Ephraem der Syrer (ca. 306 -373)
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Syrischer
Einsiedler, Hymnendichter, theologischer Lehrer und Kirchenvater,
der die Ehrentitel Prophet der Syrer, Harfe des heiligen Geistes, Säule
der Kirche trug. Der als Sohn christlicher Eltern geborene Ephraem war ein ausgezeichneter Theologe der alten syrischen Kirche, dem zahlreiche Bibelkommentare und dogmatische Werke zugeschrieben werden. Siehe auch Wikipedia , Heiligenlexikon und Kirchenlexikon |
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Inhaltsverzeichnis
Das Geheimnis Gottes
Die Seligkeiten
Beschauung und Arbeit
Preis Gottes in seinen Heiligen
Das fruchtbare Gebet
Was ist die Welt?
Das
Geheimnis Gottes
Geheimnisvoll waltest Du überall, Herr, und überall bist Du verborgen!
Du bist in der Höhe zugegen – sie fühlt Dich nicht. Du bist
in der Tiefe zugegen – sie begreift Dein Wesen nicht. Du bist gegenwärtig
im Meere – aber ihm unsichtbar. Du bist auf dem trockenen Lande –
es weiß nicht, dass Du es bist . . . Ganz bist Du nur Wunder, wo immer
wir Dich suchen. Nähe bist Du und Ferne – wer gelangte zu Dir? Der
forschende Geist mit all seinem Streben vermag Dich nicht zu erreichen . . .
Dir nahet der Glaube, Liebe und Gebet.
Wer da der Andacht Opfer bringt und zum Gebete kommt, dem gibt der Weg sich
selbst zu erkennen und führet ihn. Kaum sieht ihn die Pforte, so öffnet
sie sich von selbst vor seinem Opfer. – Wer aber, um sie zu erforschen,
sich naht der Majestät, dem schwinden unsichtbar die Wege, die Pforten
schließen sich. Nur unwegsam und wüst und wahrhaft öde ist`s
dann um den irren Frevler.
Heil dem, der sich den reinen Spiegel der Wahrheit aufstellt und in ihm ersieht,
dass Deine hehre Zeugung nie ausspricht eines Menschen Mund! Heil dem, der schüchtern
der Erkenntnis der Wahrheit naht und durch sie lernt, dass keines Sterblichen
Erforschung der Gottheit Wesen je begreift! Heil dem, der seiner Rede Ohnmacht
erkennt und dessen Herz es fühlt, dass nie des Sohnes Zeugung, die unaussprechliche,
erfasst.
(Zu Christus:) Selig, wer`s vermag, o Herr, Dich mit großer Lieb`zu nennen
den geliebten Sohn, wie Dich Gott, Dein Vater, selbst genannt! Selig, wer von
Fragen seinen Mund zurückhält und Sohn Gottes Dich benennet, wie der
heilige Geist Dich hieß! . . . Selig, wer es weiß, Du lebest ewig
in der Gottheit Schoß, und gedenkt, er sinke einstens in der Mutter Erde
Schoß!
Lob dem Vater, dem Unendlichen, Lob dem Sohn, dem Unerforschlichen, und dem
heiligen Geiste!
Die Seligkeiten
Selig, wer von allen irdischen Sorgen dieses eitlen Lebens ganz frei ist im
Herrn und den guten und barmherzigen Sohn allein liebt.
Selig, wer die Tugenden anbaut und wie ein trächtiger Boden häufige
Früchte des Lebens im Herrn vorbringt . . .
Selig ist, wer beim Gottesdienst und Gebete dasteht wie ein Engel des Himmels,
täglich seine Gedanken rein bewahrt und dem Bösen keinen Zutritt gestattet,
um seine Seele zu Gott, dem Heiland, zu führen.
Selig ist, wer mit Einsicht nach der Tränengabe verlangt und mit Zerknirschung
seine Zähren wie köstliche Perlen ergießt vor dem Herrn.
Selig ist, wer die Heiligung liebt wie das Licht und seinen Leib nicht mit den
finsteren Werken des Bösen befleckt vor dem Herrn.
Selig, wer die Erinnerung an Gott immer in sich bewahrt; denn er wird ganz wie
ein Engel des Himmels auf Erden sein, dienend dem Herrn mit Furcht und Liebe
. . .
Selig, wer mit Furcht und Zittern und heiligem Schauer den unbefleckten Geheimnissen
des Heilands naht und erkennt, dass er das unsterbliche Leben in sich empfängt
. . .
Selig ist, wer täglich schöne und heilige Gesinnungen pflegt und durch
die Hoffnung der Schlaffheit böse Leidenschaft überwindet, kämpfend
wie die Asketen des Herrn . . .
Selig, wer die Heiligen ehrt und den Nächsten liebt und aus seiner Rede
den Neid verbannt, wodurch Kain zum Mörder des Bruders ward . . .
Selig, wer durch den Glauben des Herrn wie eine leuchtende Lampe auf hohem Leuchter
strahlt und die Seelen im Dunkel erleuchtet, die den verkehrten Lehren der Ungläubigen
und Gottlosen folgten . . .
Selig ist, wer mit nachdenkendem Geist den Chor der herrlich glänzenden
Sterne und die Schönheit des Himmels betrachtet und sich innig sehnt, den
Schöpfer des Alls zu schauen.
Selig ist, wer sein Vertrauen nicht auf einen Menschen setzt, sondern auf den
Herrn, der da wiederkommt in großer Herrlichkeit, die ganze Erde zu richten
mit Gerechtigkeit . . .
Selig ist, wer die Sünde, dies einzige Übel, haßt und verabscheut
und Gott, den Guten und Huldreichen, allein liebt.
Beschauung
und Arbeit
Dass die Übung des Gebetes und der Betrachtung des Wortes Gottes der
Ausübung jedes Gebotes und anderen Tugend vorzuziehen sei, bezeugt unser
Herr selbst: Da er einst in das Haus der Martha und Maria einkehrte und Maria
zu seinen Füßen sitzend, ihre Seele mit der Lehre des Heils nährte,
während Martha mit der Bedienung beschäftigt war . . . , da zog unser
Herr das Erste dem Zweiten vor, weil es das Wichtigere sei, und sprach:»Martha,
Martha, du kümmerst dich um vieles; eins nur ist not! Maria hat den besten
Teil erwählt.«
Mit diesen Worten hat der Herr gezeigt, dass die Übung des Gebets und der
Betrachtung der Worte Gottes das Erste und Größte sei. Er hat aber
deswegen den Dienst der Martha nicht für nichts geachtet. Ja, er hat ihn
selber geübt, da er den Jüngern die Füße wusch und sie
dann ermahnte:»Wenn nun ich, euer Herr und Meister, euch meinen Schülern,
die Füße gewaschen habe, so sollt ihr einander die Füße
waschen! Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich getan
habe!« Und: »Wer der Erste unter euch sein
will, der sei der Diener und Knecht von allen, wie auch der Menschensohn nicht
gekommen ist, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und sein Leben zum
Lösegeld hinzugeben für viele!« . . .
Ebenso haben auch die Apostel, wie in ihrer Geschichte geschrieben steht, nachdem
sie zuvor sich auch für die Sorge für die leibliche Verpflegung der
Gläubigen abgegeben, es für besser erachtet, sich ausschließlich
dem Gebet und Worte Gottes zu widmen, da sie sprachen: „Es ist nicht recht,
dass wir die Verkündigung des Wortes Gottes unterlassen und bei den Tischen
dienen, sondern wir wollen Männer voll des heiligen Geistes auswählen
und sie mit diesem Amte beauftragen. Wir aber wollen uns beständig mit
dem Dienst des Wortes Gottes und dem Gebete befassen!“ Siehst du also,
wie die Apostel das eine vom andern wohl unterschieden, obschon beides aus einer
guten Wurzel entspringt!
Das Gebet also werde vorgezogen, eifrig geübt und von euch mehr geschätzt
als die Beobachtung aller andern Gebote. Übrigens geschehe alles nur aus
Liebe zu Gott und in der Absicht, durch die Gnade zur lautersten Reinheit zu
gelangen, nicht nur äußerlich auf die nächste beste Art und
ohne Plan, so dass z. B. das Gebet bloß im Knien bestände oder der
Psalmengesang bloß mit der Zunge gschähe, oder das Fasten und die
Bedienung um etwas anderes willen geübt würde als für Gott, oder
dass wir zufrieden mit den äußeren guten Werken die wahre Heiligkeit
vor uns selbst zudeckten, die da besteht in der Liebe Gottes im inneren Menschen
und die Gott verlangt und der Geist wirkt.
Denn wir sollen nicht in Unwissenheit unser ganzes Vertrauen auf äußere
Werkheiligkeit setzen, sondern als Ziel angesehen die Liebe Gottes mit reinem
Gewissen und aufrichtigem Willen, alle Gebote zu halten. Wenn nämlich die
Liebe herrscht, . . . so ist auch das Kniebeugen mit wahrem Gebete verbunden
und der äußere Dienst wird auf gottgefällige Weise geübt
. . .
So werdet ihr gewürdigt werden, Gottes Kinder, Erben Gottes, Miterben Christi
und Söhne des himmlischen Brautgemaches zu werden und durch die göttliche
Gnade Brüder Christi zu heißen, nach den unaussprechlich herrlichen
Verheißungen aller vom heiligen Geiste eingegebenen Schriften.
Preis Gottes
in seinen Heiligen
Preis ihm, der in seiner Liebe seine Freunde geladen zum Mahle des Lebens, das
nie verwest! . . .
Des Lebens Verheißung gab unser Heiland den Ihn Aufnehmenden, und mit
ihr kam herab seine Gnade und wohnte in seinen Dienern.
Das Reich der Höhe bestimmt er als Verheißung den Ihn Aufnehmenden
und kam schon hier mit seines Wortes Erfüllung der Zukunft zuvor.
Denn mit seiner Verheißung ließ er wohnen seine Kraft in den Ihn
Aufnehmenden und machte sie unter den Sterblichen zur Quelle des Lebens. Heilig
wurden sie durch die Macht seiner Gabe, und es trank die Welt des Lebens Süßigkeit
aus ihren Mühen . . .
Der Engel Ebenbild trugen die Heiligen an sich in der Kirche und dienten Gott
wie Bürger des Himmels unter den Erdbewohnern. Des Fleisches Lüste
überwanden sie in ausharrendem Kampf und machten den Leib zu einem Gefäß der Heiligkeit, nach dem Willen ihres Herrn.
Der Seele Regungen richteten sich auf Betrachtung des Geistlichen und machten
sie zur Wohnung dem Gotte des Weltalls, dass er ruhte in ihnen. –
Worüber sollen wir staunen: dass sie Gefäße Gottes der Allheit gegen
seine Diener? Mit Recht gebühret der Ruhm der Liebe, die er seinen Dienern
erzeigte. Gepriesen sei seiner Herrlichkeit Ehre von und in allen.
In die Wohnung der Gerechten kam seine Gnade herab, der Menschen wegen, um allen
zu spenden von seinen Gaben des Heils, die er seinen Dienern erteilt . . . Denn
sie übten die Wahrheit, ordnend ihr Leben, und erfüllten die Pflicht
und fanden erst Ruhe im Wechsel des Lebens im Namen der Wahrheit . . .
Ein Leben ähnlich dem ewigen Leben erhielt der Mensch und empfing damit
Liebe zum Leben und Haß des Todes . . . So gab ein Leben, das nimmer aufhört,
uns seine Liebe, und der zeitliche Tod unterbricht es nur auf eine Zeitlang.
Den Tod bestimmt Er als Ende des Lebens in Ruhe und Schweigen; dann verleiht
Er ohne Ende ewiges Leben und ewige Freiheit . . .
Kein Weinen ertönt in der Wohnung der Gerechten und keine Seufzer erschallen.
Dort folgen sich immer Lieder des Preises und ewige Wonnen . . .
Preis Ihm, durch dessen Liebe seine Heiligen siegten im Kampfe mit dem Fleische
und ihren schönen Wandel vollbrachten zum Hafen des Lebens!
Preis Ihm, der ihnen im Leben die Gnade verlieh, Wahrheit zu üben, und
nach dem Tode die Kraft erteilte, den Menschen zu helfen!
Preis Ihm, dessen Liebe sich strömend ergießt über die Sterblichen
und der aus Gnade das Menschengeschlecht durch neues Leben belebt! . . .
Preis dem Allbeleber, der allen erzeigt die große Macht seiner Liebe und
dessen Erbarmungsreichtum niemals seine Geschöpfe erfassen!
Preis dem Erbarmer, der aus Gnade das Leben Unwürdigen gibt und unverwesliches
Leben den Toten, die da verwesten, spendet. S.92ff.
Aus: Der mystische Strom. Von Paulus bis Thomas von Aquin. Von Otto Karrer.
Verlag Ars sacra Josef Müller, München
Das fruchtbare
Gebet
Wie die Bäume, welche ihre Wurzeln tief in das Erdreich schlagen, nicht
so leicht vom stärksten Winde ausgerissen werden können: so kann das
in Demut tief gegründete Gebet durch nichts entkräftet werden.
S.128
Was ist die
Welt?
Ein schwimmender Wolkenzug, - leichte vorübergehende Dünste, die ein
Strahl des himmlischen Lichtes aus dem Nichts in die Luft erhebt, und die ein
anderer Augenblick zerstreut hat. Die Tage der Erde sind gezählt; weniger
flüchtig als die Kinder, die sie ernährt, ist sie sterblich, wie diese,
und es naht ihr letzter Tag. Indessen flattern die Menschen auf ihrer Oberfläche,
als wären beide dauerhaft und ewig; und du ewiger Gott, bist für sie
nur ein - Traum!
Zur Frühlingszeit bringen die in der Erde verborgenen Wurzeln ihre Blumen
und verschiedenen Schönheiten hervor, und offenbaren sich wie die Distelartigen.
Auf gleiche Weise wird an jenem Tage jeder an seinem Körper zeigen, was
er getan hat, und sowohl das Gute als das Böse wird offenbar werden.
Die Sonne entlehnt von keinem anderen Gestirne Licht, um die Finsternis zu verscheuchen;
denn sie, als eine Lichtquelle, bedarf keines fremden Lichtes. So werden auch
die Gerechten sein und von ihrem eigenen Lichte glänzen. Dieses wird sie
umfließen und ihnen Bekleidung und Zierde geben. Ganz anders werden die
Bösen, die sich mit aller Unreinigkeit und Schande besudelt haben, am jüngsten
Tage zum Vorschein kommen; sie werden sich selbst Finsternis und Qualen gebären,
wie aus einem Körper, der mit rächender Krankheit befallen ist, Fieberhitze
und mancherlei Schmerzen entstehen. Diese Schmerzen sind sowohl Gebiss und Zäume,
um den Wahnsinn der Kranken einzuhalten, als mächtige Ruten, um ihre Laster
zu bestrafen. S.133f.
Aus: Geistliche Lotterie oder auserlesene Sammlung
heilsamer Gedanken und wichtiger Grundsätze der christlichen Frömmigkeit
von verschiedenen Geisteslehrern, besonders vom heiligen Franz von Sales, Stadtamhof
1840, Druck und Verlag von Joseph Mayr