Rudolf Christoph Eucken (1846 – 1926)

  Deutscher Philosoph, der Professor seit 1871 in Basel und seit 1874 in Jena war. Eucken knüpfte an den Deutschen Idealismus, insbesondere an J. G. Fichte an und formte ihn zu einem sozial-ethisch verstandenen, schöpferischen Aktivismus um. Er wandte sich gegen den Intellektualismus der Gelehrtenphilosophie und eine dem Technischen verfallene Scheinkultur und forderte ein von stetiger Bemühung um die substantielle Einheit getragenes, ethisch verwurzeltes Geistesleben, dessen absolute Form er im Göttlichen sah. An diesen Gedanken schloss sich für ihn die Bemühung um die geistige Zusammenarbeit der Völker (»Die Einheit des Geisteslebens in Bewusstsein und Tat der Menschheit«). 1908 erhielt Eucken den Nobelpreis für Literatur.

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Inhaltsverzeichnis
Mensch und All
Die Unentbehrlichkeit eines neuen Christentums
Einheit und Vielheit
Zeit und Ewigkeit (Veränderung und Beharren)
Religion als Durchbruch des Geisteslebens im Menschen

Mensch und All
Dass der Mensch zugleich innerhalb und über der Breite der Erfahrung steht, das bringt in sein Leben eine gewaltige Spannung und Bewegung, das gestaltet selbst den Begriff des Menschen zwiefach: als ein Wesen neben anderen innerhalb des Daseins kann er keinen Vorzug in Anspruch nehmen, und wird alles Überschreiten seines besonderen Kreises zu einem ungebührlichen Anthropomorphismus; in Erhebung über das Dasein, bei Versetzung in den schaffenden Lebensprozess, in das Beisichselbst des Lebens, darf er groß von sich denken, und kann er nach Wahrheit in allumfassenden Sinne streben, freilich nicht aus der Kraft seiner besonderen Art, sondern aus der Kraft des Ganzen, die ihn zu tragen hat. So ist der Mensch ein Wesen, das über sich selbst hinauswächst, etwas, über das wir einerseits hinaus- und zu dem wir andererseits hinaufstreben müssen. Demnach steht Bloßmenschliches und Großmenschliches nebeneinander; dass beides sich oft miteinander vermengte und die Schätzung des einen dabei auf das andere überfloss, das hat unsägliche Verwicklung erzeugt.

Nach solcher Scheidung verstehen wir, wie etwas, was über uns liegt, zugleich als Kraft unseres eigenen Lebens wirken kann. Ein Zusammentreffen eines „über uns“ und eines „in uns“ erscheint im Gedanken der Pflicht, erscheint in den Normen, die alle geistige Arbeit beherrschen. Sie sprechen gebietend zu uns, sie können aber zugleich uns das Allernächste und Vertrauteste werden, etwas, in dessen Aufrechterhaltung wir uns selbst bejahen, unser eignes Wesen erhalten. Auch das wird klar, wie Güter über uns Macht gewinnen können, die jenseits alles Wohlseins des bloßen Menschen liegen, wie das Gute das Angenehme und Nützliche zu überwinden vermag.

Wenn jene Aufdeckung des Geisteslebens als des wahren Selbst des Menschen ihm eine unvergleichliche Größe gewährt, so ist diese Größe an erster Stelle ein Werk des Ganzen, sie kann daher den Menschen nicht zu stolzer Selbstbewusstheit verleiten. Wir sind nicht aus unserer besonderen Natur geistige Lebenspunkte, Stätten geistigen Lebens, die nachträglich zum All in Beziehung treten, sondern wir werden solche Punkte erst aus dem Leben des Alls, nur in ihm, nicht ihm gegenüber, gewinnen wir ein geistiges Selbst. Das ist das große Wunder und die Erweisung einer neuen Ordnung, dass überhaupt selbständige Lebenspunkte entstehen, dass das Alleben an dieser Stelle nicht nur gewisse Wirkungen übt, sondern dass es eine selbsttätige Kraft, ein ursprüngliches Leben erzeugt.

Darin vertritt die Mystik einen notwendigen Grundgedanken, dass das unendliche Leben unmittelbar der einzelnen Stelle gegenwärtig sein muss, und dass der Mensch nicht nur dieses oder jenes leisten, sondern eine Befreiung von seiner anfänglichen Art zu vollziehen und ein neues Leben und Wesen aus der Unendlichkeit zu gewinnen hat. Ohne eine solche Umwälzung bleibt uns das geistige Leben ein nebensächlicher Anhang, wird es nie zum Kern unseres Wesens, und erlangt es nie eine volle Ursprünglichkeit. In verwandtem Gedankengange verlangten die großen Erlösungsreligionen eine „Wiedergeburt“ des Menschen, aber auch über die Religion hinaus galt auf aller Höhe geistigen Schaffens das Werk nicht als eine Leistung des bloßen Individuums, sondern als Mitteilung und Offenbarung einer höheren Macht, die sich im Menschen erweist und ihn über sich selbst hinaushebt, und die ihn keineswegs zu einem bloßen Werkzeug erniedrigt, sondern ihn erst recht zur Selbsttätigkeit erweckt. Auch das gehört hierher, dass gewöhnlich die schaffenden Geister, die geistigen Helden der Weltgeschichte, obschon Menschen von höchster Aktivität, zugleich entschiedene Deterministen waren; ihr eignes Vermögen trat ihnen völlig zurück hinter dem Bewusstsein eines Getragen- und Getriebenwerdens durch eine überlegene Macht.

Aber wenn diese Seite der eigenen Betätigung sich dem Bewusstsein der Handelnden leicht verbirgt und ausgeprägt religiöse Naturen wohl etwas Großes darin fanden, sie vollständig auszulöschen, wenn die Mystik oft in Gefahr geriet, den Menschen ganz und gar in das All verschwimmen zu lassen, in Wahrheit bedarf es auch seiner Entscheidung und Betätigung. Denn so gewiss ein Lebensvermögen an dieser besonderen Stelle durch überlegene Macht gesetzt sein muss, dies Vermögen wird zur Lebensenergie, wird zur vollen Wirklichkeit nur durch unser Anerkennen und Aneignen, nur durch die Zuwendung unserer Gesinnung und Überzeugung. Der Mensch ist kein bloßer Schauplatz, an dem sich etwas ereignet; das Geschehen muss, um wahrhaft geistiger Art zu sein, nicht nur an ihm, sondern in ihm und aus ihm geschehen. Gewiss ist eine Zuwendung immer auch ein Gehobenwerden, aber die Gnade findet dann ihre höchste Bekundung im Schaffen der Freiheit, das Vermögen des Menschen ist kein Abzug vom Göttlichen, sondern es bestärkt und bestätigt dieses. So verringert das Bewusstsein, im Ganzen gegründet und vom Ganzen getragen zu sein, ja durchaus am Ganzen zu hangen, die Kraft des Lebens in keiner Weise; es wird das um so weniger tun, als das Alleben nicht ein starres Sein, sondern ein unendliches Leben bildet, ein unendliches Leben, das an der einzelnen Stelle zu voller Wirkung erst mit jener Aneignung gelangt.

Wie aber die Selbsttätigkeit, so braucht auch die Eigentümlichkeit der Lebenspunkte und der Reichtum der Lebensbeziehungen in das Alleben nicht zu verschwinden. Das Alleben löscht nicht alle Vielheit aus wie der Glanz der Sonne das Licht der Gestirne, sondern es vermag sie in sich aufzunehmen, sie zu läutern und zu veredeln, es führt sie damit erst ihrer eignen Höhe zu. Das Alleben erhebt die kräftigste Ausbildung der Individuen zur Forderung, indem es sie zu einem Gewinn des Ganzen macht: nur muss sie innerhalb seiner, nicht in Absonderung und Entgegensetzung erfolgen. Auch die volle Entfaltung der persönlichen Beziehungen innerhalb des menschlichen Kreises kann hier nicht als ein Raub am Ganzen gelten, da sie ja zu seiner Bereicherung wirken mag. So war es eine Verirrung der religiösen Stimmung, wenn sie ein Gleichgültigwerden gegen den Menschen als Beweis einer vollen Liebe zu Gott verlangte. Nur darauf ist zu bestehen, dass alle Beziehungen von Mensch zu Mensch, alle Liebe von Mensch zu Mensch, auf das Verhältnis zum Alleben, auf die Liebe zu Gott gegründet werden, das erst hebt sie ins Geistige, das erst überwindet jeden Naturtrieb und verleiht der Gesinnung Gehalt und Kraft. So zeigt die geschichtliche Erfahrung den weitesten Abstand zwischen Gefühlen von Liebe und Mitleid, wie die Oberfläche des Lebens sie in der Begegnung der Individuen hervorbringt, und Gefühlen gleichen Namens, welche aus einem gemeinsamen Grundverhältnis zum Ganzen der Wirklichkeit entspringen und die damit erfolgende Vertiefung des Lebens teilen. Dort ein Auf- und Abwogen subjektiver Stimmung, das den Einzelnen stark erregen mag, das aber für den Gesamtstand des Lebens ohne alle Bedeutung ist; hier eine durchgreifende Umwandlung dieses Standes, die Schöpfung eigentümlicher Lebenskreise in den großen Religionen, eine Bildung der Menschheit zu innerer Gemeinschaft, ein Erleben der besonderen Geschicke durch das gemeinsame Los hindurch. Einen so großen Unterschied macht es, ob das Leben an der Zerstreuung der Oberfläche haftet, oder ob es am Leben des Alls und zugleich an einer schöpferischen Tiefe Anteil gewinnt. S.140-145

Die Unentbehrlichkeit eines neuen Christentums
In die große Bewegung und den schweren Kampf eintreten können getrost und freudig nur solche, welche ein höheres Leben als das der bloßen Menschenkultur mit ihren Nützlichkeitsgütern kennen und anerkennen, welche zugleich die Überzeugung hegen, dass die Religion nicht ein bloßes Erzeugnis menschlichen Sehnens und Hoffens ist, sondern dass sie uns eine weltüberlegene und weltdurchdringende Tatsächlichkeit eröffnet und sie in unser Leben einführt, dass sie an erster Stelle ein Werk nicht des Menschen, sondern Gottes ist. Wenn sich an solchem Punkt die Geister schärfer scheiden und zugleich das große Entweder – Oder in unserem Leben volle Deutlichkeit erlangt, so ist das nur ein Gewinn für die Kraft und die Wahrheit des Lebens. Allen ängstlichen Besorgnissen über das, was bei offenem und mutigem Vorgehen kommen kann und kommen wird, sei folgende Erwägung entgegenzuhalten: „Entweder ist die Religion bloß ein durch Tradition und gesellschaftliche Ordnung sanktioniertes Erzeugnis menschlicher Wünsche und Vorstellungen, - dann kann keine Kunst, keine Macht oder List verhindern, dass der Fortgang der geistigen Bewegung ein solches Machwerk zerstöre; oder die Religion ist in übermenschlichen Tatsachen gegründet, dann kann auch der härteste Angriff sie nicht erschüttern, vielmehr muss er schließlich durch alle Not und Mühe des Menschen hindurch ihr dazu dienlich sein, auf den Punkt ihrer wahren Stärke zu kommen und ihre Wahrheit reiner zu entfalten“ (Wahrheitsgehalt der Religion).

Unsere Frage war, ob wir heute noch Christen sein können? Unsere Antwort ist, dass wir es nicht nur können, sondern sein müssen. Aber wir können es nur, wenn das Christentum als eine noch mitten im Fluss befindliche weltgeschichtliche Bewegung anerkannt, wenn es aus der kirchlichen Erstarrung aufgerüttelt und auf eine breitere Grundlage gestellt wird. Hier also liegt die Aufgabe der Zeit und die Hoffnung der Zukunft. S.157-158
Aus: Rudolf Eucken, Geistesprobleme und Lebensfragen, Ausgewählte Abschnitte aus den Werken. Herausgegeben und eingeleitet von Prof. Dr. Otto Braun
Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig. Reclams Universalbibliothek Nr. 5903-5995

Einheit und Vielheit
Das Verhältnis des Christentums zum Problem der Einheit und Vielheit ist keineswegs einfach, verschiedene, ja entgegengesetzte Strömungen walten und wirken hier gegeneinander; mag das viel Verwicklung und Irrung ergeben, es hat auch viel Bewegung und Weiterbildung des Lebens erzeugt. Schon dass das Christentum seinem unterscheidenden Charakter nach eine Religion von ethischer Art ist, treibt nach verschiedener Richtung: die Moral verlangt ein Handeln und damit eine Selbsttätigkeit wie Selbstständigkeit des Individuums, die Religion gewinnt nur Kraft, wo der Mensch seiner Schwäche bewusst ist und bei höheren Mächten Hilfe sucht. Der ethische Zug überwiegt zunächst in der Fassung der Gottesidee, die gegen die der griechischen Welt aufs wesentlichste verändert wird. Denn in dieser bleibt das Göttliche, auch bei der späteren Erhebung über alles sinnliche Dasein, mit dem Ganzen der Welt aufs engste verbunden und verwachsen, es löst sich nicht als eine selbständige Kraft von ihr ab und tritt ihr nicht frei gegenüber; so erscheint auch sein Wirken weniger als ein freies Handeln denn als ein Naturprozeß, der nur ins Geistige gehoben ist, es wird als ein Ausfließen, Ausstrahlen, Hervorgehen usw., jedenfalls aber als ein Geschehen aus Notwendigkeit vorgestellt. Das Christentum dagegen, hier dem späteren Judentum nahe verwandt, sieht in Gott eine selbständige, der Welt überlegene, rein bei sich selbst befindliche Geistigkeit, sein Wirken wird als ein freies Handeln, seine Mitteilung als die Eröffnung einer seelischen Gemeinschaft gedacht. Ohne Zweifel entsteht damit, namentlich in der Fassung der Menge, die Gefahr eines Sinkens unter menschliche Vorstellungen und Interessen, die Gefahr einer Vermenschlichung; aber so weit das um sich gegriffen hat, die Sache geht nicht darin auf, alle Irrungen dürfen nicht übersehen lassen, dass hier überhaupt erst die Wendung zu einer bei sich selbst befindlichen und aktiven Geistigkeit vollzogen worden ist, dass erst die Religion in jener ethischen Gestalt zu ihrer Anerkennung geführt hat.

Der Wandlung im Begriff des göttlichen Wesens entspricht ein neues Verhältnis des Menschen zu ihm. Der Grieche suchte auf der Höhe philosophischer Arbeit sich der Gottheit durch möglichste Steigerung der Erkenntnis zu nähern und dabei ganz mit ihr zusammenzufließen, das Leben kehrt hier nicht wieder an den Ausgangspunkt zurück, um Neueres und Höheres aus ihm zu machen. Dies geschieht aber auf christlichem Boden, indem das Verhältnis zur Gottheit auch im Einzelnen eine neue Tiefe des Lebens eröffnet und ihn auch in seiner Besonderheit zum Gegenstand göttlicher Liebe und Fürsorge macht. Das Einzelwesen, das von Natur und Gesellschaft so gleichgültig behandelt zu werden pflegt, gewinnt aus solcher Beziehung einen unendlichen Wert und darf sich als einen völligen Selbstzweck betrachten, zugleich aber findet es in sich selbst eine Aufgabe, die allem Wirken ins Weite und Ganze vorangeht. Das aber gilt für alle Menschen unterschiedslos, es bemisst und begrenzt sich nicht nach dem Grad der Leistung, sondern es hängt am Ganzen der Seele und seiner Richtung, an dem Aufgebot tätiger Gesinnung. So ein weiter Abstand von der griechischen Denkweise, welche die Verbindung mit der überlegenen Einheit zur Sache des Erkennens nicht machen konnte, ohne große Unterschiede anzutreffen und nur wenige zur vollen Aneignung Gottes zu berufen.

Das Problem der Gewinnung aller Menschen für die geistige Aufgabe ist in unserem Kulturkreise erst durch das Christentum zur Anerkennung gebracht; mag die Aufgabe unsägliche Verwicklungen, im besondern die Gefahr eines Sinkens der geistigen Arbeit unter die Macht des Bloßmenschlichen enthalten, einmal erkannt und anerkannt kann sie nicht wieder zurückgestellt werden. Auch das wirkt zur Steigerung des Individuums, jedes einzelnen Individuums, dass in der ethisch bestimmten christlichen Gedankenwelt das griechische Ideal der Gerechtigkeit dem der Liebe weicht. Wenn dort die Leistungen über die Stellung im Ganzen entschieden, so konnte das Geringe und Schwache keinerlei Schätzung erhalten; dagegen gewinnt es einen Wert, wenn in jedem Menschen sich eine Aufgabe reiner Innerlichkeit eröffnet, und wenn unendliche Liebe alles, auch das Geringste, in gleichem Grade umfasst.

Wird mit dem allen die Bedeutung des Individuums und seiner Entscheidung erheblich gesteigert, so wird zugleich ein Zusammenhang und die Bindung daran nicht aufgegeben, vielmehr wirkt vieles zusammen, um auch dieses zu steigern. Gerade weil das Christentum das Verhältnis zur Gottheit nicht in einzelne Beziehungen und Leistungen aufgehen lässt, sondern in ihm eine Umwandlung der ganzen Seele sucht, kann der Einzelne die entscheidende Wendung nicht von sich aus erzwingen, sondern ein neues Leben muss ihm aus überlegener Macht und Gnade entgegenkommen, ein Reich Gottes muss sich ihm eröffnen und selbst die Bereitwilligkeit darin einzutreten in ihm erst erwecken. Große Welttaten müssen vorangehen, damit an der einzelnen Stelle eine Umwandlung stattfinden könne, oder, wie Hegel es in seiner Sprache ausdrückt: „Dass der Gegensatz an sich aufgehoben ist, macht die Bedingung, Voraussetzung aus, die Möglichkeit, dass das Subjekt auch für ihn sich aufhebe.“ Dabei fällt stark ins Gewicht, dass der Zusammenhang, an den hier der Einzelne gebunden wird, nicht bloß unsichtbarer Art verbleibt, sondern dass er sich auch, und zwar nicht erst später, sondern schon von Anfang an, eine sichtbare Gestalt zu geben sucht, dass sogleich die Tendenz zur Bildung einer Kirche besteht. Das erzeugte unvermeidlich eine Abhängigkeit nicht nur von göttlicher Wahrheit, sondern auch von menschlichen Dingen; je mehr die die sichtbare Ordnung sich befestigte und die unsichtbare an sich kettete, desto mehr Abbruch musste der Freiheit des Einzelnen geschehen; jedes Sinken der Freiheit aber war eine Gefahr für den ethischen Charakter des Christentums.

So enthielt das Christentum, wie jede geistige Bewegung großen Stils auf dem Boden der Menschheit zu tun pflegt, harte Widersprüche, die irgendwelche Ausgleichung finden mussten . . . S.23-26 […]

Das Ganze dieser Lösung des Einheitsproblems, dessen Wirkung auf die Menschheit jedoch durch die Mystik erheblich gemildert wird, ist ein großartiges, in seiner Weise einzigartiges Unternehmen, aber es hat eine Voraussetzung, die nicht unbestreitbar ist: es verlangt eine greisenhafte oder eine geistig noch unreife Menschheit, einer mündigen und kraftbewussten kann sie nicht genügen. Zu einer solchen Mündigkeit aber strebt die Menschheit seit dem Beginn der Neuzeit auf, das eben ist es, was eine neue Epoche herbeiführt und ihr einen unterscheidenden Charakter verleiht. Ein wachsendes Kraftgefühl verlangt ein selbständiges und ursprüngliches Leben, es kann das nicht, ohne die Individuen zu freiester Betätigung aufzurufen. Damit wurde die Autorität zu einem lastenden Druck, die mittelalterliche Synthese erwies sich zu eng für die Fülle des aufstrebenden Lebens. So ward ein Bruch unvermeidlich, und das Leben nahm eine Richtung, die der bis dahin verfolgten direkt widersprach: ging bis dahin die Hauptbewegung von der Vielheit zu einer Einheit, von der Zerstreuung zu einer Ordnung des Lebens, so richtet sie sich nun auf die Vielheit, die Ergreifung und Ausbildung aller besonderen Art; Befreiung von aller Bindung, volle Emanzipation, das wird nun zum leitenden Ziel und zur allesbeherrschenden Forderung. S.30 […]

Der alten, eingewurzelten und in der Überzeugung der Menschheit geheiligten Denkweise mochte dieses Freiheitsstreben als eine bloße Oppositionsbewegung, als ein kecker Abfall und trotziger Übermut erscheinen, solche Vorwürfe sind noch heute nicht verstummt. Dass jenes Streben in Wahrheit mehr war, dass es eine geistige Notwendigkeit enthielt und vertrat, das erweist die unermessliche Bereicherung und Weiterbildung des Lebens, die aus ihm hervorging, die unermessliche Fülle von Tatsächlichkeit, die sich erschloss. Wäre die kräftigere Entfaltung des Individuums nicht mehr als Verneinung und Widerspruch, die Durchsetzung der Individualität hätte nimmer die Quelle von so viel Leben und Schaffen werden können, wie sie in Wahrheit geworden ist. Dass die Wandlung über alle Meinung des bloßen Menschen hinaus in das Grundgewebe des Lebens zurückgreift, das zeigt auch die Veränderung der Innerlichkeit gegenüber dem Mittelalter. An Innerlichkeit hat es diesem keineswegs gefehlt. Aber es war eine Innerlichkeit mehr weicher und passiver Art, der Mensch fühlte sich ledig der Welt im stillen Weben und Schweben des Gemüts; die Neuzeit dagegen entwickelt eine Innerlichkeit aktiver Art, die gewaltige Kraft erzeugen, die Welt unterwerfen und sie den eigenen Forderungen gemäß gestalten will. Was immer das an Problemen enthalten mag, es kann nicht die Wahrheit verdunkeln, die in jener Bewegung emporstieg, die Wahrheit nämlich, dass echtes Geistesleben eine volle Ursprünglichkeit verlangt, diese aber eine Freiheit und Selbsttätigkeit; zu solcher aber gehört notwendig die Anerkennung der Besonderheit jeder einzelnen Stelle, der Individualität. Wo solche Bewegungen aufsteigen und vordringen, da muss das Leben ein wesentlich anderes werden. S.31
Aus: Rudolf Eucken, Einführung in eine Philosophie des Geisteslebens . Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig (1908)

Zeit und Ewigkeit (Veränderung und Beharren)
Das Christentum konnte die Menschheit nicht zu einer völligen Umwandlung aufrufen, nicht einen neuen Stand der Dinge als unerlässlich verkünden, ohne einen Bruch mit der Geschlossenheit der altgriechischen Überzeugung zu vollziehen. Eben sein Erscheinen macht die Grundvoraussetzung klar, auf welcher das Alte, und die sich nun als unhaltbar erweist. Die griechische Lösung des Problems steht und fällt mit der Überzeugung, dass unsere Welt alles ist was sie irgend nur sein kann, dass sie sich in einem normalen Zustande befindet, der keiner Veränderung bedarf und uns zu keinem Eingreifen auffordert. Nur bei solcher Überzeugung konnte die Anschauung des Alls dem Leben seinen Hauptinhalt und zwar einen vollbefriedigenden, ja beseligenden Inhalt geben. Das Christentum dagegen hat die gegenteilige Überzeugung, dass die Welt voll schwerer Verwicklungen ist, dass sie von einem Normalstande, den sie innehaben sollte, und in Wahrheit anfänglich innehatte, herabgesunken ist, und dass es die verlorne Höhe durch eine große Wendung wiederzugewinnen gilt, die ein neues Eintreten göttlicher Liebe und Macht in unseren Bereich erfordert. Zugleich erhält das Weltganze einen wesentlich neuen Anblick, große Taten werden nun zum Kern des Geschehens, sie machen aus dem Ganzen ein ethisches Drama, in dem das Heil der Menschheit, ja des ganzen Alls in Frage steht und das gewaltigste Umschläge in sich trägt. Der Ernst dieses Dramas gestattet keine Wiederholung, der Gedanke eines Rhythmus des Geschehens, eines Auf- und Abwogens der Weltgeschicke kann hier als Frivolität erscheinen. Zugleich erfolgt im Verhältnis von Zeit und Ewigkeit die bedeutsamste Verschiebung. Wohl ließ auch die Höhe der griechischen Spekulation das zeitliche Geschehen auf einer ewigen Ordnung ruhen, aber beides bleibt deutlich voneinander geschieden, die Ewigkeit tritt nicht in den Wandel der Zeit hinein. Das aber ist es, was nach der Überzeugung des Christentums geschieht, mehr als irgend etwas anderes gibt ihm diese Überzeugung einen unterscheidenden Charakter. Das Eingehen des Ewigen in die Zeit muss aber das Geschehen in der Zeit aufs beträchtlichste steigern, gewinnt es doch damit einen Wert für die tiefsten Gründe und die letzten Schicksale der Wirklichkeit.

Der Aufbau eines Reiches Gottes im Bereich menschlichen Daseins
hängt damit aus engste zusammen, nichts unterscheidet beim Zusammenstoß der alten und der neu aufsteigenden Welt die leitenden Denker beider Seiten, einen Plotin und einen Augustin, mehr voneinander als dieses, dass jener die Zeit zu einem bloßen Gleichnis der Ewigkeit herabsetzt und keinerlei geschichtliche Weiterbildung des menschlichen Daseins fordert, während bei Augustin der Aufbau einer religiösen Gemeinschaft, einer kirchlichen Ordnung zum beherrschenden Mittelpunkt der Gedankenwelt wird. Indem der Menschheit mit jenem Aufbau und Ausbau eine große Aufgabe vorgehalten und von ihr eine Entscheidung verlangt wird, gewinnt sie zuerst eine Geschichte wahrhaftiger Art. Es aber jene Aufgabe bleibender Natur. Denn auch nachdem die Bewegung mit dem Siege des Christentums in ruhigere Bahnen eingelenkt ist, verbleibt die Forderung einer weiteren Ausbreitung und Durchbildung des christlichen Lebens. Dabei hat das Christentum von Anfang an in seinem Bilde des Gottesreiches mit seiner vollkommenen Liebe und Reinheit der Menschheit ein hohes Ziel vorgehalten, das alle im Bereich der Erfahrung mögliche Leistung weit übertrifft, das daher in die menschliche Seele eine tiefe Sehnsucht einpflanzt und die Gedanken immerfort über die Gegenwart und die gegenwärtige Ordnung hinaus auf eine in Glauben und Hoffnung vorausgenommene Zukunft richtet.

An dem aber, was hier das Leben an innerer Bewegung und an geschichtlicher Gestaltung gewinnt, nimmt auch die Seele des Einzelnen vollauf teil, ja sie erfährt die Wandlung am unmittelbarsten und tiefsten. Denn nunmehr kann das Leben nicht mehr seine Aufgabe darin finden, nur eine im Grunde schon vorhandene Natur zu voller Deutlichkeit herauszuarbeiten und kräftig festzuhalten. Denn die Steigerung der ethischen Forderung mit ihrem Bestehen auf einem neuen und reinen Menschen macht alle Leistung bloßer Naturkraft unzulänglich und verlangt eine Erneuerung von Grund aus. Damit zuerst entsteht eine Geschichte der Seele und macht sich zum Kern allen Lebens. Die großen Gegensätze des Daseins stoßen hier unmittelbar aufeinander und halten das Leben des Menschen, das sich zwischen ihnen hin und her bewegt, in unablässiger Spannung.

So gibt es hier viel mehr Bewegung und Wandlung als in der antiken Gedankenwelt. Aber andererseits wirkt vieles zusammen, um das Streben nach Beharren festzuhalten und weiter zu verstärken. Die völlige Überweltlichkeit und die persönlichere Fassung der Gottesidee gibt der auch hier, namentlich nach erfochtenem äußeren Siege, auf der Höhe des Lebens ersehnten Ruhe in Gott eine größere Wärme und Innigkeit, noch dringlicher wird das Verlangen nach völliger Befreiung von allem unsteten und unlauteren Treiben der Welt. Das Erscheinen des Ewigen in der Zeit konnte dann leicht so verstanden werden, dass es dem Menschen gestattet, schon inmitten des Lebens sein Sinnen und Denken ganz in das Ewige zu stellen und von aller Zeit zu befreien. Dieser Gedankengang hat sich namentlich in der griechischen Kirche, vor allem in ihrem Mönchstum, befestigt und dauernd behauptet.

In den allgemeinen Verhältnissen aber wirkte zum Beharren namentlich die Überzeugung, dass die Wahrheit, die über das Heil der Seele entscheidet, nicht aus menschlicher Kraft errungen sei und sich weiter erringen lasse, sondern dass sie uns als eine Mitteilung Gottes, als eine übernatürliche Offenbarung komme und als solche keine Veränderung dulde. Der Verlauf der Geschichte macht die Kirche zur Hüterin dieser unwandelbaren Wahrheit; je mehr sich jene von aller weltlichen Umgebung abhebt, je weiter Göttliches und Menschliches, Übernatürliches und Natürliches auseinandertreten, desto höher wird die unantastbare Wahrheit über allen Wandel des menschlichen Lebens, über die ganze Sphäre der menschlichen Arbeit hinausgehoben.

Eine weitere Unterstützung erhielt die Beharrungstendenz durch die Lage des ausgehenden Altertums mit seiner Abneigung gegen alles selbständige Handeln und alle eigne Verantwortung samt ihren Gefahren; wie es im Streben nicht sowohl eine freudige Anspannung der Kraft als eine lähmende Unsicherheit über das Gelingen empfand, so musste es das Glück nicht sowohl im Streben als im Besitz, einem völlig sicheren und unangreifbaren Besitze suchen. Einen solchen Besitz aber schien nur die Religion in der Fassung der Kirche zu gewähren.

Wie diese Beharrungstendenz im Mittelalter innerhalb der Religion weiter um sich griff, so gewann sie nun die ganze Verzweigung des Lebens. Bei aller schwellenden Kraft waren die neuen Völker noch nicht imstande, eine eigne Kultur hervorzubringen, so mussten sie sich an die überkommne halten, und es war kein Wunder, dass diese dabei als der endgültige Abschluss galt und eine unbedingte Verehrung fand. So konnte Aristoteles als der höchste Gipfel menschlichen Erkennens erscheinen, von dem man sich ja nicht trennen dürfe; so galt überall das irgend Erreichbare als in der Vergangenheit schon erreicht. Der eignen Arbeit blieb damit nur die Aufgabe, das Errungene treu zu wahren und es gewissenhaft den späteren Geschlechtern zu übermitteln.

Diese Denkweise pflegte das eigne Leben und den Stand der Umgebung im Licht der Vergangenheit zu sehen, sei es der Anfänge des Christentums, sei es des klassischen Altertums, die Vergangenheit mit ihren Höhepunkten war das seelisch Nächste, wie ein Schleier lag sie zwischen dem Menschen und seiner eignen Zeit. Nur insofern gab es neues zu tun, als die verschiedenen Autoritäten, an die man sich hielt, untereinander auszugleichen waren; eine solche Aufgabe hat die Scholastik aufgenommen und innerhalb der Grenzen der Emsigkeit der Sache in tüchtiger Weise gelöst. So trägt das Leben hier bei aller Emsigkeit nach außen hin, die keineswegs fehlt, im innersten Kern eine große Ruhe und Sicherheit, es bleibt gewöhnlich von aufregenden Seelenkämpfen und einbohrenden Zweifeln verschont; wo solche ausnahmsweise erscheinen, da pflegen sie als etwas Ungeheuerliches erachtet und aufs strengste verurteilt zu werden.

Ihren Höhepunkt erreicht diese Stimmung der Ruhe in der Mystik, in geradem Gegensatz zur harten und rauen Art der Umgebung entwickelt diese eine wunderbare Zartheit und Innigkeit, sie will das Leben der Menschen immer mehr von aller Zeit befreien, ihn jeden Tag jünger machen, ihn ganz und gar in eine „stehende Gegenwart“ versetzen; allem Leid scheint entronnen und reiner Seligkeit zugeführt, wem Zeit wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit wird. Um solcher Ruhe eine sichere Stätte in der Seele zu bereiten, wird hier zuerst das Gemüt als ein reines Beisichselbstsein der Seele von aller äußeren Betätigung geschieden, und wenn solche Vertiefung des Lebens in sich selbst ein freudiges Wirken zur Welt nicht hindert, so hat dieses lediglich als Erweisung der Gesinnung einen Wert. Die enge Verbindung von Gott und Welt, welche die Mystik vertritt, mag zunächst wie die sichtbare Welt so die Zeit zu bloßem Schein und Traum herabsetzen, zu einer Morgenröte, die verschwindet, wenn das Licht der Sonne erscheint, aber es liegt auch die Wendung nahe, dass Welt und Zeit als Ausdruck des ewigen Seins einen engeren Zusammenhang und eine größere Bedeutung gewinnen, es liegen hier wertvolle Keime wie zu einer innerlicheren Erfassung der Welt, so auch zu einer Entwicklungslehre. Dass diese Lehre von der religiösen Spekulation her aufgekommen ist, lässt sich nicht verkennen.S. 55-60
Aus: Rudolf Eucken, Einführung in eine Philosophie des Geisteslebens . Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig (1908)

Religion als Durchbruch des Geisteslebens im Menschen
Aus: Hauptprobleme der Religionsphilosophie der Gegenwart, 4. u. 5. Aufl., Berlin, Reuther & Reichard, 1912, S. 16 ff.
Demnach ist die Bewegung zur Persönlichkeit und Individualität der Ausgangspunkt eines neuen Gesamtstandes der Menschheit; der Aufbau oder doch die Aufrechterhaltung einer selbständigen Geistigkeit im Bereich der Menschheit muß alle einzelnen Lebensbewegungen umfassen und einigen. Dies ist es und dies ganz allein, was dem Dasein des Menschen und dem Ganzen der weltgeschichtlichen Bewegung einen Sinn und einen Wert verleiht; mag das übrige Leben mit der Breite seiner Ausdehnung und der Sinnfälligkeit seiner Leistungen sich noch so sehr die Hauptsache dünken, es ist und bleibt eine Nebensache, eine bloße Umgebung und Bedingung jenes anderen, jenes wesenhaften Kernes, es sinkt zu Schein und Schatten herab, wenn es sich davon ablöst und gar ihm feindlich begegnet.

Dies neue Leben aber hat die engste Beziehung zur Religion. Denn jene Ursprünglichkeit und Selbständigkeit, die der ganzen übrigen Welt entgegentritt und mutig den Kampf mit ihr wagt, kann nicht das Werk des bloßen Individuums und auch nicht ein Erzeugnis der gegebenen natürlichen und gesellschaftlichen Ordnung sein. Ein Ganzes des Lebens kann in den Menschen nur vom überlegenen Ganzen des Lebens gepflanzt sein und muß unablässig von diesem getragen werden.

So besagt es das Eintreten einer neuen Stufe der Wirklichkeit bei uns selbst, inmitten unseres Lebens, damit aber eine Durchbrechung der nächsten Ordnung von Ursachen und Wirkungen, es zerreißt den Zusammenhang der Welt, es macht ein rationales Zusammenfügen der Wirklichkeit, soweit unser Auge reicht, für alle Zeiten unmöglich, es verbietet einen Monismus des unmittelbaren Standes der Welt. Aber wenn die Wirklichkeit reicher ist als unsere ärmlichen Formeln, und wenn sie mehr Gegensätze enthält, als uns Menschen bequem sein mag, sollen wir uns gegen die Anerkennung jenes Reichtums und jener Gegensätze stemmen, um nur ja rasch fertig zu werden? Sollen wir anthropomorph genug denken, um diejenige Beschaffenheit der Welt für wahr und notwendig zu erklären, welche sich unseren menschlichen Begriffen am leichtesten fügt?

Bei unserer Fassung ist es nicht dieses oder jenes am geistigen Leben, was uns der Gegenwart eines überlegenen Lebens versichert und uns mit diesem Leben verbindet, sondern es ist das Ganze eines ursprünglichen und selbständigen Lebens in uns, das jenes gewährt; so verstanden bildet die Religion das Innerste und Eigenste unseres Wesens. Es trägt aber das Leben, das daraus hervorgeht, in sich einen eigentümlichen Gegensatz: es ist in seiner Selbständigkeit voll freudiger Kraft und darf sich auch an der einzelnen Stelle als einen völligen Selbstzweck geben, sich in seiner Ursprünglichkeit und Selbsttätigkeit der ganzen physischen und auch psychischen Welt gegebener Art unvergleichlich überlegen wissen. Aber alles solche Vermögen hat dies neue Leben nicht aus bloßer Natur, sondern nur als Eröffnung göttlichen Lebens in uns, nur durch dessen Kraft und Gegenwart, nur in Bedingtheit und Abhängigkeit von ihm. Auch die Selbsttätigkeit und sie vor allem erscheint hier als mitgeteilt, als Gabe und Gnade einer höheren Macht; mit vollem Recht wurde daher darauf bestanden, daß auch der Glaube, die Aneignung des neuen Lebens, diese dem Menschen scheinbar am meisten eigene Leistung, nicht von ihm aufgebracht werde, sondern ihm
mitgeteilt und in ihm erweckt werden müsse. Das Leben setzt sich hier nicht aus menschlichem und göttlichem Wirken wie aus verschiedenen Stücken zusammen, sondern ganz und gar ist die Höhe des Menschlichen Erweisung göttlicher Macht. „Was haben wir, das wir nicht empfangen hätten?"
So steht alles ursprüngliche Geistesleben, das beim Menschen aufkommt, in irgendwelchem Zusammenhange mit der Religion. S.215-217
Entnommen aus: Georg Wobbermin, Religionsphilosophie, 5. Band der Quellen-Handbücher der Philosophie, Pan Verlag Rolf Heise – Berlin 1925