Johann August Ernesti (1707 – 1781)
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Deutscher Pädagoge,
Philologe, Philosoph und Theologe, der die normative Gültigkeit
der Schrift für die kirchlichen Lehren betonte und sich gegen pietistischen
Subjektivismus und gegen das Heilsziel der unio mystica wandte. Dem Pfarrerssohn lag insbesondere die allgemein verständliche Auslegung und Erläuterung
der Bibel am Herzen. Dabei war er der Ansicht, »dass
der Sinn der Worte in den göttlich inspirierten Büchern nicht
auf andere Weise gesucht und gefunden werden könne, als wie er auch
in (allen) anderen Büchern gesucht und gefunden werden muss«.
Als hervorragender Latinist verdiente sich Ernesti den Ehrennamen »Germanorum
Cicero« . Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon |
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Verteidigung
des Willkürlichen in der Religion
Wenn wir, wie wir es beabsichtigen, die Sakramente betrachten, so befindet sich
in allen eine willkürliche Religions-Verordnung, die die menschliche Vernunft
für sich keineswegs erreichen kann und die keine notwendige Verbindung
mit der göttlichen oder menschlichen Natur hat. Wir
finden auch in der ganzen christlichen Religion nicht leicht eine Sache, bei
der sich das Willkürliche in der Religion mehr an den Tag legt, als die
Taufe. Denn es ist offenbar, dass sie — insofern der Mensch
mit Wasser besprengt wird — nichts enthält,
das für sich eine Wirkung auf die menschlichen Seelen
haben und zu ihrem Heil dienen kann. Dennoch hat es Gott gefallen, durch
sein Gebot und seine Verheißung diese so geringen Sachen zu einem Mittel
der Seligkeit zu machen (um von anderen Absichten zu schweigen)
und dadurch sein Recht in der Religion zu erweisen und zu bestätigen.
Denn diese Besprengung mit Wasser ist nicht eine bloße Zeremonie, die
lediglich die Bedeutung hat, dem Menschen als Erinnerung zu dienen (wie
manche glauben), obwohl auch dies dabei ist.
Ja, wenn sie auch dies wäre, so würde man sie doch als
eine zur Übung des Glaubens und der Gottseligkeit dienende Verordnung annehmen
müssen. Allein sie ist ein Stück der christlichen Religion, das zur
Seligkeit notwendig ist, und diese Notwendigkeit rührt einzig und allein
von dem Willen Gottes und seinem Ratschluß her.
Daher wird sie auch ausdrücklich zu dem freien Willen Gottes (Luk.
7,30) oder, wie Paulus sich ausdrückt (obschon in einer anderen Sache; Eph. 1,2), zum
freien Ratschluss Gottes gerechnet. Diese Stelle beweist unsern Satz sehr
deutlich. Es wird dort (Luk. 7,29 f.) gesagt,
das Volk und die sündhafteste Gattung der Menschen, die Zöllner, hätten
die Lehre des Johannes angenommen, sich taufen lassen und dadurch Gott sein
Recht zugestanden. Indem sie sich taufen ließen, bekannten sie sich zu
Gottes Recht und gaben Gott Recht. Wie haben sie dieses getan? Dadurch, daß sie bei der Erlangung der Seligkeit den freien Willen
Gottes anerkannten, sich seinem Willen und seinem Ratschluss unterwarfen
und das, was er ihnen in der Taufe mitteilte, als göttliche
Wohltat betrachteten.
Was haben aber die jüdischen Lehrer getan? Sie verwarfen die Taufe. Was
begingen sie dadurch? Eine Verachtung des göttlichen Ratschlusses hinsichtlich
der Seligkeit der Menschen: Sie entrissen, soviel an ihnen lag, Gott das Recht,
die Religion zu verordnen. Denn der Wille Gottes (boulè theou) ist in der Sache der Religion nicht
ein bloßer Rat Gottes, wie es in unserer Sprache lautet, sondern
die von Gott vorgeschriebene Art und Weise, die Seligkeit zu hoffen und zu erlangen,
der freie Ratschluss Gottes darüber, auf welche Art die Seligkeit
zu suchen ist.
So sagt Paulus ebenfalls bei Lukas (Apg.
20,27), er habe den ganzen Rat Gottes, d. h. alle zur Seligkeit notwendigen
Teile der christlichen Religion, hauptsächlich die Bekehrung zu Gott und
den Glauben an unsern Herrn Jesus Christus, gepredigt (v.
21). Das Wort aber (athetein = brechen,
verwerfen), dessen sich Lukas (7,30) bedient
hat, wird eigentlich im Hinblick auf Gesetze und auf die, die das Recht haben,
Gesetze zu geben, deren Verordnungen man gehorchen muß, gebraucht (Hebr.
10,28; Jud. 8). Was wir nun von der Taufe gesagt haben, das hat sie mit
dem ersten Sakrament des Alten Bundes gemein, dessen Äußeres
in der Beschneidung der männlichen Vorhaut bestand.
Was aber das Sakrament des Leibes und Blutes Jesu Christi als das zweite im
Neuen Bunde betrifft, so ist es nicht von der gleichen Notwendigkeit wie die
Taufe, weil es mehr eine Übung und Beförderung
des Glaubens und der Liebe gegen Gott und die Menschen und ein liebenswürdiges
Pfand der Hoffnung unserer Seligkeit ist als ein Vorschlag und eine Weise, die
durch Christus erworbene Seligkeit zu erlangen. Aber es liegt doch die Notwendigkeit
in ihm, daß der weder Glauben noch Hoffnung auf Seligkeit haben kann,
der sich dieses Sakramentes bedienen kann, es aber nicht gebraucht. Darin ist
es jenem Sakrament des Alten Testamentes - d. h. dem Osterlamm - vollkommen
ähnlich.
Alle solche Anordnungen besitzen ihrer Beschaffenheit nach keine
natürliche Notwendigkeit. Sie leiten ihre Notwendigkeit vom
Willen ihres Stifters her und gehören unter die Zahl der willkürlichen
Dinge. Diese Notwendigkeit besteht nicht in der Einsetzung, sondern im Gebrauch.
Auf Grund der göttlichen Vorschriften muß der Mensch diese Verordnungen
fleißig beobachten. Aber weder die göttliche
noch die menschliche Natur besitzen etwas, wodurch Gott genötigt worden wäre, gerade diese Stücke der Religion
zu verordnen. Sie haben also vermöge der göttlichen Einsetzung eine
notwendige Verbindung mit der Religion, aber keineswegs mit der göttlichen
oder menschlichen Natur. Wäre dies der Fall, so hätte die menschliche
Vernunft an sich diese Dinge einsehen können. Jeder weiß, daß das Gegenteil richtig ist.
Niemand darf einwenden, solche Stücke der jüdischen oder christlichen
Religion seien nicht willkürlich, weil sie
erstens den göttlichen
Vollkommenheiten gemäß sind und
zweitens der menschlichen Natur angemessen sind.
Alle diese willkürlichen Stücke der Religion enthalten nichts,
das der göttlichen und menschlichen Natur entgegensteht. Aber darum liegt in ihnen nicht eine solche Notwendigkeit, daß man einsehen
und zwingend beweisen kann, Gott habe diese Dinge vorschreiben und unter die
Stücke der Religion setzen müssen, wenn er seine Güte und Heiligkeit
erhalten wollte. Solch eine Notwendigkeit gibt es nur in der natürlichen
Religion, die völlig notwendig »folgerichtig« ist. Daher kommt es, daß der Mensch mit seiner Vernunft alle Stücke
der natürlichen Religion begreifen kann und begriffen hat.
Diese beiden Fragen sind von den neueren Streitern ohne allen Grund verwechselt
worden. Man sehe sich die Verordnungen in einer Republik, in den Künsten,
im Unterricht an. Man wird finden, daß sie alle eine gewisse Verbindung
mit der Sache, um deretwillen sie angeordnet wurden, gemein haben. Aber niemand
hält sie deswegen für notwendig, sondern erkennt das Willkürliche.
Gott konnte die Anordnung der Sakramente auch fortfallen lassen, denn er hatte
den Menschen schon vor ihrer Einsetzung die Seligkeit erteilt. Er konnte sich
auch anderer Sakramente bedienen. Wer mag sich erkühnen, der
göttlichen Weisheit so enge Grenzen zu setzen, daß sie außer
diesen nichts anderes hätte erdenken können. Daß Gott die Sakramente in die Religion eingeführt hat, daß
er diese anstatt anderer erwählt hat, darin muß man Freiheit des
göttlichen Willens erkennen, Freiheit, die zwar weise, gütig und heilig,
aber doch Freiheit ist, die man ihm, ohne sein Wesen zu verletzen, nicht absprechen
kann.
Und dieses kann auch leicht auf den anderen willkürlichen Teil der christlichen
Religion, d. h. auf den Glauben, angewendet werden. Denn auch er wird zum Ratschluß
Gottes gerechnet (Apg. 20,25). Er ist der Schwachheit
der menschlichen Natur so angemessen, daß die Gnade Gottes gegen die Menschen
nirgends mehr in die Augen leuchtet als hier. Aber trotzdem kann doch auf keine
Weise eine Notwendigkeit festgestellt werden, um deretwillen Gott gerade diese
Weise, die Seligkeit zu suchen, verordnet hat. Es hat Gott gefallen, sagt Paulus (s. Kor. 1,21) durch törichte Predigt
selig zu machen, die daran glauben. Es ist also ein freier göttlicher Wille (eudokia) in der ganzen Ordnung des Heils — dergestalt, daß er Menschen, die von eitler
Weisheit aufgeblasen sind und alles nach ihren eigenen Meinungen abmessen
töricht scheint, denen aber, die recht und bescheiden urteilen und die Geheimnisse der göttlichen Weisheit ehrfurchtsvoll
beurteilen, reich an Weisheit ist.
Sofern die christliche Lehre den Menschen vorschreibt, wie sie die Seligkeit
suchen und erlangen sollen, hat sie nichts Willkürliches als den Glauben
und die Sakramente. Dies ist denen, die in der christlichen Lehre überall
eine göttliche Hoheit erblicken, so offenbar, daß gar keine Erklärung
nötig zu sein scheint.
Trotzdem ist dies durch die unnütze Spitzfindigkeit oder gezwungene Künstelei
derer, die einen Demonstrationskitzel aus den Schulen der Weltweisen in die
Gottesgelehrtheit mitgebracht haben, so verdunkelt worden, daß man wenigstens
die Dunkelheit der metaphysischen Demonstrationen vertreiben muß. Solch
ein Kitzel befällt Leute, die in den Geisteswissenschaften unerfahren sind,
leicht. Wir wollen nur den Hauptinhalt ihrer Beweise angeben. Ihre Urheber gehen
uns nichts an, denn wir tadeln die Sache, nicht die Personen. Der Inhalt läuft
darauf hinaus, daß sie behaupten wollen, alles,
was Gott beschlossen und getan habe, damit der vom Verderben erlöste Mensch
die ewige Glückseligkeit erlangen könne, stehe in solcher Verbindung
mit seiner Güte und Weisheit, daß er kaum, ja gar nicht anders handeln
konnte. Wie es kleinen Geistern gewöhnlich zu begegnen pflegt, haben
sie, vom Schein der Kunst und Scharfsinnigkeit geblendet, die ganze Beschaffenheit
des Streites verwirrt.
Sie haben nicht eingesehen, daß zwei Dinge
himmelweit unterschieden sind:
Erstens: Gott hat dieses
also gemacht, beschlossen, gewollt, also ist es gut, weise, seiner Herrlichkeit
angemessen und zu rühmen.
Zweitens: Dies scheint mir
nicht gegen die göttliche Güte und Weisheit zu sein, ich und andere
wissen nichts, das besser ist, also hat er oder wird er nichts anderes tun können,
denn er erwählt notwendig, vermöge der Vollkommenheit seiner Natur,
das Beste.
Der erste Schlussist vollkommen wahr und
standhaft zu behaupten, und wenn jemand hier die Beweise der göttlichen
Gütigkeit und Weisheit - a posteriori und
induktiv - erforschen und andere lehren wollte, so wie es Naturforscher
in diesem unserem Jahrhundert besonders in natürlichen Dingen getan haben,
der würde eine durchaus lobenswerte Sache tun, die man allen empfehlen
kann. Denn Gott hat durch die von ihm verordnete Art, das menschliche Geschlecht
selig zu machen, den Menschen den Reichtum seiner Güte
und seine mannigfaltige Weisheit beweisen wollen (Eph.
1,7; 2,7; 3,10f.), die wir also genau aufzusuchen und zu erkennen haben.
Der zweite Schluß aber ist höchst betrüglich
und einfältig, wie wir kurz zeigen werden.
Zunächst: Wer bist du, o Mensch, wie groß ist
dein Verstand, daß du dich unterstehst, mit schwachen Vernunftschlüssen
- a priori deduktiv - zu
bestimmen, was in jeder oder in einer so großen und wichtigen Sache die
göttliche Güte und Weisheit erfordert? Wer bist du, daß du so
dreist dein Urteil fällst, was Gott tun muss und
warum Gott so gehandelt hat oder handeln musste? Nicht
einmal die Engel glauben es einzusehen oder haben es (im
großen Werk des menschlichen Heils) eingesehen.
Gesetzt, es sei etwas der Größe der göttlichen
Güte gemäß. Folgt daraus, daß es Gott tun muß oder
getan hat? Diese Güte hat dich zu einem scharfsinnigen Gelehrten gemacht.
Viele andere Dinge könnten ebenso angemessen sein.
Ferner: Hat Gott etwas beschlossen, angeordnet und getan,
so ist es gut, und wir müssen bekennen, er habe gütig und weise gehandelt. Aber hat er es deswegen notwendig getan
oder beschlossen? Hat er notwendig eben d i e s beschließen müssen? Sollte wohl jemand so kühn sein
zu sagen, Gott habe nichts anderes gesehen, worin er ebenso weise und so gütig
hätte handeln können? Wieviel bescheidener und dankbarer ist es, in
der ganzen Einrichtung und Ordnung der wieder erstatteten Seligkeit der Menschen
einen göttlichen freien Willen zu erkennen,
der von allen Fesseln frei ist, die ihm die menschliche Vernunft durch ihre
Spitzfindigkeit anzulegen sucht. Denn das ist ein in unsere
Gemüter eingepflanzter Grundsatz, daß wir die Wohltat um so höher
achten, je freier der Wohltäter bei der Erzeigung besonders einer großen
Wohltat ist.
Dies kann mit deutlichen Sprüchen der Heiligen Schrift bestätigt werden,
in denen diese ganze erneuerte Hoffnung der Seligkeit,
Gnade, Menschenliebe, Erbarmung, Freundlichkeit genannt und ganz als
eine Wohltat bezeichnet wird.
Nachdem wir nun den göttlichen freien Willen bei
der allgemeinen Wohltat des erlösten menschlichen Geschlechtes gerettet
haben, bleibt noch ein letztes. Wir müssen erweisen, daß Gott sich
desselben freien Willens in der Gnadenordnung bedient
hat, nach der die Seligkeit durch seinen in die Welt gesandten Sohn, der für
die Sünden der Welt so grausam getötet wurde und unter den heftigsten
Leiden der Seele und des Leibes starb, bestimmt ist. Hier entsteht die Frage, ob Gott auf keine andere Weise als auf diese den Menschen
helfen konnte?
Wäre dies der Fall, dann hätte Gott in der Weise, die Menschen
zu erlösen, keine Freiheit gehabt. Wir wollen
uns nicht anmaßen, das eine oder das andere zuversichtlich zu behaupten.
Man muß die göttlichen Wohltaten so annehmen, daß man mehr
die Größe derselben erwägt und preist, als daß man untersucht, ob er eine andere Wohltat oder auf eine andere Weise erzeigen
konnte. Ich weiß aber doch einige große Gottesgelehrte, die der
Meinung sind, es hindere nichts zu glauben, daß Gott
vermöge seiner unendlichen Weisheit auf mehrere Weisen seine Güte
und Heiligkeit vereinen und dadurch das Heil der Menschen schaffen konnte.
Nehmen wir dies an, so folgt daraus, daß die Art, derer sich Gott
wirklich bedient hat, unter allen die vorzüglichste
ist, der er sich bedienen konnte (was kann man sich Erhabeneres
vorstellen als den Sohn Gottes), daß aber dabei auch das liebenswerte
freie Wohlgefallen Gottes erkannt wird.
Ich folge dieser Meinung um so williger, als sie der Heiligen Schrift gemäß
ist und sich also auf göttliches Ansehen gründet. Wenn Paulus (Eph.
1,5) sagt: Gott hat uns das Recht der Kindschaft
durch Jesus Christus bestimmt, so setzt er hinzu: nach dem freien Ratschluß
seines Willens, damit seine wunderbare Güte verherrlicht würde. Bald
darauf (v. 7ff.) nennt er die Erneuerung
der Seligkeit durch den Tod Christi einen geheimen Ratschluß seines gütigen
Willens. Daraus kann man schließen, daß ihm diese Art am
besten gefallen hat, den Menschen den überschwenglichen Reichtum seiner
Gnade zu zeigen, indem er uns seine Wohltaten durch Jesus Christus erteilte. Nicht schließen kann man daraus, daß ihm keine
andere Art möglich gewesen wäre.
Es ist umsonst, wenn uns jemand die bekannten philosophischen Lehrsätze
vorwerfen wollte, die da lauten: Ein Weiser und noch weit
mehr Gott tut nichts umsonst, er wählt allemal den kürzesten Weg;
was durch geringe und wenige Dinge geschehen kann, das tut er nicht durch große
und durch viele. Umsonst auch hält man uns jenes Gesetz der körperlichen
Natur entgegen, das das »Gesetz vom Kleinsten«
heißt und das der Witz der Franzosen la loi d‘Epargne,
das Gesetz der Sparsamkeit, genannt hat. Denn alle diese Sätze betreffen
die körperlichen Dinge und die Einrichtung im Reiche der Natur insofern
sie aus unvernünftigen Dingen besteht, nicht aber das Reich Gottes, das
das menschliche Geschlecht betrifft — es sei nun das natürliche
und sichtbare Reich oder das unsichtbare Reich,
das durch Jesus Christus gestiftet ist. Dass Gott im sichtbaren
Reich der Natur nicht nur für die Bedürfnisse der Menschen gesorgt
hat oder einem Gesetz der Sparsamkeit folgte, sondern auch auf unsern Überfluß
und die Annehmlichkeiten des Lebens bedacht war, das ist bekannt. Jene Einschränkung,
die nichts gestattet, als was notwendig ist, und jeder Art ein gewisses und
zwar geringes Maß zuteilt, schickt sich nicht für vernünftige
und freie Geschöpfe und ist wider die angeborenen Begriffe.
Diejenigen vergreifen sich demnach allerdings an der Majestät
Gottes, die seinem freien Willen selbst in der Religion und der Art des wieder
zu erneuernden Heils der Menschen durch ihre schwachen Vernunftschlüsse
Grenzen setzen und ihm zeigen wollen, was er nach den Gesetzen
seiner Weisheit erwählen und tun muß, wo er mehr oder weniger, wo
er dieses und nichts anderes tun, warum er endlich dieses oder jenes erwählen
muß, wenn er seiner Güte und Weisheit gemäß handeln will.
Wir glauben fest, daß Gott in allen den Dingen,
die er um unserer Seligkeit willen getan und in der Religion angeordnet und
befohlen hat, seine allerhöchste Weisheit und Güte bewiesen, daß
er aber auch bei allen diesen Dingen sich seiner Freiheit auf eine seiner Herrlichkeit
angemessene Weise bedient hat und um so mehr zu lieben und zu rühmen ist,
je mehr er sich derselben zu unserem Heil und zu unserm Besten bedient hat. S.153ff.
Aus: Das Zeitalter der Aufklärung. Herausgegeben von Wolfgang Philipp
In der Reihe: Klassiker des Protestantismus. Herausgegeben von Christel Matthias
Schröder Band VII, Sammlung Dieterich Carl Schünemann Verlag Bremen