Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831)
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Deutscher Philosoph, der am Tübinger Stift mit Friedrich Hölderlin und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling studierte. 1805 wurde Hegel Professor in Jena, 1808 Rektor des Gymnasiums in Nürnberg, 1816 Professor in Heidelberg und 1818 Nachfolger von Johann Gottlieb Fichte in Berlin, wo er als Haupt einer einflussreichen Schule bis zu seinem Tod wirkte. Hegel vollendete den Deutschen Idealismus und entwarf das umfassendste und einheitlichste System der deutschen Philosophie (absoluter Idealismus). Seine Philosophie erhebt den Anspruch, alle Erscheinungen des Natur- und Geisteslebens aus dem Wesen des Geistes abzuleiten. Die gesamte Wirklichkeit wird als dialektisch-prozessuale Selbstentwicklung und Selbstbewusstwerdung des absoluten Geistes aufgefasst. Grundvoraussetzung ist, daß alles Wirkliche vernünftig und nur das Vernünftige wirklich ist (Panlogismus). Der Gang der Philosophie in seiner logischen Entwicklung wird von ihm als Wiederholung des Schöpfungsprozesses sowie der geschichtlichen Entfaltung des Seins interpretiert. Das Gesetz der Bewegung der Wirklichkeit und damit des Begriffs als Wesen und Inbegriff der Dinge ist der Widerspruch; sobald im Denken (und Sein) ein bestimmter Zustand erreicht ist, schlägt er in seinen Gegensatz um, woraus sich ein dritter, die vorausgehenden »aufhebender«, über sie hinausgehender ergibt. Diese Dialektik (Dreischritt von These, Antithese und Synthese) ist nach Hegel nicht nur eine äußerliche Denktechnik, sondern eine der Wirklichkeit der Natur zugrundliegende Realdialektik. Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon >>>Christus |
Das Hegelsche System
Das Hegelsche System setzt
sich aus drei ineinandergreifenden Bestandteilen zusammen:
1. Logik (identisch mit Metaphysik),
2. Naturphilosophie und
3. Philosophie des Geistes.
Die Logik (1. System-Bestandteil)
ist die Wissenschaft von der reinen Idee und umfaßt die Lehre vom
Sein, vom Wesen und vom Begriff; sie führt vom ursprünglich »an
sich« seienden, leeren Begriff (ontologisch-metaphysisch
der Logos vor der Weltschöpfung) bis zur absoluten Idee; die Idee
entfaltet sich dann in der Form des Andersseins zur Natur, deren äußerliche
Entwicklung in der Naturphilosophie (2.
System-Bestandteil) stattfindet. Diese Entäußerung wird wieder
aufgehoben, indem sich die Natur im menschlischen Bewußtsein selbstbewußt
vergeistigt. In der Philosophie des Geistes als
3. System-Bestandteil erfolgt die Entwicklung des Geistes vom subjektiven
zum objektiven und zum absoluten Geist, der über die Stufen von Kunst
(Ästhetik) und Religion
als verschiedenen Graden des Sichbewußtwerdens
Gottes im Menschen seine höchste Erscheinungsform in der
Philosophie findet. Ungeachtet des idealistischen Ansatzes erfaßt
die Hegelsche Philosophie eine Mannigfaltigkeit
von Konkretem, von Erscheinungen des Geistes. So waren ihr Gehalt und ihre Methoden
von großem Einfluß auf das philosophisch-geisteswissenschaftliche
wie das politisch-soziale Denken. Besonders nachhaltig wirkten die »Phänomenologie
des Geistes« (1807), in der einzelne Formen des Bewusstseins
und der sittlichen Einstellungen als für geschichtliche Epochen repräsentativ
erscheinen, die Philosophie der Weltgeschichte, in der er die Staaten zu Manifestationen
von Volksgeistern phantasiert und die geschichtliche Ereignisfolge als
»Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit« statuiert.
Die Hegelsche Rechtsphilosophie ist im wesentlichen
naturrechtlich orientiert, bezieht jedoch im Rahmen des dialektischen Systems
auch die weltverändernde Rolle der geschichtlichen Realität ein. Im
Bereich des Sozialen soll sich der Geist zu eigenen Welten überindividueller
Gestalten (Recht, Moralität, Sittlichkeit) entfalten. Im Staat soll der objektive Geist als »Wirklichkeit
der sittlichen Idee« zu seiner Höchstform auflaufen. Dieses
Wunschdenken wurde später zu Recht als Ausdruck eines politischen Konservativismus
gesehen und als »Staatsvergottung« und theoretische Rechtfertigung totalitärer Staatsallmacht kritisiert.
Die in den »Grundlinien der Philosophie des Rechts« am Rande behandelte Theorie der »bürgerlichen
Gesellschaft« (im Gegengsatz zur traditionellen Auffassung als privatrechtliches
System für Arbeit und Bedürfnisbefriedigung verstanden) enthält
bereits Ansätze zu einer Dialektik der Klassengegensätze
(Anhäufung von Reichtum, Entstehung eines
besitzlosen Pöbels). Die Lösung dieser Widersprüche versteht Hegel jedoch nicht eine sozialrevolutionäre,
sondern als evolutionäre Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Neben dem
grundlegenden Prinzip der Dialektik, der Theorie der Entfremdung und der Arbeit
als Element der Selbstverwirklichung des Menschen hat insbesondere der Gedanke
der Klassengegensätze Karl Marx beeinflusst. In
der Gegenwart greift die Kritische Theorie im Gegensatz zum Marxismus-Leninismus
stärker auf den spekulativen Systemansatz Hegels zurück. Insbesondere der Kritische Rationalimus stellt diesen Ansatz in
Frage, vor allem hinsichtlich Reichweite und Begründung der dialektischen
Methode gegenüber den Ansprüchen der analytischen Wissenschaftstheorie
und mathematischen Logik. Nachhaltig war die Wirkung Hegels auch auf die christliche - insbesondere die evangelische - Theologie auf Grund der von ihm geforderten Aussöhnung
von Religion und Philosophie.
Phänomenologie des Geistes
Die
Religion
In den bisherigen Gestaltungen, die sich im allgemeinen als
Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist
unterscheiden, ist zwar auch die Religion als
Bewußtsein des absoluten Wesens überhaupt
vorgekommen, - allein vom Standpunkte des Bewußtseins aus, das sich des
absoluten Wesens bewußt ist; nicht aber ist das absolute Wesen an und
für sich selbst, nicht das Selbstbewußtsein des Geistes in jenen
Formen erschienen.
Schon das Bewußtsein wird, insofern
es Verstand ist, Bewußtsein des Übersinnlichen oder
Inneren des gegenständlichen Daseins. Aber das Übersinnliche,
Ewige, oder wie man es sonst nennen mag, ist selbstlos;
es ist nur erst das Allgemeine, das noch weit entfernt ist, der
sich als Geist wissende Geist zu sein. - Alsdann war das Selbstbewußtsein,
das in der Gestalt des unglücklichen Bewußtseins seine Vollendung hat, nur der sich zur Gegenständlichkeit
wieder herausringende, aber sie nicht erreichende Schmerz
des Geistes. Die Einheit des einzelnen Selbstbewußtseins und seines unwandelbaren Wesens,
zu der jenes sich bringt, bleibt daher ein
Jenseits desselben. - Das unmittelbare Dasein der Vernunft, die für uns aus jenem Schmerz hervorging, und ihre eigentümlichen
Gestalten haben keine Religion, weil das Selbstbewußtsein derselben sich
in der unmittelbaren Gegenwart weiß oder sucht.
Hingegen in der sittlichen Welt sahen wir eine Religion, und zwar die
Religion der Unterwelt; sie ist der Glaube an die furchtbare unbekannte
Nacht des Schicksals
und an die Eumenide [Wohlwollende]
des abgeschiedenen Geistes; - jene die
reine Negativität in der Form der Allgemeinheit,
diese dieselbe in der Form der Einzelheit. Das absolute Wesen ist in der letzteren
Form also zwar das Selbst und gegenwärtiges,
wie das Selbst nicht anders ist; allein das einzelne Selbst ist dieser einzelne
Schatten, der die Allgemeinheit, welche das Schicksal ist, getrennt von sich
hat. Er ist zwar Schatten, aufgehobener Dieser,
und somit allgemeines Selbst; aber noch ist jene negative Bedeutung nicht in
diese positive umgeschlagen, und daher bedeutet zugleich das aufgehobene Selbst
noch unmittelbar diesen Besonderen und Wesenlosen. -
Das Schicksal aber ohne das
Selbst bleibt die bewußtlose Nacht, die nicht zur Unterscheidung in ihr
noch zur Klarheit des Sichselbstwissens kommt.
Dieser Glaube an das Nichts
der Notwendigkeit und an die Unterwelt wird
zum Glauben an den Himmel, weil das abgeschiedene Selbst mit seiner Allgemeinheit sich vereinen, in ihr
das, was es enthält, auseinanderschlagen und so sich klar werden muß.
Dieses Reich des Glaubens aber sahen wir nur im Elemente des Denkens seinen Inhalt ohne den Begriff entfalten
und es darum in seinem Schicksale, nämlich in der Religion
der Aufklärung untergehen. In dieser stellt sich das übersinnliche
Jenseits des Verstandes wieder her, aber
so daß das Selbstbewußtsein diesseits befriedigt steht und das übersinnliche,
das leere, nicht zu erkennende noch zu fürchtende
Jenseits weder als Selbst noch als Macht weiß.
In der Religion der Moralität ist endlich dies wiederhergestellt, daß
das absolute Wesen ein positiver Inhalt ist; aber er ist mit der Negativität
der Aufklärung vereinigt. Er ist ein Sein, das ebenso ins Selbst zurückgenommen
und darin eingeschlossen bleibt, und ein unterschiedener
Inhalt, dessen Teile ebenso unmittelbar negiert, als sie aufgestellt
sind. Das Schicksal aber, worin diese widersprechende Bewegung versinkt, ist
das seiner als des Schicksals der Wesenheit
und Wirklichkeit bewußte Selbst.
Der sich selbst wissende Geist ist in der Religion unmittelbar sein eigenes
reines Selbstbewußtsein. Diejenigen
Gestalten desselben, die betrachtet worden - der wahre, der sich
entfremdete und der seiner selbst gewisse
Geist -, machen zusammen
ihn in seinem Bewußtsein aus, das
seiner Welt gegenübertretend
in ihr sich nicht erkennt. Aber im Gewissen unterwirft er sich wie seine gegenständliche
Welt überhaupt, so auch seine Vorstellung und seine bestimmten Begriffe
und ist nun bei sich seiendes Selbstbewußtsein. In diesem hat er für
sich, als Gegenstand vorgestellt, die
Bedeutung, der allgemeine Geist zu sein, der alles Wesen
und alle Wirklichkeit in sich enthält, ist aber nicht in der Form freier
Wirklichkeit oder der selbständig erscheinenden Natur. Er hat zwar Gestalt
oder die Form des Seins, indem er Gegenstand seines Bewußtsein ist; aber
weil dieses in der Religion in der wesentlichen Bestimmung, Selbstbewußtsein zu sein, gesetzt ist, ist die Gestalt sich vollkommen durchsichtig; und die
Wirklichkeit, die er enthält, ist in ihm eingeschlossen oder in ihm aufgehoben,
gerade auf die Weise, wie wenn wir alle Wirklichkeit
sprechen; sie ist die gedachte allgemeine
Wirklichkeit.
Indem also in der Religion die Bestimmung des eigentlichen Bewußtseins
des Geistes nicht die Form des freien Andersseins
hat, so ist sein Dasein von
seinem Selbstbewußtsein unterschieden,
und seine eigentliche Wirklichkeit fällt außer der Religion; es ist
wohl ein Geist beider, aber sein Bewußtsein
umfaßt nicht beide zumal, und die Religion erscheint als ein Teil des
Daseins und Tuns und Treibens, dessen anderer Teil das Leben in seiner wirklichen
Welt ist. Wie wir nun es wissen, daß der Geist in
seiner Welt und der seiner als Geist bewußte Geist
oder der Geist in der Religion dasselbe sind, so besteht die Vollendung
der Religion darin, daß beides einander gleich werde, nicht nur,
daß seine Wirklichkeit von der Religion befaßt ist, sondern umgekehrt,
daß er sich als seiner selbst bewußter Geist wirklich und Gegenstand
seines Bewußtseins werde. –
Insofern der Geist in der Religion sich ihm selbst vorstellt, ist er zwar Bewußtsein, und die in ihr eingeschlossene Wirklichkeit ist
die Gestalt und das Kleid seiner Vorstellung. Der Wirklichkeit widerfährt
aber in dieser Vorstellung nicht ihr vollkommenes Recht, nämlich nicht
nur Kleid zu sein, sondern selbständiges freies Dasein; und umgekehrt ist
sie, weil ihr die Vollendung in ihr selbst mangelt, eine bestimmte Gestalt, die nicht dasjenige erreicht, was sie darstellen soll, nämlich
den seiner selbst bewußten Geist. Daß seine Gestalt ihn selbst ausdrückte,
müßte sie selbst nichts anderes sein als er und er sich so erschienen
oder wirklich sein, wie er in seinem Wesen ist. Dadurch allein würde auch
das erreicht, was die Forderung des Gegenteils zu sein scheinen kann, nämlich
dass der Gegenstand seines Bewußtseins
die Form freier Wirklichkeit zugleich hat; aber nur der Geist, der sich als
absoluter Geist Gegenstand ist, ist sich eine ebenso freie Wirklichkeit, als
er darin seiner selbst bewußt bleibt.
Indem zunächst das Selbstbewußtsein und das eigentliche Bewußtsein,
die Religion und der Geist in seiner Welt
oder das Dasein des Geistes unterschieden
wird, so besteht das letztere in dem Ganzen des Geistes, insofern seine Momente
als auseinandertretend und jedes für sich sich darstellt. Die Momente aber
sind das Bewußtsein, das Selbstbewußtsein,
die Vernunft und der Geist,
- der Geist nämlich als unmittelbarer
Geist, der noch nicht das Bewußtsein des Geistes ist. Ihre zusammengefaßte
Totalität macht den Geist in seinem weltlichen Dasein überhaupt
aus; der Geist als solcher enthält die bisherigen Gestaltungen in den allgemeinen
Bestimmungen, den soeben genannten Momenten. Die
Religion setzt den ganzen Ablauf derselben voraus und ist die einfache
Totalität oder das absolute Selbst derselben. -
Der Verlauf derselben ist übrigens im Verhältnis zur Religion nicht
in der Zeit vorzustellen. Der ganze Geist nur ist in der Zeit, und die Gestalten,
welche Gestalten des ganzen Geistes als
solchen sind, stellen sich in einer Aufeinanderfolge dar; denn nur das Ganze
hat eigentliche Wirklichkeit und daher die Form der reinen Freiheit gegen Anderes,
die sich als Zeit ausdrückt. Aber die Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist, haben,
weil sie Momente sind, kein voneinander verschiedenes Dasein. –
Wie der Geist von seinen Momenten unterschieden wurde, so ist noch drittens
von diesen Momenten selbst ihre vereinzelte Bestimmung zu unterscheiden. Jedes
jener Momente sahen wir nämlich wieder an ihm selbst sich in einem eigenen
Verlaufe unterscheiden und verschieden gestalten; wie z. B. am Bewußtsein
die sinnliche Gewißheit und die Wahrnehmung sich unterschied. Diese letzteren
Seiten treten in der Zeit auseinander und gehören einem
besonderen Ganzen an. -
Denn der Geist steigt aus seiner Allgemeinheit
durch die Bestimmung zur Einzelheit
herab. Die Bestimmung oder Mitte ist Bewußtsein,
Selbstbewußtsein usf. Die Einzelheit
aber machen die Gestalten dieser Momente aus. Diese stellen daher den Geist
in seiner Einzelheit oder Wirklichkeit dar und unterscheiden sich in der Zeit, so jedoch, daß die folgende die
vorher gehenden an ihr behält.
Wenn daher die Religion die Vollendung des Geistes ist, worin die einzelnen
Momente desselben, Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und Geist,
als in ihren Grund zurückgehen und
zurückgegangen sind, so machen sie
zusammen die daseiende Wirklichkeit des
ganzen Geistes aus, welcher nur ist als die unterscheidende und in sich zurückgehende
Bewegung dieser seiner Seiten. Das Werden der Religion
überhaupt ist in der Bewegung der allgemeinen Momente enthalten.
Indem aber jedes dieser Attribute, wie es nicht nur im allgemeinen sich bestimmt,
sondern wie es an und für sich ist, d. h. wie es in sich selbst sich als
Ganzes verläuft, dargestellt wurde, so ist damit auch nicht nur das Werden
der Religion überhaupt entstanden,
sondern jene vollständigen Verläufe der einzelnen Seiten enthalten
zugleich die Bestimmtheiten der Religion selbst.
Der ganze Geist, der Geist der Religion, ist wieder die Bewegung, aus seiner
Unmittelbarkeit zum Wissen dessen zu gelangen,
was er an sich oder unmittelbar ist, und
es zu erreichen, daß die Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein erscheint, seinem Wesen vollkommen
gleiche und er sich anschaue, wie er ist. -
In diesem Werden ist er also selbst in bestimmten
Gestalten, welche die Unterschiede dieser Bewegung ausmachen; zugleich hat damit
die bestimmte Religion ebenso einen bestimmten wirklichen
Geist. Wenn also dem sich wissenden
Geiste überhaupt Bewußtsein, Selbstbewußtsein, Vernunft und
Geist angehören, so gehören bestimmten
Gestalten des sich wissenden Geistes die bestimmten Formen an, welche sich innerhalb des Bewußtseins, Selbstbewußtseins,
der Vernunft und des Geistes an jedem besonders entwickelten. Die bestimmte
Gestalt der Religion greift für ihren wirklichen Geist aus den Gestalten
eines jeden seiner Momente diejenige heraus, welche ihr entspricht. Die
eine Bestimmtheit der Religion greift durch alle Seiten ihres wirklichen
Daseins hindurch und drückt ihnen dies gemeinschaftliche Gepräge auf.
Auf diese Weise ordnen sich nun die Gestalten, die bis hierher auftraten, anders,
als sie in ihrer Reihe erschienen, worüber vorher noch das Nötige
kurz zu bemerken ist. -
In der betrachteten Reihe bildete sich jedes Moment, sich in sich vertiefend,
zu einem Ganzen in seinem eigentümlichen Prinzip aus; und das Erkennen
war die Tiefe oder der Geist, worin sie, die für sich kein Bestehen haben,
ihre Substanz hatten. Diese Substanz ist aber nunmehr herausgetreten; sie ist
die Tiefe des seiner selbst gewissen Geistes, welche es dem einzelnen Prinzip
nicht gestattet, sich zu isolieren und in sich selbst zum Ganzen zu machen,
sondern
diese Momente alle in sich versammelnd und zusammenhaltend schreitet sie in
diesem gesamten Reichtum ihres wirklichen Geistes fort, und alle seine besonderen
Momente nehmen und empfangen gemeinschaftlich die gleiche Bestimmtheit des Ganzen
in sich. -
Dieser seiner selbst gewisse Geist und seine Bewegung ist ihre wahrhafte Wirklichkeit
und das Anundfürsichsein, das jedem
Einzelnen zukommt. –
Wenn also die bisherige eine Reihe in ihrem Fortschreiten durch Knoten die Rückgänge
in ihr bezeichnete, aber aus ihnen sich wieder in eine Länge fortsetzte,
so ist sie nunmehr gleichsam an diesen Knoten, den allgemeinen Momenten, gebrochen
und in viele Linien zerfallen, welche, in einen Bund zusammengefaßt, sich zugleich symmetrisch vereinen, so daß die gleichen Unterschiede, in welche jede besondere innerhalb ihrer sich gestaltete,
zusammentreffen. -
Es erhellt übrigens aus der ganzen Darstellung von selbst, wie diese hier
vorgestellte Beiordnung der allgemeinen Richtungen zu verstehen ist, daß
es überflüssig wird, die Bemerkung zu machen, daß diese Unterschiede
wesentlich nur als Momente des Werdens, nicht als Teile zu fassen sind; an dem
wirklichen Geiste sind sie Attribute seiner Substanz, an der Religion aber vielmehr
nur Prädikate des Subjekts. –
Ebenso sind an sich oder für
uns wohl alle Formen überhaupt im Geiste und in jedem enthalten;
aber es kommt bei seiner Wirklichkeit überhaupt allein darauf an, welche
Bestimmtheit für ihn in seinem Bewußtsein
ist, in welcher er sein Selbst ausgedrückt oder in welcher
Gestalt er sein Wesen weiß.
Der Unterschied, der zwischen dem wirklichen Geiste
und ihm, der sich als Geist weiß, oder zwischen sich selbst als Bewußtsein
und als Selbstbewußtsein gemacht wurde, ist in dem Geiste aufgehoben,
der sich nach seiner Wahrheit weiß; sein Bewußtsein und sein Selbstbewußtsein
sind ausgeglichen. Wie aber hier die Religion erst unmittelbar ist, ist dieser Unterschied noch nicht in den Geist zurückgegangen. Es
ist nur der Begriff der Religion gesetzt;
in diesem ist das Wesen das Selbstbewußtsein, das sich alle Wahrheit ist und in dieser alle Wirklichkeit enthält. Dieses
Selbstbewußtsein hat als Bewußtsein sich zum Gegenstande; der erst
sich unmittelbar wissende Geist ist sich
also Geist in der Form der
Unmittelbarkeit, und die Bestimmtheit der Gestalt, worin er sich
erscheint, ist die des Seins.
Dies Sein ist zwar weder mit der Empfindung oder dem mannigfaltigen Stoffe noch
mit sonstigen einseitigen Momenten, Zwecken und Bestimmungen erfüllt,
sondern mit dem Geiste und wird von sich als alle Wahrheit und Wirklichkeit
gewußt. Diese Erfüllung ist
auf diese Weise ihrer Gestalt, er als
Wesen seinem Bewußtsein nicht gleich. Er ist erst als absoluter Geist
wirklich, indem er, wie er in der Gewißheit
seiner selbst, sich auch in seiner Wahrheit ist, oder die Extreme,
in die er sich als Bewußtsein teilt, in Geistsgestalt füreinander
sind. Die Gestaltung, welche der Geist als Gegenstand seines Bewußtseins
annimmt, bleibt von der Gewißheit des Geistes als von der Substanz erfüllt;
durch diesen Inhalt verschwindet dies, daß der Gegenstand zur reinen Gegenständlichkeit,
zur Form der Negativität des Selbstbewußtseins herabsänke. Die
unmittelbare Einheit des Geistes mit sich selbst ist die Grundlage oder
reines Bewußtsein, innerhalb dessen
das Bewußtsein auseinandertritt. Auf diese Weise in sein reines Selbstbewußtsein
eingeschlossen, existiert er in der Religion nicht als der Schöpfer einer
Natur überhaupt; sondern was er in dieser Bewegung hervorbringt,
sind seine Gestalten als Geister, die zusammen die Vollständigkeit seiner
Erscheinung ausmachen, und diese Bewegung selbst ist das Werden seiner vollkommenen
Wirklichkeit durch die einzelnen Seiten derselben oder seine unvollkommenen
Wirklichkeiten.
Die erste Wirklichkeit desselben ist der
Begriff der Religion selbst oder sie als unmittelbare
und also natürliche Religion;
in ihr weiß der Geist sich als seinen Gegenstand in natürlicher oder
unmittelbarer Gestalt.
Die zweite aber ist notwendig diese, sich
in der Gestalt der aufgehobenen Natürlichkeit
oder des Selbsts zu wissen. Sie ist also
die künstliche Religion; denn zur
Form des Selbsts erhebt sich die Gestalt durch das
Hervorbringen des Bewußtseins, wodurch dieses in seinem Gegenstande
sein Tun oder das Selbst anschaut.
Die dritte endlich hebt die Einseitigkeit
der beiden ersten auf; das Selbst ist
ebensowohl ein unmittelbares, als die
Unmittelbarkeit Selbst ist.
Wenn in der ersten der Geist überhaupt in
der Form des Bewußtseins, in der zweiten des Selbstbewußtseins ist, so ist er in der dritten
in der Form der Einheit beider; er hat die Gestalt
des Anundfürsichseins; und indem
er also vorgestellt ist, wie er an und für sich ist, so ist dies die
offenbare Religion. Ob er aber in ihr wohl zu seiner wahren
Gestalt gelangt, so ist eben die Gestalt
selbst und die Vorstellung noch
die unüberwundene Seite, von der er in den Begriff
übergehen muß, um die Form der Gegenständlichkeit
in ihm ganz aufzulösen, in ihm, der ebenso dies sein Gegenteil in sich
schließt. Alsdann hat der Geist den Begriff seiner selbst erfaßt,
wie wir nur erst ihn erfaßt haben, und seine Gestalt oder das Element
seines Daseins, indem sie der Begriff ist, ist er
selbst.
A.
Die natürliche Religion
Der den Geist wissende Geist ist Bewußtsein seiner selbst und ist sich
in der Form des Gegenständlichen; er ist
- und ist zugleich das Fürsichsein.
Er ist für sich, er ist die Seite
des Selbstbewußtseins,
und zwar gegen die Seite seines Bewußtseins oder des sich auf sich
als Gegenstand Beziehens. In seinem Bewußtsein
ist die Entgegensetzung und hierdurch die Bestimmtheit
der Gestalt, in welcher er sich erscheint und weiß. Um diese
ist es in dieser Betrachtung der Religion allein zu tun, denn sein ungestaltetes
Wesen oder sein reiner Begriff hat sich schon ergeben. Der Unterschied des Bewußtseins
und Selbstbewußtseins fällt aber zugleich innerhalb des letzteren;
die Gestalt der Religion enthält nicht das Dasein des Geistes, wie er vom
Gedanken freie Natur noch wie er vom Dasein freier Gedanke ist; sondern sie
ist das im Denken erhaltene Dasein, so wie ein Gedachtes, das sich da ist. -
Nach der Bestimmtheit dieser Gestalt,
in welcher der Geist sich weiß, unterscheidet sich eine Religion von einer
anderen; allein es ist zugleich zu bemerken, daß die Darstellung dieses
seines Wissens von sich nach dieser einzelnen Bestimmtheit
in der Tat nicht das Ganze einer wirklichen Religion erschöpft.
Die Reihe der verschiedenen Religionen, die sich ergeben werden, stellt ebensosehr
wieder nur die verschiedenen Seiten einer einzigen, und zwar
jeder einzelnen dar, und die Vorstellungen, welche eine wirkliche
Religion vor einer anderen auszuzeichnen scheinen, kommen in jeder vor.
Allein zugleich muß die Verschiedenheit auch als eine Verschiedenheit
der Religion betrachtet werden. Denn indem der Geist sich im Unterschiede seines
Bewußtseins und seines Selbstbewußtseins befindet, so hat die Bewegung
das Ziel, diesen Hauptunterschied aufzuheben und der Gestalt, die Gegenstand
des Bewußtseins ist, die Form des Selbstbewußtseins zu geben. Dieser
Unterschied ist aber nicht dadurch schon aufgehoben, daß die Gestalten,
die jenes enthält, auch das Moment des Selbsts an ihnen haben und der Gott
als Selbstbewußtsein vorgestellt
wird. Das vorgestellte Selbst ist nicht
das wirkliche; daß es, wie jede
andere nähere Bestimmung der Gestalt, dieser in Wahrheit angehöre,
muß es teils durch das Tun des Selbstbewußtseins in sie gesetzt
werden, teils muß die niedrige Bestimmung von der höheren aufgehoben
und begriffen zu sein sich zeigen. Denn das Vorgestellte hört nur dadurch
auf, Vorgestelltes und seinem Wissen fremd zu sein, daß das Selbst es
hervorgebracht hat und also die Bestimmung des Gegenstandes als die seinige,
somit sich in ihm anschaut. -
Durch diese Tätigkeit ist die niedrigere Bestimmung zugleich verschwunden;
denn das Tun ist das negative, das sich auf Kosten
eines anderen ausführt; insofern sie auch noch vorkommt, so ist sie in
die Unwesentlichkeit zurückgetreten; so wie
dagegen, wo die niedrigere noch herrschend ist, die höhere aber auch vorkommt,
die eine selbstlos neben der anderen Platz hat. Wenn daher die verschiedenen
Vorstellungen innerhalb einer einzelnen Religion zwar die ganze Bewegung ihrer
Formen darstellen, so ist der Charakter einer jeden durch die besondere
Einheit des Bewußtseins und des Selbstbewußtseins bestimmt,
d. i. dadurch, daß das letztere die Bestimmung des Gegenstandes des ersteren
in sich gefaßt, sie durch sein Tun sich vollkommen angeeignet [hat]
und sie als die wesentliche gegen die anderen weiß. -
Die Wahrheit des Glaubens an eine Bestimmung des religiösen Geistes zeigt
sich darin, daß der wirkliche Geist
so beschaffen ist wie die Gestalt, in der er sich in der Religion anschaut,
- wie z. B. die Menschwerdung Gottes, die in der
morgenländischen Religion vorkommt, keine Wahrheit hat, weil ihr wirklicher
Geist ohne diese Versöhnung ist. –
Hierher gehört es nicht, von der Totalität der Bestimmungen zu der
einzelnen zurückzukehren und zu zeigen, in welcher Gestalt innerhalb ihrer
und ihrer besonderen Religion die Vollständigkeit der übrigen enthalten
ist. Die höhere Form unter eine niedrigere zurückgestellt entbehrt
ihrer Bedeutung für den selbstbewußten Geist, gehört ihm nur
oberflächlich und seiner Vorstellung an. Sie ist in ihrer eigentümlichen
Bedeutung und da zu betrachten, wo sie Prinzip dieser besonderen Religion und
durch ihren wirklichen Geist bewährt ist.
a.
Das Lichtwesen
Der Geist, als das Wesen, welches Selbstbewußtsein ist — oder das selbstbewußte Wesen, welches alle Wahrheit ist und
alle Wirklichkeit als sich selbst weiß —, ist gegen die Realität,
die er in der Bewegung seines Bewußtseins sich gibt, nur erst sein
Begriff; und dieser Begriff ist gegen den Tag dieser Entfaltung
die Nacht seines Wesens, gegen das Dasein seiner Momente als selbständiger
Gestalten das schöpferische Geheimnis seiner Geburt. Dies
Geheimnis hat in sich selbst seine Offenbarung; denn das Dasein hat in diesem
Begriffe seine Notwendigkeit, weil er der sich
wissende Geist ist, also in seinem Wesen das Moment hat, Bewußtsein zu
sein und sich gegenständlich vorzustellen. —
Es ist das reine Ich, das in seiner Entäußerung, in sich als allgemeinem
Gegenstande die Gewißheit seiner selbst hat, oder dieser Gegenstand
ist für es die Durchdringung alles Denkens und aller Wirklichkeit.
In der unmittelbaren ersten Entzweiung des sich wissenden absoluten Geistes
hat seine Gestalt diejenige Bestimmung, welche dem
unmittelbaren Bewußtsein oder der sinnlichen Gewißheit zukommt. Er schaut sich in der Form des Seins an, jedoch nicht des geistlosen, mit zufälligen Bestimmungen der
Empfindung erfüllten Seins, das der sinnlichen Gewißheit angehört, sondern es ist das mit dem
Geiste erfüllte Sein. Es schließt ebenso die Form in sich, welche
an dem unmittelbaren Selbstbewußtsein vorkam,
die Form des Herrn gegen das von seinem
Gegenstande zurücktretende Selbstbewußtsein des Geistes. —
Dies mit dem Begriffe des Geistes erfüllte Sein
ist also die Gestalt der einfachen
Beziehung des Geistes auf sich selbst oder die Gestalt der Gestaltlosigkeit.
Sie ist vermöge dieser Bestimmung das reine, alles
enthaltende und erfüllende Lichtwesen
des Aufgangs, das sich in seiner formlosen Substantialität erhält. Sein Anderssein
ist das ebenso einfache Negative, die Finsternis; die Bewegungen seiner eigenen Entäußerung, seine Schöpfungen
in dem widerstandslosen Elemente seines Andersseins
sind Lichtgüsse; sie sind in ihrer Einfachheit
zugleich sein Fürsichwerden und Rückkehr aus
seinem Dasein, die Gestaltung verzehrende Feuerströme. Der Unterschied,
den es sich gibt, wuchert zwar in der Substanz des Daseins fort und gestaltet
sich zu den Formen der Natur; aber die wesentliche Einfachheit seines Denkens
schweift bestandlos und unverständig in ihnen umher, erweitert ihre Grenzen
zum Maßlosen und löst ihre zur Pracht gesteigerte Schönheit
in ihrer Erhabenheit auf.
Der Inhalt, den dies reine Sein entwickelt,
oder sein Wahrnehmen ist daher ein wesenloses Beiherspielen
an dieser Substanz, die nur aufgeht, ohne
in sich niederzugehen, Subjekt
zu werden und durch das Selbst ihre Unterschiede zu befestigen. Ihre Bestimmungen
sind nur Attribute, die nicht zur Selbständigkeit gedeihen, sondern nur
Namen des vielnamigen Einen bleiben. Dieses ist mit den mannigfachen Kräften des Daseins und den Gestalten
der Wirklichkeit als mit einem selbstlosen Schmucke angekleidet; sie sind nur
eigenen Willens entbehrende Boten seiner Macht, Anschauungen seiner Herrlichkeit
und Stimmen seines Preises.
Dies taumelnde Leben aber muß sich zum Fürsichsein
bestimmen und seinen verschwindenden Gestalten Bestehen geben. Das unmittelbare
Sein, in welchem es sich seinem Bewußtsein gegenüberstellt,
ist selbst die negative Macht, die seine
Unterschiede auflöst. Es ist also in Wahrheit das Selbst;
und der Geist geht darum dazu über, sich in der Form des Selbsts
zu wissen. Das reine Licht wirft seine Einfachheit
als eine Unendlichkeit von
Formen auseinander und gibt sich dem Fürsichsein
zum Opfer dar, daß das Einzelne sich das Bestehen an seiner Substanz
nehme.
b. Die
Pflanze und das Tier
Der selbstbewußte Geist, der aus dem gestaltlosen Wesen in sich gegangen
oder seine Unmittelbarkeit zum Selbst überhaupt erhoben, bestimmt seine
Einfachheit als eine Mannigfaltigkeit des Fürsichseins und ist die Religion
der geistigen Wahrnehmung, worin er in
die zahllose Vielheit schwächerer und kräftigerer,
reicherer und ärmerer Geister zerfällt. Dieser Pantheismus,
zunächst das ruhige Bestehen dieser
Geisteratome, wird zur feindseligen Bewegung
in sich selbst. Die Unschuld der Blumenreligion,
die nur selbstlose Vorstellung des Selbsts ist,
geht in den Ernst des kämpfenden Lebens, in die Schuld
der Tierreligion, die Ruhe und Ohnmacht
der anschauenden Individualität in das zerstörende Fürsichsein
über. —
Es hilft nichts, den Dingen der Wahrnehmung den Tod
der Abstraktion genommen und sie zu Wesen geistiger Wahrnehmung
erhoben zu haben; die Beseelung dieses Geisterreichs hat
ihn durch die Bestimmtheit und die Negativität an ihr, die über die
unschuldige Gleichgültigkeit derselben übergreift. Durch sie wird
die Zerstreuung in die Mannigfaltigkeit der ruhigen Pflanzengestalten eine feindselige
Bewegung, worin sich der Haß ihres Fürsichseins
aufreibt. -
Das wirkliche Selbstbewußtsein dieses
zerstreuten Geistes ist eine Menge vereinzelter
ungeselliger Völkergeister, die in ihrem Hasse
sich auf den Tod bekämpfen und bestimmter Tiergestalten als ihres
Wesens sich bewußt werden, denn sie sind nichts anderes als Tiergeister,
sich absondernde, ihrer ohne Allgemeinheit bewußte Tierleben.
In diesem Hasse reibt sich aber die Bestimmtheit
des rein negativen Fürsichseins auf, und durch diese Bewegung des Begriffs
tritt der Geist in eine andere Gestalt. Das aufgehobene
Fürsichsein ist die Form des Gegenstandes,
die durch das Selbst hervorgebracht oder die vielmehr das hervorgebrachte,
sich aufreibende, d. h. zum Dinge werdende Selbst ist. Über die nur zerreißenden Tiergeister behält daher der Arbeitende die Oberhand,
dessen Tun nicht nur negativ, sondern beruhigt
und positiv ist. Das Bewußtsein des Geistes ist also nunmehr die Bewegung,
die über das unmittelbare Ansichsein wie über das abstrakte Fürsichsein
hinaus ist. Indem das Ansich zu einer Bestimmtheit durch den Gegensatz
herabgesetzt ist, ist es nicht mehr die eigene Form des
absoluten Geistes, sondern eine Wirklichkeit, die sein Bewußtsein
sich entgegengesetzt als das gemeine Dasein vorfindet, sie aufhebt und ebenso
nicht nur dies aufhebende Fürsichsein ist, sondern auch seine Vorstellung,
das zur Form eines Gegenstandes herausgesetzte Fürsichsein, hervorbringt.
Dies Hervorbringen ist jedoch noch nicht das vollkommene, sondern eine
bedingte Tätigkeit und das Formieren eines
Vorhandenen.
c.
Der Werkmeister
Der Geist erscheint also hier als der Werkmeister,
und sein Tun, wodurch er sich selbst als Gegenstand hervorbringt,
aber den Gedanken seiner noch nicht erfaßt hat, ist ein instinktartiges
Arbeiten, wie die Bienen ihre Zellen bauen.
Die erste Form, weil sie die unmittelbare ist, ist sie die abstrakte
des Verstandes, und das Werk [ist] noch
nicht an ihm selbst vom Geiste erfüllt. Die Kristalle der Pyramiden und
Obelisken, einfache Verbindungen gerader Linien mit ebenen Oberflächen
und gleichen Verhältnissen der Teile, an denen die Inkommensurabilität
des Runden vertilgt ist, sind die Arbeiten dieses Werkmeisters
der strengen Form. Um der bloßen Verständigkeit der Form willen
ist sie nicht ihre Bedeutung an ihr selbst, nicht das geistige Selbst. Die Werke
empfangen also nur den Geist entweder in sich als einen fremden, abgeschiedenen
Geist, der seine lebendige Durchdringung mit der Wirklichkeit verlassen [hat],
selbst tot in diese des Lebens entbehrenden Kristalle
einkehrt; oder sie beziehen sich äußerlich auf ihn als auf einen
solchen, der selbst äußerlich und nicht als Geist da ist, — als auf das aufgehende Licht, das seine Bedeutung
auf sie wirft.
Die Trennung, von welcher der arbeitende Geist
ausgeht, des Ansichseins, das zum Stoffe
wird, den er verarbeitet, und des Fürsichseins,
welches die Seite des arbeitenden Selbstbewußtseins
ist, ist ihm in seinem Werke gegenständlich geworden.
Seine fernere Bemühung muß dahin gehen, diese Trennung der Seele
und des Leibes aufzuheben, jene an ihr selbst zu bekleiden und zu gestalten,
diesen aber zu beseelen. Beide Seiten, indem sie einander nähergebracht
werden, behalten dabei die Bestimmtheit des vorgestellten Geistes und seiner
umgebenden Hülle gegeneinander; seine Einigkeit mit sich selbst
enthält diesen Gegensatz
der Einzelheit und Allgemeinheit. Indem das Werk in seinen Seiten sich selbst
[sich] nähert, so geschieht dadurch zugleich
auch das andere, daß es dem arbeitenden Selbstbewußtsein nähertritt
und dieses zum Wissen seiner, wie es an und für sich ist, in dem Werke
gelangt. So aber macht es nur erst die abstrakte Seite
der Tätigkeit des Geistes aus, welche nicht in sich selbst noch
ihren Inhalt, sondern [ihn] an seinem Werke, das
ein Ding ist, weiß. Der Werkmeister selbst,
der ganze Geist, ist noch
nicht erschienen, sondern ist das noch innere verborgene
Wesen, welches als Ganzes, nur zerlegt in das tätige
Selbstbewußtsein und in seinen hervorgebrachten Gegenstand, vorhanden
ist.
Die umgebende Behausung also, die äußere
Wirklichkeit, die nur erst in die abstrakte Form des Verstandes erhoben
ist, arbeitet der Werkmeister zur beseelteren Form aus.
Er verwendet das Pflanzenleben dazu, das
nicht mehr wie dem früheren ohnmächtigen
Pantheismus heilig ist, sondern von ihm, der sich
als das fürsichseiende Wesen erfaßt, als etwas Brauchbares genommen
und zur Außenseite und
Zierde zurückgesetzt wird. Es wird aber nicht unverändert verwendet, sondern der Arbeiter der selbstbewußten Form vertilgt
zugleich die Vergänglichkeit, welche die unmittelbare
Existenz dieses Lebens an ihm hat, und nähert seine organischen
Formen den strengeren und allgemeineren des Gedankens. Die organische Form,
die freigelassen in der Besonderheit fortwuchert, ihrerseits von der Form des
Gedankens unterjocht, erhebt andererseits diese geradlinigen und ebenen Gestalten
zur beseelteren Rundung, — eine Vermischung, welche
die Wurzel der freien Architektur wird.
Diese Wohnung, die Seite des allgemeinen
Elements oder der unorganischen Natur des Geistes, schließt
nun auch eine Gestalt der Einzelheit in sich, die den vorher von dem Dasein
abgeschiedenen, ihm inneren oder äußerlichen Geist der Wirklichkeit
näherbringt und dadurch das Werk dem tätigen Selbstbewußtsein
gleicher macht. Der Arbeiter greift zuerst zur Form des
Fürsichseins überhaupt, zur Tiergestalt. Daß
er sich seiner nicht mehr unmittelbar im Tierleben bewußt ist, beweist
er dadurch, daß er gegen dieses sich als die hervorbringende Kraft konstituiert
und in ihm als seinem Werke sich weiß;
wodurch sie zugleich eine aufgehobene und die Hieroglyphe einer anderen Bedeutung,
eines Gedankens wird. Daher wird sie auch nicht mehr allein und ganz vom Arbeiter
gebraucht, sondern mit der Gestalt des Gedankens, mit der menschlichen, vermischt.
Noch fehlt dem Werke aber die Gestalt und Dasein, worin das Selbst als Selbst
existiert; — es fehlt ihm noch dies, an ihm selbst es auszusprechen, daß es eine innere Bedeutung in sich schließt, es fehlt
ihm die Sprache, das Element, worin der erfüllende Sinn selbst vorhanden
ist. Das Werk daher, wenn es sich von dem Tierischen auch ganz gereinigt
[hat] und die Gestalt des Selbstbewußtseins
allein an ihm trägt, ist die noch tonlose Gestalt, die des Strahls der
aufgehenden Sonne bedarf, um Ton zu haben, der, vom Lichte
erzeugt, auch nur Klang und nicht Sprache
ist, nur ein äußeres Selbst, nicht das innere zeigt.
Diesem äußeren Selbst der Gestalt steht die andere gegenüber,
welche anzeigt, ein Inneres an ihr zu
haben. Die in ihr Wesen zurückgehende Natur setzt ihre lebendige, sich
verein¬zelnde und in ihrer Bewegung sich verwirrende Mannigfaltigkeit zu
einem unwesentlichen Gehäuse herab, das die Decke
des Inneren ist; und dieses Innere ist zunächst noch die
einfache Finsternis, das Unbewegte, der schwarze formlose Stein.
Beide Darstellungen enthalten die Innerlichkeit und
das Dasein, — die beiden Momente
des Geistes; und beide Darstellungen [enthalten sie] beide zugleich in entgegengesetztem Verhältnisse, das Selbst sowohl als
Inneres wie als Äußeres. Beides ist zu vereinigen. — Die Seele
der menschlich geformten Bildsäule kommt noch nicht aus dem Innern, ist
noch nicht die Sprache, das Dasein, das an ihm selbst innerlich ist, —
und das Innere des vielförmigen Daseins ist noch das Tonlose, sich nicht
in sich selbst Unterscheidende und von seinem Äußeren, dem alle Unterschiede
gehören, noch Getrennte. —
Der Werkmeister vereint daher beides in der
Vermischung der natürlichen und der selbstbewußten Gestalt,
und diese zweideutigen, sich selbst rätselhaften
Wesen, das Bewußte ringend mit dem Bewußtlosen, das einfache
Innere mit dem vielgestalteten Äußeren, die
Dunkelheit des Gedankens mit der Klarheit der Äußerung paarend, brechen
in die Sprache tiefer, schwerverständlicher Weisheit aus.
In diesem Werke hört die instinktartige Arbeit auf, die dem Selbstbewußtsein
gegenüber das bewußtlose Werk erzeugte; denn in ihm kommt der
Tätigkeit des Werkmeisters, welche das Selbstbewußtsein ausmacht,
ein ebenso selbstbewußtes, sich aussprechendes Inneres entgegen. Er
hat sich darin zu der Entzweiung seines Bewußtseins
emporgearbeitet, worin der Geist
dem Geiste begegnet. In dieser Einheit des
selbstbewußten Geistes mit sich selbst, insofern
er sich Gestalt und Gegenstand seines Bewußtseins ist, reinigen
sich also seine Vermischungen mit der bewußtlosen Weise der unmittelbaren
Naturgestalt. Diese Ungeheuer an Gestalt, Rede und Tat
lösen sich zur geistigen Gestaltung auf, — einem
Äußeren, das in sich gegangen, — einem Inneren, das sich aus
sich und an sich selbst äußert; zum Gedanken, der sich gebärendes
und seine Gestalt ihm gemäß erhaltendes und klares Dasein ist. Der
Geist ist Künstler.
B.
Die Kunstreligion
Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein Bewußtsein ist,
in die Form des Bewußtseins selbst erhoben und bringt eine solche sich
hervor. Der Werkmeister hat das synthetische
Arbeiten, das Vermischen der
fremdartigen Formen des Gedankens und des Natürlichen aufgegeben;
indem die Gestalt die Form der selbstbewußten Tätigkeit gewonnen,
ist er geistiger Arbeiter geworden.
Fragen wir danach, welches der wirkliche Geist
ist, der in der Kunstreligion das
Bewußtsein seines absoluten Wesens hat, so ergibt sich, daß es der sittliche oder der wahre
Geist ist. Er ist nicht nur die allgemeine Substanz aller Einzelnen,
sondern indem sie für das wirkliche Bewußtsein
die Gestalt des Bewußtseins hat, so heißt dies soviel, daß sie, die Individualisation hat, von ihnen als ihr eigenes
Wesen und Werk gewußt wird. Weder ist sie so für sie das
Lichtwesen, in dessen Einheit das Fürsichsein des Selbstbewußtseins
nur negativ, nur vergehend enthalten ist und den Herrn seiner Wirklichkeit anschaut,
noch ist sie das rastlose Verzehren sich hassender Völker,
noch die Unterjochung derselben zu Kasten, die zusammen den Schein der Organisation
eines vollendeten Ganzen ausmachen, dem aber die allgemeine Freiheit der Individuen
fehlt. Sondern er ist das freie Volk, worin die Sitte die Substanz aller
ausmacht, deren Wirklichkeit und Dasein alle und jeder Einzelne als seinen Willen
und Tat weiß.
Die Religion des sittlichen Geistes ist aber seine Erhebung über seine
Wirklichkeit, das Zurückgehen aus seiner Wahrheit
in das reine Wissen seiner selbst. Indem das sittliche Volk in der unmittelbaren Einheit mit seiner Substanz lebt
und das Prinzip der reinen Einzelheit des Selbstbewußtseins nicht an ihm
hat, so tritt seine Religion in ihrer Vollendung erst im
Scheiden von seinem Bestehen auf.
Denn die Wirklichkeit der sittlichen Substanz
beruht teils auf ihrer ruhigen Unwandelbarkeit gegen die absolute Bewegung des Selbstbewußtseins und hiermit darauf,
daß dieses noch nicht aus seiner ruhigen Sitte und seinem festen Vertrauen
in sich gegangen ist, teils auf seiner Organisation in eine Vielheit
von Rechten und Pflichten sowie in die Verteilung in die Massen der Stände
und ihres besonderen Tuns, das zum Ganzen zusammenwirkt, — hiermit darauf,
daß der Einzelne mit der Beschränkung seines Daseins zufrieden ist
und den schrankenlosen Gedanken seines freien Selbsts noch nicht erfaßt
hat. Aber jenes ruhige unmittelbare Vertrauen
zur Substanz geht in das Vertrauen zu sich
und in die Gewißheit seiner selbst zurück, und die Vielheit der Rechte und Pflichten wie das beschränkte
Tun ist dieselbe dialektische Bewegung des Sittlichen als die Vielheit
der Dinge und ihrer Bestimmungen — eine Bewegung,
die nur in der Einfachheit des seiner gewissen Geistes ihre Ruhe und Festigkeit
findet. —
Die Vollendung der Sittlichkeit zum freien Selbstbewußtsein
und das Schicksal der sittlichen Welt ist daher die in sich gegangene Individualität,
der absolute Leichtsinn des sittlichen Geistes, der alle festen Unterschiede seines Bestehens und die Massen seiner organischen
Gliederung in sich aufgelöst [hat] und vollkommen
seiner sicher zur schrankenlosen Freudigkeit und zum freisten
Genusse seiner selbst gelangt ist. Diese einfache Gewißheit des
Geistes in sich ist das Zweideutige, ruhiges Bestehen und feste Wahrheit sowie
absolute Unruhe und das Vergehen der Sittlichkeit zu sein. Sie schlägt
aber in das letztere um, denn die Wahrheit des sittlichen Geistes ist nur erst
noch dies substantielle Wesen und Vertrauen, worin das Selbst sich nicht als
freie Einzelheit weiß und das daher in dieser Innerlichkeit oder in dem Freiwerden des Selbsts zugrunde geht. Indem also
das Vertrauen gebrochen, die Substanz des Volks in sich geknickt ist, so ist
der Geist, der die Mitte von bestandlosen Extremen war, nunmehr in das Extrem
des sich als Wesen erfassenden Selbstbewußtseins herausgetreten. Dieses ist der in sich gewisse Geist, der über den Verlust seiner Welt
trauert und sein Wesen, über die Wirklichkeit erhoben, nun aus der
Reinheit des Selbsts hervorbringt.
In solcher Epoche tritt die absolute Kunst hervor;
früher ist sie das instinktartige Arbeiten,
das, ins Dasein versenkt, aus ihm heraus und in es hinein arbeitet, nicht an
der freien Sittlichkeit seine Substanz und daher auch zum arbeitenden
Selbst nicht die freie geistige Tätigkeit hat. Später ist der
Geist über die Kunst hinaus, um seine höhere Darstellung zu gewinnen,
— nämlich nicht nur die aus dem Selbst geborene
Substanz, sondern in seiner Darstellung als Gegenstand
dieses Selbst zu sein, nicht nur aus seinem Begriffe sich zu gebären,
sondern seinen Begriff selbst zur Gestalt zu haben, so daß der
Begriff und das erzeugte Kunstwerk sich
gegenseitig als ein und dasselbe wissen.
Indem also die sittliche Substanz aus ihrem Dasein sich in ihr reines Selbstbewußtsein
zurückgenommen, so ist dieses die Seite des Begriffs
oder der Tätigkeit, mit welcher der
Geist sich als Gegenstand hervorbringt. Sie ist reine Form, weil der Einzelne
im sittlichen Gehorsam und Dienste sich alles bewußtlose
Dasein und feste Bestimmung so abgearbeitet hat, wie die Substanz selbst
dies flüssige Wesen geworden ist. Diese Form ist
die Nacht, worin die Substanz verraten ward und sich zum Subjekte machte;
aus dieser Nacht der reinen Gewißheit seiner selbst
ist es, daß der sittliche Geist als die von der Natur und seinem
unmittelbaren Dasein befreite Gestalt aufersteht.
Die Existenz des
reinen Begriffs, in den der Geist aus seinem Körper geflohen, ist
ein Individuum, das er sich zum Gefäße seines Schmerzes erwählt. Er ist an diesem als sein Allgemeines und seine Macht, von welcher es Gewalt
leidet, — als sein Pathos, dem hingegeben sein Selbstbewußtsein
die Freiheit verliert. Aber jene positive Macht der Allgemeinheit wird vom reinen
Selbst des Individuums, als der negativen Macht,
bezwungen. Diese reine Tätigkeit, ihrer unverlierbaren
Kraft bewußt, ringt mit dem ungestalteten Wesen; Meister darüber
werdend, hat sie das Pathos zu ihrem Stoffe gemacht und sich ihren Inhalt
gegeben, und diese Einheit tritt als Werk heraus, der
allgemeine Geist individualisiert und vorgestellt.
a.
Das abstrakte Kunstwerk
Das erste Kunstwerk ist, als das unmittelbare, das abstrakte und einzelne. Seinerseits
hat es sich aus der unmittelbaren und gegenständlichen Weise dem Selbstbewußtsein
entgegenzubewegen, wie andererseits dieses für sich im Kultus darauf geht,
die Unterscheidung aufzuheben, die es sich zuerst gegen seinen Geist gibt, und
hierdurch das an ihm selbst belebte Kunstwerk hervorzubringen.
Die erste Weise, in welcher der künstlerische Geist seine Gestalt und sein
tätiges Bewußtsein am weitesten voneinander entfernt, ist die unmittelbare,
daß jene als Ding überhaupt da ist. —
Sie zerfällt an ihr in den Unterschied der Einzelheit, welche die Gestalt des Selbsts an ihr hat, und der Allgemeinheit, welche das
unorganische Wesen in bezug auf die Gestalt, als seine Umgebung und Behausung,
darstellt. Diese gewinnt durch die Erhebung des Ganzen in den reinen Begriff
ihre reine, dem Geiste angehörige Form. Sie ist weder der verständige
Kristall, der das Tote behaust oder von der äußerlichen Seele beschienen
wird, noch die aus der Pflanze erst hervorgehende Vermischung der Formen der
Natur und des Gedankens, dessen Tätigkeit hierin noch ein Nachahmen
ist. Sondern der Begriff streift das ab, was von der Wurzel.
dem Geäste und Geblätter den Formen noch anklebt, und reinigt
sie zu Gebilden, worin das Geradlinige und Ebene des Kristalls in inkommensurable
Verhältnisse erhoben ist, so daß die Beseelung
des Organischen in die abstrakte Form des Verstandes
aufgenommen und zugleich ihr Wesen, die Inkommensurabilität, für
den Verstand erhalten wird.
Der inwohnende Gott aber
ist der aus dem Tiergehäuse hervorgezogene schwarze Stein, der mit dem
Lichte des Bewußtseins durchdrungen ist.
Die menschliche Gestalt streift die tierische, mit der sie vermischt war, ab;
das Tier ist für den Gott nur
eine zufällige Verkleidung; es tritt neben seine wahre Gestalt und
gilt für sich nichts mehr, sondern ist zur Bedeutung eines Anderen, zum
bloßen Zeichen, herabgesunken. Die Gestalt des Gottes streift eben dadurch
an ihr selbst auch die Bedürftigkeit der natürlichen Bedingungen des
tierischen Daseins ab und deutet die innerlichen Anstalten des organischen Lebens
in ihre Oberfläche verschmolzen und nur dieser angehörig an. —
Das Wesen des Gottes
aber ist die Einheit des allgemeinen Daseins der Natur und des selbstbewußten
Geistes, der in seiner Wirklichkeit jenem
gegenüberstehend erscheint. Zugleich zunächst
eine einzelne Gestalt, ist sein Dasein
eines der Elemente der Natur, so wie seine selbstbewußte Wirklichkeit
ein einzelner Volksgeist. Aber jenes ist in dieser
Einheit das in den Geist reflektierte Element, die durch den Gedanken verklärte,
mit dem selbstbewußten Leben geeinte Natur. Die Göttergestalt hat
darum ihr Naturelement als ein aufgehobenes, als eine dunkle Erinnerung in ihr.
Das wüste Wesen und der verworrene
Kampf des freien Daseins der Elemente, das unsittliche
Reich der Titanen, ist besiegt und an den Saum der sich klar gewordenen
Wirklichkeit, an die trüben Grenzen der sich
im Geiste findenden und beruhigten Welt verwiesen. Diese alten Götter,
in welche das Lichtwesen, mit der Finsternis zeugend,
sich zunächst besondert, der Himmel, die Erde, der Ozean, die Sonne, das
blinde typhonische Feuer der Erde usf. sind durch Gestalten ersetzt, die an
ihnen nur noch den dunkel erinnernden Anklang an jene Titanen haben und nicht
mehr Naturwesen, sondern klare sittliche Geister der selbstbewußten
Völker sind.
Diese einfache Gestalt hat also die Unruhe der unendlichen
Vereinzelung — ihrer sowohl als des Naturelements, das nur als
allgemeines Wesen notwendig, in seinem Dasein und Bewegung aber sich zufällig
verhält, wie ihrer als des Volks, das, in die besonderen Massen des Tuns
und in die individuellen Punkte des Selbstbewußtseins zerstreut, ein Dasein
mannigfaltigen Sinnes und Tuns hat — an sich vertilgt und in ruhige Individualität
zusammengefaßt. Es steht ihr daher das Moment der Unruhe, ihr —
dem Wesen — das Selbstbewußtsein gegenüber, das als die Geburtsstätte derselben für sich nichts
übrig behielt, als die reine Tätigkeit zu sein. Was der Substanz angehört, gab der Künstler ganz seinem Werke
mit, sich selbst aber als einer bestimmten Individualität
in seinem Werke keine Wirklichkeit; er konnte ihm die Vollendung
nur dadurch erteilen, daß er seiner Besonderheit
sich entäußerte und zur Abstraktion
des reinen Tuns sich entkörperte und steigerte. —
In dieser ersten unmittelbaren Erzeugung ist die Trennung des Werks und seiner
selbstbewußten Tätigkeit noch nicht wieder vereinigt; das
Werk ist daher nicht für sich das wirklich beseelte, sondern es ist
Ganzes nur mit seinem Werden zusammen. Das Gemeine an dem Kunstwerke, daß es im Bewußtsein erzeugt
und von Menschenhänden gemacht ist, ist das Moment des als Begriff existierenden
Begriffs, der ihm gegenübertritt. Und wenn dieser, als Künstler oder
als Betrachter, das Kunstwerk als an ihm selbst absolut beseelt auszusprechen
und sich, den Tuenden oder Schauenden, zu vergessen uneigennützig genug
ist, so muß hiergegen der Begriff des Geistes festgehalten werden, der
des Moments nicht entbehren kann, seiner selbst bewußt zu sein. Dies Moment
aber steht dem Werke gegenüber, weil er in dieser seiner ersten
Entzweiung beiden Seiten ihre abstrakten Bestimmungen
des Tuns und Dingseins
gegeneinander gibt und ihre Rückkehr
in die Einheit, von der sie ausgingen, noch nicht zustande gekommen ist.
Der Künstler erfährt also an seinem Werke, daß er
kein ihm gleiches Wesen hervorbrachte.
Es kommt ihm zwar daraus ein Bewußtsein so zurück, daß eine
bewundernde Menge es als den Geist, der ihr Wesen ist, verehrt. Aber diese Beseelung,
indem sie ihm sein Selbstbewußtsein nur als Bewunderung erwidert, ist
vielmehr ein Bekenntnis, das diese Beseelung an den Künstler ablegt, nicht
seinesgleichen zu sein. Indem es ihm als Freudigkeit überhaupt zurückkommt,
findet er darin nicht den Schmerz seiner Bildung und Zeugung, nicht die Anstrengung
seiner Arbeit. Sie mögen das Werk auch noch beurteilen oder ihm Opfer bringen,
auf welche Art es sei, ihr Bewußtsein darein legen, — wenn sie sich
mit ihrer Kenntnis darüber setzen, weiß er, wieviel mehr seine Tat
als ihr Verstehen und Reden ist; wenn sie sich darunter setzen und ihr sie beherrschendes
Wesen darin erkennen, weiß er sich als den Meister desselben.
Das Kunstwerk erfordert daher ein anderes Element seines Daseins, der Gott
einen anderen Hervorgang als diesen, worin er aus der Tiefe
seiner schöpferischen Nacht in das Gegenteil, in die Äußerlichkeit,
die Bestimmung des selbstbewußtlosen Dinges herabfällt. Dies höhere Element ist die Sprache, — ein Dasein,
das unmittelbar selbstbewußte Existenz ist. Wie das einzelne
Selbstbewußtsein in ihr da ist, ist es ebenso unmittelbar
als eine allgemeine Ansteckung; die vollkommene
Besonderung des Fürsichseins ist zugleich die Flüssigkeit und die
allgemein mitgeteilte Einheit der vielen Selbst; sie ist die als Seele existierende
Seele. Der Gott also, der die Sprache zum Elemente
seiner Gestalt hat, ist das an ihm selbst beseelte Kunstwerk,
das die reine Tätigkeit, die ihm, der als Ding existierte, gegenüber
war, unmittelbar in seinem Dasein hat. Oder das Selbstbewußtsein bleibt
in dem Gegenständlichwerden seines
Wesens unmittelbar bei sich.
Es ist, so in seinem Wesen bei sich selbst seiend, reines
Denken oder die Andacht, deren Innerlichkeit
in der Hymne zugleich Dasein hat. Sie behält die Einzelheit des Selbstbewußtseins in ihr, und
vernommen ist diese Einzelheit zugleich als allgemeine da; die Andacht, in allen
angezündet, ist der geistige Strom, der, in
der Vielfachheit des Selbstbewußtseins, seiner
als eines gleichen Tuns aller und als
einfaches Sein bewußt ist; der Geist
hat als dieses allgemeine Selbstbewußtsein aller seine reine Innerlichkeit
ebensowohl als das Sein für Andere und das Fürsichsein der Einzelnen
in einer Einheit.
Diese Sprache unterscheidet sich von einer anderen
Sprache des Gottes, die nicht die des allgemeinen
Selbstbewußtseins ist. Das Orakel sowohl
des Gottes der künstlerischen als der vorhergehenden Religionen ist die
notwendige erste Sprache desselben; denn in seinem Begriffe liegt ebensowohl, daß er das Wesen der Natur als des Geistes ist und daher
nicht nur natürliches sondern auch geistiges Dasein hat. Insofern dies
Moment erst in seinem Begriffe liegt und noch nicht in der Religion realisiert
ist, so ist die Sprache für das religiöse Selbstbewußtsein Sprache
eines fremden Selbstbewußtseins.
Das seiner Gemeine noch fremde Selbstbewußtsein ist noch nicht so da,
wie sein Begriff fordert. Das Selbst ist das einfache und dadurch schlechthin
allgemeine Fürsichsein; jenes aber, das von
dem Selbstbewußtsein der Gemeine getrennt ist, ist nur erst ein einzelnes.
—
Der Inhalt dieser einen und einzelnen Sprache ergibt sich aus der allgemeinen
Bestimmtheit, in welcher der absolute Geist überhaupt in seiner Religion
gesetzt ist. —
Der allgemeine Geist des Aufgangs, der sein Dasein
noch nicht besondert hat, spricht also ebenso einfache
und allgemeine Sätze vom Wesen aus, deren substantieller Inhalt
in seiner einfachen Wahrheit erhaben ist, aber
um dieser Allgemeinheit willen dem weiter sich fortbildenden Selbstbewußtsein
zugleich trivial erscheint.
Das weiter gebildete Selbst, das sich zum Fürsichsein erhebt, ist über das reine Pathos der Substanz, über die Gegenständlichkeit
des aufgehenden Lichtwesens Meister und
weiß jene Einfachheit der Wahrheit als das Ansichseiende, das nicht die Form des zufälligen Daseins durch eine fremde Sprache hat,
sondern als das sichere und ungeschriebene Gesetz
der Götter, das ewig lebt und von dem niemand weiß, von wannen es
erschien. —
Wie die allgemeine Wahrheit, die vom Lichtwesen
geoffenbart wurde, hier ins Innere oder Untere zurückgetreten und
damit der Form der zufälligen Erscheinung enthoben ist, so ist dagegen
in der Kunstreligion, weil die Gestalt des Gottes
das Bewußtsein und damit die Einzelheit überhaupt angenommen
hat, die eigene Sprache des Gottes, der der Geist des sittlichen Volkes ist,
das Orakel, das die besonderen Angelegenheiten
desselben weiß und das Nützliche darüber
kundtut.
Die allgemeinen Wahrheiten aber, weil sie als das Ansichseiende
gewußt werden, vindiziert sich das
wissende Denken, und die Sprache derselben ist ihm nicht mehr eine
fremde, sondern die eigene. Wie jener Weise des Altertums, was gut und schön
sei, in seinem eigenen Denken suchte, dagegen den schlechten zufälligen
Inhalt des Wissens, ob es ihm gut sei, mit diesem oder jenem umzugehen, oder
einem Bekannten gut, diese Reise zu machen, und dergleichen bedeutungslose Dinge,
dem Dämon zu wissen überließ, ebenso holt das allgemeine Bewußtsein
das Wissen vom Zufälligen von den Vögeln oder von den Bäumen
oder von der gärenden Erde, deren Dampf dem Selbstbewußtsein seine
Besonnenheit nimmt; denn das Zufällige ist das Unbesonnene
und Fremde, und das sittliche Bewußtsein läßt sich also
auch, wie durch ein Würfeln, auf eine unbesonnene und fremde Weise darüber
bestimmen. Wenn der Einzelne durch seinen Verstand sich bestimmt und mit Überlegung
das wählt, was ihm nützlich sei, so liegt dieser Selbstbestimmung
die Bestimmtheit des besonderen Charakters zum
Grunde; sie ist selbst das Zufällige, und jenes Wissen des Verstandes,
was dem Einzelnen nützlich ist, daher ein ebensolches Wissen als das jener
Orakel oder des Loses; nur daß der [, der]
das Orakel oder Los befragt, damit die sittliche Gesinnung
der Gleichgültigkeit gegen das Zufällige ausdrückt, da
jenes hingegen das an sich Zufällige als wesentliches Interesse seines
Denkens und Wissens behandelt. Das Höhere als beide aber ist, zwar die
Überlegung zum Orakel des zufälligen Tuns zu machen, aber diese überlegte
Handlung selbst wegen ihrer Seite der Beziehung auf das
Besondere und ihrer Nützlichkeit als
etwas Zufälliges zu wissen.
Das wahre selbstbewußte Dasein, das der Geist
in der Sprache erhält, die nicht die Sprache
des fremden und also zufälligen, nicht allgemeinen Selbstbewußtseins
ist, ist das Kunstwerk, das wir vorhin gesehen. Es steht dem Dinglichen der
Bildsäule gegenüber. Wie diese das ruhende, so ist jenes das verschwindende
Dasein; wie in diesem die Gegenständlichkeit
frei entlassen des eigenen unmittelbaren Selbsts entbehrt, so bleibt sie dagegen
in jenem zu sehr in das Selbst eingeschlossen, kommt zuwenig zur Gestaltung
und ist, wie die Zeit, unmittelbar nicht mehr da, indem sie da ist.
Die Bewegung beider Seiten, in der die im reinen
empfindenden Elemente des Selbstbewußtseins bewegte und die im Elemente
der Dingheit ruhende göttliche
Gestalt gegenseitig ihre verschiedene Bestimmung aufgeben und die Einheit
zum Dasein kommt, die der Begriff ihres Wesens ist, macht der Kultus
aus. In ihm gibt sich das Selbst das Bewußtsein des
Herabsteigens des göttlichen Wesens
aus seiner Jenseitigkeit zu ihm, und dieses, das
vorher das Unwirkliche und nur Gegenständliche ist, erhält dadurch die eigentliche Wirklichkeit
des Selbstbewußtseins.
Dieser Begriff des Kultus ist an sich schon in dem Strome des hymnischen Gesanges
enthalten und vorhanden. Diese Andacht ist die unmittelbare reine Befriedigung
des Selbsts durch und in sich selbst. Es ist die gereinigte
Seele, welche in dieser
Reinheit unmittelbar nur Wesen und eins mit dem Wesen ist. Sie ist um ihrer
Abstraktion willen nicht das seinen Gegenstand von sich
unterscheidende Bewußtsein und also nur die Nacht seines Daseins
und die bereitete Stätte seiner Gestalt.
Der abstrakte Kultus erhebt daher das
Selbst dazu, dieses reine göttliche Element zu sein. Die Seele vollbringt diese Läuterung mit Bewußtsein; doch
ist sie noch nicht das Selbst, das in seine Tiefen hinabgestiegen sich als das Böse weiß, sondern es ist ein
Seiendes, eine Seele, welche ihre Äußerlichkeit
mit Waschen reinigt, sie mit weißen Kleidern antut und ihre Innerlichkeit
den vorgestellten Weg der Arbeiten, Strafen und Belohnungen, den Weg der die
Besonderheit entäußernden Bildung überhaupt [hin] durchführt, durch welchen sie in die Wohnungen und die Gemeinschaft der
Seligkeit gelangt.
Dieser Kultus ist nur erst ein geheimes,
d. h. ein nur vorgestelltes, unwirkliches Vollbringen; er muß wirkliche Handlung sein,
eine unwirkliche Handlung widerspricht sich selbst. Das
eigentliche Bewußtsein erhebt sich dadurch in sein reines
Selbstbewußtsein. Das Wesen hat in ihm die Bedeutung eines
freien Gegenstandes; durch den wirklichen Kultus kehrt dieser in das Selbst
zurück, — und insofern er im reinen Bewußtsein die Bedeutung
des reinen, jenseits der Wirklichkeit wohnenden
Wesens hat, steigt dies Wesen von seiner Allgemeinheit durch diese Vermittlung
zur Einzelheit herunter und schließt sich
so mit der Wirklichkeit zusammen.
Wie beide Seiten in die Handlung eintreten, bestimmt sich so, daß für
die selbstbewußte Seite, insofern sie wirkliches Bewußtsein ist,
das Wesen sich als die wirkliche Natur darstellt;
einesteils gehört sie ihm als Besitz und Eigentum und gilt als das nicht ansichseiende Dasein;
andernteils ist sie seine eigene unmittelbare Wirklichkeit und Einzelheit, die
von ihm ebenso als Nichtwesen betrachtet und aufgehoben
wird. Zugleich aber hat für sein reines Bewußtsein jene äußere
Natur die entgegengesetzte Bedeutung,
nämlich das ansichseiende Wesen zu
sein, gegen welches das Selbst seine Unwesentlichkeit
aufopfert, wie es umgekehrt die unwesentliche Seite der Natur sich selbst
aufopfert. Die Handlung ist dadurch geistige Bewegung,
weil sie dies Doppelseitige ist, die Abstraktion
des Wesens, wie die Andacht den
Gegenstand bestimmt, aufzuheben und es zum Wirklichen zu machen und das Wirkliche,
wie das Handelnde den Gegenstand und sich bestimmt, auf- und in die Allgemeinheit
zu erheben.
Die Handlung des Kultus selbst beginnt daher mit der reinen Hingabe eines Besitzes, den der Eigentümer scheinbar für ihn ganz nutzlos
vergießt oder in Rauch aufsteigen läßt. Er tut hierin vor dem
Wesen seines reinen Bewußtseins auf Besitz und Recht des Eigentumes und
des Genusses desselben, auf die Persönlichkeit und die Rückkehr des
Tuns in das Selbst Verzicht und reflektiert die
Handlung vielmehr in das Allgemeine oder in das Wesen als in sich. —
Umgekehrt aber geht darin ebenso das seiende Wesen
zugrunde. Das Tier, das aufgeopfert wird, ist das
Zeichen eines Gottes; die Früchte,
die verzehrt werden, sind die lebendige
Ceres und Bacchus
selbst; — in jenem sterben die Mächte
des oberen Rechts, welches Blut und wirkliches Leben hat; in diesen aber die
Mächte des unteren Rechts, das blutlos die geheime
listige Macht besitzt. —
Die Aufopferung der göttlichen
Substanz gehört, insofern sie Tun ist, der selbstbewußten Seite an; daß dieses wirkliche Tun möglich
sei, muß das Wesen sich selbst schon an sich aufgeopfert haben. Dies hat
es darin getan, daß es sich Dasein
gegeben und zum einzelnen Tiere und zur
Frucht gemacht hat. Diese Verzichtleistung,
die also das Wesen schon an sich vollbracht, stellt das handelnde Selbst im
Dasein und für sein Bewußtsein dar und ersetzt jene
unmittelbare Wirklichkeit des Wesens durch die höhere, nämlich
die seiner selbst. Denn die entstandene Einheit, die das Resultat der aufgehobenen
Einzelheit und Trennung beider Seiten ist, ist nicht das nur negative
Schicksal, sondern hat positive Bedeutung. Nur dem abstrakten
unterirdischen Wesen wird das ihm Aufgeopferte ganz hingegeben und damit
die Reflexion des Besitzes und des Fürsichseins in das Allgemeine, von
dem Selbst als solchem unterschieden, bezeichnet. Zugleich aber ist dies nur
ein geringer Teil, und das andere Opfern
ist nur die Zerstörung des Unbrauchbaren und
vielmehr die Zubereitung des Geopferten zum Mahle, dessen Schmaus die Handlung
um ihre negative Bedeutung betrügt. Der Opfernde
behält bei jenem ersten Opfer das meiste und von diesem das Nutzbare seinem Genusse auf. Dieser Genuß ist die negative
Macht, welche das Wesen sowie die
Einzelheit aufhebt, und zugleich ist er die positive Wirklichkeit,
worin das gegenständliche Dasein
des Wesens in selbstbewußtes verwandelt
[ist] und das Selbst das Bewußtsein seiner
Einheit mit dem Wesen hat.
Dieser Kultus ist übrigens zwar eine wirkliche Handlung, ihre Bedeutung
liegt jedoch mehr nur in der Andacht; was dieser angehört, ist nicht
gegenständlich hervorgebracht, so wie das Resultat im Genusse sich selbst seines Daseins beraubt. Der Kultus geht daher weiter und ersetzt
diesen Mangel zunächst dadurch, daß er seiner Andacht ein gegenständliches
Bestehen gibt, indem er die gemeinsame oder einzelne, jedem tunliche
Arbeit ist, welche die Wohnung und den Putz des Gottes ihm zu Ehren hervorbringt. —
Es wird dadurch teils die Gegenständlichkeit der Bildsäule aufgehoben,
denn durch diese Weihung seiner Geschenke und Arbeiten macht der Arbeitende
den Gott sich geneigt und schaut sein Selbst ihm
angehörig an; teils auch ist dies Tun nicht das einzelne Arbeiten des Künstlers,
sondern diese Besonderheit ist in der Allgemeinheit aufgelöst. Es ist aber
nicht nur die Ehre des Gottes, die zustande kommt,
und der Segen seiner Geneigtheit fließt nicht
nur in der Vorstellung auf den Arbeiter,
sondern die Arbeit hat auch die umgekehrte Bedeutung gegen die erste der Entäußerung
und der fremden Ehre. Die Wohnungen und Hallen des Gottes sind für den
Gebrauch des Menschen, die Schätze, die in jenen aufbewahrt sind, im Notfalle
die seinigen; die Ehre, die jener in seinem Schmucke genießt, ist die
Ehre des kunstreichen und großmütigen Volkes. Am Feste schmückt
dieses ebenso seine eigenen Wohnungen und Bekleidungen sowie seine Verrichtungen
mit zierlichem Geräte. Es empfängt auf diese Weise für seine
Gaben die Erwiderung von dem dankbaren Gotte und die Beweise seiner Geneigtheit,
in der es sich mit ihm durch die Arbeit verband, nicht in der Hoffnung und einer
späten Wirklichkeit, sondern hat in der Ehrenbezeugung und Darbringung
der Gaben unmittelbar den Genuß seines eigenen Reichtumes und Putzes.
b.
Das lebendige Kunstwerk
Das Volk, das in dem Kultus der Kunstreligion sich seinem
Gotte naht, ist das sittliche Volk, das seinen Staat und die Handlungen
desselben als den Willen und das Vollbringen seiner selbst weiß. Dieser
Geist, dem selbstbewußten Volke gegenübertretend,
ist daher nicht das Lichtwesen, das selbstlos nicht
die Gewißheit der Einzelnen in sich enthält, sondern vielmehr nur
ihr allgemeines Wesen und die herrische Macht ist,
worin sie verschwinden. Der Kultus der Religion dieses einfachen
gestaltlosen Wesens gibt seinen Angehörigen daher nur dies im allgemeinen
zurück, daß sie das Volk ihres Gottes sind;
er erwirbt ihnen nur ihr Bestehen und einfache Substanz überhaupt,
nicht aber ihr wirkliches Selbst, das vielmehr
verworfen ist. Denn sie verehren ihren Gott als
die leere Tiefe, nicht als Geist.
Der Kultus aber der Kunstreligion entbehrt andererseits jener abstrakten
Einfachheit des Wesens und daher der Tiefe
desselben. Das Wesen aber,
das mit dem Selbst unmittelbar geeinigt ist,
ist an sich der Geist und die wissende
Wahrheit, obzwar noch nicht die gewußte oder die sich selbst
in ihrer Tiefe wissende. Weil das Wesen also hier das Selbst an ihm hat, so
ist seine Erscheinung dem Bewußtsein freundlich, und im Kultus erhält
dieses nicht nur die allgemeine Berechtigung seines Bestehens, sondern auch
sein in ihm selbst bewußtes Dasein; so wie
umgekehrt das Wesen nicht in einem verworfenen Volke, dessen Substanz nur anerkannt
wird, selbstlose Wirklichkeit hat, sondern in dem Volke, dessen
Selbst in seiner Substanz anerkannt ist.
Aus dem Kultus tritt also das in seinem Wesen befriedigte
Selbstbewußtsein und der Gott eingekehrt
in es als in seine Stätte. Diese Stätte
ist für sich die Nacht der Substanz oder ihre reine Individualität,
aber nicht mehr die gespannte des Künstlers, die noch nicht mit ihrem
gegenständlich werdenden Wesen sich ausgesöhnt hat, sondern
die befriedigte Nacht, welche ihr Pathos unbedürftig an ihr hat, weil sie
aus der Anschauung, der aufgehobenen Gegenständlichkeit,
zurückkehrt. —
Dieses Pathos ist für sich das Wesen
des Aufgangs, das aber nunmehr in sich untergegangen
ist und seinen Untergang, das Selbstbewußtsein, und damit
Dasein und Wirklichkeit an ihm selbst hat. —
Es hat hier die Bewegung seiner Verwirklichung
durchlaufen. Sich aus seiner reinen Wesenheit herabsetzend zu einer gegenständlichen
Naturkraft und deren Äußerungen, ist es ein Dasein für
das Andere, für das Selbst, von dem es verzehrt wird. Das stille
Wesen der selbstlosen Natur gewinnt in seiner Frucht die Stufe, worin
sie, sich selbst zubereitend und verdaut, sich dem selbstischen Leben darbietet;
sie erreicht in der Nützlichkeit, gegessen und getrunken werden zu können,
ihre höchste Vollkommenheit; denn sie ist
darin die Möglichkeit einer höheren Existenz und berührt das
geistige Dasein; — teils zur stillkräftigen Substanz, teils aber
zur geistigen Gärung ist der Erdgeist in seiner Metamorphose
dort zum weiblichen Prinzipe der Ernährung,
hier zum männlichen Prinzipe der sich treibenden
Kraft des selbstbewußten Daseins gediehen.
In diesem Genusse ist also jenes aufgehende
Lichtwesen verraten, was es ist; er ist das Mysterium
desselben. Denn das Mystische ist nicht Verborgenheit
eines Geheimnisses oder Unwissenheit, sondern besteht darin, daß das Selbst sich mit dem Wesen eins weiß und
dieses also geoffenbart ist. Nur das Selbst ist
sich offenbar, oder was offenbar ist, ist es nur in der unmittelbaren
Gewißheit seiner. In dieser aber ist durch den Kultus das einfache
Wesen gesetzt worden; es hat als brauchbares Ding nicht nur das Dasein, das
gesehen, gefühlt, gerochen, geschmeckt wird,
sondern ist auch Gegenstand der Begierde und wird
durch den wirklichen Genuß eins mit dem Selbst und dadurch vollkommen
an dieses verraten und ihm offenbar. —
Dasjenige, von dem gesagt wird, es sei der Vernunft, dem Herzen offenbar, ist
in der Tat noch geheim, denn es fehlt noch die wirkliche
Gewißheit des unmittelbaren Daseins, sowohl die gegenständliche
als die genießende, welche in der Religion aber nicht nur die gedankenlose
unmittelbare, sondern zugleich die rein wissende des Selbsts
ist.
Was hiermit durch den Kultus dem selbstbewußten Geiste in ihm selbst offenbar
geworden, ist das einfache Wesen als die
Bewegung, teils aus seiner nächtlichen Verborgenheit
herauf in das Bewußtsein zu treten, dessen stillernährende
Substanz zu sein, teils aber sich ebenso wieder in die
unterirdische Nacht, in das Selbst zu verlieren und oben nur mit
stiller Muttersehnsucht zu verweilen. —
Der lautere Trieb aber ist das vielnamige
Lichtwesen des Aufgangs und sein taumelndes Leben, das, von seinem abstrakten
Sein ebenso abgelassen, sich zuerst in das gegenständliche Dasein der Frucht
befaßt, dann, dem Selbstbewußtsein sich hingebend, in ihm zur eigentlichen
Wirklichkeit gelangt, — nun als ein Haufen schwärmender Weiber umherschweift,
der ungebändigte Taumel der Natur in selbstbewußter
Gestalt.
Noch ist aber dem Bewußtsein nur der absolute Geist, der dieses einfache
Wesen und nicht als der Geist an ihm selbst ist, verraten, oder nur der unmittelbare
Geist, der Geist der Natur. Sein selbstbewußtes Leben ist
daher nur das Mysterium des
Brotes und des Weins, der
Ceres und des Bacchus, nicht der anderen,
der eigentlich oberen Götter, deren Individualität als wesentliches
Moment das Selbstbewußtsein als solches in sich schließt. Noch hat
sich ihm also der Geist als selbsthewußter Geist nicht geopfert, und das
Mysterium des Brotes und Weins ist noch nicht Mysterium
des Fleisches und Blutes.
Dieser unbefestigte Taumel des Gottes muß sich zum Gegenstande beruhigen und die Begeisterung, die nicht zum Bewußtsein kam, ein Werk
hervorbringen, das ihr, wie der Begeisterung des vorhergehenden Künstlers
die Bildsäule, zwar als ein ebenso vollendetes Werk gegenübertritt,
aber nicht als ein an ihm lebloses, sondern als ein lebendiges
Selbst. —
Ein solcher Kultus ist das Fest, das der Mensch zu seiner eigenen Ehre sich
gibt, jedoch in einen solchen noch nicht die Bedeutung des absoluten Wesens
legt; denn das Wesen ist ihm erst offenbar, noch nicht der Geist; nicht als
solches, das wesentlich menschliche Gestalt
annimmt. Aber dieser Kultus legt den Grund zu dieser Offenbarung und legt ihre
Momente einzeln auseinander. So hier das abstrakte
Moment der lebendigen Körperlichkeit des
Wesens, wie vorhin die Einheit beider in bewußtloser
Schwärmerei. Der Mensch stellt also an die Stelle der Bildsäule
sich selbst als zur vollkommen freien Bewegung
erzogene und ausgearbeitete Gestalt, wie jene die vollkommen freie Ruhe ist.
Wenn jeder Einzelne wenigstens als Fackelträger sich
darzustellen weiß, so hebt sich einer aus ihnen hervor, der die gestaltete
Bewegung, die glatte Ausarbeitung und flüssige
Kraft aller Glieder ist, — ein beseeltes,
lebendiges Kunstwerk, das mit seiner Schönheit die Stärke paart
und dem der Schmuck, womit die Bildsäule geehrt wurde, als Preis seiner
Kraft und die Ehre, unter seinem Volke statt des steinernen Gottes die höchste
leibliche Darstellung ihres Wesens zu sein, zuteil wird.
In den beiden Darstellungen, die soeben vorkamen, ist die
Einheit des Selbstbewußtseins und des geistigen
Wesens vorhanden; es fehlt ihnen aber noch ihr Gleichgewicht.
In der bacchischen Begeisterung ist das Selbst außer sich, in der
schönen Körperlichkeit aber das geistige Wesen. Jene Dumpfheit des
Bewußtseins und ihr wildes Stammeln muß in das klare Dasein der
letzteren und die geistlose Klarheit der letzteren in die
Innerlichkeit der ersteren aufgenommen werden. Das vollkommene
Element, worin die Innerlichkeit ebenso äußerlich als die Äußerlichkeit
innerlich ist, ist wieder die Sprache, aber
weder die in ihrem Inhalte ganz zufällige und einzelne des Orakels, noch
die empfindende und nur den einzelnen Gott preisende Hymne, noch das inhaltslose
Stammeln der bacchischen Raserei. Sondern sie hat ihren klaren und allgemeinen
Inhalt gewonnen, ihren klaren Inhalt, denn der Künstler hat sich aus der
ersten ganz substantiellen Begeisterung heraus zur Gestalt gearbeitet, die eigenes,
in allen seinen Regungen von der selbstbewußten
Seele durchdrungenes und mitlebendes Dasein ist, — ihren allgemeinen
Inhalt, denn in diesem Feste, das die Ehre des Menschen ist, verschwindet die
Einseitigkeit der Bildsäulen, die nur einen Nationalgeist, einen bestimmten
Charakter der Göttlichkeit enthalten.
Der schöne Fechter ist zwar die Ehre seines
besonderen Volkes, aber er ist eine körperliche
Einzelheit, worin die Ausführlichkeit und Ernst der Bedeutung und
der innere Charakter des Geistes, der das besondere
Leben, Anliegen, Bedürfnisse und Sitten seines Volkes trägt,
untergegangen ist. In dieser Entäußerung zur völligen Körperlichkeit
hat der Geist die besonderen Eindrücke und Anklänge der Natur abgelegt,
die er als der wirkliche Geist des
Volks in sich schloß. Sein Volk ist sich daher nicht mehr seiner
Besonderheit in ihm, sondern vielmehr der Ablegung derselben und der Allgemeinheit
seines menschlichen Daseins bewußt.
c.
Das geistige Kunstwerk
Die Vereinigung der schönen
Volksgeister im Pantheon der Sprache
Die Volksgeister,
die der Gestalt ihres Wesens in einem besonderen Tiere bewußt
werden, gehen in einen zusammen; so vereinigen
sich die besonderen schönen Volksgeister
in ein Pantheon, dessen Element und Behausung die
Sprache ist. Die reine Anschauung seiner selbst
als allgemeiner Menschlichkeit hat an
der Wirklichkeit des Volksgeistes
die Form, daß er sich mit den anderen, mit denen er durch die Natur eine
Nation ausmacht, zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung
verbindet und für dieses Werk ein Gesamtvolk und damit einen Gesamthimmel
bildet. Diese Allgemeinheit, zu der der Geist in seinem Dasein gelangt,
ist jedoch nur diese erste, die von der Individualität des Sittlichen erst
ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch nicht überwunden, nicht
einen Staat aus diesen Völkerschaften gebildet hat.
Die Sittlichkeit des wirklichen Volksgeistes beruht
teils auf dem unmittelbaren Vertrauen der Einzelnen
zu dem Ganzen ihres Volkes, teils auf dem unmittelbaren
Anteil, den alle, des Unterschiedes von Ständen unerachtet, an den Entschlüssen
und Handlungen der Regierung nehmen. In der Vereinigung, zunächst
nicht zu einer bleibenden Ordnung, sondern nur zu einer gemeinsamen Handlung,
ist jene Freiheit des Anteils Aller und Jeder einstweilen
auf die Seite gestellt. Diese erste Gemeinschaftlichkeit ist daher
mehr eine Versammlung der Individualitäten
als die Herrschaft des abstrakten Gedankens, der
die Einzelnen ihres selbstbewußten Anteils an Willen
und Tat des Ganzen berauben würde.
Die Versammlung der Volksgeister macht einen Kreis
von Gestalten aus, der jetzt die ganze Natur wie die ganze sittliche Welt befaßt.
Auch sie stehen unter dem Oberbefehl mehr
des Einen als seiner Oberherrschaft.
Für sich sind sie die allgemeinen Substanzen dessen, was das selbstbewußte Wesen an
sich ist und tut. Dieses aber macht die Kraft und zunächst
den Mittelpunkt wenigstens aus, um den jene allgemeinen Wesen sich bemühen,
der nur erst zufälligerweise ihre Geschäfte zu verbinden scheint.
Aber die Rückkehr des göttlichen
Wesens in das Selbstbewußtsein ist es, die schon den Grund
enthält, daß dieses den Mittelpunkt für
jene göttlichen Kräfte
bildet und die wesentliche Einheit zunächst unter der Form einer freundlichen äußerlichen Beziehung beider
Welten verbirgt.
Dieselbe Allgemeinheit, welche diesem Inhalte zukommt, hat notwendig auch die
Form des Bewußtseins, in welcher er auftritt. Es ist nicht
mehr das wirkliche Tun des Kultus, sondern ein Tun, das zwar noch nicht in den
Begriff, sondern erst in die Vorstellung, in die synthetische Verknüpfung des selbstbewußten und des äußeren
Daseins erhoben ist. Das Dasein dieser Vorstellung, die
Sprache, ist die erste Sprache, das Epos
als solches, das den allgemeinen Inhalt, wenigstens als Vollständigkeit
der Welt,
obzwar nicht als Allgemeinheit des Gedankens, enthält. Der Sänger ist der
Einzelne und Wirkliche, aus dem als Subjekt dieser Welt sie erzeugt und getragen
wird. Sein Pathos ist nicht die betäubende
Naturmacht, sondern die Mnemosyne, die Besinnung und gewordene
Innerlichkeit, die Erinnerung des vorhin unmittelbaren Wesens. Er ist
das in seinem Inhalte verschwindende Organ; nicht sein eigenes Selbst gilt,
sondern seine Muse, sein allgemeiner Gesang. Was aber in der Tat vorhanden ist,
ist der Schluß, worin das Extrem der Allgemeinheit, die Götterwelt,
durch die Mitte der Besonderheit mit der Einzelheit, dem Sänger, verknüpft
ist. Die Mitte ist das Volk in seinen Helden, welche einzelne Menschen sind
wie der Sänger, aber nur vorgestellte und
dadurch zugleich allgemeine, wie das freie
Extrem der Allgemeinheit, die Götter.
In diesem Epos stellt sich also überhaupt
dem Bewußtsein dar, was im Kultus an sich
zustande kommt, die Beziehung des Göttlichen
auf das Menschliche. Der Inhalt ist eine Handlung
des seiner selbst bewußten Wesens. Das Handeln stört die Ruhe der Substanz und erregt das Wesen, wodurch seine Einfachheit
geteilt und in die mannigfaltige Welt der natürlichen und sittlichen Kräfte
aufgeschlossen ist. Die Handlung ist die Verletzung der ruhigen Erde, die
Grube, die, durch das Blut beseelt, die abgeschiedenen Geister hervorruft, welche, nach Leben durstend, es in dem Tun des Selbstbewußtseins erhalten.
Das Geschäft, um welches die allgemeine Bemühung geht, bekommt die zwei Seiten, die selbstische,
von einer Gesamtheit wirklicher Völker und den an ihrer Spitze stehenden
Individualitäten, und die allgemeine, von ihren substantiellen Mächten vollbracht zu werden. Die Beziehung beider
aber bestimmte sich vorhin so, daß sie die synthetische
Verbindung des Allgemeinen und Einzelnen oder das Vorstellen ist. Von dieser Bestimmtheit hängt die Beurteilung dieser Welt ab. —
Das Verhältnis bei der ist dadurch eine Vermischung,
welche die Einheit des Tuns inkonsequent verteilt und die Handlung überflüssigeweise
von der einen Seite zur andern herüberwirft. Die allgemeinen
Mächte haben die Gestalt der Individualität und damit das Prinzip
des Handelns an ihnen; ihr Wirken erscheint daher als ein ebenso freies,
von ihnen ganz ausgebendes Tun als das der Menschen. Ein und dasselbe haben
daher ebensowohl die Götter als die Menschen getan. Der Ernst jener Mächte
ist ein lächerlicher Überfluß, da diese in der Tat die
Kraft der handelnden Individualität sind; — und die Anstrengung
und Arbeit dieser ist eine ebenso unnütze Bemühung, da jene vielmehr alles lenken. —
Die übertägigen Sterblichen, die das
Nichts sind, sind zugleich das
mächtige Selbst, das die allgemeinen Wesen sich unterwirft, die Götter verletzt und ihnen überhaupt die
Wirklichkeit und ein Interesse des Tuns verschafft; wie umgekehrt diese
ohnmächtigen Allgemeinheiten, die sich von den Gaben der Menschen nähren
und durch sie erst etwas zu tun bekommen, das natürliche Wesen und der
Stoff aller Begebenheiten und ebenso die sittliche Materie und das Pathos des
Tuns sind. Wenn ihre elementarischen Naturen durch das
freie Selbst der Individualität erst in Wirklichkeit und betätigtes
Verhältnis gebracht werden, so sind sie ebensosehr das Allgemeine, das
sich dieser Verbindung entzieht, in seiner Bestimmung unbeschränkt
bleibt und durch die unüberwindliche Elastizität
seiner Einheit die Punktualität des Tätigen und seine Figurationen
auslöscht, sich selbst rein erhält und
alles Individuelle in seiner Flüssigkeit auflöst.
Wie sie mit der entgegenstehenden selbstischen Natur
in diese widersprechende Beziehung fallen, ebenso
gerät ihre Allgemeinheit mit ihrer eigenen Bestimmung und deren Verhältnis
zu anderen in Widerstreit. Sie
sind die ewigen schönen
Individuen, die, in ihrem eigenen Dasein ruhend,
der Vergänglichkeit und fremder Gewalt enthoben sind. —
Aber sie sind zugleich bestimmte Elemente,
besondere Götter, die sich also zu anderen verhalten. Aber das Verhältnis zu anderen, das
nach seiner Entgegensetzung ein Streit mit ihnen ist, ist eine komische
Selbstvergessenheit ihrer ewigen Natur. —
Die Bestimmtheit ist in das göttliche
Bestehen eingewurzelt und hat in seiner Begrenzung
die Selbständigkeit der ganzen Individualität; durch diese
verlieren ihre Charaktere zugleich die Schärfe der Eigentümlichkeit
und vermischen sich in ihrer Vieldeutigkeit. —
Ein Zweck der Tätigkeit und ihre Tätigkeit selbst, da sie gegen
ein Anderes und somit gegen eine unbesiegbare
göttliche Kraft gerichtet ist, ist
ein zufälliges leeres Aufspreizen, das ebenso
zerfließt und den anscheinenden Ernst der Handlung
in ein gefahrloses, seiner selbst sicheres Spiel ohne Resultat und Erfolg verwandelt.
Wenn aber an der Natur ihrer Göttlichkeit das Negative oder die
Bestimmtheit derselben nur als die Inkonsequenz ihrer Tätigkeit und der Widerspruch des Zwecks und des Erfolgs
erscheint und jene selbständige Sicherheit über das Bestimmte
das Übergewicht behält, so tritt ihr
eben dadurch die reine Kraft des
Negativen gegenüber, und zwar als ihre
letzte Macht, über welche sie nichts vermögen. Sie sind das
Allgemeine und Positive gegen das einzelne Selbst
der Sterblichen, das nicht gegen ihre Macht aushält; aber das
allgemeine Selbst schwebt darum über
ihnen und über dieser ganzen Welt der Vorstellung, welcher der ganze Inhalt
angehört, als die begrifflose Leere der
Notwendigkeit, — ein Geschehen, gegen das sie sich selbstlos und
trauernd verhalten, denn diese bestimmten
Naturen finden sich nicht in dieser Reinheit.
Diese Notwendigkeit aber ist die Einheit des Begriffes, der die widersprechende Substantialität der einzelnen Momente unterworfen
ist, worin die Inkonsequenz und Zufälligkeit ihres Tuns sich ordnet und
das Spiel ihrer Handlungen seinen Ernst und Wert an ihnen selbst erhält.
Der Inhalt der Welt der Vorstellung spielt losgebunden für sich in der
Mitte seine Bewegung, versammelt um die Individualität eines
Helden, der aber in seiner Kraft und Schönheit sein Leben gebrochen fühlt
und, einem frühen Tod entgegensehend, trauert.
Denn die in sich feste und wirkliche Einzelheit ist an die Extremität ausgeschlossen und in ihre Momente entzweit, die
sich noch nicht gefunden und vereint. Das eine Einzelne, das abstrakte
Unwirkliche,
ist die Notwendigkeit, die an dem Leben der Mitte
nicht Anteil hat, sowenig als das andere, das wirkliche Einzelne, der Sänger, der sich außer ihm hält und in seiner
Vorstellung untergeht. Beide Extreme müssen sich dem Inhalte nähern;
das eine, die Notwendigkeit, hat sich mit dem Inhalte zu erfüllen, das
andere, die Sprache des Sängers, muß Anteil an ihm haben und der
sich selbst vorher überlassene Inhalt die Gewißheit und feste Bestimmung
des Negativen an ihm erhalten.
Diese höhere Sprache, die Tragödie, faßt also die Zerstreuung der Momente der wesentlichen und handelnden
Welt näher zusammen; die Substanz des
Göttlichen tritt nach
der Natur des Begriffs
in ihre Gestalten auseinander, und ihre Bewegung ist gleichfalls ihm gemäß. In Ansehung der Form hört die Sprache
dadurch, daß sie in den Inhalt hereintritt, auf, erzählend zu sein,
wie der Inhalt, ein vorgestellter [zu sein]. Der
Held ist selbst der Sprechende, und die Vorstellung zeigt dem Zuhörer,
der zugleich Zuschauer ist, selbstbewußte Menschen,
die ihr Recht und ihren Zweck, die Macht und den Willen ihrer Bestimmtheit wissen
und zu sagen wissen. Sie sind Künstler, die nicht, wie die das gemeine
Tun im wirklichen Leben begleitende Sprache, bewußtlos,
natürlich und naiv das Äußere
ihres Entschlusses und Beginnens aussprechen, sondern das
innere Wesen äußern, das Recht ihres Handelns beweisen und
das Pathos, dem sie angehören, frei von zufälligen Umständen
und von der Besonderheit der Persönlichkeiten in seiner allgemeinen Individualität
besonnen behaupten und bestimmt aussprechen. Das Dasein
dieser Charaktere sind endlich wirkliche Menschen, welche die Personen der Helden anlegen und diese in wirklichem, nicht
erzählendem, sondern eigenem Sprechen darstellen. So wesentlich es der
Bildsäule ist, von Menschenhänden gemacht zu sein, ebenso wesentlich
ist der Schauspieler seiner Maske, — nicht als äußerliche
Bedingung, von der die Kunstbetrachtung abstrahieren müsse; oder
insofern davon in ihr allerdings zu abstrahieren ist, so ist eben dies damit
gesagt, daß die Kunst das wahre eigentliche Selbst noch nicht in ihr enthält.
Der allgemeine Boden, worauf die Bewegung
dieser aus dem Begriffe erzeugten Gestalten vorgeht, ist das Bewußtsein
der ersten vorstehenden Sprache und ihres selbstlosen, auseinandergelassenen
Inhalts. Es ist das gemeine Volk überhaupt, dessen Weisheit in dem Chore
des Alters zur Sprache kommt; es hat
an dessen Kraftlosigkeit seinen Repräsentanten, weil es selbst nur das
positive und passive Material der ihm gegenübertretenden Individualität
der Regierung ausmacht. Der Macht des Negativen entbehrend, vermag es den Reichtum
und die bunte Fülle göttlichen Lebens nicht zusammenzuhalten und zu
bändigen, sondern läßt es auseinanderlaufen und preist jedes
einzelne Moment als einen selbständigen Gott, bald diesen, bald wieder
einen anderen, in seinen verehrenden Hymnen. Wo es aber den Ernst des Begriffes,
wie er über diese Gestalten, sie zertrümmernd, einherschreitet, verspürt
und es zu sehen bekommt, wie schlecht es seinen gepriesenen Göttern geht,
die sich auf diesen Boden, worauf der Begriff herrscht, wagen, ist es nicht
selbst die negative Macht, die handelnd eingreift,
sondern hält sich im selbstlosen Gedanken derselben, im Bewußtsein
des fremden Schicksals, und bringt den
leeren Wunsch der Beruhigung und die schwache Rede der Besänftigung herbei.
In der Furcht vor den höheren Mächten,
welche die unmittelbaren Arme der Substanz sind, vor ihrem Kampfe miteinander
und vor dem einfachen Selbst der Notwendigkeit, das
auch sie wie die Lebendigen, die an sie geknüpft sind, zermalmt, — in dem Mitleiden mit diesen, die es zugleich
als dasselbe mit sich selbst weiß, ist für es nur der untätige
Schrecken dieser Bewegung, das ebenso hilflose Bedauern und als Ende
die leere Ruhe der Ergebung in die Notwendigkeit,
deren Werk nicht als die notwendige Handlung des Charakters
und nicht als das Tun des absoluten Wesens in sich selbst erfaßt wird.
Auf diesem zuschauenden Bewußtsein als auf
dem gleichgültigen Boden des Vorstellens tritt der Geist nicht in seiner
zerstreuten Mannigfaltigkeit, sondern in der einfachen Entzweiung des Begriffs auf. Seine Substanz zeigt sich daher nur in ihre zwei extremen
Mächte auseinandergerissen. Diese elementarischen allgemeinen
Wesen sind zugleich selbstbewußte
Individualitäten, — Helden,
welche in eine dieser Mächte ihr Bewußtsein setzen, an ihr die Bestimmtheit
des Charakters haben und ihre Betätigung und Wirklichkeit ausmachen. —
Diese allgemeine Individualisierung steigt, wie
erinnert, noch zur unmittelbaren Wirklichkeit des
eigentlichen Daseins herunter und stellt sich eine Menge
von Zuschauern dar, die an dem Chore ihr Gegenbild oder vielmehr ihre
eigene, sich aussprechende Vorstellung hat.
Der Inhalt und die Bewegung des Geistes, der sich hier
Gegenstand ist, ist bereits als die Natur und Realisierung der sittlichen
Substanz betrachtet worden. In seiner Religion erlangt er das Bewußtsein
über sich oder stellt sich seinem Bewußtsein in seiner reineren Form
und einfacheren Gestaltung dar. Wenn also die sittliche Substanz sich durch
ihren Begriff, ihrem Inhalte nach, in
die beiden Mächte entzweite, die als göttliches
und menschliches oder
unterirdisches und oberes Recht bestimmt
wurden — jenes die Familie, dies die Staatsmacht — und deren das
erstere der weibliche, das andere der
männliche Charakter war, so schränkt
sich der vorher vielförmige und in seinen Bestimmungen schwankende Götterkreis auf diese Mächte ein, die durch diese Bestimmung der eigentlichen
Individualität genähert sind. Denn die frühere Zerstreuung
des Ganzen in die vielfachen und abstrakten Kräfte, die substantiiert
erscheinen, ist die Auflösung des Subjekts, das
sie nur als Moment in seinem Selbst begreift, und die Individualität ist
daher nur die oberflächliche Form jener Wesen. Umgekehrt ist ein weiterer
Unterschied der Charaktere als der genannte zur zufälligen
und an sich äußerlichen Persönlichkeit
zu rechnen.
Zugleich teilt sich das Wesen seiner Form oder
dem Wissen nach. Der handelnde
Geist tritt als
Bewußtsein dem Gegenstande gegenüber, auf den es tätig
und der somit als das Negative des Wissenden bestimmt
ist; der Handelnde befindet sich dadurch im Gegensatze
des Wissens und Nichtwissens. Er nimmt aus seinem Charakter seinen Zweck und
weiß ihn als die sittliche Wesenheit; aber durch die Bestimmtheit des
Charakters weiß er nur die eine Macht der Substanz, und die andere ist
für ihn verborgen. Die gegenwärtige Wirklichkeit
ist daher ein anderes an sich und ein
anderes für das Bewußtsein; das obere und das untere Recht erhalten
in dieser Beziehung die Bedeutung der wissenden und dem Bewußtsein sich
offenbarenden und der sich verbergenden und im Hinterhalte lauernden Macht.
Die eine ist die Lichtseite, der
Gott des Orakels, der, nach seinem natürlichen Momente aus der alles
beleuchtenden Sonne entsprungen, alles weiß und offenbart, — Phöbus
und Zeus, der dessen Vater
ist. Aber die Befehle dieses wahrredenden Gottes und
seine Bekanntmachungen dessen, was ist, sind vielmehr trügerisch. Denn
dies Wissen ist in seinem Begriffe unmittelbar das Nichtwissen,
weil das Bewußtsein an sich selbst
im Handeln dieser Gegensatz ist. Der, welcher die rätselhafte Sphinx selbst
aufzuschließen vermochte, wie der kindlich Vertrauende werden darum durch
das, was der Gott ihnen offenbart, ins Verder¬ben geschickt. Diese Priesterin,
aus der der schöne Gott spricht, ist nichts anderes als die doppelsinnigen
Schicksalsschwestern, die durch ihre Verheißungen zum Verbrechen
treiben und in der Zweizüngigkeit dessen,
was sie als Sicherheit angaben, den, der sich auf den offenbaren Sinn verließ,
betrügen.
Daher das Bewußtsein, das reiner ist als das letztere, das den Hexen glaubt, und besonnener und gründlicher als das erstere, das der Priesterin
und dem schönen Gotte traut, auf die Offenbarung, die der Geist des Vaters
selbst über das Verbrechen, das ihn mordete, machte, mit der Rache zaudert
und andere Beweise noch veranstaltet, — aus dem Grunde, weil dieser offenbarende
Geist auch der Teufel sein könnte.
Dies Mißtrauen ist darum gegründet,
weil das wissende Bewußtsein sich in den
Gegensatz der Gewißheit
seiner selbst und des gegenständlichen Wesens setzt. Das Recht des
Sittlichen, daß die Wirklichkeit nichts an sich
ist im Gegensatze gegen das absolute Gesetz, erfährt, daß
sein Wissen einseitig, sein Gesetz nur Gesetz seines Charakters ist, daß es nur die eine Macht der Substanz ergriff. Die Handlung selbst ist diese Verkehrung
des Gewußten in sein
Gegenteil, das Sein, ist das
Umschlagen des Rechts des Charakters und des Wissens in das Recht des Entgegengesetzten,
mit dem jenes im Wesen der Substanz verknüpft ist, — in die Erinnye
der anderen feindlich erregten Macht und Charakters.
Dies untere Recht sitzt mit
Zeus auf dem Throne und genießt mit dem offenbaren
und dem wissenden Gotte gleiches Ansehen.
Auf diese drei Wesen wird von der handelnden Individualität
die Götterwelt des Chors eingeschränkt. Das eine ist die Substanz,
ebensowohl die Macht des Herdes und der Geist der Familienpietät
wie die allgemeine Macht des Staats und der Regierung. Indem der Substanz als
solcher dieser Unterschied angehört, individualisiert
er sich der Vorstellung nicht zu
zwei unterschiedenen Gestalten, sondern hat in der Wirklichkeit
die zwei Personen seiner Charaktere. Hingegen der Unterschied
des Wissens und Nichtwissens fällt in ein jedes der wirklichen
Selbstbewußtseine, — und nur in der Abstraktion, im Elemente der Allgemeinheit
verteilt er sich an zwei individuelle Gestalten.
Denn das Selbst des Heros hat nur Dasein als ganzes Bewußtsein und ist
daher wesentlich der ganze Unterschied, der der Form angehört; aber seine
Substanz ist bestimmt, und es gehört ihm nur die eine Seite des Unterschieds
des Inhalts an. Daher erhalten die beiden Seiten des Bewußtseins, die
in der Wirklichkeit keine getrennte, einer jeden eigene
Individualität haben, in der Vorstellung jede ihre besondere Gestalt, — die eine die des offenbarenden Gottes, die andere die der sich verborgen
haltenden Erinnye. Beide genießen teils gleicher Ehre, teils ist die Gestalt
der Substanz, Zeus, die Notwendigkeit der Beziehung beider aufeinander. Die Substanz ist die Beziehung, daß
das Wissen für sich ist, aber seine Wahrheit an dem Einfachen, [daß] der Unterschied, wodurch das wirkliche Bewußtsein ist, seinen Grund an
dem ihn tilgenden inneren Wesen,
[daß] die sich klare Versicherung
der Gewißheit ihre Bestätigung an der Vergessenheit
hat.
Das Bewußtsein schloß diesen Gegensatz durch das Handeln auf; nach
dem offenbaren Wissen handelnd, erfährt es den Betrug desselben, und dem
Innern nach dem einen Attribute der Substanz
ergeben, verletzte es das andere und gab diesem dadurch das Recht gegen sich.
Dem wissenden Gotte folgend, ergriff es vielmehr
das nicht Offenbare und büßt dafür,
dem Wissen vertraut zu haben, dessen Zweideutigkeit,
da sie seine Natur ist, auch für es,
und eine Warnung dafür vorhanden sein mußte. Die Raserei der Priesterin,
die unmenschliche Gestalt der Hexen, die Stimme
des Baumes, des Vogels, der Traum usf. sind nicht die Weisen, in welchen die
Wahrheit erscheint, sondern warnende Zeichen des
Betrugs, der Nichtbesonnenheit, der Einzelheit und Zufälligkeit des Wissens. Oder, was dasselbe ist, die entgegengesetzte Macht, die von ihm verletzt wird,
ist als ausgesprochenes Gesetz und geltendes Recht vorhanden, es sei das Gesetz
der Familie oder des Staats; das Bewußtsein folgte dagegen dem eigenen
Wissen und verbarg sich selbst das Offenbare.
Die Wahrheit aber der gegeneinander auftretenden Mächte des Inhalts und Bewußtseins ist das Resultat, daß beide gleiches
Recht und darum in ihrem Gegensatz, den das Handeln
hervorbringt, gleiches Unrecht haben. Die Bewegung des Tuns erweist ihre Einheit
in dem gegenseitigen Untergange beider Mächte und
der selbstbewußten Charaktere. Die Versöhnung
des Gegensatzes mit sich ist die Lethe
der Unterwelt im Tode,
— oder die Lethe der Oberwelt,
als Freisprechung nicht von der Schuld, denn diese kann das Bewußtsein,
weil es handelte, nicht verleugnen, sondern vom Verbrechen, und seine sühnende Beruhigung. Beide sind die
Vergessenheit, das Verschwundensein der Wirklichkeit
und des Tuns der Mächte der Substanz, ihrer Individualitäten, und der Mächte des abstrakten Gedankens des Guten
und des Bösen; denn keine für sich ist
das Wesen, sondern dieses ist die Ruhe des Ganzen in sich selbst, die unbewegte
Einheit des Schicksals, das ruhige Dasein und damit die Untätigkeit und
Unlebendigkeit der Familie und der Regierung, und die gleiche Ehre und damit
die gleichgültige Unwirklichkeit Apolls und der Erinnye, und die Rückkehr
ihrer Begeistung und Tätigkeit in den einfachen Zeus.
Dieses Schicksal vollendet
die Entvölkerung des Himmels, der gedankenlosen
Vermischung der Individualität und des Wesens — einer Vermischung,
wodurch das Tun des Wesens als ein inkonsequentes, zufälliges,
seiner unwürdiges erscheint; denn dem Wesen nur oberflächlich
anhängend, ist die Individualität die unwesentliche. Die Vertreibung
solcher wesenlosen Vorstellungen, die von Philosophen
des Altertums gefordert wurde, beginnt also schon in der Tragödie überhaupt
dadurch, daß die Einteilung der Substanz von dem Begriffe beherrscht,
die Individualität hiermit die wesentliche und die Bestimmungen die absoluten
Charaktere sind. Das Selbstbewußtsein, das
in ihr vorgestellt ist, kennt und anerkennt deswegen nur eine höchste
Macht und diesen Zeus nur als die
Macht des Staats oder des Herdes und, im Gegensatze
des Wissens, nur als den Vater
des zur Gestalt werdenden Wissens des Besonderen — und
als den Zeus des Eides
und der Erinnye, des Allgemeinen, im Verborgenen
wohnenden Innern. Die weiter aus dem Begriffe in die Vorstellung sich zerstreuenden
Momente, die der Chor nacheinander gelten läßt,
sind hingegen nicht das Pathos des Helden, sondern sinken ihm zur Leidenschaft
herunter, — zu zufälligen wesenlosen Momenten, die der selbstlose
Chor wohl preist, aber die nicht fähig sind, den Charakter der Helden auszumachen,
noch von ihnen als ihr Wesen ausgesprochen und geachtet zu werden.
Aber auch die Personen des
göttlichen Wesens selbst sowie die Charaktere seiner Substanz gehen
in die Einfachheit des Bewußtlosen zusammen.
Diese Notwendigkeit hat gegen das Selbstbewußtsein die Bestimmung, die
negative Macht aller auftretenden Gestalten zu sein, in ihr sich selbst nicht
zu erkennen, sondern darin vielmehr unterzugehen. Das Selbst
tritt nur den Charakteren zugeteilt
auf, nicht als die Mitte der Bewegung. Aber das Selbstbewußtsein, die
einfache Gewißheit seiner, ist in der Tat die negative
Macht, die Einheit des Zeus, des substantiellen
Wesens und der abstrakten Notwendigkeit; es ist
die geistige Einheit, worein alles zurückgeht. Weil das wirkliche
Selbstbewußtsein noch von der Substanz
und dem Schicksale unterschieden wird, ist es teils
der Chor oder vielmehr die zuschauende Menge, welche diese
Bewegung des göttlichen Lebens als
ein Fremdes mit Furcht erfüllt oder in der
sie als ein Nahes nur die Rührung des nicht handelnden
Mitleidens hervorbringt. Teils, insofern das Bewußtsein mithandelt
und den Charakteren angehört, ist diese Vereinigung, weil die wahre, die
des Selbsts, des Schicksals und der Substanz noch nicht vorhanden ist, eine
äußerliche, eine Hypokrisie
[»Heuchelei, Verstellung«];
der Held, der vor dem Zuschauer auftritt, zerfällt
in seine Maske und in den Schauspieler, in die Person und das wirkliche Selbst.
Das Selbstbewußtsein der Helden muß aus seiner Maske hervortreten
und sich darstellen, wie es sich als das Schicksal sowohl der Götter des
Chors als der absoluten Mächte selbst weiß und von dem Chore, dem
allgemeinen Bewußtsein, nicht mehr getrennt ist.
Die Komödie hat also vorerst die
Seite, daß das wirkliche Selbstbewußtsein
sich als das Schicksal der Götter darstellt.
Diese elementarischen Wesen sind, als allgemeine Momente,
kein Selbst und nicht wirklich. Sie sind zwar mit
der Form der Individualität ausgestattet,
aber diese ist ihnen nur eingebildet und kommt
ihnen nicht an und für sich selbst zu; das wirkliche Selbst hat nicht ein
solches abstraktes Moment zu seiner Substanz und Inhalt. Es,
das Subjekt, ist daher über ein solches Moment als über eine einzelne
Eigenschaft erhoben, und angetan mit dieser Maske spricht es die Ironie derselben
aus, die für sich etwas sein will. Das Aufspreizen der allgemeinen Wesenheit
ist an das Selbst verraten; es zeigt sich in einer Wirklichkeit gefangen und
läßt die Maske fallen, eben indem es etwas Rechtes sein will. Das
Selbst, hier in seiner Bedeutung als Wirkliches auftretend, spielt es mit der
Maske, die es einmal anlegt, um seine Person zu sein; aber aus diesem Scheine
tut es sich ebenso bald wieder in seiner eigenen Nacktheit und Gewöhnlichkeit
hervor, die es von dem eigentlichen Selbst, dem Schauspieler,
sowie von dem Zuschauer nicht unterschieden zu sein zeigt.
Diese allgemeine Auflösung der gestalteten Wesenheit überhaupt in ihrer Individualität wird
in ihrem Inhalte ernstbarer und dadurch mutwilliger und bitterer, insofern er
seine ernstere und notwendigere Bedeutung hat.
Die göttliche Substanz vereinigt in ihr die
Bedeutung der natürlichen und sittlichen Wesenheit. In Ansehung des Natürlichen
zeigt das wirkliche Selbstbewußtsein schon
in der Verwendung desselben zu seinem Putze, Wohnung usf. und im Schmause
seines Opfers sich als das Schicksal, dem das Geheimnis
verraten ist, welche Bewandtnis es mit der Selbstwesenheit
der Natur hat; in dem Mysterium des Brotes und
Weines macht es dieselbe zusammen mit der Bedeutung des inneren Wesens
sich zu eigen, und in der Komödie ist es sich der Ironie dieser Bedeutung
überhaupt bewußt. —
Insofern nun diese Bedeutung die sittliche Wesenheit enthält, ist sie teils
das Volk in seinen beiden Seiten des Staats oder eigentlichen Demos
und der Familieneinzelheit, teils aber das selbstbewußte reine
Wissen oder das vernünftige Denken des Allgemeinen.
— Jener Demos, die allgemeine Masse,
die sich als Herrn und Regenten sowie als den zu respektierenden
Verstand und Einsicht weiß, zwingt und betört sich durch die Besonderheit seiner Wirklichkeit und stellt den
lächerlichen Kontrast seiner Meinung von sich
und seines unmittelbaren Daseins, seiner Notwendigkeit
und Zufälligkeit, seiner Allgemeinheit und Gemeinheit dar. Wenn
das Prinzip seiner vom Allgemeinen getrennten Einzelheit in der eigentlichen
Gestalt der Wirklichkeit sich hervortut und des Gemeinwesens, dessen geheimer
Schaden es ist, sich offenbar anmaßt und es einrichtet, so verrät
sich unmittelbarer der Kontrast des Allgemeinen als einer Theorie und dessen,
um was es in der Praxis zu tun ist, die gänzliche Befreiung der Zwecke
der unmittelbaren Einzelheit von der allgemeinen Ordnung und der Spott jener
über diese.
Das vernünftige Denken enthebt das
göttliche Wesen seiner zufälligen Gestalt,
und entgegengesetzt der begrifflosen
Weisheit des Chors, die mancherlei Sittensprüche vorbringt und eine
Menge von Gesetzen und bestimmten Pflicht- und Rechtsbegriffen gelten läßt,
hebt es sie in die einfachen
Ideen des Schönen und Guten empor. —
Die Bewegung dieser Abstraktion ist das Bewußtsein der Dialektik, welche diese Maximen und Gesetze an ihnen haben, und hierdurch des Verschwindens
der absoluten Gültigkeit, in der sie vorher erschienen. Indem die zufällige
Bestimmung und oberflächliche Individualität, welche die Vorstellung
den göttlichen Wesenheiten lieh, verschwindet,
haben sie nach ihrer natürlichen
Seite nur noch die Nacktheit ihres unmittelbaren Daseins,
sie sind Wolken, ein verschwindender Dunst, wie jene Vorstellungen. Nach ihrer
gedachten Wesentlichkeit
zu den einfachen Gedanken des
Schönen und Guten geworden,
vertragen diese es, mit jedem beliebigen Inhalt erfüllt zu werden. Die Kraft des dialektischen Wissens gibt die bestimmten Gesetze und Maximen des Handelns der Lust und dem Leichtsinne
der — hiermit — verführten Jugend preis und [gibt] der Ängstlichkeit und Sorge des auf die Einzelheit
des Lebens beschränkten Alters Waffen zum Betrug an die Hand. Die
reinen Gedanken des Schönen und Guten zeigen also das komische Schauspiel,
durch die Befreiung von der Meinung, welche sowohl ihre Bestimmtheit als Inhalt
wie ihre absolute Bestimmtheit, das Festhalten des Bewußtseins enthält,
leer und eben dadurch das Spiel der Meinung und der Willkür der zufälligen
Individualität zu werden.
Hier ist also das vorher bewußtlose Schicksal, das
in der leeren Ruhe und Vergessenheit besteht und
von dem Selbstbewußtsein getrennt ist, mit diesem vereint. Das einzelne
Selbst ist die negative Kraft, durch und
in welcher die Götter sowie deren Momente, die daseiende
Natur und die Gedanken ihrer Bestimmungen, verschwinden; zugleich ist
es nicht die Leerheit des Verschwindens, sondern
erhält sich in dieser Nichtigkeit selbst,
ist bei sich und die einzige Wirklichkeit. Die
Religion der Kunst hat sich in ihm vollendet und ist vollkommen in sich zurückgegangen.
Dadurch, daß das einzelne Bewußtsein in der
Gewißheit seiner selbst es ist, das als diese absolute
Macht sich darstellt, hat diese die Form
eines Vorgestellten, von dem Bewußtsein
überhaupt Getrennten
und ihm Fremden verloren, wie die Bildsäule,
auch die lebendige schöne Körperlichkeit oder der Inhalt des Epos
und die Mächte und Personen der Tragödie waren; — auch ist die
Einheit nicht die bewußtlose des
Kultus und der Mysterien, sondern das eigentliche Selbst des Schauspielers fällt
mit seiner Person zusammen, so wie der Zuschauer in dem, was ihm vorgestellt
wird, vollkommen zu Hause ist und sich selbst spielen sieht. Was dies Selbstbewußtsein
anschaut, ist, daß in ihm, was die Form von Wesenheit gegen es annimmt,
in seinem Denken, Dasein und Tun sich vielmehr auflöst und preisgegeben
ist, es ist die Rückkehr alles Allgemeinen in die Gewißheit seiner
selbst, die hierdurch diese vollkommene Furcht- und Wesenlosigkeit
alles Fremden und ein Wohlsein und Sichwohlseinlassen des Bewußtseins
ist, wie sich außer dieser Komödie keines mehr findet.
C. Die offenbare Religion
Durch die Religion der Kunst ist der Geist aus der Form der Substanz
in die des Subjekts getreten, denn sie
bringt seine Gestalt hervor und setzt also in ihr das Tun
oder das Selbstbewußtsein, das in
der furchtbaren Substanz nur verschwindet und im Vertrauen sich nicht selbst
erfaßt. Diese Menschwerdung des göttlichen Wesens geht von der Bildsäule
aus, die nur die äußere Gestalt
des Selbsts an ihr hat, das Innere aber,
ihre Tätigkeit, fällt außer ihr; im Kultus aber sind beide Seiten
eins geworden, in dem Resultate der Religion der Kunst ist diese Einheit in
ihrer Vollendung zugleich auch auf das Extrem des Selbsts herübergegangen;
in dem Geiste, der in der Einzelheit des Bewußtseins seiner vollkommen
gewiß ist, ist alle Wesenheit versunken. Der Satz, der diesen
Leichtsinn ausspricht, lautet so: das Selbst
ist das absolute Wesen; das Wesen, das Substanz und
an dem das Selbst die Akzidentalität war, ist zum Prädikate heruntergesunken,
und der Geist hat in diesem Selbstbewußtsein, dem nichts
in der Form des Wesens gegenübertritt, sein Bewußtsein verloren.
Dieser Satz: das Selbst ist das absolute Wesen, gehört, wie von selbst erhellt, dem nichtreligiösen,
dem wirklichen Geiste an, und es ist sich
zu erinnern, welches die Gestalt desselben ist, die ihn ausdrückt. Sie
wird zugleich die Bewegung und die Umkehrung desselben enthalten, welche das Selbst zum Prädikate herunterstimmt und die
Substanz zum Subjekte erhebt. So nämlich, daß der umgekehrte
Satz nicht an sich oder für uns die
Substanz zum Subjekte macht oder, was dasselbe ist, die Substanz so wiederherstellt,
daß das Bewußtsein des Geistes zu seinem Anfange, der
natürlichen Religion, zurückgeführt wird, sondern so,
daß diese Umkehrung für und
durch das Selbstbewußtsein selbst
zustande gebracht wird. Indem dieses sich mit Bewußtsein aufgibt, so wird
es in seiner Entäußerung erhalten und
bleibt das Subjekt der Substanz, aber als sich eben so entäußertes
hat es zugleich das Bewußtsein derselben; oder indem es durch seine Aufopferung
die Substanz als Subjekt hervorbringt,
bleibt dieses sein eigenes Selbst. Es wird hierdurch
erreicht, daß, wenn in den beiden Sätzen, in dem ersten der Substantialität
das Subjekt nur verschwindet und in dem zweiten die Substanz
nur Prädikat ist und beide Seiten also in jedem mit der entgegengesetzten
Ungleichheit des Wertes vorhanden sind, — daß die Vereinigung und
Durchdringung beider Naturen hervorgeht, in der beide mit gleichem Werte ebenso wesentlich als auch nur Momente sind; hierdurch ist also der Geist ebenso Bewußtsein seiner als seiner gegenständlichen Substanz wie einfaches,
in sich bleibendes Selbstbewußtsein.
Die Religion der Kunst gehört dem sittlichen Geiste an, den wir früher
in dem Rechtszustande untergehen sahen,
d. h. in dem Satze: das Selbst als solches, die abstrakte
Person ist absolutes Wesen. Im sittlichen Leben ist das Selbst in
dem Geiste seines Volks versenkt, es ist die erfüllte
Allgemeinheit. Die einfache Einzelheit
aber erhebt sich aus diesem Inhalte, und ihr Leichtsinn reinigt sie zur Person,
zur abstrakten Allgemeinheit des Rechts. In dieser ist die
Realität des sittlichen Geistes verloren, die inhaltsleeren
Geister der Völkerindividuen sind in ein
Pantheon versammelt, nicht in ein Pantheon
der Vorstellung, deren ohnmächtige Form jeden
gewähren läßt, sondern in das Pantheon der abstrakten Allgemeinheit,
des reinen Gedankens, der sie entleibt und dem geistlosen Selbst, der einzelnen
Person, das Anundfürsichsein erteilt.
Aber dies Selbst hat durch seine Leerheit den Inhalt
freigelassen; das Bewußtsein ist nur in sich
das Wesen; sein eigenes Dasein, das rechtliche
Anerkanntsein der Person, ist die unerfüllte Abstraktion; es besitzt also
vielmehr nur den Gedanken seiner selbst, oder wie es
da ist und sich als Gegenstand weiß,
ist es das unwirkliche. Es ist daher nur die stoische
Selbständigkeit des Denkens, und diese findet, durch die Bewegung
des skeptischen Bewußtseins hindurchgehend, seine Wahrheit
in derjenigen Gestalt, die das unglückliche
Selbstbewußtsein genannt wurde.
Dieses weiß, welche Bewandtnis es mit dem wirklichen Gelten der abstrakten
Person und ebenso mit dem Gelten derselben in dem reinen Gedanken hat. Es weiß ein solches Gelten vielmehr als den vollkommenen Verlust; es selbst ist dieser
seiner bewußte Verlust und die Entäußerung
seines Wissens von sich. —
Tod Gottes
1
Wir sehen, daß dies unglückliche Bewußtsein
die Gegenseite und Vervollständigung
des in sich vollkommen glücklichen, des komischen
Bewußtseins ausmacht. In das letztere gehe alles
göttliche Wesen zurück, oder es ist die vollkommene
Entäußerung der Substanz.
Jenes hingegen ist umgekehrt das tragische Schicksal der an und für sich
sein sollenden Gewißheit seiner selbst. Es
ist das Bewußtsein des Verlustes aller Wesenheit
in dieser Gewißheit seiner und des
Verlustes eben dieses Wissens von sich — der Substanz wie des Selbsts;
es ist der Schmerz, der sich als das harte Wort ausspricht,
daß Gott
gestorben ist.
In dem Rechtszustande ist also die sittliche Welt und die Religion derselben
in dem komischen Bewußtsein versunken und das unglückliche das Wissen
dieses ganzen Verlustes. Sowohl der Selbstwert
seiner unmittelbaren Persönlichkeit ist ihm verloren als
[der] seiner vermittelten, der gedachten.
Ebenso ist das Vertrauen in die ewigen Gesetze der Götter,
wie die Orakel, die das Besondere zu wissen taten,
verstummt. Die Bildsäulen sind nun Leichname,
denen die belebende Seele, so wie die Hymne Worte,
deren Glauben entflohen ist, die Tische der Götter ohne
geistige Speise und Trank, und aus seinen Spielen und Festen kommt dem
Bewußtsein nicht die freudige Einheit seiner mit dem Wesen zurück.
Den Werken der Muse fehlt die Kraft des Geistes,
dem aus der Zermalmung der Götter und Menschen
die Gewißheit seiner selbst hervorging. Sie
sind nun das, was sie für uns sind, — vom Baume gebrochene schöne
Früchte: ein freundliches Schicksal reichte
sie uns dar, wie ein Mädchen jene Früchte präsentiert; es gibt
nicht das wirkliche Leben ihres Daseins, nicht den Baum, der sie trug, nicht
die Erde und die Elemente, die ihre Substanz, noch das Klima, das ihre Bestimmtheit
ausmachte, oder den Wechsel der Jahres¬zeiten, die den Prozeß ihres
Werdens beherrschten. —
So gibt das Schicksal uns mit den Werken jener Kunst nicht ihre Welt, nicht
den Frühling und Sommer des sittlichen Lebens, worin sie blühten und
reiften, sondern allein die eingehüllte Erinnerung
dieser Wirklichkeit. —
Unser Tun in ihrem Genusse ist daher nicht das gottesdienstliche, wodurch unserem
Bewußtsein seine vollkommene, es ausfüllende Wahrheit würde,
sondern es ist das äußerliche Tun, das
von diesen Früchten etwa Regentropfen oder Stäubchen abwischt und
an die Stelle der inneren Elemente der umgebenden, erzeugenden und begeistenden
Wirklichkeit des Sittlichen das weitläufige
Gerüst der toten Elemente ihrer äußerlichen
Existenz, der Sprache, des Geschichtlichen
usf. errichtet, nicht um sich in sie hineinzuleben, sondern nur um sie in sich
vorzustellen. Aber wie das Mädchen, das die gepflückten Früchte
darreicht, mehr ist als die in ihre Bedingungen und Elemente, den Baum, Luft,
Licht usf. ausgebreitete Natur derselben, welche sie unmittelbar darbot, indem
es auf eine höhere Weise dies alles in den Strahl
des selbstbewußten Auges und der darreichenden Gebärde zusammenfaßt,
so ist der Geist des Schicksals, der uns jene Kunstwerke
darbietet, mehr als das sittliche Leben und Wirklichkeit jenes Volkes, denn
er ist die Er-Innerung des in ihnen noch
veräußerten Geistes, - er ist
der Geist des tragischen Schicksals, das alle jene individuellen Götter
und Attribute der Substanz in das eine Pantheon versammelt, in den seiner als Geist selbst bewußten Geist.
Alle Bedingungen seines Hervorgangs sind vorhanden, und diese Totalität
seiner Bedingungen macht das Werden,
den Begriff oder das ansichseiende
Hervorgehen desselben aus.
— Der Kreis der Hervorbringungen der Kunst umfaßt die
Formen der Entäußerungen der absoluten Substanz; sie ist in
der Form der Individualität, als ein Ding,
als seiender Gegenstand des sinnlichen
Bewußtseins, — als die reine Sprache oder das Werden
der Gestalt, deren Dasein nicht aus dem Selbst heraustritt und rein verschwindender
Gegenstand ist, — als unmittelbare Einheit mir dem allgemeinen Selbstbewußtsein in seiner Begeisterung und als vermittelte
in dem Tun des Kultus, — als schöne selbstische
Körperlichkeit und endlich als das in die Vorstellung
erhobene Dasein und die Ausbreitung desselben zu einer
Welt, die sich zuletzt in die Allgemeinheit, die ebenso reine
Gewißheit ihrer selbst ist, zusammennimmt. —
Diese Formen und auf der andern Seite die Welt der
Person und des Rechts, die verwüstende
Wildheit der freigelassenen Elemente des Inhalts, ebenso die gedachte
Person des Stoizismus und die haltlose Unruhe des skeptischen Bewußtseins machen die Peripherie der Gestalten aus, welche
erwartend und drängend um die Geburtsstätte
des als Selbstbewußtsein werdenden Geistes umherstehen; der alle
durchdringende Schmerz und Sehnsucht des unglücklichen Selbstbewußtseins
ist ihr Mittelpunkt und das gemeinschaftliche Geburtswehe
seines Hervorgangs, — die Einfachheit des reinen Begriffs, der
jene Gestalten als seine Momente enthält.
Er hat die zwei Seiten an ihm, die oben als die beiden umgekehrten Sätze
vorgestellt sind; die eine ist diese, daß die Substanz
sich ihrer selbst entäußert und zum Selbstbewußtsein
wird, die andere umgekehrt, daß das Selbstbewußtsein sich seiner entäußert und zur Dingheit oder zum allgemeinen Selbst
macht. Beide Seiten sind sich auf diese Weise entgegengekommen, und hierdurch [ist] ihre wahre Vereinigung entstanden. Die Entäußerung
der Substanz, ihr Werden zum Selbstbewußtsein drückt den Übergang
ins Entgegengesetzte, den bewußtlosen
Übergang der Notwendigkeit oder
dies aus, daß sie an sich Selbstbewußtsein
ist; umgekehrt die Entäußerung des Selbstbewußtseins dies, daß es an sich das allgemeine Wesen ist, oder — weil das Selbst
das reine Fürsichsein ist, das in seinem Gegenteile bei sich bleibt — dies, daß für es
es ist, daß die Substanz Selbstbewußtsein
und eben dadurch Geist ist. Es kann daher von diesem
Geiste, der die Form der Substanz verlassen und in der Gestalt des Selbstbewußtseins
in das Dasein tritt, gesagt werden — wenn man sich der aus der natürlichen
Zeugung hergenommenen Verhältnisse bedienen will —, daß er eine wirkliche
Mutter, aber einen ansichseienden
Vater hat; denn die Wirklichkeit oder das Selbstbewußtsein und das Ansich
als die Substanz sind seine beiden Momente, durch deren
gegenseitige Entäußerung, jedes zum anderen werdend, er als
diese ihre Einheit ins Dasein tritt.
Insofern das Selbstbewußtsein einseitig nur seine
eigene Entäußerung erfaßt, wenn ihm schon sein
Gegenstand also ebensowohl Sein als Selbst ist und es alles Dasein
als geistiges Wesen weiß, so ist dadurch dennoch noch nicht für
es der wahre Geist geworden, insofern nämlich
das Sein überhaupt oder die Substanz nicht an
sich ebenso ihrerseits sich ihrer selbst entäußerte und
zum Selbstbewußtsein wurde. Denn alsdann ist alles Dasein nur vom Standpunkte
des Bewußtseins aus geistiges Wesen, nicht an sich selbst.
Der Geist ist auf diese Weise dem Dasein nur eingebildet;
dieses Einbilden ist die Schwärmerei, welche
der Natur sowohl als der Geschichte, wie der Welt so den mythischen
Vorstellungen der vorhergehenden Religionen einen anderen inneren Sinn
unterlegt, als sie in ihrer Erscheinung dem Bewußtsein unmittelbar darbieten
und, in Ansehung der Religionen, als das Selbstbewußtsein, dessen Religionen
sie waren, darin wußte. Aber diese Bedeutung ist eine
geliehene und ein Kleid, das die Blöße
der Erscheinung nicht bedeckt und sich keinen Glauben und Verehrung erwirbt,
sondern die trübe Nacht und eigene Verzückung
des Bewußtseins bleibt.
Daß diese Bedeutung des Gegenständlichen also nicht bloße Einbildung
sei, muß sie an sich sein, d. h.
einmal dem Bewußtsein aus dem
Begriffe entspringen und in ihrer Notwendigkeit
hervorgehen. So ist uns durch das Erkennen des unmittelbaren
Bewußtseins oder des Bewußtseins des seienden
Gegenstandes, durch seine notwendige Bewegung der sich
selbst wissende Geist entsprungen. Dieser Begriff,
der als unmittelbarer auch die Gestalt der Unmittelbarkeit für sein Bewußtsein harte, hat sich zweitens die Gestalt des Selbstbewußtseins an sich,
d. h. nach eben der Notwendigkeit des Begriffes
gegeben, als das Sein oder die Unmittelbarkeit,
die der inhaltlose Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins
ist, sich seiner entäußert und Ich für das Bewußtsein
wird. —
Von dem denkenden Ansich oder dem Erkennen
der Notwendigkeit ist aber das unmittelbare
Ansich oder die seiende Notwendigkeit selbst unterschieden, — ein Unterschied, der zugleich aber nicht außer
dem Begriffe liegt, denn die einfache Einheit
des Begriffes ist das unmittelbare Sein selbst; er ist ebenso das sich selbst Entäußernde oder das Werden
der angeschauten Notwendigkeit, als er
in ihr bei sich ist und sie weiß und begreift. —
Das unmittelbare Ansich des Geistes, der
sich die Gestalt des Selbstbewußtseins gibt,
heißt nichts anderes, als daß der wirkliche Weltgeist zu diesem Wissen von sich gelangt ist; dann erst tritt dies Wissen auch in sein
Bewußtsein und als Wahrheit ein. Wie jenes geschehen, hat sich schon oben
ergeben.
Dies, daß der absolute Geist sich die Gestalt
des Selbstbewußtseins an sich und
damit auch für sein Bewußtsein gegeben, erscheint nun so, daß es der Glaube
der Welt ist, daß der Geist als ein Selbstbewußtsein,
d. h. als ein wirklicher Mensch da ist, daß er für die unmittelbare Gewißheit ist, daß das glaubende Bewußtsein diese Göttlichkeit
sieht und fühlt
und hört. So ist es nicht
Einbildung, sondern es ist wirklich an dem. Das Bewußtsein geht dann nicht aus seinem Innern
von dem Gedanken aus und schließt in sich den Gedanken
des Gottes mit dem Dasein zusammen, sondern es
geht von dem unmittelbaren gegenwärtigen Dasein aus und erkennt den Gott
in ihm. —
Das Moment des unmittelbaren Seins ist
in dem Inhalte des Begriffes so vorhanden, daß der
religiöse Geist in der Rückkehr aller Wesenheit in das Bewußtsein einfaches positives
Selbst geworden ist, ebenso wie der wirkliche Geist
als solcher im unglücklichen Bewußtsein eben diese einfache
selbstbewußte Negativität.
Das Selbst des daseienden Geistes hat dadurch
die Form der vollkommenen Unmittelbarkeit; es ist weder als Gedachtes oder Vorgestelltes
noch Hervorgebrachtes gesetzt, wie es mit dem unmittelbaren Selbst teils in
der natürlichen, teils in der Kunstreligion der Fall ist. Sondern dieser Gott wird unmittelbar als Selbst, als ein wirklicher
einzelner Mensch, sinnlich angeschaut; so nur ist
er Selbstbewußtsein.
Diese Menschwerdung des göttlichen
Wesens, oder daß es wesentlich und
unmittelbar die Gestalt des Selbstbewußtseins hat, ist der einfache
Inhalt der absoluten Religion. In ihr wird das Wesen als Geist gewußt,
oder sie ist sein Bewußtsein über sich, Geist zu sein. Denn der Geist
ist das Wissen seiner selbst in seiner Entäußerung; das Wesen, das
die Bewegung ist, in seinem Anderssein die Gleichheit mit sich selbst zu behalten.
Dies aber ist die Substanz, insofern sie in ihrer Akzidentalität ebenso
in sich reflektiert, nicht dagegen als gegen ein Unwesentliches und somit in einem Fremden sich Befindendes gleichgültig, sondern darin
in sich, d. h. insofern sie Subjekt oder
Selbst ist. —
In dieser Religion ist deswegen
das göttliche Wesen geoffenbart.
Sein Offenbarsein besteht offenbar darin, daß
gewußt wird, was es ist.
Es wird aber gewußt, eben indem es als Geist gewußt wird, als Wesen,
das wesentlich Selbstbewußtsein ist. —
Dem Bewußtsein ist in seinem Gegenstand
dann etwas geheim, wenn er ein Anderes
oder Fremdes für es ist und wenn
es ihn nicht als sich selbst weiß. Dies Geheimsein
hört auf, indem das absolute Wesen als Geist
Gegenstand des Bewußtseins ist; denn so ist er als Selbst
in seinem Verhältnisse zu ihm; d. h. dieses weiß unmittelbar
sich darin, oder es ist sich in ihm offenbar. Es
selbst ist sich nur in der eigenen Gewißheit seiner
offenbar; jener sein Gegenstand ist das Selbst;
das Selbst aber ist kein
Fremdes, sondern die untrennbare Einheit mit sich,
das unmittelbar Allgemeine. Es ist der reine Begriff, das reine Denken oder
Fürsichsein, das unmittelbar Sein
[ist] und damit Sein
für Anderes und als dieses Sein für
Anderes unmittelbar in sich zurückgekehrt und bei sich selbst;
es ist also das wahrhaft und allein Offenbare.
Das Gütige, Gerechte, Heilige, Schöpfer Himmels
und der Erde usf. sind Prädikate
eines Subjekts, — allgemeine Momente, die an diesem Punkte ihren
Halt haben und nur erst im Rückgehen des Bewußtseins
ins Denken sind. —
Indem sie gewußt werden, ist ihr Grund und Wesen, das Subjekt
selbst, noch nicht offenbar, und ebenso sind die Bestimmungen
des Allgemeinen nicht dies Allgemeine selbst.
Das Subjekt selbst und damit auch dies
reine Allgemeine ist aber offenbar als Selbst, denn dies ist eben dies in sich
reflektierte Innere, das unmittelbar da und die eigene Gewißheit desjenigen
Selbsts ist, für welches es da ist. Dies — seinem Begriffe
nach das Offenbare zu sein — ist also die wahre Gestalt des Geistes, und diese seine Gestalt,
der Begriff, ist ebenso allein sein Wesen und Substanz. Er wird gewußt
als Selbstbewußtsein und ist diesem unmittelbar
offenbar, denn er ist dieses selbst; die göttliche Natur ist dasselbe,
was die menschliche ist, und diese Einheit ist es, die angeschaut wird.
Hier also ist in der Tat das Bewußtsein oder die Weise, wie das Wesen
für es selbst ist, seine Gestalt, seinem Selbstbewußtsein gleich; diese Gestalt ist selbst ein Selbstbewußtsein;
sie ist damit zugleich seiender Gegenstand,
und dieses Sein hat ebenso unmittelbar
die Bedeutung des reinen Denkens, des
absoluten Wesens. —
Das absolute Wesen, welches als ein wirkliches
Selbstbewußtsein da ist, scheint von seiner ewigen Einfachheit herabgestiegen
zu sein, aber in der Tat hat es damit erst sein höchstes
Wesen erreicht. Denn der Begriff des Wesens, erst indem er seine
einfache Reinheit erlangt hat, ist er die absolute Abstraktion,
welche reines Denken und damit die reine
Einzelheit des Selbsts sowie um einer Einfachheit willen das
Unmittelbare oder Sein ist. —
Was das sinnliche Bewußtsein genannt wird, ist eben diese reine Abstraktion, es ist dies Denken, für welches das Sein
das Unmittelbare ist. Das Niedrigste ist
also zugleich das Höchste; das ganz an die Oberfläche
herausgetretene Offenbare ist eben darin das Tiefste.
Daß das höchste Wesen als ein seiendes
Selbstbewußtsein gesehen, gehört usf. wird, dies ist also in der
Tat die Vollendung seines Begriffes; und durch diese Vollendung ist das Wesen
so unmittelbar da, als es Wesen ist.
Dies unmittelbare Dasein ist zugleich nicht allein und bloß unmittelbares
Bewußtsein, sondern es ist religiöses Bewußtsein;
die Unmittelbarkeit hat ungetrennt die Bedeutung nicht nur eines seienden
Selbstbewußtseins, sondern des rein gedachten oder
absoluten Wesens. Wessen wir uns in unserem Begriffe bewußt sind,
daß das Sein Wesen ist, ist das religiöse Bewußtsein sich bewußt. Diese Einheit des Seins und Wesens, des Denkens,
das unmittelbar Dasein ist, ist, wie es der Gedanke dieses
religiösen Bewußtseins oder sein vermitteltes Wissen ist,
ebenso sein unmittelbares Wissen; denn diese Einheit des Seins und
Denkens ist das Selbstbewußtsein und ist selbst da,
oder die gedachte Einheit hat zugleich
diese Gestalt dessen, was sie ist. Gott ist also
hier offenbar, wie er ist;
er ist so da,
wie er an sich ist; er ist da, als Geist.
Gott ist allein im reinen spekulativen Wissen erreichbar und ist nur in ihm
und ist nur es selbst, denn er ist der Geist, und dieses spekulative Wissen
ist das Wissen der offenbaren Religion. Jenes weiß ihn als Denken
oder reines Wesen, und dies Denken als Sein und als Dasein, und
das Dasein als die Negativität seiner selbst, hiermit als Selbst, dieses und allgemeines Selbst; eben dies weiß die offenbare
Religion. —
Die Hoffnungen und Erwartungen der vorhergehenden Welt drängten sich allein
auf diese Offenbarung hin, anzuschauen, was das
absolute Wesen ist, und sich selbst in ihm zu finden;
diese Freude wird dem Selbstbewußtsein und ergreift die ganze Welt, im
absoluten Wesen sich zu schauen, denn es ist Geist, es ist die einfache Bewegung
jener reinen Momente, die dies selbst ausdrückt, daß das Wesen dadurch
erst, daß es als unmittelbares Selbstbewußtsein angeschaut wird, als Geist gewußt
wird.
Dieser Begriff des sich selbst als Geist wissenden Geistes
ist selbst der unmittelbare und noch nicht entwickelt. Das Wesen ist
Geist, oder es ist erschienen, es ist offenbar; dies erste Offenbarsein ist selbst unmittelbar; aber die Unmittelbarkeit ist
ebenso reine Vermittlung oder Denken; sie muß daher an ihr selbst als
solcher dies darstellen. Bestimmter dies betrachtet, so ist der Geist in der
Unmittelbarkeit des Selbstbewußtseins dieses
einzelne Selbstbewußtsein, dem allgemeinen
entgegengesetzt; er ist ausschließendes Eins, das für
das Bewußtsein, für welches es da ist, die noch unaufgelöste Form eines sinnlichen
Anderen hat; dieses weiß den Geist noch
nicht als den seinen, oder der Geist ist noch nicht, wie er einzelnes
Selbst ist, ebensowohl als allgemeines, als alles Selbst da. Oder die Gestalt
hat noch nicht die Form des Begriffs,
d. h. des allgemeinen Selbsts, des Selbsts, das in seiner unmittelbaren Wirklichkeit
ebenso Aufgehobenes, Denken, Allgemeinheit ist, ohne in dieser jene zu verlieren.
— Die nächste und selbst unmittelbare Form dieser Allgemeinheit ist
aber nicht schon die Form des Denkens selbst,
des Begriffes als Begriffes, sondern die
Allgemeinheit der Wirklichkeit, die Allheit der Selbst[e]
und die Erhebung des Daseins in die Vorstellung, — wie überall,
und um ein bestimmtes Beispiel anzuführen, das aufgehobene sinnliche Dieses
erst das Ding der Wahrnehmung, noch nicht
das Allgemeine des Verstandes ist.
Dieser einzelne Mensch also, als welcher das absolute Wesen offenbar ist, vollbringt
an ihm als Einzelnem die Bewegung des sinnlichen Seins.
Er ist der unmittelbar gegenwärtige
Gott; dadurch geht sein Sein in Gewesensein über. Das Bewußtsein, für welches er diese sinnliche Gegenwart
hat, hört auf, ihn zu sehen, zu hören; es hat
ihn gesehen und gehört; und erst dadurch, daß es ihn
nur gesehen, gehört hat, wird es selbst geistiges Bewußtsein, oder
wie er vorher als sinnliches Dasein für
es aufstand, ist er jetzt im Geiste aufgestanden. —
Denn als solches, das ihn sinnlich sieht und hört, ist es selbst nur
unmittelbares Bewußtsein, das die Ungleichheit
der Gegenständlichkeit nicht aufgehoben, nicht ins reine Denken
zurückgenommen hat, sondern diesen gegenständlichen
Einzelnen, nicht aber sich selbst als Geist weiß. In dem Verschwinden
des unmittelbaren Daseins des als absoluten Wesens Gewußten erhält
das Unmittelbare sein negatives Moment; der Geist
bleibt unmittelbares Selbst der Wirklichkeit, aber als das
allgemeine Selbstbewußtsein der Gemeine, das in seiner
eigenen Substanz ruht, so wie diese in ihm allgemeines Subjekt ist; nicht
der Einzelne für sich, sondern zusammen mit dem Bewußtsein der Gemeine,
und das, was er für diese ist, ist das vollständige
Ganze desselben.
Vergangenheit und Entfernung
sind aber nur die unvollkommene Form, wie die unmittelbare
Weise vermittelt oder allgemein gesetzt ist; diese ist nur oberflächlich
in das Element des Denkens getaucht, ist als sinnliche Weise darin aufbewahrt
und mit der Natur des Denkens selbst nicht in eins gesetzt. Es ist nur in das Vorstellen erhoben, denn dies ist die
synthetische Verbindung der sinnlichen
Unmittelbarkeit und ihrer Allgemeinheit oder des Denkens.
Diese Form des Vorstellens macht die Bestimmtheit
aus, in welcher der Geist in dieser seiner Gemeine seiner bewußt wird.
Sie ist noch nicht das zu seinem Begriffe als Begriffe gediehene Selbstbewußtsein
desselben; die Vermittlung ist noch unvollendet. Es ist also in dieser Verbindung
des Seins und Denkens der Mangel vorhanden, daß das geistige Wesen noch
mit einer unversöhnten Entzweiung in ein Diesseits
und Jenseits behaftet
ist. Der Inhalt ist der wahre, aber alle
seine Momente haben, in dem Elemente des Vorstellens gesetzt, den Charakter,
nicht begriffen zu sein, sondern als vollkommen selbständige Seiten zu
erscheinen, die sich äußerlich aufeinander
beziehen. Daß der wahre Inhalt auch seine wahre Form für das Bewußtsein
erhalte, dazu ist die höhere Bildung des letzteren notwendig, seine Anschauung
der absoluten Substanz in den Begriff zu erheben
und für es selbst sein Bewußtsein
mit seinem Selbstbewußtsein auszugleichen,
wie dies für uns oder an sich geschehen
ist.
Dieser Inhalt ist in der Weise, wie er in seinem Bewußtsein ist, zu betrachten. —
Der absolute Geist ist
Inhalt, so ist er in der Gestalt seiner Wahrheit.
Aber seine Wahrheit ist, nicht nur die Substanz der Gemeinde oder
das Ansich derselben zu sein, noch auch
nur aus dieser Innerlichkeit in die Gegenständlichkeit des Vorstellens
heraufzutreten, sondern wirkliches Selbst zu werden, sich in sich zu reflektieren
und Subjekt zu sein. Dies ist also die Bewegung, welche er in seiner Gemeinde
vollbringt, oder dies ist das Leben desselben. Was dieser sich offenbarende
Geist an und für sich ist,
wird daher nicht dadurch herausgebracht, daß sein reiches Leben in der
Gemeine gleichsam aufgedreht und auf seinen ersten Faden zurückgeführt
wird, etwa auf die Vorstellungen der ersten unvollkommenen Gemeine oder gar
auf das, was der wirkliche Mensch gesprochen hat.
Dieser Zurückführung liegt der Instinkt zugrunde, auf den Begriff
zu gehen; aber sie verwechselt den Ursprung
als das unmittelbare Dasein der ersten
Erscheinung mit der Einfachheit des Begriffes.
Durch diese Verarmung des Lebens des Geistes, durch das Wegräumen
der Vorstellung der Gemeine und ihres Tuns gegen ihre Vorstellung, entsteht
daher statt des Begriffes vielmehr die bloße Äußerlichkeit
und Einzelheit, die geschichtliche Weise der unmittelbaren Erscheinung und die
geistlose Erinnerung einer einzelnen gemeinten
Gestalt und ihrer Vergangenheit.
Der Geist ist Inhalt seines Bewußtseins zuerst in der Form der
reinen Substanz oder ist Inhalt seines reinen Bewußtseins.
Dies Element des Denkens ist die Bewegung,
zum Dasein oder der Einzelheit herunterzusteigen.
Die Mitte zwischen ihnen ist ihre synthetische
Verbindung, das Bewußtsein des Anderswerdens
oder das Vorstellen als solches
— Das dritte ist
die Rückkehr aus der Vorstellung und dem
Anderssein oder das Element des Selbstbewußtseins
selbst.
— Diese drei Momente machen den Geist aus;
sein Auseinandertreten in der Vorstellung besteht
darin, auf eine bestimmte Weise zu sein;
diese Bestimmtheit aber ist nichts anderes als eines seiner Momente.
Seine ausführliche Bewegung ist also diese, in jedem seiner Momente als
in einem Elemente seine Natur auszubreiten; indem jeder dieser Kreise sich in
sich vollendet, ist diese seine Reflexion-in-sich zugleich der Übergang in den anderen. Die Vorstellung
macht die Mitte zwischen dem reinen Denken und dem Selbstbewußtsein
als solchem aus und ist nur eine der Bestimmtheiten; zugleich aber, wie sich
gezeigt, ist ihr Charakter, die synthetische Verbindung zu sein, über alle
diese Elemente ausgebreitet und ihre gemeinschaftliche
Bestimmtheit.
Der Inhalt selbst, der zu betrachten ist, ist zum Teil schon als die Vorstellung
des unglücklichen und glaubenden Bewußtseins vorgekommen, — in jenem aber in der Bestimmung des aus
dem Bewußtsein hervorgebrachten
und ersehnten Inhalts, worin der
Geist sich nicht ersättigen noch Ruhe finden kann, weil er noch nicht an
sich oder als seine Substanz sein Inhalt
ist; in diesem dagegen ist er als das selbstlose Wesen
der Welt oder als wesentlich gegenständlicher Inhalt des Vorstellens betrachtet worden — eines Vorstellens, das der
Wirklichkeit überhaupt entflieht und daher ohne die Gewißheit
des Selbstbewußtseins ist, die sich teils als Eitelkeit des
Wissens, teils als reine Einsicht von ihm trennt. —
Das Bewußtsein der Gemeinde hingegen hat ihn zu seiner
Substanz, ebenso als er ihre Gewißheit
des eigenen Geistes ist.
Der Geist zuerst als Substanz im Elemente des reinen
Denkens vorgestellt, ist er hiermit unmittelbar das einfache sich
selbst gleiche ewige Wesen, das aber nicht
diese abstrakte Bedeutung des Wesens,
sondern die Bedeutung des absoluten Geistes hat. Allein der Geist ist dies,
nicht Bedeutung, nicht das Innere, sondern das Wirkliche zu sein. Das einfache
ewige Wesen daher würde nur dem leeren Worte nach Geist sein, wenn es bei
der Vorstellung und dem Ausdrucke des einfachen ewigen Wesens bliebe. Das einfache
Wesen aber, weil es die Abstraktion ist, ist in der Tat das Negative
an sich selbst, und zwar die Negativität des Denkens oder sie,
wie sie im Wesen an sich ist; d. h. es
ist der absolute Unterschied von sich
oder sein reines Anderswerden. Als Wesen ist es nur an sich oder für uns;
aber indem diese Reinheit eben die Abstraktion oder Negativität ist, ist
es für sich selbst oder das Selbst,
der Begriff. —
Es ist also gegenständlich; und indem
die Vorstellung die soeben ausgesprochene Notwendigkeit
des Begriffs als ein Geschehen auffaßt
und ausspricht, so wird gesagt werden, daß das ewige Wesen sich ein Anderes erzeugt. Aber in diesem Anderssein ist
es ebenso unmittelbar in sich zurückgekehrt; denn der Unterschied ist der
Unterschied an sich; d. h. er ist unmittelbar
nur von sich selbst unterschieden, er ist also die in sich zurückgekehrte
Einheit.
Es unterscheiden sich also die drei Momente, des Wesens,
des Fürsichseins, welches das Anderssein
des Wesens ist und für welches das Wesen ist, und des Fürsichseins
oder Sichselbstwissens im Anderen. Das Wesen schaut nur sich selbst in seinem Fürsichsein an; es ist in dieser Entäußerung nur bei sich; das Fürsichsein,
das sich von dem Wesen ausschließt, ist das
Wissen des Wesens seiner selbst; es ist das
Wort, das ausgesprochen den Aussprechenden
entäußert und ausgeleert zurückläßt, aber
ebenso unmittelbar vernommen ist, und nur dieses Sichselbstvernehmen ist das
Dasein des Wortes. So dass Unterschiede, die gemacht sind, ebenso unmittelbar
aufgelöst, als sie gemacht, und ebenso unmittelbar gemacht, als sie aufgelöst
sind, und das Wahre und Wirkliche eben diese in sich kreisende
Bewegung ist.
Diese Bewegung in sich selbst spricht das absolute Wesen
als Geist aus; das absolute Wesen, das
nicht als Geist erfaßt wird ist nur das abstrakte Leere, so wie der Geist,
der nicht als diese Bewegung erfaßt wird, nur ein leeres Wort ist. Indem
seine Momente in ihrer Reinheit gefaßt
werden, sind sie die ruhelosen Begriffe, die nur sind, ihr Gegenteil an sich
selbst zu sein und ihre Ruhe im Ganzen zu haben. Aber das Vorstellen
der Gemeine ist nicht dies begreifende Denken,
sondern hat den Inhalt ohne seine Notwendigkeit und bringt statt der Form des
Begriffes die natürlichen Verhältnisse von
Vater und Sohn in das
Reich des reinen Bewußtseins.
Indem es so im Denken selbst sich vorstellend verhält, ist ihm das Wesen zwar offenbar, aber die Momente desselben treten
ihm um dieser synthetischen Vorstellung willen teils selbst auseinander, so daß sie nicht durch ihren eigenen Begriff sich aufeinander beziehen,
teils tritt es von diesem seinem reinen Gegenstand zurück, bezieht sich
nur äußerlich auf ihn; er ist ihm von
einem Fremden geoffenbart, und in diesem Gedanken
des Geistes erkennt es nicht sich selbst, nicht
die Natur des reinen Selbstbewußtseins. Insofern über die
Form des Vorstellens und jener Verhältnisse, die aus dem Natürlichen
hergenommen sind, und damit besonders auch darüber hinausgegangen werden
muß, die Momente der Bewegung, die der Geist
ist, für isolierte nichtwankende Substanzen oder Subjekte statt für übergehende Momente zu nehmen, ist dies Hinausgehen,
wie vorhin bei einer andern Seite erinnert wurde, für ein
Drängen des Begriffes anzusehen; aber indem es nur
Instinkt ist, verkennt es sich, verwirft mit der Form auch den Inhalt
und, was dasselbe ist, setzt ihn zu einer geschichtlichen Vorstellung und einem
Erbstücke der Tradition herab; hierin ist das rein Äußerliche
des Glaubens nur beibehalten und damit als ein erkenntnisloses
Totes; das Innerliche desselben
aber ist verschwunden, weil dies der Begriff wäre, der sich als Begriff
weiß.
Der absolute Geist, im reinen Wesen vorgestellt,
ist zwar nicht das abstrakte reine
Wesen, sondern dieses ist vielmehr eben dadurch, daß es im Geiste
nur Moment ist, zum Elemente herabgesunken. Die Darstellung des Geistes aber
in diesem Elemente hat denselben Mangel der Form nach an sich, den das Wesen
als Wesen hat. Das Wesen ist das Abstrakte und darum das Negative
seiner Einfachheit, ein Anderes; ebenso
der Geist im Elemente des Wesens ist die
Form der einfachen Einheit, die darum
ebenso wesentlich ein Anderswerden ist. —
Oder, was dasselbe ist, die Beziehung des ewigen Wesens auf sein Fürsichsein ist die unmittelbar-einfache des reinen Denkens; in
diesem einfachen Anschauen seiner selbst
im Anderen ist also das Anderssein nicht
als solches gesetzt; es ist der Unterschied, wie er im reinen Denken unmittelbar
kein Unterschied ist; ein Anerkennen der
Liebe, worin die beiden nicht ihrem Wesen nach sich entgegensetzten.
—
Der Geist, der im Elemente des reinen Denkens ausgesprochen ist, ist wesentlich
selbst dieses, nicht in ihm nur, sondern wirklicher
zu sein, denn in seinem Begriffe liegt selbst das
Anderssein, d. h. das Aufheben des reinen, nur gedachten Begriffes.
Das Element des reinen Denkens, weil es das abstrakte ist, ist selbst vielmehr
das Andere seiner Einfachheit und geht
daher in das eigentliche Element des Vorstellens über — das Element, worin die Momente des reinen Begriffes ein substantielles
Dasein ebenso gegeneinander erhalten, als sie
Subjekte sind, die nicht für ein Drittes die Gleichgültigkeit
des Seins gegeneinander haben, sondern in sich reflektiert sich selbst
voneinander absondern und entgegenstellen.
Der also nur ewige oder abstrakte Geist wird sich ein Anderes
oder tritt in das Dasein und unmittelbar in das unmittelbare
Dasein. Er erschafft also
eine Welt.
Dieses Erschaffen ist das Wort der Vorstellung
für den Begriff selbst nach seiner
absoluten Bewegung oder dafür, daß das als absolut ausgesagte Einfache
oder reine Denken, weil es das abstrakte ist, vielmehr das Negative und hiermit
sich Entgegengesetzte oder Andere ist; — oder weil, um dasselbe noch in einer anderen Form zu sagen, das als Wesen Gesetzte die einfache Unmittelbarkeit
oder das Sein ist, aber als Unmittelbarkeit
oder Sein des Selbsts entbehrt und also, der Innerlichkeit ermangelnd,
passiv oder Sein für Anderes ist. —
Dies Sein für Anderes ist zugleich eine Welt; der Geist in der Bestimmung
des Seins für Anderes ist das ruhige Bestehen der vorhin in das reine Denken
eingeschlossenen Momente, also die Auflösung
ihrer einfachen Allgemeinheit und das Auseinandergehen
derselben in ihre eigene Besonderheit.
Die Welt ist aber nicht nur dieser auseinander in die Vollständigkeit und
deren äußere Ordnung geworfene Geist,
sondern da er wesentlich das einfache Selbst ist, ist dieses an ihr ebenso vorhanden:
der daseiende Geist, der das einzelne
Selbst ist, welches das Bewußtsein hat und
sich als Anderes oder als Welt von
sich unterscheidet. —
Gut und
Böse
Wie dieses einzelne Selbst so unmittelbar erst gesetzt ist, ist es noch nicht
Geist für sich; es ist also nicht
als Geist; es kann unschuldig, aber nicht
wohl gut genannt werden. Daß es
in der Tat Selbst und Geist sei, muß es ebenso, wie das ewige Wesen sich
als die Bewegung, in seinem Anderssein sich selbst gleich zu sein, darstellt,
zunächst sich selbst ein Anderes werden.
Indem dieser Geist bestimmt ist als erst unmittelbar daseiend oder als in die
Mannigfaltigkeit seines Bewußtseins zerstreut, so ist sein Anderswerden
das Insichgehen des Wissens überhaupt.
Das unmittelbare Dasein schlägt in den Gedanken oder das nur sinnliche
Bewußtsein in das Bewußtsein des Gedankens um; und zwar weil er
der aus der Unmittelbarkeit herkommende oder bedingte
Gedanke ist, ist er nicht das reine Wissen, sondern der Gedanke,
der das Anderssein an ihm hat, und also der sich selbst entgegengesetzte Gedanke
des Guten und Bösen.
Der Mensch wird so vorgestellt, daß es geschehen
ist als etwas nicht Notwendiges, — daß er die Form der Sichselbstgleichheit
durch das Pflücken vom Baume des Erkenntnisses
des Guten und
Bösen verlor und aus dem Zustande
des unschuldigen Bewußtseins, aus der arbeitlos sich darbietenden Natur
und dem Paradiese, dem Garten der Tiere, vertrieben wurde.
Indem dies Insichgehen des daseienden Bewußtseins sich unmittelbar als
das sich selbst Ungleichwerden bestimmt,
so erscheint das Böse als das erste
Dasein des in sich gegangenen Bewußtseins; und weil die Gedanken des Guten
und Bösen schlechthin entgegengesetzte
und diese Entgegensetzung noch nicht aufgelöst ist, so ist dies Bewußtsein
wesentlich nur das böse. Zugleich aber ist
um eben dieser Entgegensetzung willen auch das gute
Bewußtsein gegen es vorhanden und ihr Verhältnis zueinander. —
Insofern das unmittelbare Dasein in den Gedanken umschlägt und das Insichsein teils selbst Denken, teils das Moment des
Anderswerdens des Wesens damit näher bestimmt ist, so kann
das Bösewerden weiter rückwärts
aus der daseienden Welt hinaus schon in das erste Reich
des Denkens verlegt werden. Es kann also gesagt werden, daß schon
der erstgeborene Lichtsohn, als in sich gehend,
es sei, der abgefallen, aber an dessen Stelle sogleich
ein anderer erzeugt worden. Solche bloß der
Vorstellung, nicht dem Begriffe angehörige Form wie Abfallen,
ebenso wie Sohn, setzt übrigens die
Momente des Begriffs ebenso umgekehrt in das Vorstellen herab oder trägt
das Vorstellen in das Reich des Gedankens hinüber. —
Ebenso gleichgültig ist es, dem einfachen Gedanken des
Andersseins im ewigen
Wesen noch eine Mannigfaltigkeit anderer
Gestalten beizuordnen und das Insichgehen in diese zu verlegen. Diese Beiordnung muß darum zugleich gutgeheißen
werden, weil dadurch dies Moment des Andersseins, wie es soll, die Verschiedenheit zugleich ausdrückt, und zwar nicht als
Vielheit überhaupt, sondern zugleich als bestimmte Verschiedenheit, so
daß der eine Teil, der Sohn, das einfache
sich selbst als Wesen Wissende ist, der
andere Teil aber die Entäußerung
des Fürsichseins, die nur im Preise des Wesens lebt; in diesen Teil
kann dann auch wieder das Zurücknehmen des entäußerten
Fürsichseins und das Insichgehen des Bösen gelegt werden. Insofern
das Anderssein in zwei zerfällt, wäre
der Geist in seinen Momenten bestimmter und, wenn sie gezählt werden, als Viereinigkeit oder, weil die Menge wieder selbst
in zwei Teile, nämlich in gut
gebliebene und böse gewordene zerfällt,
gar als Fünfeinigkeit ausgedrückt. —
Die Momente aber zu zählen kann überhaupt
als unnütz angesehen werden, indem teils das Unterschiedene selbst ebensosehr
nur Eines ist, nämlich eben der Gedanke
des Unterschiedes, der nur ein
Gedanke ist, als er dieses Unterschiedene, das zweite gegen das erste ist, — teils aber, weil der
Gedanke, der das Viele in Eines befaßt, aus
seiner Allgemeinheit aufgelöst und in mehr als drei
oder vier Unterschiedene unterschieden werden muß, — welche
Allgemeinheit gegen die absolute Bestimmtheit des abstrakten
Eins, des Prinzips der
Zahl, als Unbestimmtheit in der Beziehung auf die Zahl selbst erscheint,
so daß nur von Zahlen überhaupt,
d. h. nicht von einer Anzahl der Unterschiede
die Rede sein könnte, also hier überhaupt an Zahl und ans Zählen
zu denken ganz überflüssig, wie auch sonst der bloße Unterschied
der Größe und Menge begrifflos und nichtssagend ist.
Das Gute und das Böse
waren die bestimmten Unterschiede des
Gedankens, die sich ergaben. Indem ihr Gegensatz
sich noch nicht aufgelöst
[hat] und sie als Wesen des Gedankens vorgestellt werden, deren jedes
für sich selbständig ist, so ist der Mensch
das wesenlose Selbst und der synthetische Boden ihres Daseins und Kampfs.
Aber diese allgemeinen Mächte gehören ebensosehr dem Selbst an, oder
das Selbst ist ihre Wirklichkeit. Nach diesem Momente geschieht es also, daß, wie das Böse nichts
anderes ist als das Insichgehen des natürlichen
Daseins des Geistes,
umgekehrt das Gute
in die Wirklichkeit tritt
und als ein daseiendes Selbstbewußtsein
erscheint. —
Was im rein gedachten Geiste als das Anderswerden
des göttlichen Wesens überhaupt nur angedeutet
ist, tritt hier seiner Realisierung für das Vorstellen näher; sie
besteht ihm in der Selbsterniedrigung des
göttlichen Wesens, das auf seine Abstraktion und Unwirklichkeit
Verzicht tut. —
Die andere Seite, das
Böse, nimmt das Vorstellen als ein
dem göttlichen Wesen fremdes
Geschehen; es in demselben selbst, als seinen
Zorn zu fassen, ist die höchste,
härteste Anstrengung des mit sich selbst ringenden
Vorstellens, die, da sie des Begriffs entbehrt, fruchtlos bleibt.
Die Entfremdung des göttlichen
Wesens ist also auf ihre gedoppelte Weise gesetzt;
das Selbst des Geistes und sein einfacher Gedanke sind die beiden Momente, deren
absolute Einheit der Geist selbst ist;
seine Entfremdung besteht darin, daß sie auseinandertreten und das eine einen ungleichen
Wert gegen das andere hat. Diese Ungleichheit ist
darum die gedoppelte, und es entstehen zwei Verbindungen,
deren gemeinschaftliche Momente die angegebenen sind. In der einen gilt das
göttliche Wesen als das
Wesentliche, das natürliche Dasein
aber und das Selbst als das Unwesentliche
und Aufzuhebende; in der anderen gilt dagegen das Fürsichsein
als das Wesentliche und das einfache Göttliche
als das Unwesentliche. Ihre noch leere Mitte ist
das Dasein überhaupt, die bloße Gemeinschaftlichkeit der beiden Momente
derselben.
Die Auflösung dieses Gegensatzes geschieht
nicht sowohl durch den Kampf der beiden, die als
getrennte und selbständige
Wesen vorgestellt sind. In ihrer Selbständigkeit
liegt
es, daß an sich, durch seinen Begriff,
jedes an ihm selbst sich auflösen muß; der Kampf fällt erst
dahin, wo beide aufhören, diese Vermischungen des Gedankens und des selbständigen
Daseins zu sein, und wo sie nur als Gedanken einander gegenüberstehen.
Denn alsdann sind sie als bestimmte Begriffe wesentlich nur in der entgegengesetzten
Beziehung, als selbständige hingegen haben sie außer der Entgegensetzung
ihre Wesentlichkeit ihre Bewegung ist also die freie
und eigene ihrer selbst.
Wie also die Bewegung beider die Bewegung an
sich ist, weil sie an ihnen selbst zu betrachten ist, so fängt
sie auch dasjenige von beiden an, welches als das Ansichseiende
gegen das andere bestimmt ist. Es wird dies als ein freiwilliges
Tun vorgestellt; aber die Notwendigkeit seiner
Entäußerung liegt in dem Begriffe, daß das Ansichseiende,
welches nur im Gegensatze so bestimmt ist, eben darum nicht wahrhaftes Bestehen
hat; — dasjenige also, dem nicht das Fürsichsein, sondern das Einfache
als das Wesen gilt, ist es, das sich selbst entäußert,
in den Tod geht und dadurch das absolute Wesen
mit sich selbst versöhnt. Denn in dieser Bewegung stellt es sich
als Geist dar; das abstrakte Wesen ist
sich entfremdet, es hat natürliches Dasein und selbstische Wirklichkeit;
dies sein Anderssein oder seine sinnliche Gegenwart wird durch das zweite
Anderswerden zurückgenommen und als aufgehobene, als allgemeine gesetzt; dadurch ist das Wesen in ihr sich selbst geworden; das unmittelbare
Dasein der Wirklichkeit hat aufgehört, ein ihm fremdes oder äußerliches
zu sein, indem es aufgehobenes, allgemeines ist; dieser Tod
ist daher sein Erstehen als Geist.
Die aufgehobene unmittelbare Gegenwart des selbstbewußten
Wesens ist es als allgemeines Selbstbewußtsein; dieser Begriff
des aufgehobenen einzelnen Selbsts, das absolutes Wesen
ist, drückt daher unmittelbar die Konstituierung einer Gemeinde
aus, die, bisher im Vorstellen verweilend, jetzt in sich, als in das Selbst,
zurückkehrt; und der Geist geht somit aus dem zweiten Elemente seiner Bestimmung,
dem Vorstellen, in das dritte, das Selbstbewußtsein
als solches über. —
Betrachten wir noch die Art, wie jenes Vorstellen sich in seinem Fortgange benimmt,
so sehen wir zuerst dies ausgedrückt, daß das göttliche
Wesen die menschliche Natur annimmt. Darin ist es schon ausgesprochen, daß an sich beide nicht
getrennt sind; wie darin, daß das göttliche
Wesen sich selbst von Anfang entäußert, sein Dasein in sich geht und böse wird, es
nicht ausgesprochen, aber darin enthalten ist,
daß an sich dies böse Dasein nicht
ein ihm Fremdes ist; das absolute Wesen hätte nur diesen leeren
Namen, wenn es in Wahrheit ein ihm Anderes, wenn
es einen Abfall von ihm gäbe; — das Moment des Insichseins macht vielmehr
das wesentliche Moment des Selbsts des
Geistes aus. —
Daß das Insichsein und damit erst
Wirklichkeit dem Wesen selbst angehöre,
dies, was für uns Begriff ist und insofern es Begriff ist, erscheint dem
vorstehenden Bewußtsein als ein unbegreifliches
Geschehen; das Ansich
nimmt die Form des gleichgültigen Seins für es an. Der Gedanke aber, daß jene sich zu fliehen scheinenden
Momente des absoluten Wesens und des fürsichseienden Selbsts nicht getrennt
sind, erscheint diesem Vorstellen auch —
denn es besitzt den wahren Inhalt —, aber nachher,
in der Entäußerung des göttlichen
Wesens, das Fleisch wird. Diese Vorstellung,
die auf diese Weise noch unmittelbar und
daher nicht geistig ist oder die menschliche Gestalt des Wesens nur erst als
eine besondere, noch nicht allgemeine weiß, wird für dies Bewußtsein
geistig in der Bewegung des gestalteten Wesens, sein unmittelbares Dasein wieder aufzuopfern und zum Wesen zurückzukehren;
das Wesen als in sich reflektiertes ist
erst der Geist. —
Die Versöhnung des
göttlichen Wesens mit dem Anderen überhaupt
und bestimmt mit dem Gedanken desselben,
dem Bösen, ist also hierin vorgestellt. —
Wenn diese Versöhnung nach ihrem
Begriffe so ausgedrückt wird, daß sie darin bestehe,
weil an sich das Böse
dasselbe sei, was das Gute,
oder auch das göttliche Wesen
dasselbe, was die Natur in ihrem ganzen
Umfange, so wie die Natur getrennt vom göttlichen
Wesen nur das Nichts, — so ist dies als eine ungeistige Weise sich
auszudrücken anzusehen, die notwendig Mißverständnisse erwecken muß. —
Indem das Böse dasselbe
ist, was das Gute, ist eben das
Böse nicht Böses noch das
Gute Gutes, sondern beide sind vielmehr
aufgehoben, das Böse überhaupt das insichseiende Fürsichsein
und das Gute das selbstlose Einfache. Indem so
beide nach ihrem Begriffe ausgesprochen werden, erhellt zugleich ihre Einheit;
denn das insichseiende Fürsichsein ist das einfache
Wissen; und das selbstlose Einfache ist ebenso
das reine in sich seiende Fürsichsein. —
Sosehr daher gesagt werden muß, daß nach diesem ihrem Begriffe das Gute und Böse, d.
h. insofern sie nicht das Gute und das Böse
sind, dasselbe seien, ebensosehr muß
also gesagt werden, daß sie nicht dasselbe,
sondern schlechthin verschieden
sind, denn das einfache Fürsichsein oder
auch das reine Wissen sind gleicher
Weise die reine Negativität oder der absolute
Unterschied an ihnen selbst. —
Erst diese beiden Sätze vollenden das Ganze, und dem Behaupten und Versichern
des ersten muß mit unüberwindlicher Hartnäckigkeit das Festhalten
an dem anderen gegenübertreten; indem beide gleich
recht haben, haben beide gleich unrecht,
und ihr Unrecht besteht darin, solche abstrakte Formen, wie
dasselbe und nicht dasselbe, die
Identität und die Nichtidentität,
für etwas Wahres, Festes, Wirkliches zu nehmen und auf ihnen
zu beruhen. Nicht das eine oder das andere hat Wahrheit, sondern eben ihre Bewegung,
daß das einfache Dasselbe die Abstraktion und damit der absolute Unterschied,
dieser aber, als Unterschied an sich, von sich selbst unterschieden, also die Sichselbstgleichheit ist. Eben dies ist der Fall
mit der Dieselbigkeit des göttlichen
Wesens und der Natur überhaupt und der menschlichen insbesondere;
jenes ist Natur, insofern es nicht Wesen ist; diese ist
göttlich nach ihrem Wesen; aber es ist der Geist, worin beide abstrakte
Seiten, wie sie in Wahrheit sind, nämlich als aufgehobene gesetzt sind,
— ein Setzen, das nicht durch das Urteil und das geistlose
Ist, die Kopula desselben, ausgedrückt werden kann. —
Ebenso ist die Natur nichts außer ihrem
Wesen; aber dies Nichts selbst
ist ebensosehr; es ist die absolute Abstraktion, also das reine
Denken oder Insichsein, und mit dem Momente seiner Entgegensetzung gegen die
geistige Einheit ist es das Böse.
Die Schwierigkeit, die in diesen Begriffen stattfindet, ist allein das Festhalten
am Ist und das Vergessen des Denkens, worin die
Momente ebenso sind als nicht sind, — nur die Bewegung
sind, die der Geist ist. —
Diese geistige Einheit oder die Einheit, worin die Unterschiede nur als Momente
oder als aufgehobene sind, ist es, die für das vorstellende Bewußtsein
in jener Versöhnung geworden, und indem sie
die Allgemeinheit des Selbstbewußtseins ist, hat dieses aufgehört,
vorstellendes zu sein; die Bewegung ist in es zurückgegangen.
Der Geist ist also in dem dritten Element, im allgemeinen
Selbstbewußtsein gesetzt; er ist seine Gemeinde. Die Bewegung der Gemeinde als des Selbstbewußtseins, das sich von seiner
Vorstellung unterscheidet, ist, das hervorzubringen, was an sich geworden ist.
Der gestorbene göttliche
Mensch oder menschliche Gott
ist an sich das allgemeine Selbstbewußtsein;
er hat dies für dies Selbstbewußtsein
zu werden. Oder indem es die eine Seite
des Gegensatzes der Vorstellung ausmacht, nämlich
die böse, der das natürliche Dasein und
das einzelne Fürsichsein als das
Wesen gilt, so hat diese, die als selbständig, noch nicht als Moment
vorgestellt ist, um ihrer Selbständigkeit willen an und für sie selbst sich zum Geiste zu erheben oder die Bewegung
desselben an ihr darzustellen.
Sie ist der natürliche Geist; das
Selbst hat aus dieser Natürlichkeit sich zurückzuziehen und in sich
zu gehen, das hieße, böse zu werden.
Aber sie ist schon an sich böse;
das Insichgehen besteht daher darin,
sich zu überzeugen, daß das natürliche Dasein das
Böse ist. In das vorstellende Bewußtsein fällt das daseiende
Bösewerden und Bösesein der Welt
sowie die daseiende Versöhnung
des absoluten Wesens; in das Selbstbewußtsein
aber als solches fällt der Form nach dieses Vorgestellte nur als aufgehobenes
Moment — denn das Selbst ist das Negative
—, also das Wissen, ein Wissen,
das ein reines Tun des Bewußtseins in sich selbst ist. —
An dem Inhalte muß dies Moment des Negativen gleichfalls sich ausdrücken. Indem nämlich das Wesen an sich mit sich
schon versöhnt und geistige Einheit ist, worin die Teile der Vorstellung aufgehobene oder Momente sind, so stellt sich dies dar, daß jeder Teil der Vorstellung hier die entgegengesetzte Bedeutung erhält,
als er vorher hatte; jede Bedeutung vervollständigt
sich dadurch an der andern, und der Inhalt ist
erst dadurch ein geistiger; indem die Bestimmtheit ebensosehr ihre entgegengesetzte
ist, ist die Einheit im Anderssein, das Geistige vollendet; wie sich für
uns oder an sich vorhin die entgegengesetzten Bedeutungen
vereinigten und selbst die abstrakten Formen des Desselben
und des Nichtdesselben, der Identität
und Nichtidentität aufhoben.
Wenn also in dem vorstellenden Bewußtsein das Innerlichwerden
des natürlichen Selbstbewußtseins das daseiende
Böse war, so ist das Innerlichwerden im Element des Selbstbewußtseins das
Wissen von dem Bösen als einem
solchen, das an sich im Dasein ist.
Dies Wissen ist also allerdings ein Bösewerden, aber
nur Werden des Gedankens
des Bösen, und ist darum als das erste Moment der
Versöhnung anerkannt. Denn als ein Zurückgehen in sich aus
der Unmittelbarkeit der Natur, die als das Böse
bestimmt ist, ist es ein Verlassen derselben und
das Absterben der Sünde. Nicht das natürliche
Dasein als solches wird von dem Bewußtsein verlassen, sondern es zugleich
als ein solches, das als Böses gewußt
wird. Die unmittelbare Bewegung des
Insichgehens ist ebensosehr eine vermittelte, — sie setzt
sich selbst voraus oder ist ihr eigener Grund; der Grund des Insichgehens ist
nämlich, weil die Natur schon an sich in sich gegangen ist; um
des Bösen willen muß der Mensch in sich gehen, aber das
Böse ist selbst das Insichgehen. —
Diese erste Bewegung ist eben darum selbst nur
die unmittelbare oder ihr einfacher Begriff, weil
sie dasselbe, was ihr Grund ist. Die Bewegung oder das Anderswerden
muß daher in seiner eigentlicheren Form erst noch eintreten.
Tod
Außer dieser Unmittelbarkeit ist also die Vermittlung
der Vorstellung notwendig. An sich ist
das Wissen von der Natur als dem unwahren
Dasein des Geistes, und diese in sich gewordene
Allgemeinheit des Selbsts [ist] die Versöhnung
des Geistes mit sich selbst. Dies Ansich
erhält für das nicht begreifende Selbstbewußtsein
die Form eines Seienden und ihm
Vorgestellten. Das Begreifen also ist ihm nicht ein Ergreifen dieses
Begriffes, der die aufgehobene Natürlichkeit als allgemeine, also als mit
sich selbst versöhnte weiß, sondern ein Ergreifen jener Vorstellung,
daß durch das Geschehen der eigenen
Entäußerung des göttlichen Wesens,
durch seine geschehene Menschwerdung und seinen
Tod das göttliche Wesen mit
seinem Dasein versöhnt ist. —
Das Ergreifen dieser Vorstellung drückt nun bestimmter dasjenige aus, was
vorhin in ihr das geistige Auferstehen genannt
wurde, oder das Werden seines einzelnen Selbstbewußtseins zum Allgemeinen
oder zur Gemeinde. —
Der Tod des
göttlichen Menschen als Tod
ist die abstrakte
Negativität, das unmittelbare Resultat der
Bewegung, die nur in die natürliche Allgemeinheit
sich endigt.
Diese natürliche Bedeutung verliert er im geistigen Selbstbewußtsein,
oder er wird sein soeben angegebener Begriff; der Tod
wird von dem, was er unmittelbar bedeutet, von dem Nichtsein
dieses Einzelnen verklärt zur Allgemeinheit
des Geistes, der in seiner Gemeine lebt, in ihr täglich
stirbt und aufersteht.
Dasjenige, was dem Elemente der Vorstellung angehört,
daß der absolute Geist als ein einzelner
oder vielmehr als ein besonderer an seinem
Dasein die Natur des Geistes vorstellt, ist also hier in das Selbstbewußtsein
selbst versetzt, in das in seinem Anderssein
sich erhaltende Wissen; dies stirbt daher
nicht wirklich, wie der
Besondere vorgestellt wird, wirklich
gestorben zu sein, sondern seine Besonderheit erstirbt
in seiner Allgemeinheit, d. h. in seinem Wissen,
welches das sich mit sich versöhnende Wesen
ist. Das zunächst vorhergehende Element des
Vorstellens ist also hier als aufgehobenes gesetzt, oder es ist in das Selbst, in seinen Begriff, zurückgegangen;
das in jenem nur Seiende ist zum Subjekte geworden. Eben damit ist auch das
erste Element, das reine Denken und der in ihm ewige
Geist nicht mehr jenseits des vorstellenden Bewußtseins noch des
Selbsts, sondern die Rückkehr des Ganzen in sich
ist eben dies, alle Momente in sich zu enthalten. Der vom Selbst
ergriffene Tod des Mittlers ist das Aufheben
seiner Gegenständlichkeit
oder seines besonderen Fürsichseins; dies besondere Fürsichsein ist allgemeines Selbstbewußtsein geworden. —
Auf der andern Seite ist das Allgemeine eben
dadurch Selbstbewußtsein und der reine oder
unwirkliche Geist des bloßen Denkens wirklich
geworden. —
Tod Gottes 2
Der Tod des Mittlers ist Tod
nicht nur der natürlichen Seite desselben
oder seines besonderen Fürsichseins; es stirbt
nicht nur die vom Wesen abgezogene, schon tote Hülle, sondern auch die Abstraktion des
göttlichen Wesens. Denn er ist, insofern sein
Tod die Versöhnung noch nicht vollendet
hat, das Einseitige, welches das Einfache des Denkens als das Wesen
weiß im Gegensatze gegen die Wirklichkeit;
dies Extrem des Selbsts hat noch nicht gleichen Wert mit dem Wesen; dies hat
das Selbst erst im Geiste. Der Tod dieser Vorstellung
enthält also zugleich den Tod der Abstraktion
des göttlichen Wesens, das nicht als
Selbst gesetzt ist. Er ist das schmerzliche Gefühl des unglücklichen
Bewußtseins, daß Gott
selbst gestorben ist. Dieser harte
Ausdruck ist der Ausdruck des innersten sich einfach Wissens, die
Rückkehr des Bewußtseins in die Tiefe der Nacht des
Ich = Ich, die nichts außer ihr mehr unterscheidet
und weiß. Dies Gefühl ist also in der Tat der Verlust
der Substanz und ihres Gegenübertretens gegen das Bewußtsein; aber zugleich ist es die reine Subjektivität
der Substanz oder die reine Gewißheit seiner selbst, die ihr
als dem Gegenstande oder dem Unmittelbaren oder dem reinen Wesen fehlte. Dies
Wissen also ist die Begeistung, wodurch
die Substanz Subjekt, ihre Abstraktion und Leblosigkeit gestorben, sie also
wirklich und einfaches und allgemeines Selbstbewußtsein
geworden ist.
So ist also der Geist
sich selbst wissender Geist;
er weiß sich; das, was ihm Gegenstand
ist, ist, oder seine Vorstellung ist der wahre
absolute Inhalt; er drückt, wie wir sahen,
den Geist selbst aus. Er ist zugleich nicht nur Inhalt
des Selbstbewußtseins und nicht nur für
es Gegenstand, sondern er ist auch wirklicher Geist. Er ist dies, indem er die drei Elemente seiner Natur durchläuft; diese
Bewegung durch sich selbst hindurch macht seine Wirklichkeit aus; — was
sich bewegt, ist er, er ist das Subjekt der Bewegung, und er ist ebenso das
Bewegen selbst oder die Substanz, durch welche das Subjekt hindurchgeht.
Wie uns der Begriff des Geistes geworden war, als wir in die Religion eintraten,
nämlich als die Bewegung des seiner selbst gewissen Geistes, der dem
Bösen verzeiht und darin zugleich von seiner eigenen Einfachheit
und harten Unwandelbarkeit abläßt, oder die Bewegung, daß das
absolut Entgegengesetzte sich als dasselbe
erkennt und dies Erkennen als das Ja zwischen diesen Extremen hervorbricht, — diesen Begriff schaut das religiöse Bewußtsein, dem das absolute
Wesen offenbar
[ist], an und hebt die Unterscheidung
seines Selbsts von seinem
Angeschauten auf, — ist, wie es das Subjekt ist, so auch die
Substanz und ist also selbst der Geist, eben weil und insofern es diese Bewegung
ist.
Vollendet aber ist diese Gemeinde noch nicht in diesem ihrem Selbstbewußtsein;
ihr Inhalt ist überhaupt in der Form des Vorstellens für sie, und diese Entzweiung hat auch die
wirkliche Geistigkeit derselben, ihre
Rückkehr aus ihrem Vorstellen, noch an ihr, wie das Element des reinen
Denkens selbst damit behaftet war. Sie hat nicht auch das Bewußtsein über
das, was sie ist; sie ist das geistige Selbstbewußtsein,
das sich nicht als dieses Gegenstand ist oder sich nicht zum Bewußtsein
seiner selbst aufschließt; sondern insofern sie Bewußtsein ist,
hat sie Vorstellungen, die
betrachtet wurden. —
Wir sehen das Selbstbewußtsein auf seinem letzten Wendungspunkte sich innerlich werden und zum Wissen
des Insichseins gelangen; wir sehen es
sein natürliches Dasein entäußern
und die reine Negativität gewinnen. Aber die
positive Bedeutung, daß nämlich
diese Negativität oder reine
Innerlichkeit des Wissens ebensosehr
das sichselbstgleiche Wesen ist —
oder daß die Substanz hierin dazu gelangt, absolutes Selbstbewußtsein
zu sein, dies ist ein Anderes für
das andächtige Bewußtsein. Es ergreift diese Seite, daß das
reine Innerlichwerden des Wissens an sich die absolute
Einfachheit oder die Substanz ist, als die Vorstellung von etwas, das nicht
dem Begriffe nach so ist, sondern als
die Handlung einer fremden Genugtuung.
Oder es ist nicht dies für es, daß diese Tiefe des reinen Selbsts
die Gewalt ist, wodurch das abstrakte Wesen
aus seiner Abstraktion herabgezogen und durch die Macht
dieser reinen Andacht zum Selbst erhoben wird. —
Das Tun des Selbsts behält dadurch diese negative
Bedeutung gegen es, weil die Entäußerung der
Substanz von ihrer Seite ein Ansich für jenes ist, das es nicht ebenso erfaßt und begreift oder nicht
in seinem Tun als solchem findet. —
Indem an sich diese Einheit des Wesens
und des Selbsts zustande gekommen, so hat das Bewußtsein auch noch diese
Vorstellung seiner Versöhnung, aber
als Vorstellung. Es erlangt die Befriedigung dadurch, daß es seiner
reinen Negativität die positive Bedeutung
der Einheit seiner mit dem Wesen äußerlich hinzufügt; seine Befriedigung bleibt also selbst mit dem
Gegensatze eines Jenseits behaftet. Seine
eigene Versöhnung tritt daher als ein Fernes in sein Bewußtsein ein, als ein Fernes der Zukunft,
wie die Versöhnung, die das andere Selbst vollbrachte, als
eine Ferne der Vergangenheit erscheint.
So wie der einzelne göttliche
Mensch einen ansichseienden
Vater und nur eine wirkliche Mutter
hat, so hat auch der allgemeine
göttliche Mensch, die Gemeinde, ihr eigenes Tun und Wissen
zu ihrem Vater, zu ihrer Mutter aber die ewige Liebe,
die sie nur fühlt, nicht aber in
ihrem Bewußtsein als wirklichen unmittelbaren Gegenstand
anschaut. Ihre Versöhnung ist
daher in ihrem Herzen, aber mit ihrem Bewußtsein
noch entzweit und ihre Wirklichkeit noch gebrochen.
Was als das Ansich oder die Seite der
reinen Vermittlung in ihr Bewußtsein tritt, ist die
jenseits liegende Versöhnung; was aber
als gegenwärtig, als die Seite der
Unmittelbarkeit und des Daseins,
ist die Welt, die ihre Verklärung
noch zu gewarten hat. Sie ist wohl an sich versöhnt mit dem Wesen; und vom Wesen wird wohl gewußt, daß es den Gegenstand nicht mehr als sich entfremdet erkennt,
sondern in seiner Liebe als sich gleich. Aber für das Selbstbewußtsein
hat diese unmittelbare Gegenwart noch nicht Geistsgestalt.
Der Geist der Gemeinde ist so in seinem unmittelbaren Bewußtsein getrennt
von seinem religiösen, das zwar es ausspricht, daß sie
an sich nicht getrennt seien, aber
ein Ansich, das nicht realisiert oder
noch nicht ebenso absolutes Fürsichsein geworden.
Das Ziel
ist das absolute Wissen
Der Geist der offenbaren Religion hat sein Bewußtsein als solches noch
nicht überwunden, oder, was dasselbe ist, sein wirkliches Selbstbewußtsein
ist nicht der Gegenstand seines Bewußtseins;
er selbst überhaupt und die in ihm sich unterscheidenden
Momente fallen in das Vorstellen und in die Form
der Gegenständlichkeit. Der Inhalt des
Vorstellens ist der absolute Geist; und es ist
allein noch um das Aufheben dieser bloßen Form zu tun, oder vielmehr weil
sie dem Bewußtsein
als solchem angehört, muß ihre Wahrheit schon in den Gestaltungen desselben sich ergeben haben. —
Diese Überwindung des Gegenstandes des Bewußtseins ist nicht als
das Einseitige zu nehmen, daß er sich als in das Selbst zurückkehrend
zeigte, sondern bestimmter so, daß er sowohl als solcher sich ihm als
verschwindend darstellte, als noch vielmehr, daß die Entäußerung
des Selbstbewußtseins es ist, welche die Dingheit
setzt, und daß diese Entäußerung
nicht nur negative, sondern positive Bedeutung,
sie nicht nur für uns oder
an sich, sondern für es selbst hat.
Für es hat das Negative des Gegenstandes
oder dessen sich selbst Aufheben dadurch die positive
Bedeutung oder es weiß diese
Nichtigkeit desselben dadurch einerseits, daß
es sich selbst entäußert, — denn in dieser Entäußerung
setzt es sich als Gegenstand oder den
Gegenstand um der untrennbaren Einheit des Fürsichseins
willen als sich selbst. Andererseits liegt hierin zugleich dies
andere Moment, daß es diese Entäußerung und Gegenständlichkeit
ebensosehr auch aufgehoben und in sich zurückgenommen hat, also in
seinem Anderssein als solchem bei sich ist. —
Dies ist die Bewegung des Bewußtseins,
und dieses ist darin die Totalität seiner Momente.
—
Es muß sich ebenso zu dem Gegenstande nach der Totalität seiner Bestimmungen
verhalten und ihn nach jeder derselben so erfaßt haben. Diese Totalität
seiner Bestimmungen macht ihn an sich
zum geistigen Wesen, und
für das Bewußtsein wird er dies in Wahrheit durch das Auffassen einer
jeden einzelnen derselben als des Selbsts oder durch das eben genannte geistige
Verhalten zu ihnen.
Der Gegenstand ist also teils unmittelbares
Sein oder ein Ding überhaupt, was dem unmittelbaren
Bewußtsein entspricht; teils ein Anderswerden seiner,
sein Verhältnis oder Sein
für Anderes und Fürsichsein,
die Bestimmtheit, was der Wahrnehmung,
teils Wesen oder als Allgemeines,
was dem Verstande entspricht. Er ist, als Ganzes, der Schluß oder die Bewegung des Allgemeinen durch
die Bestimmung zur Einzelheit, wie die umgekehrte,
von der Einzelheit durch sie als aufgehobene oder die
Bestimmung zum Allgemeinen. —
Nach diesen drei Bestimmungen also muß das Bewußtsein ihn
als sich selbst wissen. Es ist dies jedoch nicht das Wissen als
reines Begreifen des Gegenstandes, von dem
die Rede ist, sondern dies Wissen soll nur in seinem Werden oder in seinen Momenten
nach der Seite aufgezeigt werden, die dem Bewußtsein
als solchem angehört, und die Momente des eigentlichen Begriffes oder reinen
Wissens in der Form von Gestaltungen des Bewußtseins. Darum erscheint der Gegenstand im Bewußtsein als solchem noch nicht
als die geistige Wesenheit, wie sie von uns soeben ausgesprochen wurde, und sein Verhalten zu ihm ist nicht
die Betrachtung desselben in dieser Totalität als solcher, noch in ihrer
reinen Begriffsform, sondern teils Gestalt des Bewußtseins überhaupt,
teils eine Anzahl solcher Gestalten, die wir zusammennehmen
und in welchen die Totalität der Momente des Gegenstandes und des Verhaltens des Bewußtseins nur aufgelöst
in ihre Momente aufgezeigt werden kann.
Es ist hiermit für diese Seite des Erfassens des
Gegenstandes, wie es in der Gestalt des Bewußtseins
ist, nur an die früheren Gestalten desselben zu erinnern, die schon
vorgekommen sind. —
In Ansehung des Gegenstandes also, insofern er unmittelbar, ein
gleichgültiges Sein ist, so sahen wir die beobachtende
Vernunft in diesem gleichgültigen Dinge sich selbst suchen
und finden, d. h. ihres Tuns als eines
ebenso äußerlichen sich bewußt
sein, als sie [sich] des Gegenstandes nur als eines
unmittelbaren bewußt ist. —
Wir sahen auch auf ihrer Spitze ihre Bestimmung in dem unendlichen
Urteile aussprechen, daß das Sein des
Ich ein Ding ist. Und zwar ein sinnliches,
unmittelbares Ding; wenn Ich Seele
genannt wird, so ist es zwar auch als Ding vorgestellt,
aber als ein unsichtbares, unfühlbares usf.,
in der Tat also nicht als unmittelbares
Sein und nicht als das, was man unter einem
Dinge meint. —
Jenes Urteil, so genommen wie es unmittelbar lautet,
ist es geistlos oder vielmehr das Geistlose selbst.
Seinem Begriffe nach aber ist es in der Tat das
Geistreichste, und dieses
Innere desselben, das an ihm noch nicht vorhanden
ist, ist es, was die beiden anderen zu betrachtenden Momente aussprechen.
Das Ding ist ich;
in der Tat ist in diesem unendlichen Urteile
das Ding aufgehoben; es ist nichts
an sich; es hat nur Bedeutung im Verhältnisse, nur durch
Ich und seine Beziehung auf
dasselbe. —
Dies Moment hat sich für das Bewußtsein in der reinen
Einsicht und Aufklärung ergeben. Die Dinge
sind schlechthin nützlich und nur nach ihrer Nützlichkeit zu betrachten. —
Das gebildete Selbstbewußtsein,
das die Welt des sich entfremdeten
Geistes durchlaufen, hat durch seine Entäußerung
das Ding als sich selbst erzeugt, behält daher
in ihm noch sich selbst und weiß die Unselbständigkeit desselben
oder daß das Ding wesentlich nur
Sein für Anderes ist; oder vollständig
das Verhältnis, d.h. das, was die
Natur des Gegenstandes hier allein ausmacht, ausgedrückt, so gilt ihm das Ding als ein fürsichseiendes,
es spricht die sinnliche Gewißheit als absolute
Wahrheit aus, aber dies Fürsichsein
selbst als Moment, das nur verschwindet und in sein Gegenteil,
in das preisgegebene Sein für Anderes übergeht.
Hierin ist aber das Wissen des Dinges noch
nicht vollendet; es muß nicht nur nach der Unmittelbarkeit des
Seins und nach der Bestimmtheit, sondern auch als Wesen
oder Inneres, als das
Selbst gewußt werden. Dies ist in dem moralischen
Selbstbewußtsein vorhanden. Dies weiß sein Wissen als
die absolute Wesenheit oder das Sein
schlechthin als den reinen Willen oder Wissen;
es ist nichts als nur dieser Willen und Wissen; anderem kommt nur unwesentliches
Sein, d. h. nicht ansichseiendes, nur
seine leere Hülse zu. Insofern das moralische
Bewußtsein das Dasein in seiner
Weltvorstellung aus dem Selbst entläßt,
nimmt es dasselbe ebensosehr wieder in sich zurück. Als Gewissen ist es
endlich nicht mehr dieses noch abwechselnde Stellen
und Verstellen des Daseins und des Selbsts, sondern
es weiß, daß sein Dasein als
solches diese reine Gewißheit seiner selbst
ist; das gegenständliche Element, in welches
es als handelnd sich hinausstellt, ist nichts anderes
als das reine Wissen des Selbsts von sich.
Dies sind die Momente, aus denen sich die Versöhnung
des Geistes mit seinem eigentlichen
Bewußtsein zusammensetzt; sie für sich sind einzeln, und ihre geistige Einheit allein ist es, welche die Kraft dieser Versöhnung ausmacht. Das letzte dieser Momente ist aber notwendig
diese Einheit selbst und verbindet, wie erhellt, sie in der Tat alle
in sich. Der seiner selbst in seinem Dasein gewisse
Geist hat zum Elemente des Daseins nichts
anderes als dies Wissen von sich; das Aussprechen, daß, was er tut, er
nach Überzeugung von der Pflicht tut, diese
seine Sprache ist das Gelten seines Handelns. —
Das Handeln ist das erste
ansichseiende Trennen der Einfachheit des Begriffs
und die Rückkehr aus dieser Trennung.
Diese erste Bewegung schlägt in die zweite
um, indem das Element des Anerkennens sich als einfaches
Wissen von der Pflicht gegen den Unterschied
und die Entzweiung setzt,
die im Handeln als solchem liegt und auf diese Weise eine eiserne
Wirklichkeit gegen das Handeln bildet. In der Verzeihung
sahen wir aber, wie diese Härte von
sich selbst abläßt und sich entäußert.
Die Wirklichkeit hat also hier für das Selbstbewußtsein sowohl
als unmittelbares Dasein keine andere
Bedeutung, als das reine Wissen zu sein; — ebenso als bestimmtes
Dasein oder als Verhältnis ist das sich
Gegenüberstehende ein Wissen teils von diesem rein einzelnen Selbst,
teils von dem Wissen als allgemeinem. Hierin ist zugleich dies gesetzt, daß das dritte Moment, die Allgemeinheit
oder das Wesen jedem der beiden Gegenüberstehenden nur als Wissen gilt; und den leeren noch übrigen Gegensatz heben sie endlich ebenso
auf und sind das Wissen des
Ich = Ich;
dieses einzelne Selbst, das unmittelbar
reines Wissen oder allgemeines ist.
Diese Versöhnung des Bewußtseins mit dem Selbstbewußtsein
zeigt sich hiermit von der gedoppelten Seite
zustande gebracht: das eine Mal im religiösen Geiste,
das andere Mal im Bewußtsein selbst als solchem. Sie unterscheiden sich beide so voneinander, daß jene diese Versöhnung
in der Form des Ansichseins,
diese in der Form des Fürsichseins ist. Wie sie betrachtet worden, fallen sie zunächst auseinander; das Bewußtsein
ist in der Ordnung, in der uns seine Gestalten vorkamen, teils zu den einzelnen
Momenten derselben, teils zu ihrer Vereinigung längst gekommen, ehe auch
die Religion ihrem Gegenstande die
Gestalt des wirklichen Selbstbewußtseins gab. Die Vereinigung
beider Seiten ist noch nicht aufgezeigt; sie ist es, welche diese
Reihe der Gestaltungen des Geistes beschließt; denn in ihr kommt
der Geist dazu, sich zu wissen, nicht nur wie er an sich oder nach seinem absoluten
Inhalte, noch nur wie er für
sich nach seiner inhaltslosen Form
oder nach der Seite des Selbstbewußtseins, sondern wie er an
und für sich ist.
Diese Vereinigung aber ist an sich schon
geschehen, zwar auch in der Religion, in der Rückkehr
der Vorstellung in das Selbstbewußtsein, aber nicht nach der eigentlichen
Form, denn die religiöse Seite ist die Seite des Ansich,
welche der Bewegung des Selbstbewußtseins gegenübersteht.
Die Vereinigung gehört daher dieser andern Seite an, die im Gegensatze
die Seite der Reflexion in sich, also diejenige
ist, die sich selbst und ihr Gegenteil
und nicht nur an sich oder auf
eine allgemeine Weise, sondern für sich oder
entwickelt und unterschieden
enthält. Der Inhalt sowie die andere Seite des selbstbewußten Geistes, insofern sie die andere Seite ist, ist
in ihrer Vollständigkeit vorhanden und aufgezeigt worden; die Vereinigung,
welche noch fehlt, ist die einfache Einheit des Begriffs. Dieser ist an der Seite des Selbstbewußtseins selbst auch schon vorhanden;
aber wie er im Vorhergehenden vorgekommen, hat er wie alle übrigen Momente
die Form, eine besondere Gestalt des Bewußtseins
zu sein. —
Er ist also derjenige Teil der Gestalt des seiner selbst gewissen Geistes, der
in seinem Begriffe stehenbleibt und die schöne
Seele genannt wurde. Sie ist nämlich sein Wissen von sich selbst,
in seiner reinen durchsichtigen Einheit, — das Selbstbewußtsein,
das dieses reine Wissen von dem reinen Insichsein als den Geist weiß, nicht nur die Anschauung des
Göttlichen, sondern die Selbstanschauung desselben. —
Indem dieser Begriff sich seiner Realisierung entgegengesetzt festhält,
ist er die einseitige Gestalt, deren Verschwinden in leeren
Dunst, aber auch ihre positive Entäußerung
und Fortbewegung wir sahen. Durch diese Realisierung
hebt sich das Aufsichbeharren dieses gegenstandslosen
Selbstbewußtseins, die Bestimmtheit
des Begriffs gegen seine Erfüllung
auf; sein Selbstbewußtsein gewinnt die Form der Allgemeinheit,
und was ihm bleibt, ist sein wahrhafter Begriff oder der Begriff, der seine
Realisierung gewonnen; es ist er in seiner Wahrheit, nämlich in der Einheit
mit seiner Entäußerung, — das Wissen von dem reinen Wissen,
nicht als abstraktem Wesen, welches die
Pflicht ist, sondern von ihm als Wesen, das dieses Wissen,
dieses reine Selbstbewußtsein,
das also zugleich wahrhafter Gegenstand ist, denn er ist das fürsichseiende
Selbst.
Seine Erfüllung gab sich dieser Begriff einesteils im
handelnden seiner selbst gewissen Geist,
andernsteils in der Religion: in der letzteren
gewann er den absoluten Inhalt als Inhalt
oder in der Form der Vorstellung, des
Andersseins für das Bewußtsein; hingegen in jener Gestalt
ist die Form das Selbst selber, denn sie enthält den handelnden,
seiner selbst gewissen Geist; das Selbst führt das Leben des
absoluten Geistes durch. Diese Gestalt ist, wie wir sehen, jener einfache Begriff,
der aber sein ewiges Wesen
aufgibt, da ist oder handelt. Das Entzweien
oder Hervortreten hat er an der
Reinheit des Begriffs, denn sie ist die absolute Abstraktion oder
Negativität. Ebenso hat er das Element seiner
Wirklichkeit oder des Seins in ihm an dem reinen Wissen selbst, denn
es ist die einfache Unmittelbarkeit, die
ebenso Sein und Dasein
als Wesen ist, jenes das negative
Denken, dies das positive Denken selbst. Dies Dasein
ist endlich ebensosehr das aus ihm — wie als Dasein so als Pflicht — in sich Reflektiert-oder Bösesein.
Dies Insichgehen macht den Gegensatz
des Begriffs aus und ist damit das Auftreten
des nichthandelnden, nichtwirklichen reinen
Wissens des Wesens.
Dies sein Auftreten in diesem Gegensatze aber ist
die Teilnahme daran; das reine Wissen des Wesens hat sich an sich seiner Einfachheit
entäußert, denn es ist das Entzweien oder die Negativität, die
der Begriff ist; sofern dies Entzweien
das Fürsichwerden ist, ist es das Böse;
sofern es das Ansich ist, ist es das Gutbleibende. —
Was nun zuerst an sich geschieht, ist
zugleich für das Bewußtsein
und ebenso selbst gedoppelt, sowohl für
es, als es sein Fürsichsein oder
sein eigenes Tun ist. Dasselbe, was schon an sich gesetzt ist, wiederholt sich
also jetzt als Wissen des Bewußtseins von ihm und bewußtes Tun.
Jedes läßt für das andere von der Selbständigkeit der Bestimmtheit,
in der es gegen es auftritt, ab. Dies Ablassen ist dasselbe Verzichttun
auf die Einseitigkeit des Begriffs, das an sich den Anfang ausmachte; aber es ist nunmehr sein Verzichttun, so wie der Begriff,
auf welchen es Verzicht tut, der seinige ist. —
Jenes Ansich des Anfangs
ist als Negativität in Wahrheit ebensosehr
das vermittelte; so wie es in Wahrheit
ist, setzt es sich also
jetzt, und das Negative ist als
Bestimmtheit eines jeden für das
andere und an sich das sich selbst aufhebende. Der eine der beiden Teile des
Gegensatzes ist die Ungleichheit des In-sich-in-seiner-Einzelheit-Seins
gegen die Allgemeinheit, — der andere die Ungleichheit seiner abstrakten Allgemeinheit gegen das Selbst; jenes stirbt seinem Fürsichsein
ab und entäußert, bekennt sich; dieses entsagt der Härte seiner
abstrakten Allgemeinheit und stirbt damit seinem unlebendigen
Selbst und seiner unbewegten Allgemeinheit
ab; so daß also jenes durch das Moment der Allgemeinheit, die Wesen ist,
und dieses durch die Allgemeinheit, die Selbst ist, sich ergänzt hat. Durch
diese Bewegung des Handelns ist der Geist — der so erst Geist ist, daß er da ist, sein Dasein in den Gedanken
und dadurch in die absolute Entgegensetzung
erhebt und aus dieser eben durch sie und in ihr selbst zurückkehrt
— als reine Allgemeinheit des Wissens, welches
Selbstbewußtsein ist, als Selbstbewußtsein, das einfache Einheit
des Wissens ist, hervorgetreten.
Was also in der Religion Inhalt oder Form
des Vorstellens eines Anderen war, dasselbe
ist hier eigenes Tun des Selbsts; der Begriff verbindet es, daß der Inhalt
eigenes Tun des Selbsts
ist; denn dieser Begriff ist, wie wir sehen, das Wissen des Tuns
des Selbsts in sich als aller Wesenheit und alles Daseins, das Wissen von diesem
Subjekte als der Substanz und von der Substanz
als diesem Wissen seines Tuns. — Was hier hinzugetan, ist
allein teils die Versammlung der einzelnen
Momente, deren jedes in seinem Prinzipe das Leben des ganzen Geistes darstellt,
teils das Festhalten des Begriffes in der Form des Begriffes, dessen Inhalt
sich in jenen Momenten und der sich in der Form einer Gestalt
des Bewußtseins schon selbst ergeben hätte.
Diese letzte Gestalt des Geistes, der Geist, der seinem vollständigen
und wahren Inhalte zugleich die Form des Selbsts gibt und dadurch seinen
Begriff ebenso realisiert, als er in dieser Realisierung in seinem Begriffe
bleibt, ist das absolute Wissen; es ist der sich in Geistsgestalt
wissende Geist oder das begreifende Wissen.
Die Wahrheit ist nicht nur an
sich vollkommen der Gewißheit gleich, sondern hat auch die Gestalt der Gewißheit seiner selbst, oder
sie ist in ihrem Dasein, d. h. für den wissenden Geist in der
Form des Wissens seiner selbst. Die Wahrheit ist der Inhalt,
der in der Religion seiner Gewißheit noch ungleich ist. Diese
Gleichheit aber ist darin, daß der Inhalt die Gestalt des Selbsts erhalten.
Dadurch ist dasjenige zum Elemente des Daseins oder zur Form
der Gegenständlichkeit für das Bewußtsein geworden,
was das Wesen selbst ist, nämlich der Begriff. Der Geist, in diesem Elemente dem Bewußtsein erscheinend
oder, was hier dasselbe ist, darin von ihm hervorgebracht,
ist die Wissenschaft.
Die Natur, Momente und Bewegung dieses Wissens hat sich also so ergeben, daß es das reine Fürsichsein des Selbstbewußtseins
ist; es ist Ich, das dieses
und kein anderes Ich und das
ebenso unmittelbar vermittelt oder aufgehobenes
allgemeines Ich
ist. —
Es hat einen Inhalt, den es von sich
unterscheidet; denn es ist die reine Negativität
oder das Sichentzweien; es ist Bewußtsein.
Dieser Inhalt ist in seinem Unterschiede selbst das Ich, denn er ist die Bewegung
des Sichselbstaufhebens oder dieselbe reine
Negativität, die Ich ist. Ich ist in
ihm als unterschiedenem in sich reflektiert; der Inhalt ist allein dadurch begriffen, daß Ich in seinem Anderssein
bei sich selbst ist. Dieser Inhalt, bestimmter angegeben, ist nichts anderes
als die soeben ausgesprochene Bewegung selbst; denn
er ist der Geist, der sich selbst und zwar für
sich als Geist durchläuft, dadurch, daß er die Gestalt
des Begriffes in seiner Gegenständlichkeit
hat.
Was aber das Dasein dieses
Begriffs betrifft, so erscheint in der Zeit und
Wirklichkeit die Wissenschaft nicht
eher, als bis der Geist zu diesem Bewußtsein über sich gekommen ist.
Als der Geist, der weiß, was er ist, existiert
er früher nicht und sonst nirgends als nach Vollendung der Arbeit, seine unvollkommene Gestaltung zu bezwingen, sich für
sein Bewußtsein die Gestalt seines Wesens zu verschaffen und auf diese
Weise sein Selbstbewußtsein mit
seinem Bewußtsein auszugleichen.
- Der an und für sich seiende Geist, in seinen Momenten unterschieden,
ist fürsichseiendes Wissen, das
Begreifen überhaupt, das als solches die Substanz
noch nicht erreicht hat oder nicht an sich selbst absolutes
Wissen ist.
In der Wirklichkeit ist nun die wissende Substanz früher da als die Form oder Begriffsgestalt derselben. Denn die Substanz
ist das noch unentwickelte Ansich oder
der Grund und Begriff in seiner noch unbewegten
Einfachheit, also die Innerlichkeit oder
das Selbst des Geistes, das noch nicht da ist. Was
da ist, ist als das noch unentwickelte Einfache
und Unmittelbare oder der Gegenstand des vorstellenden Bewußtseins überhaupt. Das Erkennen, weil es das geistige Bewußtsein
ist, dem, was an sich ist, nur insofern
ist, als es Sein für das Selbst
und Sein des Selbsts
oder Begriff ist, hat aus diesem Grunde zuerst nur einen armen Gegenstand,
gegen welchen die Substanz und deren Bewußtsein reicher ist. Die Offenbarkeit,
die sie in diesem hat, ist in der Tat Verborgenheit,
denn sie ist das noch selbstlose Sein, und offenbar
ist sich nur die Gewißheit seiner selbst.
Zuerst gehören dem Selbstbewußtsein
daher von der Substanz nur die abstrakten Momente an; aber indem diese als die reinen Bewegungen sich selbst weitertreiben, bereichert
es sich, bis es die ganze Substanz dem Bewußtsein entrissen, den ganzen
Bau ihrer Wesenheiten in sich gesogen und — indem dieses negative Verhalten
zur Gegenständlichkeit ebensosehr positiv, Setzen ist — sie aus sich erzeugt und damit für
das Bewußtsein zugleich wiederhergestellt hat. In dem Begriffe,
der sich als Begriff weiß,
treten hiermit die Momente früher
auf als das erfüllte Ganze, dessen
Werden die Bewegung
jener Momente ist. In dem Bewußtsein
dagegen ist das Ganze, aber unbegriffene, früher
als die Momente. —
Die Zeit ist der Begriff
selbst, der da ist und als leere
Anschauung sich dem Bewußtsein vorstellt; deswegen erscheint der
Geist notwendig in der Zeit, und er erscheint so lange in der Zeit, als er nicht
seinen reinen Begriff erfaßt, d.
h. nicht die Zeit tilgt. Sie ist das äußere
angeschaute, vom Selbst nicht erfaßte reine Selbst, der nur angeschaute Begriff; indem dieser sich selbst erfaßt,
hebt er seine Zeitform auf, begreift das Anschauen
und ist begriffenes und begreifendes
Anschauen. —
Die Zeit erscheint daher als das Schicksal
und die Notwendigkeit des Geistes, der
nicht in sich vollendet ist, — die
Notwendigkeit, den Anteil, den das Selbstbewußtsein
an dem Bewußtsein hat, zu bereichern, die Unmittelbarkeit
des Ansich — die Form, in der die Substanz im Bewußtsein
ist in Bewegung zu setzen oder umgekehrt, das Ansich als das
Innerliche genommen, das, was erst innerlich ist, zu realisieren
und zu offenbaren, d. h. es der Gewißheit
seiner selbst zu vindizieren [»als
Eigentum beanspruchen«].
Es muß aus diesem Grunde gesagt werden, daß nichts gewußt
wird, was nicht in der Erfahrung ist oder,
wie dasselbe auch ausgedrückt wird, was nicht als gefühlte
Wahrheit, als innerlich geoffenbartes Ewiges,
als geglaubtes Heiliges,
oder welche Ausdrücke sonst gebraucht werden, vorhanden ist. Denn
die Erfahrung ist eben dies, daß der Inhalt — und er ist der Geist — an sich, Substanz und also Gegenstand
des Bewußtseins ist. Diese Substanz
aber, die der Geist ist, ist das Werden seiner
zu dem, was er an sich ist; und erst als
dies sich in sich reflektierende Werden ist er
an sich in Wahrheit der Geist. Er ist an sich die Bewegung, die das Erkennen ist, — die Verwandlung
jenes Ansichs in das Fürsich,
der Substanz in das Subjekt,
des Gegenstandes des Bewußtseins in
Gegenstand des Selbstbewußtseins,
d. h. in ebensosehr aufgehobenen Gegenstand oder in den
Begriff. Sie ist der in sich zurückgehende
Kreis, der seinen Anfang voraussetzt
und ihn nur im Ende erreicht. —
Insofern der Geist also notwendig dieses Unterscheiden
in sich ist, tritt sein Ganzes angeschaut
seinem einfachen Selbstbewußtsein gegenüber;
und da also jenes das Unterschiedene ist, so ist es unterschieden
in seinen reinen Begriff, in die
Zeit, und in den Inhalt oder in das Ansich;
die Substanz hat, als Subjekt, die erst
innere Notwendigkeit an ihr, sich an ihr selbst als das darzustellen,
was sie an sich ist, als
Geist. Die vollendete gegenständliche
Darstellung ist erst zugleich die Reflexion derselben
oder das Werden derselben zum
Selbst. —
Ehe daher der Geist nicht an sich, nicht
als Weltgeist sich
vollendet, kann er nicht als selbstbewußter
Geist seine Vollendung
erreichen. Der Inhalt der Religion spricht
darum früher in der Zeit als die Wissenschaft es aus, was der
Geist ist;
aber diese ist allein sein wahres Wissen von ihm
selbst.
Die Bewegung, die Form seines Wissens von sich hervorzutreiben,
ist die Arbeit, die er als wirkliche Geschichte vollbringt. Die religiöse Gemeine, insofern sie zuerst die Substanz
des absoluten Geistes ist, ist das rohe Bewußtsein,
das ein um so barbarischeres und härteres Dasein
hat, je tiefer sein innerer
Geist ist, und sein dumpfes Selbst eine
um so härtere Arbeit mit seinem Wesen, dem
ihm fremden Inhalte seines Bewußtseins. Erst
nachdem es die Hoffnung aufgegeben, auf eine äußerliche, d. h. fremde
Weise das Fremdsein aufzuheben, wendet es sich, weil die aufgehobene fremde
Weise die Rückkehr ins Selbstbewußtsein
ist, an sich selbst, an seine eigene Welt und Gegenwart, entdeckt sie als sein
Eigentum und hat somit den ersten Schritt getan, aus der Intellektualwelt
herabzusteigen oder vielmehr deren abstraktes Element mit dem
wirklichen Selbst zu begeisten.
Durch die Beobachtung einerseits findet es das Dasein als Gedanken und begreift
dasselbe, und umgekehrt in seinem Denken das Dasein. Indem es so zunächst
die unmittelbare Einheit des Denkens und
Seins, des abstrakten Wesens und des
Selbsts, selbst abstrakt ausgesprochen und das erste Lichtwesen
reiner, nämlich als Einheit der
Ausdehnung und des Seins — denn Ausdehnung
ist die dem reinen Denken gleichere Einfachheit, denn
das Licht ist — und hiermit im Gedanken die Substanz des Aufgangs wieder erweckt hat,
schaudert der Geist zugleich von dieser abstrakten Einheit, von dieser selbstlosen
Substantialität zurück und
behauptet die Individualität gegen sie. Erst
aber nachdem er diese in der Bildung entäußert, dadurch sie zum Dasein
gemacht und in allem Dasein sie durchgesetzt, — zum Gedanken der Nützlichkeit
gekommen und in der absoluten Freiheit das
Dasein als seinen Willen erfaßt, kehrt er
somit den Gedanken seiner innersten Tiefe heraus und spricht das Wesen
als
Ich = Ich aus. Dies Ich = Ich ist aber
die sich in sich selbst reflektierende Bewegung; denn
indem diese Gleichheit als absolute Negativität der
absolute Unterschied ist, so steht die Sichselbstgleichheit
des Ich diesem reinen Unterschiede gegenüber, der als der reine und zugleich dem sich
wissenden Selbst gegenständliche, als die Zeit auszusprechen ist, so daß, wie vorhin das Wesen
als Einheit des Denkens und der Ausdehnung ausgesprochen wurde, es als
Einheit des Denkens und der Zeit zu fassen wäre; aber der sich selbst überlassene
Unterschied, die ruhe- und haltlose Zeit fällt vielmehr in sich selbst
zusammen; sie ist die gegenständliche Ruhe der Ausdehnung,
diese aber ist die reine Gleichheit mit sich selbst, das
Ich. —
Oder Ich ist
nicht nur das Selbst, sondern
es ist die Gleichheit des Selbsts mit sich;
diese Gleichheit aber ist die vollkommene und unmittelbare Einheit mir sich
selbst, oder dies Subjekt ist
ebensosehr die Substanz. Die Substanz
für sich allein wäre das inhaltsleere Anschauen
oder das Anschauen eines Inhalts, der als bestimmter nur Akzidentalität
hätte und ohne Notwendigkeit wäre; die
Substanz gälte nur insofern als das Absolute, als sie als die absolute
Einheit gedacht oder angeschaut wäre, und aller Inhalt müßte
nach seiner Verschiedenheit außer ihr in die Reflexion
fallen, die ihr nicht angehört, weil sie nicht Subjekt, nicht das
über sich und sich in sich Reflektierende oder nicht als Geist begriffen
wäre. Wenn doch von einem Inhalte gesprochen werden sollte, so wäre
es teils nur, um ihn in den leeren Abgrund des Absoluten zu werfen, teils aber wäre er äußerlich aus der
sinnlichen Wahrnehmung aufgerafft; das Wissen schiene zu Dingen, dem
Unterschiede von ihm selbst, und [zu] dem Unterschiede
mannigfaltiger Dinge gekommen zu sein, ohne daß man begriffe,
wie und woher.
Der Geist aber hat sich uns gezeigt, weder nur das Zurückziehen
des Selbstbewußtseins in seine reine Innerlichkeit
zu sein noch die bloße Versenkung desselben
in die Substanz und das Nichtsein seines Unterschiedes,
sondern diese Bewegung des Selbsts, das
sich seiner selbst entäußert und sich
in seine Substanz versenkt und ebenso
als Subjekt aus ihr in sich gegangen ist und sie
zum Gegenstande und Inhalte macht, als es diesen
Unterschied der Gegenständlichkeit und des Inhalts aufhebt. Jene erste Reflexion aus der Unmittelbarkeit ist das
Sichunterscheiden des Subjekts von seiner Substanz oder der sich entzweiende
Begriff, das Insichgehen und Werden
des reinen Ich.
Indem dieser Unterschied das reine Tun des Ich
= Ich ist, ist der Begriff die Notwendigkeit
und das Aufgehen des Daseins, das die
Substanz zu seinem Wesen hat und für sich besteht. Aber das Bestehen des
Daseins für sich ist der in der Bestimmtheit gesetzte Begriff und dadurch
ebenso seine Bewegung an ihm selbst, nieder
in die einfache Substanz zu gehen, welche erst als diese
Negativität und Bewegung Subjekt ist. —
Weder hat Ich sich in der Form des Selbstbewußtseins gegen die Form der Substantialität und Gegenständlichkeit festzuhalten,
als ob es Angst vor seiner Entäußerung hätte — die Kraft des Geistes ist vielmehr, in seiner Entäußerung
sich selbst gleich zu bleiben und als das Anundfürsichseiende
das Fürsichsein ebensosehr
nur als Moment zu setzen wie das Ansichsein —, noch ist es ein Drittes, das die Unterschiede
in den Abgrund des Absoluten zurückwirft und ihre Gleichheit in
demselben ausspricht, sondern das Wissen besteht vielmehr in dieser scheinbaren
Untätigkeit, welche nur betrachtet, wie das
Unterschiedene sich an ihm selbst bewegt und in seine Einheit zurückkehrt.
In dem Wissen hat also der Geist
die Bewegung seines Gestaltens beschlossen, insofern dasselbe mit dem unüberwundenen
Unterschiede des Bewußtseins behaftet ist. Er hat das reine Element
seines Daseins, den Begriff, gewonnen. Der Inhalt
ist nach der Freiheit
seines Seins das
sich entäußernde Selbst oder die unmittelbare
Einheit des Sichselbstwissens. Die
reine Bewegung dieser Entäußerung macht, sie am Inhalte betrachtet,
die Notwendigkeit desselben aus. Der verschiedene
Inhalt ist als bestimmter im Verhältnisse,
nicht an sich, und [ist] seine
Unruhe, sich selbst aufzuheben, oder die Negativität;
also ist die Notwendigkeit oder Verschiedenheit,
wie das freie Sein, ebenso das Selbst; und in dieser
selbstischen Form, worin das Dasein unmittelbar
Gedanke ist, ist der Inhalt Begriff.
Indem also der Geist den Begriff gewonnen, entfaltet er das Dasein und Bewegung
in diesem Äther seines
Lebens und ist Wissenschaft.
Die Momente seiner Bewegung stellen sich in ihr nicht mehr als bestimmte
Gestalten des Bewußtseins dar,
sondern, indem der Unterschied desselben in das Selbst zurückgegangen,
als bestimmte Begriffe und als die organische,
in sich selbst gegründete Bewegung derselben. Wenn in der Phänomenologie*
des Geistes jedes Moment der Unterschied des Wissens und der Wahrheit
und die Bewegung ist, in welcher er sich aufhebt, so enthält dagegen die
Wissenschaft diesen Unterschied und dessen Aufheben nicht, sondern indem das
Moment die Form des Begriffs hat, vereinigt es die gegenständliche
Form der Wahrheit und des wissenden Selbsts in unmittelbarer Einheit.
*Wissenschaft von den sich dialektisch
entwickelnden Erscheinungen der Gestalten des [absoluten] Geistes
und Wissenschaft der Erfahrung des Bewusstseins (Hegel).
Das Moment tritt nicht als diese Bewegung auf, aus dem Bewußtsein oder
der Vorstellung in das Selbstbewußtsein und umgekehrt herüber und
hinüber zu gehen, sondern seine reine, von seiner
Erscheinung im Bewußtsein befreite Gestalt, der reine Begriff und
dessen Fortbewegung hängt allein an seiner reinen Bestimmtheit.
Umgekehrt entspricht jedem abstrakten Momente der Wissenschaft eine Gestalt
des erscheinenden Geistes überhaupt. Wie der daseiende Geist nicht
reicher ist als sie, so ist er in seinem Inhalte auch nicht ärmer. Die
reinen Begriffe der Wissenschaft in dieser Form von Gestalten des Bewußtseins
zu erkennen, macht die Seite ihrer Realität aus,
nach welcher ihr Wesen, der Begriff, der in ihr in seiner einfachen
Vermittlung als Denken gesetzt ist, die
Momente dieser Vermittlung auseinanderschlägt und nach dem
inneren Gegensatze
sich darstellt.
Die Wissenschaft enthält in ihr selbst diese Notwendigkeit, der Form des reinen Begriffs sich
zu entäußern, und den Übergang des Begriffs ins
Bewußtsein. Denn der sich selbst
wissende Geist, eben darum, daß er
seinen Begriff erfaßt, ist er die unmittelbare Gleichheit mit sich selbst,
welche in ihrem Unterschiede die Gewißheit vom
Unmittelbaren ist, oder das sinnliche
Bewußtsein, — der Anfang, von dem wir ausgegangen; dieses
Entlassen seiner aus der Form seines Selbsts ist die höchste
Freiheit und Sicherheit seines Wissens von sich.
Doch ist diese Entäußerung noch unvollkommen;
sie drückt die Beziehung der Gewißheit
seiner selbst auf den Gegenstand aus, der eben
darin, daß er in der Beziehung ist, seine völlige
Freiheit nicht gewonnen hat. Das Wissen kennt nicht nur sich, sondern
auch das Negative seiner selbst oder seine Grenze. Seine Grenze wissen heißt,
sich aufzuopfern wissen. Diese Aufopferung
ist die Entäußerung, in welcher der
Geist sein Werden zum Geiste in der Form des
freien zufälligen Geschehens darstellt, sein reines Selbst als die Zeit außer ihm und ebenso sein Sein
als Raum anschauend. Dieses sein letzteres
Werden, die Natur, ist sein lebendiges unmittelbares
Werden; sie, der entäußerte
Geist, ist in ihrem Dasein nichts als diese ewige
Entäußerung ihres
Bestehens und die Bewegung, die das
Subjekt herstellt.
Die andere Seite aber seines Werdens, die Geschichte,
ist das wissende, sich vermittelnde Werden — der an die Zeit entäußerte Geist; aber diese Entäußerung
ist ebenso die Entäußerung ihrer selbst; das Negative ist das Negative
seiner selbst. Dies Werden stellt eine träge Bewegung
und Aufeinanderfolge von Geistern dar, eine Galerie von Bildern, deren jedes,
mit dem vollständigen Reichtume des Geistes ausgestattet, eben darum sich
so träge bewegt, weil das Selbst diesen ganzen Reichtum seiner Substanz
zu durchdringen und zu verdauen hat. Indem seine Vollendung
darin besteht, das, was er ist, seine
Substanz, vollkommen zu wissen,
so ist dies Wissen sein Insichgehen, in welchem er sein Dasein verläßt und seine
Gestalt der Erinnerung übergibt.
In seinem Insichgehen ist er in der Nacht
seines Selbstbewußtseins versunken, sein verschwundenes
Dasein aber ist in ihr aufbewahrt; und dies aufgehobene Dasein
— das vorige, aber aus dem Wissen neugeborene
— ist das neue Dasein, eine neue
Welt und
Geistesgestalt.
In ihr hat er ebenso unbefangen von vorn
bei ihrer Unmittelbarkeit anzufangen und sich von
ihr auf wieder großzuziehen, als ob alles Vorhergehende
für ihn verloren wäre und er aus der
Erfahrung der früheren Geister nichts
gelernt hätte. Aber die Er-Innerung
hat sie aufbewahrt und ist das Innere
und die in der Tat höhere Form der Substanz.
Wenn also dieser Geist seine Bildung, von sich nur auszugehen scheinend, wieder
von vorn anfängt, so ist es zugleich auf einer höheren Stufe, daß er anfängt. Das Geisterreich, das
auf diese Weise sich in dem Dasein gebildet, macht eine Aufeinanderfolge aus,
worin einer den anderen ablöste und jeder das Reich der Welt von dem vorhergehenden
übernahm. Ihr Ziel ist die Offenbarung
der Tiefe, und diese ist der absolute
Begriff; diese Offenbarung
ist hiermit das Aufheben
seiner Tiefe oder seine Ausdehnung,
die Negativität dieses insichseienden
Ich, welche seine Entäußerung
oder Substanz ist, — und seine Zeit, daß diese
Entäußerung sich an ihr selbst entäußert und so
in ihrer Ausdehnung ebenso in ihrer Tiefe, dem Selbst ist.
Das Ziel, das absolute Wissen, oder
der sich als Geist wissende
Geist hat zu seinem Wege
die Erinnerung der Geister, wie sie an ihnen
selbst sind und die Organisation ihres Reichs vollbringen.
Ihre Aufbewahrung nach der Seite ihres freien,
in der Form der Zufälligkeit erscheinenden Daseins
ist die Geschichte, nach der Seite ihrer
begriffenen Organisation aber die Wissenschaft
des erscheinenden Wissens; beide zusammen, die
begriffene Geschichte, bilden die Erinnerung
und die Schädelstätte des absoluten
Geistes, die Wirklichkeit,
Wahrheit und Gewißheit seines Throns, ohne den
er das leblose Einsame wäre; nur
—
aus dem Kelche dieses Geisterreiches
schäumt ihm seine Unendlichkeit.
Schiller,
»Die Freundschaft«,
V. 59 f.: »Aus dem Kelch des ganzen Seelenreiches /Schäumt ihm —
die Unendlichkeit«.
Aus: G.W. Hegel, Phänomenologie des Geistes,
Werke 3, S.495-591, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 603
Philosophie der Religion
Das
unendliche Gespenst
Wenn die Philosophie in unserer Zeit wegen ihrer Beschäftigung mit der
Religion befeindet wird, so kann uns das nach dem allgemeinen Charakter der
Zeit freilich nicht auffallen. Jeder, der es versucht, mit der Erkenntnis Gottes
sich zu befassen und die Natur desselben denkend zu begreifen, muß dessen
gewärtig sein, daß man entweder darauf nicht achthat oder sich gegen
ihn wendet und verbindet.
Je mehr sich die Erkenntnis der endlichen Dinge
ausgebreitet hat, indem die Ausdehnung der Wissenschaften
fast grenzenlos geworden ist und alle Gebiete des Wissens zum
Unübersehbaren erweitert sind, um so mehr hat sich der
Kreis des Wissens von Gott verengt.
Es hat eine Zeit gegeben, wo alles Wissen Wissenschaft von Gott gewesen ist.
Unsere Zeit hat dagegen das Ausgezeichnete, von allem und jedem, von einer unendlichen
Menge von Gegenständen zu wissen, nur nichts von
Gott. Früher hatte der Geist darin sein höchstes
Interesse, von Gott zu wissen und seine
Natur zu ergründen, er hatte und fand keine
Ruhe als in dieser Beschäftigung, er fühlte sich unglücklich,
wenn er dies Bedürfnis nicht befriedigen konnte; die geistigen Kämpfe,
welche das Erkennen Gottes im
Innern hervorruft, waren die höchsten, die der Geist kannte und in sich erfuhr, und alles andere Interesse und Erkennen
wurde für gering geachtet. Unsere Zeit hat dies Bedürfnis, die Mühen
und Kämpfe desselben beschwichtigt, wir sind damit fertig
geworden und es ist abgetan.
Was Tacitus von den alten Deutschen sagte, daß sie securi adversus deos gewesen, das
sind wir in Rücksicht des Erkennens wieder geworden: securi
adversus deum.
Es macht unserem Zeitalter keinen Kummer mehr,
von Gott nichts zu erkennen, vielmehr gilt es für
die höchste Einsicht, daß diese Erkenntnis
sogar nicht möglich sei. Was die
christliche Religion für das höchste,
absolute Gebot erklärt: »Ihr
sollt Gott erkennen«, das gilt als eine Torheit.
Christus sagt:
»Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel
vollkommen ist« (2 Matth. 5, 45), — diese hohe Forderung
ist der Weisheit unserer Zeit ein leerer Klang.
Sie hat aus Gott ein unendliches Gespenst
gemacht, das fern
von uns ist, und ebenso die menschliche Erkenntnis zu
einem eiteln Gespenste der Endlichkeit oder zu
einem Spiegel,
in den nur Schemen, nur die Erscheinungen fallen. Wie sollen wir daher noch das Gebot achten und seinen Sinn fassen, wenn
es heißt: »Ihr sollt vollkommen sein, wie
euer Vater im Himmel vollkommen ist«, da wir vom Vollkommenen nichts
erkennen, unser Wissen und Wollen nur durchaus an die Erscheinung
angewiesen ist und die Wahrheit schlechterdings nur ein Jenseits
sein und bleiben soll. Und was, müssen wir weiter fragen, was wäre
denn sonst der Mühe wert zu begreifen, wenn Gott
unbegreiflich ist?
Diesen Standpunkt muß man dem Inhalte nach für die letzte Stufe der Erniedrigung des
Menschen achten, bei welcher er freilich um so hochmütiger zugleich
ist, als er sich diese Erniedrigung als das Höchste
und als seine wahre Bestimmung erwiesen zu haben glaubt. Obwohl aber
solcher Standpunkt schnurstracks der großen Natur der christlichen
Religion entgegen ist, denn nach dieser sollen wir Gott,
seine Natur und sein Wesen erkennen und diese Erkenntnis als das Allerhöchste
achten — der Unterschied, ob dies Wissen durch
Glauben, Autorität, Offenbarung oder durch Vernunft herbeigeführt werde, ist hier gleichgültig —, obwohl dieser
Standpunkt also ebenso mit dem Inhalt, den die Offenbarung von der göttlichen
Natur gibt, als mit dem Vernünftigen fertig geworden ist, so hat er sich
doch nach allen seinen niedrigen Verzweigungen in der blinden Anmaßung,
die ihm eigen ist, nicht gescheut, sich gegen die Philosophie zu kehren, die
doch die Befreiung des Geistes aus jener
schmachvollen Erniedrigung ist und die Religion
aus der Stufe des tiefsten Leidens, das sie auf jenem Standpunkt hat erfahren
müssen, wieder hervorgezogen hat. Selbst die Theologen, die noch in jenem
Stadium der Eitelkeit nur zu Hause sind, haben es gewagt, die Philosophie ihrer zerstörenden Tendenz wegen anzuklagen,
Theologen, die nichts von dem Gehalte mehr besitzen,
der zerstört werden könnte. Um diese nicht nur unbegründeten,
sondern noch mehr leichtfertigen und gewissenlosen Einwürfe zurückzuweisen,
brauchen wir nur kurz zuzusehen, wie die Theologen vielmehr alles getan haben,
um das Bestimmte der Religion aufzulösen, indem sie
1. die Dogmen in den Hintergrund geschoben oder für gleichgültig
erklärt haben, oder dieselben
2. nur als fremde Bestimmungen anderer
und als bloße Erscheinungen einer vergangenen
Geschichte betrachten. Wenn wir so auf die Seite des Inhalts reflektiert
und gesehen haben, wie diesen die Philosophie wiederherstellt und vor den Verwüstungen
der Theologie sicherstellt, werden wir
3. auf die Form jenes Standpunktes reflektieren
und hier sehen, wie die Richtung, die von der Form aus die Philosophie befeindet, über sich selbst so un¬wissend ist, daß sie nicht einmal weiß,
wie sie an sich gerade das Prinzip der
Philosophie in sich enthält. S.42ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke
16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616
Von Gott
Was Gott ist, ist
für uns, die Religion
haben, ein Bekanntes, ein Inhalt, der im subjektiven
Bewußtsein vorhanden ist; aber wissenschaftlich
betrachtet ist zunächst Gott ein allgemeiner
abstrakter Name, der noch keinen wahrhaften Gehalt bekommen hat. Denn
die Religionsphilosophie erst ist die Entwicklung, Erkenntnis dessen, was
Gott ist, und durch sie erfährt man erst auf erkennende Weise,
was Gott ist. Gott
ist diese sehr wohl bekannte,
aber eine wissenschaftlich noch nicht entwickelte, erkannte
Vorstellung.
Mit der Hinweisung auf diese in unserer Wissenschaft sich selbst rechtfertigende
Entwicklung nehmen wir es zunächst als eine Versicherung auf, daß es Resultat der Philosophie ist, daß Gott
das absolut Wahre, das
an und für sich Allgemeine, alles Befassende,
Enthaltende und allem Bestandgebende ist.
Und in Ansehung dieser Versicherung können wir uns ebenso zunächst
auf das religiöse Bewußtsein berufen, welches die Überzeugung
hat, daß Gott das absolut Wahre überhaupt
ist, von dem alles ausgeht und in das alles zurückgeht, von dem alles abhängig
ist, und daß sonst anderes nicht absolute, wahrhafte
Selbständigkeit hat. Das ist nun der Inhalt des Anfangs.
Dieser Anfang ist wissenschaftlich noch abstrakt; so voll die Brust von dieser Vorstellung sein kann, so ist es im Wissenschaftlichen
nicht darum zu tun, was in der Brust, sondern um das, was herausgesetzt ist
als Gegenstand für das Bewußtsein, näher für das denkende
Bewußtsein, — was die Form des Gedankens erlangt hat. Dieser Fülle
die Form des Gedankens, Begriffs zu geben, ist das Geschäft unserer Wissenschaft.
a) Der Anfang als abstrakt, als
der erste Inhalt, die Allgemeinheit, hat so noch gleichsam eine subjektive
Stellung, hat die Stellung, als ob das Allgemeine nur für den
Anfang so allgemein wäre und nicht in dieser Allgemeinheit bliebe. Der
Anfang des Inhalts ist aber selbst so aufzufassen, daß bei allen weiteren
Entwicklungen dieses Inhalts — indem dies Allgemeine sich als ein absolut
Konkretes, Inhaltsvolles, Reiches zeigen wird — wir zugleich aus dieser
Allgemeinheit nicht heraustreten, so daß diese Allgemeinheit, die wir
der Form nach einerseits verlassen, indem sie zu einer bestimmten
Entwicklung fortgeht, sich doch als absolute,
dauernde Grundlage erhält, nicht als bloß subjektiver Anfang zu nehmen ist.
Gott ist für uns,
indem er das Allgemeine ist, in Beziehung auf die Entwicklung das
in sich Verschlossene, in absoluter Einheit mit sich selbst. Wenn wir
sagen: Gott ist das Verschlossene, so ist das ausgedrückt
in Beziehung auf eine Entwicklung, die wir erwarten; aber die Verschlossenheit,
was Allgemeinheit Gottes von uns genannt worden, ist in dieser Beziehung auf
Gott selbst, auf den Inhalt selbst nicht zu fassen als eine abstrakte
Allgemeinheit, außerhalb welcher das Besondere,
gegen welche das Besondere noch selbständig wäre.
So ist nun diese Allgemeinheit als die absolut volle, erfüllte zu fassen. Gott als dieses Allgemeine, das in
sich Konkrete, Volle ist dies, daß Gott nur
Einer ist und nicht im Gegensatz
gegen viele Götter; sondern es ist nur das
Eine, Gott.
Die Dinge, Entwicklungen der natürlichen und geistigen Welt sind mannigfache
Gestalten, unendlich vielgeformtes Dasein; sie haben ein Sein
von unterschiedenem Grad, Kraft, Stärke, Inhalt. Aber das Sein aller
dieser Dinge ist ein solches, das nicht selbständig, sondern schlechthin
nur ein getragenes, gesetztes ist, nicht wahrhafte Selbständigkeit hat.
Wenn wir den besonderen Dingen ein Sein zuschreiben, so ist das nur ein geliehenes
Sein, nur der Schein eines Seins, nicht das absolut selbständige Sein,
das Gott ist.
Gott in seiner Allgemeinheit, dies Allgemeine,
in welchem keine Schranke, Endlichkeit, Besonderheit ist, ist das absolute Bestehen
und allein das Bestehen; und was besteht, hat seine Wurzel, sein Bestehen nur
in diesem Einen. Wenn wir diesen ersten Inhalt so auffassen, so können
wir uns ausdrücken:
Gott ist die absolute
Substanz, die allein
wahrhafte Wirklichkeit. Alles andere, was wirklich ist, ist nicht für
sich wirklich, hat kein Bestehen für sich; die einzig
absolute Wirklichkeit ist allein Gott; so ist er
die absolute Substanz.
Hält man diesen Gedanken so abstrakt fest, so ist es allerdings Spinozismus.
Die Substantialität, die Substanz als solche ist noch gar nicht unterschieden
von der Subjektivität. Aber zu der gemachten Voraussetzung gehört
auch dies: Gott ist der Geist, der absolute Geist, der
ewig einfache, wesentlich bei sich seiende Geist. Diese
Idealität, Subjektivität des Geistes, welche Durchsichtigkeit, Idealität
von allem Besonderen ist, ist ebenso diese
Allgemeinheit, diese reine Beziehung auf sich selbst, das absolute Beisichselbstsein
und -bleiben.
Wenn wir sagen »Substanz«, so liegt
darin, daß dies Allgemeine noch nicht gefaßt ist als konkret in
sich; wird es so gefaßt, als konkret in sich, so ist es Geist; dieser
bleibt auch in seiner konkreten Bestimmung in sich diese
Einheit mit sich, diese eine Wirklichkeit,
welche wir soeben Substanz hießen. Eine weitere Bestimmung ist
es, daß die Substantialität, die Einheit der
absoluten Wirklichkeit mit sich selbst, nur Grundlage, ein
Moment in der Bestimmung Gottes
als Geistes ist. Die Verunglimpfung der Philosophie geht vornehmlich
von dieser Seite aus: man sagt, die Philosophie müsse Spinozismus sein, wenn sie konsequent
sei; und so sei sie Atheismus, Fatalismus.
Aber beim Anfang hat man noch nicht unterschiedene Bestimmungen, Eines und ein
Anderes: beim Anfang ist man nur beim Einen, nicht beim Anderen. Von solchem
Anfang her haben wir zunächst den Inhalt noch in Form der Substantialität.
Auch wenn wir sagen »Gott, Geist«,
so sind das unbestimmte Worte, Vorstellungen. Es
kommt darauf an, was ins Bewußtsein getreten ist. Zuerst tritt das
Einfache, das Abstrakte ins Bewußtsein. In dieser ersten Einfachheit
haben wir Gott noch in der Bestimmung der Allgemeinheit,
bei der wir aber nicht bleiben.
Dieser Inhalt bleibt aber gleichwohl die Grundlage; in aller weiteren Entwicklung
tritt Gott nicht aus seiner Einheit mit sich selbst heraus. Indem er, wie man
gewöhnlich sagt, die Welt erschafft, entsteht nicht ein Böses, Anderes,
das selbständig, unabhängig wäre.
b) Dieser Anfang ist Gegenstand
für uns oder Inhalt in uns; wir
haben diesen Gegenstand. So ist die unmittelbare Frage:
wer sind wir? Wir, Ich, der Geist ist selbst ein
sehr Konkretes, Mannigfaches: ich bin anschauend,
sehe, höre usf. Alles das bin ich, dies Fühlen,
Sehen. Der nähere Sinn dieser Frage ist also: nach welcher jener
Bestimmungen ist dieser Inhalt für unsere Sinne? Vorstellung,
Wille, Phantasie, Gefühl? Welches ist der Ort, wo dieser Inhalt,
Gegenstand zu Hause ist? Welches ist der
Boden dieses Gehalts?
Wenn man sich an die gang und gäben Antworten erinnert in dieser Rücksicht,
so ist Gott in uns als glaubend,
fühlend, vorstellend, wissend. Diese Formen, Vermögen,
Seiten von uns, Gefühl, Glaube, Vorstellung haben
wir nachher näher zu betrachten, besonders in Beziehung auf diesen Punkt
selbst. Wir sehen uns nicht um nach einer Antwort irgendeiner Art, richten uns
nicht nach Erfahrungen, Beobachtungen, daß wir Gott
im Gefühl usf. haben; zunächst halten wir uns an das, was wir
vor uns haben, dieses Eine,
Allgemeine, diese Fülle, die dieser sich selbst
gleichbleibende, durchsichtige
Äther ist.
Nehmen wir dies Eine vor uns und fragen: für welches unserer Vermögen,
Tätigkeiten des Geistes ist dieses Eine, schlechthin Allgemeine?, so können
wir nur die entsprechende Tätigkeit unseres Geistes nennen als den Boden,
worauf dieser Inhalt zu Hause sein kann. Das ist das
Denken.
Denken ist allein der Boden dieses Inhalts, die Tätigkeit
des Allgemeinen, das Allgemeine in seiner Tätigkeit,
Wirksamkeit; oder sprechen wir es aus als Auffassen
des Allgemeinen, so ist das, für welches das Allgemeine
ist, immer das Denken.
Dieses Allgemeine, was vom Denken produziert werden kann und für das Denken
ist, kann ganz abstrakt sein; so ist es das Unermeßliche,
Unendliche, das Aufheben aller Schranke, Besonderheit. Dieses zunächst negative Allgemeine hat seinen
Sitz nur im Denken.
Wenn wir an Gott denken, so sprechen wir dabei
diesen Gang auch aus, daß wir über das Sinnliche,
Äußerliche, Einzelne uns erheben;
es wird eine Erhebung ausgesprochen zum
Reinen, mit sich Einigen. Diese Erhebung ist Hinausgehen über das
Sinnliche und das bloße Gefühl in die reine Region des Allgemeinen,
und diese Region ist das Denken.
Dies ist nach subjektiver Weise der Boden für
diesen Inhalt. Der Inhalt ist dies absolut Scheidungslose,
Ununterbrochene, bei sich selbst Bleibende, das Allgemeine, und das Denken
ist die Weise, für welche dies Allgemeine ist.
So haben wir einen Unterschied zwischen
dem Denken und dem
Allgemeinen, das wir zunächst Gott nannten;
es ist ein Unterschied, der zunächst nur unserer Reflexion zukommt, der
für sich im Inhalt noch ganz und gar nicht enthalten ist. Es
ist Resultat der Philosophie, wie schon Glaube der Religion, daß Gott
die eine, wahrhafte Wirklichkeit ist, sonst gar keine. In dieser einen Wirklichkeit
und reinen Klarheit hat die Wirklichkeit und der Unterschied, den wir Denkendes
nennen, noch keinen Platz.
Was wir vor uns haben, ist dies eine Absolute. Diesen Inhalt, diese Bestimmung können wir noch nicht Religion
nennen; dazu gehört subjektiver Geist, Bewußtsein. Das Denken
ist der Ort dieses Allgemeinen, aber dieser Ort ist zunächst absorbiert
in diesem Einen, Ewigen, an und für sich Seienden. In dieser wahrhaften,
absoluten Bestimmung, die nur noch nicht entwickelt, vollendet ist, bleibt
Gott bei aller Entwicklung absolute Substanz.
Dieses Allgemeine ist der Anfangs- und Ausgangspunkt, aber schlechthin diese
bleibende Einheit, nicht ein bloßer Boden, aus dem Unterschiede erwachsen;
sondern alle Unterschiede bleiben eingeschlossen in dieses Allgemeine. Es ist
aber auch nicht ein träges, abstrakt Allgemeines, sondern der absolute
Schoß, der unendliche Trieb
und Quellpunkt, aus dem alles hervor-
und in den alles zurückgeht und ewig darin
behalten ist.
Das Allgemeine tritt also aus diesem Äther der Gleichheit
mit sich selbst und des Beisichselbstseins nie heraus. Gott
kann als dieses Allgemeine nicht dazu kommen, bei einem Anderen in der
Tat zu sein, dessen Bestehen mehr als ein Spiel des Scheines wäre. Gegen
diese reine Einheit und klare Durchsichtigkeit ist die Materie nichts Undurchdringliches
und hat der Geist, das Ich nicht die Sprödigkeit, daß er für
sich wahrhafte Substantialität besäße.
c) Diese Vorstellung
hat man mit dem Namen
Pantheismus bezeichnen wollen; richtiger würde man sie nennen: Vorstellung der Substantialität. Gott ist
da zunächst nur als Substanz bestimmt; das absolute Subjekt, der Geist
bleibt auch Substanz, aber er ist nicht nur Substanz, sondern in sich auch als
Subjekt bestimmt. Von diesem Unterschiede wissen die gewöhnlich nichts,
die sagen, spekulative Philosophie sei Pantheismus; sie übersehen die Hauptsache,
wie immer, und sie verunglimpfen die Philosophie, indem sie etwas Falsches aus
ihr machen.
Pantheismus hat bei diesem Vorwurf gewöhnlich den Sinn: alles,
das All, Universum, dieser Komplex von allem
Existierenden, diese unendlich vielen
endlichen Dinge seien Gott; und diese
Beschuldigung wird der Philosophie gemacht, sie behaupte, alles
sei Gott, d. h. diese unendliche Mannigfaltigkeit
der einzelnen Dinge, nicht die an und für sich seiende Allgemeinheit,
sondern die einzelnen Dinge in ihrer empirischen Existenz, wie sie unmittelbar
sind.
Sagt man: Gott ist dies
alles, dies Papier usf., so ist es Pantheismus,
wie er in jenem Vorwurf gefaßt wird, d. h. Gott
ist alles, alle einzelnen Dinge. Wenn ich sage »Gattung«,
so ist das auch eine Allgemeinheit, aber eine ganz andere als »Allheit«,
in welcher das Allgemeine nur als Zusammenfassen aller einzelnen Existenzen
und das Seiende das Zugrundeliegende, der eigentliche Inhalt, alle einzelnen
Dinge ist.
Dieses Faktum, daß in irgendeiner Religion solcher
Pantheismus dagewesen, ist vollkommen falsch; es ist nie einem Menschen
eingefallen, zu sagen: alles ist Gott, d. h. die
Dinge in ihrer Einzelheit, Zufälligkeit; viel weniger ist das in einer
Philosophie behauptet worden.
Den orientalischen Pantheismus oder richtiger den
Spinozismus werden wir später in der bestimmten
Religion kennenlernen. Der Spinozismus selbst als
solcher und auch der orientalische Pantheismus enthält,
daß in allem das Göttliche nur sei das Allgemeine eines Inhalts,
das Wesen der Dinge, so daß dieses aber auch vorgestellt wird als das
bestimmte Wesen der Dinge.
Wenn Brahma sagt: »Ich
bin der Glanz, das Leuchtende in den Metallen, der Ganges unter den Flüssen,
das Leben im Lebendigen« usf., so ist damit aufgehoben
das Einzelne. Brahma sagt
nicht: »Ich bin das Metall, die Flüsse,
die einzelnen Dinge jeder Art selbst als solche, wie sie unmittelbar existieren.«
Der Glanz ist nicht das Metall selbst, sondern das Allgemeine,
Substantielle, herausgehoben aus dem Einzelnen, nicht mehr Alles
als Einzelnes. Da ist schon nicht mehr das gesagt, was man Pantheismus heißt, sondern es ist gesagt das Wesen in solchen einzelnen Dingen.
Zum Lebendigen gehört Zeitlichkeit,
Räumlichkeit; es ist aber nur herausgehoben das Unvergängliche
an dieser Einzelheit. Das »Leben des Lebendigen« ist in dieser Sphäre des Lebens das Unbeschränkte,
Allgemeine. Wird aber gesagt: alles ist Gott, so
wird die Einzelheit genommen nach allen ihren Schranken,
ihrer Endlichkeit, Vergänglichkeit. Diese Vorstellung vom
Pantheismus kommt davon her, daß man die abstrakte, nicht die geistige
Einheit heraushebt; und dann, in einer religiösen Vorstellung, wo nur die
Substanz, das Eine als wahrhafte Wirklichkeit gilt, vergessen jene, daß
eben gegen dies Eine die einzelnen endlichen Dinge verschwunden sind, ihnen
keine Wirklichkeit zugeschrieben wird, sondern man behält diese noch neben
dem Einen marerialiter bei. Sie glauben den Eleaten nicht, welche sagten:
»Es ist nur das Eine«, und ausdrücklich
hinzufügten: »und das Nichts ist gar nicht«. (S.
Parmenides). Alles Endliche würde Beschränkung,
Negation des Einen sein; aber das
Nichts, die Beschränkung, Endlichkeit,
Grenze und das Begrenzte ist gar nicht.
Man hat dem Spinozismus Atheismus
vorgeworfen; aber die Welt, dies »Alles«
ist gar nicht im Spinozismus.
Es erscheint wohl, man spricht von seinem Dasein, und unser Leben ist, in dieser
Existenz zu sein. Im philosophischen Sinne aber hat die Welt
gar keine Wirklichkeit, ist gar nicht. Diesen Einzelheiten wird keine
Wirklichkeit zugeschrieben; es sind Endlichkeiten, und
von diesen wird gesagt, sie seien gar nicht.
Der Spinozismus, ist die allgemeine Beschuldigung,
sei diese Konsequenz: wenn alles eins ist, so behaupte solche Philosophie, das
Gute sei eins mit dem Bösen, es sei kein
Unterschied zwischen Gutem und Bösem
und damit alle Religion aufgehoben. Man sagt, es
gelte an sich der Unterschied des Guten
und Bösen nicht; damit sei es gleichgültig,
ob man gut oder böse sei. Es kann zugegeben
werden, daß der Unterschied zwischen Gutem und Bösem an
sich aufgehoben sei, d. h. in Gott, der einzig
wahren Wirklichkeit. In Gott ist kein Böses; der Unterschied zwischen
Gutem und Bösem ist nur, wenn Gott das Böse ist. Man wird aber nicht
zugeben, daß das Böse ein Affirmatives sei und dieses Affirmative
in Gott. Gott ist gut und allein gut; der Unterschied
von Bösem und Gutem ist in diesem Einen,
dieser Substanz nicht vorhanden; dieser tritt erst mit dem Unterschied
überhaupt ein.
Gott ist das Eine, absolut
bei sich selbst Bleibende; in der Substanz ist kein
Unterschied. Beim Unterschied Gottes von
der Welt, insbesondere vom Menschen, da
tritt der Unterschied von
Gutem und Bösem
ein. Im Spinozismus
ist in Rücksicht auf diesen Unterschied von Gott und Mensch Grundbestimmung,
daß der Mensch Gott allein zu seinem Ziel haben muß. Da ist für
den Unterschied, für den Menschen Gesetz die Liebe
Gottes, auf diese Liebe zu Gott allein gerichtet zu sein, nicht seinen
Unterschied geltend zu machen, auf ihm beharren zu wollen, sondern
allein seine Richtung auf Gott zu
haben.
Das ist die erhabenste Moral, daß das Böse
das Nichtige ist und der Mensch diesen
Unterschied, diese Nichtigkeit nicht soll
gelten lassen. Der Mensch kann auf diesem Unterschied beharren wollen, diesen
Unterschied treiben zur Entgegensetzung gegen Gott, das an und für sich
Allgemeine, — so ist er böse. Aber er kann seinen Unterschied auch
für nichtig achten, seine Wahrheit nur setzen in Gott und seine Richtung
auf Gott, — dann ist er gut.
Im Spinozismus tritt allerdings Unterschiedenheit
von Gutem und Bösem ein — Gott und der Mensch gegenüber
— und tritt ein mit dieser Bestimmung, daß
das Böse für das Nichtige zu achten sei. In Gott als solchem,
in dieser Bestimmung als Substanz ist der Unterschied
nicht; aber für den Menschen ist dieser
Unterschied, auch der zwischen Gutem und Bösem.
Diese Oberflächlichkeit, mit der gegen Philosophie polemisiert wird, sagt
auch, Philosophie sei Identitätssystem. Es ist ganz richtig: Substanz ist diese eine Identität mit sich, aber ebensosehr
auch der Geist. Identität, Einheit mit sich ist am Ende alles. Spricht
man aber von Identitätsphilosophie, so bleibt man bei der abstrakten
Identität, Einheit überhaupt, und sieht ab von dem, worauf
es allein ankommt, von der Bestimmung dieser Einheit
in sich, ob sie als Substanz oder Geist bestimmt ist. Die ganze
Philosophie ist nichts anderes als das Studium der Bestimmungen der Einheit;
ebenso ist die Religionsphilosophie eine Reihenfolge von Einheiten, immer die
Einheit, aber so, daß diese immer weiter bestimmt ist.
Im Physikalischen gibt es der Einheiten viele. Wasser und Erde zusammengebracht,
das ist auch Einheit, aber eine Mengung. Wenn ich eine Base und eine Säure
habe und Salz, Kristall daraus entsteht, habe ich auch Wasser, kann es aber
nicht sehen, es ist nicht die geringste Feuchtigkeit vorhanden. Da ist die Einheit
des Wassers mit dieser Materie eine ganz anders bestimmte Einheit, als wenn
ich Wasser und Erde vermenge. Die Hauptsache ist der Unterschied dieser Bestimmung. Die Einheit Gottes ist immer Einheit; aber es kommt
ganz allein auf die Arten und Weisen der Bestimmung
dieser Einheit an; diese Bestimmung der Einheit wird übersehen
und eben damit gerade das, worauf es ankommt.
Das Erste ist diese göttliche Allgemeinheit, der Geist ganz in seiner
unbestimmten Allgemeinheit, für welchen durchaus kein Unterschied ist.
Auf dieser absoluten Grundlage — wir sprechen das zunächst noch als
Faktum aus — kommt nun aber auch der Unterschied überhaupt hervor, der als geistiger
Unterschied Bewußtsein ist, und damit erst fängt die Religion als solche
an. Indem die absolute Allgemeinheit zum
Urteil, d. h. dazu fortgeht, sich als Bestimmtheit zu setzen, und
Gott als Geist für den Geist ist, so haben wir den Standpunkt, daß
Gott Gegenstand des Bewußtseins und das im Anfang allgemeine, unterschiedliche
Denken in das Verhältnis eingetreten
ist. S.92ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke
16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616
Das
religiöse Verhältnis
In der Lehre von Gott haben
wir Gott als Objekt schlechthin nur für sich
vor uns; freilich kommt dann auch die Beziehung
Gottes auf die Menschen hinzu,
und während dies nach der früheren gewöhnlichen Vorstellung nicht
wesentlich dazugehörig erschien, handelt dagegen die neuere Theologie
mehr von der Religion als
von Gott: es wird nur gefordert, der Mensch soll
Religion haben. Dies ist die Hauptsache, und es wird sogar als gleichgültig
gesetzt, ob man von Gott etwas wisse oder nicht; oder man hält dafür,
es sei dies nur ganz etwas Subjektives, man wisse eigentlich nicht,
was Gott sei. Dagegen hat man im Mittelalter
mehr das Wesen Gottes
betrachtet und bestimmt. Wir haben die
Wahrheit anzuerkennen, die darin liegt, daß Gott
nicht betrachtet wird getrennt vom subjektiven
Geiste, aber nur nicht aus dem Grunde, daß Gott
ein Unbekanntes ist, sondern deswegen, weil
Gott wesentlich Geist,
als wissender ist. Es ist
also eine Beziehung von Geist zu Geist. Dieses
Verhältnis von Geist zu Geist
liegt der Religion zugrunde.
Wenn wir nun dessen überhoben wären, mit dem Beweise,
daß Gott ist,
anzufangen, so hätten wir doch zu beweisen, daß die Religion
ist, und daß sie notwendig ist;
denn die Philosophie hat den Gegenstand nicht als
einen gegebenen.
Man könnte nun zwar sagen, jener Beweis sei nicht nötig, und sich
darauf berufen, daß alle Völker
Religion hätten. Aber dies ist nur etwas Angenommenes, und mit dem Ausdruck
»alles« gebt man überhaupt nicht
besonders gut um. Sodann gibt es doch auch Völker, von denen man schwerlich
sagen dürfte, daß sie Religion haben: ihr Höchstes, das sie
etwa verehren, ist Sonne, Mond, oder was ihnen sonst in der sinnlichen Natur
auffällt. Auch gibt es die Erscheinung eines Extrems von Bildung, daß
das Sein Gottes überhaupt
geleugnet worden ist, und ebenso, daß die Religion die Wahrhaftigkeit
des Geistes sei; ja, man hat in diesem Extrem mit Ernst behauptet, die Priester
seien nur Betrüger, indem sie den Menschen eine Religion eingäben,
denn sie hätten dabei nur die Absicht gehabt, sich die Menschen
unterwürfig zu machen.
Ein weiterer Versuch, die Notwendigkeit der
Religion zu beweisen, kommt nur zur äußerlichen,
bedingten Notwendigkeit, in welcher die Religion
zu einem Mittel und zu etwas Absichtlichem
gemacht, aber damit zu etwas Zufälligem
herabgesetzt wird, welches nicht an und für sich gilt, sondern willkürlich
von mir ebenso entfernt wie mit Absicht gebraucht werden kann. Die wahrhafte
Ansicht, das substantielle Verhältnis, und das falsche Verhältnis
stehen hier sehr nahe aneinander, und das Schiefe des letzteren scheint nur
eine leichte Verschiebung des ersteren zu sein.
In alter und neuer Zeit hat man gesagt, diese Stadt, dieser Staat, diese Familien
oder Individuen seien durch die Verachtung der Götter zugrunde gegangen;
die Verehrung der Götter dagegen und die Ehrfurcht gegen sie erhalte und
beglücke die Staaten, und das Glück und Fortkommen der Individuen
werde durch ihre Religiosität befördert.
Allerdings wird die Rechtschaffenheit erst etwas Festes und erhält die
Erfüllung der Pflichten ihre Bewährung, wenn ihnen die Religion zugrunde
liegt. Das Innerste des Menschen, das Gewissen, hat darin erst absolute Verpflichtung
und die Sicherheit derselben. So muß der Staat
auf Religion beruhen, weil
in ihr die Sicherheit der Gesinnung, der Pflichten gegen denselben erst absolut
ist. Jede andere Weise der Verpflichtung weiß sich Ausreden, Ausnahmen,
Gegengründe zu verschaffen, weiß die Gesetze, Einrichtungen und Individuen
der Regierung und Obrigkeit zu verkleinern, sie unter Gesichtspunkte zu bringen,
wodurch man sich von der Achtung gegen dieselbe losmacht. Denn alle diese Bestimmungen
sind nicht das allein, was sie an sich und in sich sind, sondern sie haben zugleich
eine gegenwärtige, endliche Existenz, sie
sind von der Beschaffenheit, daß sie die Reflexion einladen, sie zu untersuchen,
sie ebenso anzuklagen wie zu rechtfertigen, und rufen so die subjektive Betrachtung
auf, die sich von ihnen dispensieren kann. Nur die Religion ist es, die alles
dieses subjektive Beurteilen und Abwägen niederschlägt, zunichte macht
und eine unendliche, absolute Verpflichtung herbeiführt. Kurz, die Verehrung
Gottes oder der Götter befestigt und erhält
die Individuen, die Familien, Staaten; die Verachtung
Gottes oder der Götter
löst die Rechte und Pflichten, die Bande der
Familien und der Staaten auf und führt sie zum Verderben.
Dies ist allerdings eine höchst wahre und wichtige Betrachtung, welche
den wesentlichen, substantiellen Zusammenhang
enthält. Wenn nun aus jenem Satze als Resultat einer Erfahrung gefolgert
wird: also ist die Religion notwendig,
so ist dies eine äußerliche Art des Schlusses, kann aber noch allein
in Rücksicht des subjektiven Erkennens
mangelhaft sein, so daß damit dem Inhalt
noch nicht eine schiefe Wendung oder Stellung gegeben wird. Aber wenn der Schluß
jetzt so lautet: also ist die Religion für die
Zwecke der Individuen, Regierungen, Staaten usf. nützlich,
so wird damit ein Verhältnis eingeführt, in welchem die Religion
als Mittel gesetzt wird. Aber bei der
Religion hat man es mit dem Geist,
dem vielgewandten, zu tun. Wie schon der organische Körper in seinen Krankheiten
gegen die Heilmittel, sosehr sie eine Notwendigkeit der Wirkungsweise gegen
ihn ausüben, zugleich nach ihrer Spezialität
indifferent ist und eine Wahl
unter einer Menge von Mitteln offensteht, so setzt der Geist noch mehr, was
er als Mittel hat und gebrauchen kann, zu einem Besonderen
herab, und er hat dann das Bewußtsein seiner Freiheit, es gebrauchen zu
können oder auch ein anderes.
So, wenn die Religion Mittel ist, so weiß der Geist, daß er sie
gebrauchen, daß er aber auch andere Mittel ergreifen kann; ja, er steht
ihr so gegenüber, daß er sich auf sich kann verlassen wollen. Er
hat ferner die Freiheit seiner Zwecke -
seine Gewalt, List, die Beherrschung der Meinung der Menschen
usf. sind auch Mittel —, und eben
in der Freiheit seiner Zwecke, welche
eben darin liegt, daß seine Zwecke
das Geltende sein sollen und die Religion
nur Mittel, hat er die Freiheit, seine Macht
und Herrschaft sich zum Zweck zu machen,
also sich Zwecke zu setzen, bei denen er die Religion
entbehren kann oder die gerade gegen
dieselbe gehen. Es kommt vielmehr darauf an, daß er sich zu solchen Zwecken
entschlösse oder verpflichtet wüßte, die mit Zurücksetzung
anderer beliebiger, überhaupt mit
Aufopferung der besonderen
Zwecke objektiv, an und für sich gelten.
Objektive Zwecke fordern das Aufgeben subjektiver Interessen, Neigungen und
Zwecke, und dies Negative ist darin enthalten,
wenn gesagt wird, die Verehrung Gottes gründe
das wahre Wohl der Individuen, Völker und Staaten.
Ist dies eine Folge von jener, so ist jene die Hauptsache, hat ihre Bestimmung
und Bestimmtheit für sich und reguliert die Zwecke und Ansichten der Menschen,
die als besondere Zwecke nicht das Erste, sich für sich Bestimmensollende
sind. So eine leichte Wendung der Reflexionsstellung verändert und verdirbt
gänzlich jenen ersten Sinn und macht aus der Notwendigkeit
eine bloße Nützlichkeit, die als zufällig sich verkehren
läßt.
Hier ist vielmehr von der inneren, an
und für sich seienden Notwendigkeit die Rede,
einer Notwendigkeit, der sich die Willkür,
das Böse allerdings wohl entgegenstellen kann;
aber diese Willkür fällt dann außerhalb
auf die Seite des Ichs, das sich als frei auf die Spitze seines Fürsichseins
stellen kann, und gehört nicht mehr der Notwendigkeit selbst an und ist
nicht mehr die eigene sich verkehrende Natur
derselben, wie es der Fall ist, solange sie nur als Nützlichkeit
gefaßt wird. S.101ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion I, Werke
16, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616Der
spekulative Begriff der Religion
Aus den „Vorlesungen über
die Philosophie der Religion ", herausg. von Phil. Marheineke, 2. Aufl.
1840 (l. Aufl. 1832). Erster Teil (= Sämt¬liche Werke, Bd. XI), S.
198ff.
Die Vernunft ist der Boden, auf dem die Religion
allein zu Hause sein kann. Die Grundbestimmung
ist das affirmative [bejahende]
Verhalten des Bewußtseins, welches nur ist als Negation
der Negation, als das Sichaufheben der Bestimmungen
des Gegensatzes, die von der Reflexion
als beharrend genommen werden.
Der Boden der Religion ist insofern dies Vernünftige
und näher das Spekulative.
Die Religion ist aber nicht nur so ein Abstraktes, ein affirmatives Verhalten,
wie es eben bestimmt ist, zum Allgemeinen; wäre sie nur so, würde
aller weitere Inhalt außer ihr sich befinden, von Außen hereinkommen,
wäre er dann in der Wirklichkeit, so müßte es noch andere Wirklichkeit
außer der Religion geben.
Der Standpunkt der Religion
ist dieser, daß das Wahre, zu dem das Bewußtsein
sich verhält, allen Inhalt in sich
hat, und dies Verhalten ist damit selbst sein Höchstes,
sein absoluter Standpunkt.
Die Reflexion ist
die Tätigkeit, die Gegensätze
festzustellen und von dem einen zum anderen zu gehen, ohne aber ihre Verbindung
und durchdringende Einheit zu Stande zu bringen. Der Boden
dagegen der Religion ist das absolute
Bewußtsein, so, daß Gott aller
Inhalt, alle Wahrheit und Wirklichkeit
selbst ist. Solchem Gegenstand ist das bloße
Reflektieren nicht angemessen.
Wenn wir bisher den Ausdruck »Bewußtsein«
gebraucht haben, so drückt dies nur die Seite der
Erscheinung des Geistes aus, das wesentliche Verhältnis
des Wissens und seines Gegenstandes. Ich bin so als Verhältnis bestimmt,
der Geist ist aber wesentlich dies, nicht bloß im Verhältnis zu sein;
in das Bewußtsein fällt das Endliche,
das Objekt bleibt darin selbständig stehen. Der Geist ist nicht nur ein
solches Wissen, wo das Sein des Gegenstandes vom Wissen selbst getrennt ist,
nicht nur in der Weise des Verhältnisses, nicht bloß Form des Bewußtseins.
Von diesem Verhältnis abstrahierend, sprechen wir vom Geist und das
Bewußtsein fällt dann als Moment in das Sein des Geistes;
wir haben damit ein affirmatives Verhältnis des Geistes zum absoluten Geist.
Erst diese Identität, daß das
Wissen in seinem Objekt sich für sich setzt, ist
der Geist, die Vernunft, die als gegenständlich
für sich selbst ist.
Die Religion also ist Beziehung
des Geistes auf den absoluten Geist.
Nur so ist der Geist als der wissende das Gewußte.
Dies ist nicht bloß ein Verhalten
des Geistes zum absoluten Geist, sondern der absolute Geist selbst ist das
Sichbeziehende auf das, was wir als Unterschied
auf die andere Seite gesetzt haben, und höher
ist so die Religion die Idee des Geistes, der sich zu sich selbst verhält,
das Selbstbewußtsein des absoluten Geistes.
Hierin fällt sein Bewußtsein, das vorher als Verhältnis
bestimmt war. Das Bewußtsein, als solches, ist das endliche
Bewußtsein, das Wissen von einem Anderen als dem Ich. Die Religion
ist auch Bewußtsein, und hat somit das endliche
Bewußtsein an ihr, aber als endliches aufgehoben:
denn das Andere, wovon der absolute Geist weiß, ist er selbst und er ist
so erst der absolute Geist, daß er sich weiß.
Die Endlichkeit des Bewußtseins tritt ein,
indem sich der Geist an sich selbst unterscheidet;
aber dies endliche Bewußtsein ist Moment des Geistes selbst,
er selbst ist das Sichunterscheiden, das Sichbestimmen, d. h. sich
als endliches Bewußtsein zu setzen. Dadurch aber ist er nur
als durch das Bewußtsein oder den endlichen Geist vermittelt, so, daß
er sich zu verendlichen hat, um durch diese Verendlichung Wissen seiner selbst
zu werden. So ist die Religion Wissen des göttlichen Geistes von sich durch
Vermittelung des endlichen Geistes. In der höchsten
Idee ist demnach die Religion nicht
die Angelegenheit eines Menschen, sondern sie ist wesentlich die höchste
Bestimmung der absoluten Idee selbst.
Der absolute Geist in seinem Bewußtsein
ist Sichwissen; weiß
er Anderes, so hört er auf, absoluter Geist
zu sein. Auf diese Bestimmung wird hier behauptet, dieser Inhalt, den das Wissen
des absoluten Geistes hat von sich selbst, sei die absolute
Wahrheit, alle Wahrheit, so daß diese Idee allen Reichtum der
natürlichen und geistigen
Welt in sich faßt, die einzige Substanz und Wahrheit dieses Reichtums
ist und alles nur Wahrheit hat in ihr als Moment
ihres Wesens.
Der Beweis der Notwendigkeit, daß
so dieser Inhalt der Religion
die absolute Wahrheit ist, insofern er vom Unmittelbaren
anfängt und jenen Inhalt als Resultat eines anderen Inhalts zeigt, liegt
vor unserer Wissenschaft und uns bereits im Rücken. Als wir oben an seiner
Stelle diesen Beweis lieferten, sahen wir bereits, wie die Einseitigkeit
seines Ganges, daß der Inhalt nicht als absolut, sondern als
Resultat erscheint, sich selbst aufhebt. Denn
eben das Erste, entweder die logische Abstraktion des Seins oder die
endliche Welt, dies Erste, Unmittelbare,
nicht gesetzt Erscheinende, wird in dem Resultat selbst gesetzt als
ein Gesetztes, nicht Unmittelbares
und degradiert vom Unmittelbaren zum Gesetzten, so daß der absolute
Geist vielmehr das Wahre ist, das Setzen der Idee, wie der Natur und
des endlichen Geistes. Oder der absolute, seiner selbst sich bewußte Geist
ist das Erste und einzige Wahre, in welchem die endliche Welt, die so ein Gesetztes
ist, als Moment ist.
Jener Gang also, der sich zunächst als ein Gang
vor der Religion zeigte, wo vom Unmittelbaren
begonnen wird, ohne Bezug auf Gott,
so daß Gott dadurch erst wird,
ist nun vielmehr Moment innerhalb der Religion selbst, aber in anderer Gestalt
und Form als in jener ersten Weise, wo er gleichsam nur unbefangen in Rücksicht
auf Gott ist; hier ist vielmehr Gott schlechthin
das Erste und jener
Gang die Tätigkeit und Bewegung der Idee
des absoluten Geistes in ihr selbst. Der
Geist ist für sich, d. h. macht sich zum Gegenstand,
ist gegen den Begriff für sich selbst bestehend, das,
was wir Welt, Natur heißen; diese
Diremtion [Trennung,
Lösung, Entfremdung] ist erstes Moment. Das Andere ist, daß
dieser Gegenstand sich selbst zurückbewegt zu dieser seiner Quelle, der
er angehörig bleibt und zu der er sich zurückbegeben muß; diese
Bewegung macht das göttliche Leben
aus. Der Geist als absoluter ist zunächst
das Sicherscheinende, das für
sich seiende Fürsichsein; die Erscheinung
als solche ist die Natur, und er ist nicht
nur das Erscheinende, nicht nur das
Für-Eines-, sondern das Fürsichselbstsein,
das Sich-Erscheinende, damit ist er denn
Bewußtsein seiner als Geist. So ist das zunächst als
Notwendigkeit betrachtete Moment innerhalb des Geistes selbst und wir
haben dem Wesen nach jene Notwendigkeit auch innerhalb der Religion, aber nicht
als unmittelbares Dasein, sondern als Erscheinung der
Idee, nicht als Sein, sondern als Erscheinung des
Göttlichen.
Die konkrete Erfüllung des Begriffes
der Religion ist nun seine
Produzierung durch sich selbst. Er selbst ist es, der sich konkret macht,
und sich zur Totalität seiner Unterschiede
vollendet, so daß der Begriff, indem er nur durch diese Unterschiede ist,
sich selbst zum Gegenstand wird. Der Begriff, den wir so festgestellt haben,
ist das Selbstbewußtsein des absoluten Geistes, dies Selbstbewußtsein,
daß er für sich ist; für sich ist er Geist, das, worin ein Unterschied
seiner von ihm ist, dies ist Moment der Natur. Populär gesprochen heißt
dies, Gott ist die Einheit des Natürlichen und Geistigen,
der Geist ist aber Herr der Natur, so daß beides nicht mit gleicher
Würde in dieser Einheit ist, sondern so, daß die Einheit der Geist
ist, kein drittes, worin beide neutralisiert werden, sondern diese Indifferenz
beider ist selbst der Geist. Er ist ein Mal eine Seite und das andere Mal das,
was über die andere Seite übergreift und so die Einheit beider ist.
In dieser weiteren konkreten Bestimmung des Geistes geschieht es, daß
der Begriff Gottes
sich zur Idee vollendet.
Das Geistige ist die absolute Einheit
des Geistigen und Natürlichen,
so daß dies nur ist ein vom Geist Gesetztes, Gehaltenes.
In dieser Idee sind folgende Momente:
a) Die substantielle, absolute,
subjektive Einheit beider Momente, die
Idee in ihrer sich selbst gleichen Affirmation.
b) Das Unterscheiden
des Geistes in sich selbst, so daß er nun sich setzt als seiend
für dies von ihm - durch ihn selbst gesetzte - Unterschiedene.
c) Indem dies Unterscheiden selbst
in jener Einheit der Affirmation [Bejahung]
gesetzt ist, so wird es Negation der Negation, die Affirmation als unendlich,
als absolutes Fürsichsein.
Die beiden ersten Momente sind die des
Begriffs, die Art und Weise, wie die
Beziehung des Geistigen und Natürlichen im Begriff enthalten ist. Das Weitere
ist, daß sie nicht bloß Momente des Begriffs sind, sondern selbst
die beiden Seiten des Unterschiedes. Das
Moment des Unterscheidens ist im Geiste das, was
Bewußtsein heißt. Das Unterscheiden
ist das Setzen von zwei, die keine andere
Bestimmung ihres Unterschiedes haben, als eben jene Momente selbst. Das Unterscheiden,
welches dadurch zu einem Verhältnis
wird, hat daher zu seinen zwei Seiten,
[1.] zu der einen selbst
jene gediegene substantielle Einheit der
Idee, Gott als seienden, als auf sich sich beziehende
Einheit, und
[2.] zu der anderen
das Unterscheiden, welches als das
Bewußtsein die Seite ist, für welche die gediegene Einheit ist und
die sich darum als die endliche Seite bestimmt.
Gott ist so bestimmt als seiend
für das Bewußtsein, als Gegenstand,
als erscheinend; aber wesentlich
ist er als die geistige Einheit in seiner Substantialität nicht nur bestimmt
als erscheinend, sondern als sich erscheinend, also dem Anderen so erscheinend,
daß er darin sich selbst erscheint.
Dieses Unterscheiden ist daher selbst zu fassen
als in die absolute Affirmation zurückgehend oder sich
aufhebend - als Unterscheiden, das
sich ebenso ewig zur Wahrheit
der Erscheinung aufhebt.
Wenn wir zunächst die substantielle Einheit von dem Unterscheiden selbst
unterschieden und dann als das dritte die
Rückkehr des zweiten Moments in das erste bestimmt
haben, so sind aber nun nach der Bestimmung
des Inhalts des Verhältnisses jene beiden Bestimmungen selbst nur als eine
Seite des Verhältnisses zu nehmen, so daß sie beide nur die Eine
Bestimmtheit desselben ausmachen und das zweite
Moment ist dann das, welches als das dritte erschien.
Diese beiden Bestimmungen sind es, welche nach dem Begriff das ausmachen, was
überhaupt zur Realität der Idee
zu rechnen ist. Die eine als das Verhältnis,
in welches der Begriff sich dirimiert
[trennt, löst, entfremdet] das
Bewußtsein, die
Erscheinung Gottes und die andere als das
Sichaufheben dieser nur relativen, im Gegensatz stehenden Beziehung.
In dem Ersten, dem Verhältnis, ist
das endliche Bewußtsein die
eine Seite und die Art und Weise, wie seine Endlichkeit
bestimmt ist, ist die an ihm zu Tage kommende Weise, wie
ihm sein Gegenstand bestimmt ist. Hierher fällt
die Art der göttlichen Erscheinung, die Vorstellung oder die theoretische
Seite. Hingegen in der anderen Beziehung, der praktischen,
als der Tätigkeit des Aufhebens der Entzweiung,
ist es an dem Bewußtsein, daß die Tätigkeit erscheint.
Auf diese Seite fällt dann die Form der Freiheit,
die Subjektivität als solche und
ist das Selbstbewußtsein in seiner
Bewegung zu betrachten. Dies ist die Erscheinung als
Kultus. S.120-125
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher
der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925
Auch enthalten in: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion
I, Werke 16, S.196-202, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 616
Die
absolute Religion
Aus den „Vorlesungen über
die Philosophie der Religion", herausg. von Phil. Marheineke, 2. Aufl.
1840 (l. Aufl. 1832). Zweiter Teil (= Gesammelte Werke, Bd. XII), S. 207 ff.
Die absolute Religion ist die Religion der Wahrheit
und Freiheit. Denn die Wahrheit ist, sich im Gegenständlichen
nicht verhalten als zu einem Fremden. Die Freiheit drückt dasselbe, was
die Wahrheit ist, mit einer Bestimmung der Negation aus. Der Geist
ist für den Geist: dies ist er; er ist also seine Voraussetzung;
wir fangen mit dem Geist als Subjekt an, er ist identisch mit sich, ist ewige
Anschauung seiner selbst, er ist so zugleich
nur als Resultat, als Ende gefaßt. Er ist das Sichvoraussetzen
und ebenso das Resultat, und
ist nur als Ende. Dies ist die Wahrheit, dies adäquat sein, dies Objekt
und Subjekt sein. Daß er sich selbst der Gegenstand
ist, ist die Realität, Begriff, Idee,
und dies ist die Wahrheit.
Ebenso ist sie die Religion der Freiheit. Freiheit
ist abstrakt das Verhalten zu einem
Gegenständlichen als nicht zu einem Fremden, es ist dieselbe Bestimmung
wie die der Wahrheit, nur ist bei der Freiheit noch die Negation
des Unterschiedes des Andersseins herausgehoben,
so erscheint sie in der Form der Versöhnung.
Diese fängt damit an, daß Unterschiedene
gegeneinander sind, Gott, der eine ihm
entfremdete Welt gegenüber hat, eine Welt, die ihrem Wesen entfremdet
ist. Die Versöhnung ist die Negation
dieser Trennung, dieser Scheidung,
sich ineinander zu erkennen, sich und sein Wesen zu finden. Die
Versöhnung ist so die Freiheit, ist
nicht ein Ruhendes oder Seiendes, sondern Tätigkeit. Alles dies, Versöhnung,
Wahrheit, Freiheit ist allgemeiner Prozeß, und daher nicht in einem
einfachen Satz auszusprechen, ohne Einseitigkeit. Die Hauptvorstellung
ist die von der Einheit der göttlichen
und menschlichen Natur: Gott ist Mensch
geworden. Diese Einheit ist zunächst nur das Ansich, aber als dies,
ewig hervorgebracht zu werden, und
dies Hervorbringen ist die Befreiung, Versöhnung,
die eben nur möglich ist durch das Ansich; die mit sich identische Substanz
ist diese Einheit, die als solche die Grundlage ist, aber als Subjektivität
ist sie das, was sich ewig hervorbringt.
Daß nur diese Idee die absolute
Wahrheit ist, das ist Resultat der ganzen Philosophie,
in seiner reinen Form ist es das Logische, aber ebenso Resultat der Betrachtung
der konkreten Welt. Dies ist die Wahrheit, daß die
Natur, das Leben, der Geist durch und durch organisch ist, daß
jedes Unterschiedene nur ist der Spiegel
dieser Idee, so daß sie sich an ihm als Vereinzeltem darstellt,
als Prozeß an ihm, so daß es diese
Einheit an ihm selbst manifestiert.
Die Naturreligion ist die Religion auf
dem Standpunkt nur des Bewußtseins,
in der absoluten Religion ist auch dieser Standpunkt, aber nur innerhalb als
transitorisches Moment, in der Naturreligion ist
Gott als Anderes vorgestellt,
in natürlicher Gestaltung, oder die Religion hat nur die Form des Bewußtseins.
Die zweite Form war die der geistigen
Religion, des Geistes, der endlich bestimmt
bleibt, es ist insofern die Religion des Selbstbewußtseins, nämlich
der absoluten Macht, der Notwendigkeit, die wir
gesehen haben; der Eine, die Macht
ist das Mangelhafte, weil es nur die abstrakte
Macht ist, seinem Inhalte nach nicht absolute Subjektivität ist,
nur abstrakte Notwendigkeit, abstrakt einfaches Beisichselbstsein.
Die Abstraktion, in der die Macht
und die Notwendigkeit noch auf jener Stufe gefaßt worden, macht
die Endlichkeit aus, und die besonderen Mächte,
Götter, bestimmt nach geistigem Inhalt, machen erst die Totalität,
indem sie zu jener Abstraktion den realen Inhalt hinzubringen. Endlich die dritte
ist nun die Religion der Freiheit, des Selbstbewußtseins,
das aber zugleich Bewußtsein der
umfassenden Realität [ist],
die die Bestimmtheit der ewigen Idee Gottes selbst bildet, und in dieser Gegenständlichkeit
bei sich selbst ist.
Freiheit ist die Bestimmung des Selbstbewußtseins.... S.203ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke
17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617
Die göttliche
Idee
Einteilung
Die absolute, ewige Idee ist
I. an
und für sich Gott in seiner Ewigkeit,
vor Erschaffung der Welt, außerhalb der Welt;
II. Erschaffung
der Welt. Dieses Erschaffene, dieses
Anderssein spaltet
sich an ihm selbst in diese zwei Seiten, die
physische Natur und den endlichen Geist. Dieses
so Geschaffene ist so ein
Anderes, zunächst gesetzt außer Gott.
Gott ist aber wesentlich, dies Fremde,
dies Besondere, von ihm Getrenntgesetzte
sich zu versöhnen [und],
so wie die Idee sich dirimiert hat, abgefallen
ist von sich selbst, diesen Abfall zu seiner Wahrheit
zurückzubringen.
III. Das
ist der Weg, der Prozeß der Versöhnung,
wodurch der Geist [das], was er von sich unterschieden
in seiner Diremtion, seinem Urteil, mit sich geeinigt hat, und so der heilige
Geist ist, der Geist ist in seiner Gemeinde.
Das sind also nicht Unterschiede nach äußerlicher Weise, die wir
machen, sondern das Tun, die entwickelte Lebendigkeit des absoluten Geistes
selbst, das ist selbst [s]ein ewiges Leben,
das eine Entwickelung und Zurückführung dieser
Entwickelung in sich selbst ist.
Die nähere Explikation dieser Idee ist nun, daß
der allgemeine Geist, das Ganze was er ist, sich selbst in
seine drei Bestimmungen setzt, sich entwickelt,
realisiert, und daß erst am Ende vollendet
ist, was zugleich seine Voraussetzung ist. Er ist
im Ersten als Ganzes,
setzt sich voraus und ist ebenso nur am Ende.
Der Geist ist so in den drei Formen, den drei
Elementen zu betrachten, in die er sich
setzt.
Diese drei angegebenen Formen sind: das
ewige in und bei sich Sein, die Form der Allgemeinheit;
die Form der Erscheinung, die
der Partikularisation, das Sein
für Anderes; die Form der Rückkehr aus
der Erscheinung in sich selbst, die absolute Einzelheit.
In diesen drei Formen expliziert sich die göttliche
Idee.
Geist ist die göttliche Geschichte, der Prozeß
des Sichunterscheidens, Dirimierens und dies in sich Zurücknehmens,
er ist die göttliche Geschichte und diese
Geschichte ist in jeder der drei Formen zu
betrachten.
Sie sind in Rücksicht auf das subjektive Bewußtsein
auch so zu bestimmen:
Die erste Form als das Element des Gedankens.
Gott ist im reinen
Gedanken, wie er an und für sich ist, offenbar
ist, aber noch nicht zur Erscheinung gekommen ist.
Gott in seinem ewigen Wesen bei sich selbst, aber
offenbar.
Die zweite Form ist, daß er im Element
der Vorstellung ist, im Element der Partikularisation,
daß das Bewußtsein befangen
ist in Beziehung auf Anderes, dies ist die Erscheinung.
Das dritte Element ist das der Subjektivität
als solcher. Diese Subjektivität
ist teils die unmittelbare als
Gemüt, Vorstellung, Empfindung, teils aber auch Subjektivität,
die der Begriff ist, denkende Vernunft,
Denken des freien Geistes, der erst durch die Rückkehr
frei in sich ist.
In Beziehung auf Ort, Raum, sind die drei
Formen so zu erklären, indem sie als Entwicklung und Geschichte gleichsam
an verschiedenen Orten vorgehen.
So ist die erste göttliche
Geschichte außer der Welt, raumlos
außer der Endlichkeit, Gott
wie er an und für sich ist.
Das Zweite ist die göttliche
Geschichte als real in der Welt,
Gott im vollkommenen Dasein.
Das Dritte ist der innere
Ort, die Gemeinde, zunächst in der Welt,
aber zugleich sich zum Himmel erhebend, als Kirche
ihn auf Erden schon in sich habend, voll Gnade, in der Welt wirksam, präsent.
Man kann auch nach der Zeit die drei
Elemente unterschieden bestimmen. Im ersten Elemente
ist Gott außer
der Zeit, als ewige Idee, in dem Element
der Ewigkeit, der Ewigkeit, insofern sie
der Zeit gegenüber gestellt wird. So expliziert sich diese an und für
sich seiende Zeit und legt sich auseinander in Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft. So ist die
göttliche Geschichte zweitens
als Erscheinung, ist als Vergangenheit,
sie ist, hat Sein, aber ein Sein, das zum Schein herabgesetzt ist, als Erscheinung
ist sie unmittelbares Dasein, das auch zugleich negiert ist, dies ist Vergangenheit.
Die göttliche Geschichte ist so als Vergangenheit,
als das eigentlich Geschichtliche. Das dritte Element
ist die Gegenwart, aber nur die
beschränkte Gegenwart, nicht die ewige Gegenwart,
sondern die, die Vergangenheit und Zukunft von sich unterscheidet,
die das Element des Gemüts ist, der unmittelbaren
Subjektivität geistiges Jetztsein. Aber die Gegenwart soll auch das dritte
sein, die Gemeinde erhebt sich auch in den Himmel, so ist es auch eine Gegenwart,
die sich erhebt, wesentlich versöhnt, vollendet durch die Negation ihrer
Unmittelbarkeit zur Allgemeinheit, eine Vollendung, die aber noch nicht ist,
und die so als Zukunft zu fassen ist. Ein Jetzt der Gegenwart, das die Vollendung
vor sich hat, aber diese ist unterschieden von diesem Jetzt,
das noch Unmittelbarkeit ist, und ist als Zukunft
gesetzt.
Wir haben überhaupt die Idee zu betrachten als göttliche
Selbstoffenbarung und diese Offenbarung ist in den drei
angegebenen Bestimmungen zu nehmen.
Nach der ersten ist Gott
für den endlichen Geist rein nur als Denken: dies ist das theoretische
Bewußtsein, worin das denkende Subjekt sich ganz ruhig verhält,
noch nicht in dies Verhältnis selbst, in den Prozeß gesetzt ist,
sondern in der ganz unbewegten Stille des denkenden Geistes sich verhält,
da ist Gott gedacht für ihn und dieser ist so in dem einfachen Schlusse,
daß er sich durch seinen Unterschied, der aber hier nur noch in der reinen
Idealität ist und nicht zur Äußerlichkeit kommt,
mit sich selbst zusammenschließt, unmittelbar bei sich selbst ist. Dies
ist das erste Verhältnis, das nur für
das denkende Subjekt ist, welches von dem reinen Inhalt allein eingenommen ist.
Dies ist das Reich des Vaters.
Die zweite Bestimmung ist das Reich
des Sohnes, worin Gott für die
Vorstellung im Elemente des Vorstellens überhaupt ist das Moment der Besonderung
überhaupt. In diesem zweiten Standpunkt
erhält jetzt das, was im ersten das Andere Gottes
war, ohne aber diese Bestimmung zu haben, die Bestimmung
des Anderen. Dort auf dem ersten Standpunkte
ist Gott als der Sohn, nicht
unterschieden vom Vater, aber nur in der
Weise der Empfindung ausgesprochen: im
zweiten Elemente erhält aber der
Sohn die Bestimmung als Anderes, und aus
der reinen Idealität des Denkens wird so in
die Vorstellung hinübergetreten. Wenn nach der ersten
Bestimmung Gott nur einen
Sohn erzeugt, so bringt er hier die Natur
hervor; hier ist das Andere die Natur, der Unterschied kommt so
zu seinem Rechte: das Unterschiedene ist die Natur, die Welt überhaupt
und der Geist, der sich darauf bezieht, der natürliche Geist; hier tritt
das, was wir vorhin Subjekt geheißen haben, selbst als Inhalt ein: der
Mensch ist hier verflochten mit dem Inhalt. Indem der Mensch sich hier auf die
Natur bezieht und selbst natürlich ist, so ist er dies
nur innerhalb der Religion: es ist somit
die religiöse Betrachtung
der Natur und des Menschen.
Der Sohn tritt in die Welt, dies ist der Beginn des Glaubens; es ist
schon im Sinne des Glaubens gesagt, wenn wir vom Hereintreten des Sohnes sprechen.
Für den endlichen Geist als solchen kann Gott
eigentlich nicht sein, denn insofern er für ihn ist, so liegt unmittelbar
darin, daß der endliche Geist seine Endlichkeit nicht als ein Seiendes
festhalte, sondern daß er im Verhältnis zum
Geist ist, sich mit Gott
versöhne. Als endlicher Geist ist er gestellt als Abfallen, als
Trennung gegen Gott; so ist er in Widerspruch gegen dies sein Objekt, seinen
Inhalt, und dieser Widerspruch ist zunächst das Bedürfnis seiner Aufhebung.
Dies Bedürfnis ist der Anfang, und das Weitere ist, daß Gott für
den Geist werde, daß sich der göttliche Inhalt ihm vorstelle, aber
dann zugleich der Geist in empirisch endlicher
Weise ist, so erscheint es ihm in
empirischer Weise, was Gott ist. Aber
indem das Göttliche in dieser Geschichte für ihn hervortritt, so verliert
sie den Charakter äußerliche Geschichte zu sein, sie wird göttliche
Geschichte, die Geschichte der Manifestation Gottes
selbst. -
Dies macht den Übergang zum Reiche des Geistes,
welches das Bewußtsein enthält, daß der Mensch
an sich mit Gott versöhnt ist, und daß die Versöhnung für
den Menschen ist; der Prozeß der Versöhnung
selbst ist im Kultus enthalten. S.126-132
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie,
5. Band der Quellen-Handbücher der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise –
Berlin 1925
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke
17, S.213ff., suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617
Dreieinigkeit
Gott ist der Geist;
er ist in abstrakter Bestimmung so bestimmt als
der allgemeine Geist, der sich besondert; dies
ist die absolute Wahrheit, und die Religion
ist die wahre, die diesen Inhalt hat.
Der Geist ist dieser Prozeß,
ist Bewegung, Leben; dies ist, sich zu unterscheiden,
zu bestimmen, und die erste Unterscheidung
ist, daß er ist als diese allgemeine Idee selbst. Dies Allgemeine enthält
die ganze Idee, aber enthält
sie auch nur, ist nur Idee an sich. In dem Urteil ist das Andere, das dem
Allgemeinen Gegenüberstehende, das
Besondere, Gott als
das von ihm Unterschiedene, aber
so, daß dieses Unterschiedene seine ganze
Idee ist an und für sich, so daß diese zwei Bestimmungen
auch füreinander dasselbe, diese Identität,
das Eine sind, daß dieser Unterschied
nicht nur an sich aufgehoben ist, daß nicht nur wir dies wissen, sondern
daß es gesetzt ist, daß sie dasselbe sind, daß diese Unterschiede
sich insofern aufheben, als dieses Unterscheiden
ebenso ist, den Unterschied als keinen zu setzen, und so das eine
in dem andern bei sich selbst ist.
Dies, daß es so ist, ist nun der Geist
selbst oder, nach Weise der Empfindung ausgedrückt, die ewige
Liebe. Der heilige Geist ist die ewige
Liebe. Wenn man sagt: »Gott ist die Liebe«,
so ist es sehr groß, wahrhaft gesagt; aber es wäre sinnlos, dies
nur so einfach als einfache Bestimmung aufzufassen, ohne es zu analysieren,
was die Liebe ist. Denn die Liebe ist
ein Unterscheiden zweier,
die doch füreinander schlechthin nicht unterschieden
sind. Das Gefühl und Bewußtsein dieser
Identität ist die Liebe, dieses, außer
mir zu sein: ich habe mein Selbstbewußtsein nicht
in mir, sondern im Anderen, aber dieses Andere,
in dem nur ich befriedigt bin, meinen Frieden mit mir habe — und ich bin
nur, indem ich Frieden in mir habe; habe ich diesen nicht, so bin ich der Widerspruch,
der auseinandergeht —, dieses Andere, indem es ebenso außer sich
ist, hat sein Selbstbewußtsein nur in mir, und beide sind nur dieses Bewußtsein
ihres Außersichseins und ihrer Identität. Dies
Anschauen, dies Fühlen, dies Wissen der Einheit,
— das ist die Liebe.
Gott ist die Liebe, d. i. dies Unterscheiden
und die Nichtigkeit dieses Unterschieds,
ein Spiel dieses Unterscheidens, mit dem es kein Ernst
ist, das ebenso als aufgehoben gesetzt ist, d. h. die ewige,
einfache Idee. Diese ewige Idee ist denn in der christlichen
Religion ausgesprochen als das, was die heilige
Dreieinigkeit heißt; das ist Gott
selbst, der ewig dreieinige.
Gott ist hier nur für den denkenden Menschen,
der sich still für sich zurückhält. Die Alten haben das
Enthusiasmus geheißen; es ist die rein theoretische Betrachtung,
die höchste Ruhe des Denkens, aber zugleich
die höchste Tätigkeit, die reine Idee
Gottes zu fassen und sich derselben bewußt zu werden. —
Das Mysterium des Dogmas
von dem, was Gott ist, wird den Menschen
mitgeteilt, sie glauben daran und werden schon der höchsten
Wahrheit gewürdigt, wenn sie es nur in ihre Vorstellung aufnehmen,
ohne daß sie sich der Notwendigkeit dieser Wahrheit
bewußt sind, ohne daß
sie dieselbe begreifen. Die
Wahrheit ist die Enthüllung dessen, was der Geist
an und für sich ist; der Mensch ist selbst
Geist, also
ist für ihn die Wahrheit; aber zunächst hat die Wahrheit, die an ihn
kommt, noch nicht die Form der Freiheit für ihn, und sie ist nur ein Gegebenes
und Empfangenes für ihn, das er aber nur empfangen kann, weil er der Geist
ist. Diese Wahrheit, diese
Idee ist das Dogma der
Dreieinigkeit genannt worden — Gott
ist der Geist, die Tätigkeit
reinen Wissens, die
bei sich selbst seiende Tätigkeit. Aristoteles
vornehmlich hat Gott in
der abstrakten Bestimmung der Tätigkeit
aufgefaßt.
Die reine Tätigkeit ist Wissen
(in der scholastischen Zeit: actus purus);
um aber als Tätigkeit gesetzt zu sein, muß sie in ihren Momenten
gesetzt sein: zum Wissen gehört ein Anderes,
das gewußt wird, und indem das Wissen es weiß, so ist es ihm angeeignet.
Hierin liegt, daß Gott, das ewig an und für
sich Seiende, sich erzeugt als seinen Sohn,
sich von sich unterscheidet, — das
absolute Urteil. Was er aber so von sich unterscheidet, hat
nicht die Gestalt eines Andersseins, sondern das Unterschiedene
ist unmittelbar nur das, von dem es geschieden worden. Gott
ist Geist; keine Dunkelheit, keine Färbung
oder Mischung tritt in dies reine
Licht. Das Verhältnis von
Vater und Sohn ist aus dem organischen
Leben genommen und ist vorstellungsweise gebraucht: dies natürliche
Verhältnis ist nur bildlich und daher nie ganz dem entsprechend, was ausgedrückt
werden soll. Wir sagen: Gott erzeugt
ewig seinen Sohn, Gott unterscheidet
sich von sich; so fangen wir von
Gott zu sprechen an: er tut dies und ist in dem
gesetzten Andern schlechthin bei sich selbst (die Form
der Liebe).
Aber wir müssen wohl wissen, daß Gott
dies ganze Tun selbst ist.
Gott ist der Anfang, er tut dies, aber er
ist ebenso auch nur das Ende, die Totalität:
so als Totalität ist Gott der Geist. Gott
als bloß der Vater ist noch nicht das
Wahre (so ohne den Sohn ist er in der jüdischen
Religion gewußt), er ist vielmehr Anfang
und Ende; er ist seine Voraussetzung, macht sich selbst zur Voraussetzung
(dies ist nur eine andere Form des Unterscheidens),
er ist der ewige Prozeß.
— Es hat etwa die Form eines Gegebenen, daß dies die Wahrheit und
die absolute Wahrheit ist; daß es aber als
das an und für sich Wahre gewußt wird, das ist das Tun der Philosophie
und der ganze Inhalt derselben. In ihr zeigt’s sich, dass aller Inhalt
der Natur, des Geistes sich dialektisch in diesen Mittelpunkt als seine absolute
Wahrheit drängt. Hier ist es nicht mehr darum zu tun, zu beweisen, daß
das Dogma, dies stille Mysterium, die ewige Wahrheit ist: dies geschieht, wie
ge¬sagt, in der ganzen Philosophie.
Zur näheren Erläuterung dieser Bestimmungen kann noch folgendes bemerkt
werden.
a) Wenn von
Gott ausgesagt wird, was er ist, so werden zunächst die
Eigenschaften angegeben: das ist Gott;
er wird durch Prädikate bestimmt;
dies ist die Weise der Vorstellung, des Verstandes. Prädikate sind Bestimmtheiten,
Besonderungen: Güte, Allmacht usf. Die Prädikate
sind zwar nicht natürliche Unmittelbarkeit, aber durch die Reflexion sind
sie stehend gemacht, und dadurch ist der bestimmte Inhalt ebenso unbeweglich
fest für sich geworden, als es der natürliche Inhalt ist, unter dem
Gott in der Naturreligion vorgestellt wurde. Die natürlichen Gegenstände,
wie die Sonne, Meer usw., sind; die Reflexionsbestimmungen
sind aber ebenso identisch mit sich als die natürliche Unmittelbarkeit.
Indem die Morgenländer das Gefühl haben, daß dies nicht die
wahrhafte Weise sei, die Natur Gottes auszusprechen, so sagen sie, er …
lasse sich nicht erschöpfen durch Prädikate, — denn Namen
sind in diesem Sinn dasselbe wie Prädikate.
Das eigentlich Mangelhafte dieser Weise, Gott
durch Prädikate zu bestimmen, besteht darin, wodurch eben diese unendliche
Menge von Prädikaten kommt, daß diese Prädikate nur besondere
Bestimmungen sind und viele
solche besondere Bestimmungen, deren Träger das in sich selbst
unterschiedslose Subjekt ist. Indem es besondere Bestimmungen sind und man diese
Besonderheiten nach ihrer Bestimmtheit
betrachtet, man sie denkt, kommen sie
in Entgegensetzung, Widerspruch, und diese
Widersprüche sind dann nicht
aufgelöst.
Dies erscheint auch so, daß diese Prädikate ausdrücken sollen
Beziehung Gottes auf die Welt;
die Welt ist ein anderes als Gott. Als Besonderheiten
sind sie seiner Natur nicht angemessen; darin liegt die andere Weise, sie zu
betrachten als Beziehungen Gottes
auf die Welt: Allgegenwart,
Allweisheit Gottes
in der Welt. Sie enthalten nicht die wahrhafte
Beziehung Gottes auf sich selbst, sondern auf
Anderes, die Welt. So sind sie beschränkt;
dadurch kommen sie in Widerspruch. Wir haben das Bewußtsein, daß
Gott so nicht lebendig dargestellt ist, wenn so viele Besonderheiten nacheinander
aufgezählt werden. Ihr Widerspruch wird auch nicht wahrhaft aufgelöst
durch die Abstraktion ihrer Bestimmtheit, wenn der Verstand fordert, man solle
sie nur sensu eminentiori nehmen. Die
wahre Auflösung des Widerspruchs ist in der
Idee enthalten, die das
Sichbestimmen Gottes zum Unterschiedenen
seiner von sich selbst, aber das ewige
Aufheben des Unterschiedes
ist. Der belassene Unterschied wäre Widerspruch: wenn der Unterschied
fest bliebe, so entstünde die Endlichkeit.
Beide sind selbständig gegeneinander und auch
in Beziehung. Die Idee ist nicht, den Unterschied
zu belassen, sondern ihn ebenso aufzulösen; Gott
setzt sich in diesen Unterschied und hebt ihn ebenso auch auf.
Wenn wir nun von Gott Prädikate angeben, so daß sie besondere sind,
so sind wir zunächst bemüht, diesen Widerspruch aufzulösen. Das
ist ein äußerliches Tun, unsere
Reflexion, und damit, daß es äußerlich
ist, in uns fällt, nicht Inhalt
der göttlichen Idee ist, so ist darin enthalten, daß die Widersprüche
nicht aufgelöst werden können.
Die Idee ist selbst dies, den Widerspruch aufzuheben;
das ist ihr eigener Inhalt, Bestimmung, diesen
Unterschied zu setzen und absolut aufzuheben, und
das ist die Lebendigkeit der
Idee selbst.
b) In den metaphysischen Beweisen
vom Dasein Gottes sehen wir den Gang, vom Begriff zum Sein zu kommen, daß
der Begriff nicht nur Begriff ist, sondern auch ist, Realität
hat. Auf dem Standpunkt, den wir jetzt haben, entsteht das Interesse, vom Begriff
zum Sein überzugehen.
Der göttliche Begriff
ist der reine Begriff, der
Begriff ohne alle Beschränkung. Die Idee
enthält, daß der Begriff sich bestimmt,
damit als das Unterschiedene seiner sich setzt;
das ist Moment der göttlichen Idee selbst, und weil der denkende, reflektierende
Geist diesen Inhalt vor sich hat, so liegt darin das Bedürfnis dieses Übergangs,
dieser Fortbewegung.
Das Logische des Übergangs ist in jenen sogenannten Beweisen enthalten:
es soll am Begriff selbst, vom Begriff aus, und zwar durch den Begriff zur Objektivität,
zum Sein übergegangen werden im Element des Denkens. Dies, was als subjektives
Bedürfnis erscheint, ist Inhalt, ist das eine Moment der göttlichen
Idee selbst.
Wenn wir sagen: Gott hat eine Welt erschaffen, so ist das auch ein Übergang
vom Begriff zur Objektivität; allein die Welt ist da bestimmt als das wesentlich
Andere Gottes, die Negation von Gott, außer, ohne Gott, gottlos seiend.
Insofern die Welt als dies Andere bestimmt ist, haben wir nicht vor uns den
Unterschied als am Begriff selbst, im Begriff gehalten; d. h. das Sein, die
Objektivität soll am Begriff aufgezeigt werden als Tätigkeit, Folge,
Bestimmen des Begriffs selbst.
Es ist damit also aufgezeigt, daß dies derselbe Inhalt an sich ist, der
Bedürfnis ist in der Form jenes Beweises vom Dasein Gottes. In der absoluten
Idee, im Element des Denkens ist Gott dies schlechthin konkrete Allgemeine,
d. i. sich als Anderes zu setzen, so aber, daß dies Andere unmittelbar
sogleich bestimmt ist als Gott selbst, daß der Unterschied nur ideell,
unmittelbar aufgehoben ist, nicht die Gestalt der Äußerlichkeit gewinne,
und das heißt eben, daß das Unterschiedene an und im Begriff aufgezeigt
werden soll.
Es ist das Logische, in welchem es sich zeigt, daß aller bestimmte Begriff
dies ist, sich selbst aufzuheben, als der Widerspruch seiner zu sein, damit
das Unterschiedene seiner zu werden und sich als solches zu setzen, und so ist
der Begriff selbst noch mit dieser Einseitigkeit, Endlichkeit
behaftet, daß er ein Subjektives ist, die Bestimmungen des Begriffs,
die Unterschiede nur als ideell, nicht in der Tat als Unterschiede gesetzt sind.
Das ist der Begriff, der sich objektiviert.
Wenn wir sagen »Gott«, so haben wir
nur sein Abstraktum gesagt; oder »Gott
der Vater«, das Allgemeine, so haben
wir ihn nur nach der Endlichkeit gesagt. Seine
Unendlichkeit ist eben dies, daß er diese
Form der abstrakten Allgemeinheit, der Unmittelbarkeit
aufhebt, wodurch der Unterschied gesetzt ist; aber er ist ebenso, diesen Unterschied
aufzuheben. Damit ist er erst wahrhafte Wirklichkeit,
Wahrheit, Unendlichkeit.
Diese Idee ist die spekulative
Idee, d. h. das Vernünftige, insofern es gedacht wird, das Denken
des Vernünftigen. Das nicht spekulative, das verständige Denken ist
das, in welchem stehengeblieben wird beim Unterschied als Unterschied, so [beim
Unterschied] Endliches und Unendliches.
Es wird den beiden Absolutheit zugeschrieben, doch auch Beziehung aufeinander,
insofern Einheit, damit Widerspruch.
c) Diese spekulative Idee ist
dem Sinnlichen entgegengesetzt, auch dem
Verstande; sie ist daher ein Geheimnis
für die sinnliche Betrachtungsweise und
auch für den Verstand. Für beide ist sie … was das Vernünftige
darin ist. Ein Geheimnis im gewöhnlichen Sinn ist die Natur
Gottes nicht, in der christlichen Religion
am wenigsten; da hat sich Gott zu erkennen gegeben,
gezeigt, was er ist, da ist er offenbar. Aber ein Geheimnis ist es für
das sinnliche Wahrnehmen, Vorstellen, für die sinnliche
Betrachtungsweise und für den Verstand.
Das Sinnliche überhaupt hat zu seiner Grundbestimmung die Äußerlichkeit,
das Außereinander; im Raum
sind die Unterschiede neben-,
in der Zeit nacheinander: Raum und Zeit ist die
Äußerlichkeit, in der sie sind. Die
sinnliche Betrachtungsweise ist gewohnt, so Verschiedenes vor sich zu haben,
das außereinander ist. Da liegt zugrunde, daß die Unterschiede so
für sich, außereinander bleiben. Für sie ist so das, was in
der Idee ist, ein Geheimnis; denn da ist eine ganz andere Weise, Verhältnis,
Kategorie, als die Sinnlichkeit hat. Die Idee ist dies Unterscheiden, das ebenso
kein Unterschied ist, das nicht beharrt bei diesem Unterschied.
Gott schaut in
dem Unterschiedenen sich an, ist in seinem Anderen
nur mit sich selbst verbunden, ist darin nur bei
sich selbst, nur mit sich zusammengeschlossen, er schaut sich in seinem Anderen
an. Das ist dem Sinnlichen ganz zuwider; im Sinnlichen ist eines hier und das
andere da. Jedes gilt als ein Selbständiges;
es gilt dafür, nicht so zu sein, daß es ist, indem es sich selbst
in einem Anderen hat. Im Sinnlichen können nicht
zwei Dinge
an einem und demselben Orte sein; sie schließen sich aus.
In der Idee sind die Unterschiede nicht sich ausschließend gesetzt, sondern
so, daß sie nur sind in diesem Sichzusammenschließen
des einen mit dem anderen. Das ist das wahrhaft Übersinnliche,
nicht das gewöhnliche Übersinnliche, das droben sein soll; denn das
ist ebenso ein Sinnliches, d. h. außereinander und gleichgültig.
Sofern Gott als Geist bestimmt
ist, so ist die Äußerlichkeit aufgehoben;
darum ist das ein Mysterium für die Sinne.
Ebenso ist diese Idee über dem Verstand, ein Geheimnis für ihn; denn
der Verstand ist dies Festhalten, Perennieren bei den Denkbestimmungen
als schlechthin außereinander,
verschieden, selbständig gegeneinander bleibender, feststehender.
Das Positive ist nicht, was das Negative, Ursache [nicht]
Wirkung. Aber ebenso wahr ist es auch für den Begriff, daß diese
Unterschiede sich aufheben. Weil sie Unterschiedene
sind, bleiben sie endlich, und der Verstand ist,
beim Endlichen zu beharren, und beim Unendlichen selbst
hat er auf der einen Seite das Unendliche und auf
der anderen das Endliche.
Das Wahre ist, daß das
Endliche und das Unendliche, das dem Endlichen
gegenübersteht, keine
Wahrheit haben, sondern selbst nur Vorübergehende
sind. Insofern ist dies ein Geheimnis für
die sinnliche Vorstellung und für den Verstand,
und sie sträuben sich gegen das Vernünftige der Idee. Die Gegner der
Dreieinigkeitslehre sind nur die sinnlichen
und die Verstandesmenschen.
Der Verstand kann ebensowenig irgend etwas anderes, die Wahrheit von irgend
etwas fassen. Das Tierisch-Lebendige existiert
auch als Idee, als Einheit
des Begriffs, der Seele
und der Leiblichkeit. Für den Verstand ist
jedes für sich; allerdings sind sie unterschieden, aber ebenso dies, den
Unterschied aufzuheben; die Lebendigkeit ist nur dieser perennierende Prozeß.
Das Lebendige ist, hat Triebe, Bedürfnis; damit
hat es den Unterschied in ihm selbst, daß er in ihm entsteht. So ist es
ein Widerspruch, und der Verstand faßt solche Unterschiede so auf: der
Widerspruch löse sich nicht auf; wenn sie in Beziehung
gebracht werden, so sei eben nur der Widerspruch,
der nicht zu lösen sei.
Das ist so; er kann nicht aufhören, wenn die Unterschiedenen festgehalten
werden als perennierend Unterschiedene,
eben weil bei diesen Unterschieden beharrt wird. Das Lebendige hat Bedürfnisse
und ist so Widerspruch, aber die Befriedigung ist Aufheben des Widerspruchs.
Im Trieb, Bedürfnis bin ich in mir selbst von mir unterschieden. Aber das
Leben ist dies, den Widerspruch, das Bedürfnis zu befriedigen, zum Frieden
zu bringen, aber so, daß der Widerspruch auch wieder entsteht: es ist
die Abwechslung des Unterscheidens, des Widerspruchs und des Aufhebens des Widerspruchs.
Beides ist der Zeit nach verschieden; das Nacheinander ist da vorhanden, es
ist deshalb endlich. Aber für sich Trieb und Befriedigung betrachtend,
faßt der Verstand auch dies nicht, daß im Affirmativen, im Selbstgefühl
selbst zugleich die Negation des Selbstgefühls,
die Schranke, der Mangel
ist; ich aber als Selbstgefühl greife zugleich über diesen Mangel
über.
Mysterium heißt man auch das
Unbegreifliche; was unbegreiflich heißt, ist eben der Begriff selbst,
das Spekulative, daß das Vernünftige gedacht wird. Durchs Denken
ist es eben, daß der Unterschied bestimmt
auseinandertritt.
Dar Denken des Triebs ist nur die Analyse
dessen, was der Trieb ist: die Affirmation und
darin die Negation, das Selbstgefühl, die Befriedigung und der Trieb. Ihn
denken heißt das Unterschiedene erkennen, was darin ist. Ist nun der Verstand
dazu gekommen, so sagt er: dies ist ein Widerspruch, und er bleibt dabei, bleibt
bei ihm stehen gegen die Erfahrung, daß das Leben selbst es ist, den Widerspruch
aufzuheben. Wenn nun der Trieb analysiert
wird, erscheint der Widerspruch, und da
kann man sagen: der Trieb ist etwas Unbegreifliches.
Die Natur Gottes ist
ebenso das Unbegreifliche. Dies Unbegreifliche
ist eben nichts anderes als der Begriff
selbst, der dies in sich enthält, zu unterscheiden, und der Verstand
bleibt bei diesem Unterschied stehen. So sagt er: das ist nicht zu fassen. Denn
das Prinzip des Verstandes ist die abstrakte Identität
mit sich, nicht die konkrete, daß diese Unterschiede in einem sind. Für
den Verstand ist Gott das Eine, das Wesen der Wesen. Diese unterschiedslose,
leere Identität ist das falsche Gebilde des Verstandes und der modernen
Theologie. Gott ist Geist, das sich Gegenständlichmachende
und sich darin selbst wissend, d. i. die kon¬krete Identität, und so
ist die Idee auch ein wesentliches Moment. Aber nach der
abstrakten Identität sind das eine und das andere selbständig
für sich, und ebenso beziehen sie sich aufeinander: also
ist der Widerspruch da.
Das heißt nun das Unbegreifliche. Das Auflösen
des Widerspruchs ist der Begriff; zur
Auflösung des Widerspruchs kommt der Verstand nicht, weil er von seiner
Voraussetzung ausgeht: sie sind und bleiben schlechthin selbständig gegeneinander.
Dazu, daß man sagt, die göttliche Idee
sei unbegreiflich, trägt bei, daß, indem
die Religion die Wahrheit für alle Menschen ist, der Inhalt der Idee erscheint
in sinnlicher Form oder in Form des Verständigen.
In sinnlicher Form — so haben wir die Ausdrücke Vater
und Sohn, ein Verhältnis,
das im Lebendigen stattfindet, eine Bezeichnung, die vom Sinnlich-Lebendigen
hergenommen ist.
Es ist in der Religion die Wahrheit dem Inhalt
nach geoffenbart; aber ein anderes ist, daß er in Form des Begriffs, des
Denkens, der Begriff in spekulativer Form ist. Wie glücklich daher jene
dem Glauben gegebenen naiven Formen seien — wie
Erzeugen, Sohn
usf. —: wenn sich der Verstand daran macht und seine Kategorien hineinbringt,
so werden sie sogleich verkehrt, und wenn
er Lust hat, braucht er gar nicht aufzuhören, Widersprüche darin aufzuzeigen.
Dazu hat er die Macht und das Recht durch die Unterscheidung und die Reflexion
derselben in sich. Aber Gott, der Geist, ist es
eben selbst auch, der diese Widersprüche
aufhebt. Er hat nicht erst auf diesen Verstand gewartet, diese Bestimmungen,
welche den Widerspruch enthalten, wegzubringen. Der Geist ist eben dies, sie
wegzubringen. Aber ebenso dies, diese Bestimmungen
zu setzen, in sich zu unterscheiden, diese Diremtion
[Trennung, Scheidung].
Eine weitere Form der Verständigkeit ist, daß, wenn wir sagen: »Gott
in seiner ewigen Allgemeinheit ist dies, sich zu unterscheiden, zu bestimmen,
ein Anderes seiner zu setzen und den Unterschied ebenso aufzuheben, darin bei
sich zu sein, und nur durch dies Hervorgebrachtsein ist der Geist«,
— da kommt der Verstand hinzu, bringt seine Kategorien der Endlichkeit
dazu, zählt eins, zwei, drei, mischt die unglückliche
Form der Zahl
hinein. Von der Zahl ist aber hier nicht die Rede;
das Zählen ist das Gedankenloseste. Bringt man also diese Form hinein,
so bringt man die Begrifflosigkeit hinein.
Man kann mit der Vernunft alle Verstandesverhältnisse
gebrauchen, aber sie vernichtet
sie auch, — so auch hier. Aber das ist hart für den Verstand; denn
er meint, damit, daß man sie gebraucht, ein Recht
gewonnen zu haben. Aber man mißbraucht
sie, wenn man sie so wie hier gebraucht, indem man sagt: drei ist eins. Widersprüche
sind daher leicht in solchen Ideen aufzuzeigen, Unterschiede, die bis zum Entgegengesetzten
gehen, und der kahle Verstand weiß sich groß damit, dergleichen
zu häufen. Alles Konkrete, alles Lebendige
ist, wie gezeigt, dieser Widerspruch in sich; nur
der tote Verstand ist identisch in sich. Aber in
der Idee ist der Widerspruch auch aufgelöst, und die Auflösung erst
ist die geistige Einheit selbst.
Die Momente der Idee zu zählen, drei Eins,
scheint etwas ganz Unbefangenes, Natürliches, sich von selbst Verstehendes
zu sein. Allein ist nach der Weise der Zahl, die
hier eingemischt wird, jede Bestimmung als Eins fixiert
und drei Eins als nur ein
Eins zu fassen, so scheint das die härteste, wie man etwa sagt,
unvernünftigste Forderung zu sein. Allein dem Verstande schwebt nur
jene absolute Selbständigkeit
des Eins vor, die absolute Trennung und Zersplitterung.
Die logische Betrachtung zeigt hingegen das Eins
als in sich dialektisch und nicht
wahrhaft selbständig zu sein. Man brauchte sich nur an die
Materie zu erinnern, die das wirkliche Eins ist,
das Widerstand leistet, — aber schwer
ist, d. h. das Streben zeigt, nicht als Eins zu
sein, sondern ebenso sein Fürsichsein aufzuheben, es als ein Nichtiges
so selbst bekennt; freilich, weil sie nur Materie, diese äußerste
Äußerlichkeit bleibt, bleibt es ebenso nur beim Sollen; die
Materie ist noch die schlechteste, äußerste, ungeistigste Weise des
Daseins; aber die Schwere, dies Aufheben des
Eins, macht die Grundbestimmung der Materie aus.
Eins ist zunächst ganz abstrakt; diese Eins
werden noch vertiefter auf
geistige Weise ausgesprochen, indem sie als
Personen bestimmt
werden. Die Persönlichkeit ist dies, was sich auf die Freiheit gründet,
die erste, tiefste, innerste Freiheit, aber auch die abstrakteste Weise, wie
die Freiheit sich im Subjekt kundtut; daß es weiß: ich bin Person,
ich bin für mich, das ist das schlechthin Spröde.
Indem also diese Unterschiede so bestimmt sind., jedes als Eins oder gar als
Person, durch diese unendliche Form, daß jedes
Moment als Subjekt sei, scheint noch unüberwindlicher gemacht
zu sein, was die Idee fordert: diese Unterschiede zu betrachten als solche,
die nicht unterschieden, sondern schlechthin eins sind, das Aufheben dieses
Unterschieds. Zwei können nicht eins sein; jede Person ist ein starres,
sprödes, selbständiges Fürsichsein. Von der Kategorie des Eins
zeigt die Logik, daß sie eine schlechte Kategorie ist — ganz abstraktes
Eins. Was aber die Persönlichkeit betrifft, so scheint damit der
Widerspruch so weit getrieben, daß er keiner Auflösung fähig
ist; aber sie ist doch darin, daß es nur Einer ist, diese dreifache Persönlichkeit.
Diese somit nur als verschwindendes Moment gesetzte Persönlichkeit spricht
aus, daß der Gegensatz absolut, nicht als niedriger Gegensatz zu nehmen
sei, und gerade auf dieser Spitze hebt er sich selbst auf. Es ist der Charakter
der Person, des Subjekts vielmehr, seine Isolierung, Abgesondertheit
aufzuheben.
Die Sittlichkeit, Liebe ist, seine
Besonderheit, besondere Persönlichkeit aufzugeben, zur Allgemeinheit
zu erweitern, — ebenso Familie, Freundschaft; da ist diese Identität
eines mit dem anderen vorhanden. Indem ich recht handle gegen den anderen, betrachte
ich ihn als identisch mit mir. In der Freundschaft, Liebe gebe ich meine abstrakte
Persönlichkeit auf und gewinne sie dadurch als konkrete. Das
Wahre der Persönlichkeit ist also eben dies, sie durch dies Versenken,
Versenktsein in das Andere zu gewinnen. Solche Formen des Verstandes
zeigen sich unmittelbar in der Erfahrung als solche, die sich selbst aufheben.
In der Liebe, in der Freundschaft ist es die Person, die sich erhält und
durch ihre Liebe ihre Subjektivität hat, die ihre Persönlichkeit ist.
Wenn man hier in der Religion die Persönlichkeit abstrakt
festhält, so hat man drei Götter, und
da ist die unendliche Form, die absolute
Negativität vergessen; oder wenn die Persönlichkeit
als unaufgelöst ist, so hat man das
Böse, denn die Persönlichkeit,
die sich nicht in der göttlichen
Idee aufgibt, ist
das Böse. In der göttlichen Einheit
ist die Persönlichkeit als aufgelöst
gesetzt; nur in der Erscheinung ist die Negativität
der Persönlichkeit unterschieden von dem, wodurch sie aufgehoben
wird.
Die Dreieinigkeit ist in das Verhältnis
vom Vater, Sohn und
Geist gebracht worden; es ist dies ein
kindliches Verhältnis, eine kindliche, natürliche Form. Der
Verstand hat keine solche Kategorie, kein solches Verhältnis, das hiermit
in Rücksicht auf das Passende zu vergleichen wäre. Es muß aber
dabei gewußt werden, daß es nur bildlich
ist; der Geist tritt nicht deutlich in dies Verhältnis ein. Liebe
wäre noch passender, der Geist ist
aber das Wahrhafte.
Der abstrakte Gott,
der Vater, ist das Allgemeine,
die ewige, umfangende, totale Besonderheit. Wir sind auf der Stufe des
Geistes; das Allgemeine schließt hier alles
in sich. Das Andere, der Sohn,
ist die unendliche Besonderheit,
die Erscheinung; das Dritte,
der Geist, ist die Einzelheit als solche, aber
das Allgemeine als Totalität ist selbst Geist,
— alle drei sind der
Geist.
Im dritten, sagen wir, ist Gott der Geist; aber
dieser ist auch voraussetzend: das Dritte ist auch
das Erste. Dies ist wesentlich festzuhalten. Nämlich
indem wir sagen: Gott an sich nach seinem Begriff ist die unmittelbare, sich
dirimierende und in sich zurückkehrende Macht, so ist er dies nur als die
sich unmittelbar auf sich selbst beziehende Negativität, d.
i. die absolute Reflexion-in-sich, was schon die Bestimmung
des Geistes ist. Indem wir daher von Gott
als in seiner ersten Bestimmung sprechen
wollen, nach seinem Begriff, und von da zu den anderen Bestimmungen kommen wollen,
so sprechen wir hier schon von der dritten:
das Letzte ist das Erste. Indem wir, um dies, wenn man abstrakt
anfängt, zu vermeiden, oder indem die Unvollkommenheit
des Begriffs veranlaßt, von dem Ersten nur
nach seiner Bestimmung zu sprechen, so ist es das Allgemeine,
und jene Tätigkeit, Erzeugen, Schaffen,
ist schon ein vom abstrakt Allgemeinen verschiedenes
Prinzip, das als zweites Prinzip
so erscheint und erscheinen kann als das Manifestierende, sich Äußernde
(Logos, Sophia),
wie das erste als Abgrund. Es erläutert sich dies durch die Natur des Begriffs.
Bei jedem Zweck und bei jeder Lebendigkeit kommt
es vor.
Das Leben erhält sich; sich erhalten heißt in den Unterschied gehen,
in den Kampf mit der Besonderheit, sich unterschieden
finden gegen eine unorganische Natur. Das Leben ist so nur Resultat, indem es
sich erzeugt hat, ist Produkt, das zweitens wieder produziert; dies Produzierte
ist das Lebendige selbst, d. h. es ist die Voraussetzung seiner, es geht durch
seinen Prozeß hindurch, und aus diesem kommt nicht Neues hervor: das Hervorgebrachte
ist schon von Anfang. Ebenso ist es in der Liebe und Gegenliebe;
insofern die Liebe ist, so ist der Anfang und alle
Handlung nur Bestätigung ihrer, wodurch sie zugleich hervorgebracht und
unterhalten wird. Aber das Hervorgebrachte ist
schon; es ist eine Bestätigung, wobei nichts herauskommt,
als was schon ist. Ebenso setzt sich auch der Geist
voraus, ist das Anfangende.
Der Unterschied, durch den das göttliche Leben hindurchgeht, ist nicht
ein äußerlicher, sondern muß nur als innerlich bestimmt werden,
so daß das Erste, der Vater,
wie das Letzte zu fassen ist. Der
Prozeß ist so nichts als ein Spiel der Selbsterhaltung,
der Vergewisserung seiner selbst.
Diese Bestimmung ist in der Rücksicht wichtig, weil sie das Kriterium ausmacht,
viele Vorstellungen Gottes zu beurteilen und das
Mangelhafte darin zu beurteilen und zu erkennen, und es kommt besonders
davon her, daß oft diese Bestimmung übersehen
oder verkannt wird.
Wir betrachten die Idee in ihrer Allgemeinheit, wie sie im reinen Denken, durch
das reine Denken bestimmt ist. Diese Idee ist alle
Wahrheit und die eine Wahrheit; eben damit muß alles
Besondere, was als Wahrhaftes
aufgefaßt wird, nach der Form dieser Idee
aufgefaßt werden. Die Natur und der endliche Geist
ist Produkt Gottes,
es ist also Vernünftigkeit in ihnen; daß es von
Gott gemacht ist, enthält, daß
es in sich Wahrheit, die göttliche Wahrheit überhaupt, d. i. die Bestimmung
dieser Idee überhaupt hat. Die Form dieser Idee ist nur in
Gott als Geist; ist die göttliche Idee in
Formen der Endlichkeit, so ist sie nicht gesetzt, wie sie an und für
sich ist — nur im Geist ist sie so gesetzt —, sie existiert da auf
endliche Weise. Aber die Welt ist ein von
Gott Hervorgebrachtes, also macht die göttliche
Idee immer die Grundlage aus dessen, was sie überhaupt ist. Die Wahrheit
von etwas erkennen heißt, es nach der Form dieser Idee überhaupt
erkennen, bestimmen.
In früheren Religionen haben wir Anklänge
an diese Dreieinigkeit als die wahrhafte Bestimmung,
besonders in der indischen Religion. Es ist zwar
zum Bewußtsein gekommen diese Dreiheit, daß
das Eine nicht
als Eines bleiben
kann, nicht ist, wie es Wahrhaftes sein soll, daß das
Eine nicht das Wahrhafte
ist, sondern als diese Bewegung, dies Unterscheiden
überhaupt und die Beziehung aufeinander. Trimurti
ist die wildeste Weise dieser
Bestimmung. Das Dritte ist aber da nicht
der Geist, nicht wahrhafte
Versöhnung, sondern
Entstehen und Vergehen, die Veränderung,
— eine Kategorie, die Einheit dieser Unterschiede
ist, aber eine sehr untergeordnete Vereinigung. Nicht in der unmittelbaren
Erscheinung, sondern erst, indem der Geist
eingekehrt ist in die Gemeinde, der Geist, der
unmittelbarer, glaubender Geist ist, sich zum Denken erhebt, ist die Idee vollkommen.
Es hat Interesse, die Gärungen
dieser Idee zu betrachten und in den wunderbaren Erscheinungen,
die vorkommen, ihren Grund erkennen zu lernen.
Die Bestimmung Gottes als
des Dreieinigen ist der Philosophie
nachgerade ganz ausgegangen; in der Theologie
ist es kein Ernst mehr damit. Man hat vielmehr dort und hier die christliche
Religion deshalb verkleinern wollen, daß diese ihre Bestimmung
schon älter sei und sie dieselbe
da oder dort hergenommen habe. Allein zunächst dies Geschichtliche entschiede
ohnehin gar nichts über die innere Wahrheit.
Man muß aber auch einsehen, daß jene Älteren, Völker und
Einzelne, selbst nicht gewußt haben, was sie
daran haben, nicht erkannt haben, daß sie das absolute
Bewußtsein der Wahrheit enthalte; sie haben sie nur
so unter anderen Bestimmungen und
als Anderes. Aber ein Hauptgesichtspunkt ist, ob eine solche Bestimmung die
erste, absolute Bestimmung ist, die allen anderen zugrunde liegt, oder ob sie
nur so unter anderen auch eine Form ist, die vorkommt, wie auch Brahma
der Eine ist, aber nicht einmal Gegenstand des
Kultus. In der Religion der Schönheit und äußeren Zweckmäßigkeit
kann diese Form freilich am wenigsten erscheinen; das beschränkende, in
sich zurückkehrende Maß ist in dieser Vielheit und Partikularisation
nicht anzutreffen. Aber sie ist nicht ohne Spuren jener Einheit. Aristoteles,
indem er von den pythagoreischen Zahlen, der Trias,
spricht, sagt: Wir glauben die Götter erst ganz angerufen zu haben, wenn
wir sie dreimal angerufen haben. —
Bei den Pythagoreern und Platon
findet sich die abstrakte Grundlage der Idee; aber die Bestimmungen
sind ganz in dieser Abstraktion geblieben, teils
in der Abstraktion von eins, zwei, drei, bei Platon
etwas konkreter: die Natur des Einen und des Anderen, das in sich Verschiedene
und das Dritte, das die Einheit von beiden ist. Es ist hier nicht in der Weise
der Phantasie der Inder, sondern in der bloßen Abstraktion. Das sind
Gedankenbestimmungen, besser als Zahlen, als die Kategorie der Zahl, aber noch
ganz abstrakte Gedankenbestimmungen.
Vornehmlich aber zu den Zeiten um Christi Geburt
und mehrere Jahrhunderte nachher sehen wir eine philosophische
Vorstellung entstehen, der die Vorstellung vom
Verhältnis der Dreieinigkeit zugrunde
liegt. Es sind dies teils philosophische Systeme für sich, wie das des
Philon, der sich in pythagoreische
und platonische Philosophie einstudiert hatte,
dann die späteren Alexandriner;
besonders aber sind es Vermischungen der christlichen
Religion mit solchen philosophischen Vorstellungen,
Vermischungen, die einen großen Teil
der Ketzereien, besonders der gnostischen
ausmachen.
Im allgemeinen sehen wir in diesen Versuchen, die Idee des Dreieinigen
zu fassen, die abendländische Wirklichkeit
durch den orientalischen Idealismus zu einer Gedankenwelt verflüchtigt.
Es sind freilich nur erst Versuche, die es nur zu trüben,
phantastischen Vorstellungen gebracht haben. Man sieht aber darin wenigstens
das Ringen des Geistes nach
der Wahrheit, und
dieses verdient Anerkennung.
Da kann eine ganz unzählbare Menge von Formen bemerklich gemacht werden:
das Erste ist der
Vater, das, was als Abgrund, Tiefe, d.
i. eben das noch Leere, das Unfaßbare, Unbegreifliche
ausgesagt worden, das über alle
Begriffe ist. Denn allerdings das Leere, Unbestimmte
ist das Unbegreifliche, ist das Negative
des Begriffs, und es ist seine Begriffsbestimmung, dies Negative zu sein, da
es nur die einseitige Abstraktion ist, nur ein Moment des Begriffes ausmacht.
Das Eine für sich ist noch nicht der Begriff, das Wahre.
Wenn man das Erste als das nur
Allgemeine bestimmt und die Bestimmungen auf
das Allgemeine… nur nachfolgen läßt, so ist dies freilich
das Unbegreifliche, denn es ist ohne Inhalt;
das Begreifliche ist konkret und nur zu begreifen, indem es als Moment bestimmt
wird. Hier ist denn der Mangel, daß das
Erste nicht selbst als Totalität
gefaßt wird.
Eine andere Vorstellung ist die, daß das Erste …
der Abgrund, die
Tiefe ist, …
der Ewige, dessen Wohnung
in unaussprechlicher Höhe ist, der über
alle Berührung mit den endlichen Dingen erhaben,
aus dem nichts entwickelt ist,
das Prinzip, der Vater
alles Daseins, Propator, nur in der Vermittlung Vater, … vor dem
Anfang. Das Offenbaren von diesem Abgrund,
diesem verborgenen
Gott, wird als Selbstbetrachtung bestimmt, die Reflexion in
sich, konkrete Bestimmung überhaupt; die Selbstbetrachtung erzeugt, ist
das Erzeugen selbst des Eingeborenen; dies ist
das Begreiflichwerden des Ewigen, weil es da auf
die Bestimmung ankommt.
Dieses Zweite, das
Anderssein, Bestimmen, überhaupt die Tätigkeit, sich zu bestimmen,
ist die allgemeinste Bestimmung als … die vernünftig bestimmende
Tätigkeit, auch das Wort. Das Wort ist dies einfache Sichvernehmenlassen,
das keinen festen Unterschied macht, kein fester Unterschied wird, sondern unmittelbar
vernommen ist, das, so unmittelbar es ist, ebenso in die Innerlichkeit aufgenommen,
zu seinem Ursprung zurückgegangen ist; dann als Sophia,
die Weisheit, der ursprüngliche, ganz reine Mensch, ein Existierendes,
Anderes als jene erste Allgemeinheit, ein Besonderes, Bestimmtes. Gott
ist Schöpfer, und zwar in der Bestimmung des Logos,
als das sich äußernde, aussprechende
Wort, als …
das Sehen Gottes.
Damit ist es bestimmt worden als Urbild
des Menschen, Adam Kadmon, der
Eingeborene. Das ist nicht ein Zufälliges, sondern ewige Tätigkeit,
nicht zu einer Zeit bloß; in Gott ist nur
eine Geburt, die Tätigkeit
als ewige Tätigkeit, eine Bestimmung, die zum Allgemeinen wesentlich selbst
gehört. Da ist wahrhafte Unterscheidung, die die Qualität beider betrifft;
aber diese ist nur eine und dieselbe Substanz, und der Unterschied ist daher
da noch nur oberflächlich, selbst als Person bestimmt. Das Wesentliche
ist, daß … der Eingeborene, ebenso im Schoße
Gottes bleibt, der Unterschied keiner
ist.
In solchen Formen hat die Idee gegärt. Der Hauptgesichtspunkt muß
sein, diese Erscheinungen, so wild sie sind, als vernünftig zu wissen,
um zu sehen, wie sie in der Vernunft ihren Grund haben und welche Vernunft darin
ist; aber man muß zugleich zu unterscheiden
wissen die Form der Vernünftigkeit, die vorhanden und noch nicht adäquat
ist dem Inhalt. Diese Idee ist häufig jenseits
des Menschen, des Gedankens, der Vernunft
gestellt worden, so ihr gegenüber, daß diese Bestimmung, welche
alle Wahrheit und allein die Wahrheit ist, betrachtet worden ist als etwas nur
Gott Eigentümliches, jenseits Stehenbleibendes, das nicht sich
reflektiert im Anderen, das als Welt, Natur, Mensch erscheint.
Insofern ist diese Grundidee nicht betrachtet worden
als allgemeine Idee.
Dem Jakob Böhme ist dies Geheimnis der Dreifaltigkeit
auf eine andere Weise aufgegangen. Die Weise seines Vorstellens, seines Denkens
ist allerdings mehr phantastisch und wild; er hat sich nicht erhoben in reine
Formen des Denkens, aber dies ist die herrschende Gründlichkeit seines
Gärens und Kämpfens gewesen, die Dreieinigkeit
in allem, überall zu erkennen,
z. B. »sie muß im Herzen des Menschen geboren
werden«. Sie ist die allgemeine Grundlage von allem, was nach der
Wahrheit betrachtet wird, zwar als Endliches, aber
in seiner Endlichkeit als die Wahrheit, die in
ihm ist. So hat Jakob Böhme die Natur und
das Herz, den Geist des Menschen in dieser Bestimmung sich vorstellig zu machen
versucht.
In neuerer Zeit ist durch die Kantische Philosophie
die Dreiheit als Typus äußerlicherweise,
gleichsam als Schema wieder in Anregung gebracht worden, schon in sehr bestimmten
Gedankenformen. Das Weitere ist, daß, indem dies als die wesentliche
und eine Natur Gottes gewußt wird,
es nicht drüben gehalten, diese Idee nicht als ein Jenseits genommen werden
muß, sondern daß es das Ziel des Erkennens ist, die Wahrheit auch
im Besonderen zu erkennen; und wird diese erkannt, so enthält alles, was
im Besonderen das Wahre ist, diese Bestimmung. Erkennen heißt, in seiner
Bestimmtheit etwas wissen; seine Natur ist aber die Natur der Bestimmtheit selbst,
und sie ist in der Idee exponiert worden. Daß diese
Idee das Wahre ist überhaupt, alle Gedankenbestimmungen diese Bewegung
des Bestimmens sind, ist die logische Exposition und Notwendigkeit.
S.221ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Religion II, Werke
17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617Die
Bestimmung des Menschen
Dies erfordert, zu erinnern daran, zu bestimmen, was die
Natur, Bestimmung des Menschen
ist und wie sie zu betrachten ist, wie sie der Mensch betrachten soll,
was er von sich wissen soll. Hier kommen wir
a) gleich auf die entgegengesetzten
Bestimmungen: der Mensch
ist von Natur gut,
ist nicht entzweit in sich,
sondern sein Wesen, sein Begriff
ist, daß er von Natur gut,
das mit sich Harmonische, der Frieden seiner in sich ist,
— und der Mensch ist von
Natur böse.
Die erste Bestimmung heißt also:
der Mensch ist von Natur gut,
sein allgemeines, substantielles Wesen ist gut;
ihr entgegen ist die zweite.
Das sind diese Gegensätze zunächst für
uns, für die äußere Betrachtung.
Das Weitere ist, daß es nicht nur eine Betrachtung ist, die wir machen,
sondern daß der Mensch das Wissen seiner von sich selbst habe,
wie er beschaffen, was
seine Bestimmung ist.
Zunächst ist der eine Satz: der Mensch ist von Natur
gut, das Unentzweite;
so hat er nicht das Bedürfnis der Versöhnung. Hat er keine Versöhnung
nötig, so ist dieser Gang, den wir hier betrachten, dieses Ganze etwas
Überflüssiges.
Daß der Mensch von Natur gut
ist, ist wesentlich zu sagen: der Mensch ist Geist
an sich, Vernünftigkeit,
er ist mit und nach dem Ebenbild
Gottes geschaffen. Gott ist das Gute, und
er ist als Geist der Spiegel
Gottes; er ist das Gute an
sich. Gerade auf diesen Satz gründet sich allein die Möglichkeit
seiner Versöhnung; die Schwierigkeit,
Zweideutigkeit liegt aber im Ansich. Der
Mensch ist gut an sich,
— damit ist noch nicht alles gesagt; dies Ansich
ist eben die Einseitigkeit.
Der Mensch ist gut an sich,
d. h. er ist es nur auf innerliche Weise,
seinem Begriff nach, eben darum nicht
seiner Wirklichkeit nach.
Der Mensch, insofern er Geist
ist, muß, was er wahrhaft ist, wirklich, für
sich sein. Die physische Natur bleibt beim Ansich stehen, ist an sich
der Begriff; in ihr aber kommt der Begriff
nicht zu seinem Fürsichsein. Gerade dies,
daß der Mensch nur
an sich gut ist, dies Ansich enthält
diesen Mangel.
Das Ansich der Natur sind die Gesetze
der Natur. Die Natur bleibt ihren Gesetzen treu, tritt nicht aus ihnen
heraus; das ist ihr Substantielles, — sie ist eben damit in der Notwendigkeit.
Die andere Seite ist, daß der Mensch
für sich selbst sein soll, was er an sich ist, daß er das
für ihn werden soll.
Was von Natur gut ist, ist es unmittelbar,
und der Geist ist eben, nicht ein Natürliches
und unmittelbar zu sein; sondern als Geist ist der Mensch dies, aus der Natürlichkeit
herauszutreten, in diese Trennung seines Begriffs
und seines unmittelbaren Daseins überzugehen. In der physikalischen Natur
tritt diese Trennung eines Individuums von seinem Gesetz, seinem substantiellen
Wesen nicht ein, eben weil es nicht
frei ist. — Der Mensch ist dies, daß er dieser seiner Natur,
seinem Ansichsein sich gegenübersetzt, in
diese Trennung tritt.
Die andere Behauptung entspringt unmittelbar aus dem, was gesagt worden, daß
der Mensch nicht bleiben soll, wie
er unmittelbar ist, er soll über
seine Unmittelbarkeit hinausgehen; das ist der
Begriff des Geistes. Dies Hinausgehen über seine Natürlichkeit,
sein Ansichsein, ist, was zunächst die Entzweiung begründet, womit
die Entzweiung unmittelbar gesetzt ist. Diese Entzweiung
ist ein Heraustreten aus dieser Natürlichkeit,
Unmittelbarkeit; aber dies ist nicht so zu nehmen, als ob nur erst
das Heraustreten das Böse sei, sondern dies Heraustreten ist in
der Natürlichkeit schon selbst enthalten. Das Ansich und die Natürlichkeit
ist das Unmittelbare; weil es aber der Geist ist, so ist er
in seiner Unmittelbarkeit das Heraustreten
aus seiner Unmittelbarkeit, der
Abfall von seiner Unmittelbarkeit,
seinem Ansichsein.
Darin liegt der zweite Satz: der
Mensch ist von Natur böse, sein Ansichsein, sein Natürlichsein ist
das Böse. In diesem seinem Natürlichsein
ist sein Mangel sogleich vorhanden: weil er Geist ist, ist er von demselben
unterschieden, die Entzweiung; die Einseitigkeit
ist in dieser Natürlichkeit unmittelbar vorhanden. Wenn der Mensch nach
der Natur nur ist, ist er böse.
Natürlicher Mensch ist der, der an sich, seinem Begriff nach gut ist; aber
natürlich in konkretem Sinn ist der Mensch, der seinen
Leidenschaften und Trieben folgt, der in der Begierde
steht, dem seine natürliche Unmittelbarkeit
das Gesetz ist. Er ist natürlich; aber in
diesem seinem Natürlichsein ist er zugleich
ein Wollender, und indem der
Inhalt seines Wollens nur der Trieb, die Neigung ist, so ist er böse. Der
Form nach, daß er Wille ist, ist er nicht
mehr Tier; aber der Inhalt, die Zwecke seines Wollens sind noch das Natürliche.
Das ist dieser Standpunkt und dieser höhere Standpunkt, daß
der Mensch von Natur böse ist, er darum böse ist, weil er ein Natürliches
ist.
Der Zustand, den man sich leererweise vorstellt, daß der erste
Zustand der Stand der Unschuld gewesen ist, ist der Stand
der Natürlichkeit, des Tiers. Der Mensch soll
schuldig sein; insofern er gut ist, soll
er nicht sein, wie ein natürliches
Ding gut ist, sondern es soll seine Schuld, sein
Wille sein, es soll ihm imputabel [verantwortlich,
zurechnungsfähig] sein. Schuld heißt
überhaupt Imputabilität.Der gute Mensch ist es mit und durch seinen
Willen, insofern mit seiner Schuld. Unschuld heißt
willenlos sein, ohne böse und eben damit ohne gut zu sein. Die natürlichen
Dinge, die Tiere sind alle gut; aber dieses Gutsein kann dem Menschen nicht
zukommen; insofern er gut ist,
soll er es mit seinem Willen sein. Die absolute Anforderung ist, daß
der Mensch nicht als Naturwesen, nicht als natürlicher
Wille beharre; der Mensch hat zwar Bewußtsein, aber er kann doch
Naturwesen als Mensch sein, insofern das Natürliche den Zweck, Inhalt,
die Bestimmung seines Wollens ausmacht.
Näher muß man diese Bestimmung vor Augen
haben: der Mensch ist Mensch als Subjekt, und als natürliches Subjekt ist
er dieses einzelne Subjekt, und sein Wille ist dieser
einzelne Wille; sein Wille ist erfüllt mit dem Inhalt der Einzelheit,
d. h. der natürliche Mensch ist selbstsüchtig.
Der Mensch, der gut heißt, von dem verlangen
wir wenigstens, daß er sich nach allgemeinen Bestimmungen,
Gesetzen richte. Die Natürlichkeit des Willens ist näher die
Selbstsucht des Willens, unterschieden von der Allgemeinheit
des Willens und entgegengesetzt der Vernünftigkeit des zur Allgemeinheit
gebildeten Willens. Dies Böse personifiziert auf allgemeine
Weise ist der Teufel. Dieser als das sich
selbst wollende Negative ist darin die Identität
mit sich und muß daher auch Affirmation haben, wie bei Milton,
wo er in seiner charaktervollen Energie besser
ist als mancher Engel.
Aber damit, daß der Mensch, insofern er natürlicher
Wille ist, böse ist, damit ist nicht
die andere Seite aufgehoben, daß er an
sich gut ist; das bleibt er immer seinem Begriff
nach. Aber der Mensch ist Bewußtsein,
damit Unterscheiden überhaupt, damit ein wirklicher,
Dieser, Subjekt, unterschieden von seinem Begriff, und indem dies Subjekt zunächst
nur unterschieden ist von seinem Begriff, noch nicht zurückgekehrt zur
Einheit seiner Subjektivität mit dem Begriff, zu dem Vernünftigen,
so ist seine Wirklichkeit die natürliche Wirklichkeit,
und diese ist die Selbstsucht.
Das Bösesein setzt sogleich die Beziehung
der Wirklichkeit auf den Begriff voraus; es ist damit nur gesetzt der Widerspruch
des Ansichseins, des Begriffs
und der Einzelheit, des
Guten und Bösen. Es ist falsch zu fragen:
ist der Mensch gut von Natur oder nicht? Das ist eine falsche Stellung. Ebenso
oberflächlich ist, zu sagen, er sei ebensowohl gut
als böse.
Was noch besonders das anbetrifft, daß der Wille
Willkür sei, gut oder böse
wollen kann,
so ist in der Tat diese Willkür nicht Wille; dies ist er erst, insofern
er sich entschließt, denn soweit er noch dies oder jenes will, ist er
nicht Wille. Der natürliche Wille ist Wille der Begierde,
der Neigung, die das Unmittelbare will, die noch nicht dies
will, denn dazu gehört, daß er vernünftiger
Wille wäre, daß er einsähe, daß das Gesetz
das Vernünftige ist. Es ist die Anforderung an den Menschen, nicht
als natürlicher Wille zu sein, nicht zu sein, wie er nur von Natur ist.
Ein anderes ist der Begriff des Willens; solange der Mensch noch darin existiert,
ist er nur Wille an sich, noch nicht wirklicher Wille, noch nicht als Geist.
Dies ist das Allgemeine; das Spezielle muß entfernt werden. Von dem, was
in die bestimmte Sphäre der Moralität gehört, kann erst die Rede
sein innerhalb eines besonderen Zustandes; es betrifft nicht die Natur des Geistes.
Dagegen, daß der Wille böse ist, damit
haben wir dies, daß wir, wenn wir den Menschen konkret betrachten, vom
Willen sprechen, und dies Konkrete, Wirkliche kann
nicht bloß ein Negatives
sein. Der böse Wille ist aber bloß als
negatives Wollen gesetzt; dies ist nur ein Abstraktum,
und wenn der Mensch von Natur nicht so ist, wie er sein soll, so ist er doch
an sich vernünftig, Geist. Dies ist das Affirmative
in ihm, und daß er nicht in der Natur so ist, wie er sein soll, betrifft
daher nur die Form des Willens; das Wesentliche ist, daß der Mensch
an sich Geist ist.
Dies, was an sich ist, beharrt
im Aufgeben des natürlichen Willens, ist der Begriff,
das Beharrende, das sich
Hervorbringende. Wenn wir hingegen sprechen, der Wille sei böse
von Natur, so ist dies der Wille nur als
negativ; man hat also auch dabei dies Konkrete vor sich, dem diese Abstraktion
widerspricht. Dies geht so weit, daß, wenn man den
Teufel aufstellt, man zeigen muß, daß Affirmatives
in ihm sei, Charakterstärke, Energie, Konsequenz;
es müssen im Konkreten sogleich affirmative Bestimmungen hervortreten.
Bei diesem allen vergißt man, wenn man vom Menschen spricht, daß
es Menschen sind, die durch Sitten, Gesetze usf. gebildet und erzogen sind.
Man sagt: die Menschen sind doch nicht so böse, sieh dich doch nur um.
Aber da sind es schon sittlich, moralisch gebildete Menschen, schon rekonstruierte,
in eine Weise der Versöhnung gesetzte Menschen. Die Hauptsache ist, daß
solche Zustände wie der des Kindes nicht vor Augen zu haben sind in der
Religion; in der Darstellung der Wahrheit ist vielmehr wesentlich vorgestellt
die auseinandergelegte Geschichte dessen, was der Mensch
ist. Es ist eine spekulative Betrachtung, die hier waltet; die abstrakten
Unterschiede des Begriffs werden hier nacheinander vorgeführt. Wenn der
erzogene, gebildete Mensch betrachtet werden soll, so muß an ihm vorkommen
die Umwandlung, Rekonstruktion, die Zucht, die er durchlaufen
hat, der Übergang vom natürlichen Willen zum wahrhaften, und
sein unmittelbar natürlicher Wille muß darin als aufgehoben vorkommen.
Wenn nun die erste Bestimmung ist, daß der Mensch unmittelbar nicht so
ist, wie er sein soll, so ist
b) zu bedenken, daß der
Mensch sich so auch betrachten soll; das
Bösesein wird so in das Verhältnis der Betrachtung gesetzt.
Dies wird leicht so genommen, daß diese Erkenntnis es nur sei, nach welcher
er als böse gesetzt werde, so daß diese
Betrachtung eine Art äußerer Forderung, Bedingung sei, so daß,
wenn er sich nicht so betrachten würde, auch die andere Bestimmung, daß
er böse sei, wegfalle.
Indem diese Betrachtung zur Pflicht gemacht wird, kann man sich vorstellen,
daß dies nur .das Wesentliche wäre und der Inhalt ohne dasselbe nicht
sei. Ferner wird dann das Verhältnis der Betrachtung auch so gestellt,
daß es die Betrachtung oder die Erkenntnis
ist, die ihn böse mache, so daß sie
das Böse sei, und diese Erkenntnis es sei,
die nicht sein soll, die der Quell des Bösen
sei. In dieser Vorstellung liegt der Zusammenhang
des Böseseins mit der
Erkenntnis. Dies ist
ein wesentlicher Punkt.
Die nähere Weise der Vorstellung dieses Bösen ist, daß der Mensch
durch die Erkenntnis böse
werde, wie die Bibel es vorstellt, daß
er vom Baume der Erkenntnis
gegessen habe. Hierdurch kommt die Erkenntnis, die
Intelligenz, das Theoretische
und der Wille in ein näheres Verhältnis;
die Natur des Bösen kommt näher zur Sprache. Hierbei ist nun
zu sagen, daß in der Tat die Erkenntnis
es ist, welche der Quell alles Bösen ist, denn das
Wissen, das Bewußtsein
ist dieser Akt, durch den die Trennung
gesetzt ist, das Negative, das
Urteil, die Entzweiung in
der näheren Bestimmung des Fürsichseins
überhaupt.
Die Natur des Menschen ist nicht, wie sie sein soll; die Erkenntnis ist es,
die ihm dies aufschließt und das Sein, wie er nicht sein soll, hervorbringt.
Dies Soll ist sein Begriff, und daß er nicht so ist, ist erst entstanden
in der Trennung, in der Vergleichung mit dem, was er an und für sich ist.
Die Erkenntnis ist erst das Setzen des Gegensatzes, in dem das Böse ist.
Das Tier, der Stein, die Pflanze ist nicht
böse; das Böse ist erst innerhalb
des Kreises der Erkenntnis vorhanden; es
ist das Bewußtsein des Fürsichseins gegen anderes, aber auch gegen
das Objekt, was in sich allgemein ist in dem Sinn des Begriffs, des vernünftigen
Willens. Erst durch diese Trennung bin ich für mich, und darin liegt das
Böse. Bösesein heißt abstrakt,
mich vereinzeln;
die Vereinzelung, die sich abtrennt vom Allgemeinen; dies ist das Vernünftige,
die Gesetze, die Bestimmungen des Geistes. Aber mit dieser Trennung
entsteht das Fürsichsein und erst das Allgemeine,
Geistige, Gesetz, das, was sein soll.
Es ist also nicht, daß die Betrachtung zum Bösen ein äußeres
Verhältnis hat, sondern das Betrachten selbst
ist das Böse. Zu diesem Gegensatz ist
es, daß der Mensch, indem er Geist ist, fortzugehen hat, für sich
zu sein überhaupt, so daß er zu seinem Objekt hat seinen Gegenstand,
was für ihn ist, das Gute, das Allgemeine, seine Bestimmung.
Der Geist ist frei;
die Freiheit hat das wesentliche Moment dieser
Trennung in sich. In dieser Trennung ist das Fürsichsein
gesetzt und hat das Böse seinen Sitz; hier ist die Quelle des Übels,
aber auch der Punkt, wo die Versöhnung ihre letzte Quelle hat. Es ist das
Krankmachen und die Quelle der Gesundheit. Wir können jedoch hier nicht
näher die Art und Weise vergleichen, wie dies in der Geschichte
des Sündenfalles ist.
Die Sünde wird so beschrieben, daß der
Mensch vom Baum der Erkenntnis gegessen habe usf.
Damit ist die Erkennung die
Entzweiung, die Trennung, in der erst das
Gute für den Menschen ist, aber damit auch das Böse.
Es wird als verboten vorgestellt, davon
zu essen, und so das Böse formell
als Übertretung eines göttlichen Gebots vorgestellt, welches einen
Inhalt hätte haben können, welchen es wollte. Hier hat aber das Gebot
wesentlich eben diese Erkenntnis zum Inhalt.
Das Aufgehen des Bewußtseins ist damit gesetzt; zugleich aber ist es vorzustellen
als ein Standpunkt, bei dem nicht geblieben werden soll, der aufzuheben
ist, denn in der Entzweiung des Fürsichseins soll
nicht stehengeblieben werden. Weiter sagt die Schlange,
daß der Mensch durch das Essen Gott
gleich werden würde, und hat so den Hochmut des Menschen
in Anspruch genommen. Gott spricht zu sich selbst:
»Adam ist worden wie unsereiner.«
Die Schlange hat also nicht
gelogen; Gott bestätigt, was sie sagte.
Man hat sich mit der Erklärung dieser Stelle viele Mühe gegeben und
ist so weit gegangen, dies selbst für Ironie zu erklären. Die höhere
Erklärung aber ist, daß unter diesem Adam
der zweite Adam, Christus,
verstanden ist. Die Erkenntnis ist das
Prinzip der Geistigkeit, die aber, wie gesagt, auch das Prinzip
der Heilung des Schadens der Trennung ist.
Es ist in diesem Prinzip des Erkennens in der Tat auch das
Prinzip der Göttlichkeit gesetzt, das durch fernere Ausgleichung
zu seiner Versöhnung, Wahrhaftigkeit kommen muß; oder mit anderen
Worten: es liegt darin die Verheißung und Gewißheit der wiederzuerreichenden
Ebenbildlichkeit. Solche Weissagung findet man bildlich auch ausgedrückt
in dem, was Gott zur Schlange sagt: »Ich will Feindschaft
setzen« usw. Indem in der Schlange das
Prinzip der Erkenntnis als selbständig,
außerhalb Adams vorgestellt ist,
so ist es allerdings ganz konsequent, daß im Menschen als dem konkreten
Erkennen die andere Seite des Umkehrens
und der Reflexion enthalten ist und daß diese andere Seite jener den Kopf
zertreten werde.
Es wird vorgestellt, der erste Mensch habe dies getan; das ist auch wieder diese
sinnliche Weise, zu sprechen. »Der erste Mensch«
will dem Gedanken nach heißen: der Mensch als Mensch, nicht irgendein
einzelner, zufälliger, einer von den Vielen, sondern der absolut erste,
der Mensch seinem Begriff nach. Der Mensch als solcher
ist Bewußtsein, eben damit tritt er in diese
Entzweiung, — das Bewußtsein, das in seiner weiteren Bestimmung
Erkennen ist.
Insofern der allgemeine Mensch als erster vorgestellt ist, ist er als
von anderen unterschieden. Da entsteht die Frage: Es ist nur dieser,
der es getan hat, wie ist es an andere gekommen? Da ist denn die Vorstellung
der Erbschaft; durch diese wird korrigiert diese Mangelhaftigkeit,
daß der Mensch als solcher vorgestellt ist als ein erster. Die
Entzweiung liegt im Begriff des Menschen überhaupt; die Einseitigkeit
also, daß es vorgestellt wird als das Tun eines Einzelnen, wird
integriert durch die Vorstellung der Mitteilung, der Erbschaft.
Als Strafe der Sünde ist ausgesprochen die
Arbeit usf.; das ist im allgemeinen eine notwendige
Konsequenz. Das Tier arbeitet nicht, nur gezwungen, nicht
von Natur; es ißt nicht sein Brot im Schweiß des Angesichts, bringt
sein Brot sich nicht selbst hervor: von allen Bedürfnissen, die es hat,
findet es unmittelbar in der Natur Befriedigung. Der Mensch findet auch
das Material dazu, aber, kann man sagen, das Material, ist das wenigste für
den Menschen, — die unendliche Vermittlung der Befriedigung seiner Bedürfnisse
geschieht nur durch Arbeit. Die Arbeit im Schweiß
des Angesichts, die körperliche und die Arbeit des Geistes, bei der es
saurer wird als bei jener, ist in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Erkenntnis des Guten und Bösen. Daß
der Mensch sich zu dem machen muß, was er ist, daß er im Schweiße
seines Angesichtes sein Brot ißt, hervorbringen muß, was er ist,
das gehört zum Wesentlichen, zum Ausgezeichneten des Menschen und hängt
notwendig zusammen mit der Erkenntnis des Guten
und Bösen.
Es wird weiter vorgestellt, auch der Baum des Lebens sei
darin gestanden; es ist dies in einfacher, kindlicher Vorstellung gesprochen.
Es gibt zwei Güter für die Wünsche der Menschen; das eine ist,
in ungestörtem Glück, in der Harmonie
mit sich selbst und der äußeren Natur zu leben, und das Tier bleibt
in dieser Einheit, der Mensch hat darüber hinauszugehen; der andere Wunsch
ist etwa der, ewig zu leben. Nach diesen
Wünschen ist diese Vorstellung gemacht.
— Wenn wir dies näher betrachten, so zeigt es sich sogleich als eine
nur kindliche Vorstellung. Der Mensch als einzelnes Lebendiges,
seine einzelne Lebendigkeit, Natürlichkeit muß sterben. Aber
wenn man die Erzählung näher ansieht, so. wäre dies das Wunderbare
darin, das sich Widersprechende.
In diesem Widerspruch ist der Mensch als
für sich seiend bestimmt. Das Fürsichsein
ist als Bewußtsein, Selbstbewußtsein, unendliches
Selbstbewußtsein abstrakt
unendlich; daß er sich
seiner Freiheit, ganz abstrakten Freiheit bewußt ist, dies ist sein unendliches
Fürsichsein,
das in früheren Religionen nicht so zum Bewußtsein gekommen ist,
in denen der Gegensatz nicht zu dieser Absolutheit,
dieser Tiefe fortgegangen ist. Dadurch, daß
dies hier geschehen, ist nun zugleich die Würde des Menschen auf einen
weit höheren Standpunkt gesetzt. Das Subjekt hat hierdurch absolute Wichtigkeit,
ist wesentlicher Gegenstand des Interesses Gottes; denn es ist für sich
seiendes Selbstbewußtsein. Es ist als die reine
Gewißheit seiner in sich selbst; es existiert in ihm der Punkt
unendlicher Subjektivität:
es ist zwar abstrakt, aber abstrakt an und für
sich Sein. Dies kommt in der Gestalt vor, daß der Mensch
als Geist unsterblich ist, Gegenstand
des Interesses Gottes, über die Endlichkeit,
Abhängigkeit, über äußere Umstände erhaben,
die Freiheit von allem zu abstrahieren; es ist darin gesetzt, der
Sterblichkeit entnommen zu sein. Es ist in der Religion, weil ihr Gegensatz
unendlich ist, daß die Unsterblichkeit
der Seele Hauptmoment
ist.
Sterblich ist etwas, was sterben kann; unsterblich
ist das, was in den Zustand kommen
kann, daß das Sterben nicht eintritt. Verbrennlich
und unverbrennlich, — da ist das Brennen nur eine Möglichkeit, die
äußerlich an den Gegenstand kommt. Die Bestimmung von Sein ist aber
nicht so eine Möglichkeit, sondern affirmativ bestimmte Qualität,
die es jetzt schon an ihm hat.
So muß bei der Unsterblichkeit der Seele
nicht vorgestellt werden, daß sie erst späterhin
in Wirklichkeit träte; es ist gegenwärtige Qualität.
Der Geist ist ewig, also
deshalb schon gegenwärtig; der Geist in seiner Freiheit ist nicht im Kreise
der Beschränktheit. Für ihn als denkend, rein wissend ist das Allgemeine
Gegenstand; dies ist die Ewigkeit, die nicht
bloß Dauer ist, wie die Berge dauern, sondern Wissen.
Die Ewigkeit des Geistes ist hier zum Bewußtsein
gebracht, in diesem Erkennen, in dieser Trennung selbst,
die zur Unendlichkeit des Fürsichseins gekommen
ist, die nicht mehr verwickelt ist im Natürlichen, Zufälligen, Äußeren.
Diese Ewigkeit des Geistes in sich ist, daß der Geist zunächst an
sich ist; aber der nächste Standpunkt ist, daß der Geist nicht sein
soll, wie er nur natürlicher Geist ist, sondern daß er sein soll,
wie er an und für sich ist. Der Geist soll sich betrachten, und dadurch
ist die Entzweiung; er soll nicht stehenbleiben
auf diesem Standpunkt, daß er nicht ist, wie er an sich ist, soll seinem
Begriff angemessen werden, der allgemeine Geist. Auf dem Standpunkt der
Entzweiung ist dies sein Ansichsein ein
Anderes für ihn, und er selbst ist natürlicher
Wille; er ist entzweit in sich. Es ist diese Entzweiung
insofern sein Gefühl oder Bewußtsein des Widerspruchs,
und es ist damit das Bedürfnis des Aufhebens des Widerspruchs
gesetzt.
Einerseits wird gesagt, der Mensch im Paradies ohne Sünde
wäre unsterblich — die
Unsterblichkeit
auf Erden und die Unsterblichkeit der Seele wird
in dieser Erzählung nicht getrennt —, er würde leben ewiglich.
Wenn dieser äußerliche Tod nur eine Folge der Sünde sein soll,
so wäre er an sich unsterblich. Auf der anderen Seite wird dann auch vorgestellt,
erst wenn der Mensch vom Baum des Lebens äße,
würde er unsterblich sein.
Die Sache ist überhaupt diese, daß der Mensch durch das Erkennen
unsterblich ist; denn nur denkend ist er
keine sterbliche, tierische Seele, ist er die freie, reine Seele.
Das Erkennen, Denken ist die Wurzel seines Lebens,
seiner Unsterblichkeit, als Totalität in sich
selbst. Die tierische Seele ist in die Körperlichkeit
versenkt, dagegen der Geist ist Totalität
in sich selbst.
Das Weitere ist nun, daß diese Ansicht, die wir im Gedanken gefaßt
haben, in dem Menschen wirklich werden soll, d. h. daß der Mensch zu der
Unendlichkeit des Gegensatzes
in sich komme, des Gegensatzes von Gut
und Böse, daß er als Natürliches
sich böse wisse und somit des Gegensatzes sich nicht nur überhaupt,
sondern sich desselben in sich selbst bewußt
werde, daß er es ist, der böse sei,
daß die Forderung des Guten und somit das
Bewußtsein der Entzweiung
und der Schmerz über den
Widerspruch
und über den Gegensatz
in ihm erweckt werde.
Die Form des Gegensatzes haben wir in allen Religionen
gehabt; aber der Gegensatz gegen die Macht der Natur, gegen das sittliche
Gesetz, den sittlichen Willen, die Sittlichkeit, das Schicksal
— alles das sind untergeordnete Gegensätze,
die nur den Gegensatz gegen ein
Besonderes enthalten.
Der Mensch, der ein Gebot übertritt, ist böse, aber auch nur in diesem
partikularen Fall, er ist nur im Gegensatz
gegen dies besondere Gebot. Das Gute und das Böse sahen wir in allgemeinem
Gegensatz gegenüberstehen im Persischen: hier ist der Gegensatz außer
dem Menschen, der selbst ist außer ihm,
— es ist nicht dieser abstrakte Gegensatz innerhalb seiner selbst.
Es ist darum die Forderung, daß der Mensch diesen abstrakten Gegensatz
innerhalb seiner selbst habe und überwältige;
nicht daß er nur dieses oder jenes Gebot nicht tue, sondern die Wahrheit
ist, daß er böse ist an sich, böse
im allgemeinen, in seinem Innersten, einfach böse, böse
in seinem Innern, daß diese Bestimmung des Bösen Bestimmung seines
Begriffs ist und daß er dies sich zum Bewußtsein bringe.
c) Um diese Tiefe ist es zu tun.
Tiefe heißt die Abstraktion des
Gegensatzes, die reine Verallgemeinerung
des Gegensatzes, daß seine Seiten diese ganz
allgemeine Bestimmung gegeneinander gewinnen.
Dieser Gegensatz hat nun überhaupt zwei
Formen. Einerseits ist es der Gegensatz
vom Bösen als solchem, daß er selbst es ist, der böse
ist, — dies ist der Gegensatz gegen
Gott; andererseits ist er der Gegensatz gegen
die Welt, daß er in Entzweiung mit der
Welt ist, — das ist das Unglück, die Entzweiung nach der anderen
Seite.
Daß das Bedürfnis der allgemeinen Versöhnung sei und darin der
göttlichen Versöhnung, der absoluten
Versöhnung im Menschen sei, dazu gehört, daß der Gegensatz
diese Unendlichkeit
gewonnen, daß diese Allgemeinheit das Innerste umfaßt,
daß nichts ist, das außer diesem Gegensatz wäre, der Gegensatz
nicht etwas Besonderes ist. Das ist die tiefste Tiefe.
ca ) Zuerst betrachten wir das
Verhältnis der Entzweiung zum einen Extrem,
zu Gott. Der Mensch hat dies Bewußtsein
in sich, daß er im Innersten dieser Widerspruch ist; so ist das der unendliche
Schmerz über sich selbst. Schmerz
ist nur vorhanden im Gegensatz gegen ein Sollen, ein Affirmatives. Was nicht
ein Affirmatives mehr in sich ist, hat auch keinen Widerspruch, keinen Schmerz.
Schmerz ist eben die Negativität im Affirmativen, daß das Affirmative
in sich selbst dies sich Widersprechende, Verletzte ist.
Dieser Schmerz ist das eine Moment des
Bösen, Das Böse bloß für sich ist eine Abstraktion; es
ist nur im Gegensatz gegen das Gute, und indem es in der Einheit des Subjekts
ist, ist der Gegensatz gegen diese Entzweiung der unendliche
Schmerz. Wenn im Subjekt selbst nicht ebenso das Bewußtsein des
Guten, die unendliche Forderung des Guten ist in seinem Innersten, so ist kein
Schmerz da, so ist das Böse selbst nur ein leeres
Nichts, — es ist nur in diesem Gegensatz.
Das Böse und dieser Schmerz kann nur unendlich
sein, indem das Gute, Gott
gewußt wird als ein Gott,
als reiner, geistiger Gott; und nur indem das Gute diese reine Einheit
ist, beim Glauben an einen Gott und nur in Beziehung
auf diesen, kann auch und muß das Negative
fortgehen zu dieser Bestimmung des Bösen,
die Negation ebenso fortgehen zu dieser Allgemeinheit.
Die eine Seite dieser Entzweiung ist auf diese
Weise vorhanden durch die Erhebung des Menschen
zur reinen, geistigen Einheit Gottes.
Dieser Schmerz und dies Bewußtsein
ist die Vertiefung des Menschen in sich und eben damit in das negative
Moment der Entzweiung, des Bösen.
Dies ist die negative, innerliche Vertiefung in das Böse;
die innerliche Vertiefung affirmativ ist
die Vertiefung in die reine Einheit Gottes. Auf
diesem Punkte ist vorhanden, daß Ich als natürlicher Mensch dem,
was das Wahrhafte ist, unangemessen und in die vielen
natürlichen Besonderheiten befangen bin, und ebenso unendlich
fest ist die Wahrheit des einen Guten
in mir; so bestimmt sich diese Unangemessenheit zu dem, was nicht sein soll.
Die Aufgabe, die Forderung ist unendlich. Man kann sagen: indem ich natürlicher
Mensch bin, habe ich einerseits Bewußtsein
über mich, aber die Natürlichkeit besteht
in der Bewußtlosigkeit in Ansehung meiner, in der
Willenlosigkeit; ich bin ein solches, das nach der Natur handelt, und
insofern bin ich nach dieser Seite, sagt man oft, schuldlos, insofern ich kein
Bewußtsein darüber habe, was ich tue, ohne eigentlichen Willen bin,
es ohne Neigung tue, mich durch Triebe überraschen
lasse. Aber diese Schuldlosigkeit verschwindet hier in diesem Gegensatz. Denn
eben das natürliche, das bewußtlose
und willenlose Sein des Menschen ist es,
was nicht sein soll, und es ist damit zum Bösen bestimmt vor der reinen
Einheit, vor der vollkommenen Reinheit, die ich als das Wahrhafte, Absolute
weiß. Es liegt in dem Gesagten, daß, auf diesen Punkt gekommen,
das Bewußtlose, Willenlose wesentlich selbst als
das Böse zu betrachten ist.
Aber der Widerspruch bleibt immer, mag
man ihn so wenden oder so; indem sich diese sogenannte Schuldlosigkeit als Böses
bestimmt, bleibt die Unangemessenheit meiner gegen das Absolute, gegen mein
Wesen, und nach der einen oder anderen Seite weiß ich mich immer als das,
was nicht sein soll.
Das ist das Verhältnis zu dem einen Extrem, und das Resultat, die bestimmtere
Weise dieses Schmerzes ist die Demütigung meiner, die Zerknirschung, daß
es Schmerz über mich ist, daß ich als Natürliches unangemessen
bin demjenigen, was ich zugleich selbst weiß, was in meinem Wissen, Wollen
ist, daß ich sei.
cb ) Was das Verhältnis zum
andern Extrem betrifft, so erscheint hier die Trennung
als Unglück, daß der
Mensch nicht befriedigt wird in der Welt. Seine Befriedigung, seine Naturbedürfnisse
haben weiter kein Recht, keine Ansprüche. Als Naturwesen verhält sich
der Mensch zu anderem, und anderes verhält sich zu ihm als Mächte,
und er ist insofern zufällig wie die anderen.
Aber seine Forderungen in Ansehung der Sittlichkeit,
die höheren, sittlichen Anforderungen sind Forderungen, Bestimmungen der
Freiheit. Insofern diese an sich berechtigten,
in seinem Begriff — er weiß vom Guten,
und das Gute ist in ihm — begründeten Forderungen, insofern diese
nicht ihre Befriedigung finden im Dasein, in der äußerlichen Welt,
so ist er im Unglück.
Das Unglück ist es, das den Menschen in sich zurücktreibt, in
sich zurückdrängt, und indem diese feste Forderung der
Vernünftigkeit der Welt in ihm ist, gibt er die Welt auf und sucht das
Glück, die Befriedigung in sich selbst als die
Zusammenstimmung seiner affirmativen Seite mit sich selbst. Daß
er diese erlange, gibt er die äußerliche Welt auf, verlegt sein Glück
in sich selbst, befriedigt sich in sich selbst.
Von dieser Forderung und von diesem Unglück hatten wir diese zwei Formen.
Jenen Schmerz, der von der Allgemeinheit, von oben kommt, sahen wir im jüdischen
Volk; dabei bleibt die unendliche Forderung der absoluten Reinheit
in meiner Natürlichkeit, meinem empirischen Wollen, Wissen. Das andere,
das Zurücktreiben aus dem Unglück in sich ist der Standpunkt, in dem
die römische Welt geendet hat, —
dies allgemeine Unglück der Welt. Wir sahen diese formelle Innerlichkeit,
die in der Welt sich befriedigt, diese Herrschaft, den Zweck
Gottes, der vorgestellt, gewußt, gemeint wird als weltliche Herrschaft.
Beide Seiten haben ihre Einseitigkeit: die erste kann als Empfindung der Demütigung
ausgesprochen werden, die andere ist die abstrakte Erhebung des Menschen in
sich, der Mensch, der sich in sich konzentriert. So ist es der
Stoizismus oder Skeptizismus.
Der stoische, skeptische Weise war auf sich gewiesen, sollte in ihm selbst befriedigt
sein; in dieser Unabhängigkeit, Starrheit des Beisichseins sollte er das
Glück haben, die Zusammenstimmung mit sich selbst; in dieser seiner abstrakten,
ihm gegenwärtigen, selbstbewußten Innerlichkeit sollte er beruhen.
In dieser Trennung, Entzweiung, haben wir gesagt,
bestimmt sich also hier das Subjekt, faßt sich auf als das Extrem des
abstrakten Fürsichseins, der abstrakten Freiheit; die Seele senkt sich
in ihre Tiefe, in ihren ganzen Abgrund. Diese Seele
ist die unentwickelte Monade,
die nackte Monade,
die leere, erfüllungslose Seele;
indem sie aber an sich der Begriff, das Konkrete ist, ist diese Leerheit, Abstraktion
widersprechend gegen ihre Bestimmung,
konkret zu sein.
Das ist also das Allgemeine, daß in dieser Trennung, die als unendlicher
Gegensatz entwickelt ist, diese Abstraktion aufgehoben
werden soll. Dieses abstrakte Ich ist auch an
ihm selbst ein Wille, ist konkret;
aber die unmittelbare Erfüllung,
die es an ihm vorfindet, ist der natürliche Wille.
Die Seele findet nichts vor als
Begierde, Selbstsucht usf. in ihr, und es ist dies eine der Formen des
Gegensatzes, daß Ich, die Seele in ihrer Tiefe, und die reale Seite voneinander
unterschieden sind, so daß die reale Seite nicht eine solche ist, die
dem Begriff angemessen gemacht ist, daher zurückgeführt ist, sondern
an ihr selbst nur natürlichen Willen findet.
Der Gegensatz, worin die reale Seite weiterentwickelt ist, ist die Welt,
und der Einheit des Begriffs gegenüber ist so eine Gesamtheit
des natürlichen Willens, dessen Prinzip Selbstsucht
ist, und die Verwirklichung desselben tritt als Verdorbenheit, Roheit usf. auf.
Die Objektivität, die dies reine Ich hat, die für dasselbe ist als
eine ihm angemessene, ist nicht sein natürlicher Wille, auch nicht die
Welt; sondern die angemessene Objektivität ist nur das allgemeine Wesen,
dieser Eine, der in ihm nicht erfüllt ist, dem alle Erfüllung, Welt,
gegenübersteht.
Das Bewußtsein nun dieses Gegensatzes, dieser Trennung des Ich und des
natürlichen Willens ist das eines unendlichen Widerspruchs. Dies Ich ist
mit dem natürlichen Willen, der Welt in unmittelbarer Beziehung und zugleich
davon abgestoßen. Dies ist der unendliche Schmerz,
das Leiden der Welt. Die Versöhnung, die wir bisher auf diesem Standpunkte
fanden, ist nur partiell und deshalb ungenügend. Die Ausgleichung des Ich
in sich selbst, die das Ich in der stoischen
Philosophie gewinnt, wo es sich als denkend weiß und sein Gegenstand
das Gedachte, das Allgemeine ist und dies ihm schlechthin alles, die wahrhafte
Wesenheit ist, wo also dies ihm gilt als ein Gedachtes und es dem Subjekte als
von ihm gesetzt gilt: diese Versöhnung ist nur abstrakt, denn alle Bestimmung
ist außer diesem Gedachten; es ist nur formelle Identität mit sich.
Auf diesem absoluten Standpunkt kann und soll aber nicht eine solche abstrakte
Versöhnung stattfinden; auch der natürliche Wille kann nicht in sich
befriedigt werden, denn er und der Weltzustand genügen ihm, der seine Unendlichkeit
erfaßt hat, nicht. Die abstrakte Tiefe des Gegensatzes
erfordert das unendliche Leiden der Seele und damit eine Versöhnung, die
ebenso vollkommen ist.
Es sind die höchsten, abstraktesten Momente; der Gegensatz ist der höchste.
Beide Seiten sind der Gegensatz in seiner vollkommensten
Allgemeinheit, im Innersten, im Allgemeinen selbst, die Gegensätze
in der größten Tiefe. Beide Seiten sind aber einseitig:
die erste Seite enthält diesen Schmerz, diese abstrakte Demütigung;
da ist das Höchste schlechthin diese Unangemessenheit des Subjekts zum
Allgemeinen, diese Entzweiung, Zerreißung,
die nicht ausgefüllt, nicht ausgeglichen ist, — der Standpunkt des
Gegensatzes vom Unendlichen
einerseits und von einer festen Endlichkeit andererseits.
Diese Endlichkeit ist
die abstrakte Endlichkeit; was mir hierbei als das Meinige zukommt, das ist
auf diese Weise nur das Böse.
Ihre Ergänzung hat diese Abstraktion im Anderen; das ist das Denken in
sich selbst, die Angemessenheit meiner, daß ich befriedigt bin in mir
selbst, befriedigt sein kann in mir selbst. Aber für sich ist diese zweite
Seite ebenso einseitig, nur das Affirmative,
die Affirmation meiner in mir selbst. Die erste
Seite, die Zerknirschung, ist nur negativ, ohne Affirmation
in sich; die zweite soll sein
diese Affirmation, Befriedigung seiner in sich. Aber diese Befriedigung
meiner in mir ist eine nur abstrakte
Befriedigung durch die Flucht aus der Welt, aus der Wirklichkeit, — durch
die Tatlosigkeit. Indem es die Flucht aus der Wirklichkeit ist, ist es auch
die Flucht aus meiner Wirklichkeit, nicht aus der äußerlichen Wirklichkeit,
sondern aus der Wirklichkeit meines Willens.
Die Wirklichkeit meines Willens, Ich als dieses Subjekt, der erfüllte Wille,
bleibt mir nicht, aber es bleibt mir die Unmittelbarkeit
meines Selbstbewußtseins; dieses Selbstbewußtsein ist
zwar ein vollkommen abstraktes, aber diese letzte Spitze des Tiefen ist darin
enthalten, und ich habe mich darin erhalten. Es ist nicht
diese Abstraktion von meiner
abstrakten Wirklichkeit in mir oder meinem unmittelbaren
Selbstbewußtsein, der Unmittelbarkeit meines Selbstbewußtseins.
Auf dieser Seite ist also die Affirmation
das Überwiegende, ohne jene Negation
der Einseitigkeit des Unmittelbarseins. Dort ist die Negation
das Einseitige.
Diese zwei Momente sind es, die das Bedürfnis
enthalten zum Übergange. Der Begriff
der vorhergehenden Religionen hat sich gereinigt
zu diesem Gegensatz, und indem dieser Gegensatz
sich als existierendes Bedürfnis gezeigt und dargestellt hat, ist dies
so ausgedrückt worden: »Als die Zeit erfüllet
war«; d. h. der Geist, das Bedürfnis des Geistes ist vorhanden,
der die Versöhnung zeigt.
cc ) Die
Versöhnung. Das tiefste Bedürfnis des Geistes besteht
darin, daß der Gegensatz im Subjekt selbst zu seinen allgemeinen, d. h.
abstraktesten Extremen gesteigert ist. Dies ist diese Entzweiung, dieser Schmerz.
Dadurch, daß diese beiden Seiten nicht auseinanderfallen, sondern dieser
Widerspruch sind in einem, beweist sich zugleich
das Subjekt als unendliche Kraft der Einheit; es
kann diesen Widerspruch aushalten.
Das ist die formelle, abstrakte, aber unendliche
Energie der Einheit, die es besitzt.
Das, wodurch das Bedürfnis befriedigt
wird, ist das Bewußtsein der Aussöhnung,
des Aufhebens, der Nichtigkeit des Gegensatzes, daß dieser
Gegensatz nicht ist die Wahrheit, sondern vielmehr dies, die Einheit durch die
Negation dieses Gegensatzes zu erreichen, d. i. der Friede, die Versöhnung,
die das Bedürfnis fordert. Die Versöhnung ist die Forderung des Bedürfnisses
des Subjekts, und es liegt in ihm als unendlich Einem,
mit sich Identischem.
Dieses Aufheben des Gegensatzes hat zwei Seiten. Es muß dem Subjekt das
Bewußtsein werden, daß dieser Gegensatz nicht an sich ist, daß
die Wahrheit, das Innere das Aufgehobensein dieses Gegensatzes ist. Sodann,
weil er an sich, der Wahrheit nach aufgehoben ist, kann das Subjekt als solches
in seinem Fürsichsein erreichen, erlangen das Aufheben dieses Gegensatzes,
den Frieden, die Versöhnung.
caa) Daß der Gegensatz an
sich aufgehoben ist, macht die Bedingung, Voraussetzung aus, die
Möglichkeit, daß das Subjekt auch für sich ihn aufhebe. Insofern
wird gesagt, das Subjekt gelange nicht aus sich, d. i. aus sich als diesem Subjekt,
durch seine Tätigkeit, sein Verhalten zur Versöhnung; es ist nicht
sein Verhalten als des Subjekts, wodurch die Versöhnung zustande gebracht
wird und zustande gebracht werden kann.
Dies ist die Natur des Bedürfnisses, wenn die Frage ist: wodurch kann es
befriedigt werden? Die Versöhnung kann nur
dadurch sein, daß für dasselbe
wird das Aufgehobensein
der Trennung, daß das, was sich zu fliehen scheint, dieser
Gegensatz nichtig ist, daß die göttliche Wahrheit für dasselbe
werde der aufgelöste Widerspruch, worin beide ihre Abstraktion gegeneinander
abgelegt haben.
Es erhebt sich daher auch hier noch einmal die obige Frage: kann das Subjekt
diese Versöhnung nicht aus sich zustande
bringen durch seine Tätigkeit, daß es durch seine Frömmigkeit,
Andacht sein Inneres der göttlichen Idee angemessen mache und dies durch
Handlungen ausdrücke? Und kann dies ferner nicht das einzelne Subjekt,
können es dann nicht wenigstens alle Menschen,
die das göttliche Gesetz recht in sich aufnehmen wollten, so daß
der Himmel auf Erden wäre, der Geist in seiner Gnade gegenwärtig lebte,
Realität hätte? Die Frage ist, ob das Subjekt nicht aus sich als
Subjekt dies hervorbringen kann. Es ist eine gemeine Vorstellung,
daß es dies könne.
Zu beachten ist hier, was wir genau vor uns haben müssen, daß von
dem Subjekt die Rede ist, welches auf einem Extrem
steht, für sich ist. Die Subjektivität hat die Bestimmung
des Setzens, daß dies durch mich sei. Dies Setzen, Handeln usf. geschieht
durch mich, der Inhalt mag sein, welcher er will; das Hervorbringen
ist damit selbst eine einseitige Bestimmung,
und das Produkt ist nur ein Gesetztes, es bleibt als solches nur in abstrakter
Freiheit. Jene Frage heißt daher, ob es durch sein Setzen dies nicht hervorbringen
kann. Dies Setzen muß wesentlich sein eine Voraussetzung,
so daß das Gesetzte auch an sich ist.
Die Einheit der Subjektivität und Objektivität, diese
göttliche Einheit muß als Voraussetzung sein für mein
Setzen; dann hat dies erst einen Inhalt; der Inhalt ist Geist, Gehalt, —
sonst ist es subjektiv, formell; so erhält
es erst wahrhaften, substantiellen Inhalt. Mit der Bestimmung dieser Voraussetzung
verliert es seine Einseitigkeit; mit der Bedeutung solcher Voraussetzung benimmt
es sich diese Einseitigkeit, verliert sie dadurch.
Kant und Fichte
sagen: der Mensch kann nur säen, Gutes tun in der
Voraussetzung einer moralischen Weltordnung, er weiß nicht, ob es gedeihen,
gelingen werde; er kann nur handeln mit der Voraussetzung, daß das Gute
Gedeihen an und für sich habe, nicht nur ein Gesetztes sei, sondern seiner
Natur nach objektiv. Die Voraussetzung ist wesentliche
Bestimmung.
Die Harmonie dieses Widerspruchs
muß also in der Weise vorgestellt werden, daß sie für das Subjekt
eine Voraussetzung sei. Indem der Begriff die göttliche
Einheit erkennt, so erkennt er, daß Gott
an und für sich ist und damit die Einsicht,
die Tätigkeit des Subjekts nichts für sich ist, nur ist und
Bestehen hat unter jener Voraussetzung. Dem Subjekt muß also erscheinen
die Wahrheit als Voraussetzung, und die Frage ist, wie, in welcher Gestalt die
Wahrheit erscheinen könne auf diesem Standpunkt,
auf dem wir uns befinden; er ist der unendliche Schmerz, diese reine
Tiefe der Seele, und für diesen Schmerz soll
sein die Auflösung des Widerspruchs. Diese ist notwendig zunächst
in der Weise der Voraussetzung, weil es dies einseitige
Extrem ist.
Des Subjekts Verhalten ist also nur das Setzen, das Tun als nur die eine Seite;
die andere ist die substantielle, zugrunde liegende, welche die Möglichkeit
enthält. Dies ist, daß an sich dieser Gegensatz nicht vorhanden ist.
Näher ist es, daß der Gegensatz ewig entsteht, ebenso sich ewig aufhebt,
ebenso das ewige Versöhnen ist.
Daß dieses die Wahrheit ist, sahen wir in
der ewigen göttlichen Idee, daß Gott dies ist,
als lebendiger Geist sich von sich zu unterscheiden, ein Anderes zu setzen
und in diesem Anderen mit sich identisch zu bleiben, in diesem Anderen die Identität
seiner mit sich selbst zu haben. Das ist die Wahrheit. Diese Wahrheit ist es,
die die eine Seite dessen ausmachen muß, was dem Menschen zum Bewußtsein
kommen muß, die ansichseiende, substantielle
Seite.
Näher kann es so ausgedrückt werden, daß der Gegensatz die
Unangemessenheit überhaupt ist. Der Gegensatz, das Böse
ist die Natürlichkeit des menschlichen Seins und Wollens, die Unmittelbarkeit;
das ist eben die Weise der Natürlichkeit. Mit der Unmittelbarkeit ist eben
die Endlichkeit gesetzt, und diese Endlichkeit
oder Natürlichkeit ist unangemessen der Allgemeinheit
Gottes, der in sich schlechthin freien, bei sich
seienden, unendlichen, ewigen Idee.
Diese Unangemessenheit ist der Ausgangspunkt, der
das Bedürfnis ausmacht. Die nähere Bestimmung ist nicht, daß
die Unangemessenheit von heiden Seiten verschwinde für das Bewußtsein.
Die Unangemessenheit ist; sie liegt
in der Geistigkeit: der Geist ist das Sichunterscheiden,
das Setzen von Unterschiedenen. Wenn sie unterschieden sind — nach
diesem Moment, daß sie Unterschiedene sind —, sind sie nicht das
Gleiche; sie sind verschieden, einander unangemessen. Die Unangemessenheit kann
nicht verschwinden; wenn sie verschwände, so verschwände das Urteil
des Geistes, seine Lebendigkeit; so hörte er auf, Geist zu sein.
cbb ) Die weitere Bestimmung aber
ist diese, daß dieser Unangemessenheit ungeachtet
die Identität beider sei; daß das
Anderssein, die Endlichkeit, die Schwäche,
die Gebrechlichkeit der menschlichen
Natur keinen Eintrag tun könne jener Einheit, die das Substantielle
der Versöhnung ist. Auch dieses haben wir erkannt in der göttlichen
Idee. Denn der Sohn
ist ein Anderes als der Vater; dies Anderssein
ist Verschiedenheit, sonst ist es nicht Geist.
Aber das Andere ist Gott, hat die ganze
Fülle der göttlichen Natur in sich;
diesem, daß dieser Andere der Sohn
Gottes, damit Gott ist, tut die Bestimmung
des Andersseins keinen Eintrag; ebenso auch nicht ihm in der menschlichen Natur.
Dieses Anderssein ist das ewig sich Setzende, ewig sich Aufhebende, und dieses
sich Setzen und Aufheben des Andersseins ist die Liebe, der Geist. Das Böse,
die eine Seite, ist abstrakt bestimmt worden als nur das
Andere, Endliche,
Negative, und Gott als das Gute, Wahrhafte
auf die andere Seite gestellt. Aber dies Andere, Negative enthält in sich
selbst auch die Affirmation, und das muß
im endlichen Sein zum Bewußtsein
kommen, daß das Prinzip der Affirmation darin enthalten ist, daß
in diesem Prinzip der Affirmation das Prinzip der
Identität liegt mit der anderen Seite;
so wie Gott nicht nur als das Wahre
die abstrakte Identität mit sich ist, sondern das Andere, die Negation,
das Sichanderssetzen seine eigene wesentliche Bestimmung, die eigene Bestimmung
des Geistes ist.
Die Möglichkeit der Versöhnung ist nur darin, daß gewußt
wird die an sich seiende Einheit der göttlichen
und menschlichen Natur; das ist die notwendige Grundlage. So kann
der Mensch sich aufgenommen wissen in Gott, insofern ihm Gott nicht ein Fremdes
ist, er sich zu ihm nicht als äußerliches Akzidenz verhält,
sondern wenn er nach seinem Wesen, nach seiner Freiheit und Subjektivität
in Gott aufgenommen ist; dies ist aber nur möglich, insofern in
Gott selbst diese Subjektivität der menschlichen Natur ist.
Dieses Ansichsein muß dem unendlichen Schmerz zum Bewußtsein kommen
als die an sich seiende Einheit der göttlichen und menschlichen Natur,
aber nur dem Ansichsein, der Substantialität nach, so daß diese Endlichkeit,
Schwäche, dies Anderssein dieser substantiellen Einheit beider keinen Eintrag
tut.
Die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, der Mensch in seiner
Allgemeinheit ist der Gedanke des Menschen
und die an und für seiende Idee des absoluten
Geistes. An sich ist auch in dem Prozeß, in welchem sich das
Anderssein aufhebt, diese Idee und die Objektivität Gottes real, und zwar
in allen Menschen unmittelbar:
»Aus dem Kelch des ganzen Geisterreiches schäumt ihm die Unendlichkeit.«
Schiller, »Die Freundschaft«
(dort: »Seelenreiches«)
Der Schmerz, den das Endliche in dieser seiner Aufhebung empfindet, schmerzt
nicht, da es sich dadurch zum Moment in dem Prozeß des Göttlichen
erhebt.Sollte jene Qual uns quälen,
da sie unsre Lust vermehrt?
Goethe, Der West-östliche Divan,
Buch des Timur, »An Suleika«
Aber hier, auf diesem Standpunkte ist es nicht um den Gedanken
des Menschen zu tun. Auch kann es nicht bei der Bestimmung der Einzelheit
überhaupt bleiben, die selbst wieder allgemein
und im abstrakten Denken als solchem Ist.ccc) Soll vielmehr
das Bewußtsein von der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur,
von dieser Bestimmung des Menschen als Menschen überhaupt,
dem Menschen gegeben werden oder soll diese Erkenntnis ganz in das Bewußtsein
seiner Endlichkeit eindringen als der Strahl
des ewigen Lichtes, das ihm im Endlichen klar wird, so muß sie
an ihn kommen als Menschen überhaupt, d. h. ohne Bedingung einer besonderen
Bildung, sondern an ihn als unmittelbaren Menschen,
und für das unmittelbare Bewußtsein muß sie allgemein sein.
Das Bewußtsein der absoluten Idee, die wir im Denken haben, soll also
nicht für den Standpunkt philosophischer Spekulation, des spekulativen
Denkens hervorgebracht werden, sondern in der Form der
Gewißheit für die Menschen überhaupt; nicht daß
sie es denken, die Notwendigkeit dieser Idee einsehen und erkennen, sondern
darum ist es zu tun, daß sie ihnen gewiß wird, d. h. daß diese
Idee, die Einheit der göttlichen und menschlichen
Natur zur Gewißheit komme, daß sie für sie die Form unmittelbarer
sinnlicher Anschauung, äußerlichen Daseins erhalte, kurz,
daß diese Idee als in der Welt gesehen und
erfahren erscheine. So muß sich
diese Einheit in ganz zeitlicher, vollkommen gemeiner Erscheinung der Wirklichkeit,
in einem diesen Menschen für das Bewußtsein zeigen, in einem Diesen,
der zugleich gewußt werde als göttliche
Idee, nicht nur als
höheres Wesen überhaupt, sondern als die
höchste, die absolute Idee, als Gottessohn.Göttliche und menschliche
Natur in einem ist ein harter, schwerer
Ausdruck; aber die Vorstellung, die man damit verbindet, ist zu vergessen; es
ist die geistige Wesenheit, an die dabei zu denken
ist. In der Einheit der göttlichen und menschlichen
Natur ist alles verschwunden, was zur äußeren
Partikularisation gehört, — das Endliche
ist verschwunden.
Es ist das Substantielle der Einheit der göttlichen
und menschlichen Natur, was dem Menschen zum Bewußtsein
kommt, so daß der Mensch ihm als Gott
und Gott ihm als Mensch erscheint. Diese
substantielle Einheit ist das Ansich des Menschen; indem aber dasselbe für
den Menschen ist, ist es jenseits des unmittelbaren Bewußtseins, des gewöhnlichen
Bewußtseins und Wissens; damit muß es drüben stehen für
das subjektive Bewußtsein, das sich als gewöhnliches Bewußtsein
verhält und als solches bestimmt ist. Hierin liegt es, daß dies als
einzelner, ausschließender Mensch
erscheinen müsse für die Anderen, [es sind]
nicht sie alle Einzelnen, sondern einer, von dem sie ausgeschlossen sind,
aber nicht mehr als das Ansich, das drüben ist, sondern als die
Einzelheit auf dem Boden der Gewißheit.
Um diese Gewißheit und Anschauung ist es zu tun, nicht bloß um einen
göttlichen Lehrer, ohnehin nicht bloß
der Moral, aber auch nicht einmal bloß um einen Lehrer
dieser Idee, nicht um Vorstellung und
Überzeugung ist es zu tun, sondern um diese unmittelbare
Gegenwart und Gewißheit des Göttlichen;
denn die unmittelbare Gewißheit der Gegenwart ist die unendliche
Form und Weise, wie das »ist« für
das natürliche Bewußtsein ist. Dieses Ist vertilgt alle Spur der
Vermittlung; es ist die letzte Spitze, der letzte Lichtpunkt,
der noch aufgetragen wird. Aller Vermittlung durch Gefühle, Vorstellung,
Gründe fehlt dies Ist, und nur im philosophischen Erkennen durch den Begriff,
im Elemente der Allgemeinheit kehrt es wieder.
Das Göttliche ist nicht zu fassen nur als
ein allgemeiner Gedanke oder als ein Inneres, nur Ansichseiendes, die
Objektivierung des Göttlichen nicht nur als eine solche, die in
allen Menschen ist, zu fassen; so ist sie dann nur als die
Vielheit des Geistigen überhaupt
gefaßt, und die Entwicklung, die der
absolute Geist an ihm selbst hat und die bis zur Form des Ist, der
Unmittelbarkeit fortzugehen hat, ist darin nicht enthalten.
Der Eine der jüdischen
Religion ist im Gedanken, nicht in der Anschauung, eben darum nicht zum
Geist vollendet. Die Vollendung zum Geiste heißt
eben die Subjektivität, die
sich unendlich entäußert und aus
dem absoluten Gegensatze, aus der äußersten
Spitze der Erscheinung zu sich zurückkehrt. Das Prinzip der
Individualität war zwar schon in
dem griechischen Ideale vorhanden, aber
hier mangelte eben jene an und für sich allgemeine
Unendlichkeit; das Allgemeine als Allgemeines gesetzt ist nur in
der Subjektivität des Bewußtseins da; nur diese ist die unendliche
Bewegung in sich, in der alle Bestimmtheit des Daseins aufgelöst ist und
die zugleich im endlichsten Dasein ist.
Dies Individuum nun, welches für die anderen die Erscheinung der Idee ist,
ist dies Einzige;
nicht Einige, denn
an Einigen wird die Göttlichkeit
zur Abstraktion. »Einige«
sind ein schlechter Überfluß der Reflexion,
ein Überfluß, weil wider den Begriff der individuellen Subjektivität.
»Einmal« ist im Begriff »allemal«,
und das Subjekt muß sich ohne Wahl an eine Subjektivität
wenden. In der ewigen Idee ist nur ein
Sohn; so ist es nur Einer,
ausschließend gegen die anderen, in
dem die absolute Idee erscheint. Diese Vollendung
der Realität zur unmittelbaren Einzelheit ist
der schönste Punkt der christlichen Religion, und die absolute Verklärung
der Endlichkeit ist in ihr zur Anschauung gebracht.
Diese Bestimmung, daß Gott
Mensch wird, damit der endliche Geist das Bewußtsein
Gottes im Endlichen selbst habe, ist das schwerste Moment in der Religion.
Nach einer gewöhnlichen Vorstellung, die wir besonders bei den
Alten finden, ist der Geist, die Seele, in diese Welt als in ein ihm Fremdartiges
herabgestoßen: dieses Inwohnen im Körper und die
Vereinzelung zur Individualität sei eine Erniedrigung
des Geistes. Darin liegt die Bestimmung der
Unwahrheit der bloß materiellen Seite, der unmittelbaren Existenz.
Aber andererseits ist die Bestimmung der unmittelbaren
Existenz zugleich auch eine wesentliche, die letzte Zuspitzung des
Geistes in seiner Subjektivität. Der Mensch hat geistige Interessen und
ist geistig tätig; er kann sich daran gehindert fühlen, indem er sich
in physischer Abhängigkeit fühlt, indem
er für seine Nahrung sorgen muß usw.; er fällt von seinen
geistigen Interessen ab durch die Gebundenheit
an die Natur. Das Moment der unmittelbaren
Existenz ist aber im Geiste selbst enthalten.
Es ist die Bestimmung des Geistes, zu diesem Momente
fortzugehen. Die Natürlichkeit ist nicht bloß eine äußerliche
Notwendigkeit, sondern der Geist als Subjekt in seiner unendlichen
Beziehung auf sich selbst hat die Bestimmung der Unmittelbarkeit an ihm.
Insofern nun dem Menschen geoffenbart werden soll, was
die Natur des Geistes ist, die Natur Gottes in
der ganzen Entwicklung der Idee offenbar werden soll, so muß darin
diese Form auch vorkommen, und das ist eben die Form der Endlichkeit. Das
Göttliche muß in der Form der Unmittelbarkeit erscheinen.
Diese unmittelbare Gegenwart ist nur Gegenwart des Geistigen in der geistigen
Gestalt, welche die menschliche
ist. Auf keine andere Weise ist diese Erscheinung wahrhaft, nicht etwa als Erscheinung
Gottes im feurigen Busch und dgl. mehr.
Gott erscheint als einzelne Person, an welche Unmittelbarkeit sich alle physische
Bedürftigkeit anknüpft. Im indischen Pantheismus
kommen unzählig viele Inkarnationen vor; da ist die Subjektivität,
das menschliche Sein nur akzidentelle Form, in Gott
ist sie nur Maske, die
die Substanz annimmt und in zufälliger Weise wechselt. Gott
aber als Geist enthält das Moment der Subjektivität, der Einzigkeit
an ihm; seine Erscheinung kann daher auch nur eine einzige
sein, nur einmal vorkommen. S.251ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Philosophie
der Religion II, Werke 17, suhrkamp taschenbuch wissenschaft stw 617
Wissenschaft der Logik
Das
Unendliche im Endlichen
Der Progreß ins Unendliche ist nichts anderes als
der Ausdruck des Widerspruchs,
den das Quantitativ-Endliche oder das Quantum überhaupt enthält. Er
ist die Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen, die in der qualitativen
Sphäre betrachtet worden ist, aber mit dem Unterschied, daß, wie
soeben erinnert, im Quantitativen sich die Grenze an ihr selbst in ihr jenseits
fortsetzt und somit umgekehrt auch das Quantitativ-Unendliche gesetzt ist, das
Quantum, sein Anderes an ihm selbst zu haben.
Endliches und Unendliches
ist, das eine das Nichtsein des anderen. Aber
weil die quantitative Bestimmtheit der nur aufgehobene
Unterschied ist, so ist das Quantitative in seinem Außersichsein
[es] selbst. Das Quantitativ-Unendliche ist also
zwar das aufgehobene Quantum nicht nur als ein Quantum, sondern als das Quantum.
Aber weil das Quantum sich in sein Aufgehobensein kontinuiert, so ist das Unendliche
ebensosehr als das Gegenteil seiner selbst, als Quantum bestimmt.
Das Quantum also ist die Bestimmtheit-an-sich, die gegen Anderes gleichgültige
Bestimmtheit, welche aber ebensosehr nur ist als sich äußerlich.
Der unendliche Progreß
ist der Ausdruck dieses Widerspruchs, nicht die Auflösung desselben; er
bleibt schlechthin im Widerspruch stehen und geht nicht über ihn hinaus.
Oder der Progreß ins Unendliche ist nur die
Aufgabe des Unendlichen, nicht die Erreichung desselben.
Er ist das perennierende Erzeugen desselben,
ohne über das Quantum selbst hinauszukommen
und ohne daß das Unendliche ein Positives und Gegenwärtiges
würde. Das Quantum ist ein solches, in dessen Begriff es ist, ein
Jenseits seiner zu haben.
Dieses Jenseits ist erstlich das
reine Moment des Nichtseins
des Quantums, denn es löst sich an sich selbst auf. So bezieht es
sich auf sein Jenseits, auf seine Unendlichkeit.
Dies ist das qualitative Moment
des Gegensatzes.
Aber zweitens steht das Quantum in Kontinuität
mit diesem seinem Jenseits, das ein Nichtsein als Nichtsein
des Quantums ist; denn das Quantum besteht eben darin, das Andere seiner
selbst, sich selbst äußerlich zu sein; also ist dieses Andere, dieses
Äußerliche ebensosehr nicht ein Anderes als das Quantum. Das Jenseits
oder das Unendliche ist also selbst ein
Quantum. Das Jenseits ist auf diese Weise aus seiner Flucht
zurückgerufen, und das Unendliche erreicht. Aber weil dies zum Diesseits
Gewordene wieder ein Quantum ist, ist nur wieder eine
neue Grenze gesetzt worden. Das wieder entstandene Quantum ist darum,
weil es Quantum ist, auch wieder von sich selbst geflohen, ist als solches über
sich hinaus und hat sich in sein Nichtsein von
sich selbst repelliert [zurückgetrieben];
es hat somit ein perennierendes [fortdauerndes]
Jenseits. Aber
das Quantum besteht zugleich eben darin, sich äußerlich zu sein.
Also ist jenes Jenseits selbst wieder das Quantum.
Wird dies, daß hierin das Jenseits oder das Unendliche
als Quantum und umgekehrt das Quantum als Unendliches bestimmt wird, in einen
Ausdruck vereinigt, so gibt diese Verbindung ein Unendlichgroßes
oder Unendlichkleines. Aber
diese Verbindung ist selbst nichts anderes als nur der falsche Ausdruck des
Widerspruchs oder des unendlichen Progresses. Denn das Quantum und sein Jenseits
sind darin in ihrer absoluten Bestimmtheit gegeneinander, das eine als das Nicht-sein
des anderen, erhalten. Das Unendlichgroße und Unendlichkleine
wird als ein Quantum vorgestellt; es ist ein
Großes oder Kleines; aber als Quantum hat es sein Jenseits ebensosehr
von sich abgestoßen; es ist nicht zum Unendlichen erweitert, sondern im
perennierenden Gegensatz gegen dasselbe erhalten.
Das Große, noch so sehr erweitert, schwindet daher zur Unbeträchtlichkeit
zusammen; denn insofern es sich auf das Unendliche als auf sein Nichtsein bezieht,
ist der Gegensatz nach diesem Moment qualitativ;
das erweiterte Quantum hat also dem Unendlichen nichts abgewonnen, sondern dieses
ist vor wie nach das Nichtsein desselben. Oder die Vergrößerung
des Quantums ist keine Näherung zum Unendlichen,
denn der Unterschied des Quantums und seiner Unendlichkeit hat wesentlich das
Moment, ein nicht quantitativer Unterschied zu sein. — Ebenso das Unendlichkleine
ist als Kleines ein Quantum und bleibt daher absolut, d. h. qualitativ zu groß
für das Unendliche und ist diesem entgegengesetzt.
Das Unendlichgroße oder -kleine ist daher nur selbst
der unendliche Progreß. Diese Unendlichkeit,
welche als das Jenseits des Endlichen bestimmt
ist, ist als die schlechte quantitative Unendlichkeit
zu bezeichnen. Sie ist Unendlichkeit
des Progresses und wie die qualitative schlechte Unendlichkeit nur das perennierende
Herüber- und Hinübergehen von dem einen Gliede des bleibenden Widerspruchs
zum anderen, von der Grenze zu ihrem Nichtsein, von diesem aufs neue zurück
zu ebenderselben, zur Grenze. Es ist nicht sowohl ein Fortgehen, sondern
ein Wiederholen von einem und eben demselben, Setzen, Aufheben und Wiedersetzen
und Wiederaufheben: eine Ohnmacht des Negativen, dem das, was es aufhebt, durch
sein Aufheben selbst als ein Kontinuierliches wiederkehrt. Es sind zwei so zusammengeknüpft,
daß sie sich schlechthin fliehen; und indem sie sich fliehen, können
sie sich nicht trennen, sondern sind in ihrer Trennung verknüpft.
Anmerkung 1
Die schlechte Unendlichkeit pflegt vornehmlich in der Form des
Progresses des Quantitativen ins Unendliche — dieses
fortgehende Überfliegen der Grenze, das die Ohnmacht ist, sie aufzuheben,
und der perennierende Rückfall in dieselbe — für etwas Erhabenes
und für eine Art von Gottesdienst gehalten zu werden, so wie derselbe
in der Philosophie als ein Letztes angesehen worden ist. Es finden sich allenthalben
Tiraden solcher Art, die als erhabene Produktionen bewundert worden sind. In
der Tat aber macht diese moderne Erhabenheit nicht den Gegenstand groß,
welcher vielmehr entflieht, sondern nur das Subjekt, das so große Quantitäten
in sich verschlingt. Es tut sich aber die Dürftigkeit dieser subjektiv
bleibenden Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen hinaufsteigt, damit
kund, daß sie in der vergeblichen Arbeit dem unendlichen
Ziele nicht näher kommt, welches zu erreichen ganz anders anzugreifen
ist.
Bei folgenden Tiraden dieser Art ist es zugleich ausgedrückt, in was solche
Erhebung übergeht und aufhört. Kant z. B.
führt es als erhaben auf,
»wenn das Subjekt mit dem Gedanken sich über den Platz erhebt, den
es in der Sinnenwelt einnimmt, und die Verknüpfung ins unendlich Große
erweitert, eine Verknüpfung mit Sternen über Sternen, mit Welten über
Welten, Systemen über Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten
ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. — Das Vorstellen
erliegt diesem Fortgehen ins Unermeßlich-Ferne, wo die fernste Welt immer
noch eine fernere hat, die so weit zurückgeführte Vergangenheit noch
eine weitere hinter sich, die noch so weit hinausgeführte Zukunft immer
noch eine andere vor sich; der Gedanke erliegt dieser
Vorstellung des Unermeßlichen; wie ein Traum, daß einer einen langen
Gang immer weiter und unabsehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzusehen, mit
Fallen oder mit Schwindel
endet.«
Diese Darstellung außer dem, daß sie den Inhalt den quantitativen
Erhebens in einen Reichtum der Schilderung zusammendrängt, verdient wegen
der Wahrhaftigkeit vornehmlich Lob, mit der sie es angibt, wie es dieser Erhebung
am Ende ergeht: der Gedanke erliegt, das
Ende ist Fallen und Schwindel. Was den Gedanken
erliegen macht und das Fallen desselben und Schwindel hervorbringt,
ist nicht anderes als die Langeweile jener Wiederholung, welche eine Grenze
verschwinden und wieder auftreten und wieder verschwinden, so immer das eine
um das andere und eins im anderen, in dem Jenseits das Diesseits, in dem Diesseits
das Jenseits perennierend entstehen und vergehen läßt und nur
das Gefühl der Ohnmacht dieses Unendlichen
oder dieses Sollens gibt, das über das Endliche Meister
werden will und nicht kann.
Auch die Hallersche, von
Kant sogenannte schauderhafte
Beschreibung der Ewigkeit
pflegt besonders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht wegen derjenigen
Seite, die das wahrhafte Verdienst derselben ausmacht:
»Ich häufe ungeheure Zahlen,
Gebürge Millionen auf,
Ich setze Zeit auf Zeit und Welt auf Welt zu Hauf,
Und wenn ich von der grausen Höh
Mit Schwindeln wieder nach dir seh,
Ist alle Macht der Zahl, vermehrt zu tausendmalen,
Noch nicht ein Teil von dir.«
»Ich zieh sie ab, und du liegst ganz vor mir.«
Wenn auf jenes Aufbürgen und Auftürmen von Zahlen
und Welten als auf eine Beschreibung der Ewigkeit
der Wert gelegt wird, so wird übersehen, daß der Dichter selbst
dieses sogenannte schauderhafte Hinausgehen für
etwas Vergebliches und Hohles erklärt und daß er damit schließt,
daß nur durch das Aufgeben dieses leeren unendlichen
Progresses das wahrhafte Unendliche selbst zur Gegenwart vor ihn
komme. S.165ff.
Aus: G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik. Das Sein (1812), PHB 375, Felix
Meiner Verlag, Hamburg
Wahrhafte
Unendlichkeit
Etwas wird ein Anderes, aber das Andere ist selbst ein
Etwas, also wird es gleichfalls ein Anderes, und
so fort ins Unendliche. (§
93)
Diese Unendlichkeit ist
die schlechte oder negative Unendlichkeit,
indem sie nichts ist als die Negation des Endlichen,
welches aber ebenso wieder entsteht, somit ebensosehr nicht aufgehoben ist,
— oder diese Unendlichkeit drückt nur das Sollen des Aufhebens des
Endlichen aus. Der Progreß ins Unendliche
bleibt bei dem Aussprechen des Widerspruchs stehen,
den das Endliche enthält, daß es sowohl
Etwas ist als sein Anderes,
und ist das perennierende Fortsetzen des Wechsels dieser
einander herbeiführenden Bestimmungen. (§
94)Was in der Tat vorhanden ist, ist, daß Etwas zu Anderem,
und das Andere überhaupt zu Anderem wird. Etwas ist
im Verhältnis zu einem Anderen selbst schon ein Anderes gegen dasselbe;
somit da das, in welches es übergeht, ganz dasselbe ist, was das,
welches übergeht, — beide haben keine weitere als eine und dieselbe
Bestimmung, ein Anderes
zu sein, — so geht hiemit Etwas in seinem Übergehen
in Anderes nur mit sich selbst zusammen, und diese Beziehung im Übergehen
und im Andern auf sich selbst ist die wahrhafte
Unendlichkeit. Oder negativ betrachtet; was verändert
wird, ist das Andre, es wird das Andre des
Andern. So ist das
Sein, aber als Negation der Negation, wiederhergestellt und ist das Fürsichsein.
Der Dualismus, welcher
den Gegensatz von Endlichem und Unendlichem unüberwindlich
macht, macht die einfache Betrachtung nicht, daß auf solche Weise sogleich
das Unendliche nur das Eine der Beiden
ist, daß es hiemit zu einem
nur Besondern gemacht
wird, wozu das Endliche das andere Besondere ist.
Ein solches Unendliches, welches nur ein Besonderes ist, neben dem Endlichen
ist, an diesem eben damit seine Schranke, Grenze
hat, ist nicht das, was
es sein soll, nicht das Unendliche, sondern ist
nur endlich. —
In solchem Verhältnisse, wo das Endliche
hüben, das Unendliche drüben,
das erste diesseits,
das andere jenseits gestellt
ist, wird dem Endlichen die gleiche Würde
des Bestehens und der Selbständigkeit
mit dem Unendlichen zugeschrieben;
das Sein des Endlichen wird zu einem absoluten Sein gemacht; es steht
in solchem Dualismus fest für sich. Vom Unendlichen sozusagen berührt,
würde es vernichtigt; aber es soll vom Unendlichen nicht berührt werden
können, es soll ein Abgrund, eine unübersteigbare
Kluft zwischen beiden sich befinden, das Unendliche schlechthin drüben
und das Endliche hüben verharren.
Indem die Behauptung von dem festen Beharren des Endlichen
dem Unendlichen gegenüber über alle Metaphysik hinweg zu sein
meint, steht sie ganz nur auf dem Boden der ordinärsten Verstandes-Metaphysik.
Es geschieht hier dasselbe, was der unendliche Progreß ausdrückt:
das einemal wird zugegeben, daß das Endliche nicht
an und für sich sei, daß ihm nicht selbständige
Wirklichkeit, nicht absolutes Sein
zukomme, daß es nur ein Vorübergehendes ist; das andremal
wird dies sogleich vergessen und das Endliche dem Unendlichen
nur gegenüber, schlechthin getrennt von demselben und der Vernichtung entnommen,
als selbständig, für sich beharrend vorgestellt. — Indem das
Denken auf solche Weise sich zum Unendlichen zu erheben meint, so widerfährt
ihm das Gegenteil, — zu einem Unendlichen zu kommen,
das nur ein Endliches ist, und das Endliche, welches von ihm verlassen worden,
vielmehr immer beizubehalten, zu einem Absoluten zu machen.
Wenn man nach der angestellten Betrachtung der Nichtigkeit
des Verstandes-Gegensatzes vom Endlichen und Unendlichen (womit
Platos Philebus mit Nutzen verglichen
werden kann) auch hier leicht — auf den Ausdruck verfallen kann,
daß das Unendliche und Endliche hiemit Eins sei,
daß das Wahre, die wahrhafte Unendlichkeit als Einheit des Unendlichen
und Endlichen bestimmt und ausgesagt werde, so enthält solcher Ausdruck
zwar Richtiges, aber er ist ebensosehr schief und falsch, wie vorhin von der
Einheit des Seins
und Nichts bemerkt worden ist. Er führt ferner auf den gerechten
Vorwurf von der Verendlichung der Unendlichkeit, von einem
endlichen Unendlichen. Denn in jenem Ausdruck erscheint das Endliche
als belassen; es wird nicht ausdrücklich als aufgehoben
ausgedrückt. — Oder indem darauf reflektiert
würde, daß es, als eins mit dem Unendlichen gesetzt, allerdings nicht
bleiben könnte, was es außer dieser Einheit war, und wenigstens an
seiner Bestimmung etwas litte (wie das Kali mit der Säure
verbunden von seinen Eigenschaften verliert), so widerführe eben
dies dem Unendlichen, das als das Negative seinerseits
gleichfalls an dem Andern abgestumpft würde. In der Tat geschieht solches
auch dem abstrakten, einseitigen Unendlichen des
Verstandes. Aber das wahrhafte Unendliche verhält
sich nicht bloß wie die einseitige Säure; sondern es erhält
sich; die Negation der Negation ist nicht
eine Neutralisation; das Unendliche ist das Affirmative,
und nur das Endliche das Aufgehobene.
Im Fürsichsein ist die Bestimmung der
Idealität eingetreten. Das Dasein zunächst nur
nach seinem Sein oder seiner Affirmation aufgefaßt, hat Realität
(§ 91), somit ist auch die Endlichkeit zunächst
in der Bestimmung der Realität. Aber die Wahrheit des Endlichen ist vielmehr
seine Idealität.
Ebensosehr ist auch das Verstandes-Unendliche, welches neben das Endliche gestellt,
selbst nur eins der beiden Endlichen ist, ein unwahres, ein ideelles.
Diese Idealität des Endlichen ist der Hauptsatz der Philosophie, und jede
wahrhafte Philosophie ist deswegen Idealismus.
Es kommt allein darauf an, nicht das für das Unendliche zu nehmen, was
in seiner Bestimmung selbst sogleich zu einem Besondern und Endlichen gemacht
wird. — Auf diesen Unterschied ist deswegen hier weitläufiger aufmerksam
gemacht worden; der Grundbegriff der Philosophie, das
wahrhafte Unendliche, hängt davon ab. Dieser Unterschied erledigt
sich durch die ganz einfachen, darum vielleicht unscheinbaren, aber unwiderleglichen
Reflexionen, die im § enthalten sind. (§
95)
Aus: G. W. F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im
Grundrisse (1830), PhB 33, Felix Meiner Verlag Hamburg
Vorlesungen
über die Philosophie der Weltgeschichte
Gott
in der Weltgeschichte
Wenn der Name Gottes nicht
etwas Leeres sein soll, so müssen wir Gott anerkennen
als gütig oder sich mitteilend.
In den älteren Vorstellungen der Griechen
ist Gott als neidisch
gedacht und vom Neide der
Götter die Rede gewesen, daß das Göttliche
dem Großen feind, die Schickung der Götter sei, das Große
herabzusetzen. Aristoteles sagt, daß
die Dichter viel lügen; Gott könne Neid nicht zugeschrieben werden.
Wenn wir nun behaupteten, Gott
teile sich nicht mit, so würde das darauf hinauslaufen, Gott
Neid nachzusagen; durch die Mitteilung
kann Gott nicht verlieren, so wenig wie ein Licht
dadurch verliert, wenn an ihm ein anderes angezündet wird.
Nun sagt man, Gott teile sich ja auch mit, aber
nur in der Natur einerseits und im
Herzen, im Gefühle der Menschen andererseits. Dabei vornehmlich
ist es, daß in unserer Zeit behauptet wird, müsse man stehen bleiben;
Gott sei für uns in dem unmittelbaren Bewußtsein, in der Anschauung.
Anschauung und Gefühl ist darin eins, daß es unreflektiertes Bewußtsein
ist. Dagegen muß hervorgehoben werden, daß der Mensch
denkend ist, sich durch das Denken vom Tier unterscheidet. Er verhält
sich denkend, auch wenn er sich dessen nicht bewußt ist.
Wenn Gott sich dem Menschen offenbart,
so offenbart er sich ihm wesentlich als dem denkenden;
würde er sich ihm wesentlich im Gefühl offenbaren, so würde
er ihn dem Tiere gleich achten, dem die Fähigkeit der Reflexion nicht gegeben
ist, — den Tieren aber schreiben wir keine Religion zu. In
der Tat hat der Mensch Religion nur,
weil er nicht ein Tier, sondern denkend ist. Es ist das Trivialste, daß
der Mensch sich durch das Denken vom Tier unterscheidet, und doch ist es vergessen.
Gott ist das an und für
sich ewige Wesen; und das an und für sich
Allgemeine ist Gegenstand des Denkens, nicht des Gefühls.
Wohl muß alles Geistige, jeder Inhalt des Bewußtseins, das,
was Produkt und Gegenstand des Denkens ist, vor allem Religion und Sittlichkeit,
auch in der Weise des Gefühls in dem Menschen sein und ist es zunächst.
Aber das Gefühl ist nicht die Quelle, aus
der dem Menschen dieser Inhalt zuströmt, sondern
nur die Art und Weise, wie er sich in ihm findet, und
ist die schlechteste Form, eine Form, die er mit dem Tiere gemein hat.
Was substanziell ist, muß auch in
Form des Gefühls sein, aber es ist auch in anderer
höherer, würdigerer Form. Wenn man aber das
Sittliche, Wahre, den geistigsten Inhalt, notwendig ins Gefühl versetzen
und ihn allgemein darin zurückhalten wollte, so würde man ihn wesentlich
der tierischen Form zuschreiben; diese ist aber des geistigen Inhalts gar nicht
fähig. Das Gefühl ist die niedrigste Form, in
der irgend ein Inhalt sein kann; so gering als möglich ist er darin
vorhanden. Er ist, solange er bloß im Gefühle bleibt, noch eingehüllt
und ganz unbestimmt. Etwas, das man im
Gefühle hat, ist noch ganz subjektiv und in subjektiver Weise vorhanden.
Sagt man: ich fühle so, dann hat man sich in sich abgeschlossen.
Jeder andere hat dasselbe Recht zu sagen: ich aber fühle es nicht so; und
man hat sich aus dem gemeinsamen Boden zurückgezogen.
In ganz partikulären Sachen ist das Gefühl ganz
im Rechte. Aber für irgend einen Inhalt versichern zu wollen, alle
Menschen hätten das in ihrem Gefühl, widerspricht dem Standpunkte
des Gefühls, auf den man sich doch gestellt hat, dem
Standpunkte der besondern Subjektivität eines jeden. So wie ein
Inhalt ins Gefühl kommt, ist jedermann auf seinen subjektiven Standpunkt
reduziert. Wollte jemand einen, der nur nach seinem Gefühl handelt, mit
diesem oder jenem Beinamen belegen, so hätte dieser das Recht, das zurückzugeben;
und beide wären von ihrem Standpunkte aus berechtigt, sich zu
injuriieren. Sagt jemand, er habe Religion
im Gefühl, und ein anderer, er finde im Gefühl keinen Gott,
so hat jeder Recht. Wenn man auf diese Weise den göttlichen
Inhalt, — die Offenbarung Gottes, das Verhältnis
des Menschen zu Gott, das Sein
Gottes für den Menschen —, auf
das bloße Gefühl reduziert, so beschränkt
man es auf den Standpunkt der besondern Subjektivität,
der Willkür, des Beliebens. In der Tat hat man sich damit die
an und für sich seiende Wahrheit vom Halse geschafft. Wenn nur die
unbestimmte Weise des Gefühls da ist und kein Wissen
von Gott und von seinem Inhalt, so ist nichts übrig
als mein Belieben; das Endliche
ist das Geltende und Herrschende. Ich weiß
nichts von Gott; also kann es auch mit nichts
ernst sein, was in der Beziehung beschränkend
sein soll.
Das Wahre ist ein in sich
Allgemeines, Wesenhaftes, Substanzielles; und solches ist allein im und für
den Gedanken. Das Geistige
aber, das, was wir Gott nennen, ist eben die wahrhaft
substanzielle und in sich wesentlich individuelle
subjektive Wahrheit. Es ist das Denkende, und das Denkende ist in sich
schaffend; als solches finden wir es in der Weltgeschichte.
Alles andere, was wir noch Wahres nennen,
ist nur eine besondere Form dieser ewigen Wahrheit, hat
seinen Halt nur in ihr, ist nur ein Strahl derselben.
Weiß man von dieser nichts, so weiß man von nichts
Wahrem, von nichts Rechtem, nichts Sittlichem.
—
Was ist nun der Plan der Vorsehung in der Weltgeschichte? Ist die Zeit gekommen,
ihn einzusehen? Nur dies Allgemeine [will ich
hier] bemerken.
In der christlichen Religion
hat Gott sich geoffenbart,
d. h. er hat den Menschen zu erkennen gegeben, was er ist, so daß er nicht
mehr ein Verschlossenes, Geheimes sei. Es ist mit dieser Möglichkeit, Gott
zu erkennen, uns die Pflicht dazu auferlegt, und die Entwickelung
des denkenden Geistes, welche aus dieser Grundlage, [aus] der Offenbarung
des göttlichen Wesens, ausgegangen ist, muß dazu endlich gedeihen,
das, was dem fühlenden und vorstehenden Geiste zunächst vorgelegt
worden, auch mit dem Gedanken zu erfassen. Ob es an der Zeit ist zu erkennen,
muß davon abhängen, ob das, was Endzweck der
Welt ist, endlich auf allgemeingültige, bewußte Weise in die
Wirklichkeit getreten ist.
Nun ist das Ausgezeichnete der christlichen Religion,
daß mit ihr diese Zeit gekommen ist; dies macht die absolute Epoche in
der Weltgeschichte aus. Es ist offenbar geworden,
was die Natur Gottes
sei. Sagt man: wir wissen von Gott
nichts, so ist die christliche Religion
etwas Überflüssiges, zu
spät Gekommenes, Verkommenes. In der christlichen
Religion weiß man, was Gott ist. Allerdings
ist der Inhalt auch für unser Gefühl; aber weil es geistiges Gefühl
ist, so ist er auch wenigstens für die Vorstellung, nicht bloß für
die sinnliche, sondern auch für die denkende, für das eigentliche
Organ, in dem Gott für den Menschen ist. Die christliche Religion ist diejenige,
die den Menschen die Natur und das Wesen Gottes
manifestiert hat. So wissen wir als Christen, was
Gott ist; jetzt ist Gott
nicht mehr ein Unbekanntes: behaupten wir dies noch, so sind wir
nicht Christen. Die christliche Religion verlangt
die Demut, von der wir schon gesprochen haben,
nicht aus sich, sondern aus dem göttlichen
Wissen und
Erkennen Gott zu erkennen.
Die Christen sind also in die Mysterien Gottes
eingeweiht, und so ist uns auch der Schlüssel zur
Weltgeschichte gegeben. Hier gibt es eine bestimmte
Erkenntnis der Vorsehung und ihres Plans. Im Christentum
ist es Hauptlehre, daß die Vorsehung die Welt beherrscht
hat und beherrscht, daß, was in der Welt
geschieht, in der göttlichen Regierung bestimmt,
dieser gemäß ist. Diese Lehre richtet sich gegen die Vorstellung
des Zufalls wie der beschränkten Zwecke, z. B. der Erhaltung des
jüdischen Volkes. Es ist der an und für sich
seiende, ganz allgemeine Endzweck. In der Religion
wird über diese allgemeine Vorstellung nicht hinausgegangen; sie bleibt
bei der Allgemeinheit stehen. Aber dieser allgemeine Glaube
ist es, aus dem man zunächst zur Philosophie
und auch zur Philosophie
der Weltgeschichte treten muß,
der Glaube, daß die Weltgeschichte
ein Produkt der ewigen Vernunft ist und Vernunft ihre großen Revolutionen
bestimmt hat.
Es ist deshalb zu sagen, daß auch absolut
die Zeit gekommen sei, wo diese Überzeugung, Gewißheit,
nicht nur in der Weise der Vorstellung bleiben kann, sondern wo sie auch gedacht,
entwickelt, erkannt wird, — ein bestimmtes
Wissen. Der Glaube läßt sich
nicht ein auf Entwickelung des Inhalts, Einsicht in die
Notwendigkeit, — das gibt erst die Erkenntnis. Darin, daß
der Geist nicht still steht, liegt es, daß
solche Zeit kommen muß; die höchste Spitze
des Geistes, der Gedanke, Begriff verlangt sein Recht, seine allgemeinste,
wesentliche Wesenheit ist die eigentliche Natur
des Geistes.
Die Unterscheidung von Glauben und Wissen ist ein geläufiger
Gegensatz geworden. Es gilt als ausgemacht, daß sie verschieden
seien, und daß man deshalb von Gott nichts
wisse. Man kann die Menschen damit
verscheuchen, wenn man ihnen sagt, man wolle Gott
erkennen, wissen, und diese Erkenntnis darstellen. In seiner wesentlichen
Bestimmung ist aber dieser Unterschied tatsächlich
etwas Leeres. Denn was ich glaube, das weiß
ich auch, dessen bin ich gewiß. In der Religion
glaubt man an Gott
und an die Lehren, die seine Natur näher explizieren; aber man weiß
es auch, ist dessen gewiß. Wissen heißt, etwas als Gegenstand vor
seinem Bewußtsein haben und dessen gewiß sein; und genau dasselbe
ist Glauben auch. Das Erkennen dagegen sieht sowohl die Gründe, die
Notwendigkeit des gewußten Inhaltes, auch des Glaubensinhaltes
ein, abgesehen von der Autorität der Kirche
und des Gefühls, die ein Unmittelbares ist, und entwickelt andererseits
auch den Inhalt in seinen nähern Bestimmungen. Diese nähern Bestimmungen
müssen zunächst gedacht werden, damit man sie richtig erkennen, sie
in ihrer konkreten Einheit innerhalb des
Begriffs erhalten könne.
Wenn dann von Vermessenheit des Erkennens gesprochen
wird, so ließe sich die Wendung nehmen, daß vom Erkennen keinerlei
Aufhebens zu machen sei, indem es ja nur der Notwendigkeit
zusehe und die Entwickelung des Inhalts in sich
selbst vor ihm sich entfalte. Auch könnte man sagen, dieses Erkennen
sei darum nicht für Vermessenheit auszugeben, weil es sich von dein, was
wir Glauben nennen, nur durch das Wissen des Besondern unterscheide. Aber diese
Wendung wäre doch schief und falsch in sich selbst. Denn die
Natur des Geistigen ist nicht, ein Abstraktum
zu sein, sondern ein Lebendiges, ein allgemeines Individuum, subjektiv,
sich in sich selbst bestimmend, beschließend zu
sein. Deshalb wird die Natur
Gottes nur dann wahrhaft gewußt,
wenn man ihre Bestimmungen kennt. So spricht auch das Christentum
von Gott, es erkennt ihn als Geist,
und das ist nicht das Abstrakte, sondern der Prozeß
in sich selbst, der absolute Unterschiede setzt,
mit denen die christliche Religion eben
die Menschen bekannt gemacht hat.
Gott will nicht engherzige Gemüter und leere
Köpfe zu seinen Kindern, sondern
er verlangt, daß man ihn erkenne, er will Kinder
haben, deren Geist an sich arm, aber reich an Erkenntnis
seiner ist, und die in die Erkenntnis Gottes
allen Wert setzen. Die Geschichte ist die Entfaltung der
Natur Gottes in einem besondern bestimmten Element, so kann hier keine
andere als eine bestimmte Erkenntnis genügen und stattfinden.
Es muß endlich an der Zeit sein, auch diese
reiche Produktion der schöpferischen Vernunft zu begreifen, welche die
Weltgeschichte ist. — Unsere Erkenntnis geht darauf, die Einsicht zu gewinnen,
daß das von der ewigen Weisheit Bezweckte, wie auf dem Boden der Natur,
so auf dem Boden des in der Welt wirklichen und tätigen [Geistes] herausgekommen
ist. Unsere Betrachtung ist insofern eine Theodizee,
eine Rechtfertigung Gottes,
welche Leibniz metaphysisch
auf seine Weise in noch abstrakten, unbestimmten Kategorien versucht hat: das
Übel in der Welt überhaupt, das Böse
mit inbegriffen, sollte begriffen, der denkende Geist mit dem Negativen
versöhnt werden; und es ist in der Weltgeschichte,
daß die ganze Masse des konkreten Übels
uns vor die Augen gelegt wird. (In der Tat liegt
nirgend eine größere Aufforderung zu solcher
versöhnenden Erkenntnis als in der Weltgeschichte,
und es ist hierbei, daß wir einen Augenblick verweilen wollen.)
Diese Aussöhnung kann nur durch die Erkenntnis des
Affirmativen erreicht werden, in welchem jenes Negative
zu einem Untergeordneten und Überwundenen verschwindet, durch das Bewußtsein,
teils was in Wahrheit der Endzweck der Welt sei,
teils daß derselbe in ihr verwirklicht worden sei und nicht
das Böse neben ihm ebensosehr und gleich mit
ihm sich geltend gemacht habe.
Die Rechtfertigung geht darauf hinaus, das Übel
gegenüber der absoluten Macht der Vernunft
begreiflich zu machen, Es handelt sich um die Kategorie
des Negativen, von der vorher die Rede war, und
die uns sehen läßt, wie in der Weltgeschichte
das Edelste und Schönste auf ihrem Altar geopfert wird. Dabei, daß
einzelne Individuen gekränkt worden sind, kann die Vernunft nicht stehen
bleiben; besondere Zwecke verlieren sich in dem Allgemeinen.
Sie sieht in dem Entstehen und Vergehen das Werk, das
aus der allgemeinen Arbeit des Menschengeschlechtes hervorgegangen ist,
ein Werk, das wirklich in der Welt ist, der wir angehören. Das Erscheinende
hat sich ohne unser Zutun zu einem Wirklichen gestaltet; es ist nur das
Bewußtsein, und zwar das denkende Bewußtsein nötig, es aufzufassen.
Denn jenes Affirmative ist eben nicht
bloß im Genusse des Gefühls, der Phantasie, sondern es ist
etwas, das der Wirklichkeit angehört und
uns angehört oder dem wir angehören.
Die Vernunft, von der gesagt worden, daß sie
die Welt regiere, ist ein ebenso unbestimmtes Wort als die Vorsehung, —
man spricht immer von der Vernunft, ohne eben angeben zu können, was denn
ihre Bestimmung, ihr Inhalt ist, was das Kriterium sei, wonach wir beurteilen
können, ob etwas vernünftig ist oder unvernünftig. Die Vernunft
in ihrer Bestimmung gefaßt, dies ist erst
die Sache; das andere, wenn man eben so bei der
Vernunft überhaupt stehen bleibt, das sind nur Worte. [...] S.43-49
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte,
Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, HamburgVerhältnis
Mensch (Individuum), Volksgeist und Weltgeist (Gott)
in der Weltgeschichte
Den Kaiser [Napoleon]
– diese Weltseele
– sah ich durch die Stadt zum Rekognizieren [Erkunden]
hinausreiten; - es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum
zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert,
auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift
und sie beherrscht. (Aus dem Brief an Niethammer
vom 13.10.1806Wie in der Natur des Polypen ebenso die Totalität
des Lebens ist als in der Natur der Nachtigall und des Löwen, so
hat der Weltgeist in jeder
Gestalt sein dumpferes oder entwickelteres, aber absolutes Selbstgefühl
und in jedem Volke, unter jedem Ganzen von Sitten und Gesetzen sein Wesen und
seiner selbst genossen. S.522
Aus. G.W.F. Hegel: Jenaer Schriften 1801-1807, Werke 2, suhrkamp taschenbuch
wissenschaft stw 602Der Mensch ist, was er sein soll, nur durch
Bildung, durch Zucht; was er unmittelbar ist, ist nur die Möglichkeit,
es zu sein, d. h. vernünftig, frei zu sein, nur die
Bestimmung, das Sollen. Das Tier ist bald fertig mit seiner Bildung;
aber das darf man nicht als eine Wohltat der Natur für das Tier betrachten.
Sein Wachstum ist nur ein quantitatives Erstarken. Der
Mensch dagegen muß sich selbst zu dem machen, was
er sein soll; er muß sich alles erst selbst
erwerben, eben weil er Geist ist; er
muß das Natürliche abschütteln. Der Geist
ist also sein eigenes Resultat.
Das erhabenste Beispiel gibt die Natur
Gottes selbst; eigentlich ist sie nicht ein Beispiel (Bei-her-spiel),
sondern das Allgemeine, das Wahre
selbst, von dem alles Andere ein Beispiel ist. Die ältern Religionen
haben Gott zwar auch Geist
genannt; allein das war noch bloß ein Name und noch nicht so gefaßt,
daß die Natur des Geistes expliziert worden wäre. In der jüdischen
Religion ist der Geist auch nur erst allgemein
vorgestellt. Im Christentum aber ist Gott als Geist
offenbart, und zwar ist er zuerst Vater,
Macht, abstrakt Allgemeines,
das noch eingehüllt ist, zweitens ist er sich
als Gegenstand, ein Anderes seiner
selbst, ein sich Entzweiendes,
der Sohn. Dieses Andere seiner
selbst ist aber ebenso unmittelbar er selbst;
er weiß sich darin und schaut sich darin an,
— und eben dieses Sichwissen und Sichanschauen
ist drittens der Geist selber.
Das heißt, das Ganze ist der Geist,
weder das Eine noch das
Andere für sich allein. Gott in
der Weise der Empfindung ausgesprochen ist die ewige
Liebe, dies, das Andere als sein Eigenes
zu haben. Diese Dreifaltigkeit ist es, wodurch
die christliche Religion höher steht als die
andern Religionen. Wäre sie ohne diese, so könnte es sein, daß
der Gedanke in andern Religionen mehr fände. Sie ist das
Spekulative darin, und dies ist es, wodurch die
Philosophie auch in ihr die Idee der Vernunft
findet. —
Das nächste ist, daß wir den Geist, den
wir als Bewußtsein seiner wesentlich fassen,
näher in seiner Gestaltung nicht als einzelnes menschliches Individuum
betrachten. Der Geist ist wesentlich Individuum; aber
in dem Elemente der Weltgeschichte haben wir es
nicht mit Einzelnem oder
mit der Beschränkung und dem Zurückgehen
auf die partikulare Individualität zu tun. Der Geist in der Geschichte
ist ein Individuum, das allgemeiner Natur, dabei aber ein bestimmtes ist, d.
h. ein Volk überhaupt; und der Geist,
mit dem wir es zu tun haben, ist der Volksgeist.
Die Volksgeister aber unterscheiden
sich wieder nach der Vorstellung, die
sie sich von sich selber machen, nach der Oberflächlichkeit oder
Tiefe, in der sie das, was der Geist ist, gefaßt, ergründet haben.
Das Recht des Sittlichen bei den Völkern ist das
Bewußtsein des Geistes von sich; sie sind der Begriff,
den der Geist von sich hat. Also
die Vorstellung des Geistes ist es, die sich in der Geschichte realisiert.
Was der Geist von sich weiß, davon hängt
das Bewußtsein des Volkes ab; und das letzte Bewußtsein, worauf
alles ankommt, ist dies, daß der Mensch frei
sei.
Das Bewußtsein des Geistes
muß sich in der Welt gestalten; das Material dieser Realisierung,
ihr Boden ist nichts anderes als das allgemeine Bewußtsein,
das Bewußtsein eines
Volkes. Dieses Bewußtsein enthält und nach ihm richten sich
alle Zwecke und Interessen des Volks; dieses Bewußtsein
macht des Volkes Rechte, Sitten, Religion aus. Es ist das Substanzielle des
Geistes eines Volks, auch wenn die Individuen es
nicht wissen, sondern es als eine Voraussetzung ausgemacht dasteht.
Es ist wie eine Notwendigkeit; das Individuum wird
in dieser Atmosphäre erzogen, weiß von nichts anderm. Doch aber ist
es nicht bloß Erziehung und Folge von Erziehung;
sondern dies Bewußtsein wird aus dem Individuum
selbst entwickelt, nicht ihm angelehrt: das Individuum ist in dieser
Substanz. Diese allgemeine Substanz ist nicht das Weltliche;
das Weltliche strebt ohnmächtig dagegen.
Kein Individuum kann über diese Substanz hinaus;
es kann sich wohl von andern einzelnen Individuen unterscheiden, aber nicht
von dem Volksgeist. Es kann geistreicher
sein als viele andere, nicht aber kann es den Volksgeist
übertreffen. Die Geistreichen sind
nur die, die von dem Geiste des Volkes wissen und sich danach
zu richten wissen. Diese sind die Großen
eines Volks, sie lenken das Volk dem allgemeinen
Geiste gemäß. Die Individualitäten
also verschwinden für uns und gelten uns nur als diejenigen, die das in
Wirklichkeit setzen, was der Volksgeist will.
In der philosophischen Betrachtung der Geschichte muß man absehen von
solchen Ausdrücken wie: ein Staat wäre nicht zugrunde gegangen, wenn
ein Mann dagewesen wäre, der usw. Die Individuen
verschwinden vor dem allgemeinen Substanziellen, und dieses bildet sich seine
Individuen selbst, die es zu seinem Zwecke nötig hat. Aber die Individuen
hindern nicht, daß geschieht, was geschehen muß.
Der Volksgeist ist zugleich
wesentlich ein besonderer, zugleich nichts als der absolute
allgemeine Geist, — denn der ist Einer.
Der Weltgeist ist
der Geist der Welt,
wie er sich im menschlichen Bewußtsein expliziert;
die Menschen verhalten sich zu diesem als Einzelne zu dem Ganzen, das ihre Substanz
ist. Und dieser Weltgeist ist gemäß
dem göttlichen Geiste, welcher der
absolute Geist ist. Insofern Gott allgegenwärtig
ist, ist er bei jedem Menschen, erscheint im Bewußtsein eines jeden; und
dies ist der Weltgeist.
Der besondere Geist eines besondern Volkes kann
untergehen; aber er ist ein
Glied in der Kette des Ganges des Weltgeistes,
und dieser allgemeine Geist kann nicht untergehen.
Der Volksgeist ist so der
allgemeine Geist in einer besondern Gestaltung, über die er an sich
erhaben ist, die er aber hat, insofern er existiert: mit dem Dasein, mit der
Existenz tritt die Besonderheit ein.
Die Besonderheit des Volksgeistes
besteht in der Art und Weise seines Bewußtseins, das er sich über
den Geist macht. Im gewöhnlichen Leben sprechen wir so: dies
Volk hat diese Vorstellung von Gott gehabt, diese
Religion, dies Recht; über Sittlichkeit
hat es sich solche Vorstellungen gemacht. Wir sehen das alles etwa wie
äußerliche Gegenstände an, die ein Volk gehabt habe. Aber bei
oberflächlicher Betrachtung schon merken wir, daß diese Dinge geistiger
Art sind und keine andere Art ihrer Wirklichkeit haben können als der
Geist ist, das Bewußtsein des Geistes
vom Geist.
Dieses aber ist, wie gesagt, zugleich Selbstbewußtsein.
Hier können wir in das Mißverständnis
geraten, daß ich von mir beim Selbstbewußtsein
die Vorstellung als von dem zeitlichen Individuum
habe. Das ist eine Schwierigkeit der philosophischen Seite, daß die meisten
dabei denken, sie enthalte nichts als die besondere empirische Existenz des
Individuums.
Der Geist aber im Bewußtsein
des Geistes ist frei; darin hat er die zeitliche,
beschränkte Existenz aufgehoben und verhält sich zum reinen
Wesen, das sein Wesen zugleich ist. Wenn das göttliche
Wesen nicht das Wesen von Mensch und Natur wäre,
so wäre es eben ein Wesen, das nichts wäre.
Selbstbewußtsein ist also ein philosophischer Begriff, der nur
in philosophischer Darstellung seine volle Bestimmtheit erlangen kann. Indem
wir dies so festgesetzt sein lassen, ist das Weitere, daß das bestimmte
Volksbewußtsein das Bewußtsein
über sein Wesen ist.
Der Geist ist sich zunächst der Gegenstand; solange er es wohl für
uns ist, aber sich selbst noch nicht darin erkennt, ist er noch nicht nach seiner
wahrhaften Weise sein Gegenstand. Das Ziel aber ist, daß
gewußt werde, daß er nur auf das dringt, selbst zu wissen, wie er
an und für sich selbst ist, daß er sich in seiner Wahrheit für
sich selbst zur Erscheinung bringt, — daß er eine
geistige Welt hervorbringe, die dem Begriffe seiner
selbst gemäß ist, seine Wahrheit vollbringe, verwirkliche,
daß Religion, Staat
so von ihm produziert werden, daß
er seinem Begriffe gemäß, daß
er sein in der Wahrheit oder die Idee seiner selbst sei,
— Idee ist die Realität, die nur der Spiegel,
der Ausdruck des Begriffes ist, — so ist das allgemeine
Ziel des Geistes und der Geschichte gefaßt; und wie der Keim die
ganze Natur des Baumes, den Geschmack, die Form der Früchte in sich trägt,
so enthalten auch schon die ersten Spuren des Geistes virtualiter die ganze
Geschichte. S.58ff. [...]
Die Volksgeister sind die
Glieder in dem Prozesse, daß der Geist zur
freien Erkenntnis seiner selbst komme. Die Völker aber sind Existenzen
für sich, — wir haben es hier nicht mit dem Geiste an sich zu tun
—, als solche haben sie ein natürliches Dasein. Sie
sind Nationen, und insofern ist ihr Prinzip ein natürliches; und
weil die Prinzipien unterschieden sind, so sind auch die Völker
natürlich unterschieden. Jedes hat sein eigenes Prinzip, dem es als seinem
Zwecke nachstrebt; hat es diesen Zweck erreicht, dann hat es nichts mehr in
der Welt zu tun.
Der Geist eines Volkes ist also zu betrachten als
die Entwickelung des Prinzips,
das in die Form eines dunkeln Triebes eingehüllt
ist, der sich herausarbeitet, sich objektiv zu machen strebt. Ein
solcher Volksgeist ist ein bestimmter Geist, ein konkretes Ganzes; er
muß in seiner Bestimmtheit erkannt werden.
Weil er Geist ist, läßt er sich nur geistig, durch den Gedanken fassen,
und wir sind es, die den Gedanken erfassen; ein Weiteres ist dann, daß
auch der Volksgeist selbst sich denkend erfaßt. Wir haben also den bestimmten
Begriff, das Prinzip dieses Geistes zu betrachten.
Dies Prinzip ist in sich sehr reich und entfaltet
sich mannigfach; denn der Geist ist lebendig und
wirkend, und es ist ihm um das Produkt seiner selbst
zu tun. Er allein ist es, der in allen Taten und
Richtungen des Volkes sich hervortreibt, der sich zu seiner Verwirklichung,
zum Selbstgenusse und Selbsterfassen bringt. Seine Entfaltung
sind Religion, Wissenschaft,
Künste, Schicksale, Begebenheiten.
Dieses, nicht die Naturbestimmtheit des Volkes (wie
die Ableitung des Wortes natio von nasci nahelegen könnte) geben
dem Volke seinen Charakter.
In seinem Wirken weiß der Volksgeist zunächst
nur von den Zwecken seiner bestimmten Wirklichkeit,
noch nicht von sich selber. Er selbst hat aber den Trieb,
seine Gedanken zu fassen. Seine höchste Tätigkeit ist Denken, und
so ist er in seiner höchsten Wirkung tätig, sich selbst zu fassen.
Es ist das Höchste für den Geist, sich zu wissen, sich nicht nur zur
Anschauung, sondern auch zum Gedanken seiner selbst zu
bringen. Dies muß und wird er auch vollbringen; aber diese Vollbringung
ist zugleich sein Untergang und dieser das Hervortreten
einer andern Stufe, eines andern Geistes. Der einzelne
Volksgeist vollbringt sich, indem er den Übergang zu dem Prinzip
eines andern Volkes macht, und so ergibt sich ein Fortgehen,
Entstehen, Ablösen der Prinzipien der
Völker. Worin der Zusammenhang
dieser Bewegung bestehe, das aufzuzeigen, ist die Aufgabe
der philosophischen Weltgeschichte. S.64f.
[...]
Was ihre Taten sind, das sind die Völker. Die Taten
sind ihr Zweck. Der Geist handelt wesentlich,
er macht sich zu dem, was er an sich ist, zu seiner Tat, zu seinem Werk; so
wird er sich Gegenstand, so hat er sich als ein Dasein vor sich. So der
Geist eines Volkes; sein Tun ist, sich zu einer vorhandenen Welt
zu machen, die auch im Raume besteht; seine Religion,
Kultus, Sitten, Gebräuche, Kunst, Verfassung,
politische Gesetze, der ganze Umfang seiner Einrichtungen,
seine Begebenheiten und Taten, das ist sein Werk, — das ist dies Volk.
Diese Empfindung hat jedes Volk. Das Individuum
findet das Sein des Volkes dann als eine bereits fertige,
feste Welt vor sich, der es sich einzuverleiben hat. Es hat sich dieses
substanzielle Sein anzueignen, daß dieses
seine Sinnesart und Geschicklichkeit werde, auf
daß es selbst etwas sei. Das
Werk ist vorhanden, und die Individuen haben sich
ihm anzubilden, ihm gemäß zu machen. Wenn wir die Periode
dieses Hervorbringens betrachten, so finden wir, daß hier das Volk für
den Zweck seines Geistes handelt, und nennen es sittlich, tugendhaft, kräftig,
weil es das, was der innere Wille
seines Geistes ist, hervorbringt
und sein Werk in der Arbeit seiner Objektivierung auch gegen äußere
Gewalt verteidigt. Hier findet die Absonderung der Individuen von dem
Ganzen noch nicht statt; sie tritt erst später in der Periode der Reflexion
hervor. Hat das Volk sich so zu seinem Werke gemacht, so ist der Zwiespalt zwischen
dem Ansich, was es in seinem Wesen ist, und der Wirklichkeit aufgehoben, und
es hat sich befriedigt: was es an sich ist, hat es als seine Welt hingestellt.
In diesem seinem Werke, seiner Welt genießt sich nun der
Geist.
Das Nächste ist nun, was eintritt, wenn der Geist
hat, was er will. Seine Tätigkeit ist nicht
mehr erregt, seine substanzielle Seele nicht mehr
in Tätigkeit. Sein Tun steht nur mehr
in entfernterem Zusammenhange mit seinen
höchsten Interessen. Ich habe Interesse für etwas nur,
insofern es mir noch verborgen oder für meinen Zweck notwendig, dieser
aber noch nicht erfüllt ist. Indem also das Volk
sich ausgestaltet, seinen Zweck erreicht hat. schwindet sein tieferes Interesse.
Der Volksgeist ist ein natürliches
Individuum; als ein solches blüht er auf,
ist stark, nimmt ab und stirbt. Es liegt in der
Natur der Endlichkeit, daß der beschränkte
Geist vergänglich ist. Er ist
lebendig und insofern wesentlich Tätigkeit; mit dem Hervorbringen seiner
selbst, der Produktion, der Verwirklichung seiner selbst ist er beschäftigt.
Ein Gegensatz ist vorhanden, sofern die
Wirklichkeit seinem
Begriffe noch nicht gemäß oder sofern der
innere Begriff seiner noch nicht zum Selbstbewußtsein
gebracht worden ist. Sobald aber der Geist sich seine Objektivität
in seinem Leben gegeben hat, sobald er den Begriff seiner
ganz herausgearbeitet und ihn ganz zur Ausführung gebracht hat, so
ist er, wie gesagt, zum Genusse seiner selbst gekommen,
der nicht mehr Tätigkeit, der ein widerstandsloses
Ergehen seiner durch sich selbst ist. In die Periode, wo der Geist noch tätig
ist, fällt die schönste Zeit, die Jugend eines Volkes; da haben die
Individuen den Drang, ihr Vaterland zu erhalten, den Zweck ihres Volkes geltend
zu machen. Ist das vollbracht, tritt die Gewohnheit des Lebens ein; und
wie der Mensch an der Gewohnheit des Lebens erstirbt,
so auch der Volksgeist an dem Genusse seiner selbst.
Wenn der Geist des Volkes seine Tätigkeit durchgesetzt
hat, dann hört die Regsamkeit und das Interesse auf; das Volk lebt
in dem Übergange vom Mannesalter ins Greisenalter,
im Genusse des Erreichten. Vorher war ein
Bedürfnis, eine Not, hervorgetreten; sie ist durch irgend eine Einrichtung
befriedigt worden und nicht mehr vorhanden. Dann ist auch die Einrichtung aufzuheben,
und es tritt bedürfnislose Gegenwart ein. Vielleicht hat sich das Volk
auch, manche Seite seines Zweckes aufgehend, mit einem geringem Umfange begnügt.
Wenn seine Einbildung auch darüber hinausging, so hat es dieselbe als Zweck
aufgegeben, wenn die Wirklichkeit sich nicht dazu darbot, und hat den Zweck
nach dieser beschränkt. Es lebt nun in der Befriedigung des erreichten
Zwecks, verfällt in die Gewohnheit, in der keine Lebendigkeit mehr ist,
und geht so seinem natürlichen Tode entgegen. Es
kann noch viel tun in Krieg und Frieden, im Innern und Äußern; es
kann noch lange fortvegetieren. Es regt sich; aber diese Regsamkeit ist bloß
die der besondern Interessen der Individuen, nicht mehr das Interesse des Volkes
selbst. Das größte, höchste Interesse hat sich aus dem
Leben verloren; denn Interesse ist nur vorhanden, wo Gegensatz ist.
Der natürliche Tod des Volksgeistes kann sich
als politische Nullität zeigen. Er ist das,
was wir die Gewohnheit nennen.
Die Uhr ist aufgezogen und geht von selber fort. Die
Gewohnheit ist ein gegensatzloses Tun, dem nur - die
formelle Dauer übrig sein kann, und in dem die Fülle
und Tiefe des Zwecks nicht mehr zur Sprache zu kommen braucht ,—
eine gleichsam äußerliche, sinnliche Existenz,
die sich nicht mehr in die Sache vertieft. So sterben Individuen, so
sterben Völker eines natürlichen Todes; wenn letztere auch
fortdauern, so ist es eine interesselose, unlebendige Existenz, die ohne das
Bedürfnis ihrer Institutionen ist, eben weil das Bedürfnis befriedigt
ist, — eine politische Nullität und Langeweile.
Das Negative erscheint dann nicht als Zwiespalt, Kampf;
so z. B. bei den alten Reichsstädten, die in sich unschuldig aufgehört
haben, ohne daß sie gewußt haben, wie ihnen geschah. Bei
solchem Tode kann sich ein Volk recht gut befinden, obwohl es aus dem
Leben der Idee herausgetreten
ist. Es dient dann als Material eines höhern
Prinzips, wird Provinz eines andern Volkes, in dem ein höheres
Prinzip gilt. Das Prinzip aber, zu dem ein Volk gelangt ist, ist
ein Wirkliches; auch wenn es in der Gewohnheit
seinen Tod findet, so kann es doch als ein Geistiges
nicht aussterben, sondern
es drängt sich zu einem Höhern durch.
Die Vergänglichkeit ist es, die
uns erschüttern kann, die wir aber tiefer
als notwendig erkennen in der höhern Idee
des Geistes. Da ist der Geist so gesetzt, daß
er dadurch seinen absoluten Endzweck vollbringt; und
so müssen wir mit seiner Vergänglichkeit
versöhnt werden.
Der besondere Volksgeist
ist der Vergänglichkeit unterworfen,
geht unter, verliert die Bedeutung für die Weltgeschichte, hört auf,
der Träger des höchsten Begriffs zu sein, den der Geist von sich gefaßt
hat. Denn jedesmal das Volk ist an der Zeit und das regierende, das den
höchsten Begriff des Geistes gefaßt hat. Es kann sein, daß
Völker von nicht so hohen Begriffen bleiben; aber
sie sind in der Weltgeschichte auf die Seite gesetzt. S.
66ff. [...]
Der Geist ist frei; und sich
dies sein Wesen wirklich zu machen, diesen Vorzug zu erreichen, ist das
Bestreben des Weltgeistes in der Weltgeschichte.
Sich zu wissen und zu erkennen ist seine Tat, die aber nicht mit einem Male,
sondern im Stufengange vollbracht wird. Jeder
einzelne neue Volksgeist ist eine neue
Stufe in der Eroberung des Weltgeistes,
zur Gewinnung seines Bewußtseins, seiner Freiheit. Der Tod
eines Volksgeistes ist Übergang
ins Leben, und zwar nicht so wie in der Natur, wo der Tod des einen ein
anderes Gleiches ins Dasein ruft. Sondern der Weltgeist schreitet aus niedern
Bestimmungen zu höheren Prinzipien, Begriffen seiner selbst, zu
entwickelteren Darstellungen seiner Idee vor. S.73
[...]
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte,
Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, Hamburg
Die heroischen Seelenführer
Ein anderes ist es in den großen geschichtlichen Verhältnissen. Hier
ist es gerade, wo die großen Kollisionen zwischen den bestehenden, anerkannten
Pflichten, Gesetzen und Rechten und den Möglichkeiten entstehen, welche
diesem System entgegengesetzt sind, es verletzen, ja seine Grundlage und Wirklichkeit
zerstören und zugleich einen Inhalt haben, der auch gut, im großen
vorteilhaft, wesentlich und notwendig scheinen kann. Diese Möglichkeiten
nun werden geschichtlich; sie schließen ein Allgemeines anderer Art in
sich als das Allgemeine, das in dem Bestehen eines Volkes oder Staates die Basis
ausmacht. Dies Allgemeine ist ein Moment der produzierenden Idee, ein Moment
der nach sich selbst strebenden und treibenden Wahrheit. Die geschichtlichen
Menschen, die welthistorischen Individuen sind
diejenigen, in deren Zwecken ein solches Allgemeines liegt.
Cäsar in Gefahr, die Stellung, wenn auch etwa
noch nicht des Übergewichts, doch wenigstens der Gleichheit, zu der er
sich neben den anderen, die an der Spitze des Staates standen, erhoben hatte,
zu verlieren und denen, die im Übergange sich befanden, seine Feinde zu
werden, zu unterliegen, gehört wesentlich hierher. Diese Feinde, welche
zugleich die Seite ihrer persönlichen Zwecke beabsichtigten, hatten die
formelle Staatsverfassung und die Macht des rechtlichen Scheins für sich.
Cäsar kämpfte im Interesse, sich seine Stellung, Ehre und Sicherheit
zu erhalten, und der Sieg über seine Gegner, indem ihre Macht die Herrschaft
über die Provinzen des Römischen Reichs war, wurde zugleich die Eroberung
des ganzen Reichs: so wurde er mit Belassung der Form der Staatsverfassung der
individuelle Gewalthaber im Staate. Was ihm so die Ausführung seines zunächst
negativen Zwecks erwarb, die Alleinherrschaft Roms, war aber zugleich an sich
notwendige Bestimmung in Roms und in der Welt Geschichte, so dass sie nicht
nur sein partikulärer Gewinn, sondern ein Instinkt war, der das vollbrachte,
was an und für sich an der Zeit war. Dies
sind die großen Menschen in der Geschichte, deren eigene partikuläre
Zwecke das Substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist.
Sie sind insofern Heroen zu
nennen, als sie ihre Zwecke und ihren Beruf nicht bloß aus dem ruhigen,
geordneten, durch das bestehende System geheiligten Lauf der Dinge geschöpft
haben, sondern aus einer Quelle, deren Inhalt verborgen und nicht zu einem gegenwärtigen
Dasein gediehen ist, aus dem innern Geiste, der noch unterirdisch ist, der an
die Außenwelt wie an die Schale pocht und sie sprengt, weil er ein anderer
Kern als der Kern dieser Schale ist, — die also aus sich zu schöpfen
scheinen und deren Taten einen Zustand und Weltverhältnisse hervorgebracht
haben, welche nur ihre Sache und
ihr Werk zu sein scheinen.
Solche Individuen hatten in diesen ihren Zwecken nicht das Bewusstsein der Idee
überhaupt, sondern sie waren praktische und politische Menschen. Aber zugleich
waren sie denkende, die die Einsicht hatten von dem, was not und was
an der Zeit ist. Das ist eben die Wahrheit ihrer Zeit und ihrer
Welt, sozusagen die nächste Gattung, die im Innern bereits vorhanden war.
Ihre Sache war es, dies Allgemeine, die notwendige, nächste Stufe ihrer
Welt zu wissen, diese sich zum Zwecke zu machen und ihre Energie in dieselbe
zu legen. Die welthistorischen Menschen, die Heroen einer Zeit, sind darum als
die Einsichtigen anzuerkennen; ihre Handlungen, ihre Reden sind das Beste der
Zeit. Große Menschen haben gewollt, um sich, nicht um andere zu befriedigen.
Was sie von anderen erfahren hätten an wohlgemeinten Absichten und Ratschlägen,
das wäre vielmehr das Borniertere und Schiefere gewesen, denn sie sind
die, die es am besten verstanden haben und von denen es dann vielmehr alle gelernt
und gut gefunden oder sich wenigstens darein gefügt haben. Denn der weitergeschrittene
Geist ist die innerliche Seele aller Individuen, aber die bewusstlose Innerlichkeit,
welche ihnen die großen Männer zum Bewusstsein bringen. Deshalb
folgen die anderen diesen Seelenführern, denn sie fühlen die unwiderstehliche
Gewalt ihres eigenen inneren Geistes, der ihnen entgegentritt.
Werfen wir weiter einen Blick auf das Schicksal dieser welthistorischen Individuen,
welche den Beruf hatten, die Geschäftsführer
des Weltgeistes zu sein, so ist es kein glücklichesgewesen.
Zum ruhigen Genusse kamen sie nicht, ihr ganzes Leben war Arbeit und Mühe,
ihre ganze Natur war nur ihre Leidenschaft. Ist der Zweck erreicht, so fallen
sie, die leeren Hülsen des Kernes, ab. Sie sterben früh wie Alexander,
sie werden wie Cäsar ermordet, wie Napoleon
nach St. Helena transportiert. Diesen schauderhaften Trost, dass die
geschichtlichen Menschen nicht das gewesen sind, was man glücklich nennt
und dessen das Privatleben, das unter sehr verschiedenen, äußerlichen
Umständen stattfinden kann, nur fähig ist — diesen Trost können
die sich aus der Geschichte nehmen, die dessen bedürftig sind. Bedürftig
aber desselben ist der Neid, den das Große, Emporragende verdrießt,
der sich bestrebt, es klein zu machen und einen Schaden an ihm zu finden. So
ist es auch in neueren Zeiten zur Genüge demonstriert worden, dass die
Fürsten überhaupt auf ihrem Throne nicht glücklich seien, daher
man denselben ihnen dann gönnt und es erträglich findet, daß
man nicht selbst, sondern sie auf dem Throne sitzen. Der freie Mensch ist nicht
neidisch, sondern anerkennt das gern, was groß und erhaben ist, und freut
sich, dass es ist.
Nach diesen allgemeinen Momenten also, welche das Interesse und damit die Leidenschaften
der Individuen ausmachen, sind diese geschichtlichen Menschen zu betrachten.
Es sind große Menschen, eben weil sie ein Großes, und zwar nicht
ein Eingebildetes, Vermeintes, sondern ein Richtiges und Notwendiges gewollt
und vollbracht haben. Diese Betrachtungsweise schließt auch die so genannte
psychologische Betrachtung aus, welche, dem Neide am besten dienend, alle Handlungen
ins Herz hinein so zu erklären und in die subjektive Gestalt zu bringen
weiß, daß ihre Urheber alles aus irgendeiner kleinen oder großen
Leidenschaft, aus einer Sucht
getan haben und, um dieser Leidenschaft und Suchten willen, keine moralischen
Menschen gewesen seien. Alexander von Makedonien
hat zum Teil Griechenland, dann Asien erobert, also
ist er eroberungssüchtig gewesen.
Er hat aus Ruhmsucht, Eroberungssucht gehandelt, und der Beweis, dass sie ihn
getrieben haben, ist, dass er solches, das Ruhm brachte, getan habe. Welcher
Schulmeister hat nicht von Alexander dem Großen,
von Julius Cäsar vordemonstriert, daß
diese Menschen von solchen Leidenschaften getrieben und daher unmoralische Menschen
gewesen seien? woraus sogleich folgt, dass er, der Schulmeister, ein vortrefflicherer
Mensch sei als jene, weil er solche Leidenschaften nicht bsitze und den Beweis
dadurch gebe, dass er Asien nicht erobere, den Darius,
Poros nicht besiege, sondern freilich wohl lebe, aber auch leben lasse.
–
Diese Psychologen hängen sich dann vornehmlich auch an die Betrachtung
von den Partikularitäten der großen, historischen Figuren, welche
ihnen als Privatpersonen zukommen. Der Mensch muss essen und trinken, steht
in Beziehung zu Freunden und Bekannten, hat Empfindungen und Aufwallungen des
Augenblicks. Für einen Kammerdiener gibt es keinen Helden, ist ein bekanntes
Sprichwort; ich habe hinzugesetzt — und Goethe
hat es zehn Jahre später wiederholt —, nicht aber darum, weil dieser
kein Held, sondern weil jener der Kammerdiener ist. Dieser zieht dem Helden
die Stiefel aus, hilft ihm zu Bette, weiß, daß er lieber Champagner
trinkt usf. — Die geschichtlichen Personen, von solchen psychologischen
Kammerdienern in der Geschichtsschreibung bedient, kommen schlecht weg; sie
werden von diesen ihren Kammerdienern nivelliert, auf gleiche Linie oder vielmehr
ein paar Stufen unter die Moralität solcher feinen Menschenkenner gestellt.
Der Thersites* des Homer,
der die Könige tadelt, ist eine stehende Figur aller Zeiten. Schläge,
d. h. Prügel mit einem soliden Stabe, bekommt er zwar nicht zu allen Zeiten,
wie in den homerischen, aber sein Neid, seine Eigensinnigkeit ist der Pfahl,
den er im Fleische trägt, und der unsterbliche Wurm, der ihn nagt, ist
die Qual, dass seine vortrefflichen Absichten und Tadeleien in der Welt doch
ganz erfolglos bleiben. Man kann auch eine Schadenfreude am Schicksal des Thersitismus
haben.
*Thersites ist
nach Homer der hässlichste der Griechen vor
Troja, der - feige und frech, wie er durch und durch war - von Odysseus
wegen seiner Schmähreden gegen die Fürsten gezüchtigt wurde.
Nach späterer Sage soll er von Achill erschlagen
worden sein, weil er dessen Liebe zu Penthesilia
(mythische Königin der Amazonen) verhöhnte.
Erläuterung durch Philos-Website
Ein welthistorisches Individuum hat nicht die Nüchternheit,
dies und jenes zu wollen, viel Rücksichten zu nehmen, sondern es gehört
ganz rücksichtslos dem
einen Zwecke an. So ist es auch der Fall, dass sie andere große,
ja heilige Interessen leichtsinnig behandeln, welches Benehmen sich freilich
dem moralischen Tadel unterwirft. Aber solche große Gestalt muss manche
unschuldige Blume zertreten, manches zertrümmern auf ihrem Wege.
Das besondere Interesse der Leidenschaft ist also unzertrennlich von der Betätigung
des Allgemeinen; denn es ist aus dem Besonderen und Bestimmten und aus dessen
Negation, dass das Allgemeine resultiert. Es ist das Besondere, das sich aneinander
abkämpft und wovon ein Teil zugrunde gerichtet wird. Nicht die allgemeine
Idee ist es, welche sich in Gegensatz und Kampf, welche sich in Gefahr begibt;
sie hält sich unangegriffen und unbeschädigt im Hintergrund. Das ist
die List der Vernunft zu nennen,
dass sie die Leidenschaften für sich wirken lässt, wobei das, durch
was sie sich in Existenz setzt, einbüßt und Schaden leidet. Denn
es ist die Erscheinung, von der ein Teil nichtig, ein Teil affirmativ [bejahend,
bestätigend] ist. Das Partikuläre ist meistens zu gering
gegen das Allgemeine, die Individuen werden aufgeopfert und preisgegeben. Die
Idee bezahlt den Tribut des Daseins und der Vergänglichkeit nicht aus sich,
sondern aus den Leidenschaften der Individuen. S.
44-49
Aus: G.W.F. Hegel, vorlesungen über die Philosophie
der Geschichte, Werke 12, Die Mittel seiner Realiierung, suhrkamp taschenbuch
wissenschaft, stw 612
Ziel
und Endzweck der Weltgeschichte
Es wäre hier also um den Endzweck zu tun, den die
Menschheit hat, den der Geist in der Welt sich vorsetzt zu erreichen,
den er unendlich, mit absoluter Gewalt getrieben ist,
sich zu verwirklichen. Das Bestimmtere in Ansehung dieses Endzwecks schließt
sich an das an, was vorher in bezug auf den Volksgeist
erinnert worden ist. Gesagt worden ist, daß das, um was es dem Geiste
zu tun ist, nichts anderes sein kann als er selbst. Es
gibt nichts Höheres als den Geist, nichts, das würdiger wäre,
sein Gegenstand zu sein. Er kann nicht ruhen, mit nichts anderm sich
beschäftigen, bis er weiß, was er ist. Dies ist freilich ein allgemeiner,
abstrakter Gedanke, und es ist eine weite Kluft zwischen diesem Gedanken, von
dem wir sprechen, daß er das höchste, einzige Interesse des Geistes
sei, und dem, wovon wir in der Geschichte sehen, daß es die Interessen
der Völker und der Individuen ausmacht. In der empirischen Ansicht sehen
wir besondere Zwecke, partikuläre Interessen, die die Völker jahrhundertelang
beschäftigt haben, man denke z. B. an den Gegensatz zwischen Rom und Karthago.
Und es ist eine weite Kluft bis dahin, in den Erscheinungen der Geschichte den
Gedanken zu erkennen, der von uns als das wesentliche Interesse angegeben worden
ist. Wenn der Gegensatz zwischen den zunächst erscheinenden Interessen
und dem, was als absolutes Interesse des Geistes angegeben worden ist, erst
später erörtert werden wird, so ist wenigstens der allgemeine Gedanke
des Begriffs leicht zu fassen, daß der freie Geist sich notwendig zu sich
selbst verhält, da er freier Geist ist; sonst wäre er abhängig
und nicht frei. Indem so das Ziel bestimmt ist, daß der Geist zum Bewußtsein
seiner selbst komme oder die Welt sich gemäß mache, — denn
beides ist dasselbe: man kann sagen, daß der Geist
die Gegenständlichkeit sich zu eigen mache, oder umgekehrt, daß der
Geist seinen Begriff aus sich hervorbringe, ihn objektiviere und so sein Sein
werde; in der Gegenständlichkeit wird er sich seiner bewußt, auf
daß er selig sei: denn wo Gegenständlichkeit entsprechend ist der
inneren Forderung, da eben ist Freiheit, — indem er also das Ziel
bestimmt hat, so erhält das Fortschreiten seine nähere Bestimmung,
nämlich nach der Seite, daß es nicht als ein bloßes Mehrwerden
gefaßt ist. Wir können sogleich dies anknüpfen, daß wir
auch in unserm gewöhnlichen Bewußtsein zugeben, daß das Bewußtsein,
um sein Wesen zu wissen, Stufen der Bildung durchzugehen habe.
Das Ziel der Weltgeschichte ist also, daß der Geist
zum Wissen dessen gelange, was er wahrhaft ist und dies Wissen gegenständlich
mache, es zu einer vorhandenen Welt verwirkliche, sich als objektiv hervorbringe.
Das Wesentliche ist, daß dies Ziel ein Hervorgebrachtes
ist. Der Geist ist nicht ein Naturding wie das Tier; das ist, wie es ist, unmittelbar.
Der Geist ist dies, daß er sich hervorbringt, sich zu dem macht, was er
ist. Deswegen seine nächste Gestaltung, daß er wirklich sei, ist
nur Selbsttätigkeit. Sein Sein ist Aktuosität, kein ruhendes Dasein,
sondern dies, sich hervorgebracht zu haben, für sich geworden zu sein,
durch sich selbst sich gemacht zu haben. Daß er wahrhaft sei, dazu gehört,
daß er sich hervorgebracht habe; sein Sein ist der
absolute Prozeß. In diesem Prozeß, der eine Vermittelung
seiner mit sich selbst durch sich, nicht durch anderes ist, liegt es, daß
er unterschiedene Momente hat, Bewegungen und Veränderungen in sich enthält,
bald so und bald anders bestimmt ist. Es sind also in diesem Prozesse wesentlich
Stufen enthalten, und die Weltgeschichte ist die Darstellung
des göttlichen Prozesses, des Stufenganges, in dem der Geist sich selbst,
seine Wahrheit weiß und verwirklicht. Es
sind alles Stufen der Selbsterkenntnis; das höchste Gebot, das Wesen des
Geistes ist es, sich selbst zu erkennen, sich als das, was er ist, zu wissen
und hervorzubringen. Das vollbringt er in der Weltgeschichte;
er bringt sich als bestimmte Gestalten hervor, und diese Gestalten sind die
weltgeschichtlichen Völker. Es sind Gebilde, deren jedes eine besondere
Stufe ausdrückt und die so Epochen in der Weltgeschichte
bezeichnen. Tiefer begriffen: es sind die Prinzipien, die der Geist von
sich gefunden hat, und die er gedrungen ist zu realisieren. Es ist also darin
ein wesentlicher Zusammenhang, der nichts ausdrückt als die Natur des Geistes.
Die Weltgeschichte ist die Darstellung des göttlichen,
absoluten Prozesses des Geistes in seinen höchsten Gestalten, dieses Stufenganges,
wodurch er seine Wahrheit, das Selbstbewußtsein über sich erlangt.
Die Gestaltungen dieser Stufen sind die welthistorischen Volksgeister,
die Bestimmtheiten ihres sittlichen Lebens, ihrer Verfassung, ihrer Kunst, Religion
und Wissenschaft. Diese Stufen zu realisieren, ist der
unendliche Trieb des Weltgeistes, sein unwiderstehlicher Drang; denn
diese Gliederung, sowie ihre Verwirklichung ist sein Begriff. — Die Weltgeschichte
zeigt nur, wie der Geist allmählich zum Bewußtsein und zum Wollen
der Wahrheit kommt; es dämmert in ihm, er findet Hauptpunkte, am Ende gelangt
er zum vollen Bewußtsein. Über den Endzweck dieses Fortschreitens
haben wir uns oben erklärt. Die Prinzipien der Volksgeister
in einer notwendigen Stufenfolge sind selbst nur Momente des einen allgemeinen
Geistes, der durch sie in der Geschichte sich zu einer sich erfassenden
Totalität erhebt und abschließt. S.
73-75
Aus: G.W.F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte,
Band I , Die Vernunft in der Geschichte, PHB 171a, Felix Meiner Verlag, Hamburg
Zustand
der jüdischen Religion — Jesus
Der traurige Zustand der jüdischen Nation —
einer Nation, die ihre Gesetzgebung von der höchsten
Weisheit selbst ableitete und deren Geist nun unter einer Last statutarischer
Gebote zu Boden gedrückt war, die pedantisch jeder gleich¬gültigen
Handlung des täglichen Lebens eine Regel vorschrieben und der ganzen Nation
das Ansehen eines Mönchsordens gaben, so wie sie das Heiligste, den Dienst
Gottes und der Tugend in toten Formularen geordnet und
eingezwängt hatten und dem Geist nichts als noch den Stolz auf diesen
Gehorsam der Sklaven gegen sich nicht selbst gegebene Gesetze übrigließen,
der auch durch die Unterwerfung des Staats unter eine fremde Gewalt tief gekränkt
und erbittert wurde —, dieser Zustand der jüdischen
Nation mußte in Menschen von besserem Kopf und Herzen,
die ihr Selbstgefühl nicht aufgeben, verleugnen und sich nicht zu toten
Maschinen herunterbeugen konnten, das Bedürfnis einer freieren Tätigkeit,
als mit mönchischer Geschäftigkeit eines geist- und wesenlosen Mechanismus
kleinlicher Gebräuche ein Dasein ohne Selbstbewußtsein zu leben,
eines edleren Genusses, als in diesem Sklavenhandwerk sich groß zu dünken,
erwecken.
Bekanntschaft mit fremden Nationen lehrte einige die schöneren
Blüten des menschlichen Geistes kennen, die Essener versuchten es,
eine selbständigere Tugend in sich zu bilden, Johannes trat dem Sittenverderbnis,
das wechselseitig Folge und Quelle jener verkehrten Begriffe war, mutig in den
Weg. Jesus, bis in sein männliches Alter mit seiner eigenen Bildung beschäftigt,
frei von der ansteckenden Krankheit seines Zeitalters und seiner Nation, frei
von der eingeschränkten Trägheit, die an die gemeinen Bedürfnisse
und Bequemlichkeiten des Lebens ihre einzige Tätigkeit verwendet, wie von
Ehrgeiz und anderen Neigungen — deren gewünschte Befriedigung ihn
genötigt haben würde, in den Vertrag der Vorurteile
und der Laster einzutreten —, unternahm es, Religion und Tugend
zur Moralität zu erheben und die Freiheit derselben, worin ihr Wesen besteht,
wiederherzustellen, denn so wie jede Nation eine hergebrachte Nationaltracht,
eine eigene Manier, zu essen und zu trinken, und in ihrer übrigen Lebensart
eigene Gewohnheiten hat, so war Moralität von der ihr eigentümlichen
Freiheit zu einem System solcher Gebräuche herabgesunken; er rief die moralischen
Prinzipien, die in den heiligen Büchern seines Volkes lagen, demselben
ins Gedächtnis zurück (die höchsten
Grundsätze der Moral fand Jesus vor und stellte
keinen neuen auf, Matth. 22, 36; s. Dt. [2. Mose] 6, 6;
Lv. [3. Mose] 19, 18; Lv. 18, 5; Matth. 5, 48; seid heilig wie etc.;
Matth. 7, 12 hat einen zu weiten Umfang — und ist auch für
den Lasterhaften als Maxime der Klugheit zu gebrauchen —, als daß
es einen moralischen Grundsatz abgeben könnte; und wirklich wäre es
sonderbar gewesen, wenn eine Religion wie die jüdische, die die Gottheit
zu ihrem politischen Gesetzgeber machte, nicht auch rein moralische Prinzipien
enthalten hätte), würdigte nach denselben die Zeremonien und
die Menge Ausflüchte, die man gefunden hatte, das Gesetz zu eludieren [auszuspülen,
auszuhöhlen], die Beruhigung, die das
Gewissen in Befolgung des Buchstabens des Gesetzes, in den Opfern und anderen
heiligen Gebräuchen statt in dem Gehorsam gegen das Sittengesetz fand,
— nur diesem, nicht der Abstammung von Abraham, legte er einen Wert in
den Augen der Gottheit bei, nur ihm gestand er Würdigkeit, in einem anderen
Leben der Seligkeit teilhaftig zu werden, zu. Den Wert einer tugendhaften Gesinnung
und die Unwürdigkeit einer heuchelnden Genauigkeit
bloß in äußeren Übungen des Gottesdienstes lehrte
Jesus öffentlich vor dem Volke, sowohl in seinem Vaterlande, Galiläa,
als in Jerusalem, dem Mittelpunkt des Judentums; besonders bildete er im vertrauteren
Umgange eine Anzahl Männer, die ihn in seinen Bemühungen, im Größeren
auf das ganze Volk zu wirken, unterstützen sollten.
Aber seine einfache Lehre, die Kampf mit den Neigungen, Entsagung und Aufopferung
verlangte, vermochte wenig gegen die vereinigte Macht eines eingewurzelten
Nationalstolzes, der in die ganze Konstitution verflochtenen Heuchelei
und Scheinheiligkeit und der Vorteile derjenigen, die dem Glauben sowohl als
der Ausübung der Gesetze vorstanden. Jesus hatte
den Kummer zu sehen, daß sein Plan, Moralität
in die Religiosität seiner Nation zu bringen, gänzlich scheiterte,
daß selbst seine Bemühungen, wenigstens in einigen Männern
bessere Hoffnungen und einen besseren Glauben anzuzünden, eine sehr zweideutige
und unvollständige Wirkung gehabt hatten (s. Matth.
20, 20, ein Vorfall, der sich nach einem Umgang des Johannes
und Jakobus mit Jesus von
einigen Jahren zutrug; — Judas.
Selbst in den letzten Augenblicken seines Aufenthaltes auf Erden, einige Augenblicke
vor seiner sogenannten Himmelfahrt, zeigten sie noch die
jüdische Hoffnung in ihrer ganzen Größe, daß er
den israelitischen Staat wieder herstellen werde,
Acta [Apg.] 1, 6).
Jesus selbst wurde ein Opfer des Hasses der Priesterschaft
und der gekränkten Nationaleitelkeit seines Volkes – S.105ff.
Aus: G.W.F. Hegel, Frühe Schriften, Werke 1, Die Positivität der christlichen
Religion, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, stw 601
Das
germanische Reich
Aus dem Verluste seiner selbst und seiner Welt und dem
unendlichen Schmerz desselben, als dessen Volk das
israelitische
bereitgehalten war, erfaßt der in sich zurückgedrängte
Geist in dem Extreme seiner absoluten Negativität,
dem an und für sich seienden Wendepunkt,
die unendliche Positivität dieses
seines Innern, das Prinzip der Einheit der göttlichen und menschlichen
Natur, die Versöhnung als der innerhalb des Selbstbewußseins und
der Subjektivität erschienen objektiven Wahrheit und Freiheit, welche dem
nordischen Prinzip der germanischen
Völker zu vollführen übertragen wird.
S.511
Aus: G.W.F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §358, Werke
7, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, stw 607
Evangelisches
und katholisches Christentum
Aus den „Vorlesungen
über die Philosophie der Weltgeschichte.“, Neue Ausgabe von Georg
Lasson, Bd. IV (= Philosophische Bibliothek, Bd. 171 d), S. 877 ff. - Erstmalig
herausgegeben 1837 in Bd. I X der Sämtlichen Werke von Eduard Gans; in
2. Auflage 1840 durch Hegels Sohn Karl.
Die Reformation ist aus dem
Verderben der Kirche hervorgegangen. Um diesen Kampf gegen die Kirche
zu verstehen, muß man einige Schriften Luthers
lesen, da die jetzige Kirche gar nicht mehr in dem Zustande ist, den er bekämpft
hat; auch die katholische Kirche hat sich durch die Reformation
in sich gereinigt.
Die nähere Veranlassung der Reformation ist hinlänglich bekannt. Es
war der schamlose und schmähliche Handel der Ablaßkrämerei
und die Sitte, das Böse und die Sünde durch Geld zu sühnen. Doch
ist im ganzen die Veranlassung gleichgültig; wenn die Sache an und für
sich notwendig und der Geist in sich fertig ist, so kann sie auf diese oder
jene Weise in die Erscheinung treten. Solche Begebenheit ist auch nicht an ein
Individuum gebunden, wie hier z. B. an Luther, sondern die großen Individuen
werden durch die Zeit selbst erzeugt.
Nur die Innigkeit des deutschen Geistes war der Boden der Reformation, und nur
aus dieser Einfachheit und Schlichtheit konnte das große Werk hervorgehen.
Das Prinzip der geistigen Freiheit ist hier aufbewahrt
gewesen und hat aus dem einfachen, schlichten Herzen den Umsturz vollbracht.
Die anderen Völker sind in die Welt hinausgegangen, nach Amerika, nach
Ostindien, Reichtümer zu gewinnen, eine weltliche Herrschaft zusammenzubringen,
deren Land die Erde rings umlaufen und wo die Sonne nicht untergehen soll. In
Deutschland, wo die reine innerliche Geistigkeit sich erhielt, war es ein einfacher
Mönch, in dem das Bewußtsein der Gegenwart klar wurde, der den Bruch
mit der Kirche bewirkte, weil er die Verrückung ihrer Zwecke, den Greuel
in ihrem Schoße einsah. Er hat in seinem Geiste die Vollendung gesucht
und hervorgebracht und hat das Dieses, das die Christenheit vormals in einem
irdischen, steinernen Grabe suchte, vielmehr in
dem tieferen Grabe der absoluten Idealität alles Sinnlichen und Äußerlichen,
in dem Geiste gefunden und in dem Herzen gezeigt, - dem Herzen, das, unendlich
verletzt durch diese dem Bedürfnisse des Innersten geschehene Darbietung
des Äußerlichsten, die Verrückung des absoluten Verhältnisses
der Wahrheit in allen einzelnen Zügen erkennt, verfolgt und zerstört.
Die einfache Lehre Luthers ist die Lehre
der Freiheit, daß der natürliche Mensch nicht ist, wie er
sein soll, daß er die Natürlichkeit überwinden muß durch
seine innere Geistigkeit, daß das Vermittelnde
zwischen dem Menschen und dem Wesen
seines Geistes, Gott,
nicht ein sinnliches Diesseits sein kann, daß also das Dieses,
die unendliche Subjektivität, d. i. die wahrhafte Geistigkeit, Christus,
auf keine Art in äußerlicher Weise gegenwärtig und wirklich
ist, sondern als Geistiges überhaupt nur in der Versöhnung
mit Gott erlangt
wird - im Glauben und im Genusse. Diese zwei Worte
sagen alles. Es ist nicht das Bewußtsein eines sinnlichen Dinges als des
Gottes, noch auch eines bloß Vorgestellten, das nicht wirklich und gegenwärtig
ist, sondern von einem Wirklichen, das gegenwärtig und nicht sinnlich ist....
S.132-134
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher
der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925