Feofan Propokovic (1681 – 1726)
![]() |
Ukrainischer Theologe, welcher in religiösen Fragen der engste Berater des Zaren Peter der Große wurde. Beeindruckt vom Rationalismus - insbesondere von seinen Vertretern Bacon und Descartes – kämpfte er für die Aufklärung des christlichen Glaubens. Feofan war ein erbitterter Gegner des Aberglaubens und eines jeden Irrationalismus. 1718 wurde von Peter I. zum Bischof von Pskov ernannt. 1720 verfasste er das »Geistliche Reglement«, das vom Zaren eigenhändig überarbeitet und 1721 als Gesetz erlassen wurde. Das »Geistliche Reglement« gab der russischen Kirche eine neue, staatliche Grundlage, die ihre Führung eindeutig der weltlichen Macht unterstellte. Siehe auch Wikipedia |
Geistliches Reglement auf hohen Befehl und Verordnung des von Gott gegebenen
und mit Weisheit gezierten Herrn Czaaren und Groß-Fürsten Petri des
Ersten Kaysers von Gantz Rußland, ec.
ec. 1721 (Auswahl)
Von GOttes Gnaden Wir Petrus der Erste, Czaar und Selbsthalter von Gantz Rußland
ec. ec.
Indem Wir unter vielen andern, nach Erforderung der Uns von GOtt
verliehenen Gewalt, und obliegenden sorgen, um Verbesserung Unserer Nation und anderer Uns unterworffener Lande, auch auf den Geistlichen Stand Unsere
Augen wenden, und in selbigem viel Unordnung, und ein grosses Gebrechen in Verrichtung
seines Amtes wahrnehmen, empfinden Wir in Unserem Gewissen eine gerechte Furcht,
daß Wir vielleicht gegen den Höchsten (woferne
Wir, nachdem Wir dessen hülffreiche Hand in Einrichtung so wohl des Militair-
als Civil-Standes, so vielfältig gespühret, die Verbesserung
des Geistlichen Standes versäumen sollten,) undanckbar scheinen,
und ohne Entschuldigung bleiben möchten, wann der gerechte Richter über
eine so grosse Uns anvertraute Verwaltung von Uns Red und Antwort fordern wird.
Derohalben haben Wir, nach dem Exempel derer Gottesfürchtigen Regenten,
welche vormahls so wohl im alten, als neuen Testamente gelebet, die Sorge wegen
besserer Einrichtung des Geistlichen Standes unternommen, und weil Wir hierzu
kein besseres Mittel ausfinden können, als eine collegiale
Regierung, (sintemahl eine einzelne Person selten von
Affecten frey ist, und weil diese Dignität
nicht erbet, selbige um so viel mehr negligiret;) So errichten
Wir ein Geistliches Collegium, das ist:
ein Geistliches collegiales Directorium,
welches nachstehendem Reglement zu Folge alle Geistliche Geschäffte in
der Kirche von gantz Rußland besorgen soll.
Befehlen demnach allen Unsern getreuen Unterthanen, wes Standes sie seyn mögen,
Geistlichen und Weltlichen, dasselbige vor eine wichtige und kräfftige
Regierung zu halten, und von derselben in geistlichen Sachen End-Urtheil, Resolution
und Entscheidung zu begehren, auch mit desselben Ausspruch sich
begnügen zu lassen, und ihrem Befehlen in allem gehorsam zu seyn, bey Vermeidung
schwerer Straffe, dergleichen denen, so sich anderen Collegiis
widersetzen, oder ungehorsam sind, dictiret
ist.
Es lieget aber gedachtem Collegio ob,
dieses Reglement künfftighin mit
neuen Verordnungen vollständiger zu machen, wie solches verschiedener Sachen
unterschiedliche Zufälle erfordern möchten, doch soll solches nicht
ohne Unsere Bewilligung geschehen...
Gegeben in S. Petersburg, den 25.Jan.
1721.
Petrus.
Erster Theil,
Was das geistliche Collegium sey, und
was man vor wichtige Ursachen habe, eine solche Regierung anzuordnen?
Ein dirigirendes Collegium ist nichts
anders, als eine dirigirende Versammlung,
wann einige besondere Dinge nicht einer Person alleine, sondern vielen, welche
dazu tüchtig, und von der hohen Obrigkeit verordnet sind, zu verwalten,
anvertrauet werden...
Dergleichen Versammlungen findet man auch in vielen alten und neuen Regierungen:
Und auf eben dieselbe Weise hat der großmächtigste Czaar von gantz
Rußland, zum Vortheil des Ihm unterworffenen Vaterlandes, unterschiedliche Collegia, nach dem Unterschied der Geschäfte
und Nothdurften des Reichs, im Jahr 1718. höchst weißlich angeordnet.
Indem Er nun, als ein Christlicher Monarch, und Beschützer des rechten
Glaubens, und aller guten Ordnungen in der Kirche, auch auf die Mängel
des Geistlichen Standes seine Augen gerichtet, und in demselben eine bessere
Einrichtung zu treffen gewünschet, hat Er sich auch gefallen lassen, ein
geistliches Collegium zu errichten, welches
dasjenige, was der Kirche zum Vortheil gereichen könte, fleißig und
ohnabläßig beobachten solte, damit alles ordentlich zugehen, und
kein unordentliches Wesen einreisse, wie des Apostels Wunsch, oder vielmehr
der Wille GOttes selbst ist.
Damit aber niemand in denen Gedancken stehen möge, als ob diese Einrichtung
unbequem sey, und daß eine Person besser die geistliche Angelegenheiten
einer gantzen Gemeinde besorgen könne, gleichwie ein jeder Bischoff insbesondere
die in seiner Dioecese vorfallende Geschäffte
verabscheidet, so wollen wir einige wichtige Ursachen voraussetzen, welche klar
erweisen, daß eine solche beständige collegiale
Verwaltung, gleich einem beständigen Synodo
oder Synedrio, viel vollkommener und
besser ist, als die Verwaltung, welche einer einzelnen Person anvertrauet wird;
sonderlich in einem Monarchischen Reiche, dergleichen Rußland ist.
Dann 1. lässet sich die Wahrheit
klärer finden, wenn eine gantze Versammlung sich darüber bespricht,
als von einer einzelnen Person...
2. Gleichwie nun bey einer
collegialen Regierung die Krafft etwas einzusehen schärfer
ist, also haben auch derselben Resolutiones
mehr Nachdruck...
3. Dieses hat nun so vielmehr
Kraft, wenn ein solches Collegium, so
die Regierung führet, unter einem souverainen Monarchen stehet, und von
demselben eingesetzet ist...
5. Der gröste Vortheil aber
bestehet darinne, daß in einem solchen Collegio
keine Affecten, Arglist, und
Bestechungen Platz greifen können...
6. Gleichergestalt hat auch ein Collegium
einen freyeren Geist, die Gerechtigkeit zu handhaben...
7. Fener ist auch ein grosser
Vortheil, daß man von einer Regierung, so durch eine Versammlung geführet
wird, nimmer so viel Lermens und Aufruhr vor das Vaterland zu besorgen hat,
als von einem Oberhaupte des geistlichen Standes entstehen kan. Dann der gemeine
Mann verstehet den Unterschied der geistlichen und souverainen weltlichen Gewalt nicht, sondern wird durch die grosse Ehre und Würde,
so man dem obersten Hirten giebet, von Verwunderung dergestalt eingenommen,
daß er dencket, ein solches Oberhaupt sey ein anderer Landes-Herr, in
gleicher Würde mit dem Monarchen, oder auch noch grösser, als derselbige;
und der geistliche Stand mache eine besondere, und vortrefflichere Monarchie
aus. Da nun der gemeine Mann vor sich selbst bereits also zu raisoniren
pfleget, was kan nicht daraus entstehen, wann grundlose
Discurse herrschsüchtiger Geistlichen dazu kommen, und Feuer
an solches Stroh legen?
Durch dergleichen Meinungen werden einfältige Hertzen dergestalt verkehret,
daß sie nicht so wohl auf ihren Monarchen, als auf ihren Ober-Hirten in
allen Dingen ihre Augen richten. Hören sie dann, daß diese beyde
mit einander Streitigkeiten haben, so fallen sie alle mehr dem geistlichen,
als dem weltlichen Oberhaupte, wiewohl blindlings und mit höchster Thorheit
bey, und unterstehen sich wohl, vor das erstere zu streiten, und zu rebelliren,
in der betrüglichen Meinung, daß sie vor GOtt selbst fechten, und
ihre Hände nicht verunreinigen, sondern heiligen würden, wann sie
selbige zum Blutvergiessen ausstrecketen. Diese des gemeinen Mannes Meinung
sehen einige sonst nicht einfältige, aber arglistige Leute hertzlich gerne,
und weil sie ihren Herrn im Hertzen hassen, nehmen sie so dann ihre Zeit, um
ihre Boßheit auszuüben, wenn der Landes-Herr mit dem Ober-Hirten
zerfallen ist, und entblöden sich nicht, unter dem Vorwand eines Eiffers
für die Kirche, ihre Hände gegen dem Gesalbten des HErrn auszustrecken,
und das einfältige Volck zu einer so gottlosen That, als zum Wercke des
HErrn, aufzumuntern. Was solte nun dann nicht geschehen, wann der Hirte selbst
mit einer solchen Meinung von sich verblendet ist, und nicht ruhen will? Es
ist schwer auszusprechen, wie viel Unglück hieraus zu entstehen pflege.
Dieses sind keine blosse Gedancken. Wolte GOtt, daß man jederzeit sich nur begnüget hätte, darüber also
zu raisoniren!...
Zweyter Theil,
Begreiffend die unter solche
Regierung gehörige Geschäffte.
Allgemeine Geschäffte.
Hier muß man, wie oben bereis angeführet, auf 2. Stücke Achtung
geben.
1. Ob alles ordentlich, und nach
der Christlichen Religion zugehe, und ob nicht irgendwo etwas geschehe, so mit
derselben streitet?
2. Ob eine gnugsame Unterrichtung
im Christenthum im Schwange gehe?
Bey dem ersten Stück sind folgende Puncta
zu beobachten, als: ...
3. Muß man auch die Leben der Heiligen nachsehen, ob nicht
unter denselbigen einige fälschlich und ohne Grund erdichtete, oder der
Christlichen orthodoxen Lehre zuwider
lauffende, oder auch unnütze und lächerliche Erzehlungen sich befinden.
Dergleichen Mährlein muß man widerlegen und verbiethen, zugleich
aber die Falschheit, so sich darinnen findet. anzeigen. Denn es finden sich
freylich dergleichen offenbahr lügenhaffte und mit der gesunden Lehre streitende
Historien. also zum Exempel, in dem Leben
des Euphrosiny von
Pleskau, die Disputation von
dem zweyfachen singen des Hallelujah,
ein offenbar falsches und von einem Taugenicht erdichtetes Werck ist, worinnen,
ausser der thörichten Lehre von Verdoppelung des Hallelujah
selbst, Sabellanische, Nestorianische, und andere Irthümer mehr, gefunden werden. Und ob auch schon der Autor
hierinne aus Unwissenheit gesündiget, so lieget dennoch der geistlichen
Regierung ob, dergleichen erdichtete Dinge nicht zu dulden, noch denen Menschen
an statt gesunder Speisen, Gifft vorzusetzen, insonderheit weil der gemeine
Mann, zwischen recht und linck, keinen Unterscheid zu machen weiß, sondern
alles, was er nur in Büchern findet, mit Eifer und Hartnäckigkeit
behauptet, und sich daran hält.
4. Insonderheit aber muß
man diejenigen Erfindungen sorgfältig untersuchen, welche dem Menschen
zu einer schlimmen Praxi führen,
und ihm ein betrügliches Mittel, zur Seligkeit zu gelangen, vorbilden,
als zum Exempel: Daß man am Freytag nicht arbeiten, sondern denselben
feyern müsse, und daß die Poetniza, oder Freytag, sich über diejengien, welche ihren Tag nicht feyern, sehr
erzürne, und sie mit schweren Bedrohungen angreiffe: Ingleichen, daß
man einige besondere zwölff Feyertage fasten müsse, und solches zwar
zur Erlangung vieler geistlicher und leiblicher Güther; Ferner, daß man einige Officia vor andern werth halten
solle, als die Messe auf den Tag der Verkündigung Mariä, die Früh-Mette
auf Ostern, und die Vesper auf Pfingsten. Diese Puncta werden nur zum Exempel angeführet, wiewohl sie sonsten wenigen und zwar
nur einfältigen Leuten ankleben...
5. Möchten sich auch vielleicht
einige untaugliche und wohl gar schädliche Ceremonien finden … Dann
diese und andere dergleichen Dinge, wo sich dieselbe finden, verführen
das Volck zu einer offenbaren und schändlichen Abgötterey.
6. Muß man gleichfalls die
Reliquien der Heiligen examiniren, wann sich deren einige an einem oder andern
Orte hervor thun solten, an welchen man zu zweifflen Ursach hätte; dann
hierinnen wird viel Schelmerey getrieben...
Jedoch, es ist unnöthig allen dergleichen Unfug hier zu erzehlen. Mit einem
Wort: Was nur Aberglaube genennt werden kan, das ist, was überflüßig,
zur Seeligkeit nicht dienlich, und nur von Heuchlern ihres Vortheils wegen erdacht
ist, das gemeine Volck bethöret, und gleich dem Treeib-Schnee verhindert,
den geraden Weg der Warheit zu gehen; Alles solches gehöret unter diese
Obsicht, als ein allgemeines Ubel, indem es sich in allen Ständen findet.
Obiges aber wird nur Exempelsweise angeführet,
damit man diese und dergleichen Dinge verhüten könne.
Und dieses ist die erste Art der allgemeinen Geschäffte. Die andere Art
der allgemeinen Geschäffte ist, wie oben bereits gemeldet, daß man
fleißig Achtung geben müsse, ob wir auch gnugsamen Unterricht zur
Besserung im Christenthum unter uns haben?...
Schulen, und die darinne befindliche Lehrer und Lernende, wie auch die Prediger
an denen Kirchen.
Es ist weltkündig, wie schwach und unvollkommen die Rußische Armeé
gewesen, so lange sie keine regulirte Disciplin gehabt, und wie unvergleichlich hingegen derselben Stärcke zugenommen,
und über Verhoffen groß und formidable worden, so bald unser Großmächtigster Monarch, Ihro Czaar. Maj.
Petrus 1. dieselbige auf einen trefflich regulirten Fuß gesetzet.
Eben also ist es mit der Architectur, Medicin, Politischen
Regierungen, und allen andern Geschäfften ergangen.
So vielmehr aber hat es mit der Regierung der Kirche eine gleiche Bewandtniß.
Wann kein Licht der Lehre vorhanden, so kan die Kirche nicht wohl regieret werden,
und ist unmöglich, daß nicht Unordnungen, und allerhand lächerlicher
Aberglaube, ja gar Spaltungen, und die allernärrischesten Ketzereyen daraus
entstehen solten.
Es lautet sehr albern, wann einige sagen, die Gelehrsamkeit sey Schuld an denen
Ketzereyen, dann zu geschweigen der alten Ketzer, welche aus einer mit Hochmuth
verknüpfften Dummheit, und nicht aus übriger Wissenschafft in Irrthümer
verfallen.., sind auch die Rußischen Schismatici nicht anders, als aus Ungeschliffenheit und Unwissenheit so närrisch rasend
worden. Und ob auch wohl je zuweilen gelehrte Leute Uhrhebere der Ketzereyen
werden, dergleichen Arius, Nestorjus, und einige andere gewesen, so hat sich doch ihre Ketzerey nicht aus ihrer Gelehrsamkeit,
sondern aus Mangel des Verstandes in der Heil. Schriftt entsponnen, ist aber
nachgehends durch ihre Boßheit und Hoffarth zum Wachsthum gekommen, und
stärcker worden, indem diese Laster ihnen nicht zugelassen, ihre alberne
Meinungen abzulegen, ob sie auch schon in ihren Gewissen von der Warheit überzeuget
gewesen. Ob sie nun wohl durch ihre Gelehrsamkeit die Krafft bekommen, Sophisimata
zu schmieden, so würde doch derjenige, welcher solches Ubel
schlechterdings der Gelehrsamkeit zuschreiben wolte, ebenfalß sagen müssen,
daß, wann ein Arzt jemanden vergiebet, die Artzeney-Kunst daran Schuld
habe. Wann aber ein disciplinirter Soldate seinen Feind mit Verstand und Hertzhafftigkeit
schläget, so rühret solches von der Kriegs-Disciplin
her. Sehen wir nun durch die Historie, als ein Fern-Glaß, auf die vergangene Zeiten, so finden wir, daß in denen finstern Seculis alles viel schlimmer
gestanden, als in denenjenigen, welche durch das Licht der Wissenschafften erleuchtet
gewesen.
Biß in das vierte Seculum haben
sich die Bischöffe nicht dergestalt aufblasen dürffen, wie sie hernach
gethan, sonderlich der Constantinopolitanische und Römische. Dann damahls stunden die Wissenschafften im Flor, woran es
nachgehends sehr fehlete. Und wann auch die Gelehrsamkeit der Christlichen Kirchen
oder dem Reiche schädlich wäre, so würden gewiß die besten
Christen nicht selbst studiret, sondern
vielmehr andern das Studiren verbothen
haben. Wir sehen aber im Gegentheil, daß alle unsere alte Kirchen-Lehrer
nicht allein in der Heil. Schrifft, sondern auch in der auswärtigen Philosophie
sich informiren lassen, und
die berühmtesten Säulen der Kirche, vieler andern zu geschweigen,
haben die auswärtige Studia vertheidiget,
als zum Exempel der grosse Basilius in
seiner Rede an die studirende Jugend,
Chrysostomus in seinen Büchern vom Mönchen-Stande,
Gregorius Theologus in seinen Reden gegen Julianum
Apostatam. Man hätte von dieser Materie vieles zu erinnern,
wenn selbige der eigentliche Endzweck unseres Discurses wäre.
Dann eine gute und gründliche Unterweisung ist zu vielen Dingen nütze,
so wohl im gemeinen Wesen, als in der Kirche, indem sie eine Wurtzel, Saamen
und Grund vieles Guten ist. Nur muß wohl darauf gesehen werden, daß
dieselbe Unterweisung gut und gründlich sey...
Es ist aber zu wissen, daß von dem 6. biß in das 15. Seculum,
und also bey nahe 900. Jahre in gantz Europa fast alle Wissenschafften sehr schlecht und voller Mängel gewesen, so daß man auch bey denen besten Autoribus, welche
um diese Zeit geschrieben haben, zwar eine grosse Schärffe des Verstandes,
aber wenig Klarheit findet. Nach dem 1400. Jahre aber thaten sich viele curieuse
Leute hervor, und fundt man also auch gelehrtere Professores:
Daher dann nach und nach viele Academien in grossen und fast grössern Flor kommen,
als die alten zur Augusti Zeiten gewesen.
Jedennoch blieben auch viele Schulen in der vorigen Finsterniß stecken,
so daß in denselben die Rhetorica, Philosophie
und andere Wissenschafften nur leere Nahmen ohne Wesen sind. Die
Ursachen davon sind vielfältig, welche hier der Kürtze wegen mit Stillschweigen
übergangen werden.
Diejenigen nun, welche sich diesen Hirn-Gespensten und betrüglichen Wissenschafften
ergeben, sind tümmer, als die, so gar nicht studiret haben; Denn weil sie
in den Gedancken stehen, daß sie vollkommen sind, und alles, was man nur
wissen kan, begriffen haben, so dencken sie nicht daran, daß sie etwas
lesen oder mehr lernen wollen. Dahingegen ein Mensch, welcher wohl studiret
hat, niemahls mit seiner Gelehrsamkeit zu frieden ist, und nicht aufhöret
zu lernen, wann er auch Methusalems Jahre
erreichete.
Hierbey ist das allerschlimmste, daß dergleichen superficielle
Gelehrte nicht allein unnütze, sondern auch ihren Freunden,
dem Vaterland und der Kirche sehr schädlich sind; Vor Hohen demüthigen
sie sich über die massen, jedoch aus böser List, um dadurch ihre Gnade
zu erwerben, und ein Ehren-Amt zu erschnappen. Gleiches Standes Leute hassen
sie, und wenn je¬mand wegen seiner Gelehrsamkeit gerühmet wird, so
suchen sie ihn bey denen Grossen, und vor dem Volcke durch zu hecheln, und zu
schmähen. Weil sie sich zu grossen Dingen Hoffnung machen, so sind sie
zu Meutereyen geneigt; Wenn sie theologisiren, ist
es unmöglich, daß sie nicht in Ketzereyen verfallen, weil sie aus
Unwissenheit sich im Reden leicht vergehen, und um dieselbe nicht an den Tag
zu legen, ihre einmahl avancirte Meinung
niemahls widerruffen wollen. Dahingegen unter verständigen Leuten die Regul
fest gehalten wird: Sapientis esse, mutare sententiam.
Dieses hat man voraus zu setzen vor gut gefunden, damit, wann Ihro Czaar. Maj.
eine Academie errichten wolten, das Geistliche
Collegium in Erwegung ziehen könne,
was vor Lehrer es darzu bestellen, und was vor eine Lehr-Art zu führen,
es ihnen anbefehlen wolle, damit Sr. Czaar. Maj. Kosten nicht vergebens angewendet,
und an statt des verhoffeten Nutzens ein Auslachens-würdiger Schade daraus
gespühret werden möge.
Um aber hierinne vorsichtig und verständig zu verfahren, werden folgende
Regeln nicht undienlich seyn.
1. Hat man zum Anfang nicht viel
Lehrmeisters von nöthen, sondern im ersten Jahre sind ein oder zwey hinlänglich,
um die Grammatica, oder
Regul-mäßige Wissenschafft der Griechischen und Lateinischen
Sprache, oder auch beyde Sprachen zugleich zu dociren.
2. Im andern, dritten und folgenden
Jahren schreitet man zu höhern Wissenschafften, leget aber auch die erste
wegen der neu ankommenden Schüler nicht gäntzlich an die Seite, und
deßwegen nimmt man mehr Lehrmeister an.
3. Muß man auf allerhand
Art erforschen, wie weit der Candidatus des
Lehr-Amts in der Schule in seinen Wissenschafften bewandert ist. Zum Exempel:
Will man wissen, ob jemand der Lateinischen Sprache recht kundig ist, so lasse
man ihn eine Rußische Composition
ins Lateinische, und eine Passage aus
einem in der Lateinischen Sprache berühmten Autore ins Rußische übersetzen, und seine Arbeit durch gelehrte Leute
examiniren und censuriren; Alsdann wird sich bald zeigen, ob er in seinem Werck vollkommen, oder mittelmäßig,
oder weniger als mittelmäßig sey, oder gar nichts verstehe. Andere
Wissenschafften haben ihre besondere Proben, welche
à part beschrieben werden können.
4. Falls der
Candidatus in
der verlangen Wissenschafft nicht gnugsam geübet wäre, man könte
aber sehen, daß er einen scharffen Verstand hat, so ist es ein Zeichen,
daß er entweder Faulheits wegen, oder auch wegen schlechter Information
nicht weiter kommen können. Dergleichen Leuten soll man aufgeben,
sich selbst ein halb Jahr oder ein Jahr lang in solchen Autoribus, welche die Sache wohl verstanden, annoch zu üben. Doch geschiehet solches
nur alsdann, wann es an Leuten fehlet: Besser aber ists, sich auf solche nicht
zu verlassen.
5. Wenn man nun gute Lehrmeister
bestellet, muß man ihnen anbefehlen, ihren Schülern gleich Anfangs
kurtz und deutlich zu eröffnen, was die Scienz,
so man tractire, als die Grammatica,
Rhetorica, Logica und dergleichen, auf sich habe, und was man dadurch
zu erlangen gedencke, damit die Schüler das Ufer, wohin sie reisen sollen,
sehen, und mehr Lust bekommen, auch ihren täglichen Wachsthum und Gebrechen
anmercken können.
6. Muß man zu jeder Wissenschafft die besten und auf berühmten Academien approbirte
Autores aussuchen, wie zum Exempel in Pariß auf Befehl des
Königs Ludovici XIV. die Lateinische
Grammatica so kurtz und vollständig
abgefasset worden, daß ein guter Kopff sich Rechnung machen kan, selbige
Sprache in einem Jahre vollkommen zu erlernen, wohin es bey uns in fünff
oder sechs Jahren selten gebracht wird, welches daraus zu ersehen, daß ein Student, wenn er aus der Theologie
oder Philosophie kommt, nicht einmahl
aus dem mittelmäßigen Lateinischen Stylo
etwas übersetzen kan. Derowegen soll man, wie gesagt, die besten Autores von der Grammactica,
Rhetorica und andern Wissenschafften auslesen; und sie in der
Academie einführen, mit Befehl, sich dieser und keiner andern
Handleitung zu bedienen.
7. Bey der Theologie
insonderheit muß befohlen werden, die Haupt-Dogmata
unsers Glaubens und das Gesetz GOttes
zu dociren; Daher muß der Lehrer
die Heil. Schrifft fleißig lesen, und die Reguln lernen, wie er derselben
Krafft und Auslegung recht begreiffen könne, auch zu dem Ende alle Glaubens-Puncte
mit Zeugnissen aus der Heil. Schrift bestärcken. Damit er sich hierinne
desto besser helffen könne, muß er auch der Heil. Väter Schrifften
fleißig aufschlagen, und zwar solche. welche die Glaubens-Lehren wegen
der in der Kirche entstandenen Streitigkeiten gegen die Ketzer sorgfältig
erklären. Dann es haben unter denen alten Kirchen-Lehrern viele von denen Dogmatibus, der eine von einem, und der
andere von dem andern Dogmate geschrieben...
Uber dieses sind ihm auch die Handlungen und Unterredungen der General-
und Provincial-Concilien sehr
nützlich, und aus dergleichen Lehrern nebst der Heil. Schrifft kan man
eine gründliche theologische Wissenschafft
schöpffen. Ob auch wohl ein Professor der
Theologie aus neuen Lehrern von andern Religionen sich zu helfen
suchen mag, so muß er sie doch nicht zu Lehrmeistern annehmen, noch sich
auf ihr Vorgeben verlassen, sondern sich nur ihrer Anweisung bedienen, was nehmlich
vor Argumenta aus der Schrifft und denen
Kirchen-Lehrern sie brauchen, sonderlich in denen Lehr-Sätzen, in welchen
sie mit uns einerley Meinung führen. Jedennoch muß er auch ihren Argumenten nicht leichtlich glauben,
sondern untersuchen, ob sich auch dasjenige, was sie vorgeben, in der Schrifft
und denen Patribus befinde, und denselbigen
Verstand haben, in welchem sie es anführen; Dann diese Herren lügen
öffters, und bringen gantz falsche Dinge auf die Bahn, zum öfftern
verdrehen sie auch einen sonst richtigen Text: Ich habe
vor dich gebethen, daß dein Glaube nicht aufhöre. Dieses ist
allein von der Person Petri gesprochen: Zum Exempel
wollen wir hier nur allein die Worte des Herrn an Petrum anführen: Ich habe vor dich gebethen, daß dein
Glaube nicht aufhöre. Dieses ist allein von der Person Petri
gesprochen: Die Lateiner aber ziehen es auf ihren Pabst, und folgern
dahero, daß derselbe im Glauben nicht irren könte, wann er auch gleich
wolte. Ein Lehrer der Theologie muß
also nicht aus fremden Vorgeben, sondern aus seinem eigenen Erkänntnißlehren,
zuweiln auch bey gelegener Zeit es seinen Schülern in denen Büchern
selbst zeigen, damit auch dieselbigen von seiner Lehre überzeuget werden,
und keinen Zweiffel haben, ob ihr Lehrer ihnen Warheit oder Lügen vortrage?
8. Bey Gelegenheit und aus Veranlassung
des ietzt gegebenen Raths wird erinnert, daß bey denen Schulen eine hinlängliche
Bibliothec seyn müsse. Dann eine Academie
ohne Bibliothec ist gleichsam entseelet.
Man kan aber eine zureichende Bibliothec vor zwey tausend Rubel anschaffen.
Denen Lehrern stehet frey, die Bibliothec alle Tage und Stunden zu gebrauchen, nur, daß sie die Bücher nicht
in ihren Stuben herum schleppen, sondern in dem Cabinet
der Bibliothec lesen. Vor
die Schüler aber und andere Liebhabere wird dieselbe nur zu gewissen Stunden
eröffnet. Welche nun die Sprache können, sind gehalten, gewisse Tage
und Stunden par Devoir die Bibliothec zu besuchen, an andern Tagen aber mögen sie nach ihrem Belieben in denen
gesetzten Stunden hinein gehen; Anbey soll der Lehrer einen jeden seiner Untergebenen
fragen, was vor einen Autorem er lese,
und was er darinne gelesen, oder daraus excerpiret
habe? ihm auch erklähren, wo er etwas nicht verstehet. Dieses
ist eine sehr nützliche Sache, und machet einen Jüngling bald zu einen
andern Menschen, ob er auch wohl vorher ungeschliffen gewesen wäre...
Von denen Mönchen.
Insonderheit ist der Kloster-Stand, welcher vor Alters dem gantzen Christenthum
gleichsam ein Spiegel und Exempel der Busse und Besserung war, zu diesen Zeiten
in viele Unordnung verfallen: Und dienen zu dessen Verbesserung folgende Reguln.
Wie die Mönche leben sollen?
17. Viermahl im Jahr, nemlich
auf die vier Fasten, ist ein jeder Mönch verpflichtet, zu beichten, und
zu communiciren. Es wäre solches
auch wohl noch öffter nöthig, weil der Wandel dadurch vollkommener
wird. Es haben auch in der ersten Kirchen alle Christen öffters
communiciret, und ist die Messe niemahls ohne Communicanten gewesen: Wie wir solches noch jetzo aus denen dabey gebräuchlichen Worten:
Das Heilige denen Heiligen: item, in der Furcht GOttes und Glaubens tretet herzu, ec. abnehmen können, und der heilige Chrysostomus
straffet diejenigen hart, welche die Communion versäumen.
18. Die Vorgesetzten der Klöster
sollen die Mönche niemahls müßig gehen lassen, sondern ihnen
allezeit eine Arbeit aufgeben. Es wäre auch gut, wenn man allerhand Handwercke,
als das Tischer-Handwerck; Bilder mahlen, und was sonst dem Kloster-Stande nicht
zuwider ist, einführte, die Nonnen aber spinnen, nehen, und Spitzenwürcken,
ec. liesse.
19. Ausser denen Vorgesetzten
der Klöster, und denen veralteten Mönchen, soll niemand im Kloster
einen einigen Diener, auch die Vorgesetzten denn nicht mehr halten, als nöthig
ist. Wegen derer Alten und Krancken aber sollen ordentliche Krancken-Stuben
errichtet, und nach Proportion mit Dienern
versehen werden...
22. Kein Mönch soll einige
dem Kloster zugehörige Sachen, es sey Speise, oder andere Waaren, ob sie
ihm schon zugetheilet wären, weder auf den Strassen in der Stadt, noch
im Kloster, noch irgends an einem andern Orthe verkauffen. Denn dieses ist eine
schändliche und überaus schimpffliche Sache...
25. Essen, Trincken und Kleidung
sollen alle einer wie der andere haben. Dann sonsten würde sich ein jeder
aufs Stehlen legen, damit er sich dafür überflüßige Speise,
Tranck und Kleidung anschaffen könne. Jedoch soll man in der Kleidung zwischen
denen Altar-Bedienten und Layen-Brüdern einigen Unterscheid machen.
26. Niemand hat Macht, etwas aus
dem Kloster wegzugeben, ausser dem Vorgesetzten. Aber auch derselbe muß
es denen ältesten Brüdern melden, und niederschreiben, wenn und warum
er es weggebe? Dann sonsten würde sich ein jeder bemühen, das Kloster-Guth
seinen Verwandten und Freunden unverschämt auszutheilen. Solchergestalt
aber verhüten wir die Sünde und unnütze Kosten, und können
an statt zwantzig Brüder, dreyßig ernehren.
27. In denen Klöstern muß,
nach den Canonibus der heiligen Väter,
ein gemeinschafftliches Leben geführet werden. Dann sonsten würde
ein jeder, was er nöthig hat, besonders verschleppen.
28. Alle Einkünffte aus denen
Kloster-Güthern, und was von gottesfürchtigen Leuten gegeben wird,
wie auch die Kirchen-Gefälle, sollen an einem besondern dazu bestimmten
Orth zusammen gebracht, und daraus, was zu des Klosters, der Kirche, und der
Brüder Nothdurfft erfodert wird, verordnet werden. Dann anders wird dem
Geld-Geitz nicht abgeholffen, welcher aus Begierde, zu höhern Würden
zu gelangen, entstehet, und denen Klöstern den Untergang, denen Verwandten
aber Reichthümer zuziehet. Daher es dann auch geschiehet, daß unwürdige
die Würde eines Diaconi oder Priesters,
und Stuffen-Weise auch die höheren geistlichen Ehren-Aemter an sich ziehen,
und immer einer dem andern vorzukommen trachtet.
29. Niemand soll im Kloster fremdes
Geld und Güther, Bücher ausgenommen, bey sich haben, denn daraus entstehet
Hoffart und Ausübung der Wollüste, welcherwegen viele ins Kloster
gehen, ob sie schon den Schein annehmen, daß sie ihr Fleisch creutzigen
wollen. Wann man nun dergleichen Güther heimlich oder öffentlich findet,
so sollen dieselbige zum Profit des Klosters conficiret
werden...
31. Kein Mönch soll, ausser
gemeiner Nothwendigkeiten, aus dem Kloster in Städte und Dörffer gehen.
Diejenigen aber, welche man nothwendig dahin senden muß, sollen von der
gesamten Brüderschafft dazu erwehlet, und nicht ohne Paß von dem
Vorgesetzten abgelassen werden...
35. In allen Klöstern muß
man die Mönche unterweisen, daß sie nicht allein lesen, sondern auch
verstehen lernen. Hiezu muß man eine besondere Zelle verordnen, und einige
auserlesene Mönche dabey bestellen, welche den Verstand der Göttl.
Schrifft inne haben: und die also unterrichtet worden, soll man zu der Priesterlichen
und andern hohen Würden, wozu sie tüchtig sind, erwehlen.
36. Kein Mönch soll in seiner
Zelle einige Schreiben, oder Auszüge aus Büchern, oder schrifftliche
Bedencken, ohne be¬sondere Erlaubniß seines Vorgesetzten, bey harter
Leibes-Straffe, abfassen. Er darff auch ohne seines Vorgesetzten Vergünstigung
keine Brieffe annehmen, noch, Laut geist- und weltlicher Rechte, Dinte und Pappier
in seiner Zelle halten, ausser denjenigen, welchen solches zum allgemeinen geistlichen
Nutzen von ihrem Vorgesetzten erlaubet wird. Hierauf muß bey denen Mönchen
sehr fleißig Achtung gegeben werden, weil nichts der Mönche stilles
Leben so sehr unterbricht, als ihre unnütze und thörichte Schreiben.
Fals aber ein Bruder unumgänglich nöthig hätte zu schreiben,
so soll er solches im Eß-Saal aus dem gemeinen Dintefaß, und auf
gemeines Pappier, verrichten, und solches zwar mit besonderer Bewilligung seines
Vorgesetzten; eigenmächtig aber soll er sich dergleichen bey harter Straffe
nicht unterstehen...
Von denen
Klöstern.
44. Keinem Mönche soll erlaubet
seyn, Einsiedeleyen zu bauen. Dann dieses thun viele nur, um desto mehr Freyheit
zu haben, und damit sie, von aller Aufsicht entfernet, nach ihrem Gefallen leben,
und von denen zu Erbauung einer solchen Einsiedeley sammlenden Geldern profitiren
können. Diese Leute verlieren dabey in geistlichen Dingen einen grossen
Vortheil. Denn sie haben niemanden, den sie in solchen Sachen um Rath fragen,
oder von dem sie einige Auflösung zweiffelhaffter Gedancken und Gewissens-Fälle
nehmen könten; sie sehen kein Exempel der Kloster-Bemühung vor sich,
und was das meiste, wenn sie in einer solchen Einöde des Todes Stunde überraschet,
so ist niemand, der ihnen in der Kranckheit zur Hand gehet, niemand, der sie
tröstet und unterrichtet, niemand, der ihnen gegen die Furcht, so zur Verzweiffelung
führet, einen Muth einspricht. Die Absonderungen der alten Väter können
uns darinnen nicht zum Exempel dienen. Denn es waren solche in der Christlichen
Gottes-Gelahrtheit wohl unterrichtete Männer, und von grossen Verstand
und Erfahrung... Einem unerfahrnen Menschen aber ist eine solche Lebens-Art
gefährlich, und kan er dabey leicht seine Seele ins Verderben stürtzen.
Zudem können hier in Rußland wegen der kalten Lufft keine rechte
Einsiedeleyen seyn. Denn in den Wüsten von Balestina,
und andern warmen Ländern, findet man Früchte genug, um sich davon
zu unterhalten, und kan sich also jemand gantz und gar von der Welt absondern.
Hier aber kan man des Ackerbaus, der Fischereyen und der Gärten nicht entbehren,
welches dann verhindert, daß die Einsiedeley nicht verborgen und abgesondert
seyn kan.
45. Die Klöster, in welchen
wenig Brüder sind, müssen in eines zusammen gezogen, und selbiges
mit so viel Brüdern besetzt werden, als darinnen Unterhalt haben können.
Jedoch müssen derselbigen zum allerwenigsten dreyßig seyn, um den
Gottesdienst desto besser abzuwarten. Denn, wann derer Brüder zu wenig
sind, so können sie den täglichen Gottesdienst, und die zum gemeinschafftlichen
Leben gehörige Arbeit, ohnmüglich behörig versehen: Daher dann
dergleichen Klöster gantz ohne Gottesdienst bleiben, als ob sie wüste
wären. ... Wann dieses also geschiehet, so wird gewiß in allen Kirchen, (deren in jedem Kloster nicht mehr als drey seyn sollen,
als die Haupt-Kirche, die Tafel-Kirche, und die Krancken-Kirche,) der
tägliche Gottesdienst, wie auch das gemeinschafftliche Leben, und aller
klösterlicher Wohlstand, wegen Anwachses der Brüder, desto mehr blühen,
die zu Pfarr-Kirchen verwandelte aber von denen ordentlichen Priestern desto
besser versehen werden...
Von denen Vorgesetzten der Klöster.
49. Zu denen geistlichen
Praelaturen müssen Männer erwehlet werden, welche von
guten Sitten, im Kloster-Leben erfahren, ohne Tadel und bereits geprüfet
sind, die den Verstand der Schrift und der Kloster-Satzungen wohl inne haben,
damit sie sich des Heyls ihrer Brüder befleißigen, und nicht nur
auf Erbauung der Mauren und Sammlung grosser Schätze sehen, sondern ihrer
Verwaltung wachsam und vorsichtig, ihrem Beruff gemäß, vorstehen...
Diesen Zusatz zu dem Geistlichen Reglement haben
Ihro Kayserl. Majest. selbsten, in eigener hohen Person, in denen letzten Tagen
des Aprilis, und ersten des May-Monaths dieses l722sten Jahres, anzuhören,
und eigenhändig zu verbessern beliebet, und alles Obgesetzte approbiret,
auch zu drucken und zu publiciren befohlen. S.246ff.
Aus: Lust an der Erkenntnis, Russisches Christentum, Ein Lesebuch, Herausgegeben
und eingeleitet von Ingeborg Fleischhauer Serie Piper SP 866