Galileo Galilei (1564 – 1642)

  Italienischer Mathematiker und Philosoph, der auf Empfehlung seines Gönners Guidobaldo del Monte 1589 die Professur für Mathematik in Pisa bekam, dann aber 1592 nach Padua wechselte. Galilei fand die Gesetze für das Fadenpendel und leitete 1609 hypothetisch die Fallgesetze ab. Nachdem er von der Erfindung des holländischen Fernrohres erfahren hatte, konstruierte er, unabhängig davon, 1609 nach dem gleichen Prinzip (mittels Linsen) ein eigenes. Er benutzte es zu astronomische Beobachtungen und veröffentlichte deren erste Ergebnisse 1610 im »Nuncius Sidereus«. Galilei entdeckte die Mondmorphologie, den Sternenreichtum der Milchstraße, die Phasen der Venus, die 4 größten Jupitermonde (1610) und 1611, unabhängig von Johann Fabricius, die Sonnenflecken. Seit 1610 trat er als Hofmathematiker in Florenz öffentlich für das kopernikanische System ein. Seine u. a. darauf begründeten Darlegungen zum Verhältnis zwischen Bibel und Natur-Erkenntnis führte 1616 erstmals zur Auseinandersetzung mit der Katholischen Kirche, die an der geozentrischen Lehre des Aristoteles festhielt. Im Rahmen eines Streites über das Wesen der Kometen verfasste er eine seiner geistvollsten Abhandlungen, den »Saggiatore« (Prüfer mit der Goldwaage, 1623). Der 1632 in Florenz erschienene »Dialogo«, das »Gespräch über das ptolemäische und das kopernikanische Weltsystem« in dem er seine Parteinahme für Nikolaus Kopernikus deutlich gezeigt hatte, führte zu einem Prozess gegen ihn, der mit seiner Abschwörung und Verurteilung am 22. 6. 1633 endete. Legendär ist der ihm wohl fälschlich zugeschriebene Ausspruch: »Und sie (die Erde) bewegt sich doch« (Eppur(e) si muove). Galilei wurde zu unbefristeter Haft verurteilt, die er mit kurzer Unterbrechung in seinem Landhaus bei Florenz verbrachte. Erst im Jahre 1992 erklärte Papst Johannes Paul II. die Verurteilung von Galileo Galelei als ungerechtfertigt.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Die heilige Schrift und die Natur haben beide ihren Ursprung im göttlichen Wort
Da die Heilige Schrift und die Natur ihren Ursprung gleichermaßen im göttlichen Wort haben — diese ist diktiert vom Heiligen Geist, jene führt die Befehle Gottes höchst aufmerksam aus —, und da es ferner die Art der Schrift ist, dass sie — um mit dem allgemeinen Verständnis übereinzustimmen — viele Dinge sagt, die offenbar von der absoluten Wahrheit abweichen (insofern man die Schrift wörtlich versteht), und da die Natur zudem unerbittlich und unwandelbar ist, die Grenzen der ihr auferlegten Gesetze niemals überschreitet und sich nicht darum bekümmert, ob ihre verborgenen Gründe und Wirkungsarten dem Verständnis des Menschen zugänglich sind oder nicht: darum scheint es, dass keine der Naturerscheinungen — seien sie uns durch sinnliche Wahrnehmung enthüllt oder durch die nötigen Experimente bestätigt — in irgendeinen Zweifel gezogen oder bestritten werden kann, weil einige Stellen in der Heiligen Schrift — wörtlich genommen — damit nicht einiggehen. Und es scheint ferner, dass nicht alles, was in der Schrift gesagt ist, der gleichen Genauigkeit verpflichtet ist wie jede Naturerscheinung es ist, und dass Gott sich in nicht kleinerem Maße in den Naturerscheinungen offenbart als in den heiligen Worten der Schrift. Dies möglicherweise meinte Tertullian, als er sagte: «Wir behaupten, dass Gott zunächst aus der Natur zu erkennen, dann aus der Lehre wiederzuerkennen sei; aus der Natur durch seine Taten, aus der Lehre durch seine Aussagen.»
Aus: Lettera a madama Christina di Lorena, in: Le opere di Galileo Galilei, vol. V Florenz 1895 S.316 f. Ü: M. Müller
Enthalten in: Der Weg der Physik – 2500 Jahre physikalischen Denkens. Ausgewählt und eingeleitet von Shmuel Sambursky (S.284)
Erschienen im als Dünndruck-Ausgabe im Deutschen Taschenbuch Verlag, dtv-bibliothek 6093


Heilsbelehrung

Jede Schrift aus Gottes Geist dient zur Belehrung, damit der Gottesmensch seine rechte Form gewinnt. 2 Tim 3,46 f.
Es ist richtig, dass die Heilige Schrift niemals lügen oder irren kann, doch möchte ich beigefügt wissen, dass dies bei dem einen oder anderen ihrer Ausleger möglich ist. Und ein besonders ernster und häufiger Irrtum ist es, wenn man sich durchwegs auf den bloßen Wortsinn versteifen wollte. Die Schrift will der Auffassungskraft des gewöhnlichen Menschen Rechnung tragen, und daraus ergibt sich, dass weise Erklärer dem Volke jeweils den Sinn des Textes nahebringen sollen. In naturwissenschaftlichen Fragen scheint mir die Schrift erst an letzter Stelle herangezogen werden zu sollen; denn sie paßt sich der allgemeinen Fassungskraft an und verwendet zahlreiche Ausdrücke, die, wörtlich genommen, etwas vom objektiv Wahren Abweichendes sagen würden. Wenn die Schrift wichtige Lehren in Bilder hüllt, wer möchte da behaupten, dass sie bei rein zufälligen Erwähnungen der Erde und Sonne oder sonstiger Naturerscheinungen sich streng auf den Buchstabensinn begrenzen wollte, zumal wenn solche Erwähnungen nur in höchst entferntem Zusammenhang mit dem religiösen Anliegen der Heiligen Schrift stehen? S.57
Aus: Otto Karrer, Jahrbuch der Seele . Aus der Weisheit der christlichen Jahrhunderte. Verlag Ars Sacra Josef Müller München