu sein, sondern als vollkommen selbständige Seiten zu erscheinen, die sich äußerlich aufeinander beziehen. Daß der wahre Inhalt auch seine wahre Form für das Bewußtsein erhalte, dazu ist die höhere Bildung des letzteren notwendig, seine Anschauung der absoluten Substanz in den Begriff zu erheben und für es selbst sein Bewußtsein mit seinem Selbstbewußtsein auszugleichen, wie dies für uns oder an sich geschehen ist.

Dieser Inhalt ist in der Weise, wie er in seinem Bewußtsein ist, zu betrachten. —

Der absolute Geist ist Inhalt, so ist er in der Gestalt seiner Wahrheit. Aber seine Wahrheit ist, nicht nur die Substanz der Gemeinde oder das Ansich derselben zu sein, noch auch nur aus dieser Innerlichkeit in die Gegenständlichkeit des Vorstellens heraufzutreten, sondern wirkliches Selbst zu werden, sich in sich zu reflektieren und Subjekt zu sein. Dies ist also die Bewegung, welche er in seiner Gemeinde vollbringt, oder dies ist das Leben desselben. Was dieser sich offenbarende Geist an und für sich ist, wird daher nicht dadurch herausgebracht, daß sein reiches Leben in der Gemeine gleichsam aufgedreht und auf seinen ersten Faden zurückgeführt wird, etwa auf die Vorstellungen der ersten unvollkommenen Gemeine oder gar auf das, was der wirkliche Mensch gesprochen hat.

Dieser Zurückführung liegt der Instinkt zugrunde, auf den Begriff zu gehen; aber sie verwechselt den Ursprung als das unmittelbare Dasein der ersten Erscheinung mit der Einfachheit des Begriffes. Durch diese Verarmung des Lebens des Geistes, durch das Wegräumen der Vorstellung der Gemeine und ihres Tuns gegen ihre Vorstellung, entsteht daher statt des Begriffes vielmehr die bloße Äußerlichkeit und Einzelheit, die geschichtliche Weise der unmittelbaren Erscheinung und die geistlose Erinnerung einer einzelnen gemeinten Gestalt und ihrer Vergangenheit.

Der Geist ist Inhalt seines Bewußtseins zuerst in der Form der reinen Substanz oder ist Inhalt seines reinen Bewußtseins. Dies Element des Denkens ist die Bewegung, zum Dasein oder der Einzelheit herunterzusteigen.

Die Mitte zwischen ihnen ist ihre synthetische Verbindung, das Bewußtsein des Anderswerdens oder das Vorstellen als solches

— Das dritte ist die Rückkehr aus der Vorstellung und dem Anderssein oder das Element des Selbstbewußtseins selbst.

— Diese drei Momente machen den Geist aus; sein Auseinandertreten in der Vorstellung besteht darin, auf eine bestimmte Weise zu sein; diese Bestimmtheit aber ist nichts anderes als eines seiner Momente.

Seine ausführliche Bewegung ist also diese, in jedem seiner Momente als in einem Elemente seine Natur auszubreiten; indem jeder dieser Kreise sich in sich vollendet, ist diese seine Reflexion-in-sich zugleich der Übergang in den anderen. Die Vorstellung macht die Mitte zwischen dem reinen Denken und dem Selbstbewußtsein als solchem aus und ist nur eine der Bestimmtheiten; zugleich aber, wie sich gezeigt, ist ihr Charakter, die synthetische Verbindung zu sein, über alle diese Elemente ausgebreitet und ihre gemeinschaftliche Bestimmtheit.

Der Inhalt selbst, der zu betrachten ist, ist zum Teil schon als die Vorstellung des unglücklichen und glaubenden Bewußtseins vorgekommen, — in jenem aber in der Bestimmung des aus dem Bewußtsein hervorgebrachten und ersehnten Inhalts, worin der Geist sich nicht ersättigen noch Ruhe finden kann, weil er noch nicht an sich oder als seine Substanz sein Inhalt ist; in diesem dagegen ist er als das selbstlose Wesen der Welt oder als wesentlich gegenständlicher Inhalt des Vorstellens betrachtet worden — eines Vorstellens, das der Wirklichkeit überhaupt entflieht und daher ohne die Gewißheit des Selbstbewußtseins ist, die sich teils als Eitelkeit des Wissens, teils als reine Einsicht von ihm trennt. —

Das Bewußtsein der Gemeinde hingegen hat ihn zu seiner Substanz, ebenso als er ihre Gewißheit des eigenen Geistes ist.

Der Geist zuerst als Substanz im Elemente des reinen Denkens vorgestellt, ist er hiermit unmittelbar das einfache sich selbst gleiche ewige Wesen, das aber nicht diese abstrakte Bedeutung des Wesens, sondern die Bedeutung des absoluten Geistes hat. Allein der Geist ist dies, nicht Bedeutung, nicht das Innere, sondern das Wirkliche zu sein. Das einfache ewige Wesen daher würde nur dem leeren Worte nach Geist sein, wenn es bei der Vorstellung und dem Ausdrucke des einfachen ewigen Wesens bliebe. Das einfache Wesen aber, weil es die Abstraktion ist, ist in der Tat das Negative an sich selbst, und zwar die Negativität des Denkens oder sie, wie sie im Wesen an sich ist; d. h. es ist der absolute Unterschied von sich oder sein reines Anderswerden. Als Wesen ist es nur an sich oder für uns; aber indem diese Reinheit eben die Abstraktion oder Negativität ist, ist es für sich selbst oder das Selbst, der Begriff. —

Es ist also gegenständlich; und indem die Vorstellung die soeben ausgesprochene Notwendigkeit des Begriffs als ein Geschehen auffaßt und ausspricht, so wird gesagt werden, daß das ewige Wesen sich ein Anderes erzeugt. Aber in diesem Anderssein ist es ebenso unmittelbar in sich zurückgekehrt; denn der Unterschied ist der Unterschied an sich; d. h. er ist unmittelbar nur von sich selbst unterschieden, er ist also die in sich zurückgekehrte Einheit.

Es unterscheiden sich also die drei Momente, des Wesens, des Fürsichseins, welches das Anderssein des Wesens ist und für welches das Wesen ist, und des Fürsichseins oder Sichselbstwissens im Anderen. Das Wesen schaut nur sich selbst in seinem Fürsichsein an; es ist in dieser Entäußerung nur bei sich; das Fürsichsein, das sich von dem Wesen ausschließt, ist das Wissen des Wesens seiner selbst; es ist das Wort, das ausgesprochen den Aussprechenden entäußert und ausgeleert zurückläßt, aber ebenso unmittelbar vernommen ist, und nur dieses Sichselbstvernehmen ist das Dasein des Wortes. So dass Unterschiede, die gemacht sind, ebenso unmittelbar aufgelöst, als sie gemacht, und ebenso unmittelbar gemacht, als sie aufgelöst sind, und das Wahre und Wirkliche eben diese in sich kreisende Bewegung ist.

Diese Bewegung in sich selbst spricht das absolute Wesen als Geist aus; das absolute Wesen, das nicht als Geist erfaßt wird ist nur das abstrakte Leere, so wie der Geist, der nicht als diese Bewegung erfaßt wird, nur ein leeres Wort ist. Indem seine Momente in ihrer Reinheit gefaßt werden, sind sie die ruhelosen Begriffe, die nur sind, ihr Gegenteil an sich selbst zu sein und ihre Ruhe im Ganzen zu haben. Aber das Vorstellen der Gemeine ist nicht dies begreifende Denken, sondern hat den Inhalt ohne seine Notwendigkeit und bringt statt der Form des Begriffes die natürlichen Verhältnisse von Vater und Sohn in das Reich des reinen Bewußtseins.

I
ndem es so im Denken selbst sich vorstellend verhält, ist ihm das Wesen zwar offenbar, aber die Momente desselben treten ihm um dieser synthetischen Vorstellung willen teils selbst auseinander, so daß sie nicht durch ihren eigenen Begriff sich aufeinander beziehen, teils tritt es von diesem seinem reinen Gegenstand zurück, bezieht sich nur äußerlich auf ihn; er ist ihm von einem Fremden geoffenbart, und in diesem Gedanken des Geistes erkennt es nicht sich selbst, nicht die Natur des reinen Selbstbewußtseins. Insofern über die Form des Vorstellens und jener Verhältnisse, die aus dem Natürlichen hergenommen sind, und damit besonders auch darüber hinausgegangen werden muß, die Momente der Bewegung, die der Geist ist, für isolierte nichtwankende Substanzen oder Subjekte statt für übergehende Momente zu nehmen, ist dies Hinausgehen, wie vorhin bei einer andern Seite erinnert wurde, für ein Drängen des Begriffes anzusehen; aber indem es nur Instinkt ist, verkennt es sich, verwirft mit der Form auch den Inhalt und, was dasselbe ist, setzt ihn zu einer geschichtlichen Vorstellung und einem Erbstücke der Tradition herab; hierin ist das rein Äußerliche des Glaubens nur beibehalten und damit als ein erkenntnisloses Totes; das Innerliche desselben aber ist verschwunden, weil dies der Begriff wäre, der sich als Begriff weiß.

Der absolute Geist, im reinen Wesen vorgestellt, ist zwar nicht das abstrakte reine Wesen, sondern dieses ist vielmehr eben dadurch, daß es im Geiste nur Moment ist, zum Elemente herabgesunken. Die Darstellung des Geistes aber in diesem Elemente hat denselben Mangel der Form nach an sich, den das Wesen als Wesen hat. Das Wesen ist das Abstrakte und darum das Negative seiner Einfachheit, ein Anderes; ebenso der Geist im Elemente des Wesens ist die Form der einfachen Einheit, die darum ebenso wesentlich ein Anderswerden ist. —

Oder, was dasselbe ist, die Beziehung des ewigen Wesens auf sein Fürsichsein ist die unmittelbar-einfache des reinen Denkens; in diesem einfachen Anschauen seiner selbst im Anderen ist also das Anderssein nicht als solches gesetzt; es ist der Unterschied, wie er im reinen Denken unmittelbar kein Unterschied ist; ein Anerkennen der Liebe, worin die beiden nicht ihrem Wesen nach sich entgegensetzten. —

Der Geist, der im Elemente des reinen Denkens ausgesprochen ist, ist wesentlich selbst dieses, nicht in ihm nur, sondern wirklicher zu sein, denn in seinem Begriffe liegt selbst das Anderssein, d. h. das Aufheben des reinen, nur gedachten Begriffes.

Das Element des reinen Denkens, weil es das abstrakte ist, ist selbst vielmehr das Andere seiner Einfachheit und geht daher in das eigentliche Element des Vorstellens über — das Element, worin die Momente des reinen Begriffes ein substantielles Dasein ebenso gegeneinander erhalten, als sie Subjekte sind, die nicht für ein Drittes die Gleichgültigkeit des Seins gegeneinander haben, sondern in sich reflektiert sich selbst voneinander absondern und entgegenstellen.

Der also nur ewige oder abstrakte Geist wird sich ein Anderes oder tritt in das Dasein und unmittelbar in das unmittelbare Dasein. Er erschafft also eine Welt.

Dieses Erschaffen ist das Wort der Vorstellung für den Begriff selbst nach seiner absoluten Bewegung oder dafür, daß das als absolut ausgesagte Einfache oder reine Denken, weil es das abstrakte ist, vielmehr das Negative und hiermit sich Entgegengesetzte oder Andere ist; — oder weil, um dasselbe noch in einer anderen Form zu sagen, das als Wesen Gesetzte die einfache Unmittelbarkeit oder das Sein ist, aber als Unmittelbarkeit oder Sein des Selbsts entbehrt und also, der Innerlichkeit ermangelnd, passiv oder Sein für Anderes ist. —

Dies Sein für Anderes ist zugleich eine Welt; der Geist in der Bestimmung des Seins für Anderes ist das ruhige Bestehen der vorhin in das reine Denken eingeschlossenen Momente, also die Auflösung ihrer einfachen Allgemeinheit und das Auseinandergehen derselben in ihre eigene Besonderheit.

Die Welt ist aber nicht nur dieser auseinander in die Vollständigkeit und deren äußere Ordnung geworfene Geist, sondern da er wesentlich das einfache Selbst ist, ist dieses an ihr ebenso vorhanden: der daseiende Geist, der das einzelne Selbst ist, welches das Bewußtsein hat und sich als Anderes oder als Welt von sich unterscheidet. —

Gut und Böse
Wie dieses einzelne Selbst so unmittelbar erst gesetzt ist, ist es noch nicht Geist für sich; es ist also nicht als Geist; es kann unschuldig, aber nicht wohl gut genannt werden. Daß es in der Tat Selbst und Geist sei, muß es ebenso, wie das ewige Wesen sich als die Bewegung, in seinem Anderssein sich selbst gleich zu sein, darstellt, zunächst sich selbst ein Anderes werden. Indem dieser Geist bestimmt ist als erst unmittelbar daseiend oder als in die Mannigfaltigkeit seines Bewußtseins zerstreut, so ist sein Anderswerden das Insichgehen des Wissens überhaupt. Das unmittelbare Dasein schlägt in den Gedanken oder das nur sinnliche Bewußtsein in das Bewußtsein des Gedankens um; und zwar weil er der aus der Unmittelbarkeit herkommende oder bedingte Gedanke ist, ist er nicht das reine Wissen, sondern der Gedanke, der das Anderssein an ihm hat, und also der sich selbst entgegengesetzte Gedanke des Guten und Bösen. Der Mensch wird so vorgestellt, daß es geschehen ist als etwas nicht Notwendiges, — daß er die Form der Sichselbstgleichheit durch das Pflücken vom Baume des Erkenntnisses des Guten und Bösen verlor und aus dem Zustande des unschuldigen Bewußtseins, aus der arbeitlos sich darbietenden Natur und dem Paradiese, dem Garten der Tiere, vertrieben wurde.

Indem dies Insichgehen des daseienden Bewußtseins sich unmittelbar als das sich selbst Ungleichwerden bestimmt, so erscheint das Böse als das erste Dasein des in sich gegangenen Bewußtseins; und weil die Gedanken des Guten und Bösen schlechthin entgegengesetzte und diese Entgegensetzung noch nicht aufgelöst ist, so ist dies Bewußtsein wesentlich nur das böse. Zugleich aber ist um eben dieser Entgegensetzung willen auch das gute Bewußtsein gegen es vorhanden und ihr Verhältnis zueinander. —

Insofern das unmittelbare Dasein in den Gedanken umschlägt und das Insichsein teils selbst Denken, teils das Moment des Anderswerdens des Wesens damit näher bestimmt ist, so kann das Bösewerden weiter rückwärts aus der daseienden Welt hinaus schon in das erste Reich des Denkens verlegt werden. Es kann also gesagt werden, daß schon der erstgeborene Lichtsohn, als in sich gehend, es sei, der abgefallen, aber an dessen Stelle sogleich ein anderer erzeugt worden. Solche bloß der Vorstellung, nicht dem Begriffe angehörige Form wie Abfallen, ebenso wie Sohn, setzt übrigens die Momente des Begriffs ebenso umgekehrt in das Vorstellen herab oder trägt das Vorstellen in das Reich des Gedankens hinüber. —

Ebenso gleichgültig ist es, dem einfachen Gedanken des Andersseins im ewigen Wesen noch eine Mannigfaltigkeit anderer Gestalten beizuordnen und das Insichgehen in diese zu verlegen. Diese Beiordnung muß darum zugleich gutgeheißen werden, weil dadurch dies Moment des Andersseins, wie es soll, die Verschiedenheit zugleich ausdrückt, und zwar nicht als Vielheit überhaupt, sondern zugleich als bestimmte Verschiedenheit, so daß der eine Teil, der Sohn, das einfache sich selbst als Wesen Wissende ist, der andere Teil aber die Entäußerung des Fürsichseins, die nur im Preise des Wesens lebt; in diesen Teil kann dann auch wieder das Zurücknehmen des entäußerten Fürsichseins und das Insichgehen des Bösen gelegt werden. Insofern das Anderssein in zwei zerfällt, wäre der Geist in seinen Momenten bestimmter und, wenn sie gezählt werden, als Viereinigkeit oder, weil die Menge wieder selbst in zwei Teile, nämlich in gut gebliebene und böse gewordene zerfällt, gar als Fünfeinigkeit ausgedrückt. —

Die Momente aber zu zählen kann überhaupt als unnütz angesehen werden, indem teils das Unterschiedene selbst ebensosehr nur Eines ist, nämlich eben der Gedanke des Unterschiedes, der nur ein Gedanke ist, als er dieses Unterschiedene, das zweite gegen das erste ist, — teils aber, weil der Gedanke, der das Viele in Eines befaßt, aus seiner Allgemeinheit aufgelöst und in mehr als drei oder vier Unterschiedene unterschieden werden muß, — welche Allgemeinheit gegen die absolute Bestimmtheit des abstrakten Eins, des Prinzips der Zahl, als Unbestimmtheit in der Beziehung auf die Zahl selbst erscheint, so daß nur von Zahlen überhaupt, d. h. nicht von einer Anzahl der Unterschiede die Rede sein könnte, also hier überhaupt an Zahl und ans Zählen zu denken ganz überflüssig, wie auch sonst der bloße Unterschied der Größe und Menge begrifflos und nichtssagend ist.

Das Gute und das Böse waren die bestimmten Unterschiede des Gedankens, die sich ergaben. Indem ihr Gegensatz sich noch nicht aufgelöst [hat] und sie als Wesen des Gedankens vorgestellt werden, deren jedes für sich selbständig ist, so ist der Mensch das wesenlose Selbst und der synthetische Boden ihres Daseins und Kampfs. Aber diese allgemeinen Mächte gehören ebensosehr dem Selbst an, oder das Selbst ist ihre Wirklichkeit. Nach diesem Momente geschieht es also, daß, wie das Böse nichts anderes ist als das Insichgehen des natürlichen Daseins des Geistes, umgekehrt das Gute in die Wirklichkeit tritt und als ein daseiendes Selbstbewußtsein erscheint. —

Was im rein gedachten Geiste als das Anderswerden des göttlichen Wesens überhaupt nur angedeutet ist, tritt hier seiner Realisierung für das Vorstellen näher; sie besteht ihm in der Selbsterniedrigung des göttlichen Wesens, das auf seine Abstraktion und Unwirklichkeit Verzicht tut. —

Die andere Seite, das Böse,
nimmt das Vorstellen als ein dem göttlichen Wesen fremdes Geschehen; es in demselben selbst, als seinen Zorn zu fassen, ist die höchste, härteste Anstrengung des mit sich selbst ringenden Vorstellens, die, da sie des Begriffs entbehrt, fruchtlos bleibt.

Die Entfremdung des göttlichen Wesens ist also auf ihre gedoppelte Weise gesetzt; das Selbst des Geistes und sein einfacher Gedanke sind die beiden Momente, deren absolute Einheit der Geist selbst ist; seine Entfremdung besteht darin, daß sie auseinandertreten und das eine einen ungleichen Wert gegen das andere hat. Diese Ungleichheit ist darum die gedoppelte, und es entstehen zwei Verbindungen, deren gemeinschaftliche Momente die angegebenen sind. In der einen gilt das göttliche Wesen als das Wesentliche, das natürliche Dasein aber und das Selbst als das Unwesentliche und Aufzuhebende; in der anderen gilt dagegen das Fürsichsein als das Wesentliche und das einfache Göttliche als das Unwesentliche. Ihre noch leere Mitte ist das Dasein überhaupt, die bloße Gemeinschaftlichkeit der beiden Momente derselben.

Die Auflösung dieses Gegensatzes geschieht nicht sowohl durch den Kampf der beiden, die als getrennte und selbständige Wesen vorgestellt sind. In ihrer Selbständigkeit liegt es, daß an sich, durch seinen Begriff, jedes an ihm selbst sich auflösen muß; der Kampf fällt erst dahin, wo beide aufhören, diese Vermischungen des Gedankens und des selbständigen Daseins zu sein, und wo sie nur als Gedanken einander gegenüberstehen. Denn alsdann sind sie als bestimmte Begriffe wesentlich nur in der entgegengesetzten Beziehung, als selbständige hingegen haben sie außer der Entgegensetzung ihre Wesentlichkeit ihre Bewegung ist also die freie und eigene ihrer selbst.

Wie also die Bewegung beider die Bewegung an sich ist, weil sie an ihnen selbst zu betrachten ist, so fängt sie auch dasjenige von beiden an, welches als das Ansichseiende gegen das andere bestimmt ist. Es wird dies als ein freiwilliges Tun vorgestellt; aber die Notwendigkeit seiner Entäußerung liegt in dem Begriffe, daß das Ansichseiende, welches nur im Gegensatze so bestimmt ist, eben darum nicht wahrhaftes Bestehen hat; — dasjenige also, dem nicht das Fürsichsein, sondern das Einfache als das Wesen gilt, ist es, das sich selbst entäußert, in den Tod geht und dadurch das absolute Wesen mit sich selbst versöhnt. Denn in dieser Bewegung stellt es sich als Geist dar; das abstrakte Wesen ist sich entfremdet, es hat natürliches Dasein und selbstische Wirklichkeit; dies sein Anderssein oder seine sinnliche Gegenwart wird durch das zweite Anderswerden zurückgenommen und als aufgehobene, als allgemeine gesetzt; dadurch ist das Wesen in ihr sich selbst geworden; das unmittelbare Dasein der Wirklichkeit hat aufgehört, ein ihm fremdes oder äußerliches zu sein, indem es aufgehobenes, allgemeines ist; dieser Tod ist daher sein Erstehen als Geist.

Die aufgehobene unmittelbare Gegenwart des selbstbewußten Wesens ist es als allgemeines Selbstbewußtsein; dieser Begriff des aufgehobenen einzelnen Selbsts, das absolutes Wesen ist, drückt daher unmittelbar die Konstituierung einer Gemeinde aus, die, bisher im Vorstellen verweilend, jetzt in sich, als in das Selbst, zurückkehrt; und der Geist geht somit aus dem zweiten Elemente seiner Bestimmung, dem Vorstellen, in das dritte, das Selbstbewußtsein als solches über. —
Betrachten wir noch die Art, wie jenes Vorstellen sich in seinem Fortgange benimmt, so sehen wir zuerst dies ausgedrückt, daß das göttliche Wesen die menschliche Natur annimmt. Darin ist es schon ausgesprochen, daß an sich beide nicht getrennt sind; wie darin, daß das göttliche Wesen sich selbst von Anfang entäußert, sein Dasein in sich geht und böse wird, es nicht ausgesprochen, aber darin enthalten ist, daß an sich dies böse Dasein nicht ein ihm Fremdes ist; das absolute Wesen hätte nur diesen leeren Namen, wenn es in Wahrheit ein ihm Anderes, wenn es einen Abfall von ihm gäbe; — das Moment des Insichseins macht vielmehr das wesentliche Moment des Selbsts des Geistes aus. —

Daß das Insichsein und damit erst Wirklichkeit dem Wesen selbst angehöre, dies, was für uns Begriff ist und insofern es Begriff ist, erscheint dem vorstehenden Bewußtsein als ein unbegreifliches Geschehen; das Ansich nimmt die Form des gleichgültigen Seins für es an. Der Gedanke aber, daß jene sich zu fliehen scheinenden Momente des absoluten Wesens und des fürsichseienden Selbsts nicht getrennt sind, erscheint diesem Vorstellen auch denn es besitzt den wahren Inhalt —, aber nachher, in der Entäußerung des göttlichen Wesens, das Fleisch wird. Diese Vorstellung, die auf diese Weise noch unmittelbar und daher nicht geistig ist oder die menschliche Gestalt des Wesens nur erst als eine besondere, noch nicht allgemeine weiß, wird für dies Bewußtsein geistig in der Bewegung des gestalteten Wesens, sein unmittelbares Dasein wieder aufzuopfern und zum Wesen zurückzukehren; das Wesen als in sich reflektiertes ist erst der Geist. —

Die Versöhnung des göttlichen Wesens mit dem Anderen überhaupt und bestimmt mit dem Gedanken desselben, dem Bösen, ist also hierin vorgestellt. —

Wenn diese Versöhnung nach ihrem Begriffe so ausgedrückt wird, daß sie darin bestehe, weil an sich das Böse dasselbe sei, was das Gute, oder auch das göttliche Wesen dasselbe, was die Natur in ihrem ganzen Umfange, so wie die Natur getrennt vom göttlichen Wesen nur das Nichts, — so ist dies als eine ungeistige Weise sich auszudrücken anzusehen, die notwendig Mißverständnisse erwecken muß. —

Indem das Böse dasselbe ist, was das Gute, ist eben das Böse nicht Böses noch das Gute Gutes, sondern beide sind vielmehr aufgehoben, das Böse überhaupt das insichseiende Fürsichsein und das Gute das selbstlose Einfache. Indem so beide nach ihrem Begriffe ausgesprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit; denn das insichseiende Fürsichsein ist das einfache Wissen; und das selbstlose Einfache ist ebenso das reine in sich seiende Fürsichsein. —

Sosehr daher gesagt werden muß, daß nach diesem ihrem Begriffe das Gute und Böse, d. h. insofern sie nicht das Gute und das Böse sind, dasselbe seien, ebensosehr muß also gesagt werden, daß sie nicht dasselbe, sondern schlechthin verschieden sind, denn das einfache Fürsichsein oder auch das reine Wissen sind gleicher Weise die reine Negativität oder der absolute Unterschied an ihnen selbst. —

Erst diese beiden Sätze vollenden das Ganze, und dem Behaupten und Versichern des ersten muß mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das Festhalten an dem anderen gegenübertreten; indem beide gleich recht haben, haben beide gleich unrecht, und ihr Unrecht besteht darin, solche abstrakte Formen, wie dasselbe und nicht dasselbe, die Identität und die Nichtidentität, für etwas Wahres, Festes, Wirkliches zu nehmen und auf ihnen zu beruhen. Nicht das eine oder das andere hat Wahrheit, sondern eben ihre Bewegung, daß das einfache Dasselbe die Abstraktion und damit der absolute Unterschied, dieser aber, als Unterschied an sich, von sich selbst unterschieden, also die Sichselbstgleichheit ist. Eben dies ist der Fall mit der Dieselbigkeit des göttlichen Wesens und der Natur überhaupt und der menschlichen insbesondere; jenes ist Natur, insofern es nicht Wesen ist; diese ist göttlich nach ihrem Wesen; aber es ist der Geist, worin beide abstrakte Seiten, wie sie in Wahrheit sind, nämlich als aufgehobene gesetzt sind, — ein Setzen, das nicht durch das Urteil und das geistlose Ist, die Kopula desselben, ausgedrückt werden kann. —

Ebenso ist die Natur nichts außer ihrem Wesen; aber dies Nichts selbst ist ebensosehr; es ist die absolute Abstraktion, also das reine Denken oder Insichsein, und mit dem Momente seiner Entgegensetzung gegen die geistige Einheit ist es das Böse. Die Schwierigkeit, die in diesen Begriffen stattfindet, ist allein das Festhalten am Ist und das Vergessen des Denkens, worin die Momente ebenso sind als nicht sind, — nur die Bewegung sind, die der Geist ist. —

Diese geistige Einheit oder die Einheit, worin die Unterschiede nur als Momente oder als aufgehobene sind, ist es, die für das vorstellende Bewußtsein in jener Versöhnung geworden, und indem sie die Allgemeinheit des Selbstbewußtseins ist, hat dieses aufgehört, vorstellendes zu sein; die Bewegung ist in es zurückgegangen.

Der Geist ist also in dem dritten Element, im allgemeinen Selbstbewußtsein gesetzt; er ist seine Gemeinde. Die Bewegung der Gemeinde als des Selbstbewußtseins, das sich von seiner Vorstellung unterscheidet, ist, das hervorzubringen, was an sich geworden ist. Der gestorbene göttliche Mensch oder menschliche Gott ist an sich das allgemeine Selbstbewußtsein; er hat dies für dies Selbstbewußtsein zu werden. Oder indem es die eine Seite des Gegensatzes der Vorstellung ausmacht, nämlich die böse, der das natürliche Dasein und das einzelne Fürsichsein als das Wesen gilt, so hat diese, die als selbständig, noch nicht als Moment vorgestellt ist, um ihrer Selbständigkeit willen an und für sie selbst sich zum Geiste zu erheben oder die Bewegung desselben an ihr darzustellen.

Sie ist der natürliche Geist; das Selbst hat aus dieser Natürlichkeit sich zurückzuziehen und in sich zu gehen, das hieße, böse zu werden. Aber sie ist schon an sich böse; das Insichgehen besteht daher darin, sich zu überzeugen, daß das natürliche Dasein das Böse ist. In das vorstellende Bewußtsein fällt das daseiende Bösewerden und Bösesein der Welt sowie die daseiende Versöhnung des absoluten Wesens; in das Selbstbewußtsein aber als solches fällt der Form nach dieses Vorgestellte nur als aufgehobenes Moment — denn das Selbst ist das Negative —, also das Wissen, ein Wissen, das ein reines Tun des Bewußtseins in sich selbst ist. —

An dem Inhalte muß dies Moment des Negativen gleichfalls sich ausdrücken. Indem nämlich das Wesen an sich mit sich schon versöhnt und geistige Einheit ist, worin die Teile der Vorstellung aufgehobene oder Momente sind, so stellt sich dies dar, daß jeder Teil der Vorstellung hier die entgegengesetzte Bedeutung erhält, als er vorher hatte; jede Bedeutung vervollständigt sich dadurch an der andern, und der Inhalt ist erst dadurch ein geistiger; indem die Bestimmtheit ebensosehr ihre entgegengesetzte ist, ist die Einheit im Anderssein, das Geistige vollendet; wie sich für uns oder an sich vorhin die entgegengesetzten Bedeutungen vereinigten und selbst die abstrakten Formen des Desselben und des Nichtdesselben, der Identität und Nichtidentität aufhoben.

Wenn also in dem vorstellenden Bewußtsein das Innerlichwerden des natürlichen Selbstbewußtseins das daseiende Böse war, so ist das Innerlichwerden im Element des Selbstbewußtseins das Wissen von dem Bösen als einem solchen, das an sich im Dasein ist. Dies Wissen ist also allerdings ein Bösewerden, aber nur Werden des Gedankens des Bösen, und ist darum als das erste Moment der Versöhnung anerkannt. Denn als ein Zurückgehen in sich aus der Unmittelbarkeit der Natur, die als das Böse bestimmt ist, ist es ein Verlassen derselben und das Absterben der Sünde. Nicht das natürliche Dasein als solches wird von dem Bewußtsein verlassen, sondern es zugleich als ein solches, das als Böses gewußt wird. Die unmittelbare Bewegung des Insichgehens ist ebensosehr eine vermittelte, — sie setzt sich selbst voraus oder ist ihr eigener Grund; der Grund des Insichgehens ist nämlich, weil die Natur schon an sich in sich gegangen ist; um des Bösen willen muß der Mensch in sich gehen, aber das Böse ist selbst das Insichgehen. —

Diese erste Bewegung ist eben darum selbst nur die unmittelbare oder ihr einfacher Begriff, weil sie dasselbe, was ihr Grund ist. Die Bewegung oder das Anderswerden muß daher in seiner eigentlicheren Form erst noch eintreten.

Tod

Außer dieser Unmittelbarkeit ist also die Vermittlung der Vorstellung notwendig. An sich ist das Wissen von der Natur als dem unwahren Dasein des Geistes, und diese in sich gewordene Allgemeinheit des Selbsts [ist] die Versöhnung des Geistes mit sich selbst. Dies Ansich erhält für das nicht begreifende Selbstbewußtsein die Form eines Seienden und ihm Vorgestellten. Das Begreifen also ist ihm nicht ein Ergreifen dieses Begriffes, der die aufgehobene Natürlichkeit als allgemeine, also als mit sich selbst versöhnte weiß, sondern ein Ergreifen jener Vorstellung, daß durch das Geschehen der eigenen Entäußerung des göttlichen Wesens, durch seine geschehene Menschwerdung und seinen Tod das göttliche Wesen mit seinem Dasein versöhnt ist. —

Das Ergreifen dieser Vorstellung drückt nun bestimmter dasjenige aus, was vorhin in ihr das geistige Auferstehen genannt wurde, oder das Werden seines einzelnen Selbstbewußtseins zum Allgemeinen oder zur Gemeinde. —

Der Tod des göttlichen Menschen als Tod ist die abstrakte Negativität, das unmittelbare Resultat der Bewegung, die nur in die natürliche Allgemeinheit sich endigt.

Diese natürliche Bedeutung verliert er im geistigen Selbstbewußtsein, oder er wird sein soeben angegebener Begriff; der Tod wird von dem, was er unmittelbar bedeutet, von dem Nichtsein dieses Einzelnen verklärt zur Allgemeinheit des Geistes, der in seiner Gemeine lebt, in ihr täglich stirbt und aufersteht.

Dasjenige, was dem Elemente der Vorstellung angehört, daß der absolute Geist als ein einzelner oder vielmehr als ein besonderer an seinem Dasein die Natur des Geistes vorstellt, ist also hier in das Selbstbewußtsein selbst versetzt, in das in seinem Anderssein sich erhaltende Wissen; dies stirbt daher nicht wirklich, wie der Besondere vorgestellt wird, wirklich gestorben zu sein, sondern seine Besonderheit erstirbt in seiner Allgemeinheit, d. h. in seinem Wissen, welches das sich mit sich versöhnende Wesen ist. Das zunächst vorhergehende Element des Vorstellens ist also hier als aufgehobenes gesetzt, oder es ist in das Selbst, in seinen Begriff, zurückgegangen; das in jenem nur Seiende ist zum Subjekte geworden. Eben damit ist auch das erste Element, das reine Denken und der in ihm ewige Geist nicht mehr jenseits des vorstellenden Bewußtseins noch des Selbsts, sondern die Rückkehr des Ganzen in sich ist eben dies, alle Momente in sich zu enthalten. Der vom Selbst ergriffene Tod des Mittlers ist das Aufheben seiner Gegenständlichkeit oder seines besonderen Fürsichseins; dies besondere Fürsichsein ist allgemeines Selbstbewußtsein geworden. —

Auf der andern Seite ist das Allgemeine eben dadurch Selbstbewußtsein und der reine oder unwirkliche Geist des bloßen Denkens wirklich geworden. —

Tod Gottes 2

Der Tod des Mittlers ist Tod nicht nur der natürlichen Seite desselben oder seines besonderen Fürsichseins; es stirbt nicht nur die vom Wesen abgezogene, schon tote Hülle, sondern auch die Abstraktion des göttlichen Wesens. Denn er ist, insofern sein Tod die Versöhnung noch nicht vollendet hat, das Einseitige, welches das Einfache des Denkens als das Wesen weiß im Gegensatze gegen die Wirklichkeit; dies Extrem des Selbsts hat noch nicht gleichen Wert mit dem Wesen; dies hat das Selbst erst im Geiste. Der Tod dieser Vorstellung enthält also zugleich den Tod der Abstraktion des göttlichen Wesens, das nicht als Selbst gesetzt ist. Er ist das schmerzliche Gefühl des unglücklichen Bewußtseins, daß Gott selbst gestorben ist. Dieser harte Ausdruck ist der Ausdruck des innersten sich einfach Wissens, die Rückkehr des Bewußtseins in die Tiefe der Nacht des Ich = Ich, die nichts außer ihr mehr unterscheidet und weiß. Dies Gefühl ist also in der Tat der Verlust der Substanz und ihres Gegenübertretens gegen das Bewußtsein; aber zugleich ist es die reine Subjektivität der Substanz oder die reine Gewißheit seiner selbst, die ihr als dem Gegenstande oder dem Unmittelbaren oder dem reinen Wesen fehlte. Dies Wissen also ist die Begeistung, wodurch die Substanz Subjekt, ihre Abstraktion und Leblosigkeit gestorben, sie also wirklich und einfaches und allgemeines Selbstbewußtsein geworden ist.

So ist also der Geist sich selbst wissender Geist; er weiß sich; das, was ihm Gegenstand ist, ist, oder seine Vorstellung ist der wahre absolute Inhalt; er drückt, wie wir sahen, den Geist selbst aus. Er ist zugleich nicht nur Inhalt des Selbstbewußtseins und nicht nur für es Gegenstand, sondern er ist auch wirklicher Geist. Er ist dies, indem er die drei Elemente seiner Natur durchläuft; diese Bewegung durch sich selbst hindurch macht seine Wirklichkeit aus; — was sich bewegt, ist er, er ist das Subjekt der Bewegung, und er ist ebenso das Bewegen selbst oder die Substanz, durch welche das Subjekt hindurchgeht. Wie uns der Begriff des Geistes geworden war, als wir in die Religion eintraten, nämlich als die Bewegung des seiner selbst gewissen Geistes, der dem Bösen verzeiht und darin zugleich von seiner eigenen Einfachheit und harten Unwandelbarkeit abläßt, oder die Bewegung, daß das absolut Entgegengesetzte sich als dasselbe erkennt und dies Erkennen als das Ja zwischen diesen Extremen hervorbricht, — diesen Begriff schaut das religiöse Bewußtsein, dem das absolute Wesen offenbar [ist], an und hebt die Unterscheidung seines Selbsts von seinem Angeschauten auf, — ist, wie es das Subjekt ist, so auch die Substanz und ist also selbst der Geist, eben weil und insofern es diese Bewegung ist.

Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in diesem ihrem Selbstbewußtsein; ihr Inhalt ist überhaupt in der Form des Vorstellens für sie, und diese Entzweiung hat auch die wirkliche Geistigkeit derselben, ihre Rückkehr aus ihrem Vorstellen, noch an ihr, wie das Element des reinen Denkens selbst damit behaftet war. Sie hat nicht auch das Bewußtsein über das, was sie ist; sie ist das geistige Selbstbewußtsein, das sich nicht als dieses Gegenstand ist oder sich nicht zum Bewußtsein seiner selbst aufschließt; sondern insofern sie Bewußtsein ist, hat sie Vorstellungen, die betrachtet wurden. —

Wir sehen das Selbstbewußtsein auf seinem letzten Wendungspunkte sich innerlich werden und zum Wissen des Insichseins gelangen; wir sehen es sein natürliches Dasein entäußern und die reine Negativität gewinnen. Aber die positive Bedeutung, daß nämlich diese Negativität oder reine Innerlichkeit des Wissens ebensosehr das sichselbstgleiche Wesen ist — oder daß die Substanz hierin dazu gelangt, absolutes Selbstbewußtsein zu sein, dies ist ein Anderes für das andächtige Bewußtsein. Es ergreift diese Seite, daß das reine Innerlichwerden des Wissens an sich die absolute Einfachheit oder die Substanz ist, als die Vorstellung von etwas, das nicht dem Begriffe nach so ist, sondern als die Handlung einer fremden Genugtuung. Oder es ist nicht dies für es, daß diese Tiefe des reinen Selbsts die Gewalt ist, wodurch das abstrakte Wesen aus seiner Abstraktion herabgezogen und durch die Macht dieser reinen Andacht zum Selbst erhoben wird. —

Das Tun des Selbsts behält dadurch diese negative Bedeutung gegen es, weil die Entäußerung der Substanz von ihrer Seite ein Ansich für jenes ist, das es nicht ebenso erfaßt und begreift oder nicht in seinem Tun als solchem findet. —

Indem an sich diese Einheit des Wesens und des Selbsts zustande gekommen, so hat das Bewußtsein auch noch diese Vorstellung seiner Versöhnung, aber als Vorstellung. Es erlangt die Befriedigung dadurch, daß es seiner reinen Negativität die positive Bedeutung der Einheit seiner mit dem Wesen äußerlich hinzufügt; seine Befriedigung bleibt also selbst mit dem Gegensatze eines Jenseits behaftet. Seine eigene Versöhnung tritt daher als ein Fernes in sein Bewußtsein ein, als ein Fernes der Zukunft, wie die Versöhnung, die das andere Selbst vollbrachte, als eine Ferne der Vergangenheit erscheint. So wie der einzelne göttliche Mensch einen ansichseienden Vater und nur eine wirkliche Mutter hat, so hat auch der allgemeine göttliche Mensch, die Gemeinde, ihr eigenes Tun und Wissen zu ihrem Vater, zu ihrer Mutter aber die ewige Liebe, die sie nur fühlt, nicht aber in ihrem Bewußtsein als wirklichen unmittelbaren Gegenstand anschaut. Ihre Versöhnung ist daher in ihrem Herzen, aber mit ihrem Bewußtsein noch entzweit und ihre Wirklichkeit noch gebrochen. Was als das Ansich oder die Seite der reinen Vermittlung in ihr Bewußtsein tritt, ist die jenseits liegende Versöhnung; was aber als gegenwärtig, als die Seite der Unmittelbarkeit und des Daseins, ist die Welt, die ihre Verklärung noch zu gewarten hat. Sie ist wohl an sich versöhnt mit dem Wesen; und vom Wesen wird wohl gewußt, daß es den Gegenstand nicht mehr als sich entfremdet erkennt, sondern in seiner Liebe als sich gleich. Aber für das Selbstbewußtsein hat diese unmittelbare Gegenwart noch nicht Geistsgestalt. Der Geist der Gemeinde ist so in seinem unmittelbaren Bewußtsein getrennt von seinem religiösen, das zwar es ausspricht, daß sie an sich nicht getrennt seien, aber ein Ansich, das nicht realisiert oder noch nicht ebenso absolutes Fürsichsein geworden.

Das Ziel ist das absolute Wissen
Der Geist der offenbaren Religion hat sein Bewußtsein als solches noch nicht überwunden, oder, was dasselbe ist, sein wirkliches Selbstbewußtsein ist nicht der Gegenstand seines Bewußtseins; er selbst überhaupt und die in ihm sich unterscheidenden Momente fallen in das Vorstellen und in die Form der Gegenständlichkeit. Der Inhalt des Vorstellens ist der absolute Geist; und es ist allein noch um das Aufheben dieser bloßen Form zu tun, oder vielmehr weil sie dem Bewußtsein als solchem angehört, muß ihre Wahrheit schon in den Gestaltungen desselben sich ergeben haben. —

Diese Überwindung des Gegenstandes des Bewußtseins ist nicht als das Einseitige zu nehmen, daß er sich als in das Selbst zurückkehrend zeigte, sondern bestimmter so, daß er sowohl als solcher sich ihm als verschwindend darstellte, als noch vielmehr, daß die Entäußerung des Selbstbewußtseins es ist, welche die Dingheit setzt, und daß diese Entäußerung nicht nur negative, sondern positive Bedeutung, sie nicht nur für uns oder an sich, sondern für es selbst hat. Für es hat das Negative des Gegenstandes oder dessen sich selbst Aufheben dadurch die positive Bedeutung oder es weiß diese Nichtigkeit desselben dadurch einerseits, daß es sich selbst entäußert, — denn in dieser Entäußerung setzt es sich als Gegenstand oder den Gegenstand um der untrennbaren Einheit des Fürsichseins willen als sich selbst. Andererseits liegt hierin zugleich dies andere Moment, daß es diese Entäußerung und Gegenständlichkeit ebensosehr auch aufgehoben und in sich zurückgenommen hat, also in seinem Anderssein als solchem bei sich ist. —

Dies ist die Bewegung des Bewußtseins, und dieses ist darin die Totalität seiner Momente. —

Es muß sich ebenso zu dem Gegenstande nach der Totalität seiner Bestimmungen verhalten und ihn nach jeder derselben so erfaßt haben. Diese Totalität seiner Bestimmungen macht ihn an sich zum geistigen Wesen, und für das Bewußtsein wird er dies in Wahrheit durch das Auffassen einer jeden einzelnen derselben als des Selbsts oder durch das eben genannte geistige Verhalten zu ihnen.

Der Gegenstand ist also teils unmittelbares Sein oder ein Ding überhaupt, was dem unmittelbaren Bewußtsein entspricht; teils ein Anderswerden seiner, sein Verhältnis oder Sein für Anderes und Fürsichsein, die Bestimmtheit, was der Wahrnehmung, teils Wesen oder als Allgemeines, was dem Verstande entspricht. Er ist, als Ganzes, der Schluß oder die Bewegung des Allgemeinen durch die Bestimmung zur Einzelheit, wie die umgekehrte, von der Einzelheit durch sie als aufgehobene oder die Bestimmung zum Allgemeinen. —

Nach diesen drei Bestimmungen also muß das Bewußtsein ihn als sich selbst wissen. Es ist dies jedoch nicht das Wissen als reines Begreifen des Gegenstandes, von dem die Rede ist, sondern dies Wissen soll nur in seinem Werden oder in seinen Momenten nach der Seite aufgezeigt werden, die dem Bewußtsein als solchem angehört, und die Momente des eigentlichen Begriffes oder reinen Wissens in der Form von Gestaltungen des Bewußtseins. Darum erscheint der Gegenstand im Bewußtsein als solchem noch nicht als die geistige Wesenheit, wie sie von uns soeben ausgesprochen wurde, und sein Verhalten zu ihm ist nicht die Betrachtung desselben in dieser Totalität als solcher, noch in ihrer reinen Begriffsform, sondern teils Gestalt des Bewußtseins überhaupt, teils eine Anzahl solcher Gestalten, die wir zusammennehmen und in welchen die Totalität der Momente des Gegenstandes und des Verhaltens des Bewußtseins nur aufgelöst in ihre Momente aufgezeigt werden kann.

Es ist hiermit für diese Seite des Erfassens des Gegenstandes, wie es in der Gestalt des Bewußtseins ist, nur an die früheren Gestalten desselben zu erinnern, die schon vorgekommen sind. —

In Ansehung des Gegenstandes also, insofern er unmittelbar, ein gleichgültiges Sein ist, so sahen wir die beobachtende Vernunft in diesem gleichgültigen Dinge sich selbst suchen und finden, d. h. ihres Tuns als eines ebenso äußerlichen sich bewußt sein, als sie [sich] des Gegenstandes nur als eines unmittelbaren bewußt ist. —

Wir sahen auch auf ihrer Spitze ihre Bestimmung in dem unendlichen Urteile aussprechen, daß das Sein des Ich ein Ding ist. Und zwar ein sinnliches, unmittelbares Ding; wenn Ich Seele genannt wird, so ist es zwar auch als Ding vorgestellt, aber als ein unsichtbares, unfühlbares usf., in der Tat also nicht als unmittelbares Sein und nicht als das, was man unter einem Dinge meint. —

Jenes Urteil, so genommen wie es unmittelbar lautet, ist es geistlos oder vielmehr das Geistlose selbst. Seinem Begriffe nach aber ist es in der Tat das Geistreichste, und dieses Innere desselben, das an ihm noch nicht vorhanden ist, ist es, was die beiden anderen zu betrachtenden Momente aussprechen.

Das Ding ist ich; in der Tat ist in diesem unendlichen Urteile das Ding aufgehoben; es ist nichts an sich; es hat nur Bedeutung im Verhältnisse, nur durch Ich und seine Beziehung auf dasselbe. —

Dies Moment hat sich für das Bewußtsein in der reinen Einsicht und Aufklärung ergeben. Die Dinge sind schlechthin nützlich und nur nach ihrer Nützlichkeit zu betrachten. —

Das gebildete Selbstbewußtsein, das die Welt des sich entfremdeten Geistes durchlaufen, hat durch seine Entäußerung das Ding als sich selbst erzeugt, behält daher in ihm noch sich selbst und weiß die Unselbständigkeit desselben oder daß das Ding wesentlich nur Sein für Anderes ist; oder vollständig das Verhältnis, d.h. das, was die Natur des Gegenstandes hier allein ausmacht, ausgedrückt, so gilt ihm das Ding als ein fürsichseiendes, es spricht die sinnliche Gewißheit als absolute Wahrheit aus, aber dies Fürsichsein selbst als Moment, das nur verschwindet und in sein Gegenteil, in das preisgegebene Sein für Anderes übergeht.

Hierin ist aber das Wissen des Dinges noch nicht vollendet; es muß nicht nur nach der Unmittelbarkeit des Seins und nach der Bestimmtheit, sondern auch als Wesen oder Inneres, als das Selbst gewußt werden. Dies ist in dem moralischen Selbstbewußtsein vorhanden. Dies weiß sein Wissen als die absolute Wesenheit oder das Sein schlechthin als den reinen Willen oder Wissen; es ist nichts als nur dieser Willen und Wissen; anderem kommt nur unwesentliches Sein, d. h. nicht ansichseiendes, nur seine leere Hülse zu. Insofern das moralische Bewußtsein das Dasein in seiner Weltvorstellung aus dem Selbst entläßt, nimmt es dasselbe ebensosehr wieder in sich zurück. Als Gewissen ist es endlich nicht mehr dieses noch abwechselnde Stellen und Verstellen des Daseins und des Selbsts, sondern es weiß, daß sein Dasein als solches diese reine Gewißheit seiner selbst ist; das gegenständliche Element, in welches es als handelnd sich hinausstellt, ist nichts anderes als das reine Wissen des Selbsts von sich.

Dies sind die Momente, aus denen sich die Versöhnung des Geistes mit seinem eigentlichen Bewußtsein zusammensetzt; sie für sich sind einzeln, und ihre geistige Einheit allein ist es, welche die Kraft dieser Versöhnung ausmacht. Das letzte dieser Momente ist aber notwendig diese Einheit selbst und verbindet, wie erhellt, sie in der Tat alle in sich. Der seiner selbst in seinem Dasein gewisse Geist hat zum Elemente des Daseins nichts anderes als dies Wissen von sich; das Aussprechen, daß, was er tut, er nach Überzeugung von der Pflicht tut, diese seine Sprache ist das Gelten seines Handelns. —

Das Handeln ist das erste ansichseiende Trennen der Einfachheit des Begriffs und die Rückkehr aus dieser Trennung. Diese erste Bewegung schlägt in die zweite um, indem das Element des Anerkennens sich als einfaches Wissen von der Pflicht gegen den Unterschied und die Entzweiung setzt, die im Handeln als solchem liegt und auf diese Weise eine eiserne Wirklichkeit gegen das Handeln bildet. In der Verzeihung sahen wir aber, wie diese Härte von sich selbst abläßt und sich entäußert. Die Wirklichkeit hat also hier für das Selbstbewußtsein sowohl als unmittelbares Dasein keine andere Bedeutung, als das reine Wissen zu sein; — ebenso als bestimmtes Dasein oder als Verhältnis ist das sich Gegenüberstehende ein Wissen teils von diesem rein einzelnen Selbst, teils von dem Wissen als allgemeinem. Hierin ist zugleich dies gesetzt, daß das dritte Moment, die Allgemeinheit oder das Wesen jedem der beiden Gegenüberstehenden nur als Wissen gilt; und den leeren noch übrigen Gegensatz heben sie endlich ebenso auf und sind das Wissen des Ich = Ich; dieses einzelne Selbst, das unmittelbar reines Wissen oder allgemeines ist.

Diese Versöhnung des Bewußtseins mit dem Selbstbewußtsein zeigt sich hiermit von der gedoppelten Seite zustande gebracht: das eine Mal im religiösen Geiste, das andere Mal im Bewußtsein selbst als solchem. Sie unterscheiden sich beide so voneinander, daß jene diese Versöhnung in der Form des Ansichseins, diese in der Form des Fürsichseins ist. Wie sie betrachtet worden, fallen sie zunächst auseinander; das Bewußtsein ist in der Ordnung, in der uns seine Gestalten vorkamen, teils zu den einzelnen Momenten derselben, teils zu ihrer Vereinigung längst gekommen, ehe auch die Religion ihrem Gegenstande die Gestalt des wirklichen Selbstbewußtseins gab. Die Vereinigung beider Seiten ist noch nicht aufgezeigt; sie ist es, welche diese Reihe der Gestaltungen des Geistes beschließt; denn in ihr kommt der Geist dazu, sich zu wissen, nicht nur wie er an sich oder nach seinem absoluten Inhalte, noch nur wie er für sich nach seiner inhaltslosen Form oder nach der Seite des Selbstbewußtseins, sondern wie er an und für sich ist.

Diese Vereinigung aber ist an sich schon geschehen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr der Vorstellung in das Selbstbewußtsein, aber nicht nach der eigentlichen Form, denn die religiöse Seite ist die Seite des Ansich, welche der Bewegung des Selbstbewußtseins gegenübersteht. Die Vereinigung gehört daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze die Seite der Reflexion in sich, also diejenige ist, die sich selbst und ihr Gegenteil und nicht nur an sich oder auf eine allgemeine Weise, sondern für sich oder entwickelt und unterschieden enthält. Der Inhalt sowie die andere Seite des selbstbewußten Geistes, insofern sie die andere Seite ist, ist in ihrer Vollständigkeit vorhanden und aufgezeigt worden; die Vereinigung, welche noch fehlt, ist die einfache Einheit des Begriffs. Dieser ist an der Seite des Selbstbewußtseins selbst auch schon vorhanden; aber wie er im Vorhergehenden vorgekommen, hat er wie alle übrigen Momente die Form, eine besondere Gestalt des Bewußtseins zu sein. —

Er ist also derjenige Teil der Gestalt des seiner selbst gewissen Geistes, der in seinem Begriffe stehenbleibt und die schöne Seele genannt wurde. Sie ist nämlich sein Wissen von sich selbst, in seiner reinen durchsichtigen Einheit, — das Selbstbewußtsein, das dieses reine Wissen von dem reinen Insichsein als den Geist weiß, nicht nur die Anschauung des Göttlichen, sondern die Selbstanschauung desselben. —

Indem dieser Begriff sich seiner Realisierung entgegengesetzt festhält, ist er die einseitige Gestalt, deren Verschwinden in leeren Dunst, aber auch ihre positive Entäußerung und Fortbewegung wir sahen. Durch diese Realisierung hebt sich das Aufsichbeharren dieses gegenstandslosen Selbstbewußtseins, die Bestimmtheit des Begriffs gegen seine Erfüllung auf; sein Selbstbewußtsein gewinnt die Form der Allgemeinheit, und was ihm bleibt, ist sein wahrhafter Begriff oder der Begriff, der seine Realisierung gewonnen; es ist er in seiner Wahrheit, nämlich in der Einheit mit seiner Entäußerung, — das Wissen von dem reinen Wissen, nicht als abstraktem Wesen, welches die Pflicht ist, sondern von ihm als Wesen, das dieses Wissen, dieses reine Selbstbewußtsein, das also zugleich wahrhafter Gegenstand ist, denn er ist das fürsichseiende Selbst.

Seine Erfüllung gab sich dieser Begriff einesteils im handelnden seiner selbst gewissen Geist, andernsteils in der Religion: in der letzteren gewann er den absoluten Inhalt als Inhalt oder in der Form der Vorstellung, des Andersseins für das Bewußtsein; hingegen in jener Gestalt ist die Form das Selbst selber, denn sie enthält den handelnden, seiner selbst gewissen Geist; das Selbst führt das Leben des absoluten Geistes durch. Diese Gestalt ist, wie wir sehen, jener einfache Begriff, der aber sein ewiges Wesen aufgibt, da ist oder handelt. Das Entzweien oder Hervortreten hat er an der Reinheit des Begriffs, denn sie ist die absolute Abstraktion oder Negativität. Ebenso hat er das Element seiner Wirklichkeit oder des Seins in ihm an dem reinen Wissen selbst, denn es ist die einfache Unmittelbarkeit, die ebenso Sein und Dasein als Wesen ist, jenes das negative Denken, dies das positive Denken selbst. Dies Dasein ist endlich ebensosehr das aus ihm — wie als Dasein so als Pflicht — in sich Reflektiert-oder Bösesein. Dies Insichgehen macht den Gegensatz des Begriffs aus und ist damit das Auftreten des nichthandelnden, nichtwirklichen reinen Wissens des Wesens.

Dies sein Auftreten in diesem Gegensatze aber ist die Teilnahme daran; das reine Wissen des Wesens hat sich an sich seiner Einfachheit entäußert, denn es ist das Entzweien oder die Negativität, die der Begriff ist; sofern dies Entzweien das Fürsichwerden ist, ist es das Böse; sofern es das Ansich ist, ist es das Gutbleibende. —

Was nun zuerst an sich geschieht, ist zugleich für das Bewußtsein und ebenso selbst gedoppelt, sowohl für es, als es sein Fürsichsein oder sein eigenes Tun ist. Dasselbe, was schon an sich gesetzt ist, wiederholt sich also jetzt als Wissen des Bewußtseins von ihm und bewußtes Tun. Jedes läßt für das andere von der Selbständigkeit der Bestimmtheit, in der es gegen es auftritt, ab. Dies Ablassen ist dasselbe Verzichttun auf die Einseitigkeit des Begriffs, das an sich den Anfang ausmachte; aber es ist nunmehr sein Verzichttun, so wie der Begriff, auf welchen es Verzicht tut, der seinige ist. —

Jenes Ansich des Anfangs ist als Negativität in Wahrheit ebensosehr das vermittelte; so wie es in Wahrheit ist, setzt es sich also jetzt, und das Negative ist als Bestimmtheit eines jeden für das andere und an sich das sich selbst aufhebende. Der eine der beiden Teile des Gegensatzes ist die Ungleichheit des In-sich-in-seiner-Einzelheit-Seins gegen die Allgemeinheit, — der andere die Ungleichheit seiner abstrakten Allgemeinheit gegen das Selbst; jenes stirbt seinem Fürsichsein ab und entäußert, bekennt sich; dieses entsagt der Härte seiner abstrakten Allgemeinheit und stirbt damit seinem unlebendigen Selbst und seiner unbewegten Allgemeinheit ab; so daß also jenes durch das Moment der Allgemeinheit, die Wesen ist, und dieses durch die Allgemeinheit, die Selbst ist, sich ergänzt hat. Durch diese Bewegung des Handelns ist der Geist — der so erst Geist ist, daß er da ist, sein Dasein in den Gedanken und dadurch in die absolute Entgegensetzung erhebt und aus dieser eben durch sie und in ihr selbst zurückkehrt — als reine Allgemeinheit des Wissens, welches Selbstbewußtsein ist, als Selbstbewußtsein, das einfache Einheit des Wissens ist, hervorgetreten.

Was also in der Religion Inhalt oder Form des Vorstellens eines Anderen war, dasselbe ist hier eigenes Tun des Selbsts; der Begriff verbindet es, daß der Inhalt eigenes Tun des Selbsts ist; denn dieser Begriff ist, wie wir sehen, das Wissen des Tuns des Selbsts in sich als aller Wesenheit und alles Daseins, das Wissen von diesem Subjekte als der Substanz und von der Substanz als diesem Wissen seines Tuns. — Was hier hinzugetan, ist allein teils die Versammlung der einzelnen Momente, deren jedes in seinem Prinzipe das Leben des ganzen Geistes darstellt, teils das Festhalten des Begriffes in der Form des Begriffes, dessen Inhalt sich in jenen Momenten und der sich in der Form einer Gestalt des Bewußtseins schon selbst ergeben hätte.

Diese letzte Gestalt des Geistes, der Geist, der seinem vollständigen und wahren Inhalte zugleich die Form des Selbsts gibt und dadurch seinen Begriff ebenso realisiert, als er in dieser Realisierung in seinem Begriffe bleibt, ist das absolute Wissen; es ist der sich in Geistsgestalt wissende Geist oder das begreifende Wissen. Die Wahrheit ist nicht nur an sich vollkommen der Gewißheit gleich, sondern hat auch die Gestalt der Gewißheit seiner selbst, oder sie ist in ihrem Dasein, d. h. für den wissenden Geist in der Form des Wissens seiner selbst. Die Wahrheit ist der Inhalt, der in der Religion seiner Gewißheit noch ungleich ist. Diese Gleichheit aber ist darin, daß der Inhalt die Gestalt des Selbsts erhalten. Dadurch ist dasjenige zum Elemente des Daseins oder zur Form der Gegenständlichkeit für das Bewußtsein geworden, was das Wesen selbst ist, nämlich der Begriff. Der Geist, in diesem Elemente dem Bewußtsein erscheinend oder, was hier dasselbe ist, darin von ihm hervorgebracht, ist die Wissenschaft.

Die Natur, Momente und Bewegung dieses Wissens hat sich also so ergeben, daß es das reine Fürsichsein des Selbstbewußtseins ist; es ist Ich, das dieses und kein anderes Ich und das ebenso unmittelbar vermittelt oder aufgehobenes allgemeines Ich ist. —

Es hat einen Inhalt, den es von sich unterscheidet; denn es ist die reine Negativität oder das Sichentzweien; es ist Bewußtsein. Dieser Inhalt ist in seinem Unterschiede selbst das Ich, denn er ist die Bewegung des Sichselbstaufhebens oder dieselbe reine Negativität, die Ich ist. Ich ist in ihm als unterschiedenem in sich reflektiert; der Inhalt ist allein dadurch begriffen, daß Ich in seinem Anderssein bei sich selbst ist. Dieser Inhalt, bestimmter angegeben, ist nichts anderes als die soeben ausgesprochene Bewegung selbst; denn er ist der Geist, der sich selbst und zwar für sich als Geist durchläuft, dadurch, daß er die Gestalt des Begriffes in seiner Gegenständlichkeit hat.

Was aber das Dasein dieses Begriffs betrifft, so erscheint in der Zeit und Wirklichkeit die Wissenschaft nicht eher, als bis der Geist zu diesem Bewußtsein über sich gekommen ist. Als der Geist, der weiß, was er ist, existiert er früher nicht und sonst nirgends als nach Vollendung der Arbeit, seine unvollkommene Gestaltung zu bezwingen, sich für sein Bewußtsein die Gestalt seines Wesens zu verschaffen und auf diese Weise sein Selbstbewußtsein mit seinem Bewußtsein auszugleichen. - Der an und für sich seiende Geist, in seinen Momenten unterschieden, ist fürsichseiendes Wissen, das Begreifen überhaupt, das als solches die Substanz noch nicht erreicht hat oder nicht an sich selbst absolutes Wissen ist.

In der Wirklichkeit ist nun die wissende Substanz früher da als die Form oder Begriffsgestalt derselben. Denn die Substanz ist das noch unentwickelte Ansich oder der Grund und Begriff in seiner noch unbewegten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbst des Geistes, das noch nicht da ist. Was da ist, ist als das noch unentwickelte Einfache und Unmittelbare oder der Gegenstand des vorstellenden Bewußtseins überhaupt. Das Erkennen, weil es das geistige Bewußtsein ist, dem, was an sich ist, nur insofern ist, als es Sein für das Selbst und Sein des Selbsts oder Begriff ist, hat aus diesem Grunde zuerst nur einen armen Gegenstand, gegen welchen die Substanz und deren Bewußtsein reicher ist. Die Offenbarkeit, die sie in diesem hat, ist in der Tat Verborgenheit, denn sie ist das noch selbstlose Sein, und offenbar ist sich nur die Gewißheit seiner selbst.

Zuerst gehören dem Selbstbewußtsein daher von der Substanz nur die abstrakten Momente an; aber indem diese als die reinen Bewegungen sich selbst weitertreiben, bereichert es sich, bis es die ganze Substanz dem Bewußtsein entrissen, den ganzen Bau ihrer Wesenheiten in sich gesogen und — indem dieses negative Verhalten zur Gegenständlichkeit ebensosehr positiv, Setzen ist — sie aus sich erzeugt und damit für das Bewußtsein zugleich wiederhergestellt hat. In dem Begriffe, der sich als Begriff weiß, treten hiermit die Momente früher auf als das erfüllte Ganze, dessen Werden die Bewegung jener Momente ist. In dem Bewußtsein dagegen ist das Ganze, aber unbegriffene, früher als die Momente. —

Die Zeit ist der Begriff selbst, der da ist und als leere Anschauung sich dem Bewußtsein vorstellt; deswegen erscheint der Geist notwendig in der Zeit, und er erscheint so lange in der Zeit, als er nicht seinen reinen Begriff erfaßt, d. h. nicht die Zeit tilgt. Sie ist das äußere angeschaute, vom Selbst nicht erfaßte reine Selbst, der nur angeschaute Begriff; indem dieser sich selbst erfaßt, hebt er seine Zeitform auf, begreift das Anschauen und ist begriffenes und begreifendes Anschauen. —

Die Zeit erscheint daher als das Schicksal und die Notwendigkeit des Geistes, der nicht in sich vollendet ist, — die Notwendigkeit, den Anteil, den das Selbstbewußtsein an dem Bewußtsein hat, zu bereichern, die Unmittelbarkeit des Ansich — die Form, in der die Substanz im Bewußtsein ist in Bewegung zu setzen oder umgekehrt, das Ansich als das Innerliche genommen, das, was erst innerlich ist, zu realisieren und zu offenbaren, d. h. es der Gewißheit seiner selbst zu vindizieren [»als Eigentum beanspruchen«].

Es muß aus diesem Grunde gesagt werden, daß nichts gewußt wird, was nicht in der Erfahrung ist oder, wie dasselbe auch ausgedrückt wird, was nicht als gefühlte Wahrheit, als innerlich geoffenbartes Ewiges, als geglaubtes Heiliges, oder welche Ausdrücke sonst gebraucht werden, vorhanden ist. Denn die Erfahrung ist eben dies, daß der Inhalt — und er ist der Geist — an sich, Substanz und also Gegenstand des Bewußtseins ist. Diese Substanz aber, die der Geist ist, ist das Werden seiner zu dem, was er an sich ist; und erst als dies sich in sich reflektierende Werden ist er an sich in Wahrheit der Geist. Er ist an sich die Bewegung, die das Erkennen ist, — die Verwandlung jenes Ansichs in das Fürsich, der Substanz in das Subjekt, des Gegenstandes des Bewußtseins in Gegenstand des Selbstbewußtseins, d. h. in ebensosehr aufgehobenen Gegenstand oder in den Begriff. Sie ist der in sich zurückgehende Kreis, der seinen Anfang voraussetzt und ihn nur im Ende erreicht. —

Insofern der Geist also notwendig dieses Unterscheiden in sich ist, tritt sein Ganzes angeschaut seinem einfachen Selbstbewußtsein gegenüber; und da also jenes das Unterschiedene ist, so ist es unterschieden in seinen reinen Begriff, in die Zeit, und in den Inhalt oder in das Ansich; die Substanz hat, als Subjekt, die erst innere Notwendigkeit an ihr, sich an ihr selbst als das darzustellen, was sie an sich ist, als Geist. Die vollendete gegenständliche Darstellung ist erst zugleich die Reflexion derselben oder das Werden derselben zum Selbst. —

Ehe daher der Geist nicht an sich, nicht als Weltgeist sich vollendet, kann er nicht als selbstbewußter Geist seine Vollendung erreichen. Der Inhalt der Religion spricht darum früher in der Zeit als die Wissenschaft es aus, was der Geist ist; aber diese ist allein sein wahres Wissen von ihm selbst.

Die Bewegung, die Form seines Wissens von sich hervorzutreiben, ist die Arbeit, die er als wirkliche Geschichte vollbringt. Die religiöse Gemeine, insofern sie zuerst die Substanz des absoluten Geistes ist, ist das rohe Bewußtsein, das ein um so barbarischeres und härteres Dasein hat, je tiefer sein innerer Geist ist, und sein dumpfes Selbst eine um so härtere Arbeit mit seinem Wesen, dem ihm fremden Inhalte seines Bewußtseins. Erst nachdem es die Hoffnung aufgegeben, auf eine äußerliche, d. h. fremde Weise das Fremdsein aufzuheben, wendet es sich, weil die aufgehobene fremde Weise die Rückkehr ins Selbstbewußtsein ist, an sich selbst, an seine eigene Welt und Gegenwart, entdeckt sie als sein Eigentum und hat somit den ersten Schritt getan, aus der Intellektualwelt herabzusteigen oder vielmehr deren abstraktes Element mit dem wirklichen Selbst zu begeisten.

Durch die Beobachtung einerseits findet es das Dasein als Gedanken und begreift dasselbe, und umgekehrt in seinem Denken das Dasein. Indem es so zunächst die unmittelbare Einheit des Denkens und Seins, des abstrakten Wesens und des Selbsts, selbst abstrakt ausgesprochen und das erste Lichtwesen reiner, nämlich als Einheit der Ausdehnung und des Seins — denn Ausdehnung ist die dem reinen Denken gleichere Einfachheit, denn das Licht ist — und hiermit im Gedanken die Substanz des Aufgangs wieder erweckt hat, schaudert der Geist zugleich von dieser abstrakten Einheit, von dieser selbstlosen Substantialität zurück und behauptet die Individualität gegen sie. Erst aber nachdem er diese in der Bildung entäußert, dadurch sie zum Dasein gemacht und in allem Dasein sie durchgesetzt, — zum Gedanken der Nützlichkeit gekommen und in der absoluten Freiheit das Dasein als seinen Willen erfaßt, kehrt er somit den Gedanken seiner innersten Tiefe heraus und spricht das Wesen als Ich = Ich aus. Dies Ich = Ich ist aber die sich in sich selbst reflektierende Bewegung; denn indem diese Gleichheit als absolute Negativität der absolute Unterschied ist, so steht die Sichselbstgleichheit des Ich diesem reinen Unterschiede gegenüber, der als der reine und zugleich dem sich wissenden Selbst gegenständliche, als die Zeit auszusprechen ist, so daß, wie vorhin das Wesen als Einheit des Denkens und der Ausdehnung ausgesprochen wurde, es als Einheit des Denkens und der Zeit zu fassen wäre; aber der sich selbst überlassene Unterschied, die ruhe- und haltlose Zeit fällt vielmehr in sich selbst zusammen; sie ist die gegenständliche Ruhe der Ausdehnung, diese aber ist die reine Gleichheit mit sich selbst, das Ich. —

Oder Ich ist nicht nur das Selbst, sondern es ist die Gleichheit des Selbsts mit sich; diese Gleichheit aber ist die vollkommene und unmittelbare Einheit mir sich selbst, oder dies Subjekt ist ebensosehr die Substanz. Die Substanz für sich allein wäre das inhaltsleere Anschauen oder das Anschauen eines Inhalts, der als bestimmter nur Akzidentalität hätte und ohne Notwendigkeit wäre; die Substanz gälte nur insofern als das Absolute, als sie als die absolute Einheit gedacht oder angeschaut wäre, und aller Inhalt müßte nach seiner Verschiedenheit außer ihr in die Reflexion fallen, die ihr nicht angehört, weil sie nicht Subjekt, nicht das über sich und sich in sich Reflektierende oder nicht als Geist begriffen wäre. Wenn doch von einem Inhalte gesprochen werden sollte, so wäre es teils nur, um ihn in den leeren Abgrund des Absoluten zu werfen, teils aber wäre er äußerlich aus der sinnlichen Wahrnehmung aufgerafft; das Wissen schiene zu Dingen, dem Unterschiede von ihm selbst, und [zu] dem Unterschiede mannigfaltiger Dinge gekommen zu sein, ohne daß man begriffe, wie und woher.

Der Geist aber hat sich uns gezeigt, weder nur das Zurückziehen des Selbstbewußtseins in seine reine Innerlichkeit zu sein noch die bloße Versenkung desselben in die Substanz und das Nichtsein seines Unterschiedes, sondern diese Bewegung des Selbsts, das sich seiner selbst entäußert und sich in seine Substanz versenkt und ebenso als Subjekt aus ihr in sich gegangen ist und sie zum Gegenstande und Inhalte macht, als es diesen Unterschied der Gegenständlichkeit und des Inhalts aufhebt. Jene erste Reflexion aus der Unmittelbarkeit ist das Sichunterscheiden des Subjekts von seiner Substanz oder der sich entzweiende Begriff, das Insichgehen und Werden des reinen Ich.

Indem dieser Unterschied das reine Tun des Ich = Ich ist, ist der Begriff die Notwendigkeit und das Aufgehen des Daseins, das die Substanz zu seinem Wesen hat und für sich besteht. Aber das Bestehen des Daseins für sich ist der in der Bestimmtheit gesetzte Begriff und dadurch ebenso seine Bewegung an ihm selbst, nieder in die einfache Substanz zu gehen, welche erst als diese Negativität und Bewegung Subjekt ist. —

Weder hat Ich sich in der Form des Selbstbewußtseins gegen die Form der Substantialität und Gegenständlichkeit festzuhalten, als ob es Angst vor seiner Entäußerung hätte — die Kraft des Geistes ist vielmehr, in seiner Entäußerung sich selbst gleich zu bleiben und als das Anundfürsichseiende das Fürsichsein ebensosehr nur als Moment zu setzen wie das Ansichsein —, noch ist es ein Drittes, das die Unterschiede in den Abgrund des Absoluten zurückwirft und ihre Gleichheit in demselben ausspricht, sondern das Wissen besteht vielmehr in dieser scheinbaren Untätigkeit, welche nur betrachtet, wie das Unterschiedene sich an ihm selbst bewegt und in seine Einheit zurückkehrt.

In dem Wissen hat also der Geist die Bewegung seines Gestaltens beschlossen, insofern dasselbe mit dem unüberwundenen Unterschiede des Bewußtseins behaftet ist. Er hat das reine Element seines Daseins, den Begriff, gewonnen. Der Inhalt ist nach der Freiheit seines Seins das sich entäußernde Selbst oder die unmittelbare Einheit des Sichselbstwissens. Die reine Bewegung dieser Entäußerung macht, sie am Inhalte betrachtet, die Notwendigkeit desselben aus. Der verschiedene Inhalt ist als bestimmter im Verhältnisse, nicht an sich, und [ist] seine Unruhe, sich selbst aufzuheben, oder die Negativität; also ist die Notwendigkeit oder Verschiedenheit, wie das freie Sein, ebenso das Selbst; und in dieser selbstischen Form, worin das Dasein unmittelbar Gedanke ist, ist der Inhalt Begriff.

Indem also der Geist den Begriff gewonnen, entfaltet er das Dasein und Bewegung in diesem Äther seines Lebens und ist Wissenschaft.

Die Momente seiner Bewegung stellen sich in ihr nicht mehr als bestimmte Gestalten des Bewußtseins dar, sondern, indem der Unterschied desselben in das Selbst zurückgegangen, als bestimmte Begriffe und als die organische, in sich selbst gegründete Bewegung derselben. Wenn in der Phänomenologie* des Geistes jedes Moment der Unterschied des Wissens und der Wahrheit und die Bewegung ist, in welcher er sich aufhebt, so enthält dagegen die Wissenschaft diesen Unterschied und dessen Aufheben nicht, sondern indem das Moment die Form des Begriffs hat, vereinigt es die gegenständliche Form der Wahrheit und des wissenden Selbsts in unmittelbarer Einheit.
*Wissenschaft von den sich dialektisch entwickelnden Erscheinungen der Gestalten des [absoluten] Geistes und Wissenschaft der Erfahrung des Bewusstseins (Hegel).

Das Moment tritt nicht als diese Bewegung auf, aus dem Bewußtsein oder der Vorstellung in das Selbstbewußtsein und umgekehrt herüber und hinüber zu gehen, sondern seine reine, von seiner Erscheinung im Bewußtsein befreite Gestalt, der reine Begriff und dessen Fortbewegung hängt allein an seiner reinen Bestimmtheit. Umgekehrt entspricht jedem abstrakten Momente der Wissenschaft eine Gestalt des erscheinenden Geistes überhaupt. Wie der daseiende Geist nicht reicher ist als sie, so ist er in seinem Inhalte auch nicht ärmer. Die reinen Begriffe der Wissenschaft in dieser Form von Gestalten des Bewußtseins zu erkennen, macht die Seite ihrer Realität aus, nach welcher ihr Wesen, der Begriff, der in ihr in seiner einfachen Vermittlung als Denken gesetzt ist, die Momente dieser Vermittlung auseinanderschlägt und nach dem inneren Gegensatze sich darstellt.

Die Wissenschaft enthält in ihr selbst diese Notwendigkeit, der Form des reinen Begriffs sich zu entäußern, und den Übergang des Begriffs ins Bewußtsein. Denn der sich selbst wissende Geist, eben darum, daß er seinen Begriff erfaßt, ist er die unmittelbare Gleichheit mit sich selbst, welche in ihrem Unterschiede die Gewißheit vom Unmittelbaren ist, oder das sinnliche Bewußtsein, — der Anfang, von dem wir ausgegangen; dieses Entlassen seiner aus der Form seines Selbsts ist die höchste Freiheit und Sicherheit seines Wissens von sich.

Doch ist diese Entäußerung noch unvollkommen; sie drückt die Beziehung der Gewißheit seiner selbst auf den Gegenstand aus, der eben darin, daß er in der Beziehung ist, seine völlige Freiheit nicht gewonnen hat. Das Wissen kennt nicht nur sich, sondern auch das Negative seiner selbst oder seine Grenze. Seine Grenze wissen heißt, sich aufzuopfern wissen. Diese Aufopferung ist die Entäußerung, in welcher der Geist sein Werden zum Geiste in der Form des freien zufälligen Geschehens darstellt, sein reines Selbst als die Zeit außer ihm und ebenso sein Sein als Raum anschauend. Dieses sein letzteres Werden, die Natur, ist sein lebendiges unmittelbares Werden; sie, der entäußerte Geist, ist in ihrem Dasein nichts als diese ewige Entäußerung ihres Bestehens und die Bewegung, die das Subjekt herstellt.

Die andere Seite aber seines Werdens, die Geschichte, ist das wissende, sich vermittelnde Werden — der an die Zeit entäußerte Geist; aber diese Entäußerung ist ebenso die Entäußerung ihrer selbst; das Negative ist das Negative seiner selbst. Dies Werden stellt eine träge Bewegung und Aufeinanderfolge von Geistern dar, eine Galerie von Bildern, deren jedes, mit dem vollständigen Reichtume des Geistes ausgestattet, eben darum sich so träge bewegt, weil das Selbst diesen ganzen Reichtum seiner Substanz zu durchdringen und zu verdauen hat. Indem seine Vollendung darin besteht, das, was er ist, seine Substanz, vollkommen zu wissen, so ist dies Wissen sein Insichgehen, in welchem er sein Dasein verläßt und seine Gestalt der Erinnerung übergibt.

In seinem Insichgehen ist er in der Nacht seines Selbstbewußtseins versunken, sein verschwundenes Dasein aber ist in ihr aufbewahrt; und dies aufgehobene Dasein — das vorige, aber aus dem Wissen neugeborene — ist das neue Dasein, eine neue Welt und Geistesgestalt.

In ihr hat er ebenso unbefangen von vorn bei ihrer Unmittelbarkeit anzufangen und sich von ihr auf wieder großzuziehen, als ob alles Vorhergehende für ihn verloren wäre und er aus der Erfahrung der früheren Geister nichts gelernt hätte. Aber die Er-Innerung hat sie aufbewahrt und ist das Innere und die in der Tat höhere Form der Substanz. Wenn also dieser Geist seine Bildung, von sich nur auszugehen scheinend, wieder von vorn anfängt, so ist es zugleich auf einer höheren Stufe, daß er anfängt. Das Geisterreich, das auf diese Weise sich in dem Dasein gebildet, macht eine Aufeinanderfolge aus, worin einer den anderen ablöste und jeder das Reich der Welt von dem vorhergehenden übernahm. Ihr Ziel ist die Offenbarung der Tiefe, und diese ist der absolute Begriff; diese Offenbarung ist hiermit das Aufheben seiner Tiefe oder seine Ausdehnung, die Negativität dieses insichseienden Ich, welche seine Entäußerung oder Substanz ist, — und seine Zeit, daß diese Entäußerung sich an ihr selbst entäußert und so in ihrer Ausdehnung ebenso in ihrer Tiefe, dem Selbst ist.

Das Ziel, das absolute Wissen, oder der sich als Geist wissende Geist
hat zu seinem Wege die Erinnerung der Geister, wie sie an ihnen selbst sind und die Organisation ihres Reichs vollbringen. Ihre Aufbewahrung nach der Seite ihres freien, in der Form der Zufälligkeit erscheinenden Daseins ist die Geschichte, nach der Seite ihrer begriffenen Organisation aber die Wissenschaft des erscheinenden Wissens; beide zusammen, die begriffene Geschichte, bilden die Erinnerung und die Schädelstätte des absoluten Geistes, die Wirklichkeit, Wahrheit und Gewißheit seines Throns, ohne den er das leblose Einsame wäre; nur —

aus dem Kelche dieses Geisterreiches
schäumt ihm seine Unendlichkeit.


Schiller, »Die Freundschaft«, V. 59 f.: »Aus dem Kelch des ganzen Seelenreiches /Schäumt ihm — die Unendlichkeit«.
Aus: G.W. Hegel, Phänomenologie des Geistes, Werke 3, S.495-591, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 603

Philosophie der Religion

Das unendliche Gespenst
Wenn die Philosophie in unserer Zeit wegen ihrer Beschäftigung mit der Religion befeindet wird, so kann uns das nach dem allgemeinen Charakter der Zeit freilich nicht auffallen. Jeder, der es versucht, mit der Erkenntnis Gottes sich zu befassen und die Natur desselben denkend zu begreifen, muß dessen gewärtig sein, daß man entweder darauf nicht achthat oder sich gegen ihn wendet und verbindet.

Je mehr sich die Erkenntnis der endlichen Dinge ausgebreitet hat, indem die Ausdehnung der Wissenschaften fast grenzenlos geworden ist und alle Gebiete des Wissens zum Unübersehbaren erweitert sind, um so mehr hat sich der Kreis des Wissens von Gott verengt. Es hat eine Zeit gegeben, wo alles Wissen Wissenschaft von Gott gewesen ist. Unsere Zeit hat dagegen das Ausgezeichnete, von allem und jedem, von einer unendlichen Menge von Gegenständen zu wissen, nur nichts von Gott. Früher hatte der Geist darin sein höchstes Interesse, von Gott zu wissen und seine Natur zu ergründen, er hatte und fand keine Ruhe als in dieser Beschäftigung, er fühlte sich unglücklich, wenn er dies Bedürfnis nicht befriedigen konnte; die geistigen Kämpfe, welche das Erkennen Gottes im Innern hervorruft, waren die höchsten, die der Geist kannte und in sich erfuhr, und alles andere Interesse und Erkennen wurde für gering geachtet. Unsere Zeit hat dies Bedürfnis, die Mühen und Kämpfe desselben beschwichtigt, wir sind damit fertig geworden und es ist abgetan. Was Tacitus von den alten Deutschen sagte, daß sie securi adversus deos gewesen, das sind wir in Rücksicht des Erkennens wieder geworden: securi adversus deum.

Es macht unserem Zeitalter keinen Kummer mehr, von Gott nichts zu erkennen, vielmehr gilt es für die höchste Einsicht, daß diese Erkenntnis sogar nicht möglich sei. Was die christliche Religion für das höchste, absolute Gebot erklärt: »Ihr sollt Gott erkennen«, das gilt als eine Torheit. Christus sagt:
»Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist« (2 Matth. 5, 45), — diese hohe Forderung ist der Weisheit unserer Zeit ein leerer Klang. Sie hat aus Gott ein unendliches Gespenst gemacht, das fern von uns ist, und ebenso die menschliche Erkenntnis zu einem eiteln Gespenste der Endlichkeit oder zu einem Spiegel, in den nur Schemen, nur die Erscheinungen fallen. Wie sollen wir daher noch das Gebot achten und seinen Sinn fassen, wenn es heißt: »Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist«, da wir vom Vollkommenen nichts erkennen, unser Wissen und Wollen nur durchaus an die Erscheinung angewiesen ist und die Wahrheit schlechterdings nur ein Jenseits sein und bleiben soll. Und was, müssen wir weiter fragen, was wäre denn sonst der Mühe wert zu begreifen, wenn Gott unbegreiflich ist?

Diesen Standpunkt muß man dem Inhalte nach für die letzte Stufe der Erniedrigung des Menschen achten, bei welcher er freilich um so hochmütiger zugleich ist, als er sich diese Erniedrigung als das Höchste und als seine wahre Bestimmung erwiesen zu haben glaubt. Obwohl aber solcher Standpunkt schnurstracks der großen Natur der christlichen Religion entgegen ist, denn nach dieser sollen wir Gott, seine Natur und sein Wesen erkennen und diese Erkenntnis als das Allerhöchste achten — der Unterschied, ob dies Wissen durch Glauben, Autorität, Offenbarung oder durch Vernunft herbeigeführt werde, ist hier gleichgültig —, obwohl dieser Standpunkt also ebenso mit dem Inhalt, den die Offenbarung von der göttlichen Natur gibt, als mit dem Vernünftigen fertig geworden ist, so hat er sich doch nach allen seinen niedrigen Verzweigungen in der blinden Anmaßung, die ihm eigen ist, nicht gescheut, sich gegen die Philosophie zu kehren, die doch die Befreiung des Geistes aus jener schmachvollen Erniedrigung ist und die Religion aus der Stufe des tiefsten Leidens, das sie auf jenem Standpunkt hat erfahren müssen, wieder hervorgezogen hat. Selbst die Theologen, die noch in jenem Stadium der Eitelkeit nur zu Hause sind, haben es gewagt, die Philosophie ihrer zerstörenden Tendenz wegen anzuklagen, Theologen, die nichts von dem Gehalte mehr besitzen, der zerstört werden könnte. Um diese nicht nur unbegründeten, sondern noch mehr leichtfertigen und gewissenlosen Einwürfe zurückzuweisen, brauchen wir nur kurz zuzusehen, wie die Theologen vielmehr alles getan haben, um das Bestimmte der Religion aufzulösen, indem sie

1. die Dogmen in den Hintergrund geschoben oder für gleichgültig erklärt haben, oder dieselben

2. nur als fremde Bestimmungen anderer und als bloße Erscheinungen einer vergangenen Geschichte betrachten. Wenn wir so auf die Seite des Inhalts reflektiert und gesehen haben, wie diesen die Philosophie wiederherstellt und vor den Verwüstungen der Theologie sicherstellt, werden wir

3. auf die Form jenes Standpunktes reflektieren und hier sehen, wie die Richtung, die von der Form aus die Philosophie befeindet, über sich selbst so un¬wissend ist, daß sie nicht einmal weiß, wie sie an sich gerade das Prinzip der Philosophie in sich enthält. S.42ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke 16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616

Von Gott
Was Gott ist, ist für uns, die Religion haben, ein Bekanntes, ein Inhalt, der im subjektiven Bewußtsein vorhanden ist; aber wissenschaftlich betrachtet ist zunächst Gott ein allgemeiner abstrakter Name, der noch keinen wahrhaften Gehalt bekommen hat. Denn die Religionsphilosophie erst ist die Entwicklung, Erkenntnis dessen, was Gott ist, und durch sie erfährt man erst auf erkennende Weise, was Gott ist. Gott ist diese sehr wohl bekannte, aber eine wissenschaftlich noch nicht entwickelte, erkannte Vorstellung.

Mit der Hinweisung auf diese in unserer Wissenschaft sich selbst rechtfertigende Entwicklung nehmen wir es zunächst als eine Versicherung auf, daß es Resultat der Philosophie ist, daß Gott das absolut Wahre, das an und für sich Allgemeine, alles Befassende, Enthaltende und allem Bestandgebende ist. Und in Ansehung dieser Versicherung können wir uns ebenso zunächst auf das religiöse Bewußtsein berufen, welches die Überzeugung hat, daß Gott das absolut Wahre überhaupt ist, von dem alles ausgeht und in das alles zurückgeht, von dem alles abhängig ist, und daß sonst anderes nicht absolute, wahrhafte Selbständigkeit hat. Das ist nun der Inhalt des Anfangs.

Dieser Anfang ist wissenschaftlich noch abstrakt; so voll die Brust von dieser Vorstellung sein kann, so ist es im Wissenschaftlichen nicht darum zu tun, was in der Brust, sondern um das, was herausgesetzt ist als Gegenstand für das Bewußtsein, näher für das denkende Bewußtsein, — was die Form des Gedankens erlangt hat. Dieser Fülle die Form des Gedankens, Begriffs zu geben, ist das Geschäft unserer Wissenschaft.

a) Der Anfang als abstrakt, als der erste Inhalt, die Allgemeinheit, hat so noch gleichsam eine subjektive Stellung, hat die Stellung, als ob das Allgemeine nur für den Anfang so allgemein wäre und nicht in dieser Allgemeinheit bliebe. Der Anfang des Inhalts ist aber selbst so aufzufassen, daß bei allen weiteren Entwicklungen dieses Inhalts — indem dies Allgemeine sich als ein absolut Konkretes, Inhaltsvolles, Reiches zeigen wird — wir zugleich aus dieser Allgemeinheit nicht heraustreten, so daß diese Allgemeinheit, die wir der Form nach einerseits verlassen, indem sie zu einer bestimmten Entwicklung fortgeht, sich doch als absolute, dauernde Grundlage erhält, nicht als bloß subjektiver Anfang zu nehmen ist.

Gott ist für uns, indem er das Allgemeine ist, in Beziehung auf die Entwicklung das in sich Verschlossene, in absoluter Einheit mit sich selbst. Wenn wir sagen: Gott ist das Verschlossene, so ist das ausgedrückt in Beziehung auf eine Entwicklung, die wir erwarten; aber die Verschlossenheit, was Allgemeinheit Gottes von uns genannt worden, ist in dieser Beziehung auf Gott selbst, auf den Inhalt selbst nicht zu fassen als eine abstrakte Allgemeinheit, außerhalb welcher das Besondere, gegen welche das Besondere noch selbständig wäre.

So ist nun diese Allgemeinheit als die absolut volle, erfüllte zu fassen. Gott als dieses Allgemeine, das in sich Konkrete, Volle ist dies, daß Gott nur Einer ist und nicht im Gegensatz gegen viele Götter; sondern es ist nur das Eine, Gott.

Die Dinge, Entwicklungen der natürlichen und geistigen Welt sind mannigfache Gestalten, unendlich vielgeformtes Dasein;
sie haben ein Sein von unterschiedenem Grad, Kraft, Stärke, Inhalt. Aber das Sein aller dieser Dinge ist ein solches, das nicht selbständig, sondern schlechthin nur ein getragenes, gesetztes ist, nicht wahrhafte Selbständigkeit hat. Wenn wir den besonderen Dingen ein Sein zuschreiben, so ist das nur ein geliehenes Sein, nur der Schein eines Seins, nicht das absolut selbständige Sein, das Gott ist.

Gott in seiner Allgemeinheit, dies Allgemeine, in welchem keine Schranke, Endlichkeit, Besonderheit ist, ist das absolute Bestehen und allein das Bestehen; und was besteht, hat seine Wurzel, sein Bestehen nur in diesem Einen. Wenn wir diesen ersten Inhalt so auffassen, so können wir uns ausdrücken:
Gott ist die absolute Substanz, die allein wahrhafte Wirklichkeit. Alles andere, was wirklich ist, ist nicht für sich wirklich, hat kein Bestehen für sich; die einzig absolute Wirklichkeit ist allein Gott; so ist er die absolute Substanz.

Hält man diesen Gedanken so abstrakt fest, so ist es allerdings Spinozismus. Die Substantialität, die Substanz als solche ist noch gar nicht unterschieden von der Subjektivität. Aber zu der gemachten Voraussetzung gehört auch dies: Gott ist der Geist, der absolute Geist, der ewig einfache, wesentlich bei sich seiende Geist. Diese Idealität, Subjektivität des Geistes, welche Durchsichtigkeit, Idealität von allem Besonderen ist, ist ebenso diese Allgemeinheit, diese reine Beziehung auf sich selbst, das absolute Beisichselbstsein und -bleiben.

Wenn wir sagen »Substanz«, so liegt darin, daß dies Allgemeine noch nicht gefaßt ist als konkret in sich; wird es so gefaßt, als konkret in sich, so ist es Geist; dieser bleibt auch in seiner konkreten Bestimmung in sich diese Einheit mit sich, diese eine Wirklichkeit, welche wir soeben Substanz hießen. Eine weitere Bestimmung ist es, daß die Substantialität, die Einheit der absoluten Wirklichkeit mit sich selbst, nur Grundlage, ein Moment in der Bestimmung Gottes als Geistes ist. Die Verunglimpfung der Philosophie geht vornehmlich von dieser Seite aus: man sagt, die Philosophie müsse Spinozismus sein, wenn sie konsequent sei; und so sei sie Atheismus, Fatalismus.

Aber beim Anfang hat man noch nicht unterschiedene Bestimmungen, Eines und ein Anderes: beim Anfang ist man nur beim Einen, nicht beim Anderen. Von solchem Anfang her haben wir zunächst den Inhalt noch in Form der Substantialität. Auch wenn wir sagen »Gott, Geist«, so sind das unbestimmte Worte, Vorstellungen. Es kommt darauf an, was ins Bewußtsein getreten ist. Zuerst tritt das Einfache, das Abstrakte ins Bewußtsein. In dieser ersten Einfachheit haben wir Gott noch in der Bestimmung der Allgemeinheit, bei der wir aber nicht bleiben.

Dieser Inhalt bleibt aber gleichwohl die Grundlage; in aller weiteren Entwicklung tritt Gott nicht aus seiner Einheit mit sich selbst heraus. Indem er, wie man gewöhnlich sagt, die Welt erschafft, entsteht nicht ein Böses, Anderes, das selbständig, unabhängig wäre.

b) Dieser Anfang ist Gegenstand für uns oder Inhalt in uns; wir haben diesen Gegenstand. So ist die unmittelbare Frage:
wer sind wir? Wir, Ich, der Geist ist selbst ein sehr Konkretes, Mannigfaches: ich bin anschauend, sehe, höre usf. Alles das bin ich, dies Fühlen, Sehen. Der nähere Sinn dieser Frage ist also: nach welcher jener Bestimmungen ist dieser Inhalt für unsere Sinne? Vorstellung, Wille, Phantasie, Gefühl? Welches ist der Ort, wo dieser Inhalt, Gegenstand zu Hause ist? Welches ist der Boden dieses Gehalts?

Wenn man sich an die gang und gäben Antworten erinnert in dieser Rücksicht, so ist Gott in uns als glaubend, fühlend, vorstellend, wissend. Diese Formen, Vermögen, Seiten von uns, Gefühl, Glaube, Vorstellung haben wir nachher näher zu betrachten, besonders in Beziehung auf diesen Punkt selbst. Wir sehen uns nicht um nach einer Antwort irgendeiner Art, richten uns nicht nach Erfahrungen, Beobachtungen, daß wir Gott im Gefühl usf. haben; zunächst halten wir uns an das, was wir vor uns haben, dieses Eine, Allgemeine, diese Fülle, die dieser sich selbst gleichbleibende, durchsichtige Äther ist.

Nehmen wir dies Eine vor uns und fragen: für welches unserer Vermögen, Tätigkeiten des Geistes ist dieses Eine, schlechthin Allgemeine?, so können wir nur die entsprechende Tätigkeit unseres Geistes nennen als den Boden, worauf dieser Inhalt zu Hause sein kann. Das ist das Denken.

Denken ist allein der Boden dieses Inhalts, die Tätigkeit des Allgemeinen, das Allgemeine in seiner Tätigkeit, Wirksamkeit; oder sprechen wir es aus als Auffassen des Allgemeinen, so ist das, für welches das Allgemeine ist, immer das Denken.

Dieses Allgemeine, was vom Denken produziert werden kann und für das Denken ist, kann ganz abstrakt sein; so ist es das Unermeßliche, Unendliche, das Aufheben aller Schranke, Besonderheit. Dieses zunächst negative Allgemeine hat seinen Sitz nur im Denken.

Wenn wir an Gott denken, so sprechen wir dabei diesen Gang auch aus, daß wir über das Sinnliche, Äußerliche, Einzelne uns erheben; es wird eine Erhebung ausgesprochen zum Reinen, mit sich Einigen. Diese Erhebung ist Hinausgehen über das Sinnliche und das bloße Gefühl in die reine Region des Allgemeinen, und diese Region ist das Denken.

Dies ist nach subjektiver Weise der Boden für diesen Inhalt. Der Inhalt ist dies absolut Scheidungslose, Ununterbrochene, bei sich selbst Bleibende, das Allgemeine, und das Denken ist die Weise, für welche dies Allgemeine ist.

So haben wir einen Unterschied zwischen dem Denken und dem Allgemeinen, das wir zunächst Gott nannten; es ist ein Unterschied, der zunächst nur unserer Reflexion zukommt, der für sich im Inhalt noch ganz und gar nicht enthalten ist. Es ist Resultat der Philosophie, wie schon Glaube der Religion, daß Gott die eine, wahrhafte Wirklichkeit ist, sonst gar keine. In dieser einen Wirklichkeit und reinen Klarheit hat die Wirklichkeit und der Unterschied, den wir Denkendes nennen, noch keinen Platz.

Was wir vor uns haben, ist dies eine Absolute. Diesen Inhalt, diese Bestimmung können wir noch nicht Religion nennen; dazu gehört subjektiver Geist, Bewußtsein. Das Denken ist der Ort dieses Allgemeinen, aber dieser Ort ist zunächst absorbiert in diesem Einen, Ewigen, an und für sich Seienden. In dieser wahrhaften, absoluten Bestimmung, die nur noch nicht entwickelt, vollendet ist, bleibt Gott bei aller Entwicklung absolute Substanz.

Dieses Allgemeine ist der Anfangs- und Ausgangspunkt, aber schlechthin diese bleibende Einheit, nicht ein bloßer Boden, aus dem Unterschiede erwachsen; sondern alle Unterschiede bleiben eingeschlossen in dieses Allgemeine. Es ist aber auch nicht ein träges, abstrakt Allgemeines, sondern der absolute Schoß, der unendliche Trieb und Quellpunkt, aus dem alles hervor- und in den alles zurückgeht und ewig darin behalten ist.

Das Allgemeine tritt also aus diesem Äther der Gleichheit mit sich selbst und des Beisichselbstseins nie heraus. Gott kann als dieses Allgemeine nicht dazu kommen, bei einem Anderen in der Tat zu sein, dessen Bestehen mehr als ein Spiel des Scheines wäre. Gegen diese reine Einheit und klare Durchsichtigkeit ist die Materie nichts Undurchdringliches und hat der Geist, das Ich nicht die Sprödigkeit, daß er für sich wahrhafte Substantialität besäße.

c) Diese Vorstellung hat man mit dem Namen Pantheismus bezeichnen wollen; richtiger würde man sie nennen: Vorstellung der Substantialität. Gott ist da zunächst nur als Substanz bestimmt; das absolute Subjekt, der Geist bleibt auch Substanz, aber er ist nicht nur Substanz, sondern in sich auch als Subjekt bestimmt. Von diesem Unterschiede wissen die gewöhnlich nichts, die sagen, spekulative Philosophie sei Pantheismus; sie übersehen die Hauptsache, wie immer, und sie verunglimpfen die Philosophie, indem sie etwas Falsches aus ihr machen.

Pantheismus
hat bei diesem Vorwurf gewöhnlich den Sinn: alles, das All, Universum, dieser Komplex von allem Existierenden, diese unendlich vielen endlichen Dinge seien Gott; und diese Beschuldigung wird der Philosophie gemacht, sie behaupte, alles sei Gott, d. h. diese unendliche Mannigfaltigkeit der einzelnen Dinge, nicht die an und für sich seiende Allgemeinheit, sondern die einzelnen Dinge in ihrer empirischen Existenz, wie sie unmittelbar sind.

Sagt man: Gott ist dies alles, dies Papier usf., so ist es Pantheismus, wie er in jenem Vorwurf gefaßt wird, d. h. Gott ist alles, alle einzelnen Dinge. Wenn ich sage »Gattung«, so ist das auch eine Allgemeinheit, aber eine ganz andere als »Allheit«, in welcher das Allgemeine nur als Zusammenfassen aller einzelnen Existenzen und das Seiende das Zugrundeliegende, der eigentliche Inhalt, alle einzelnen Dinge ist.

Dieses Faktum, daß in irgendeiner Religion solcher Pantheismus dagewesen, ist vollkommen falsch; es ist nie einem Menschen eingefallen, zu sagen: alles ist Gott, d. h. die Dinge in ihrer Einzelheit, Zufälligkeit; viel weniger ist das in einer Philosophie behauptet worden.

Den orientalischen Pantheismus oder richtiger den Spinozismus werden wir später in der bestimmten Religion kennenlernen. Der Spinozismus selbst als solcher und auch der orientalische Pantheismus enthält, daß in allem das Göttliche nur sei das Allgemeine eines Inhalts, das Wesen der Dinge, so daß dieses aber auch vorgestellt wird als das bestimmte Wesen der Dinge.

Wenn Brahma sagt: »Ich bin der Glanz, das Leuchtende in den Metallen, der Ganges unter den Flüssen, das Leben im Lebendigen« usf., so ist damit aufgehoben das Einzelne. Brahma sagt nicht: »Ich bin das Metall, die Flüsse, die einzelnen Dinge jeder Art selbst als solche, wie sie unmittelbar existieren.« Der Glanz ist nicht das Metall selbst, sondern das Allgemeine, Substantielle, herausgehoben aus dem Einzelnen, nicht mehr Alles als Einzelnes. Da ist schon nicht mehr das gesagt, was man Pantheismus heißt, sondern es ist gesagt das Wesen in solchen einzelnen Dingen.

Zum Lebendigen gehört Zeitlichkeit, Räumlichkeit; es ist aber nur herausgehoben das Unvergängliche an dieser Einzelheit. Das »Leben des Lebendigen« ist in dieser Sphäre des Lebens das Unbeschränkte, Allgemeine. Wird aber gesagt: alles ist Gott, so wird die Einzelheit genommen nach allen ihren Schranken, ihrer Endlichkeit, Vergänglichkeit. Diese Vorstellung vom Pantheismus kommt davon her, daß man die abstrakte, nicht die geistige Einheit heraushebt; und dann, in einer religiösen Vorstellung, wo nur die Substanz, das Eine als wahrhafte Wirklichkeit gilt, vergessen jene, daß eben gegen dies Eine die einzelnen endlichen Dinge verschwunden sind, ihnen keine Wirklichkeit zugeschrieben wird, sondern man behält diese noch neben dem Einen marerialiter bei. Sie glauben den Eleaten nicht, welche sagten:

»Es ist nur das Eine«, und ausdrücklich hinzufügten: »und das Nichts ist gar nicht«. (S. Parmenides). Alles Endliche würde Beschränkung, Negation des Einen sein; aber das Nichts, die Beschränkung, Endlichkeit, Grenze und das Begrenzte ist gar nicht.

Man hat dem Spinozismus Atheismus vorgeworfen; aber die Welt, dies »Alles« ist gar nicht im Spinozismus. Es erscheint wohl, man spricht von seinem Dasein, und unser Leben ist, in dieser Existenz zu sein. Im philosophischen Sinne aber hat die Welt gar keine Wirklichkeit, ist gar nicht. Diesen Einzelheiten wird keine Wirklichkeit zugeschrieben; es sind Endlichkeiten, und von diesen wird gesagt, sie seien gar nicht.

Der Spinozismus, ist die allgemeine Beschuldigung, sei diese Konsequenz: wenn alles eins ist, so behaupte solche Philosophie, das Gute sei eins mit dem Bösen, es sei kein Unterschied zwischen Gutem und Bösem und damit alle Religion aufgehoben. Man sagt, es gelte an sich der Unterschied des Guten und Bösen nicht; damit sei es gleichgültig, ob man gut oder böse sei. Es kann zugegeben werden, daß der Unterschied zwischen Gutem und Bösem an sich aufgehoben sei, d. h. in Gott, der einzig wahren Wirklichkeit. In Gott ist kein Böses; der Unterschied zwischen Gutem und Bösem ist nur, wenn Gott das Böse ist. Man wird aber nicht zugeben, daß das Böse ein Affirmatives sei und dieses Affirmative in Gott. Gott ist gut und allein gut; der Unterschied von Bösem und Gutem ist in diesem Einen, dieser Substanz nicht vorhanden; dieser tritt erst mit dem Unterschied überhaupt ein.

Gott ist das Eine, absolut bei sich selbst Bleibende; in der Substanz ist kein Unterschied. Beim Unterschied Gottes von der Welt, insbesondere vom Menschen, da tritt der Unterschied von Gutem und Bösem ein. Im Spinozismus ist in Rücksicht auf diesen Unterschied von Gott und Mensch Grundbestimmung, daß der Mensch Gott allein zu seinem Ziel haben muß. Da ist für den Unterschied, für den Menschen Gesetz die Liebe Gottes, auf diese Liebe zu Gott allein gerichtet zu sein, nicht seinen Unterschied geltend zu machen, auf ihm beharren zu wollen, sondern allein seine Richtung auf Gott zu haben.

Das ist die erhabenste Moral, daß das Böse das Nichtige ist und der Mensch diesen Unterschied, diese Nichtigkeit nicht soll gelten lassen. Der Mensch kann auf diesem Unterschied beharren wollen, diesen Unterschied treiben zur Entgegensetzung gegen Gott, das an und für sich Allgemeine, — so ist er böse. Aber er kann seinen Unterschied auch für nichtig achten, seine Wahrheit nur setzen in Gott und seine Richtung auf Gott, — dann ist er gut.

Im Spinozismus tritt allerdings Unterschiedenheit von Gutem und Bösem ein — Gott und der Mensch gegenüber — und tritt ein mit dieser Bestimmung, daß das Böse für das Nichtige zu achten sei. In Gott als solchem, in dieser Bestimmung als Substanz ist der Unterschied nicht; aber für den Menschen ist dieser Unterschied, auch der zwischen Gutem und Bösem.

Diese Oberflächlichkeit, mit der gegen Philosophie polemisiert wird, sagt auch, Philosophie sei Identitätssystem. Es ist ganz richtig: Substanz ist diese eine Identität mit sich, aber ebensosehr auch der Geist. Identität, Einheit mit sich ist am Ende alles. Spricht man aber von Identitätsphilosophie, so bleibt man bei der abstrakten Identität, Einheit überhaupt, und sieht ab von dem, worauf es allein ankommt, von der Bestimmung dieser Einheit in sich, ob sie als Substanz oder Geist bestimmt ist. Die ganze Philosophie ist nichts anderes als das Studium der Bestimmungen der Einheit; ebenso ist die Religionsphilosophie eine Reihenfolge von Einheiten, immer die Einheit, aber so, daß diese immer weiter bestimmt ist.

Im Physikalischen gibt es der Einheiten viele. Wasser und Erde zusammengebracht, das ist auch Einheit, aber eine Mengung. Wenn ich eine Base und eine Säure habe und Salz, Kristall daraus entsteht, habe ich auch Wasser, kann es aber nicht sehen, es ist nicht die geringste Feuchtigkeit vorhanden. Da ist die Einheit des Wassers mit dieser Materie eine ganz anders bestimmte Einheit, als wenn ich Wasser und Erde vermenge. Die Hauptsache ist der Unterschied dieser Bestimmung. Die Einheit Gottes ist immer Einheit; aber es kommt ganz allein auf die Arten und Weisen der Bestimmung dieser Einheit an; diese Bestimmung der Einheit wird übersehen und eben damit gerade das, worauf es ankommt.

Das Erste ist diese göttliche Allgemeinheit,
der Geist ganz in seiner unbestimmten Allgemeinheit, für welchen durchaus kein Unterschied ist. Auf dieser absoluten Grundlage — wir sprechen das zunächst noch als Faktum aus — kommt nun aber auch der Unterschied überhaupt hervor, der als geistiger Unterschied Bewußtsein ist, und damit erst fängt die Religion als solche an. Indem die absolute Allgemeinheit zum Urteil, d. h. dazu fortgeht, sich als Bestimmtheit zu setzen, und Gott als Geist für den Geist ist, so haben wir den Standpunkt, daß Gott Gegenstand des Bewußtseins und das im Anfang allgemeine, unterschiedliche Denken in das Verhältnis eingetreten ist. S.92ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke 16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616

Das religiöse Verhältnis
In der Lehre von Gott haben wir Gott als Objekt schlechthin nur für sich vor uns; freilich kommt dann auch die Beziehung Gottes auf die Menschen hinzu, und während dies nach der früheren gewöhnlichen Vorstellung nicht wesentlich dazugehörig erschien, handelt dagegen die neuere Theologie mehr von der Religion als von Gott: es wird nur gefordert, der Mensch soll Religion haben. Dies ist die Hauptsache, und es wird sogar als gleichgültig gesetzt, ob man von Gott etwas wisse oder nicht; oder man hält dafür, es sei dies nur ganz etwas Subjektives, man wisse eigentlich nicht, was Gott sei. Dagegen hat man im Mittelalter mehr das Wesen Gottes betrachtet und bestimmt. Wir haben die Wahrheit anzuerkennen, die darin liegt, daß Gott nicht betrachtet wird getrennt vom subjektiven Geiste, aber nur nicht aus dem Grunde, daß Gott ein Unbekanntes ist, sondern deswegen, weil Gott wesentlich Geist, als wissender ist. Es ist also eine Beziehung von Geist zu Geist. Dieses Verhältnis von Geist zu Geist liegt der Religion zugrunde.

Wenn wir nun dessen überhoben wären, mit dem Beweise, daß Gott ist, anzufangen, so hätten wir doch zu beweisen, daß die Religion ist, und daß sie notwendig ist; denn die Philosophie hat den Gegenstand nicht als einen gegebenen.

Man könnte nun zwar sagen, jener Beweis sei nicht nötig, und sich darauf berufen, daß alle Völker Religion hätten. Aber dies ist nur etwas Angenommenes, und mit dem Ausdruck »alles« gebt man überhaupt nicht besonders gut um. Sodann gibt es doch auch Völker, von denen man schwerlich sagen dürfte, daß sie Religion haben: ihr Höchstes, das sie etwa verehren, ist Sonne, Mond, oder was ihnen sonst in der sinnlichen Natur auffällt. Auch gibt es die Erscheinung eines Extrems von Bildung, daß das Sein Gottes überhaupt geleugnet worden ist, und ebenso, daß die Religion die Wahrhaftigkeit des Geistes sei; ja, man hat in diesem Extrem mit Ernst behauptet, die Priester seien nur Betrüger, indem sie den Menschen eine Religion eingäben, denn sie hätten dabei nur die Absicht gehabt, sich die Menschen unterwürfig zu machen.

Ein weiterer Versuch, die Notwendigkeit der Religion zu beweisen, kommt nur zur äußerlichen, bedingten Notwendigkeit, in welcher die Religion zu einem Mittel und zu etwas Absichtlichem gemacht, aber damit zu etwas Zufälligem herabgesetzt wird, welches nicht an und für sich gilt, sondern willkürlich von mir ebenso entfernt wie mit Absicht gebraucht werden kann. Die wahrhafte Ansicht, das substantielle Verhältnis, und das falsche Verhältnis stehen hier sehr nahe aneinander, und das Schiefe des letzteren scheint nur eine leichte Verschiebung des ersteren zu sein.

In alter und neuer Zeit hat man gesagt, diese Stadt, dieser Staat, diese Familien oder Individuen seien durch die Verachtung der Götter zugrunde gegangen; die Verehrung der Götter dagegen und die Ehrfurcht gegen sie erhalte und beglücke die Staaten, und das Glück und Fortkommen der Individuen werde durch ihre Religiosität befördert.

Allerdings wird die Rechtschaffenheit erst etwas Festes und erhält die Erfüllung der Pflichten ihre Bewährung, wenn ihnen die Religion zugrunde liegt. Das Innerste des Menschen, das Gewissen, hat darin erst absolute Verpflichtung und die Sicherheit derselben. So muß der Staat auf Religion beruhen, weil in ihr die Sicherheit der Gesinnung, der Pflichten gegen denselben erst absolut ist. Jede andere Weise der Verpflichtung weiß sich Ausreden, Ausnahmen, Gegengründe zu verschaffen, weiß die Gesetze, Einrichtungen und Individuen der Regierung und Obrigkeit zu verkleinern, sie unter Gesichtspunkte zu bringen, wodurch man sich von der Achtung gegen dieselbe losmacht. Denn alle diese Bestimmungen sind nicht das allein, was sie an sich und in sich sind, sondern sie haben zugleich eine gegenwärtige, endliche Existenz, sie sind von der Beschaffenheit, daß sie die Reflexion einladen, sie zu untersuchen, sie ebenso anzuklagen wie zu rechtfertigen, und rufen so die subjektive Betrachtung auf, die sich von ihnen dispensieren kann. Nur die Religion ist es, die alles dieses subjektive Beurteilen und Abwägen niederschlägt, zunichte macht und eine unendliche, absolute Verpflichtung herbeiführt. Kurz, die Verehrung Gottes oder der Götter befestigt und erhält die Individuen, die Familien, Staaten; die Verachtung Gottes oder der Götter löst die Rechte und Pflichten, die Bande der Familien und der Staaten auf und führt sie zum Verderben.

Dies ist allerdings eine höchst wahre und wichtige Betrachtung, welche den wesentlichen, substantiellen Zusammenhang enthält. Wenn nun aus jenem Satze als Resultat einer Erfahrung gefolgert wird: also ist die Religion notwendig, so ist dies eine äußerliche Art des Schlusses, kann aber noch allein in Rücksicht des subjektiven Erkennens mangelhaft sein, so daß damit dem Inhalt noch nicht eine schiefe Wendung oder Stellung gegeben wird. Aber wenn der Schluß jetzt so lautet: also ist die Religion für die Zwecke der Individuen, Regierungen, Staaten usf. nützlich, so wird damit ein Verhältnis eingeführt, in welchem die Religion als Mittel gesetzt wird. Aber bei der Religion hat man es mit dem Geist, dem vielgewandten, zu tun. Wie schon der organische Körper in seinen Krankheiten gegen die Heilmittel, sosehr sie eine Notwendigkeit der Wirkungsweise gegen ihn ausüben, zugleich nach ihrer Spezialität indifferent ist und eine Wahl unter einer Menge von Mitteln offensteht, so setzt der Geist noch mehr, was er als Mittel hat und gebrauchen kann, zu einem Besonderen herab, und er hat dann das Bewußtsein seiner Freiheit, es gebrauchen zu können oder auch ein anderes.

So, wenn die Religion Mittel ist, so weiß der Geist, daß er sie gebrauchen, daß er aber auch andere Mittel ergreifen kann; ja, er steht ihr so gegenüber, daß er sich auf sich kann verlassen wollen. Er hat ferner die Freiheit seiner Zwecke - seine Gewalt, List, die Beherrschung der Meinung der Menschen usf. sind auch Mittel —, und eben in der Freiheit seiner Zwecke, welche eben darin liegt, daß seine Zwecke das Geltende sein sollen und die Religion nur Mittel, hat er die Freiheit, seine Macht und Herrschaft sich zum Zweck zu machen, also sich Zwecke zu setzen, bei denen er die Religion entbehren kann oder die gerade gegen dieselbe gehen. Es kommt vielmehr darauf an, daß er sich zu solchen Zwecken entschlösse oder verpflichtet wüßte, die mit Zurücksetzung anderer beliebiger, überhaupt mit Aufopferung der besonderen Zwecke objektiv, an und für sich gelten. Objektive Zwecke fordern das Aufgeben subjektiver Interessen, Neigungen und Zwecke, und dies Negative ist darin enthalten, wenn gesagt wird, die Verehrung Gottes gründe das wahre Wohl der Individuen, Völker und Staaten. Ist dies eine Folge von jener, so ist jene die Hauptsache, hat ihre Bestimmung und Bestimmtheit für sich und reguliert die Zwecke und Ansichten der Menschen, die als besondere Zwecke nicht das Erste, sich für sich Bestimmensollende sind. So eine leichte Wendung der Reflexionsstellung verändert und verdirbt gänzlich jenen ersten Sinn und macht aus der Notwendigkeit eine bloße Nützlichkeit, die als zufällig sich verkehren läßt.

Hier ist vielmehr von der inneren, an und für sich seienden Notwendigkeit die Rede, einer Notwendigkeit, der sich die Willkür, das Böse allerdings wohl entgegenstellen kann; aber diese Willkür fällt dann außerhalb auf die Seite des Ichs, das sich als frei auf die Spitze seines Fürsichseins stellen kann, und gehört nicht mehr der Notwendigkeit selbst an und ist nicht mehr die eigene sich verkehrende Natur derselben, wie es der Fall ist, solange sie nur als Nützlichkeit gefaßt wird. S.101ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke 16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616
Der spekulative Begriff der Religion
Aus den „Vorlesungen über die Philosophie der Religion ", herausg. von Phil. Marheineke, 2. Aufl. 1840 (l. Aufl. 1832). Erster Teil (= Sämt¬liche Werke, Bd. XI), S. 198ff.
Die Vernunft ist der Boden, auf dem die Religion allein zu Hause sein kann. Die Grundbestimmung ist das affirmative [bejahende] Verhalten des Bewußtseins, welches nur ist als Negation der Negation, als das Sichaufheben der Bestimmungen des Gegensatzes, die von der Reflexion als beharrend genommen werden. Der Boden der Religion ist insofern dies Vernünftige und näher das Spekulative. Die Religion ist aber nicht nur so ein Abstraktes, ein affirmatives Verhalten, wie es eben bestimmt ist, zum Allgemeinen; wäre sie nur so, würde aller weitere Inhalt außer ihr sich befinden, von Außen hereinkommen, wäre er dann in der Wirklichkeit, so müßte es noch andere Wirklichkeit außer der Religion geben.

Der Standpunkt der Religion ist dieser, daß das Wahre, zu dem das Bewußtsein sich verhält, allen Inhalt in sich hat, und dies Verhalten ist damit selbst sein Höchstes, sein absoluter Standpunkt.

Die Reflexion ist die Tätigkeit, die Gegensätze festzustellen und von dem einen zum anderen zu gehen, ohne aber ihre Verbindung und durchdringende Einheit zu Stande zu bringen. Der Boden dagegen der Religion ist das absolute Bewußtsein, so, daß Gott aller Inhalt, alle Wahrheit und Wirklichkeit selbst ist. Solchem Gegenstand ist das bloße Reflektieren nicht angemessen.

Wenn wir bisher den Ausdruck »Bewußtsein« gebraucht haben, so drückt dies nur die Seite der Erscheinung des Geistes aus, das wesentliche Verhältnis des Wissens und seines Gegenstandes. Ich bin so als Verhältnis bestimmt, der Geist ist aber wesentlich dies, nicht bloß im Verhältnis zu sein; in das Bewußtsein fällt das Endliche, das Objekt bleibt darin selbständig stehen. Der Geist ist nicht nur ein solches Wissen, wo das Sein des Gegenstandes vom Wissen selbst getrennt ist, nicht nur in der Weise des Verhältnisses, nicht bloß Form des Bewußtseins. Von diesem Verhältnis abstrahierend, sprechen wir vom Geist und das Bewußtsein fällt dann als Moment in das Sein des Geistes; wir haben damit ein affirmatives Verhältnis des Geistes zum absoluten Geist. Erst diese Identität, daß das Wissen in seinem Objekt sich für sich setzt, ist der Geist, die Vernunft, die als gegenständlich für sich selbst ist.

Die Religion also ist Beziehung des Geistes auf den absoluten Geist
. Nur so ist der Geist als der wissende das Gewußte. Dies ist nicht bloß ein Verhalten des Geistes zum absoluten Geist, sondern der absolute Geist selbst ist das Sichbeziehende auf das, was wir als Unterschied auf die andere Seite gesetzt haben, und höher ist so die Religion die Idee des Geistes, der sich zu sich selbst verhält, das Selbstbewußtsein des absoluten Geistes. Hierin fällt sein Bewußtsein, das vorher als Verhältnis bestimmt war. Das Bewußtsein, als solches, ist das endliche Bewußtsein, das Wissen von einem Anderen als dem Ich. Die Religion ist auch Bewußtsein, und hat somit das endliche Bewußtsein an ihr, aber als endliches aufgehoben: denn das Andere, wovon der absolute Geist weiß, ist er selbst und er ist so erst der absolute Geist, daß er sich weiß.

Die Endlichkeit des Bewußtseins tritt ein, indem sich der Geist an sich selbst unterscheidet; aber dies endliche Bewußtsein ist Moment des Geistes selbst, er selbst ist das Sichunterscheiden, das Sichbestimmen, d. h. sich als endliches Bewußtsein zu setzen. Dadurch aber ist er nur als durch das Bewußtsein oder den endlichen Geist vermittelt, so, daß er sich zu verendlichen hat, um durch diese Verendlichung Wissen seiner selbst zu werden. So ist die Religion Wissen des göttlichen Geistes von sich durch Vermittelung des endlichen Geistes. In der höchsten Idee ist demnach die Religion nicht die Angelegenheit eines Menschen, sondern sie ist wesentlich die höchste Bestimmung der absoluten Idee selbst.

Der absolute Geist in seinem Bewußtsein ist Sichwissen; weiß er Anderes, so hört er auf, absoluter Geist zu sein. Auf diese Bestimmung wird hier behauptet, dieser Inhalt, den das Wissen des absoluten Geistes hat von sich selbst, sei die absolute Wahrheit, alle Wahrheit, so daß diese Idee allen Reichtum der natürlichen und geistigen Welt in sich faßt, die einzige Substanz und Wahrheit dieses Reichtums ist und alles nur Wahrheit hat in ihr als Moment ihres Wesens.

Der Beweis der Notwendigkeit, daß so dieser Inhalt der Religion die absolute Wahrheit ist, insofern er vom Unmittelbaren anfängt und jenen Inhalt als Resultat eines anderen Inhalts zeigt, liegt vor unserer Wissenschaft und uns bereits im Rücken. Als wir oben an seiner Stelle diesen Beweis lieferten, sahen wir bereits, wie die Einseitigkeit seines Ganges, daß der Inhalt nicht als absolut, sondern als Resultat erscheint, sich selbst aufhebt. Denn eben das Erste, entweder die logische Abstraktion des Seins oder die endliche Welt, dies Erste, Unmittelbare, nicht gesetzt Erscheinende, wird in dem Resultat selbst gesetzt als ein Gesetztes, nicht Unmittelbares und degradiert vom Unmittelbaren zum Gesetzten, so daß der absolute Geist vielmehr das Wahre ist, das Setzen der Idee, wie der Natur und des endlichen Geistes. Oder der absolute, seiner selbst sich bewußte Geist ist das Erste und einzige Wahre, in welchem die endliche Welt, die so ein Gesetztes ist, als Moment ist.

Jener Gang also, der sich zunächst als ein Gang vor der Religion zeigte, wo vom Unmittelbaren begonnen wird, ohne Bezug auf Gott, so daß Gott dadurch erst wird, ist nun vielmehr Moment innerhalb der Religion selbst, aber in anderer Gestalt und Form als in jener ersten Weise, wo er gleichsam nur unbefangen in Rücksicht auf Gott ist; hier ist vielmehr Gott schlechthin das Erste und jener Gang die Tätigkeit und Bewegung der Idee des absoluten Geistes in ihr selbst. Der Geist ist für sich, d. h. macht sich zum Gegenstand, ist gegen den Begriff für sich selbst bestehend, das, was wir Welt, Natur heißen; diese Diremtion [Trennung, Lösung, Entfremdung] ist erstes Moment. Das Andere ist, daß dieser Gegenstand sich selbst zurückbewegt zu dieser seiner Quelle, der er angehörig bleibt und zu der er sich zurückbegeben muß; diese Bewegung macht das göttliche Leben aus. Der Geist als absoluter ist zunächst das Sicherscheinende, das für sich seiende Fürsichsein; die Erscheinung als solche ist die Natur, und er ist nicht nur das Erscheinende, nicht nur das Für-Eines-, sondern das Fürsichselbstsein, das Sich-Erscheinende, damit ist er denn Bewußtsein seiner als Geist. So ist das zunächst als Notwendigkeit betrachtete Moment innerhalb des Geistes selbst und wir haben dem Wesen nach jene Notwendigkeit auch innerhalb der Religion, aber nicht als unmittelbares Dasein, sondern als Erscheinung der Idee, nicht als Sein, sondern als Erscheinung des Göttlichen.

Die konkrete Erfüllung des Begriffes der Religion ist nun seine Produzierung durch sich selbst. Er selbst ist es, der sich konkret macht, und sich zur Totalität seiner Unterschiede vollendet, so daß der Begriff, indem er nur durch diese Unterschiede ist, sich selbst zum Gegenstand wird. Der Begriff, den wir so festgestellt haben, ist das Selbstbewußtsein des absoluten Geistes, dies Selbstbewußtsein, daß er für sich ist; für sich ist er Geist, das, worin ein Unterschied seiner von ihm ist, dies ist Moment der Natur. Populär gesprochen heißt dies, Gott ist die Einheit des Natürlichen und Geistigen, der Geist ist aber Herr der Natur, so daß beides nicht mit gleicher Würde in dieser Einheit ist, sondern so, daß die Einheit der Geist ist, kein drittes, worin beide neutralisiert werden, sondern diese Indifferenz beider ist selbst der Geist. Er ist ein Mal eine Seite und das andere Mal das, was über die andere Seite übergreift und so die Einheit beider ist. In dieser weiteren konkreten Bestimmung des Geistes geschieht es, daß der Begriff Gottes sich zur Idee vollendet.

Das Geistige ist die absolute Einheit des Geistigen und Natürlichen, so daß dies nur ist ein vom Geist Gesetztes, Gehaltenes. In dieser Idee sind folgende Momente:

a) Die substantielle, absolute, subjektive Einheit beider Momente, die Idee in ihrer sich selbst gleichen Affirmation.

b) Das Unterscheiden des Geistes in sich selbst, so daß er nun sich setzt als seiend für dies von ihm - durch ihn selbst gesetzte - Unterschiedene.

c) Indem dies Unterscheiden selbst in jener Einheit der Affirmation [Bejahung] gesetzt ist, so wird es Negation der Negation, die Affirmation als unendlich, als absolutes Fürsichsein.

Die beiden ersten Momente sind die des Begriffs, die Art und Weise, wie die Beziehung des Geistigen und Natürlichen im Begriff enthalten ist. Das Weitere ist, daß sie nicht bloß Momente des Begriffs sind, sondern selbst die beiden Seiten des Unterschiedes. Das Moment des Unterscheidens ist im Geiste das, was Bewußtsein heißt. Das Unterscheiden ist das Setzen von zwei, die keine andere Bestimmung ihres Unterschiedes haben, als eben jene Momente selbst. Das Unterscheiden, welches dadurch zu einem Verhältnis wird, hat daher zu seinen zwei Seiten,

[1.] zu der einen selbst jene gediegene substantielle Einheit der Idee, Gott als seienden, als auf sich sich beziehende Einheit, und

[2.] zu der anderen das Unterscheiden, welches als das Bewußtsein die Seite ist, für welche die gediegene Einheit ist und die sich darum als die endliche Seite bestimmt.

Gott ist so bestimmt als seiend für das Bewußtsein, als Gegenstand, als erscheinend; aber wesentlich ist er als die geistige Einheit in seiner Substantialität nicht nur bestimmt als erscheinend, sondern als sich erscheinend, also dem Anderen so erscheinend, daß er darin sich selbst erscheint.

Dieses Unterscheiden ist daher selbst zu fassen als in die absolute Affirmation zurückgehend oder sich aufhebend - als Unterscheiden, das sich ebenso ewig zur Wahrheit der Erscheinung aufhebt.

Wenn wir zunächst die substantielle Einheit von dem Unterscheiden selbst unterschieden und dann als das dritte die Rückkehr des zweiten Moments in das erste bestimmt haben, so sind aber nun nach der Bestimmung des Inhalts des Verhältnisses jene beiden Bestimmungen selbst nur als eine Seite des Verhältnisses zu nehmen, so daß sie beide nur die Eine Bestimmtheit desselben ausmachen und das zweite Moment ist dann das, welches als das dritte erschien. Diese beiden Bestimmungen sind es, welche nach dem Begriff das ausmachen, was überhaupt zur Realität der Idee zu rechnen ist. Die eine als das Verhältnis, in welches der Begriff sich dirimiert [trennt, löst, entfremdet] das Bewußtsein, die Erscheinung Gottes und die andere als das Sichaufheben dieser nur relativen, im Gegensatz stehenden Beziehung. In dem Ersten, dem Verhältnis, ist das endliche Bewußtsein die eine Seite und die Art und Weise, wie seine Endlichkeit bestimmt ist, ist die an ihm zu Tage kommende Weise, wie ihm sein Gegenstand bestimmt ist. Hierher fällt die Art der göttlichen Erscheinung, die Vorstellung oder die theoretische Seite. Hingegen in der anderen Beziehung, der praktischen, als der Tätigkeit des Aufhebens der Entzweiung, ist es an dem Bewußtsein, daß die Tätigkeit erscheint. Auf diese Seite fällt dann die Form der Freiheit, die Subjektivität als solche und ist das Selbstbewußtsein in seiner Bewegung zu betrachten. Dies ist die Erscheinung als Kultus. S.120-125
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925
Auch enthalten in: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke 16, S.196-202, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616

Die absolute Religion
Aus den „Vorlesungen über die Philosophie der Religion", herausg. von Phil. Marheineke, 2. Aufl. 1840 (l. Aufl. 1832). Zweiter Teil (= Gesammelte Werke, Bd. XII), S. 207 ff.
Die absolute Religion ist die Religion der Wahrheit und Freiheit. Denn die Wahrheit ist, sich im Gegenständlichen nicht verhalten als zu einem Fremden. Die Freiheit drückt dasselbe, was die Wahrheit ist, mit einer Bestimmung der Negation aus. Der Geist ist für den Geist: dies ist er; er ist also seine Voraussetzung; wir fangen mit dem Geist als Subjekt an, er ist identisch mit sich, ist ewige Anschauung seiner selbst, er ist so zugleich nur als Resultat, als Ende gefaßt. Er ist das Sichvoraussetzen und ebenso das Resultat, und ist nur als Ende. Dies ist die Wahrheit, dies adäquat sein, dies Objekt und Subjekt sein. Daß er sich selbst der Gegenstand ist, ist die Realität, Begriff, Idee, und dies ist die Wahrheit.

Ebenso ist sie die Religion der Freiheit. Freiheit ist abstrakt das Verhalten zu einem Gegenständlichen als nicht zu einem Fremden, es ist dieselbe Bestimmung wie die der Wahrheit, nur ist bei der Freiheit noch die Negation des Unterschiedes des Andersseins herausgehoben, so erscheint sie in der Form der Versöhnung. Diese fängt damit an, daß Unterschiedene gegeneinander sind, Gott, der eine ihm entfremdete Welt gegenüber hat, eine Welt, die ihrem Wesen entfremdet ist. Die Versöhnung ist die Negation dieser Trennung, dieser Scheidung, sich ineinander zu erkennen, sich und sein Wesen zu finden. Die Versöhnung ist so die Freiheit, ist nicht ein Ruhendes oder Seiendes, sondern Tätigkeit. Alles dies, Versöhnung, Wahrheit, Freiheit ist allgemeiner Prozeß, und daher nicht in einem einfachen Satz auszusprechen, ohne Einseitigkeit. Die Hauptvorstellung ist die von der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur: Gott ist Mensch geworden. Diese Einheit ist zunächst nur das Ansich, aber als dies, ewig hervorgebracht zu werden, und dies Hervorbringen ist die Befreiung, Versöhnung, die eben nur möglich ist durch das Ansich; die mit sich identische Substanz ist diese Einheit, die als solche die Grundlage ist, aber als Subjektivität ist sie das, was sich ewig hervorbringt.

Daß nur diese Idee die absolute Wahrheit ist, das ist Resultat der ganzen Philosophie, in seiner reinen Form ist es das Logische, aber ebenso Resultat der Betrachtung der konkreten Welt. Dies ist die Wahrheit, daß die Natur, das Leben, der Geist durch und durch organisch ist, daß jedes Unterschiedene nur ist der Spiegel dieser Idee, so daß sie sich an ihm als Vereinzeltem darstellt, als Prozeß an ihm, so daß es diese Einheit an ihm selbst manifestiert.

Die Naturreligion ist die Religion auf dem Standpunkt nur des Bewußtseins, in der absoluten Religion ist auch dieser Standpunkt, aber nur innerhalb als transitorisches Moment, in der Naturreligion ist Gott als Anderes vorgestellt, in natürlicher Gestaltung, oder die Religion hat nur die Form des Bewußtseins. Die zweite Form war die der geistigen Religion, des Geistes, der endlich bestimmt bleibt, es ist insofern die Religion des Selbstbewußtseins, nämlich der absoluten Macht, der Notwendigkeit, die wir gesehen haben; der Eine, die Macht ist das Mangelhafte, weil es nur die abstrakte Macht ist, seinem Inhalte nach nicht absolute Subjektivität ist, nur abstrakte Notwendigkeit, abstrakt einfaches Beisichselbstsein.

Die Abstraktion, in der die Macht und die Notwendigkeit noch auf jener Stufe gefaßt worden, macht die Endlichkeit aus, und die besonderen Mächte, Götter, bestimmt nach geistigem Inhalt, machen erst die Totalität, indem sie zu jener Abstraktion den realen Inhalt hinzubringen. Endlich die dritte ist nun die Religion der Freiheit, des Selbstbewußtseins, das aber zugleich Bewußtsein der umfassenden Realität [ist], die die Bestimmtheit der ewigen Idee Gottes selbst bildet, und in dieser Gegenständlichkeit bei sich selbst ist. Freiheit ist die Bestimmung des Selbstbewußtseins.... S.203ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke 17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617


Die göttliche Idee
Einteilung
Die absolute, ewige Idee ist

I. an und für sich Gott in seiner Ewigkeit, vor Erschaffung der Welt, außerhalb der Welt;

II. Erschaffung der Welt. Dieses Erschaffene, dieses Anderssein spaltet sich an ihm selbst in diese zwei Seiten, die physische Natur und den endlichen Geist. Dieses so Geschaffene ist so ein Anderes, zunächst gesetzt außer Gott. Gott ist aber wesentlich, dies Fremde, dies Besondere, von ihm Getrenntgesetzte sich zu versöhnen [und], so wie die Idee sich dirimiert hat, abgefallen ist von sich selbst, diesen Abfall zu seiner Wahrheit zurückzubringen.

III. Das ist der Weg, der Prozeß der Versöhnung, wodurch der Geist [das], was er von sich unterschieden in seiner Diremtion, seinem Urteil, mit sich geeinigt hat, und so der heilige Geist ist, der Geist ist in seiner Gemeinde.

Das sind also nicht Unterschiede nach äußerlicher Weise, die wir machen, sondern das Tun, die entwickelte Lebendigkeit des absoluten Geistes selbst, das ist selbst [s]ein ewiges Leben, das eine Entwickelung und Zurückführung dieser Entwickelung in sich selbst ist.

Die nähere Explikation dieser Idee ist nun, daß der allgemeine Geist, das Ganze was er ist, sich selbst in seine drei Bestimmungen setzt, sich entwickelt, realisiert, und daß erst am Ende vollendet ist, was zugleich seine Voraussetzung ist. Er ist im Ersten als Ganzes, setzt sich voraus und ist ebenso nur am Ende. Der Geist ist so in den drei Formen, den drei Elementen zu betrachten, in die er sich setzt.

Diese drei angegebenen Formen sind: das ewige in und bei sich Sein, die Form der Allgemeinheit; die Form der Erscheinung, die der Partikularisation, das Sein für Anderes; die Form der Rückkehr aus der Erscheinung in sich selbst, die absolute Einzelheit.

In diesen drei Formen expliziert sich die göttliche Idee.

Geist ist die göttliche Geschichte, der Prozeß des Sichunterscheidens, Dirimierens und dies in sich Zurücknehmens, er ist die göttliche Geschichte und diese Geschichte ist in jeder der drei Formen zu betrachten.

Sie sind in Rücksicht auf das subjektive Bewußtsein auch so zu bestimmen:

Die erste Form als das Element des Gedankens. Gott ist im reinen Gedanken, wie er an und für sich ist, offenbar ist, aber noch nicht zur Erscheinung gekommen ist. Gott in seinem ewigen Wesen bei sich selbst, aber offenbar.

Die zweite Form ist, daß er im Element der Vorstellung ist, im Element der Partikularisation, daß das Bewußtsein befangen ist in Beziehung auf Anderes, dies ist die Erscheinung.

Das dritte Element ist das der Subjektivität als solcher. Diese Subjektivität ist teils die unmittelbare als Gemüt, Vorstellung, Empfindung, teils aber auch Subjektivität, die der Begriff ist, denkende Vernunft, Denken des freien Geistes, der erst durch die Rückkehr frei in sich ist.

In Beziehung auf Ort, Raum, sind die drei Formen so zu erklären, indem sie als Entwicklung und Geschichte gleichsam an verschiedenen Orten vorgehen.

So ist die erste göttliche Geschichte außer der Welt, raumlos außer der Endlichkeit, Gott wie er an und für sich ist.

Das Zweite ist die göttliche Geschichte als real in der Welt, Gott im vollkommenen Dasein.

Das Dritte ist der innere Ort, die Gemeinde, zunächst in der Welt, aber zugleich sich zum Himmel erhebend, als Kirche ihn auf Erden schon in sich habend, voll Gnade, in der Welt wirksam, präsent.

Man kann auch nach der Zeit die drei Elemente unterschieden bestimmen. Im ersten Elemente ist Gott außer der Zeit, als ewige Idee, in dem Element der Ewigkeit, der Ewigkeit, insofern sie der Zeit gegenüber gestellt wird. So expliziert sich diese an und für sich seiende Zeit und legt sich auseinander in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. So ist die göttliche Geschichte zweitens als Erscheinung, ist als Vergangenheit, sie ist, hat Sein, aber ein Sein, das zum Schein herabgesetzt ist, als Erscheinung ist sie unmittelbares Dasein, das auch zugleich negiert ist, dies ist Vergangenheit. Die göttliche Geschichte ist so als Vergangenheit, als das eigentlich Geschichtliche. Das dritte Element ist die Gegenwart, aber nur die beschränkte Gegenwart, nicht die ewige Gegenwart, sondern die, die Vergangenheit und Zukunft von sich unterscheidet, die das Element des Gemüts ist, der unmittelbaren Subjektivität geistiges Jetztsein. Aber die Gegenwart soll auch das dritte sein, die Gemeinde erhebt sich auch in den Himmel, so ist es auch eine Gegenwart, die sich erhebt, wesentlich versöhnt, vollendet durch die Negation ihrer Unmittelbarkeit zur Allgemeinheit, eine Vollendung, die aber noch nicht ist, und die so als Zukunft zu fassen ist. Ein Jetzt der Gegenwart, das die Vollendung vor sich hat, aber diese ist unterschieden von diesem Jetzt, das noch Unmittelbarkeit ist, und ist als Zukunft gesetzt.

Wir haben überhaupt die Idee zu betrachten als göttliche Selbstoffenbarung und diese Offenbarung ist in den drei angegebenen Bestimmungen zu nehmen.

Nach der ersten ist Gott für den endlichen Geist rein nur als Denken: dies ist das theoretische Bewußtsein, worin das denkende Subjekt sich ganz ruhig verhält, noch nicht in dies Verhältnis selbst, in den Prozeß gesetzt ist, sondern in der ganz unbewegten Stille des denkenden Geistes sich verhält, da ist Gott gedacht für ihn und dieser ist so in dem einfachen Schlusse, daß er sich durch seinen Unterschied, der aber hier nur noch in der reinen Idealität ist und nicht zur Äußerlichkeit kommt, mit sich selbst zusammenschließt, unmittelbar bei sich selbst ist. Dies ist das erste Verhältnis, das nur für das denkende Subjekt ist, welches von dem reinen Inhalt allein eingenommen ist. Dies ist das Reich des Vaters.

Die zweite Bestimmung ist das Reich des Sohnes, worin Gott für die Vorstellung im Elemente des Vorstellens überhaupt ist das Moment der Besonderung überhaupt. In diesem zweiten Standpunkt erhält jetzt das, was im ersten das Andere Gottes war, ohne aber diese Bestimmung zu haben, die Bestimmung des Anderen. Dort auf dem ersten Standpunkte ist Gott als der Sohn, nicht unterschieden vom Vater, aber nur in der Weise der Empfindung ausgesprochen: im zweiten Elemente erhält aber der Sohn die Bestimmung als Anderes, und aus der reinen Idealität des Denkens wird so in die Vorstellung hinübergetreten. Wenn nach der ersten Bestimmung Gott nur einen Sohn erzeugt, so bringt er hier die Natur hervor; hier ist das Andere die Natur, der Unterschied kommt so zu seinem Rechte: das Unterschiedene ist die Natur, die Welt überhaupt und der Geist, der sich darauf bezieht, der natürliche Geist; hier tritt das, was wir vorhin Subjekt geheißen haben, selbst als Inhalt ein: der Mensch ist hier verflochten mit dem Inhalt. Indem der Mensch sich hier auf die Natur bezieht und selbst natürlich ist, so ist er dies nur innerhalb der Religion: es ist somit die religiöse Betrachtung der Natur und des Menschen.

Der Sohn tritt in die Welt, dies ist der Beginn des Glaubens; es ist schon im Sinne des Glaubens gesagt, wenn wir vom Hereintreten des Sohnes sprechen. Für den endlichen Geist als solchen
kann Gott eigentlich nicht sein, denn insofern er für ihn ist, so liegt unmittelbar darin, daß der endliche Geist seine Endlichkeit nicht als ein Seiendes festhalte, sondern daß er im Verhältnis zum Geist ist, sich mit Gott versöhne. Als endlicher Geist ist er gestellt als Abfallen, als Trennung gegen Gott; so ist er in Widerspruch gegen dies sein Objekt, seinen Inhalt, und dieser Widerspruch ist zunächst das Bedürfnis seiner Aufhebung. Dies Bedürfnis ist der Anfang, und das Weitere ist, daß Gott für den Geist werde, daß sich der göttliche Inhalt ihm vorstelle, aber dann zugleich der Geist in empirisch endlicher Weise ist, so erscheint es ihm in empirischer Weise, was Gott ist. Aber indem das Göttliche in dieser Geschichte für ihn hervortritt, so verliert sie den Charakter äußerliche Geschichte zu sein, sie wird göttliche Geschichte, die Geschichte der Manifestation Gottes selbst. -

Dies macht den Übergang zum Reiche des Geistes, welches das Bewußtsein enthält, daß der Mensch an sich mit Gott versöhnt ist, und daß die Versöhnung für den Menschen ist; der Prozeß der Versöhnung selbst ist im Kultus enthalten. S.126-132
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke 17, S.213ff., suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617


Dreieinigkeit
Gott ist der Geist; er ist in abstrakter Bestimmung so bestimmt als der allgemeine Geist, der sich besondert; dies ist die absolute Wahrheit, und die Religion ist die wahre, die diesen Inhalt hat.

Der Geist ist dieser Prozeß, ist Bewegung, Leben; dies ist, sich zu unterscheiden, zu bestimmen, und die erste Unterscheidung ist, daß er ist als diese allgemeine Idee selbst. Dies Allgemeine enthält die ganze Idee, aber enthält sie auch nur, ist nur Idee an sich. In dem Urteil ist das Andere, das dem Allgemeinen Gegenüberstehende, das Besondere, Gott als das von ihm Unterschiedene, aber so, daß dieses Unterschiedene seine ganze Idee ist an und für sich, so daß diese zwei Bestimmungen auch füreinander dasselbe, diese Identität, das Eine sind, daß dieser Unterschied nicht nur an sich aufgehoben ist, daß nicht nur wir dies wissen, sondern daß es gesetzt ist, daß sie dasselbe sind, daß diese Unterschiede sich insofern aufheben, als dieses Unterscheiden ebenso ist, den Unterschied als keinen zu setzen, und so das eine in dem andern bei sich selbst ist.

Dies, daß es so ist, ist nun der Geist selbst oder, nach Weise der Empfindung ausgedrückt, die ewige Liebe. Der heilige Geist ist die ewige Liebe. Wenn man sagt: »Gott ist die Liebe«, so ist es sehr groß, wahrhaft gesagt; aber es wäre sinnlos, dies nur so einfach als einfache Bestimmung aufzufassen, ohne es zu analysieren, was die Liebe ist. Denn die Liebe ist ein Unterscheiden zweier, die doch füreinander schlechthin nicht unterschieden sind. Das Gefühl und Bewußtsein dieser Identität ist die Liebe, dieses, außer mir zu sein: ich habe mein Selbstbewußtsein nicht in mir, sondern im Anderen, aber dieses Andere, in dem nur ich befriedigt bin, meinen Frieden mit mir habe — und ich bin nur, indem ich Frieden in mir habe; habe ich diesen nicht, so bin ich der Widerspruch, der auseinandergeht —, dieses Andere, indem es ebenso außer sich ist, hat sein Selbstbewußtsein nur in mir, und beide sind nur dieses Bewußtsein ihres Außersichseins und ihrer Identität. Dies Anschauen, dies Fühlen, dies Wissen der Einheit, — das ist die Liebe.

Gott ist die Liebe, d. i. dies Unterscheiden und die Nichtigkeit dieses Unterschieds, ein Spiel dieses Unterscheidens, mit dem es kein Ernst ist, das ebenso als aufgehoben gesetzt ist, d. h. die ewige, einfache Idee. Diese ewige Idee ist denn in der christlichen Religion ausgesprochen als das, was die heilige Dreieinigkeit heißt; das ist Gott selbst, der ewig dreieinige.

Gott ist hier nur für den denkenden Menschen, der sich still für sich zurückhält. Die Alten haben das Enthusiasmus geheißen; es ist die rein theoretische Betrachtung, die höchste Ruhe des Denkens, aber zugleich die höchste Tätigkeit, die reine Idee Gottes zu fassen und sich derselben bewußt zu werden. —

Das Mysterium des Dogmas von dem, was Gott ist, wird den Menschen mitgeteilt, sie glauben daran und werden schon der höchsten Wahrheit gewürdigt, wenn sie es nur in ihre Vorstellung aufnehmen, ohne daß sie sich der Notwendigkeit dieser Wahrheit bewußt sind, ohne daß sie dieselbe begreifen. Die Wahrheit ist die Enthüllung dessen, was der Geist an und für sich ist; der Mensch ist selbst Geist, also ist für ihn die Wahrheit; aber zunächst hat die Wahrheit, die an ihn kommt, noch nicht die Form der Freiheit für ihn, und sie ist nur ein Gegebenes und Empfangenes für ihn, das er aber nur empfangen kann, weil er der Geist ist. Diese Wahrheit, diese Idee ist das Dogma der Dreieinigkeit genannt worden — Gott ist der Geist, die Tätigkeit reinen Wissens, die bei sich selbst seiende Tätigkeit. Aristoteles vornehmlich hat Gott in der abstrakten Bestimmung der Tätigkeit aufgefaßt.

Die reine Tätigkeit ist Wissen (in der scholastischen Zeit: actus purus); um aber als Tätigkeit gesetzt zu sein, muß sie in ihren Momenten gesetzt sein: zum Wissen gehört ein Anderes, das gewußt wird, und indem das Wissen es weiß, so ist es ihm angeeignet. Hierin liegt, daß Gott, das ewig an und für sich Seiende, sich erzeugt als seinen Sohn, sich von sich unterscheidet, — das absolute Urteil. Was er aber so von sich unterscheidet, hat nicht die Gestalt eines Andersseins, sondern das Unterschiedene ist unmittelbar nur das, von dem es geschieden worden. Gott ist Geist; keine Dunkelheit, keine Färbung oder Mischung tritt in dies reine Licht. Das Verhältnis von Vater und Sohn ist aus dem organischen Leben genommen und ist vorstellungsweise gebraucht: dies natürliche Verhältnis ist nur bildlich und daher nie ganz dem entsprechend, was ausgedrückt werden soll. Wir sagen: Gott erzeugt ewig seinen Sohn, Gott unterscheidet sich von sich; so fangen wir von Gott zu sprechen an: er tut dies und ist in dem gesetzten Andern schlechthin bei sich selbst (die Form der Liebe).

Aber wir müssen wohl wissen, daß Gott dies ganze Tun selbst ist. Gott ist der Anfang, er tut dies, aber er ist ebenso auch nur das Ende, die Totalität: so als Totalität ist Gott der Geist. Gott als bloß der Vater ist noch nicht das Wahre (so ohne den Sohn ist er in der jüdischen Religion gewußt), er ist vielmehr Anfang und Ende; er ist seine Voraussetzung, macht sich selbst zur Voraussetzung (dies ist nur eine andere Form des Unterscheidens), er ist der ewige Prozeß. — Es hat etwa die Form eines Gegebenen, daß dies die Wahrheit und die absolute Wahrheit ist; daß es aber als das an und für sich Wahre gewußt wird, das ist das Tun der Philosophie und der ganze Inhalt derselben. In ihr zeigt’s sich, dass aller Inhalt der Natur, des Geistes sich dialektisch in diesen Mittelpunkt als seine absolute Wahrheit drängt. Hier ist es nicht mehr darum zu tun, zu beweisen, daß das Dogma, dies stille Mysterium, die ewige Wahrheit ist: dies geschieht, wie ge¬sagt, in der ganzen Philosophie.

Zur näheren Erläuterung dieser Bestimmungen kann noch folgendes bemerkt werden.

a) Wenn von Gott ausgesagt wird, was er ist, so werden zunächst die Eigenschaften angegeben: das ist Gott; er wird durch Prädikate bestimmt; dies ist die Weise der Vorstellung, des Verstandes. Prädikate sind Bestimmtheiten, Besonderungen: Güte, Allmacht usf. Die Prädikate sind zwar nicht natürliche Unmittelbarkeit, aber durch die Reflexion sind sie stehend gemacht, und dadurch ist der bestimmte Inhalt ebenso unbeweglich fest für sich geworden, als es der natürliche Inhalt ist, unter dem Gott in der Naturreligion vorgestellt wurde. Die natürlichen Gegenstände, wie die Sonne, Meer usw., sind; die Reflexionsbestimmungen sind aber ebenso identisch mit sich als die natürliche Unmittelbarkeit. Indem die Morgenländer das Gefühl haben, daß dies nicht die wahrhafte Weise sei, die Natur Gottes auszusprechen, so sagen sie, er … lasse sich nicht erschöpfen durch Prädikate, — denn Namen sind in diesem Sinn dasselbe wie Prädikate.

Das eigentlich Mangelhafte dieser Weise, Gott durch Prädikate zu bestimmen, besteht darin, wodurch eben diese unendliche Menge von Prädikaten kommt, daß diese Prädikate nur besondere Bestimmungen sind und viele solche besondere Bestimmungen, deren Träger das in sich selbst unterschiedslose Subjekt ist. Indem es besondere Bestimmungen sind und man diese Besonderheiten nach ihrer Bestimmtheit betrachtet, man sie denkt, kommen sie in Entgegensetzung, Widerspruch, und diese Widersprüche sind dann nicht aufgelöst.

Dies erscheint auch so, daß diese Prädikate ausdrücken sollen Beziehung Gottes auf die Welt; die Welt ist ein anderes als Gott. Als Besonderheiten sind sie seiner Natur nicht angemessen; darin liegt die andere Weise, sie zu betrachten als Beziehungen Gottes auf die Welt: Allgegenwart, Allweisheit Gottes in der Welt. Sie enthalten nicht die wahrhafte Beziehung Gottes auf sich selbst, sondern auf Anderes, die Welt. So sind sie beschränkt; dadurch kommen sie in Widerspruch. Wir haben das Bewußtsein, daß Gott so nicht lebendig dargestellt ist, wenn so viele Besonderheiten nacheinander aufgezählt werden. Ihr Widerspruch wird auch nicht wahrhaft aufgelöst durch die Abstraktion ihrer Bestimmtheit, wenn der Verstand fordert, man solle sie nur sensu eminentiori nehmen. Die wahre Auflösung des Widerspruchs ist in der Idee enthalten, die das Sichbestimmen Gottes zum Unterschiedenen seiner von sich selbst, aber das ewige Aufheben des Unterschiedes ist. Der belassene Unterschied wäre Widerspruch: wenn der Unterschied fest bliebe, so entstünde die Endlichkeit. Beide sind selbständig gegeneinander und auch in Beziehung. Die Idee ist nicht, den Unterschied zu belassen, sondern ihn ebenso aufzulösen; Gott setzt sich in diesen Unterschied und hebt ihn ebenso auch auf.

Wenn wir nun von Gott Prädikate angeben, so daß sie besondere sind, so sind wir zunächst bemüht, diesen Widerspruch aufzulösen. Das ist ein äußerliches Tun, unsere Reflexion, und damit, daß es äußerlich ist, in uns fällt, nicht Inhalt der göttlichen Idee ist, so ist darin enthalten, daß die Widersprüche nicht aufgelöst werden können. Die Idee ist selbst dies, den Widerspruch aufzuheben; das ist ihr eigener Inhalt, Bestimmung, diesen Unterschied zu setzen und absolut aufzuheben, und das ist die Lebendigkeit der Idee selbst.

b) In den metaphysischen Beweisen vom Dasein Gottes sehen wir den Gang, vom Begriff zum Sein zu kommen, daß der Begriff nicht nur Begriff ist, sondern auch ist, Realität hat. Auf dem Standpunkt, den wir jetzt haben, entsteht das Interesse, vom Begriff zum Sein überzugehen.

Der göttliche Begriff ist der reine Begriff, der Begriff ohne alle Beschränkung.
Die Idee enthält, daß der Begriff sich bestimmt, damit als das Unterschiedene seiner sich setzt; das ist Moment der göttlichen Idee selbst, und weil der denkende, reflektierende Geist diesen Inhalt vor sich hat, so liegt darin das Bedürfnis dieses Übergangs, dieser Fortbewegung.

Das Logische des Übergangs ist in jenen sogenannten Beweisen enthalten: es soll am Begriff selbst, vom Begriff aus, und zwar durch den Begriff zur Objektivität, zum Sein übergegangen werden im Element des Denkens. Dies, was als subjektives Bedürfnis erscheint, ist Inhalt, ist das eine Moment der göttlichen Idee selbst.

Wenn wir sagen: Gott hat eine Welt erschaffen, so ist das auch ein Übergang vom Begriff zur Objektivität; allein die Welt ist da bestimmt als das wesentlich Andere Gottes, die Negation von Gott, außer, ohne Gott, gottlos seiend. Insofern die Welt als dies Andere bestimmt ist, haben wir nicht vor uns den Unterschied als am Begriff selbst, im Begriff gehalten; d. h. das Sein, die Objektivität soll am Begriff aufgezeigt werden als Tätigkeit, Folge, Bestimmen des Begriffs selbst.

Es ist damit also aufgezeigt, daß dies derselbe Inhalt an sich ist, der Bedürfnis ist in der Form jenes Beweises vom Dasein Gottes. In der absoluten Idee, im Element des Denkens ist Gott dies schlechthin konkrete Allgemeine, d. i. sich als Anderes zu setzen, so aber, daß dies Andere unmittelbar sogleich bestimmt ist als Gott selbst, daß der Unterschied nur ideell, unmittelbar aufgehoben ist, nicht die Gestalt der Äußerlichkeit gewinne, und das heißt eben, daß das Unterschiedene an und im Begriff aufgezeigt werden soll.

Es ist das Logische, in welchem es sich zeigt, daß aller bestimmte Begriff dies ist, sich selbst aufzuheben, als der Widerspruch seiner zu sein, damit das Unterschiedene seiner zu werden und sich als solches zu setzen, und so ist der Begriff selbst noch mit dieser Einseitigkeit, Endlichkeit behaftet, daß er ein Subjektives ist, die Bestimmungen des Begriffs, die Unterschiede nur als ideell, nicht in der Tat als Unterschiede gesetzt sind. Das ist der Begriff, der sich objektiviert.

Wenn wir sagen »Gott«, so haben wir nur sein Abstraktum gesagt; oder »Gott der Vater«, das Allgemeine, so haben wir ihn nur nach der Endlichkeit gesagt. Seine Unendlichkeit ist eben dies, daß er diese Form der abstrakten Allgemeinheit, der Unmittelbarkeit aufhebt, wodurch der Unterschied gesetzt ist; aber er ist ebenso, diesen Unterschied aufzuheben. Damit ist er erst wahrhafte Wirklichkeit, Wahrheit, Unendlichkeit.

Diese Idee ist die spekulative Idee, d. h. das Vernünftige, insofern es gedacht wird, das Denken des Vernünftigen. Das nicht spekulative, das verständige Denken ist das, in welchem stehengeblieben wird beim Unterschied als Unterschied, so [beim Unterschied] Endliches und Unendliches. Es wird den beiden Absolutheit zugeschrieben, doch auch Beziehung aufeinander, insofern Einheit, damit Widerspruch.

c) Diese spekulative Idee ist dem Sinnlichen entgegengesetzt, auch dem Verstande; sie ist daher ein Geheimnis für die sinnliche Betrachtungsweise und auch für den Verstand. Für beide ist sie … was das Vernünftige darin ist. Ein Geheimnis im gewöhnlichen Sinn ist die Natur Gottes nicht, in der christlichen Religion am wenigsten; da hat sich Gott zu erkennen gegeben, gezeigt, was er ist, da ist er offenbar. Aber ein Geheimnis ist es für das sinnliche Wahrnehmen, Vorstellen, für die sinnliche Betrachtungsweise und für den Verstand.

Das Sinnliche überhaupt hat zu seiner Grundbestimmung die Äußerlichkeit, das Außereinander; im Raum sind die Unterschiede neben-, in der Zeit nacheinander: Raum und Zeit ist die Äußerlichkeit, in der sie sind. Die sinnliche Betrachtungsweise ist gewohnt, so Verschiedenes vor sich zu haben, das außereinander ist. Da liegt zugrunde, daß die Unterschiede so für sich, außereinander bleiben. Für sie ist so das, was in der Idee ist, ein Geheimnis; denn da ist eine ganz andere Weise, Verhältnis, Kategorie, als die Sinnlichkeit hat. Die Idee ist dies Unterscheiden, das ebenso kein Unterschied ist, das nicht beharrt bei diesem Unterschied.

Gott schaut in dem Unterschiedenen sich an, ist in seinem Anderen nur mit sich selbst verbunden, ist darin nur bei sich selbst, nur mit sich zusammengeschlossen, er schaut sich in seinem Anderen an. Das ist dem Sinnlichen ganz zuwider; im Sinnlichen ist eines hier und das andere da. Jedes gilt als ein Selbständiges; es gilt dafür, nicht so zu sein, daß es ist, indem es sich selbst in einem Anderen hat. Im Sinnlichen können nicht zwei Dinge an einem und demselben Orte sein; sie schließen sich aus.

In der Idee sind die Unterschiede nicht sich ausschließend gesetzt, sondern so, daß sie nur sind in diesem Sichzusammenschließen des einen mit dem anderen. Das ist das wahrhaft Übersinnliche, nicht das gewöhnliche Übersinnliche, das droben sein soll; denn das ist ebenso ein Sinnliches, d. h. außereinander und gleichgültig. Sofern Gott als Geist bestimmt ist, so ist die Äußerlichkeit aufgehoben; darum ist das ein Mysterium für die Sinne.

Ebenso ist diese Idee über dem Verstand, ein Geheimnis für ihn; denn der Verstand ist dies Festhalten, Perennieren bei den Denkbestimmungen als schlechthin außereinander, verschieden, selbständig gegeneinander bleibender, feststehender. Das Positive ist nicht, was das Negative, Ursache [nicht] Wirkung. Aber ebenso wahr ist es auch für den Begriff, daß diese Unterschiede sich aufheben. Weil sie Unterschiedene sind, bleiben sie endlich, und der Verstand ist, beim Endlichen zu beharren, und beim Unendlichen selbst hat er auf der einen Seite das Unendliche und auf der anderen das Endliche.

Das Wahre ist, daß das Endliche und das Unendliche, das dem Endlichen gegenübersteht, keine Wahrheit haben, sondern selbst nur Vorübergehende sind. Insofern ist dies ein Geheimnis für die sinnliche Vorstellung und für den Verstand, und sie sträuben sich gegen das Vernünftige der Idee. Die Gegner der Dreieinigkeitslehre sind nur die sinnlichen und die Verstandesmenschen.

Der Verstand kann ebensowenig irgend etwas anderes, die Wahrheit von irgend etwas fassen. Das Tierisch-Lebendige existiert auch als Idee, als Einheit des Begriffs, der Seele und der Leiblichkeit. Für den Verstand ist jedes für sich; allerdings sind sie unterschieden, aber ebenso dies, den Unterschied aufzuheben; die Lebendigkeit ist nur dieser perennierende Prozeß. Das Lebendige ist, hat Triebe, Bedürfnis; damit hat es den Unterschied in ihm selbst, daß er in ihm entsteht. So ist es ein Widerspruch, und der Verstand faßt solche Unterschiede so auf: der Widerspruch löse sich nicht auf; wenn sie in Beziehung gebracht werden, so sei eben nur der Widerspruch, der nicht zu lösen sei.

Das ist so; er kann nicht aufhören, wenn die Unterschiedenen festgehalten werden als perennierend Unterschiedene, eben weil bei diesen Unterschieden beharrt wird. Das Lebendige hat Bedürfnisse und ist so Widerspruch, aber die Befriedigung ist Aufheben des Widerspruchs. Im Trieb, Bedürfnis bin ich in mir selbst von mir unterschieden. Aber das Leben ist dies, den Widerspruch, das Bedürfnis zu befriedigen, zum Frieden zu bringen, aber so, daß der Widerspruch auch wieder entsteht: es ist die Abwechslung des Unterscheidens, des Widerspruchs und des Aufhebens des Widerspruchs. Beides ist der Zeit nach verschieden; das Nacheinander ist da vorhanden, es ist deshalb endlich. Aber für sich Trieb und Befriedigung betrachtend, faßt der Verstand auch dies nicht, daß im Affirmativen, im Selbstgefühl selbst zugleich die Negation des Selbstgefühls, die Schranke, der Mangel ist; ich aber als Selbstgefühl greife zugleich über diesen Mangel über.

Mysterium heißt man auch das Unbegreifliche; was unbegreiflich heißt, ist eben der Begriff selbst, das Spekulative, daß das Vernünftige gedacht wird. Durchs Denken ist es eben, daß der Unterschied bestimmt auseinandertritt.

Dar Denken des Triebs
ist nur die Analyse dessen, was der Trieb ist: die Affirmation und darin die Negation, das Selbstgefühl, die Befriedigung und der Trieb. Ihn denken heißt das Unterschiedene erkennen, was darin ist. Ist nun der Verstand dazu gekommen, so sagt er: dies ist ein Widerspruch, und er bleibt dabei, bleibt bei ihm stehen gegen die Erfahrung, daß das Leben selbst es ist, den Widerspruch aufzuheben. Wenn nun der Trieb analysiert wird, erscheint der Widerspruch, und da kann man sagen: der Trieb ist etwas Unbegreifliches.

Die Natur Gottes ist ebenso das Unbegreifliche. Dies Unbegreifliche ist eben nichts anderes als der Begriff selbst, der dies in sich enthält, zu unterscheiden, und der Verstand bleibt bei diesem Unterschied stehen. So sagt er: das ist nicht zu fassen. Denn das Prinzip des Verstandes ist die abstrakte Identität mit sich, nicht die konkrete, daß diese Unterschiede in einem sind. Für den Verstand ist Gott das Eine, das Wesen der Wesen. Diese unterschiedslose, leere Identität ist das falsche Gebilde des Verstandes und der modernen Theologie. Gott ist Geist, das sich Gegenständlichmachende und sich darin selbst wissend, d. i. die kon¬krete Identität, und so ist die Idee auch ein wesentliches Moment. Aber nach der abstrakten Identität sind das eine und das andere selbständig für sich, und ebenso beziehen sie sich aufeinander: also ist der Widerspruch da.

Das heißt nun das Unbegreifliche. Das Auflösen des Widerspruchs ist der Begriff; zur Auflösung des Widerspruchs kommt der Verstand nicht, weil er von seiner Voraussetzung ausgeht: sie sind und bleiben schlechthin selbständig gegeneinander.

Dazu, daß man sagt, die göttliche Idee sei unbegreiflich, trägt bei, daß, indem die Religion die Wahrheit für alle Menschen ist, der Inhalt der Idee erscheint in sinnlicher Form oder in Form des Verständigen. In sinnlicher Form — so haben wir die Ausdrücke Vater und Sohn, ein Verhältnis, das im Lebendigen stattfindet, eine Bezeichnung, die vom Sinnlich-Lebendigen hergenommen ist.

Es ist in der Religion die Wahrheit dem Inhalt nach geoffenbart; aber ein anderes ist, daß er in Form des Begriffs, des Denkens, der Begriff in spekulativer Form ist. Wie glücklich daher jene dem Glauben gegebenen naiven Formen seien — wie Erzeugen, Sohn usf. —: wenn sich der Verstand daran macht und seine Kategorien hineinbringt, so werden sie sogleich verkehrt, und wenn er Lust hat, braucht er gar nicht aufzuhören, Widersprüche darin aufzuzeigen. Dazu hat er die Macht und das Recht durch die Unterscheidung und die Reflexion derselben in sich. Aber Gott, der Geist, ist es eben selbst auch, der diese Widersprüche aufhebt. Er hat nicht erst auf diesen Verstand gewartet, diese Bestimmungen, welche den Widerspruch enthalten, wegzubringen. Der Geist ist eben dies, sie wegzubringen. Aber ebenso dies, diese Bestimmungen zu setzen, in sich zu unterscheiden, diese Diremtion
[Trennung, Scheidung].

Eine weitere Form der Verständigkeit ist, daß, wenn wir sagen: »Gott in seiner ewigen Allgemeinheit ist dies, sich zu unterscheiden, zu bestimmen, ein Anderes seiner zu setzen und den Unterschied ebenso aufzuheben, darin bei sich zu sein, und nur durch dies Hervorgebrachtsein ist der Geist«, — da kommt der Verstand hinzu, bringt seine Kategorien der Endlichkeit dazu, zählt eins, zwei, drei, mischt die unglückliche Form der Zahl hinein. Von der Zahl ist aber hier nicht die Rede; das Zählen ist das Gedankenloseste. Bringt man also diese Form hinein, so bringt man die Begrifflosigkeit hinein.

Man kann mit der Vernunft alle Verstandesverhältnisse gebrauchen, aber sie vernichtet sie auch, — so auch hier. Aber das ist hart für den Verstand; denn er meint, damit, daß man sie gebraucht, ein Recht gewonnen zu haben. Aber man mißbraucht sie, wenn man sie so wie hier gebraucht, indem man sagt: drei ist eins. Widersprüche sind daher leicht in solchen Ideen aufzuzeigen, Unterschiede, die bis zum Entgegengesetzten gehen, und der kahle Verstand weiß sich groß damit, dergleichen zu häufen. Alles Konkrete, alles Lebendige ist, wie gezeigt, dieser Widerspruch in sich; nur der tote Verstand ist identisch in sich. Aber in der Idee ist der Widerspruch auch aufgelöst, und die Auflösung erst ist die geistige Einheit selbst.

Die Momente der Idee zu zählen, drei Eins, scheint etwas ganz Unbefangenes, Natürliches, sich von selbst Verstehendes zu sein. Allein ist nach der Weise der Zahl, die hier eingemischt wird, jede Bestimmung als Eins fixiert und drei Eins als nur ein Eins zu fassen, so scheint das die härteste, wie man etwa sagt, unvernünftigste Forderung zu sein. Allein dem Verstande schwebt nur jene absolute Selbständigkeit des Eins vor, die absolute Trennung und Zersplitterung. Die logische Betrachtung zeigt hingegen das Eins als in sich dialektisch und nicht wahrhaft selbständig zu sein. Man brauchte sich nur an die Materie zu erinnern, die das wirkliche Eins ist, das Widerstand leistet, — aber schwer ist, d. h. das Streben zeigt, nicht als Eins zu sein, sondern ebenso sein Fürsichsein aufzuheben, es als ein Nichtiges so selbst bekennt; freilich, weil sie nur Materie, diese äußerste Äußerlichkeit bleibt, bleibt es ebenso nur beim Sollen; die Materie ist noch die schlechteste, äußerste, ungeistigste Weise des Daseins; aber die Schwere, dies Aufheben des Eins, macht die Grundbestimmung der Materie aus.

Eins ist zunächst ganz abstrakt;
diese Eins werden noch vertiefter auf geistige Weise ausgesprochen, indem sie als Personen bestimmt werden. Die Persönlichkeit ist dies, was sich auf die Freiheit gründet, die erste, tiefste, innerste Freiheit, aber auch die abstrakteste Weise, wie die Freiheit sich im Subjekt kundtut; daß es weiß: ich bin Person, ich bin für mich, das ist das schlechthin Spröde.

Indem also diese Unterschiede so bestimmt sind., jedes als Eins oder gar als Person, durch diese unendliche Form, daß jedes Moment als Subjekt sei, scheint noch unüberwindlicher gemacht zu sein, was die Idee fordert: diese Unterschiede zu betrachten als solche, die nicht unterschieden, sondern schlechthin eins sind, das Aufheben dieses Unterschieds. Zwei können nicht eins sein; jede Person ist ein starres, sprödes, selbständiges Fürsichsein. Von der Kategorie des Eins zeigt die Logik, daß sie eine schlechte Kategorie ist — ganz abstraktes Eins. Was aber die Persönlichkeit betrifft, so scheint damit der Widerspruch so weit getrieben, daß er keiner Auflösung fähig ist; aber sie ist doch darin, daß es nur Einer ist, diese dreifache Persönlichkeit. Diese somit nur als verschwindendes Moment gesetzte Persönlichkeit spricht aus, daß der Gegensatz absolut, nicht als niedriger Gegensatz zu nehmen sei, und gerade auf dieser Spitze hebt er sich selbst auf. Es ist der Charakter der Person, des Subjekts vielmehr, seine Isolierung, Abgesondertheit aufzuheben.

Die Sittlichkeit, Liebe ist, seine Besonderheit, besondere Persönlichkeit aufzugeben, zur Allgemeinheit zu erweitern, — ebenso Familie, Freundschaft; da ist diese Identität eines mit dem anderen vorhanden. Indem ich recht handle gegen den anderen, betrachte ich ihn als identisch mit mir. In der Freundschaft, Liebe gebe ich meine abstrakte Persönlichkeit auf und gewinne sie dadurch als konkrete. Das Wahre der Persönlichkeit ist also eben dies, sie durch dies Versenken, Versenktsein in das Andere zu gewinnen. Solche Formen des Verstandes zeigen sich unmittelbar in der Erfahrung als solche, die sich selbst aufheben.
In der Liebe, in der Freundschaft ist es die Person, die sich erhält und durch ihre Liebe ihre Subjektivität hat, die ihre Persönlichkeit ist. Wenn man hier in der Religion die Persönlichkeit abstrakt festhält, so hat man drei Götter, und da ist die unendliche Form, die absolute Negativität vergessen; oder wenn die Persönlichkeit als unaufgelöst ist, so hat man das Böse, denn die Persönlichkeit, die sich nicht in der göttlichen Idee aufgibt, ist das Böse. In der göttlichen Einheit ist die Persönlichkeit als aufgelöst gesetzt; nur in der Erscheinung ist die Negativität der Persönlichkeit unterschieden von dem, wodurch sie aufgehoben wird.

Die Dreieinigkeit ist in das Verhältnis vom Vater, Sohn und Geist gebracht worden; es ist dies ein kindliches Verhältnis, eine kindliche, natürliche Form. Der Verstand hat keine solche Kategorie, kein solches Verhältnis, das hiermit in Rücksicht auf das Passende zu vergleichen wäre. Es muß aber dabei gewußt werden, daß es nur bildlich ist; der Geist tritt nicht deutlich in dies Verhältnis ein. Liebe wäre noch passender, der Geist ist aber das Wahrhafte.

Der abstrakte Gott, der Vater, ist das Allgemeine, die ewige, umfangende, totale Besonderheit. Wir sind auf der Stufe des Geistes; das Allgemeine schließt hier alles in sich. Das Andere, der Sohn, ist die unendliche Besonderheit, die Erscheinung; das Dritte, der Geist, ist die Einzelheit als solche, aber das Allgemeine als Totalität ist selbst Geist,alle drei sind der Geist.

Im dritten, sagen wir, ist Gott der Geist; aber dieser ist auch voraussetzend: das Dritte ist auch das Erste. Dies ist wesentlich festzuhalten. Nämlich indem wir sagen: Gott an sich nach seinem Begriff ist die unmittelbare, sich dirimierende und in sich zurückkehrende Macht, so ist er dies nur als die sich unmittelbar auf sich selbst beziehende Negativität, d. i. die absolute Reflexion-in-sich, was schon die Bestimmung des Geistes ist. Indem wir daher von Gott als in seiner ersten Bestimmung sprechen wollen, nach seinem Begriff, und von da zu den anderen Bestimmungen kommen wollen, so sprechen wir hier schon von der dritten: das Letzte ist das Erste. Indem wir, um dies, wenn man abstrakt anfängt, zu vermeiden, oder indem die Unvollkommenheit des Begriffs veranlaßt, von dem Ersten nur nach seiner Bestimmung zu sprechen, so ist es das Allgemeine, und jene Tätigkeit, Erzeugen, Schaffen, ist schon ein vom abstrakt Allgemeinen verschiedenes Prinzip, das als zweites Prinzip so erscheint und erscheinen kann als das Manifestierende, sich Äußernde (Logos, Sophia), wie das erste als Abgrund. Es erläutert sich dies durch die Natur des Begriffs. Bei jedem Zweck und bei jeder Lebendigkeit kommt es vor.

Das Leben erhält sich; sich erhalten heißt in den Unterschied gehen, in den Kampf mit der Besonderheit, sich unterschieden finden gegen eine unorganische Natur. Das Leben ist so nur Resultat, indem es sich erzeugt hat, ist Produkt, das zweitens wieder produziert; dies Produzierte ist das Lebendige selbst, d. h. es ist die Voraussetzung seiner, es geht durch seinen Prozeß hindurch, und aus diesem kommt nicht Neues hervor: das Hervorgebrachte ist schon von Anfang. Ebenso ist es in der Liebe und Gegenliebe; insofern die Liebe ist, so ist der Anfang und alle Handlung nur Bestätigung ihrer, wodurch sie zugleich hervorgebracht und unterhalten wird. Aber das Hervorgebrachte ist schon; es ist eine Bestätigung, wobei nichts herauskommt, als was schon ist. Ebenso setzt sich auch der Geist voraus, ist das Anfangende.

Der Unterschied, durch den das göttliche Leben hindurchgeht, ist nicht ein äußerlicher, sondern muß nur als innerlich bestimmt werden, so daß das Erste, der Vater, wie das Letzte zu fassen ist. Der Prozeß ist so nichts als ein Spiel der Selbsterhaltung, der Vergewisserung seiner selbst.

Diese Bestimmung ist in der Rücksicht wichtig, weil sie das Kriterium ausmacht, viele Vorstellungen Gottes zu beurteilen und das Mangelhafte darin zu beurteilen und zu erkennen, und es kommt besonders davon her, daß oft diese Bestimmung übersehen oder verkannt wird.

Wir betrachten die Idee in ihrer Allgemeinheit, wie sie im reinen Denken, durch das reine Denken bestimmt ist. Diese Idee ist alle Wahrheit und die eine Wahrheit; eben damit muß alles Besondere, was als Wahrhaftes aufgefaßt wird, nach der Form dieser Idee aufgefaßt werden. Die Natur und der endliche Geist ist Produkt Gottes, es ist also Vernünftigkeit in ihnen; daß es von Gott gemacht ist, enthält, daß es in sich Wahrheit, die göttliche Wahrheit überhaupt, d. i. die Bestimmung dieser Idee überhaupt hat. Die Form dieser Idee ist nur in Gott als Geist; ist die göttliche Idee in Formen der Endlichkeit, so ist sie nicht gesetzt, wie sie an und für sich ist — nur im Geist ist sie so gesetzt —, sie existiert da auf endliche Weise. Aber die Welt ist ein von Gott Hervorgebrachtes, also macht die göttliche Idee immer die Grundlage aus dessen, was sie überhaupt ist. Die Wahrheit von etwas erkennen heißt, es nach der Form dieser Idee überhaupt erkennen, bestimmen.

In früheren Religionen haben wir Anklänge an diese Dreieinigkeit als die wahrhafte Bestimmung, besonders in der indischen Religion. Es ist zwar zum Bewußtsein gekommen diese Dreiheit, daß das Eine nicht als Eines bleiben kann, nicht ist, wie es Wahrhaftes sein soll, daß das Eine nicht das Wahrhafte ist, sondern als diese Bewegung, dies Unterscheiden überhaupt und die Beziehung aufeinander. Trimurti ist die wildeste Weise dieser Bestimmung. Das Dritte ist aber da nicht der Geist, nicht wahrhafte Versöhnung, sondern Entstehen und Vergehen, die Veränderung, — eine Kategorie, die Einheit dieser Unterschiede ist, aber eine sehr untergeordnete Vereinigung. Nicht in der unmittelbaren Erscheinung, sondern erst, indem der Geist eingekehrt ist in die Gemeinde, der Geist, der unmittelbarer, glaubender Geist ist, sich zum Denken erhebt, ist die Idee vollkommen. Es hat Interesse, die Gärungen dieser Idee zu betrachten und in den wunderbaren Erscheinungen, die vorkommen, ihren Grund erkennen zu lernen.

Die Bestimmung Gottes als des Dreieinigen ist der Philosophie nachgerade ganz ausgegangen; in der Theologie ist es kein Ernst mehr damit. Man hat vielmehr dort und hier die christliche Religion deshalb verkleinern wollen, daß diese ihre Bestimmung schon älter sei und sie dieselbe da oder dort hergenommen habe. Allein zunächst dies Geschichtliche entschiede ohnehin gar nichts über die innere Wahrheit. Man muß aber auch einsehen, daß jene Älteren, Völker und Einzelne, selbst nicht gewußt haben, was sie daran haben, nicht erkannt haben, daß sie das absolute Bewußtsein der Wahrheit enthalte; sie haben sie nur so unter anderen Bestimmungen und als Anderes. Aber ein Hauptgesichtspunkt ist, ob eine solche Bestimmung die erste, absolute Bestimmung ist, die allen anderen zugrunde liegt, oder ob sie nur so unter anderen auch eine Form ist, die vorkommt, wie auch Brahma der Eine ist, aber nicht einmal Gegenstand des Kultus. In der Religion der Schönheit und äußeren Zweckmäßigkeit kann diese Form freilich am wenigsten erscheinen; das beschränkende, in sich zurückkehrende Maß ist in dieser Vielheit und Partikularisation nicht anzutreffen. Aber sie ist nicht ohne Spuren jener Einheit. Aristoteles, indem er von den pythagoreischen Zahlen, der Trias, spricht, sagt: Wir glauben die Götter erst ganz angerufen zu haben, wenn wir sie dreimal angerufen haben. — Bei den Pythagoreern und Platon findet sich die abstrakte Grundlage der Idee; aber die Bestimmungen sind ganz in dieser Abstraktion geblieben, teils in der Abstraktion von eins, zwei, drei, bei Platon etwas konkreter: die Natur des Einen und des Anderen, das in sich Verschiedene und das Dritte, das die Einheit von beiden ist. Es ist hier nicht in der Weise der Phantasie der Inder, sondern in der bloßen Abstraktion. Das sind Gedankenbestimmungen, besser als Zahlen, als die Kategorie der Zahl, aber noch ganz abstrakte Gedankenbestimmungen.

Vornehmlich aber zu den Zeiten um Christi Geburt und mehrere Jahrhunderte nachher sehen wir eine philosophische Vorstellung entstehen, der die Vorstellung vom Verhältnis der Dreieinigkeit zugrunde liegt. Es sind dies teils philosophische Systeme für sich, wie das des Philon, der sich in pythagoreische und platonische Philosophie einstudiert hatte, dann die späteren Alexandriner; besonders aber sind es Vermischungen der christlichen Religion mit solchen philosophischen Vorstellungen, Vermischungen, die einen großen Teil der Ketzereien, besonders der gnostischen ausmachen.

Im allgemeinen sehen wir in diesen Versuchen, die Idee des Dreieinigen zu fassen, die abendländische Wirklichkeit durch den orientalischen Idealismus zu einer Gedankenwelt verflüchtigt. Es sind freilich nur erst Versuche, die es nur zu trüben, phantastischen Vorstellungen gebracht haben. Man sieht aber darin wenigstens das Ringen des Geistes nach der Wahrheit, und dieses verdient Anerkennung.

Da kann eine ganz unzählbare Menge von Formen bemerklich gemacht werden: das Erste ist der Vater, das, was als Abgrund, Tiefe, d. i. eben das noch Leere, das Unfaßbare, Unbegreifliche ausgesagt worden, das über alle Begriffe ist. Denn allerdings das Leere, Unbestimmte ist das Unbegreifliche, ist das Negative des Begriffs, und es ist seine Begriffsbestimmung, dies Negative zu sein, da es nur die einseitige Abstraktion ist, nur ein Moment des Begriffes ausmacht. Das Eine für sich ist noch nicht der Begriff, das Wahre.

Wenn man das Erste als das nur Allgemeine bestimmt und die Bestimmungen auf das Allgemeine… nur nachfolgen läßt, so ist dies freilich das Unbegreifliche, denn es ist ohne Inhalt; das Begreifliche ist konkret und nur zu begreifen, indem es als Moment bestimmt wird. Hier ist denn der Mangel, daß das Erste nicht selbst als Totalität gefaßt wird.

Eine andere Vorstellung ist die, daß das Erste der Abgrund, die Tiefe ist, … der Ewige, dessen Wohnung in unaussprechlicher Höhe ist, der über alle Berührung mit den endlichen Dingen erhaben, aus dem nichts entwickelt ist, das Prinzip, der Vater alles Daseins, Propator, nur in der Vermittlung Vater, … vor dem Anfang. Das Offenbaren von diesem Abgrund, diesem verborgenen Gott, wird als Selbstbetrachtung bestimmt, die Reflexion in sich, konkrete Bestimmung überhaupt; die Selbstbetrachtung erzeugt, ist das Erzeugen selbst des Eingeborenen; dies ist das Begreiflichwerden des Ewigen, weil es da auf die Bestimmung ankommt.

Dieses Zweite, das Anderssein, Bestimmen, überhaupt die Tätigkeit, sich zu bestimmen, ist die allgemeinste Bestimmung als … die vernünftig bestimmende Tätigkeit, auch das Wort. Das Wort ist dies einfache Sichvernehmenlassen, das keinen festen Unterschied macht, kein fester Unterschied wird, sondern unmittelbar vernommen ist, das, so unmittelbar es ist, ebenso in die Innerlichkeit aufgenommen, zu seinem Ursprung zurückgegangen ist; dann als Sophia, die Weisheit, der ursprüngliche, ganz reine Mensch, ein Existierendes, Anderes als jene erste Allgemeinheit, ein Besonderes, Bestimmtes. Gott ist Schöpfer, und zwar in der Bestimmung des Logos, als das sich äußernde, aussprechende Wort, als … das Sehen Gottes.

Damit ist es bestimmt worden als Urbild des Menschen, Adam Kadmon, der Eingeborene. Das ist nicht ein Zufälliges, sondern ewige Tätigkeit, nicht zu einer Zeit bloß; in Gott ist nur eine Geburt, die Tätigkeit als ewige Tätigkeit, eine Bestimmung, die zum Allgemeinen wesentlich selbst gehört. Da ist wahrhafte Unterscheidung, die die Qualität beider betrifft; aber diese ist nur eine und dieselbe Substanz, und der Unterschied ist daher da noch nur oberflächlich, selbst als Person bestimmt. Das Wesentliche ist, daß … der Eingeborene, ebenso im Schoße Gottes bleibt, der Unterschied keiner ist.

In solchen Formen hat die Idee gegärt. Der Hauptgesichtspunkt muß sein, diese Erscheinungen, so wild sie sind, als vernünftig zu wissen, um zu sehen, wie sie in der Vernunft ihren Grund haben und welche Vernunft darin ist; aber man muß zugleich zu unterscheiden wissen die Form der Vernünftigkeit, die vorhanden und noch nicht adäquat ist dem Inhalt. Diese Idee ist häufig jenseits des Menschen, des Gedankens, der Vernunft gestellt worden, so ihr gegenüber, daß diese Bestimmung, welche alle Wahrheit und allein die Wahrheit ist, betrachtet worden ist als etwas nur Gott Eigentümliches, jenseits Stehenbleibendes, das nicht sich reflektiert im Anderen, das als Welt, Natur, Mensch erscheint.

Insofern ist diese Grundidee nicht betrachtet worden als allgemeine Idee.

Dem Jakob Böhme ist dies Geheimnis der Dreifaltigkeit auf eine andere Weise aufgegangen. Die Weise seines Vorstellens, seines Denkens ist allerdings mehr phantastisch und wild; er hat sich nicht erhoben in reine Formen des Denkens, aber dies ist die herrschende Gründlichkeit seines Gärens und Kämpfens gewesen, die Dreieinigkeit in allem, überall zu erkennen, z. B. »sie muß im Herzen des Menschen geboren werden«. Sie ist die allgemeine Grundlage von allem, was nach der Wahrheit betrachtet wird, zwar als Endliches, aber in seiner Endlichkeit als die Wahrheit, die in ihm ist. So hat Jakob Böhme die Natur und das Herz, den Geist des Menschen in dieser Bestimmung sich vorstellig zu machen versucht.

In neuerer Zeit ist durch die Kantische Philosophie die Dreiheit als Typus äußerlicherweise, gleichsam als Schema wieder in Anregung gebracht worden, schon in sehr bestimmten Gedankenformen. Das Weitere ist, daß, indem dies als die wesentliche und eine Natur Gottes gewußt wird, es nicht drüben gehalten, diese Idee nicht als ein Jenseits genommen werden muß, sondern daß es das Ziel des Erkennens ist, die Wahrheit auch im Besonderen zu erkennen; und wird diese erkannt, so enthält alles, was im Besonderen das Wahre ist, diese Bestimmung. Erkennen heißt, in seiner Bestimmtheit etwas wissen; seine Natur ist aber die Natur der Bestimmtheit selbst, und sie ist in der Idee exponiert worden. Daß diese Idee das Wahre ist überhaupt, alle Gedankenbestimmungen diese Bewegung des Bestimmens sind, ist die logische Exposition und Notwendigkeit.
S.221ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke 17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617
Die Bestimmung des Menschen
Dies erfordert, zu erinnern daran, zu bestimmen, was die Natur, Bestimmung des Menschen ist und wie sie zu betrachten ist, wie sie der Mensch betrachten soll, was er von sich wissen soll. Hier kommen wir

a) gleich auf die entgegengesetzten Bestimmungen: der Mensch ist von Natur gut, ist nicht entzweit in sich, sondern sein Wesen, sein Begriff ist, daß er von Natur gut, das mit sich Harmonische, der Frieden seiner in sich ist, — und der Mensch ist von Natur böse.

Die erste Bestimmung heißt also: der Mensch ist von Natur gut, sein allgemeines, substantielles Wesen ist gut; ihr entgegen ist die zweite. Das sind diese Gegensätze zunächst für uns, für die äußere Betrachtung. Das Weitere ist, daß es nicht nur eine Betrachtung ist, die wir machen, sondern daß der Mensch das Wissen seiner von sich selbst habe, wie er beschaffen, was seine Bestimmung ist.

Zunächst ist der eine Satz: der Mensch ist von Natur gut, das Unentzweite; so hat er nicht das Bedürfnis der Versöhnung. Hat er keine Versöhnung nötig, so ist dieser Gang, den wir hier betrachten, dieses Ganze etwas Überflüssiges.

Daß der Mensch von Natur gut ist, ist wesentlich zu sagen: der Mensch ist Geist an sich, Vernünftigkeit, er ist mit und nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Gott ist das Gute, und er ist als Geist der Spiegel Gottes; er ist das Gute an sich. Gerade auf diesen Satz gründet sich allein die Möglichkeit seiner Versöhnung; die Schwierigkeit, Zweideutigkeit liegt aber im Ansich. Der Mensch ist gut an sich, — damit ist noch nicht alles gesagt; dies Ansich ist eben die Einseitigkeit. Der Mensch ist gut an sich, d. h. er ist es nur auf innerliche Weise, seinem Begriff nach, eben darum nicht seiner Wirklichkeit nach. Der Mensch, insofern er Geist ist, muß, was er wahrhaft ist, wirklich, für sich sein. Die physische Natur bleibt beim Ansich stehen, ist an sich der Begriff; in ihr aber kommt der Begriff nicht zu seinem Fürsichsein. Gerade dies, daß der Mensch nur an sich gut ist, dies Ansich enthält diesen Mangel.

Das Ansich der Natur sind die Gesetze der Natur. Die Natur bleibt ihren Gesetzen treu, tritt nicht aus ihnen heraus; das ist ihr Substantielles, — sie ist eben damit in der Notwendigkeit. Die andere Seite ist, daß der Mensch für sich selbst sein soll, was er an sich ist, daß er das für ihn werden soll.

Was von Natur gut ist, ist es unmittelbar, und der Geist ist eben, nicht ein Natürliches und unmittelbar zu sein; sondern als Geist ist der Mensch dies, aus der Natürlichkeit herauszutreten, in diese Trennung seines Begriffs und seines unmittelbaren Daseins überzugehen. In der physikalischen Natur tritt diese Trennung eines Individuums von seinem Gesetz, seinem substantiellen Wesen nicht ein, eben weil es nicht frei ist. — Der Mensch ist dies, daß er dieser seiner Natur, seinem Ansichsein sich gegenübersetzt, in diese Trennung tritt.

Die andere Behauptung entspringt unmittelbar aus dem, was gesagt worden, daß der Mensch nicht bleiben soll, wie er unmittelbar ist, er soll über seine Unmittelbarkeit hinausgehen; das ist der Begriff des Geistes. Dies Hinausgehen über seine Natürlichkeit, sein Ansichsein, ist, was zunächst die Entzweiung begründet, womit die Entzweiung unmittelbar gesetzt ist. Diese Entzweiung ist ein Heraustreten aus dieser Natürlichkeit, Unmittelbarkeit; aber dies ist nicht so zu nehmen, als ob nur erst das Heraustreten das Böse sei, sondern dies Heraustreten ist in der Natürlichkeit schon selbst enthalten. Das Ansich und die Natürlichkeit ist das Unmittelbare; weil es aber der Geist ist, so ist er in seiner Unmittelbarkeit das Heraustreten aus seiner Unmittelbarkeit, der Abfall von seiner Unmittelbarkeit, seinem Ansichsein.

Darin liegt der zweite Satz: der Mensch ist von Natur böse, sein Ansichsein, sein Natürlichsein ist das Böse. In diesem seinem Natürlichsein ist sein Mangel sogleich vorhanden: weil er Geist ist, ist er von demselben unterschieden, die Entzweiung; die Einseitigkeit ist in dieser Natürlichkeit unmittelbar vorhanden. Wenn der Mensch nach der Natur nur ist, ist er böse.

Natürlicher Mensch ist der, der an sich, seinem Begriff nach gut ist; aber natürlich in konkretem Sinn ist der Mensch, der seinen Leidenschaften und Trieben folgt, der in der Begierde steht, dem seine natürliche Unmittelbarkeit das Gesetz ist. Er ist natürlich; aber in diesem seinem Natürlichsein ist er zugleich ein Wollender, und indem der Inhalt seines Wollens nur der Trieb, die Neigung ist, so ist er böse. Der Form nach, daß er Wille ist, ist er nicht mehr Tier; aber der Inhalt, die Zwecke seines Wollens sind noch das Natürliche. Das ist dieser Standpunkt und dieser höhere Standpunkt, daß der Mensch von Natur böse ist, er darum böse ist, weil er ein Natürliches ist.

Der Zustand, den man sich leererweise vorstellt, daß der erste Zustand der Stand der Unschuld gewesen ist, ist der Stand der Natürlichkeit, des Tiers. Der Mensch soll schuldig sein; insofern er gut ist, soll er nicht sein, wie ein natürliches Ding gut ist, sondern es soll seine Schuld, sein Wille sein, es soll ihm imputabel [verantwortlich, zurechnungsfähig] sein. Schuld heißt überhaupt Imputabilität.Der gute Mensch ist es mit und durch seinen Willen, insofern mit seiner Schuld. Unschuld heißt willenlos sein, ohne böse und eben damit ohne gut zu sein. Die natürlichen Dinge, die Tiere sind alle gut; aber dieses Gutsein kann dem Menschen nicht zukommen; insofern er gut ist, soll er es mit seinem Willen sein. Die absolute Anforderung ist, daß der Mensch nicht als Naturwesen, nicht als natürlicher Wille beharre; der Mensch hat zwar Bewußtsein, aber er kann doch Naturwesen als Mensch sein, insofern das Natürliche den Zweck, Inhalt, die Bestimmung seines Wollens ausmacht.

Näher muß man diese Bestimmung vor Augen haben: der Mensch ist Mensch als Subjekt, und als natürliches Subjekt ist er dieses einzelne Subjekt, und sein Wille ist dieser einzelne Wille; sein Wille ist erfüllt mit dem Inhalt der Einzelheit, d. h. der natürliche Mensch ist selbstsüchtig.

Der Mensch, der gut heißt, von dem verlangen wir wenigstens, daß er sich nach allgemeinen Bestimmungen, Gesetzen richte. Die Natürlichkeit des Willens ist näher die Selbstsucht des Willens, unterschieden von der Allgemeinheit des Willens und entgegengesetzt der Vernünftigkeit des zur Allgemeinheit gebildeten Willens. Dies Böse personifiziert auf allgemeine Weise ist der Teufel. Dieser als das sich selbst wollende Negative ist darin die Identität mit sich und muß daher auch Affirmation haben, wie bei Milton, wo er in seiner charaktervollen Energie besser ist als mancher Engel.

Aber damit, daß der Mensch, insofern er natürlicher Wille ist, böse ist, damit ist nicht die andere Seite aufgehoben, daß er an sich gut ist; das bleibt er immer seinem Begriff nach. Aber der Mensch ist Bewußtsein, damit Unterscheiden überhaupt, damit ein wirklicher, Dieser, Subjekt, unterschieden von seinem Begriff, und indem dies Subjekt zunächst nur unterschieden ist von seinem Begriff, noch nicht zurückgekehrt zur Einheit seiner Subjektivität mit dem Begriff, zu dem Vernünftigen, so ist seine Wirklichkeit die natürliche Wirklichkeit, und diese ist die Selbstsucht.

Das Bösesein setzt sogleich die Beziehung der Wirklichkeit auf den Begriff voraus; es ist damit nur gesetzt der Widerspruch des Ansichseins, des Begriffs und der Einzelheit, des Guten und Bösen. Es ist falsch zu fragen: ist der Mensch gut von Natur oder nicht? Das ist eine falsche Stellung. Ebenso oberflächlich ist, zu sagen, er sei ebensowohl gut als böse.

Was noch besonders das anbetrifft, daß der Wille Willkür sei, gut oder böse wollen kann, so ist in der Tat diese Willkür nicht Wille; dies ist er erst, insofern er sich entschließt, denn soweit er noch dies oder jenes will, ist er nicht Wille. Der natürliche Wille ist Wille der Begierde, der Neigung, die das Unmittelbare will, die noch nicht dies will, denn dazu gehört, daß er vernünftiger Wille wäre, daß er einsähe, daß das Gesetz das Vernünftige ist. Es ist die Anforderung an den Menschen, nicht als natürlicher Wille zu sein, nicht zu sein, wie er nur von Natur ist. Ein anderes ist der Begriff des Willens; solange der Mensch noch darin existiert, ist er nur Wille an sich, noch nicht wirklicher Wille, noch nicht als Geist. Dies ist das Allgemeine; das Spezielle muß entfernt werden. Von dem, was in die bestimmte Sphäre der Moralität gehört, kann erst die Rede sein innerhalb eines besonderen Zustandes; es betrifft nicht die Natur des Geistes.

Dagegen, daß der Wille böse ist, damit haben wir dies, daß wir, wenn wir den Menschen konkret betrachten, vom Willen sprechen, und dies Konkrete, Wirkliche kann nicht bloß ein Negatives sein. Der böse Wille ist aber bloß als negatives Wollen gesetzt; dies ist nur ein Abstraktum, und wenn der Mensch von Natur nicht so ist, wie er sein soll, so ist er doch an sich vernünftig, Geist. Dies ist das Affirmative in ihm, und daß er nicht in der Natur so ist, wie er sein soll, betrifft daher nur die Form des Willens; das Wesentliche ist, daß der Mensch an sich Geist ist.

Dies, was an sich ist, beharrt im Aufgeben des natürlichen Willens, ist der Begriff, das Beharrende, das sich Hervorbringende. Wenn wir hingegen sprechen, der Wille sei böse von Natur, so ist dies der Wille nur als negativ; man hat also auch dabei dies Konkrete vor sich, dem diese Abstraktion widerspricht. Dies geht so weit, daß, wenn man den Teufel aufstellt, man zeigen muß, daß Affirmatives in ihm sei, Charakterstärke, Energie, Konsequenz; es müssen im Konkreten sogleich affirmative Bestimmungen hervortreten. Bei diesem allen vergißt man, wenn man vom Menschen spricht, daß es Menschen sind, die durch Sitten, Gesetze usf. gebildet und erzogen sind.

Man sagt: die Menschen sind doch nicht so böse, sieh dich doch nur um. Aber da sind es schon sittlich, moralisch gebildete Menschen, schon rekonstruierte, in eine Weise der Versöhnung gesetzte Menschen. Die Hauptsache ist, daß solche Zustände wie der des Kindes nicht vor Augen zu haben sind in der Religion; in der Darstellung der Wahrheit ist vielmehr wesentlich vorgestellt die auseinandergelegte Geschichte dessen, was der Mensch ist. Es ist eine spekulative Betrachtung, die hier waltet; die abstrakten Unterschiede des Begriffs werden hier nacheinander vorgeführt. Wenn der erzogene, gebildete Mensch betrachtet werden soll, so muß an ihm vorkommen die Umwandlung, Rekonstruktion, die Zucht, die er durchlaufen hat, der Übergang vom natürlichen Willen zum wahrhaften, und sein unmittelbar natürlicher Wille muß darin als aufgehoben vorkommen. Wenn nun die erste Bestimmung ist, daß der Mensch unmittelbar nicht so ist, wie er sein soll, so ist

b) zu bedenken, daß der Mensch sich so auch betrachten soll; das Bösesein wird so in das Verhältnis der Betrachtung gesetzt. Dies wird leicht so genommen, daß diese Erkenntnis es nur sei, nach welcher er als böse gesetzt werde, so daß diese Betrachtung eine Art äußerer Forderung, Bedingung sei, so daß, wenn er sich nicht so betrachten würde, auch die andere Bestimmung, daß er böse sei, wegfalle.

Indem diese Betrachtung zur Pflicht gemacht wird, kann man sich vorstellen, daß dies nur .das Wesentliche wäre und der Inhalt ohne dasselbe nicht sei. Ferner wird dann das Verhältnis der Betrachtung auch so gestellt, daß es die Betrachtung oder die Erkenntnis ist, die ihn böse mache, so daß sie das Böse sei, und diese Erkenntnis es sei, die nicht sein soll, die der Quell des Bösen sei. In dieser Vorstellung liegt der Zusammenhang des Böseseins mit der Erkenntnis. Dies ist ein wesentlicher Punkt.

Die nähere Weise der Vorstellung dieses Bösen ist, daß der Mensch durch die Erkenntnis böse werde, wie die Bibel es vorstellt, daß er vom Baume der Erkenntnis gegessen habe. Hierdurch kommt die Erkenntnis, die Intelligenz, das Theoretische und der Wille in ein näheres Verhältnis; die Natur des Bösen kommt näher zur Sprache. Hierbei ist nun zu sagen, daß in der Tat die Erkenntnis es ist, welche der Quell alles Bösen ist, denn das Wissen, das Bewußtsein ist dieser Akt, durch den die Trennung gesetzt ist, das Negative, das Urteil, die Entzweiung in der näheren Bestimmung des Fürsichseins überhaupt.

Die Natur des Menschen ist nicht, wie sie sein soll; die Erkenntnis ist es, die ihm dies aufschließt und das Sein, wie er nicht sein soll, hervorbringt. Dies Soll ist sein Begriff, und daß er nicht so ist, ist erst entstanden in der Trennung, in der Vergleichung mit dem, was er an und für sich ist. Die Erkenntnis ist erst das Setzen des Gegensatzes, in dem das Böse ist. Das Tier, der Stein, die Pflanze ist nicht böse; das Böse ist erst innerhalb des Kreises der Erkenntnis vorhanden; es ist das Bewußtsein des Fürsichseins gegen anderes, aber auch gegen das Objekt, was in sich allgemein ist in dem Sinn des Begriffs, des vernünftigen Willens. Erst durch diese Trennung bin ich für mich, und darin liegt das Böse. Bösesein heißt abstrakt, mich vereinzeln; die Vereinzelung, die sich abtrennt vom Allgemeinen; dies ist das Vernünftige, die Gesetze, die Bestimmungen des Geistes. Aber mit dieser Trennung entsteht das Fürsichsein und erst das Allgemeine, Geistige, Gesetz, das, was sein soll.

Es ist also nicht, daß die Betrachtung zum Bösen ein äußeres Verhältnis hat, sondern das Betrachten selbst ist das Böse. Zu diesem Gegensatz ist es, daß der Mensch, indem er Geist ist, fortzugehen hat, für sich zu sein überhaupt, so daß er zu seinem Objekt hat seinen Gegenstand, was für ihn ist, das Gute, das Allgemeine, seine Bestimmung. Der Geist ist frei; die Freiheit hat das wesentliche Moment dieser Trennung in sich. In dieser Trennung ist das Fürsichsein gesetzt und hat das Böse seinen Sitz; hier ist die Quelle des Übels, aber auch der Punkt, wo die Versöhnung ihre letzte Quelle hat. Es ist das Krankmachen und die Quelle der Gesundheit. Wir können jedoch hier nicht näher die Art und Weise vergleichen, wie dies in der Geschichte des Sündenfalles ist.

Die Sünde wird so beschrieben, daß der Mensch vom Baum der Erkenntnis gegessen habe usf. Damit ist die Erkennung die Entzweiung, die Trennung, in der erst das Gute für den Menschen ist, aber damit auch das Böse. Es wird als verboten vorgestellt, davon zu essen, und so das Böse formell als Übertretung eines göttlichen Gebots vorgestellt, welches einen Inhalt hätte haben können, welchen es wollte. Hier hat aber das Gebot wesentlich eben diese Erkenntnis zum Inhalt. Das Aufgehen des Bewußtseins ist damit gesetzt; zugleich aber ist es vorzustellen als ein Standpunkt, bei dem nicht geblieben werden soll, der aufzuheben ist, denn in der Entzweiung des Fürsichseins soll nicht stehengeblieben werden. Weiter sagt die Schlange, daß der Mensch durch das Essen Gott gleich werden würde, und hat so den Hochmut des Menschen in Anspruch genommen. Gott spricht zu sich selbst: »Adam ist worden wie unsereiner.«

Die Schlange hat also nicht gelogen; Gott bestätigt, was sie sagte. Man hat sich mit der Erklärung dieser Stelle viele Mühe gegeben und ist so weit gegangen, dies selbst für Ironie zu erklären. Die höhere Erklärung aber ist, daß unter diesem Adam der zweite Adam, Christus, verstanden ist. Die Erkenntnis ist das Prinzip der Geistigkeit, die aber, wie gesagt, auch das Prinzip der Heilung des Schadens der Trennung ist. Es ist in diesem Prinzip des Erkennens in der Tat auch das Prinzip der Göttlichkeit gesetzt, das durch fernere Ausgleichung zu seiner Versöhnung, Wahrhaftigkeit kommen muß; oder mit anderen Worten: es liegt darin die Verheißung und Gewißheit der wiederzuerreichenden Ebenbildlichkeit. Solche Weissagung findet man bildlich auch ausgedrückt in dem, was Gott zur Schlange sagt: »Ich will Feindschaft setzen« usw. Indem in der Schlange das Prinzip der Erkenntnis als selbständig, außerhalb Adams vorgestellt ist, so ist es allerdings ganz konsequent, daß im Menschen als dem konkreten Erkennen die andere Seite des Umkehrens und der Reflexion enthalten ist und daß diese andere Seite jener den Kopf zertreten werde.

Es wird vorgestellt, der erste Mensch habe dies getan; das ist auch wieder diese sinnliche Weise, zu sprechen. »Der erste Mensch« will dem Gedanken nach heißen: der Mensch als Mensch, nicht irgendein einzelner, zufälliger, einer von den Vielen, sondern der absolut erste, der Mensch seinem Begriff nach. Der Mensch als solcher ist Bewußtsein, eben damit tritt er in diese Entzweiung, — das Bewußtsein, das in seiner weiteren Bestimmung Erkennen ist.

Insofern der allgemeine Mensch als erster vorgestellt ist, ist er als von anderen unterschieden. Da entsteht die Frage: Es ist nur dieser, der es getan hat, wie ist es an andere gekommen? Da ist denn die Vorstellung der Erbschaft; durch diese wird korrigiert diese Mangelhaftigkeit, daß der Mensch als solcher vorgestellt ist als ein erster. Die Entzweiung liegt im Begriff des Menschen überhaupt; die Einseitigkeit also, daß es vorgestellt wird als das Tun eines Einzelnen, wird integriert durch die Vorstellung der Mitteilung, der Erbschaft.

Als Strafe der Sünde ist ausgesprochen die Arbeit usf.; das ist im allgemeinen eine notwendige Konsequenz. Das Tier arbeitet nicht, nur gezwungen, nicht von Natur; es ißt nicht sein Brot im Schweiß des Angesichts, bringt sein Brot sich nicht selbst hervor: von allen Bedürfnissen, die es hat, findet es unmittelbar in der Natur Befriedigung. Der Mensch findet auch das Material dazu, aber, kann man sagen, das Material, ist das wenigste für den Menschen, — die unendliche Vermittlung der Befriedigung seiner Bedürfnisse geschieht nur durch Arbeit. Die Arbeit im Schweiß des Angesichts, die körperliche und die Arbeit des Geistes, bei der es saurer wird als bei jener, ist in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erkenntnis des Guten und Bösen. Daß der Mensch sich zu dem machen muß, was er ist, daß er im Schweiße seines Angesichtes sein Brot ißt, hervorbringen muß, was er ist, das gehört zum Wesentlichen, zum Ausgezeichneten des Menschen und hängt notwendig zusammen mit der Erkenntnis des Guten und Bösen.

Es wird weiter vorgestellt, auch der Baum des Lebens sei darin gestanden; es ist dies in einfacher, kindlicher Vorstellung gesprochen. Es gibt zwei Güter für die Wünsche der Menschen; das eine ist, in ungestörtem Glück, in der Harmonie mit sich selbst und der äußeren Natur zu leben, und das Tier bleibt in dieser Einheit, der Mensch hat darüber hinauszugehen; der andere Wunsch ist etwa der, ewig zu leben. Nach diesen Wünschen ist diese Vorstellung gemacht.

— Wenn wir dies näher betrachten, so zeigt es sich sogleich als eine nur kindliche Vorstellung. Der Mensch als einzelnes Lebendiges, seine einzelne Lebendigkeit, Natürlichkeit muß sterben. Aber wenn man die Erzählung näher ansieht, so. wäre dies das Wunderbare darin, das sich Widersprechende.

In diesem Widerspruch ist der Mensch als für sich seiend bestimmt. Das Fürsichsein ist als Bewußtsein, Selbstbewußtsein, unendliches Selbstbewußtsein abstrakt unendlich; daß er sich seiner Freiheit, ganz abstrakten Freiheit bewußt ist, dies ist sein unendliches Fürsichsein, das in früheren Religionen nicht so zum Bewußtsein gekommen ist, in denen der Gegensatz nicht zu dieser Absolutheit, dieser Tiefe fortgegangen ist. Dadurch, daß dies hier geschehen, ist nun zugleich die Würde des Menschen auf einen weit höheren Standpunkt gesetzt. Das Subjekt hat hierdurch absolute Wichtigkeit, ist wesentlicher Gegenstand des Interesses Gottes; denn es ist für sich seiendes Selbstbewußtsein. Es ist als die reine Gewißheit seiner in sich selbst; es existiert in ihm der Punkt unendlicher Subjektivität: es ist zwar abstrakt, aber abstrakt an und für sich Sein. Dies kommt in der Gestalt vor, daß der Mensch als Geist unsterblich ist, Gegenstand des Interesses Gottes, über die Endlichkeit, Abhängigkeit, über äußere Umstände erhaben, die Freiheit von allem zu abstrahieren; es ist darin gesetzt, der Sterblichkeit entnommen zu sein. Es ist in der Religion, weil ihr Gegensatz unendlich ist, daß die Unsterblichkeit der Seele Hauptmoment ist.

Sterblich ist etwas, was sterben kann; unsterblich ist das, was in den Zustand kommen kann, daß das Sterben nicht eintritt. Verbrennlich und unverbrennlich, — da ist das Brennen nur eine Möglichkeit, die äußerlich an den Gegenstand kommt. Die Bestimmung von Sein ist aber nicht so eine Möglichkeit, sondern affirmativ bestimmte Qualität, die es jetzt schon an ihm hat.

So muß bei der Unsterblichkeit der Seele nicht vorgestellt werden, daß sie erst späterhin in Wirklichkeit träte; es ist gegenwärtige Qualität. Der Geist ist ewig, also deshalb schon gegenwärtig; der Geist in seiner Freiheit ist nicht im Kreise der Beschränktheit. Für ihn als denkend, rein wissend ist das Allgemeine Gegenstand; dies ist die Ewigkeit, die nicht bloß Dauer ist, wie die Berge dauern, sondern Wissen. Die Ewigkeit des Geistes ist hier zum Bewußtsein gebracht, in diesem Erkennen, in dieser Trennung selbst, die zur Unendlichkeit des Fürsichseins gekommen ist, die nicht mehr verwickelt ist im Natürlichen, Zufälligen, Äußeren. Diese Ewigkeit des Geistes in sich ist, daß der Geist zunächst an sich ist; aber der nächste Standpunkt ist, daß der Geist nicht sein soll, wie er nur natürlicher Geist ist, sondern daß er sein soll, wie er an und für sich ist. Der Geist soll sich betrachten, und dadurch ist die Entzweiung; er soll nicht stehenbleiben auf diesem Standpunkt, daß er nicht ist, wie er an sich ist, soll seinem Begriff angemessen werden, der allgemeine Geist. Auf dem Standpunkt der Entzweiung ist dies sein Ansichsein ein Anderes für ihn, und er selbst ist natürlicher Wille; er ist entzweit in sich. Es ist diese Entzweiung insofern sein Gefühl oder Bewußtsein des Widerspruchs, und es ist damit das Bedürfnis des Aufhebens des Widerspruchs gesetzt.

Einerseits wird gesagt, der Mensch im Paradies ohne Sünde wäre unsterblich — die Unsterblichkeit auf Erden und die Unsterblichkeit der Seele wird in dieser Erzählung nicht getrennt —, er würde leben ewiglich. Wenn dieser äußerliche Tod nur eine Folge der Sünde sein soll, so wäre er an sich unsterblich. Auf der anderen Seite wird dann auch vorgestellt, erst wenn der Mensch vom Baum des Lebens äße, würde er unsterblich sein.

Die Sache ist überhaupt diese, daß der Mensch durch das Erkennen unsterblich ist; denn nur denkend ist er keine sterbliche, tierische Seele, ist er die freie, reine Seele. Das Erkennen, Denken ist die Wurzel seines Lebens, seiner Unsterblichkeit, als Totalität in sich selbst. Die tierische Seele ist in die Körperlichkeit versenkt, dagegen der Geist ist Totalität in sich selbst.

Das Weitere ist nun, daß diese Ansicht, die wir im Gedanken gefaßt haben, in dem Menschen wirklich werden soll, d. h. daß der Mensch zu der Unendlichkeit des Gegensatzes in sich komme, des Gegensatzes von Gut und Böse, daß er als Natürliches sich böse wisse und somit des Gegensatzes sich nicht nur überhaupt, sondern sich desselben in sich selbst bewußt werde, daß er es ist, der böse sei, daß die Forderung des Guten und somit das Bewußtsein der Entzweiung und der Schmerz über den Widerspruch und über den Gegensatz in ihm erweckt werde.

Die Form des Gegensatzes haben wir in allen Religionen gehabt; aber der Gegensatz gegen die Macht der Natur, gegen das sittliche Gesetz, den sittlichen Willen, die Sittlichkeit, das Schicksal — alles das sind untergeordnete Gegensätze, die nur den Gegensatz gegen ein Besonderes enthalten.

Der Mensch, der ein Gebot übertritt, ist böse, aber auch nur in diesem partikularen Fall, er ist nur im Gegensatz gegen dies besondere Gebot. Das Gute und das Böse sahen wir in allgemeinem Gegensatz gegenüberstehen im Persischen: hier ist der Gegensatz außer dem Menschen, der selbst ist außer ihm, — es ist nicht dieser abstrakte Gegensatz innerhalb seiner selbst.

Es ist darum die Forderung, daß der Mensch diesen abstrakten Gegensatz innerhalb seiner selbst habe und überwältige; nicht daß er nur dieses oder jenes Gebot nicht tue, sondern die Wahrheit ist, daß er böse ist an sich, böse im allgemeinen, in seinem Innersten, einfach böse, böse in seinem Innern, daß diese Bestimmung des Bösen Bestimmung seines Begriffs ist und daß er dies sich zum Bewußtsein bringe.

c) Um diese Tiefe ist es zu tun. Tiefe heißt die Abstraktion des Gegensatzes, die reine Verallgemeinerung des Gegensatzes, daß seine Seiten diese ganz allgemeine Bestimmung gegeneinander gewinnen.

Dieser Gegensatz hat nun überhaupt zwei Formen. Einerseits ist es der Gegensatz vom Bösen als solchem, daß er selbst es ist, der böse ist, — dies ist der Gegensatz gegen Gott; andererseits ist er der Gegensatz gegen die Welt, daß er in Entzweiung mit der Welt ist, — das ist das Unglück, die Entzweiung nach der anderen Seite.

Daß das Bedürfnis der allgemeinen Versöhnung sei und darin der göttlichen Versöhnung, der absoluten Versöhnung im Menschen sei, dazu gehört, daß der Gegensatz diese Unendlichkeit gewonnen, daß diese Allgemeinheit das Innerste umfaßt, daß nichts ist, das außer diesem Gegensatz wäre, der Gegensatz nicht etwas Besonderes ist. Das ist die tiefste Tiefe.

ca ) Zuerst betrachten wir das Verhältnis der Entzweiung zum einen Extrem, zu Gott. Der Mensch hat dies Bewußtsein in sich, daß er im Innersten dieser Widerspruch ist; so ist das der unendliche Schmerz über sich selbst. Schmerz ist nur vorhanden im Gegensatz gegen ein Sollen, ein Affirmatives. Was nicht ein Affirmatives mehr in sich ist, hat auch keinen Widerspruch, keinen Schmerz. Schmerz ist eben die Negativität im Affirmativen, daß das Affirmative in sich selbst dies sich Widersprechende, Verletzte ist.

Dieser Schmerz ist das eine Moment des Bösen, Das Böse bloß für sich ist eine Abstraktion; es ist nur im Gegensatz gegen das Gute, und indem es in der Einheit des Subjekts ist, ist der Gegensatz gegen diese Entzweiung der unendliche Schmerz. Wenn im Subjekt selbst nicht ebenso das Bewußtsein des Guten, die unendliche Forderung des Guten ist in seinem Innersten, so ist kein Schmerz da, so ist das Böse selbst nur ein leeres Nichts, — es ist nur in diesem Gegensatz.

Das Böse und dieser Schmerz kann nur unendlich sein, indem das Gute, Gott gewußt wird als ein Gott, als reiner, geistiger Gott; und nur indem das Gute diese reine Einheit ist, beim Glauben an einen Gott und nur in Beziehung auf diesen, kann auch und muß das Negative fortgehen zu dieser Bestimmung des Bösen, die Negation ebenso fortgehen zu dieser Allgemeinheit. Die eine Seite dieser Entzweiung ist auf diese Weise vorhanden durch die Erhebung des Menschen zur reinen, geistigen Einheit Gottes. Dieser Schmerz und dies Bewußtsein ist die Vertiefung des Menschen in sich und eben damit in das negative Moment der Entzweiung, des Bösen.

Dies ist die negative, innerliche Vertiefung in das Böse; die innerliche Vertiefung affirmativ ist die Vertiefung in die reine Einheit Gottes. Auf diesem Punkte ist vorhanden, daß Ich als natürlicher Mensch dem, was das Wahrhafte ist, unangemessen und in die vielen natürlichen Besonderheiten befangen bin, und ebenso unendlich fest ist die Wahrheit des einen Guten in mir; so bestimmt sich diese Unangemessenheit zu dem, was nicht sein soll.

Die Aufgabe, die Forderung ist unendlich. Man kann sagen: indem ich natürlicher Mensch bin, habe ich einerseits Bewußtsein über mich, aber die Natürlichkeit besteht in der Bewußtlosigkeit in Ansehung meiner, in der Willenlosigkeit; ich bin ein solches, das nach der Natur handelt, und insofern bin ich nach dieser Seite, sagt man oft, schuldlos, insofern ich kein Bewußtsein darüber habe, was ich tue, ohne eigentlichen Willen bin, es ohne Neigung tue, mich durch Triebe überraschen lasse. Aber diese Schuldlosigkeit verschwindet hier in diesem Gegensatz. Denn eben das natürliche, das bewußtlose und willenlose Sein des Menschen ist es, was nicht sein soll, und es ist damit zum Bösen bestimmt vor der reinen Einheit, vor der vollkommenen Reinheit, die ich als das Wahrhafte, Absolute weiß. Es liegt in dem Gesagten, daß, auf diesen Punkt gekommen, das Bewußtlose, Willenlose wesentlich selbst als das Böse zu betrachten ist.

Aber der Widerspruch bleibt immer, mag man ihn so wenden oder so; indem sich diese sogenannte Schuldlosigkeit als Böses bestimmt, bleibt die Unangemessenheit meiner gegen das Absolute, gegen mein Wesen, und nach der einen oder anderen Seite weiß ich mich immer als das, was nicht sein soll.

Das ist das Verhältnis zu dem einen Extrem, und das Resultat, die bestimmtere Weise dieses Schmerzes ist die Demütigung meiner, die Zerknirschung, daß es Schmerz über mich ist, daß ich als Natürliches unangemessen bin demjenigen, was ich zugleich selbst weiß, was in meinem Wissen, Wollen ist, daß ich sei.

cb ) Was das Verhältnis zum andern Extrem betrifft, so erscheint hier die Trennung als Unglück, daß der Mensch nicht befriedigt wird in der Welt. Seine Befriedigung, seine Naturbedürfnisse haben weiter kein Recht, keine Ansprüche. Als Naturwesen verhält sich der Mensch zu anderem, und anderes verhält sich zu ihm als Mächte, und er ist insofern zufällig wie die anderen.

Aber seine Forderungen in Ansehung der Sittlichkeit, die höheren, sittlichen Anforderungen sind Forderungen, Bestimmungen der Freiheit. Insofern diese an sich berechtigten, in seinem Begriff — er weiß vom Guten, und das Gute ist in ihm — begründeten Forderungen, insofern diese nicht ihre Befriedigung finden im Dasein, in der äußerlichen Welt, so ist er im Unglück.

Das Unglück ist es, das den Menschen in sich zurücktreibt, in sich zurückdrängt, und indem diese feste Forderung der Vernünftigkeit der Welt in ihm ist, gibt er die Welt auf und sucht das Glück, die Befriedigung in sich selbst als die Zusammenstimmung seiner affirmativen Seite mit sich selbst. Daß er diese erlange, gibt er die äußerliche Welt auf, verlegt sein Glück in sich selbst, befriedigt sich in sich selbst.

Von dieser Forderung und von diesem Unglück hatten wir diese zwei Formen. Jenen Schmerz, der von der Allgemeinheit, von oben kommt, sahen wir im jüdischen Volk; dabei bleibt die unendliche Forderung der absoluten Reinheit in meiner Natürlichkeit, meinem empirischen Wollen, Wissen. Das andere, das Zurücktreiben aus dem Unglück in sich ist der Standpunkt, in dem die römische Welt geendet hat, — dies allgemeine Unglück der Welt. Wir sahen diese formelle Innerlichkeit, die in der Welt sich befriedigt, diese Herrschaft, den Zweck Gottes, der vorgestellt, gewußt, gemeint wird als weltliche Herrschaft. Beide Seiten haben ihre Einseitigkeit: die erste kann als Empfindung der Demütigung ausgesprochen werden, die andere ist die abstrakte Erhebung des Menschen in sich, der Mensch, der sich in sich konzentriert. So ist es der Stoizismus oder Skeptizismus. Der stoische, skeptische Weise war auf sich gewiesen, sollte in ihm selbst befriedigt sein; in dieser Unabhängigkeit, Starrheit des Beisichseins sollte er das Glück haben, die Zusammenstimmung mit sich selbst; in dieser seiner abstrakten, ihm gegenwärtigen, selbstbewußten Innerlichkeit sollte er beruhen.

In dieser Trennung, Entzweiung, haben wir gesagt, bestimmt sich also hier das Subjekt, faßt sich auf als das Extrem des abstrakten Fürsichseins, der abstrakten Freiheit; die Seele senkt sich in ihre Tiefe, in ihren ganzen Abgrund. Diese Seele ist die unentwickelte Monade, die nackte Monade, die leere, erfüllungslose Seele; indem sie aber an sich der Begriff, das Konkrete ist, ist diese Leerheit, Abstraktion widersprechend gegen ihre Bestimmung, konkret zu sein.

Das ist also das Allgemeine, daß in dieser Trennung, die als unendlicher Gegensatz entwickelt ist, diese Abstraktion aufgehoben werden soll. Dieses abstrakte Ich ist auch an ihm selbst ein Wille, ist konkret; aber die unmittelbare Erfüllung, die es an ihm vorfindet, ist der natürliche Wille. Die Seele findet nichts vor als Begierde, Selbstsucht usf. in ihr, und es ist dies eine der Formen des Gegensatzes, daß Ich, die Seele in ihrer Tiefe, und die reale Seite voneinander unterschieden sind, so daß die reale Seite nicht eine solche ist, die dem Begriff angemessen gemacht ist, daher zurückgeführt ist, sondern an ihr selbst nur natürlichen Willen findet.

Der Gegensatz, worin die reale Seite weiterentwickelt ist, ist die Welt, und der Einheit des Begriffs gegenüber ist so eine Gesamtheit des natürlichen Willens, dessen Prinzip Selbstsucht ist, und die Verwirklichung desselben tritt als Verdorbenheit, Roheit usf. auf. Die Objektivität, die dies reine Ich hat, die für dasselbe ist als eine ihm angemessene, ist nicht sein natürlicher Wille, auch nicht die Welt; sondern die angemessene Objektivität ist nur das allgemeine Wesen, dieser Eine, der in ihm nicht erfüllt ist, dem alle Erfüllung, Welt, gegenübersteht.

Das Bewußtsein nun dieses Gegensatzes, dieser Trennung des Ich und des natürlichen Willens ist das eines unendlichen Widerspruchs. Dies Ich ist mit dem natürlichen Willen, der Welt in unmittelbarer Beziehung und zugleich davon abgestoßen. Dies ist der unendliche Schmerz, das Leiden der Welt. Die Versöhnung, die wir bisher auf diesem Standpunkte fanden, ist nur partiell und deshalb ungenügend. Die Ausgleichung des Ich in sich selbst, die das Ich in der stoischen Philosophie gewinnt, wo es sich als denkend weiß und sein Gegenstand das Gedachte, das Allgemeine ist und dies ihm schlechthin alles, die wahrhafte Wesenheit ist, wo also dies ihm gilt als ein Gedachtes und es dem Subjekte als von ihm gesetzt gilt: diese Versöhnung ist nur abstrakt, denn alle Bestimmung ist außer diesem Gedachten; es ist nur formelle Identität mit sich. Auf diesem absoluten Standpunkt kann und soll aber nicht eine solche abstrakte Versöhnung stattfinden; auch der natürliche Wille kann nicht in sich befriedigt werden, denn er und der Weltzustand genügen ihm, der seine Unendlichkeit erfaßt hat, nicht. Die abstrakte Tiefe des Gegensatzes erfordert das unendliche Leiden der Seele und damit eine Versöhnung, die ebenso vollkommen ist.

Es sind die höchsten, abstraktesten Momente; der Gegensatz ist der höchste. Beide Seiten sind der Gegensatz in seiner vollkommensten Allgemeinheit, im Innersten, im Allgemeinen selbst, die Gegensätze in der größten Tiefe. Beide Seiten sind aber einseitig: die erste Seite enthält diesen Schmerz, diese abstrakte Demütigung; da ist das Höchste schlechthin diese Unangemessenheit des Subjekts zum Allgemeinen, diese Entzweiung, Zerreißung, die nicht ausgefüllt, nicht ausgeglichen ist, — der Standpunkt des Gegensatzes vom Unendlichen einerseits und von einer festen Endlichkeit andererseits. Diese Endlichkeit ist die abstrakte Endlichkeit; was mir hierbei als das Meinige zukommt, das ist auf diese Weise nur das Böse.

Ihre Ergänzung hat diese Abstraktion im Anderen; das ist das Denken in sich selbst, die Angemessenheit meiner, daß ich befriedigt bin in mir selbst, befriedigt sein kann in mir selbst. Aber für sich ist diese zweite Seite ebenso einseitig, nur das Affirmative, die Affirmation meiner in mir selbst. Die erste Seite, die Zerknirschung, ist nur negativ, ohne Affirmation in sich; die zweite soll sein diese Affirmation, Befriedigung seiner in sich. Aber diese Befriedigung meiner in mir ist eine nur abstrakte Befriedigung durch die Flucht aus der Welt, aus der Wirklichkeit, — durch die Tatlosigkeit. Indem es die Flucht aus der Wirklichkeit ist, ist es auch die Flucht aus meiner Wirklichkeit, nicht aus der äußerlichen Wirklichkeit, sondern aus der Wirklichkeit meines Willens.

Die Wirklichkeit meines Willens, Ich als dieses Subjekt, der erfüllte Wille, bleibt mir nicht, aber es bleibt mir die Unmittelbarkeit meines Selbstbewußtseins; dieses Selbstbewußtsein ist zwar ein vollkommen abstraktes, aber diese letzte Spitze des Tiefen ist darin enthalten, und ich habe mich darin erhalten. Es ist nicht diese Abstraktion von meiner abstrakten Wirklichkeit in mir oder meinem unmittelbaren Selbstbewußtsein, der Unmittelbarkeit meines Selbstbewußtseins. Auf dieser Seite ist also die Affirmation das Überwiegende, ohne jene Negation der Einseitigkeit des Unmittelbarseins. Dort ist die Negation das Einseitige.

Diese zwei Momente sind es, die das Bedürfnis enthalten zum Übergange. Der Begriff der vorhergehenden Religionen hat sich gereinigt zu diesem Gegensatz, und indem dieser Gegensatz sich als existierendes Bedürfnis gezeigt und dargestellt hat, ist dies so ausgedrückt worden: »Als die Zeit erfüllet war«; d. h. der Geist, das Bedürfnis des Geistes ist vorhanden, der die Versöhnung zeigt.

cc ) Die Versöhnung. Das tiefste Bedürfnis des Geistes besteht darin, daß der Gegensatz im Subjekt selbst zu seinen allgemeinen, d. h. abstraktesten Extremen gesteigert ist. Dies ist diese Entzweiung, dieser Schmerz. Dadurch, daß diese beiden Seiten nicht auseinanderfallen, sondern dieser Widerspruch sind in einem, beweist sich zugleich das Subjekt als unendliche Kraft der Einheit; es kann diesen Widerspruch aushalten. Das ist die formelle, abstrakte, aber unendliche Energie der Einheit, die es besitzt.

Das, wodurch das Bedürfnis befriedigt wird, ist das Bewußtsein der Aussöhnung, des Aufhebens, der Nichtigkeit des Gegensatzes, daß dieser Gegensatz nicht ist die Wahrheit, sondern vielmehr dies, die Einheit durch die Negation dieses Gegensatzes zu erreichen, d. i. der Friede, die Versöhnung, die das Bedürfnis fordert. Die Versöhnung ist die Forderung des Bedürfnisses des Subjekts, und es liegt in ihm als unendlich Einem, mit sich Identischem.

Dieses Aufheben des Gegensatzes hat zwei Seiten. Es muß dem Subjekt das Bewußtsein werden, daß dieser Gegensatz nicht an sich ist, daß die Wahrheit, das Innere das Aufgehobensein dieses Gegensatzes ist. Sodann, weil er an sich, der Wahrheit nach aufgehoben ist, kann das Subjekt als solches in seinem Fürsichsein erreichen, erlangen das Aufheben dieses Gegensatzes, den Frieden, die Versöhnung.

caa) Daß der Gegensatz an sich aufgehoben ist, macht die Bedingung, Voraussetzung aus, die Möglichkeit, daß das Subjekt auch für sich ihn aufhebe. Insofern wird gesagt, das Subjekt gelange nicht aus sich, d. i. aus sich als diesem Subjekt, durch seine Tätigkeit, sein Verhalten zur Versöhnung; es ist nicht sein Verhalten als des Subjekts, wodurch die Versöhnung zustande gebracht wird und zustande gebracht werden kann.

Dies ist die Natur des Bedürfnisses, wenn die Frage ist: wodurch kann es befriedigt werden? Die Versöhnung kann nur dadurch sein, daß für dasselbe wird das Aufgehobensein der Trennung, daß das, was sich zu fliehen scheint, dieser Gegensatz nichtig ist, daß die göttliche Wahrheit für dasselbe werde der aufgelöste Widerspruch, worin beide ihre Abstraktion gegeneinander abgelegt haben.

Es erhebt sich daher auch hier noch einmal die obige Frage: kann das Subjekt diese Versöhnung nicht aus sich zustande bringen durch seine Tätigkeit, daß es durch seine Frömmigkeit, Andacht sein Inneres der göttlichen Idee angemessen mache und dies durch Handlungen ausdrücke? Und kann dies ferner nicht das einzelne Subjekt, können es dann nicht wenigstens alle Menschen, die das göttliche Gesetz recht in sich aufnehmen wollten, so daß der Himmel auf Erden wäre, der Geist in seiner Gnade gegenwärtig lebte, Realität hätte? Die Frage ist, ob das Subjekt nicht aus sich als Subjekt dies hervorbringen kann. Es ist eine gemeine Vorstellung, daß es dies könne.

Zu beachten ist hier, was wir genau vor uns haben müssen, daß von dem Subjekt die Rede ist, welches auf einem Extrem steht, für sich ist. Die Subjektivität hat die Bestimmung des Setzens, daß dies durch mich sei. Dies Setzen, Handeln usf. geschieht durch mich, der Inhalt mag sein, welcher er will; das Hervorbringen ist damit selbst eine einseitige Bestimmung, und das Produkt ist nur ein Gesetztes, es bleibt als solches nur in abstrakter Freiheit. Jene Frage heißt daher, ob es durch sein Setzen dies nicht hervorbringen kann. Dies Setzen muß wesentlich sein eine Voraussetzung, so daß das Gesetzte auch an sich ist. Die Einheit der Subjektivität und Objektivität, diese göttliche Einheit muß als Voraussetzung sein für mein Setzen; dann hat dies erst einen Inhalt; der Inhalt ist Geist, Gehalt, — sonst ist es subjektiv, formell; so erhält es erst wahrhaften, substantiellen Inhalt. Mit der Bestimmung dieser Voraussetzung verliert es seine Einseitigkeit; mit der Bedeutung solcher Voraussetzung benimmt es sich diese Einseitigkeit, verliert sie dadurch.

Kant und Fichte sagen: der Mensch kann nur säen, Gutes tun in der Voraussetzung einer moralischen Weltordnung, er weiß nicht, ob es gedeihen, gelingen werde; er kann nur handeln mit der Voraussetzung, daß das Gute Gedeihen an und für sich habe, nicht nur ein Gesetztes sei, sondern seiner Natur nach objektiv. Die Voraussetzung ist wesentliche Bestimmung.

Die Harmonie dieses Widerspruchs muß also in der Weise vorgestellt werden, daß sie für das Subjekt eine Voraussetzung sei. Indem der Begriff die göttliche Einheit erkennt, so erkennt er, daß Gott an und für sich ist und damit die Einsicht, die Tätigkeit des Subjekts nichts für sich ist, nur ist und Bestehen hat unter jener Voraussetzung. Dem Subjekt muß also erscheinen die Wahrheit als Voraussetzung, und die Frage ist, wie, in welcher Gestalt die Wahrheit erscheinen könne auf diesem Standpunkt, auf dem wir uns befinden; er ist der unendliche Schmerz, diese reine Tiefe der Seele, und für diesen Schmerz soll sein die Auflösung des Widerspruchs. Diese ist notwendig zunächst in der Weise der Voraussetzung, weil es dies einseitige Extrem ist.

Des Subjekts Verhalten ist also nur das Setzen, das Tun als nur die eine Seite; die andere ist die substantielle, zugrunde liegende, welche die Möglichkeit enthält. Dies ist, daß an sich dieser Gegensatz nicht vorhanden ist. Näher ist es, daß der Gegensatz ewig entsteht, ebenso sich ewig aufhebt, ebenso das ewige Versöhnen ist.

Daß dieses die Wahrheit ist, sahen wir in der ewigen göttlichen Idee, daß Gott dies ist, als lebendiger Geist sich von sich zu unterscheiden, ein Anderes zu setzen und in diesem Anderen mit sich identisch zu bleiben, in diesem Anderen die Identität seiner mit sich selbst zu haben. Das ist die Wahrheit. Diese Wahrheit ist es, die die eine Seite dessen ausmachen muß, was dem Menschen zum Bewußtsein kommen muß, die ansichseiende, substantielle Seite.

Näher kann es so ausgedrückt werden, daß der Gegensatz die Unangemessenheit überhaupt ist. Der Gegensatz, das Böse ist die Natürlichkeit des menschlichen Seins und Wollens, die Unmittelbarkeit; das ist eben die Weise der Natürlichkeit. Mit der Unmittelbarkeit ist eben die Endlichkeit gesetzt, und diese Endlichkeit oder Natürlichkeit ist unangemessen der Allgemeinheit Gottes, der in sich schlechthin freien, bei sich seienden, unendlichen, ewigen Idee.

Diese Unangemessenheit ist der Ausgangspunkt, der das Bedürfnis ausmacht. Die nähere Bestimmung ist nicht, daß die Unangemessenheit von heiden Seiten verschwinde für das Bewußtsein. Die Unangemessenheit ist; sie liegt in der Geistigkeit: der Geist ist das Sichunterscheiden, das Setzen von Unterschiedenen. Wenn sie unterschieden sind — nach diesem Moment, daß sie Unterschiedene sind —, sind sie nicht das Gleiche; sie sind verschieden, einander unangemessen. Die Unangemessenheit kann nicht verschwinden; wenn sie verschwände, so verschwände das Urteil des Geistes, seine Lebendigkeit; so hörte er auf, Geist zu sein.

cbb ) Die weitere Bestimmung aber ist diese, daß dieser Unangemessenheit ungeachtet die Identität beider sei; daß das Anderssein, die Endlichkeit, die Schwäche, die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur keinen Eintrag tun könne jener Einheit, die das Substantielle der Versöhnung ist. Auch dieses haben wir erkannt in der göttlichen Idee. Denn der Sohn ist ein Anderes als der Vater; dies Anderssein ist Verschiedenheit, sonst ist es nicht Geist. Aber das Andere ist Gott, hat die ganze Fülle der göttlichen Natur in sich; diesem, daß dieser Andere der Sohn Gottes, damit Gott ist, tut die Bestimmung des Andersseins keinen Eintrag; ebenso auch nicht ihm in der menschlichen Natur.

Dieses Anderssein ist das ewig sich Setzende, ewig sich Aufhebende, und dieses sich Setzen und Aufheben des Andersseins ist die Liebe, der Geist. Das Böse, die eine Seite, ist abstrakt bestimmt worden als nur das Andere, Endliche, Negative, und Gott als das Gute, Wahrhafte auf die andere Seite gestellt. Aber dies Andere, Negative enthält in sich selbst auch die Affirmation, und das muß im endlichen Sein zum Bewußtsein kommen, daß das Prinzip der Affirmation darin enthalten ist, daß in diesem Prinzip der Affirmation das Prinzip der Identität liegt mit der anderen Seite; so wie Gott nicht nur als das Wahre die abstrakte Identität mit sich ist, sondern das Andere, die Negation, das Sichanderssetzen seine eigene wesentliche Bestimmung, die eigene Bestimmung des Geistes ist.

Die Möglichkeit der Versöhnung ist nur darin, daß gewußt wird die an sich seiende Einheit der göttlichen und menschlichen Natur; das ist die notwendige Grundlage. So kann der Mensch sich aufgenommen wissen in Gott, insofern ihm Gott nicht ein Fremdes ist, er sich zu ihm nicht als äußerliches Akzidenz verhält, sondern wenn er nach seinem Wesen, nach seiner Freiheit und Subjektivität in Gott aufgenommen ist; dies ist aber nur möglich, insofern in Gott selbst diese Subjektivität der menschlichen Natur ist. Dieses Ansichsein muß dem unendlichen Schmerz zum Bewußtsein kommen als die an sich seiende Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, aber nur dem Ansichsein, der Substantialität nach, so daß diese Endlichkeit, Schwäche, dies Anderssein dieser substantiellen Einheit beider keinen Eintrag tut.

Die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, der Mensch in seiner Allgemeinheit ist der Gedanke des Menschen und die an und für seiende Idee des absoluten Geistes. An sich ist auch in dem Prozeß, in welchem sich das Anderssein aufhebt, diese Idee und die Objektivität Gottes real, und zwar in allen Menschen unmittelbar:

»Aus dem Kelch des ganzen Geisterreiches schäumt ihm die Unendlichkeit.«

Schiller, »Die Freundschaft« (dort: »Seelenreiches«)

Der Schmerz, den das Endliche in dieser seiner Aufhebung empfindet, schmerzt nicht, da es sich dadurch zum Moment in dem Prozeß des Göttlichen erhebt.Sollte jene Qual uns quälen,
da sie unsre Lust vermehrt?

Goethe, Der West-östliche Divan, Buch des Timur, »An Suleika«

Aber hier, auf diesem Standpunkte ist es nicht um den Gedanken des Menschen zu tun. Auch kann es nicht bei der Bestimmung der Einzelheit überhaupt bleiben, die selbst wieder allgemein und im abstrakten Denken als solchem Ist.ccc) Soll vielmehr das Bewußtsein von der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, von dieser Bestimmung des Menschen als Menschen überhaupt, dem Menschen gegeben werden oder soll diese Erkenntnis ganz in das Bewußtsein seiner Endlichkeit eindringen als der Strahl des ewigen Lichtes, das ihm im Endlichen klar wird, so muß sie an ihn kommen als Menschen überhaupt, d. h. ohne Bedingung einer besonderen Bildung, sondern an ihn als unmittelbaren Menschen, und für das unmittelbare Bewußtsein muß sie allgemein sein.

Das Bewußtsein der absoluten Idee, die wir im Denken haben, soll also nicht für den Standpunkt philosophischer Spekulation, des spekulativen Denkens hervorgebracht werden, sondern in der Form der Gewißheit für die Menschen überhaupt; nicht daß sie es denken, die Notwendigkeit dieser Idee einsehen und erkennen, sondern darum ist es zu tun, daß sie ihnen gewiß wird, d. h. daß diese Idee, die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur zur Gewißheit komme, daß sie für sie die Form unmittelbarer sinnlicher Anschauung, äußerlichen Daseins erhalte, kurz, daß diese Idee als in der Welt gesehen und erfahren erscheine. So muß sich diese Einheit in ganz zeitlicher, vollkommen gemeiner Erscheinung der Wirklichkeit, in einem diesen Menschen für das Bewußtsein zeigen, in einem Diesen, der zugleich gewußt werde als göttliche Idee, nicht nur als höheres Wesen überhaupt, sondern als die höchste, die absolute Idee, als Gottessohn.Göttliche und menschliche Natur in einem ist ein harter, schwerer Ausdruck; aber die Vorstellung, die man damit verbindet, ist zu vergessen; es ist die geistige Wesenheit, an die dabei zu denken ist. In der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur ist alles verschwunden, was zur äußeren Partikularisation gehört, — das Endliche ist verschwunden.

Es ist das Substantielle der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, was dem Menschen zum Bewußtsein kommt, so daß der Mensch ihm als Gott und Gott ihm als Mensch erscheint. Diese substantielle Einheit ist das Ansich des Menschen; indem aber dasselbe für den Menschen ist, ist es jenseits des unmittelbaren Bewußtseins, des gewöhnlichen Bewußtseins und Wissens; damit muß es drüben stehen für das subjektive Bewußtsein, das sich als gewöhnliches Bewußtsein verhält und als solches bestimmt ist. Hierin liegt es, daß dies als einzelner, ausschließender Mensch erscheinen müsse für die Anderen, [es sind] nicht sie alle Einzelnen, sondern einer, von dem sie ausgeschlossen sind, aber nicht mehr als das Ansich, das drüben ist, sondern als die Einzelheit auf dem Boden der Gewißheit.

Um diese Gewißheit und Anschauung ist es zu tun, nicht bloß um einen göttlichen Lehrer, ohnehin nicht bloß der Moral, aber auch nicht einmal bloß um einen Lehrer dieser Idee, nicht um Vorstellung und Überzeugung ist es zu tun, sondern um diese unmittelbare Gegenwart und Gewißheit des Göttlichen; denn die unmittelbare Gewißheit der Gegenwart ist die unendliche Form und Weise, wie das »ist« für das natürliche Bewußtsein ist. Dieses Ist vertilgt alle Spur der Vermittlung; es ist die letzte Spitze, der letzte Lichtpunkt, der noch aufgetragen wird. Aller Vermittlung durch Gefühle, Vorstellung, Gründe fehlt dies Ist, und nur im philosophischen Erkennen durch den Begriff, im Elemente der Allgemeinheit kehrt es wieder.

Das Göttliche ist nicht zu fassen nur als ein allgemeiner Gedanke oder als ein Inneres, nur Ansichseiendes, die Objektivierung des Göttlichen nicht nur als eine solche, die in allen Menschen ist, zu fassen; so ist sie dann nur als die Vielheit des Geistigen überhaupt gefaßt, und die Entwicklung, die der absolute Geist an ihm selbst hat und die bis zur Form des Ist, der Unmittelbarkeit fortzugehen hat, ist darin nicht enthalten.

Der Eine der jüdischen Religion ist im Gedanken, nicht in der Anschauung, eben darum nicht zum Geist vollendet. Die Vollendung zum Geiste heißt eben die Subjektivität, die sich unendlich entäußert und aus dem absoluten Gegensatze, aus der äußersten Spitze der Erscheinung zu sich zurückkehrt. Das Prinzip der Individualität war zwar schon in dem griechischen Ideale vorhanden, aber hier mangelte eben jene an und für sich allgemeine Unendlichkeit; das Allgemeine als Allgemeines gesetzt ist nur in der Subjektivität des Bewußtseins da; nur diese ist die unendliche Bewegung in sich, in der alle Bestimmtheit des Daseins aufgelöst ist und die zugleich im endlichsten Dasein ist.

Dies Individuum nun, welches für die anderen die Erscheinung der Idee ist, ist dies Einzige; nicht Einige, denn an Einigen wird die Göttlichkeit zur Abstraktion. »Einige« sind ein schlechter Überfluß der Reflexion, ein Überfluß, weil wider den Begriff der individuellen Subjektivität. »Einmal« ist im Begriff »allemal«, und das Subjekt muß sich ohne Wahl an eine Subjektivität wenden. In der ewigen Idee ist nur ein Sohn; so ist es nur Einer, ausschließend gegen die anderen, in dem die absolute Idee erscheint. Diese Vollendung der Realität zur unmittelbaren Einzelheit ist der schönste Punkt der christlichen Religion, und die absolute Verklärung der Endlichkeit ist in ihr zur Anschauung gebracht.

Diese Bestimmung, daß Gott Mensch wird, damit der endliche Geist das Bewußtsein Gottes im Endlichen selbst habe, ist das schwerste Moment in der Religion. Nach einer gewöhnlichen Vorstellung, die wir besonders bei den Alten finden, ist der Geist, die Seele, in diese Welt als in ein ihm Fremdartiges herabgestoßen: dieses Inwohnen im Körper und die Vereinzelung zur Individualität sei eine Erniedrigung des Geistes. Darin liegt die Bestimmung der Unwahrheit der bloß materiellen Seite, der unmittelbaren Existenz. Aber andererseits ist die Bestimmung der unmittelbaren Existenz zugleich auch eine wesentliche, die letzte Zuspitzung des Geistes in seiner Subjektivität. Der Mensch hat geistige Interessen und ist geistig tätig; er kann sich daran gehindert fühlen, indem er sich in physischer Abhängigkeit fühlt, indem er für seine Nahrung sorgen muß usw.; er fällt von seinen geistigen Interessen ab durch die Gebundenheit an die Natur. Das Moment der unmittelbaren Existenz ist aber im Geiste selbst enthalten.

Es ist die Bestimmung des Geistes, zu diesem Momente fortzugehen. Die Natürlichkeit ist nicht bloß eine äußerliche Notwendigkeit, sondern der Geist als Subjekt in seiner unendlichen Beziehung auf sich selbst hat die Bestimmung der Unmittelbarkeit an ihm. Insofern nun dem Menschen geoffenbart werden soll, was die Natur des Geistes ist, die Natur Gottes in der ganzen Entwicklung der Idee offenbar werden soll, so muß darin diese Form auch vorkommen, und das ist eben die Form der Endlichkeit. Das Göttliche muß in der Form der Unmittelbarkeit erscheinen. Diese unmittelbare Gegenwart ist nur Gegenwart des Geistigen in der geistigen Gestalt, welche die menschliche ist. Auf keine andere Weise ist diese Erscheinung wahrhaft, nicht etwa als Erscheinung Gottes im feurigen Busch und dgl. mehr. Gott erscheint als einzelne Person, an welche Unmittelbarkeit sich alle physische Bedürftigkeit anknüpft. Im indischen Pantheismus kommen unzählig viele Inkarnationen vor; da ist die Subjektivität, das menschliche Sein nur akzidentelle Form, in Gott ist sie nur Maske, die die Substanz annimmt und in zufälliger Weise wechselt. Gott aber als Geist enthält das Moment der Subjektivität, der Einzigkeit an ihm; seine Erscheinung kann daher auch nur eine einzige sein, nur einmal vorkommen. S.251ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke 17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617

Wissenschaft der Logik
Das Unendliche im Endlichen
Der Progreß ins Unendliche ist nichts anderes als der Ausdruck des Widerspruchs, den das Quantitativ-Endliche oder das Quantum überhaupt enthält. Er ist die Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen, die in der qualitativen Sphäre betrachtet worden ist, aber mit dem Unterschied, daß, wie soeben erinnert, im Quantitativen sich die Grenze an ihr selbst in ihr jenseits fortsetzt und somit umgekehrt auch das Quantitativ-Unendliche gesetzt ist, das Quantum, sein Anderes an ihm selbst zu haben. Endliches und Unendliches ist, das eine das Nichtsein des anderen. Aber weil die quantitative Bestimmtheit der nur aufgehobene Unterschied ist, so ist das Quantitative in seinem Außersichsein [es] selbst. Das Quantitativ-Unendliche ist also zwar das aufgehobene Quantum nicht nur als ein Quantum, sondern als das Quantum. Aber weil das Quantum sich in sein Aufgehobensein kontinuiert, so ist das Unendliche ebensosehr als das Gegenteil seiner selbst, als Quantum bestimmt.

Das Quantum also ist die Bestimmtheit-an-sich, die gegen Anderes gleichgültige Bestimmtheit, welche aber ebensosehr nur ist als sich äußerlich. Der unendliche Progreß ist der Ausdruck dieses Widerspruchs, nicht die Auflösung desselben; er bleibt schlechthin im Widerspruch stehen und geht nicht über ihn hinaus.

Oder der Progreß ins Unendliche ist nur die Aufgabe des Unendlichen, nicht die Erreichung desselben. Er ist das perennierende Erzeugen desselben, ohne über das Quantum selbst hinauszukommen und ohne daß das Unendliche ein Positives und Gegenwärtiges würde. Das Quantum ist ein solches, in dessen Begriff es ist, ein Jenseits seiner zu haben. Dieses Jenseits ist erstlich das reine Moment des Nichtseins des Quantums, denn es löst sich an sich selbst auf. So bezieht es sich auf sein Jenseits, auf seine Unendlichkeit. Dies ist das qualitative Moment des Gegensatzes.

Aber zweitens steht das Quantum in Kontinuität mit diesem seinem Jenseits, das ein Nichtsein als Nichtsein des Quantums ist; denn das Quantum besteht eben darin, das Andere seiner selbst, sich selbst äußerlich zu sein; also ist dieses Andere, dieses Äußerliche ebensosehr nicht ein Anderes als das Quantum. Das Jenseits oder das Unendliche ist also selbst ein Quantum. Das Jenseits ist auf diese Weise aus seiner Flucht zurückgerufen, und das Unendliche erreicht. Aber weil dies zum Diesseits Gewordene wieder ein Quantum ist, ist nur wieder eine neue Grenze gesetzt worden. Das wieder entstandene Quantum ist darum, weil es Quantum ist, auch wieder von sich selbst geflohen, ist als solches über sich hinaus und hat sich in sein Nichtsein von sich selbst repelliert
[zurückgetrieben]; es hat somit ein perennierendes [fortdauerndes] Jenseits. Aber das Quantum besteht zugleich eben darin, sich äußerlich zu sein. Also ist jenes Jenseits selbst wieder das Quantum.

Wird dies, daß hierin das Jenseits oder das Unendliche als Quantum und umgekehrt das Quantum als Unendliches bestimmt wird, in einen Ausdruck vereinigt, so gibt diese Verbindung ein Unendlichgroßes oder Unendlichkleines. Aber diese Verbindung ist selbst nichts anderes als nur der falsche Ausdruck des Widerspruchs oder des unendlichen Progresses. Denn das Quantum und sein Jenseits sind darin in ihrer absoluten Bestimmtheit gegeneinander, das eine als das Nicht-sein des anderen, erhalten. Das Unendlichgroße und Unendlichkleine wird als ein Quantum vorgestellt; es ist ein Großes oder Kleines; aber als Quantum hat es sein Jenseits ebensosehr von sich abgestoßen; es ist nicht zum Unendlichen erweitert, sondern im perennierenden Gegensatz gegen dasselbe erhalten.

Das Große, noch so sehr erweitert, schwindet daher zur Unbeträchtlichkeit zusammen; denn insofern es sich auf das Unendliche als auf sein Nichtsein bezieht, ist der Gegensatz nach diesem Moment qualitativ; das erweiterte Quantum hat also dem Unendlichen nichts abgewonnen, sondern dieses ist vor wie nach das Nichtsein desselben. Oder die Vergrößerung des Quantums ist keine Näherung zum Unendlichen, denn der Unterschied des Quantums und seiner Unendlichkeit hat wesentlich das Moment, ein nicht quantitativer Unterschied zu sein. — Ebenso das Unendlichkleine ist als Kleines ein Quantum und bleibt daher absolut, d. h. qualitativ zu groß für das Unendliche und ist diesem entgegengesetzt.

Das Unendlichgroße oder -kleine ist daher nur selbst der unendliche Progreß. Diese Unendlichkeit, welche als das Jenseits des Endlichen bestimmt ist, ist als die schlechte quantitative Unendlichkeit zu bezeichnen. Sie ist Unendlichkeit des Progresses und wie die qualitative schlechte Unendlichkeit nur das perennierende Herüber- und Hinübergehen von dem einen Gliede des bleibenden Widerspruchs zum anderen, von der Grenze zu ihrem Nichtsein, von diesem aufs neue zurück zu ebenderselben, zur Grenze. Es ist nicht sowohl ein Fortgehen, sondern ein Wiederholen von einem und eben demselben, Setzen, Aufheben und Wiedersetzen und Wiederaufheben: eine Ohnmacht des Negativen, dem das, was es aufhebt, durch sein Aufheben selbst als ein Kontinuierliches wiederkehrt. Es sind zwei so zusammengeknüpft, daß sie sich schlechthin fliehen; und indem sie sich fliehen, können sie sich nicht trennen, sondern sind in ihrer Trennung verknüpft.

Anmerkung 1
Die schlechte Unendlichkeit pflegt vornehmlich in der Form des Progresses des Quantitativen ins Unendlichedieses fortgehende Überfliegen der Grenze, das die Ohnmacht ist, sie aufzuheben, und der perennierende Rückfall in dieselbe — für etwas Erhabenes und für eine Art von Gottesdienst gehalten zu werden, so wie derselbe in der Philosophie als ein Letztes angesehen worden ist. Es finden sich allenthalben Tiraden solcher Art, die als erhabene Produktionen bewundert worden sind. In der Tat aber macht diese moderne Erhabenheit nicht den Gegenstand groß, welcher vielmehr entflieht, sondern nur das Subjekt, das so große Quantitäten in sich verschlingt. Es tut sich aber die Dürftigkeit dieser subjektiv bleibenden Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen hinaufsteigt, damit kund, daß sie in der vergeblichen Arbeit dem unendlichen Ziele nicht näher kommt, welches zu erreichen ganz anders anzugreifen ist.

Bei folgenden Tiraden dieser Art ist es zugleich ausgedrückt, in was solche Erhebung übergeht und aufhört. Kant z. B. führt es als erhaben auf,

»wenn das Subjekt mit dem Gedanken sich über den Platz erhebt, den es in der Sinnenwelt einnimmt, und die Verknüpfung ins unendlich Große erweitert, eine Verknüpfung mit Sternen über Sternen, mit Welten über Welten, Systemen über Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. — Das Vorstellen erliegt diesem Fortgehen ins Unermeßlich-Ferne, wo die fernste Welt immer noch eine fernere hat, die so weit zurückgeführte Vergangenheit noch eine weitere hinter sich, die noch so weit hinausgeführte Zukunft immer noch eine andere vor sich; der Gedanke erliegt dieser Vorstellung des Unermeßlichen; wie ein Traum, daß einer einen langen Gang immer weiter und unabsehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzusehen, mit Fallen oder mit Schwindel endet.«

Diese Darstellung außer dem, daß sie den Inhalt den quantitativen Erhebens in einen Reichtum der Schilderung zusammendrängt, verdient wegen der Wahrhaftigkeit vornehmlich Lob, mit der sie es angibt, wie es dieser Erhebung am Ende ergeht: der Gedanke erliegt, das Ende ist Fallen und Schwindel. Was den Gedanken erliegen macht und das Fallen desselben und Schwindel hervorbringt, ist nicht anderes als die Langeweile jener Wiederholung, welche eine Grenze verschwinden und wieder auftreten und wieder verschwinden, so immer das eine um das andere und eins im anderen, in dem Jenseits das Diesseits, in dem Diesseits das Jenseits perennierend entstehen und vergehen läßt und nur das Gefühl der Ohnmacht dieses Unendlichen oder dieses Sollens gibt, das über das Endliche Meister werden will und nicht kann.

Auch die Hallersche, von Kant sogenannte schauderhafte Beschreibung der Ewigkeit pflegt besonders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht wegen derjenigen Seite, die das wahrhafte Verdienst derselben ausmacht:

»Ich häufe ungeheure Zahlen,
Gebürge Millionen auf,
Ich setze Zeit auf Zeit und Welt auf Welt zu Hauf,
Und wenn ich von der grausen Höh
Mit Schwindeln wieder nach dir seh,
Ist alle Macht der Zahl, vermehrt zu tausendmalen,
Noch nicht ein Teil von dir.«

»Ich zieh sie ab, und du liegst ganz vor mir.«


Wenn auf jenes Aufbürgen und Auftürmen von Zahlen und Welten als auf eine Beschreibung der Ewigkeit der Wert gelegt wird, so wird übersehen, daß der Dichter selbst dieses sogenannte schauderhafte Hinausgehen für etwas Vergebliches und Hohles erklärt und daß er damit schließt, daß nur durch das Aufgeben dieses leeren unendlichen Progresses das wahrhafte Unendliche selbst zur Gegenwart vor ihn komme.
S.165ff.
Aus: G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik. Das Sein (1812), PHB 375, Felix Meiner Verlag, Hamburg

Wahrhafte Unendlichkeit
Etwas wird ein Anderes, aber das Andere ist selbst ein Etwas, also wird es gleichfalls ein Anderes, und so fort ins Unendliche.
(§ 93)

Diese Unendlichkeit ist die schlechte oder negative Unendlichkeit, indem sie nichts ist als die Negation des Endlichen, welches aber ebenso wieder entsteht, somit ebensosehr nicht aufgehoben ist, — oder diese Unendlichkeit drückt nur das Sollen des Aufhebens des Endlichen aus. Der Progreß ins Unendliche bleibt bei dem Aussprechen des Widerspruchs stehen, den das Endliche enthält, daß es sowohl Etwas ist als sein Anderes, und ist das perennierende Fortsetzen des Wechsels dieser einander herbeiführenden Bestimmungen.
(§ 94)Was in der Tat vorhanden ist, ist, daß Etwas zu Anderem, und das Andere überhaupt zu Anderem wird. Etwas ist im Verhältnis zu einem Anderen selbst schon ein Anderes gegen dasselbe; somit da das, in welches es übergeht, ganz dasselbe ist, was das, welches übergeht, — beide haben keine weitere als eine und dieselbe Bestimmung, ein Anderes zu sein, — so geht hiemit Etwas in seinem Übergehen in Anderes nur mit sich selbst zusammen, und diese Beziehung im Übergehen und im Andern auf sich selbst ist die wahrhafte Unendlichkeit. Oder negativ betrachtet; was verändert wird, ist das Andre, es wird das Andre des Andern. So ist das Sein, aber als Negation der Negation, wiederhergestellt und ist das Fürsichsein.

Der Dualismus, welcher den Gegensatz von Endlichem und Unendlichem unüberwindlich macht, macht die einfache Betrachtung nicht, daß auf solche Weise sogleich das Unendliche nur das Eine der Beiden ist, daß es hiemit zu einem nur Besondern gemacht wird, wozu das Endliche das andere Besondere ist. Ein solches Unendliches, welches nur ein Besonderes ist, neben dem Endlichen ist, an diesem eben damit seine Schranke, Grenze hat, ist nicht das, was es sein soll, nicht das Unendliche, sondern ist nur endlich. —

In solchem Verhältnisse, wo das Endliche hüben, das Unendliche drüben, das erste diesseits, das andere jenseits gestellt ist, wird dem Endlichen die gleiche Würde des Bestehens und der Selbständigkeit mit dem Unendlichen zugeschrieben; das Sein des Endlichen wird zu einem absoluten Sein gemacht; es steht in solchem Dualismus fest für sich. Vom Unendlichen sozusagen berührt, würde es vernichtigt; aber es soll vom Unendlichen nicht berührt werden können, es soll ein Abgrund, eine unübersteigbare Kluft zwischen beiden sich befinden, das Unendliche schlechthin drüben und das Endliche hüben verharren.

Indem die Behauptung von dem festen Beharren des Endlichen dem Unendlichen gegenüber über alle Metaphysik hinweg zu sein meint, steht sie ganz nur auf dem Boden der ordinärsten Verstandes-Metaphysik. Es geschieht hier dasselbe, was der unendliche Progreß ausdrückt: das einemal wird zugegeben, daß das Endliche nicht an und für sich sei, daß ihm nicht selbständige Wirklichkeit, nicht absolutes Sein zukomme, daß es nur ein Vorübergehendes ist; das andremal wird dies sogleich vergessen und das Endliche dem Unendlichen nur gegenüber, schlechthin getrennt von demselben und der Vernichtung entnommen, als selbständig, für sich beharrend vorgestellt. — Indem das Denken auf solche Weise sich zum Unendlichen zu erheben meint, so widerfährt ihm das Gegenteil, — zu einem Unendlichen zu kommen, das nur ein Endliches ist, und das Endliche, welches von ihm verlassen worden, vielmehr immer beizubehalten, zu einem Absoluten zu machen.

Wenn man nach der angestellten Betrachtung der Nichtigkeit des Verstandes-Gegensatzes vom Endlichen und Unendlichen (womit Platos Philebus mit Nutzen verglichen werden kann) auch hier leicht — auf den Ausdruck verfallen kann, daß das Unendliche und Endliche hiemit Eins sei, daß das Wahre, die wahrhafte Unendlichkeit als Einheit des Unendlichen und Endlichen bestimmt und ausgesagt werde, so enthält solcher Ausdruck zwar Richtiges, aber er ist ebensosehr schief und falsch, wie vorhin von der Einheit des Seins und Nichts bemerkt worden ist. Er führt ferner auf den gerechten Vorwurf von der Verendlichung der Unendlichkeit, von einem endlichen Unendlichen. Denn in jenem Ausdruck erscheint das Endliche als belassen; es wird nicht ausdrücklich als aufgehoben ausgedrückt. — Oder indem darauf reflektiert würde, daß es, als eins mit dem Unendlichen gesetzt, allerdings nicht bleiben könnte, was es außer dieser Einheit war, und wenigstens an seiner Bestimmung etwas litte (wie das Kali mit der Säure verbunden von seinen Eigenschaften verliert), so widerführe eben dies dem Unendlichen, das als das Negative seinerseits gleichfalls an dem Andern abgestumpft würde. In der Tat geschieht solches auch dem abstrakten, einseitigen Unendlichen des Verstandes. Aber das wahrhafte Unendliche verhält sich nicht bloß wie die einseitige Säure; sondern es erhält sich; die Negation der Negation ist nicht eine Neutralisation; das Unendliche ist das Affirmative, und nur das Endliche das Aufgehobene.

Im Fürsichsein ist die Bestimmung der Idealität eingetreten. Das Dasein zunächst nur nach seinem Sein oder seiner Affirmation aufgefaßt, hat Realität (§ 91), somit ist auch die Endlichkeit zunächst in der Bestimmung der Realität. Aber die Wahrheit des Endlichen ist vielmehr seine Idealität. Ebensosehr ist auch das Verstandes-Unendliche, welches neben das Endliche gestellt, selbst nur eins der beiden Endlichen ist, ein unwahres, ein ideelles. Diese Idealität des Endlichen ist der Hauptsatz der Philosophie, und jede wahrhafte Philosophie ist deswegen Idealismus. Es kommt allein darauf an, nicht das für das Unendliche zu nehmen, was in seiner Bestimmung selbst sogleich zu einem Besondern und Endlichen gemacht wird. — Auf diesen Unterschied ist deswegen hier weitläufiger aufmerksam gemacht worden; der Grundbegriff der Philosophie, das wahrhafte Unendliche, hängt davon ab. Dieser Unterschied erledigt sich durch die ganz einfachen, darum vielleicht unscheinbaren, aber unwiderleglichen Reflexionen, die im § enthalten sind. (§ 95)
Aus: G. W. F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830), PhB 33, Felix Meiner Verlag Hamburg
Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte
Gott in der Weltgeschichte
Wenn der Name Gottes nicht etwas Leeres sein soll, so müssen wir Gott anerkennen als gütig oder sich mitteilend. In den älteren Vorstellungen der Griechen ist Gott als neidisch gedacht und vom Neide der Götter die Rede gewesen, daß das Göttliche dem Großen feind, die Schickung der Götter sei, das Große herabzusetzen. Aristoteles sagt, daß die Dichter viel lügen; Gott könne Neid nicht zugeschrieben werden. Wenn wir nun behaupteten, Gott teile sich nicht mit, so würde das darauf hinauslaufen, Gott Neid nachzusagen; durch die Mitteilung kann Gott nicht verlieren, so wenig wie ein Licht dadurch verliert, wenn an ihm ein anderes angezündet wird.

Nun sagt man, Gott teile sich ja auch mit, aber nur in der Natur einerseits und im Herzen, im Gefühle der Menschen andererseits. Dabei vornehmlich ist es, daß in unserer Zeit behauptet wird, müsse man stehen bleiben; Gott sei für uns in dem unmittelbaren Bewußtsein, in der Anschauung. Anschauung und Gefühl ist darin eins, daß es unreflektiertes Bewußtsein ist. Dagegen muß hervorgehoben werden, daß der Mensch denkend ist, sich durch das Denken vom Tier unterscheidet. Er verhält sich denkend, auch wenn er sich dessen nicht bewußt ist. Wenn Gott sich dem Menschen offenbart, so offenbart er sich ihm wesentlich als dem denkenden; würde er sich ihm wesentlich im Gefühl offenbaren, so würde er ihn dem Tiere gleich achten, dem die Fähigkeit der Reflexion nicht gegeben ist, — den Tieren aber schreiben wir keine Religion zu. In der Tat hat der Mensch Religion nur, weil er nicht ein Tier, sondern denkend ist. Es ist das Trivialste, daß der Mensch sich durch das Denken vom Tier unterscheidet, und doch ist es vergessen.

Gott ist das an und für sich ewige Wesen; und das an und für sich Allgemeine ist Gegenstand des Denkens, nicht des Gefühls. Wohl muß alles Geistige, jeder Inhalt des Bewußtseins, das, was Produkt und Gegenstand des Denkens ist, vor allem Religion und Sittlichkeit, auch in der Weise des Gefühls in dem Menschen sein und ist es zunächst. Aber das Gefühl ist nicht die Quelle, aus der dem Menschen dieser Inhalt zuströmt, sondern nur die Art und Weise, wie er sich in ihm findet, und ist die schlechteste Form, eine Form, die er mit dem Tiere gemein hat.

Was substanziell ist, muß auch in Form des Gefühls sein, aber es ist auch in anderer höherer, würdigerer Form. Wenn man aber das Sittliche, Wahre, den geistigsten Inhalt, notwendig ins Gefühl versetzen und ihn allgemein darin zurückhalten wollte, so würde man ihn wesentlich der tierischen Form zuschreiben; diese ist aber des geistigen Inhalts gar nicht fähig. Das Gefühl ist die niedrigste Form, in der irgend ein Inhalt sein kann; so gering als möglich ist er darin vorhanden. Er ist, solange er bloß im Gefühle bleibt, noch eingehüllt und ganz unbestimmt. Etwas, das man im Gefühle hat, ist noch ganz subjektiv und in subjektiver Weise vorhanden. Sagt man: ich fühle so, dann hat man sich in sich abgeschlossen. Jeder andere hat dasselbe Recht zu sagen: ich aber fühle es nicht so; und man hat sich aus dem gemeinsamen Boden zurückgezogen.

In ganz partikulären Sachen ist das Gefühl ganz im Rechte. Aber für irgend einen Inhalt versichern zu wollen, alle Menschen hätten das in ihrem Gefühl, widerspricht dem Standpunkte des Gefühls, auf den man sich doch gestellt hat, dem Standpunkte der besondern Subjektivität eines jeden. So wie ein Inhalt ins Gefühl kommt, ist jedermann auf seinen subjektiven Standpunkt reduziert. Wollte jemand einen, der nur nach seinem Gefühl handelt, mit diesem oder jenem Beinamen belegen, so hätte dieser das Recht, das zurückzugeben; und beide wären von ihrem Standpunkte aus berechtigt, sich zu injuriieren. Sagt jemand, er habe Religion im Gefühl, und ein anderer, er finde im Gefühl keinen Gott, so hat jeder Recht. Wenn man auf diese Weise den göttlichen Inhalt, — die Offenbarung Gottes, das Verhältnis des Menschen zu Gott, das Sein Gottes für den Menschen —, auf das bloße Gefühl reduziert, so beschränkt man es auf den Standpunkt der besondern Subjektivität, der Willkür, des Beliebens. In der Tat hat man sich damit die an und für sich seiende Wahrheit vom Halse geschafft. Wenn nur die unbestimmte Weise des Gefühls da ist und kein Wissen von Gott und von seinem Inhalt, so ist nichts übrig als mein Belieben; das Endliche ist das Geltende und Herrschende. Ich weiß nichts von Gott; also kann es auch mit nichts ernst sein, was in der Beziehung beschränkend sein soll.

Das Wahre ist ein in sich Allgemeines, Wesenhaftes, Substanzielles; und solches ist allein im und für den Gedanken. Das Geistige aber, das, was wir Gott nennen, ist eben die wahrhaft substanzielle und in sich wesentlich individuelle subjektive Wahrheit. Es ist das Denkende, und das Denkende ist in sich schaffend; als solches finden wir es in der Weltgeschichte. Alles andere, was wir noch Wahres nennen, ist nur eine besondere Form dieser ewigen Wahrheit, hat seinen Halt nur in ihr, ist nur ein Strahl derselben. Weiß man von dieser nichts, so weiß man von nichts Wahrem, von nichts Rechtem, nichts Sittlichem. —

Was ist nun der Plan der Vorsehung in der Weltgeschichte? Ist die Zeit gekommen, ihn einzusehen?
Nur dies Allgemeine [will ich hier] bemerken.

In der christlichen Religion hat Gott sich geoffenbart, d. h. er hat den Menschen zu erkennen gegeben, was er ist, so daß er nicht mehr ein Verschlossenes, Geheimes sei. Es ist mit dieser Möglichkeit, Gott zu erkennen, uns die Pflicht dazu auferlegt, und die Entwickelung des denkenden Geistes, welche aus dieser Grundlage, [aus] der Offenbarung des göttlichen Wesens, ausgegangen ist, muß dazu endlich gedeihen, das, was dem fühlenden und vorstehenden Geiste zunächst vorgelegt worden, auch mit dem Gedanken zu erfassen. Ob es an der Zeit ist zu erkennen, muß davon abhängen, ob das, was Endzweck der Welt ist, endlich auf allgemeingültige, bewußte Weise in die Wirklichkeit getreten ist.

Nun ist das Ausgezeichnete der christlichen Religion, daß mit ihr diese Zeit gekommen ist; dies macht die absolute Epoche in der Weltgeschichte aus. Es ist offenbar geworden, was die Natur Gottes sei. Sagt man: wir wissen von Gott nichts, so ist die christliche Religion etwas Überflüssiges, zu spät Gekommenes, Verkommenes. In der christlichen Religion weiß man, was Gott ist. Allerdings ist der Inhalt auch für unser Gefühl; aber weil es geistiges Gefühl ist, so ist er auch wenigstens für die Vorstellung, nicht bloß für die sinnliche, sondern auch für die denkende, für das eigentliche Organ, in dem Gott für den Menschen ist. Die christliche Religion ist diejenige, die den Menschen die Natur und das Wesen Gottes manifestiert hat. So wissen wir als Christen, was Gott ist; jetzt ist Gott nicht mehr ein Unbekanntes: behaupten wir dies noch, so sind wir nicht Christen. Die christliche Religion verlangt die Demut, von der wir schon gesprochen haben, nicht aus sich, sondern aus dem göttlichen Wissen und Erkennen Gott zu erkennen. Die Christen sind also in die Mysterien Gottes eingeweiht, und so ist uns auch der Schlüssel zur Weltgeschichte gegeben. Hier gibt es eine bestimmte Erkenntnis der Vorsehung und ihres Plans. Im Christentum ist es Hauptlehre, daß die Vorsehung die Welt beherrscht hat und beherrscht, daß, was in der Welt geschieht, in der göttlichen Regierung bestimmt, dieser gemäß ist. Diese Lehre richtet sich gegen die Vorstellung des Zufalls wie der beschränkten Zwecke, z. B. der Erhaltung des jüdischen Volkes. Es ist der an und für sich seiende, ganz allgemeine Endzweck. In der Religion wird über diese allgemeine Vorstellung nicht hinausgegangen; sie bleibt bei der Allgemeinheit stehen. Aber dieser allgemeine Glaube ist es, aus dem man zunächst zur Philosophie und auch zur Philosophie der Weltgeschichte treten muß, der Glaube, daß die Weltgeschichte ein Produkt der ewigen Vernunft ist und Vernunft ihre großen Revolutionen bestimmt hat.

Es ist deshalb zu sagen, daß auch absolut die Zeit gekommen sei, wo diese Überzeugung, Gewißheit, nicht nur in der Weise der Vorstellung bleiben kann, sondern wo sie auch gedacht, entwickelt, erkannt wird, — ein bestimmtes Wissen. Der Glaube läßt sich nicht ein auf Entwickelung des Inhalts, Einsicht in die Notwendigkeit, — das gibt erst die Erkenntnis. Darin, daß der Geist nicht still steht, liegt es, daß solche Zeit kommen muß; die höchste Spitze des Geistes, der Gedanke, Begriff verlangt sein Recht, seine allgemeinste, wesentliche Wesenheit ist die eigentliche Natur des Geistes.

Die Unterscheidung von Glauben und Wissen ist ein geläufiger Gegensatz geworden. Es gilt als ausgemacht, daß sie verschieden seien, und daß man deshalb von Gott nichts wisse. Man kann die Menschen damit verscheuchen, wenn man ihnen sagt, man wolle Gott erkennen, wissen, und diese Erkenntnis darstellen. In seiner wesentlichen Bestimmung ist aber dieser Unterschied tatsächlich etwas Leeres. Denn was ich glaube, das weiß ich auch, dessen bin ich gewiß. In der Religion glaubt man an Gott und an die Lehren, die seine Natur näher explizieren; aber man weiß es auch, ist dessen gewiß. Wissen heißt, etwas als Gegenstand vor seinem Bewußtsein haben und dessen gewiß sein; und genau dasselbe ist Glauben auch. Das Erkennen dagegen sieht sowohl die Gründe, die Notwendigkeit des gewußten Inhaltes, auch des Glaubensinhaltes ein, abgesehen von der Autorität der Kirche und des Gefühls, die ein Unmittelbares ist, und entwickelt andererseits auch den Inhalt in seinen nähern Bestimmungen. Diese nähern Bestimmungen müssen zunächst gedacht werden, damit man sie richtig erkennen, sie in ihrer konkreten Einheit innerhalb des Begriffs erhalten könne.

Wenn dann von Vermessenheit des Erkennens gesprochen wird, so ließe sich die Wendung nehmen, daß vom Erkennen keinerlei Aufhebens zu machen sei, indem es ja nur der Notwendigkeit zusehe und die Entwickelung des Inhalts in sich selbst vor ihm sich entfalte. Auch könnte man sagen, dieses Erkennen sei darum nicht für Vermessenheit auszugeben, weil es sich von dein, was wir Glauben nennen, nur durch das Wissen des Besondern unterscheide. Aber diese Wendung wäre doch schief und falsch in sich selbst. Denn die Natur des Geistigen ist nicht, ein Abstraktum zu sein, sondern ein Lebendiges, ein allgemeines Individuum, subjektiv, sich in sich selbst bestimmend, beschließend zu sein. Deshalb wird die Natur Gottes nur dann wahrhaft gewußt, wenn man ihre Bestimmungen kennt. So spricht auch das Christentum von Gott, es erkennt ihn als Geist, und das ist nicht das Abstrakte, sondern der Prozeß in sich selbst, der absolute Unterschiede setzt, mit denen die christliche Religion eben die Menschen bekannt gemacht hat.

Gott will nicht engherzige Gemüter und leere Köpfe zu seinen Kindern, sondern er verlangt, daß man ihn erkenne, er will Kinder haben, deren Geist an sich arm, aber reich an Erkenntnis seiner ist, und die in die Erkenntnis Gottes allen Wert setzen. Die Geschichte ist die Entfaltung der Natur Gottes in einem besondern bestimmten Element, so kann hier keine andere als eine bestimmte Erkenntnis genügen und stattfinden.

Es muß endlich an der Zeit sein, auch diese reiche Produktion der schöpferischen Vernunft zu begreifen, welche die Weltgeschichte ist. — Unsere Erkenntnis geht darauf, die Einsicht zu gewinnen, daß das von der ewigen Weisheit Bezweckte, wie auf dem Boden der Natur, so auf dem Boden des in der Welt wirklichen und tätigen [Geistes] herausgekommen ist. Unsere Betrachtung ist insofern eine Theodizee, eine Rechtfertigung Gottes, welche Leibniz metaphysisch auf seine Weise in noch abstrakten, unbestimmten Kategorien versucht hat: das Übel in der Welt überhaupt, das Böse mit inbegriffen, sollte begriffen, der denkende Geist mit dem Negativen versöhnt werden; und es ist in der Weltgeschichte, daß die ganze Masse des konkreten Übels uns vor die Augen gelegt wird. (In der Tat liegt nirgend eine größere Aufforderung zu solcher versöhnenden Erkenntnis als in der Weltgeschichte, und es ist hierbei, daß wir einen Augenblick verweilen wollen.)

Diese Aussöhnung kann nur durch die Erkenntnis des Affirmativen erreicht werden, in welchem jenes Negative zu einem Untergeordneten und Überwundenen verschwindet, durch das Bewußtsein, teils was in Wahrheit der Endzweck der Welt sei, teils daß derselbe in ihr verwirklicht worden sei und nicht das Böse neben ihm ebensosehr und gleich mit ihm sich geltend gemacht habe.


Die Rechtfertigung geht darauf hinaus, das Übel gegenüber der absoluten Macht der Vernunft begreiflich zu machen, Es handelt sich um die Kategorie des Negativen, von der vorher die Rede war, und die uns sehen läßt, wie in der Weltgeschichte das Edelste und Schönste auf ihrem Altar geopfert wird. Dabei, daß einzelne Individuen gekränkt worden sind, kann die Vernunft nicht stehen bleiben; besondere Zwecke verlieren sich in dem Allgemeinen. Sie sieht in dem Entstehen und Vergehen das Werk, das aus der allgemeinen Arbeit des Menschengeschlechtes hervorgegangen ist, ein Werk, das wirklich in der Welt ist, der wir angehören. Das Erscheinende hat sich ohne unser Zutun zu einem Wirklichen gestaltet; es ist nur das Bewußtsein, und zwar das denkende Bewußtsein nötig, es aufzufassen. Denn jenes Affirmative ist eben nicht bloß im Genusse des Gefühls, der Phantasie, sondern es ist etwas, das der Wirklichkeit angehört und uns angehört oder dem wir angehören.

Die Vernunft, von der gesagt worden, daß sie die Welt regiere, ist ein ebenso unbestimmtes Wort als die Vorsehung, — man spricht immer von der Vernunft, ohne eben angeben zu können, was denn ihre Bestimmung, ihr Inhalt ist, was das Kriterium sei, wonach wir beurteilen können, ob etwas vernünftig ist oder unvernünftig. Die Vernunft in ihrer Bestimmung gefaßt, dies ist erst die Sache; das andere, wenn man eben so bei der Vernunft überhaupt stehen bleibt, das sind nur Worte. [...]
S.43-49
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, Hamburg
Verhältnis Mensch (Individuum), Volksgeist und Weltgeist (Gott) in der Weltgeschichte
Den Kaiser [Napoleon] – diese Weltseele – sah ich durch die Stadt zum Rekognizieren [Erkunden] hinausreiten; - es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert, auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift und sie beherrscht. (Aus dem Brief an Niethammer vom 13.10.1806Wie in der Natur des Polypen ebenso die Totalität des Lebens ist als in der Natur der Nachtigall und des Löwen, so hat der Weltgeist in jeder Gestalt sein dumpferes oder entwickelteres, aber absolutes Selbstgefühl und in jedem Volke, unter jedem Ganzen von Sitten und Gesetzen sein Wesen und seiner selbst genossen. S.522
Aus. G.W.F. Hegel: Jenaer Schriften 1801-1807, Werke 2, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 602
Der Mensch ist, was er sein soll, nur durch Bildung, durch Zucht; was er unmittelbar ist, ist nur die Möglichkeit, es zu sein, d. h. vernünftig, frei zu sein, nur die Bestimmung, das Sollen. Das Tier ist bald fertig mit seiner Bildung; aber das darf man nicht als eine Wohltat der Natur für das Tier betrachten. Sein Wachstum ist nur ein quantitatives Erstarken. Der Mensch dagegen muß sich selbst zu dem machen, was er sein soll; er muß sich alles erst selbst erwerben, eben weil er Geist ist; er muß das Natürliche abschütteln. Der Geist ist also sein eigenes Resultat.

Das erhabenste Beispiel gibt die Natur Gottes selbst; eigentlich ist sie nicht ein Beispiel (Bei-her-spiel), sondern das Allgemeine, das Wahre selbst, von dem alles Andere ein Beispiel ist. Die ältern Religionen haben Gott zwar auch Geist genannt; allein das war noch bloß ein Name und noch nicht so gefaßt, daß die Natur des Geistes expliziert worden wäre. In der jüdischen Religion ist der Geist auch nur erst allgemein vorgestellt. Im Christentum aber ist Gott als Geist offenbart, und zwar ist er zuerst Vater, Macht, abstrakt Allgemeines, das noch eingehüllt ist, zweitens ist er sich als Gegenstand, ein Anderes seiner selbst, ein sich Entzweiendes, der Sohn. Dieses Andere seiner selbst ist aber ebenso unmittelbar er selbst; er weiß sich darin und schaut sich darin an, — und eben dieses Sichwissen und Sichanschauen ist drittens der Geist selber. Das heißt, das Ganze ist der Geist, weder das Eine noch das Andere für sich allein. Gott in der Weise der Empfindung ausgesprochen ist die ewige Liebe, dies, das Andere als sein Eigenes zu haben. Diese Dreifaltigkeit ist es, wodurch die christliche Religion höher steht als die andern Religionen. Wäre sie ohne diese, so könnte es sein, daß der Gedanke in andern Religionen mehr fände. Sie ist das Spekulative darin, und dies ist es, wodurch die Philosophie auch in ihr die Idee der Vernunft findet. —

Das nächste ist, daß wir den Geist, den wir als Bewußtsein seiner wesentlich fassen, näher in seiner Gestaltung nicht als einzelnes menschliches Individuum betrachten. Der Geist ist wesentlich Individuum; aber in dem Elemente der Weltgeschichte haben wir es nicht mit Einzelnem oder mit der Beschränkung und dem Zurückgehen auf die partikulare Individualität zu tun. Der Geist in der Geschichte ist ein Individuum, das allgemeiner Natur, dabei aber ein bestimmtes ist, d. h. ein Volk überhaupt; und der Geist, mit dem wir es zu tun haben, ist der Volksgeist.

Die Volksgeister aber unterscheiden sich wieder nach der Vorstellung, die sie sich von sich selber machen, nach der Oberflächlichkeit oder Tiefe, in der sie das, was der Geist ist, gefaßt, ergründet haben. Das Recht des Sittlichen bei den Völkern ist das Bewußtsein des Geistes von sich; sie sind der Begriff, den der Geist von sich hat. Also die Vorstellung des Geistes ist es, die sich in der Geschichte realisiert. Was der Geist von sich weiß, davon hängt das Bewußtsein des Volkes ab; und das letzte Bewußtsein, worauf alles ankommt, ist dies, daß der Mensch frei sei.

Das Bewußtsein des Geistes muß sich in der Welt gestalten; das Material dieser Realisierung, ihr Boden ist nichts anderes als das allgemeine Bewußtsein, das Bewußtsein eines Volkes. Dieses Bewußtsein enthält und nach ihm richten sich alle Zwecke und Interessen des Volks; dieses Bewußtsein macht des Volkes Rechte, Sitten, Religion aus. Es ist das Substanzielle des Geistes eines Volks, auch wenn die Individuen es nicht wissen, sondern es als eine Voraussetzung ausgemacht dasteht.

Es ist wie eine Notwendigkeit; das Individuum wird in dieser Atmosphäre erzogen, weiß von nichts anderm. Doch aber ist es nicht bloß Erziehung und Folge von Erziehung; sondern dies Bewußtsein wird aus dem Individuum selbst entwickelt, nicht ihm angelehrt: das Individuum ist in dieser Substanz. Diese allgemeine Substanz ist nicht das Weltliche; das Weltliche strebt ohnmächtig dagegen.

Kein Individuum kann über diese Substanz hinaus; es kann sich wohl von andern einzelnen Individuen unterscheiden, aber nicht von dem Volksgeist. Es kann geistreicher sein als viele andere, nicht aber kann es den Volksgeist übertreffen. Die Geistreichen sind nur die, die von dem Geiste des Volkes wissen und sich danach zu richten wissen. Diese sind die Großen eines Volks, sie lenken das Volk dem allgemeinen Geiste gemäß. Die Individualitäten also verschwinden für uns und gelten uns nur als diejenigen, die das in Wirklichkeit setzen, was der Volksgeist will. In der philosophischen Betrachtung der Geschichte muß man absehen von solchen Ausdrücken wie: ein Staat wäre nicht zugrunde gegangen, wenn ein Mann dagewesen wäre, der usw. Die Individuen verschwinden vor dem allgemeinen Substanziellen, und dieses bildet sich seine Individuen selbst, die es zu seinem Zwecke nötig hat. Aber die Individuen hindern nicht, daß geschieht, was geschehen muß.

Der Volksgeist ist zugleich wesentlich ein besonderer, zugleich nichts als der absolute allgemeine Geist, — denn der ist Einer.

Der Weltgeist ist der Geist der Welt, wie er sich im menschlichen Bewußtsein expliziert; die Menschen verhalten sich zu diesem als Einzelne zu dem Ganzen, das ihre Substanz ist. Und dieser Weltgeist ist gemäß dem göttlichen Geiste, welcher der absolute Geist ist. Insofern Gott allgegenwärtig ist, ist er bei jedem Menschen, erscheint im Bewußtsein eines jeden; und dies ist der Weltgeist.

Der besondere Geist eines besondern Volkes kann untergehen; aber er ist ein Glied in der Kette des Ganges des Weltgeistes, und dieser allgemeine Geist kann nicht untergehen. Der Volksgeist ist so der allgemeine Geist in einer besondern Gestaltung, über die er an sich erhaben ist, die er aber hat, insofern er existiert: mit dem Dasein, mit der Existenz tritt die Besonderheit ein.

Die Besonderheit des Volksgeistes besteht in der Art und Weise seines Bewußtseins, das er sich über den Geist macht. Im gewöhnlichen Leben sprechen wir so: dies Volk hat diese Vorstellung von Gott gehabt, diese Religion, dies Recht; über Sittlichkeit hat es sich solche Vorstellungen gemacht. Wir sehen das alles etwa wie äußerliche Gegenstände an, die ein Volk gehabt habe. Aber bei oberflächlicher Betrachtung schon merken wir, daß diese Dinge geistiger Art sind und keine andere Art ihrer Wirklichkeit haben können als der Geist ist, das Bewußtsein des Geistes vom Geist.

Dieses aber ist, wie gesagt, zugleich Selbstbewußtsein. Hier können wir in das Mißverständnis geraten, daß ich von mir beim Selbstbewußtsein die Vorstellung als von dem zeitlichen Individuum habe. Das ist eine Schwierigkeit der philosophischen Seite, daß die meisten dabei denken, sie enthalte nichts als die besondere empirische Existenz des Individuums.

Der Geist aber im Bewußtsein des Geistes ist frei; darin hat er die zeitliche, beschränkte Existenz aufgehoben und verhält sich zum reinen Wesen, das sein Wesen zugleich ist. Wenn das göttliche Wesen nicht das Wesen von Mensch und Natur wäre, so wäre es eben ein Wesen, das nichts wäre. Selbstbewußtsein ist also ein philosophischer Begriff, der nur in philosophischer Darstellung seine volle Bestimmtheit erlangen kann. Indem wir dies so festgesetzt sein lassen, ist das Weitere, daß das bestimmte Volksbewußtsein das Bewußtsein über sein Wesen ist.

Der Geist ist sich zunächst der Gegenstand; solange er es wohl für uns ist, aber sich selbst noch nicht darin erkennt, ist er noch nicht nach seiner wahrhaften Weise sein Gegenstand. Das Ziel aber ist, daß gewußt werde, daß er nur auf das dringt, selbst zu wissen, wie er an und für sich selbst ist, daß er sich in seiner Wahrheit für sich selbst zur Erscheinung bringt, — daß er eine geistige Welt hervorbringe, die dem Begriffe seiner selbst gemäß ist, seine Wahrheit vollbringe, verwirkliche, daß Religion, Staat so von ihm produziert werden, daß er seinem Begriffe gemäß, daß er sein in der Wahrheit oder die Idee seiner selbst sei,Idee ist die Realität, die nur der Spiegel, der Ausdruck des Begriffes ist, — so ist das allgemeine Ziel des Geistes und der Geschichte gefaßt; und wie der Keim die ganze Natur des Baumes, den Geschmack, die Form der Früchte in sich trägt, so enthalten auch schon die ersten Spuren des Geistes virtualiter die ganze Geschichte. S.58ff. [...]

Die Volksgeister sind die Glieder in dem Prozesse, daß der Geist zur freien Erkenntnis seiner selbst komme. Die Völker aber sind Existenzen für sich, — wir haben es hier nicht mit dem Geiste an sich zu tun —, als solche haben sie ein natürliches Dasein. Sie sind Nationen, und insofern ist ihr Prinzip ein natürliches; und weil die Prinzipien unterschieden sind, so sind auch die Völker natürlich unterschieden. Jedes hat sein eigenes Prinzip, dem es als seinem Zwecke nachstrebt; hat es diesen Zweck erreicht, dann hat es nichts mehr in der Welt zu tun.

Der Geist eines Volkes ist also zu betrachten als die Entwickelung des Prinzips, das in die Form eines dunkeln Triebes eingehüllt ist, der sich herausarbeitet, sich objektiv zu machen strebt. Ein solcher Volksgeist ist ein bestimmter Geist, ein konkretes Ganzes; er muß in seiner Bestimmtheit erkannt werden. Weil er Geist ist, läßt er sich nur geistig, durch den Gedanken fassen, und wir sind es, die den Gedanken erfassen; ein Weiteres ist dann, daß auch der Volksgeist selbst sich denkend erfaßt. Wir haben also den bestimmten Begriff, das Prinzip dieses Geistes zu betrachten. Dies Prinzip ist in sich sehr reich und entfaltet sich mannigfach; denn der Geist ist lebendig und wirkend, und es ist ihm um das Produkt seiner selbst zu tun. Er allein ist es, der in allen Taten und Richtungen des Volkes sich hervortreibt, der sich zu seiner Verwirklichung, zum Selbstgenusse und Selbsterfassen bringt. Seine Entfaltung sind Religion, Wissenschaft, Künste, Schicksale, Begebenheiten. Dieses, nicht die Naturbestimmtheit des Volkes (wie die Ableitung des Wortes natio von nasci nahelegen könnte) geben dem Volke seinen Charakter.

In seinem Wirken weiß der Volksgeist zunächst nur von den Zwecken seiner bestimmten Wirklichkeit, noch nicht von sich selber. Er selbst hat aber den Trieb, seine Gedanken zu fassen. Seine höchste Tätigkeit ist Denken, und so ist er in seiner höchsten Wirkung tätig, sich selbst zu fassen. Es ist das Höchste für den Geist, sich zu wissen, sich nicht nur zur Anschauung, sondern auch zum Gedanken seiner selbst zu bringen. Dies muß und wird er auch vollbringen; aber diese Vollbringung ist zugleich sein Untergang und dieser das Hervortreten einer andern Stufe, eines andern Geistes. Der einzelne Volksgeist vollbringt sich, indem er den Übergang zu dem Prinzip eines andern Volkes macht, und so ergibt sich ein Fortgehen, Entstehen, Ablösen der Prinzipien der Völker. Worin der Zusammenhang dieser Bewegung bestehe, das aufzuzeigen, ist die Aufgabe der philosophischen Weltgeschichte. S.64f. [...]

Was ihre Taten sind, das sind die Völker. Die Taten sind ihr Zweck. Der Geist handelt wesentlich, er macht sich zu dem, was er an sich ist, zu seiner Tat, zu seinem Werk; so wird er sich Gegenstand, so hat er sich als ein Dasein vor sich. So der Geist eines Volkes; sein Tun ist, sich zu einer vorhandenen Welt zu machen, die auch im Raume besteht; seine Religion, Kultus, Sitten, Gebräuche, Kunst, Verfassung, politische Gesetze, der ganze Umfang seiner Einrichtungen, seine Begebenheiten und Taten, das ist sein Werk, — das ist dies Volk.

Diese Empfindung hat jedes Volk. Das Individuum findet das Sein des Volkes dann als eine bereits fertige, feste Welt vor sich, der es sich einzuverleiben hat. Es hat sich dieses substanzielle Sein anzueignen, daß dieses seine Sinnesart und Geschicklichkeit werde, auf daß es selbst etwas sei. Das Werk ist vorhanden, und die Individuen haben sich ihm anzubilden, ihm gemäß zu machen. Wenn wir die Periode dieses Hervorbringens betrachten, so finden wir, daß hier das Volk für den Zweck seines Geistes handelt, und nennen es sittlich, tugendhaft, kräftig, weil es das, was der innere Wille seines Geistes ist, hervorbringt und sein Werk in der Arbeit seiner Objektivierung auch gegen äußere Gewalt verteidigt. Hier findet die Absonderung der Individuen von dem Ganzen noch nicht statt; sie tritt erst später in der Periode der Reflexion hervor. Hat das Volk sich so zu seinem Werke gemacht, so ist der Zwiespalt zwischen dem Ansich, was es in seinem Wesen ist, und der Wirklichkeit aufgehoben, und es hat sich befriedigt: was es an sich ist, hat es als seine Welt hingestellt. In diesem seinem Werke, seiner Welt genießt sich nun der Geist.

Das Nächste ist nun, was eintritt, wenn der Geist hat, was er will. Seine Tätigkeit ist nicht mehr erregt, seine substanzielle Seele nicht mehr in Tätigkeit. Sein Tun steht nur mehr in entfernterem Zusammenhange mit seinen höchsten Interessen. Ich habe Interesse für etwas nur, insofern es mir noch verborgen oder für meinen Zweck notwendig, dieser aber noch nicht erfüllt ist. Indem also das Volk sich ausgestaltet, seinen Zweck erreicht hat. schwindet sein tieferes Interesse. Der Volksgeist ist ein natürliches Individuum; als ein solches blüht er auf, ist stark, nimmt ab und stirbt. Es liegt in der Natur der Endlichkeit, daß der beschränkte Geist vergänglich ist. Er ist lebendig und insofern wesentlich Tätigkeit; mit dem Hervorbringen seiner selbst, der Produktion, der Verwirklichung seiner selbst ist er beschäftigt.

Ein Gegensatz ist vorhanden, sofern die Wirklichkeit seinem Begriffe noch nicht gemäß oder sofern der innere Begriff seiner noch nicht zum Selbstbewußtsein gebracht worden ist. Sobald aber der Geist sich seine Objektivität in seinem Leben gegeben hat, sobald er den Begriff seiner ganz herausgearbeitet und ihn ganz zur Ausführung gebracht hat, so ist er, wie gesagt, zum Genusse seiner selbst gekommen, der nicht mehr Tätigkeit, der ein widerstandsloses Ergehen seiner durch sich selbst ist. In die Periode, wo der Geist noch tätig ist, fällt die schönste Zeit, die Jugend eines Volkes; da haben die Individuen den Drang, ihr Vaterland zu erhalten, den Zweck ihres Volkes geltend zu machen. Ist das vollbracht, tritt die Gewohnheit des Lebens ein; und wie der Mensch an der Gewohnheit des Lebens erstirbt, so auch der Volksgeist an dem Genusse seiner selbst.

Wenn der Geist des Volkes seine Tätigkeit durchgesetzt hat, dann hört die Regsamkeit und das Interesse auf; das Volk lebt in dem Übergange vom Mannesalter ins Greisenalter, im Genusse des Erreichten. Vorher war ein Bedürfnis, eine Not, hervorgetreten; sie ist durch irgend eine Einrichtung befriedigt worden und nicht mehr vorhanden. Dann ist auch die Einrichtung aufzuheben, und es tritt bedürfnislose Gegenwart ein. Vielleicht hat sich das Volk auch, manche Seite seines Zweckes aufgehend, mit einem geringem Umfange begnügt. Wenn seine Einbildung auch darüber hinausging, so hat es dieselbe als Zweck aufgegeben, wenn die Wirklichkeit sich nicht dazu darbot, und hat den Zweck nach dieser beschränkt. Es lebt nun in der Befriedigung des erreichten Zwecks, verfällt in die Gewohnheit, in der keine Lebendigkeit mehr ist, und geht so seinem natürlichen Tode entgegen. Es kann noch viel tun in Krieg und Frieden, im Innern und Äußern; es kann noch lange fortvegetieren. Es regt sich; aber diese Regsamkeit ist bloß die der besondern Interessen der Individuen, nicht mehr das Interesse des Volkes selbst. Das größte, höchste Interesse hat sich aus dem Leben verloren; denn Interesse ist nur vorhanden, wo Gegensatz ist.

Der natürliche Tod des Volksgeistes kann sich als politische Nullität zeigen. Er ist das, was wir die Gewohnheit nennen. Die Uhr ist aufgezogen und geht von selber fort. Die Gewohnheit ist ein gegensatzloses Tun, dem nur - die formelle Dauer übrig sein kann, und in dem die Fülle und Tiefe des Zwecks nicht mehr zur Sprache zu kommen braucht ,— eine gleichsam äußerliche, sinnliche Existenz, die sich nicht mehr in die Sache vertieft. So sterben Individuen, so sterben Völker eines natürlichen Todes; wenn letztere auch fortdauern, so ist es eine interesselose, unlebendige Existenz, die ohne das Bedürfnis ihrer Institutionen ist, eben weil das Bedürfnis befriedigt ist, — eine politische Nullität und Langeweile.

Das Negative erscheint dann nicht als Zwiespalt, Kampf; so z. B. bei den alten Reichsstädten, die in sich unschuldig aufgehört haben, ohne daß sie gewußt haben, wie ihnen geschah. Bei solchem Tode kann sich ein Volk recht gut befinden, obwohl es aus dem Leben der Idee herausgetreten ist. Es dient dann als Material eines höhern Prinzips, wird Provinz eines andern Volkes, in dem ein höheres Prinzip gilt. Das Prinzip aber, zu dem ein Volk gelangt ist, ist ein Wirkliches; auch wenn es in der Gewohnheit seinen Tod findet, so kann es doch als ein Geistiges nicht aussterben, sondern es drängt sich zu einem Höhern durch. Die Vergänglichkeit ist es, die uns erschüttern kann, die wir aber tiefer als notwendig erkennen in der höhern Idee des Geistes. Da ist der Geist so gesetzt, daß er dadurch seinen absoluten Endzweck vollbringt; und so müssen wir mit seiner Vergänglichkeit versöhnt werden.

Der besondere Volksgeist ist der Vergänglichkeit unterworfen, geht unter, verliert die Bedeutung für die Weltgeschichte, hört auf, der Träger des höchsten Begriffs zu sein, den der Geist von sich gefaßt hat. Denn jedesmal das Volk ist an der Zeit und das regierende, das den höchsten Begriff des Geistes gefaßt hat. Es kann sein, daß Völker von nicht so hohen Begriffen bleiben; aber sie sind in der Weltgeschichte auf die Seite gesetzt. S. 66ff. [...]

Der Geist ist frei; und sich dies sein Wesen wirklich zu machen, diesen Vorzug zu erreichen, ist das Bestreben des Weltgeistes in der Weltgeschichte. Sich zu wissen und zu erkennen ist seine Tat, die aber nicht mit einem Male, sondern im Stufengange vollbracht wird. Jeder einzelne neue Volksgeist ist eine neue Stufe in der Eroberung des Weltgeistes, zur Gewinnung seines Bewußtseins, seiner Freiheit. Der Tod eines Volksgeistes ist Übergang ins Leben, und zwar nicht so wie in der Natur, wo der Tod des einen ein anderes Gleiches ins Dasein ruft. Sondern der Weltgeist schreitet aus niedern Bestimmungen zu höheren Prinzipien, Begriffen seiner selbst, zu entwickelteren Darstellungen seiner Idee vor. S.73 [...]
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, Hamburg

Die heroischen Seelenführer

Ein anderes ist es in den großen geschichtlichen Verhältnissen. Hier ist es gerade, wo die großen Kollisionen zwischen den bestehenden, anerkannten Pflichten, Gesetzen und Rechten und den Möglichkeiten entstehen, welche diesem System entgegengesetzt sind, es verletzen, ja seine Grundlage und Wirklichkeit zerstören und zugleich einen Inhalt haben, der auch gut, im großen vorteilhaft, wesentlich und notwendig scheinen kann. Diese Möglichkeiten nun werden geschichtlich; sie schließen ein Allgemeines anderer Art in sich als das Allgemeine, das in dem Bestehen eines Volkes oder Staates die Basis ausmacht. Dies Allgemeine ist ein Moment der produzierenden Idee, ein Moment der nach sich selbst strebenden und treibenden Wahrheit. Die geschichtlichen Menschen, die welthistorischen Individuen sind diejenigen, in deren Zwecken ein solches Allgemeines liegt.

Cäsar in Gefahr, die Stellung, wenn auch etwa noch nicht des Übergewichts, doch wenigstens der Gleichheit, zu der er sich neben den anderen, die an der Spitze des Staates standen, erhoben hatte, zu verlieren und denen, die im Übergange sich befanden, seine Feinde zu werden, zu unterliegen, gehört wesentlich hierher. Diese Feinde, welche zugleich die Seite ihrer persönlichen Zwecke beabsichtigten, hatten die formelle Staatsverfassung und die Macht des rechtlichen Scheins für sich. Cäsar kämpfte im Interesse, sich seine Stellung, Ehre und Sicherheit zu erhalten, und der Sieg über seine Gegner, indem ihre Macht die Herrschaft über die Provinzen des Römischen Reichs war, wurde zugleich die Eroberung des ganzen Reichs: so wurde er mit Belassung der Form der Staatsverfassung der individuelle Gewalthaber im Staate. Was ihm so die Ausführung seines zunächst negativen Zwecks erwarb, die Alleinherrschaft Roms, war aber zugleich an sich notwendige Bestimmung in Roms und in der Welt Geschichte, so dass sie nicht nur sein partikulärer Gewinn, sondern ein Instinkt war, der das vollbrachte, was an und für sich an der Zeit war. Dies sind die großen Menschen in der Geschichte, deren eigene partikuläre Zwecke das Substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist. Sie sind insofern Heroen zu nennen, als sie ihre Zwecke und ihren Beruf nicht bloß aus dem ruhigen, geordneten, durch das bestehende System geheiligten Lauf der Dinge geschöpft haben, sondern aus einer Quelle, deren Inhalt verborgen und nicht zu einem gegenwärtigen Dasein gediehen ist, aus dem innern Geiste, der noch unterirdisch ist, der an die Außenwelt wie an die Schale pocht und sie sprengt, weil er ein anderer Kern als der Kern dieser Schale ist, — die also aus sich zu schöpfen scheinen und deren Taten einen Zustand und Weltverhältnisse hervorgebracht haben, welche nur ihre Sache und ihr Werk zu sein scheinen.

Solche Individuen hatten in diesen ihren Zwecken nicht das Bewusstsein der Idee überhaupt, sondern sie waren praktische und politische Menschen. Aber zugleich waren sie denkende, die die Einsicht hatten von dem, was not und was an der Zeit ist. Das ist eben die Wahrheit ihrer Zeit und ihrer Welt, sozusagen die nächste Gattung, die im Innern bereits vorhanden war. Ihre Sache war es, dies Allgemeine, die notwendige, nächste Stufe ihrer Welt zu wissen, diese sich zum Zwecke zu machen und ihre Energie in dieselbe zu legen. Die welthistorischen Menschen, die Heroen einer Zeit, sind darum als die Einsichtigen anzuerkennen; ihre Handlungen, ihre Reden sind das Beste der Zeit. Große Menschen haben gewollt, um sich, nicht um andere zu befriedigen. Was sie von anderen erfahren hätten an wohlgemeinten Absichten und Ratschlägen, das wäre vielmehr das Borniertere und Schiefere gewesen, denn sie sind die, die es am besten verstanden haben und von denen es dann vielmehr alle gelernt und gut gefunden oder sich wenigstens darein gefügt haben. Denn der weitergeschrittene Geist ist die innerliche Seele aller Individuen, aber die bewusstlose Innerlichkeit, welche ihnen die großen Männer zum Bewusstsein bringen. Deshalb folgen die anderen diesen Seelenführern, denn sie fühlen die unwiderstehliche Gewalt ihres eigenen inneren Geistes, der ihnen entgegentritt.

Werfen wir weiter einen Blick auf das Schicksal dieser welthistorischen Individuen, welche den Beruf hatten, die Geschäftsführer des Weltgeistes zu sein, so ist es kein glücklichesgewesen. Zum ruhigen Genusse kamen sie nicht, ihr ganzes Leben war Arbeit und Mühe, ihre ganze Natur war nur ihre Leidenschaft. Ist der Zweck erreicht, so fallen sie, die leeren Hülsen des Kernes, ab. Sie sterben früh wie Alexander, sie werden wie Cäsar ermordet, wie Napoleon nach St. Helena transportiert. Diesen schauderhaften Trost, dass die geschichtlichen Menschen nicht das gewesen sind, was man glücklich nennt und dessen das Privatleben, das unter sehr verschiedenen, äußerlichen Umständen stattfinden kann, nur fähig ist — diesen Trost können die sich aus der Geschichte nehmen, die dessen bedürftig sind. Bedürftig aber desselben ist der Neid, den das Große, Emporragende verdrießt, der sich bestrebt, es klein zu machen und einen Schaden an ihm zu finden. So ist es auch in neueren Zeiten zur Genüge demonstriert worden, dass die Fürsten überhaupt auf ihrem Throne nicht glücklich seien, daher man denselben ihnen dann gönnt und es erträglich findet, daß man nicht selbst, sondern sie auf dem Throne sitzen. Der freie Mensch ist nicht neidisch, sondern anerkennt das gern, was groß und erhaben ist, und freut sich, dass es ist.

Nach diesen allgemeinen Momenten also, welche das Interesse und damit die Leidenschaften der Individuen ausmachen, sind diese geschichtlichen Menschen zu betrachten. Es sind große Menschen, eben weil sie ein Großes, und zwar nicht ein Eingebildetes, Vermeintes, sondern ein Richtiges und Notwendiges gewollt und vollbracht haben. Diese Betrachtungsweise schließt auch die so genannte psychologische Betrachtung aus, welche, dem Neide am besten dienend, alle Handlungen ins Herz hinein so zu erklären und in die subjektive Gestalt zu bringen weiß, daß ihre Urheber alles aus irgendeiner kleinen oder großen Leidenschaft, aus einer Sucht getan haben und, um dieser Leidenschaft und Suchten willen, keine moralischen Menschen gewesen seien. Alexander von Makedonien hat zum Teil Griechenland, dann Asien erobert, also ist er eroberungssüchtig gewesen. Er hat aus Ruhmsucht, Eroberungssucht gehandelt, und der Beweis, dass sie ihn getrieben haben, ist, dass er solches, das Ruhm brachte, getan habe. Welcher Schulmeister hat nicht von Alexander dem Großen, von Julius Cäsar vordemonstriert, daß diese Menschen von solchen Leidenschaften getrieben und daher unmoralische Menschen gewesen seien? woraus sogleich folgt, dass er, der Schulmeister, ein vortrefflicherer Mensch sei als jene, weil er solche Leidenschaften nicht bsitze und den Beweis dadurch gebe, dass er Asien nicht erobere, den Darius, Poros nicht besiege, sondern freilich wohl lebe, aber auch leben lasse. –

Diese Psychologen hängen sich dann vornehmlich auch an die Betrachtung von den Partikularitäten der großen, historischen Figuren, welche ihnen als Privatpersonen zukommen. Der Mensch muss essen und trinken, steht in Beziehung zu Freunden und Bekannten, hat Empfindungen und Aufwallungen des Augenblicks. Für einen Kammerdiener gibt es keinen Helden, ist ein bekanntes Sprichwort; ich habe hinzugesetzt — und Goethe hat es zehn Jahre später wiederholt —, nicht aber darum, weil dieser kein Held, sondern weil jener der Kammerdiener ist. Dieser zieht dem Helden die Stiefel aus, hilft ihm zu Bette, weiß, daß er lieber Champagner trinkt usf. — Die geschichtlichen Personen, von solchen psychologischen Kammerdienern in der Geschichtsschreibung bedient, kommen schlecht weg; sie werden von diesen ihren Kammerdienern nivelliert, auf gleiche Linie oder vielmehr ein paar Stufen unter die Moralität solcher feinen Menschenkenner gestellt. Der Thersites* des Homer, der die Könige tadelt, ist eine stehende Figur aller Zeiten. Schläge, d. h. Prügel mit einem soliden Stabe, bekommt er zwar nicht zu allen Zeiten, wie in den homerischen, aber sein Neid, seine Eigensinnigkeit ist der Pfahl, den er im Fleische trägt, und der unsterbliche Wurm, der ihn nagt, ist die Qual, dass seine vortrefflichen Absichten und Tadeleien in der Welt doch ganz erfolglos bleiben. Man kann auch eine Schadenfreude am Schicksal des Thersitismus haben.
*Thersites ist nach Homer der hässlichste der Griechen vor Troja, der - feige und frech, wie er durch und durch war - von Odysseus wegen seiner Schmähreden gegen die Fürsten gezüchtigt wurde. Nach späterer Sage soll er von Achill erschlagen worden sein, weil er dessen Liebe zu Penthesilia (mythische Königin der Amazonen) verhöhnte.
Erläuterung durch Philos-Website


Ein welthistorisches Individuum hat nicht die Nüchternheit, dies und jenes zu wollen, viel Rücksichten zu nehmen, sondern es gehört ganz rücksichtslos dem einen Zwecke an. So ist es auch der Fall, dass sie andere große, ja heilige Interessen leichtsinnig behandeln, welches Benehmen sich freilich dem moralischen Tadel unterwirft. Aber solche große Gestalt muss manche unschuldige Blume zertreten, manches zertrümmern auf ihrem Wege.

Das besondere Interesse der Leidenschaft ist also unzertrennlich von der Betätigung des Allgemeinen; denn es ist aus dem Besonderen und Bestimmten und aus dessen Negation, dass das Allgemeine resultiert. Es ist das Besondere, das sich aneinander abkämpft und wovon ein Teil zugrunde gerichtet wird. Nicht die allgemeine Idee ist es, welche sich in Gegensatz und Kampf, welche sich in Gefahr begibt; sie hält sich unangegriffen und unbeschädigt im Hintergrund. Das ist die List der Vernunft zu nennen, dass sie die Leidenschaften für sich wirken lässt, wobei das, durch was sie sich in Existenz setzt, einbüßt und Schaden leidet. Denn es ist die Erscheinung, von der ein Teil nichtig, ein Teil affirmativ [bejahend, bestätigend] ist. Das Partikuläre ist meistens zu gering gegen das Allgemeine, die Individuen werden aufgeopfert und preisgegeben. Die Idee bezahlt den Tribut des Daseins und der Vergänglichkeit nicht aus sich, sondern aus den Leidenschaften der Individuen. S. 44-49
Aus: G.W.F. Hegel, vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Werke 12, Die Mittel seiner Realiierung, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, stw 612

Ziel und Endzweck der Weltgeschichte
Es wäre hier also um den Endzweck zu tun, den die Menschheit hat, den der Geist in der Welt sich vorsetzt zu erreichen, den er unendlich, mit absoluter Gewalt getrieben ist, sich zu verwirklichen. Das Bestimmtere in Ansehung dieses Endzwecks schließt sich an das an, was vorher in bezug auf den Volksgeist erinnert worden ist. Gesagt worden ist, daß das, um was es dem Geiste zu tun ist, nichts anderes sein kann als er selbst. Es gibt nichts Höheres als den Geist, nichts, das würdiger wäre, sein Gegenstand zu sein. Er kann nicht ruhen, mit nichts anderm sich beschäftigen, bis er weiß, was er ist. Dies ist freilich ein allgemeiner, abstrakter Gedanke, und es ist eine weite Kluft zwischen diesem Gedanken, von dem wir sprechen, daß er das höchste, einzige Interesse des Geistes sei, und dem, wovon wir in der Geschichte sehen, daß es die Interessen der Völker und der Individuen ausmacht. In der empirischen Ansicht sehen wir besondere Zwecke, partikuläre Interessen, die die Völker jahrhundertelang beschäftigt haben, man denke z. B. an den Gegensatz zwischen Rom und Karthago. Und es ist eine weite Kluft bis dahin, in den Erscheinungen der Geschichte den Gedanken zu erkennen, der von uns als das wesentliche Interesse angegeben worden ist. Wenn der Gegensatz zwischen den zunächst erscheinenden Interessen und dem, was als absolutes Interesse des Geistes angegeben worden ist, erst später erörtert werden wird, so ist wenigstens der allgemeine Gedanke des Begriffs leicht zu fassen, daß der freie Geist sich notwendig zu sich selbst verhält, da er freier Geist ist; sonst wäre er abhängig und nicht frei. Indem so das Ziel bestimmt ist, daß der Geist zum Bewußtsein seiner selbst komme oder die Welt sich gemäß mache, — denn beides ist dasselbe: man kann sagen, daß der Geist die Gegenständlichkeit sich zu eigen mache, oder umgekehrt, daß der Geist seinen Begriff aus sich hervorbringe, ihn objektiviere und so sein Sein werde; in der Gegenständlichkeit wird er sich seiner bewußt, auf daß er selig sei: denn wo Gegenständlichkeit entsprechend ist der inneren Forderung, da eben ist Freiheit, — indem er also das Ziel bestimmt hat, so erhält das Fortschreiten seine nähere Bestimmung, nämlich nach der Seite, daß es nicht als ein bloßes Mehrwerden gefaßt ist. Wir können sogleich dies anknüpfen, daß wir auch in unserm gewöhnlichen Bewußtsein zugeben, daß das Bewußtsein, um sein Wesen zu wissen, Stufen der Bildung durchzugehen habe.

Das Ziel der Weltgeschichte ist also, daß der Geist zum Wissen dessen gelange, was er wahrhaft ist und dies Wissen gegenständlich mache, es zu einer vorhandenen Welt verwirkliche, sich als objektiv hervorbringe. Das Wesentliche ist, daß dies Ziel ein Hervorgebrachtes ist. Der Geist ist nicht ein Naturding wie das Tier; das ist, wie es ist, unmittelbar. Der Geist ist dies, daß er sich hervorbringt, sich zu dem macht, was er ist. Deswegen seine nächste Gestaltung, daß er wirklich sei, ist nur Selbsttätigkeit. Sein Sein ist Aktuosität, kein ruhendes Dasein, sondern dies, sich hervorgebracht zu haben, für sich geworden zu sein, durch sich selbst sich gemacht zu haben. Daß er wahrhaft sei, dazu gehört, daß er sich hervorgebracht habe; sein Sein ist der absolute Prozeß. In diesem Prozeß, der eine Vermittelung seiner mit sich selbst durch sich, nicht durch anderes ist, liegt es, daß er unterschiedene Momente hat, Bewegungen und Veränderungen in sich enthält, bald so und bald anders bestimmt ist. Es sind also in diesem Prozesse wesentlich Stufen enthalten, und die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen Prozesses, des Stufenganges, in dem der Geist sich selbst, seine Wahrheit weiß und verwirklicht. Es sind alles Stufen der Selbsterkenntnis; das höchste Gebot, das Wesen des Geistes ist es, sich selbst zu erkennen, sich als das, was er ist, zu wissen und hervorzubringen. Das vollbringt er in der Weltgeschichte; er bringt sich als bestimmte Gestalten hervor, und diese Gestalten sind die weltgeschichtlichen Völker. Es sind Gebilde, deren jedes eine besondere Stufe ausdrückt und die so Epochen in der Weltgeschichte bezeichnen. Tiefer begriffen: es sind die Prinzipien, die der Geist von sich gefunden hat, und die er gedrungen ist zu realisieren. Es ist also darin ein wesentlicher Zusammenhang, der nichts ausdrückt als die Natur des Geistes.

Die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen, absoluten Prozesses des Geistes in seinen höchsten Gestalten, dieses Stufenganges, wodurch er seine Wahrheit, das Selbstbewußtsein über sich erlangt. Die Gestaltungen dieser Stufen sind die welthistorischen Volksgeister, die Bestimmtheiten ihres sittlichen Lebens, ihrer Verfassung, ihrer Kunst, Religion und Wissenschaft. Diese Stufen zu realisieren, ist der unendliche Trieb des Weltgeistes, sein unwiderstehlicher Drang; denn diese Gliederung, sowie ihre Verwirklichung ist sein Begriff. — Die Weltgeschichte zeigt nur, wie der Geist allmählich zum Bewußtsein und zum Wollen der Wahrheit kommt; es dämmert in ihm, er findet Hauptpunkte, am Ende gelangt er zum vollen Bewußtsein. Über den Endzweck dieses Fortschreitens haben wir uns oben erklärt. Die Prinzipien der Volksgeister in einer notwendigen Stufenfolge sind selbst nur Momente des einen allgemeinen Geistes, der durch sie in der Geschichte sich zu einer sich erfassenden Totalität erhebt und abschließt. S. 73-75
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, Hamburg

Zustand der jüdischen Religion — Jesus
Der traurige Zustand der jüdischen Nation — einer Nation, die ihre Gesetzgebung von der höchsten Weisheit selbst ableitete und deren Geist nun unter einer Last statutarischer Gebote zu Boden gedrückt war, die pedantisch jeder gleich¬gültigen Handlung des täglichen Lebens eine Regel vorschrieben und der ganzen Nation das Ansehen eines Mönchsordens gaben, so wie sie das Heiligste, den Dienst Gottes und der Tugend in toten Formularen geordnet und eingezwängt hatten und dem Geist nichts als noch den Stolz auf diesen Gehorsam der Sklaven gegen sich nicht selbst gegebene Gesetze übrigließen, der auch durch die Unterwerfung des Staats unter eine fremde Gewalt tief gekränkt und erbittert wurde —, dieser Zustand der jüdischen Nation mußte in Menschen von besserem Kopf und Herzen, die ihr Selbstgefühl nicht aufgeben, verleugnen und sich nicht zu toten Maschinen herunterbeugen konnten, das Bedürfnis einer freieren Tätigkeit, als mit mönchischer Geschäftigkeit eines geist- und wesenlosen Mechanismus kleinlicher Gebräuche ein Dasein ohne Selbstbewußtsein zu leben, eines edleren Genusses, als in diesem Sklavenhandwerk sich groß zu dünken, erwecken.

Bekanntschaft mit fremden Nationen lehrte einige die schöneren Blüten des menschlichen Geistes kennen, die Essener versuchten es, eine selbständigere Tugend in sich zu bilden, Johannes trat dem Sittenverderbnis, das wechselseitig Folge und Quelle jener verkehrten Begriffe war, mutig in den Weg. Jesus, bis in sein männliches Alter mit seiner eigenen Bildung beschäftigt, frei von der ansteckenden Krankheit seines Zeitalters und seiner Nation, frei von der eingeschränkten Trägheit, die an die gemeinen Bedürfnisse und Bequemlichkeiten des Lebens ihre einzige Tätigkeit verwendet, wie von Ehrgeiz und anderen Neigungen — deren gewünschte Befriedigung ihn genötigt haben würde, in den Vertrag der Vorurteile und der Laster einzutreten —, unternahm es, Religion und Tugend zur Moralität zu erheben und die Freiheit derselben, worin ihr Wesen besteht, wiederherzustellen, denn so wie jede Nation eine hergebrachte Nationaltracht, eine eigene Manier, zu essen und zu trinken, und in ihrer übrigen Lebensart eigene Gewohnheiten hat, so war Moralität von der ihr eigentümlichen Freiheit zu einem System solcher Gebräuche herabgesunken; er rief die moralischen Prinzipien, die in den heiligen Büchern seines Volkes lagen, demselben ins Gedächtnis zurück (die höchsten Grundsätze der Moral fand Jesus vor und stellte keinen neuen auf, Matth. 22, 36; s. Dt. [2. Mose] 6, 6; Lv. [3. Mose] 19, 18; Lv. 18, 5; Matth. 5, 48; seid heilig wie etc.; Matth. 7, 12 hat einen zu weiten Umfang — und ist auch für den Lasterhaften als Maxime der Klugheit zu gebrauchen —, als daß es einen moralischen Grundsatz abgeben könnte; und wirklich wäre es sonderbar gewesen, wenn eine Religion wie die jüdische, die die Gottheit zu ihrem politischen Gesetzgeber machte, nicht auch rein moralische Prinzipien enthalten hätte), würdigte nach denselben die Zeremonien und die Menge Ausflüchte, die man gefunden hatte, das Gesetz zu eludieren
[auszuspülen, auszuhöhlen], die Beruhigung, die das Gewissen in Befolgung des Buchstabens des Gesetzes, in den Opfern und anderen heiligen Gebräuchen statt in dem Gehorsam gegen das Sittengesetz fand, — nur diesem, nicht der Abstammung von Abraham, legte er einen Wert in den Augen der Gottheit bei, nur ihm gestand er Würdigkeit, in einem anderen Leben der Seligkeit teilhaftig zu werden, zu. Den Wert einer tugendhaften Gesinnung und die Unwürdigkeit einer heuchelnden Genauigkeit bloß in äußeren Übungen des Gottesdienstes lehrte Jesus öffentlich vor dem Volke, sowohl in seinem Vaterlande, Galiläa, als in Jerusalem, dem Mittelpunkt des Judentums; besonders bildete er im vertrauteren Umgange eine Anzahl Männer, die ihn in seinen Bemühungen, im Größeren auf das ganze Volk zu wirken, unterstützen sollten.

Aber seine einfache Lehre, die Kampf mit den Neigungen, Entsagung und Aufopferung verlangte, vermochte wenig gegen die vereinigte Macht eines eingewurzelten Nationalstolzes, der in die ganze Konstitution verflochtenen Heuchelei und Scheinheiligkeit und der Vorteile derjenigen, die dem Glauben sowohl als der Ausübung der Gesetze vorstanden. Jesus hatte den Kummer zu sehen, daß sein Plan, Moralität in die Religiosität seiner Nation zu bringen, gänzlich scheiterte, daß selbst seine Bemühungen, wenigstens in einigen Männern bessere Hoffnungen und einen besseren Glauben anzuzünden, eine sehr zweideutige und unvollständige Wirkung gehabt hatten (s. Matth. 20, 20, ein Vorfall, der sich nach einem Umgang des Johannes und Jakobus mit Jesus von einigen Jahren zutrug; Judas. Selbst in den letzten Augenblicken seines Aufenthaltes auf Erden, einige Augenblicke vor seiner sogenannten Himmelfahrt, zeigten sie noch die jüdische Hoffnung in ihrer ganzen Größe, daß er den israelitischen Staat wieder herstellen werde, Acta [Apg.] 1, 6).

Jesus
selbst wurde ein Opfer des Hasses der Priesterschaft und der gekränkten Nationaleitelkeit seines Volkes –
S.105ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Frühe Schriften, Werke 1, Die Positivität der christlichen Religion, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, stw 601

Das germanische Reich
Aus dem Verluste seiner selbst und seiner Welt und dem unendlichen Schmerz desselben, als dessen Volk das israelitische bereitgehalten war, erfaßt der in sich zurückgedrängte Geist in dem Extreme seiner absoluten Negativität, dem an und für sich seienden Wendepunkt, die unendliche Positivität dieses seines Innern, das Prinzip der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, die Versöhnung als der innerhalb des Selbstbewußseins und der Subjektivität erschienen objektiven Wahrheit und Freiheit, welche dem nordischen Prinzip der germanischen Völker zu vollführen übertragen wird.
S.511
Aus: G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §358, Werke 7, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, stw 607


Evangelisches und katholisches Christentum
Aus den „Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte.“, Neue Ausgabe von Georg Lasson, Bd. IV (= Philosophische Bibliothek, Bd. 171 d), S. 877 ff. - Erstmalig herausgegeben 1837 in Bd. I X der Sämtlichen Werke von Eduard Gans; in 2. Auflage 1840 durch Hegels Sohn Karl.
Die Reformation ist aus dem Verderben der Kirche hervorgegangen. Um diesen Kampf gegen die Kirche zu verstehen, muß man einige Schriften Luthers lesen, da die jetzige Kirche gar nicht mehr in dem Zustande ist, den er bekämpft hat; auch die katholische Kirche hat sich durch die Reformation in sich gereinigt.

Die nähere Veranlassung der Reformation ist hinlänglich bekannt. Es war der schamlose und schmähliche Handel der Ablaßkrämerei und die Sitte, das Böse und die Sünde durch Geld zu sühnen. Doch ist im ganzen die Veranlassung gleichgültig; wenn die Sache an und für sich notwendig und der Geist in sich fertig ist, so kann sie auf diese oder jene Weise in die Erscheinung treten. Solche Begebenheit ist auch nicht an ein Individuum gebunden, wie hier z. B. an Luther, sondern die großen Individuen werden durch die Zeit selbst erzeugt.

Nur die Innigkeit des deutschen Geistes war der Boden der Reformation, und nur aus dieser Einfachheit und Schlichtheit konnte das große Werk hervorgehen.

Das Prinzip der geistigen Freiheit ist hier aufbewahrt gewesen und hat aus dem einfachen, schlichten Herzen den Umsturz vollbracht. Die anderen Völker sind in die Welt hinausgegangen, nach Amerika, nach Ostindien, Reichtümer zu gewinnen, eine weltliche Herrschaft zusammenzubringen, deren Land die Erde rings umlaufen und wo die Sonne nicht untergehen soll. In Deutschland, wo die reine innerliche Geistigkeit sich erhielt, war es ein einfacher Mönch, in dem das Bewußtsein der Gegenwart klar wurde, der den Bruch mit der Kirche bewirkte, weil er die Verrückung ihrer Zwecke, den Greuel in ihrem Schoße einsah. Er hat in seinem Geiste die Vollendung gesucht und hervorgebracht und hat das Dieses, das die Christenheit vormals in einem irdischen, steinernen Grabe suchte, vielmehr in dem tieferen Grabe der absoluten Idealität alles Sinnlichen und Äußerlichen, in dem Geiste gefunden und in dem Herzen gezeigt, - dem Herzen, das, unendlich verletzt durch diese dem Bedürfnisse des Innersten geschehene Darbietung des Äußerlichsten, die Verrückung des absoluten Verhältnisses der Wahrheit in allen einzelnen Zügen erkennt, verfolgt und zerstört. Die einfache Lehre Luthers ist die Lehre der Freiheit, daß der natürliche Mensch nicht ist, wie er sein soll, daß er die Natürlichkeit überwinden muß durch seine innere Geistigkeit, daß das Vermittelnde zwischen dem Menschen und dem Wesen seines Geistes, Gott, nicht ein sinnliches Diesseits sein kann, daß also das Dieses, die unendliche Subjektivität, d. i. die wahrhafte Geistigkeit, Christus, auf keine Art in äußerlicher Weise gegenwärtig und wirklich ist, sondern als Geistiges überhaupt nur in der Versöhnung mit Gott erlangt wird - im Glauben und im Genusse. Diese zwei Worte sagen alles. Es ist nicht das Bewußtsein eines sinnlichen Dinges als des Gottes, noch auch eines bloß Vorgestellten, das nicht wirklich und gegenwärtig ist, sondern von einem Wirklichen, das gegenwärtig und nicht sinnlich ist....
S.132-134
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925