Empedokles (490 – 430 v. Chr.)

 

Griechischer Philosoph, der aus einer Adelsfamilie stammte und in seiner Heimatstadt Akragas, einer griechischen Gründung an der Südküste Siziliens, eine bedeutende politische Rolle spielte, bis ihn politische Feindschaft nach Griechenland trieb. Zudem war er Heilkundiger und überzeugter Verkünder der Seelenwanderungslehre. Seine Philosophie verbindet Lehren der Eleaten und Heraklits mit eigenen naturphilosophischen Gedanken. Nach seiner Auffassung gibt es kein Entstehen oder Vergehen, sondern nur Mischung und Entmischung der vier Elemente Feuer, Luft, Wasser, Erde, die bestimmt wird von den Urkräften Liebe und Hass.

Weitere Einzelheiten siehe Wikipedia


Inhaltsverzeichnis

Sphairos, Liebe und Hass, Die vier Grundwurzeln aller Dinge, Die göttliche Natur der Seele,
Fall der Seelen, Seelenwanderung, Panpsychismus, Entstehen und Vergehen,
Die Rolle des Zufalls, Erkenntnislehre, Da ist ein heiliger unaussprechlicher Geist . . .

Sphairos
<Empedokles erklärt das Eine für kugelförmig, ewig und unbewegt>... Er nennt aber auch die Elemente Götter und ebenso die Mischung aus diesen, die Welt, und außer <dem den Sphairos, in den sich diese alle> dereinst auflösen werden, dies einförmige <Gebilde>.
Aetinus 17, 28 = 31 A 32

Empedokles sagt, daß unter der Herrschaft der Liebe sämtliche Dinge zu einem einzigen Ganzen werden und <so> den Sphairos bilden, der eine qualitätslose <Masse> ist, so daß in ihm weder die Eigentümlichkeit des Feuers noch eines der anderen Elemente erhalten bleibt, da ein jedes von ihnen seine eigene Form verliert.
Philoponos, Vom Entstehen und Vergehen 19, 3 Vitelli = 38 A 41

Eudemos
nimmt unter der Herrschaft der Liebe im Stadium des Sphairos die völlige Unbewegtheit <der ganzen Stoffmasse> an, nachdem alles vereinigt ist..
.
Simplicius zu Aristoteles, Physik 1183, 28 Diels <zu fr. 27 Diels>

Da kann man weder der Sonne schnelle Glieder unterscheiden noch die zottige Kraft der Erde noch das Meer. So liegt in dem festen Verlies der Harmonie der kugelförmige Sphairos gebannt, der sich der ringsum herrschenden Einsamkeit freut. fr.27

Kein Zwist und kein ungebührlicher Streit herrscht in seinen Gliedern.
fr. 27a

Doch der war von allen Seiten gleich und überall endlos, der kugelförmige Sphairos, der sich der ringsum herrschenden Einsamkeit freute.
fr.28

Da breiten sich nicht von einem Rücken zwei Arme aus noch sind da Füße oder schnelle Knie oder zeugende Glieder, sondern es war ein
Sphairos, von allen Seiten sich selber gleich.
fr.29

Die vier Grundwurzeln aller Dinge
Höre zuerst von den vier Grundwurzeln aller Dinge: Zeus, der Schimmernde, Hera, die Leben verleihende, und Hades und Nestis, die aus ihren Tränen sterblichen Quell entspringen läßt. fr.6

Liebe und Hass
Aber als der mächtige Streit in den Gliedern <des Sphairos> herangewachsen und zu Ehren emporgestiegen war, als die Zeit erfüllet ward, die ihnen wechselseitig von einem breiten Eide gezogen ist... fr. 30


Nachdem wieder der Streit obzusiegen begonnen hat, da entsteht wieder Bewegung im Sphairos: »Denn sämtliche Glieder des Gottes‘ wurden der Reihe nach erschüttert.« fr. 31 <Simplicius zu Aristoteles, Physik 1184, 2 Diels>

Siehe zu, daß du nicht den
»Streit« des Empedokles auf die Dinge losläßt oder gar gegen die Natur die alten Titanen und Giganten in Bewegung setzest und jene sagenhafte und furchtbare »Unwelt« <Akosmia> und Verkehrtheit zu sehen begehrst, indem du für sich gesondert setzest alles Schwere und gesondert alles Leichte <es folgt fr. 27, 1 f.> wie Empedokles sagt, <wo> die Erde nicht an der Wärme teilhatte und das Wasser nicht an der Luft und nichts von den schweren Stoffen oben und nichts von den leichten unten war, sondern ungemischt und ungesellt <die Elemente waren> und »Monaden« die Prinzipien des Weltganzen <bis dann die Herrschaft der Liebe anbrach>. Plutarch, Vom Gesicht im Monde 12 S. 926 D = Lemma zu fr. 27

Denn freundlich verbunden mit ihren Teilen sind all diese <Elemente>: Sonne, Erde, Himmel und Meer, soviele von ihnen weithin verschlagen in der irdischen Welt gewachsen sind. Und ebenso ist alles, was zur Mischung mehr geeignet ist, einander verwandt und durch Liebe verbunden. Feindselig dagegen ist alles, was nach Ursprung, Mischung und ausgeprägten Gestalten weit voneinander verschieden ist, völlig ungewohnt, sich zu verbinden, und gar unglückselig nach dem Willen des Streites, dem es seinen Ursprung verdankt. fr.22

<Wasser> ist dem Wein wahlverwandter, aber mit Öl lehnt es die Vereinigung ab
. fr. 91

Empedokles lehrt, daß die Welt untergeht infolge der abwechselnden Obmacht des Streites und der Liebe.
Aetius II 4, 8 = 31 A 52

Die andern Denker behaupten, daß abwechselnd dieselbe Welt entstehe und vergehe und, aufs neue entstanden, aufs neue vergehe, und daß diese Aufeinanderfolge ewig wäre, wie Empedokles behauptet, daß die Liebe und der Streit abwechselnd obsiegen und daß jene alle Dinge in Eins zusammenführe und die Welt des Streites zerstöre und aus ihr den Sphairos werden lasse, daß dagegen der Streit wieder die Elemente trenne und diese Welt werden lasse. Simplicius zu Aristoteles, Vom Himmel 293, 18ff. Diels = 31 A 52

Empedokles setzt nicht <etwa> die einen Dinge als vergänglich, die andern als unvergänglich, sondern alle als vergänglich, mit Ausnahme der Elemente. Aristoteles, Metaphysik II 4. 1000 b 18 ff. = 31 A 52

Zweierlei will ich dir sagen: denn bald wächst ein einziges Sein aus Mehrerem zusammen, bald wird es wieder Mehreres aus Einem. Zwiefach der sterblichen Dinge Entstehung, zwiefach auch ihr Dahinschwinden. Denn die Vereinigung aller Dinge erzeugt und zerstört die eine; die andere aber, kaum herangewachsen, fliegt davon, wenn sie <die Elemente> sich wieder scheiden. Und dieser fortwährende Wechsel hört niemals auf: bald kommt alles durch die Liebe in Eins zusammen, bald wieder scheiden sich alle Dinge voneinander durch den Haß des Streites — sofern nun auf diese Weise Eins aus Mehrerem zu werden pflegt und wieder aus der Spaltung des Einen Mehreres hervorgeht, insofern entstehen die Dinge und haben kein ewiges Leben; insofern aber ihr ständiger Wechsel niemals aufhört, insofern sind sie ewig unerschüttert im Kreislauf.
Wohlan, hör auf meine Worte, denn Lernen stärkt den Verstand. Wie ich schon vorher gesagt habe, als ich das Ziel meiner Rede kundtat: zweierlei will ich dir sagen, bald wächst Einziges aus Mehrerem zusammen, bald wieder spaltet es sich aus Einem zu Mehreren, zu Feuer, Wasser, Erde und der Luft unendlicher Höhe, und gesondert von ihnen der verderbliche Streit, gleich stark auf allen Seiten, und die Liebe unter ihnen, gleich an Länge und Breite. Dies schaue du mit dem Geist (und sitze nicht da mit staunenden Augen): sie, die auch sterblichen Gliedern eingewachsen ist, wie man weiß, denn durch sie haben sie Gefühle der Liebe und vollenden Werke der Paarung; Wonne nennen sie sie dann oder Aphrodite. Aber daß sie auch in den Elementen kreist, das weiß kein sterblicher Mensch. Du aber vernimm meiner Lehre untrüglichen Gang. Sind doch sie alle gleich stark und gleichen Ursprungs. Das eine von ihnen hat dieses, das andere jenes Amt, denn jedes hat seine eigene Wesensart, und der Reihe nach herrschen sie im Kreislauf der Zeit. Und aus ihnen entsteht weder irgend etwas, noch geht etwas verloren. Denn wenn sie in einem fort zugrunde gingen, dann wären sie überhaupt nicht mehr. Denn was sollte dies Ganze vermehren und woher sollte es kommen? Und wohin sollte es vergehen, da nichts von diesen <Elementen> leer ist? Nein, sie allein gibt es, und indem sie durcheinander kreisen, werden sie bald dieses bald jenes, und so geht es in alle Ewigkeit. fr. 17

Wohlan denn, sieh auf die weiteren Zeugen meiner Worte, falls in meiner früheren Schilderung noch ein Mangel ihrer <der Elemente> Gestaltung geblieben sein sollte: sieh auf die Sonne, die alles erwärmt und erleuchtet, und die unsterblichen <Himmelskörper> alle, die von Wärme und Lichtglanz durchtränkt sind, und auf das Naß, das, dunkel und kühl, sich in allem offenbart, und wie aus der Erde die dauerhaften und festen Stoffe hervorgehen. All dieses wird durch den Streit voneinander getrennt und nimmt verschiedene Gestalt an; durch die Liebe aber sehnt es sich nacheinander und kommt zusammen. Denn aus ihnen <den Elementen> entsproßt alles, was war und was ist und was sein wird; Bäume wuchsen empor und Männer und Weiber, wilde Tiere und Vögel und Fische des Wassers und langlebende Götter, die auf das Höchste geehrt werden. Denn s i e nur gibt es, und wie sie durcheinanderkreisen, nehmen sie die verschiedensten Gestalten an. So groß ist die Wandlung infolge ihrer Mischung miteinander. fr.21

Wie aber der Gott mit dem Gott immer heißer aneinander geriet, da gerieten diese <Glieder> zusammen, wie gerade die einzelnen aufeinandertrafen und auch noch viel anderes entstand da in ununterbrochener Folge. fr. 59

Empedokles sagt dies also von der Liebe, d.h. nicht in dem Sinne, daß die Liebe schon die Oberhand hätte, sondern daß sie erst im Begriff steht, diese zu gewinnen, aber auch noch die ungemischten und vereinzelten <Stoffe> offenbart.
Vgl. hierzu Simplicius zu Aristoteles, Vom Himmel 587, 20ff. H. = Lemma zu fr. 59Doch ich will aufs neue anheben und zu jenem Wege des Gesanges mich wenden, den ich schon früher gegangen bin, Rede an Rede fügend: Wenn der Streit in die unterste Tiefe des Strudels gekommen und die Liebe in die Mitte des Wirbels gelangt ist, dann vereint sich in ihr all dieses zu einem einzigen Gebilde, nicht auf einmal <freilich>, sondern das eine kommt von hier, das andere von dort her willig zusammen. Wie sich nun so die Dinge vereinten, begann der Streit an das äußerste Ende zu entweichen. Vieles aber stand noch ungemischt mitten unter Gemischtem, was der Streit noch in der Schwebe zurückhielt. Denn nicht ohne Tadel entwich er gänzlich aus ihnen an die äußersten Grenzen des Kreises, sondern teilweise blieb er noch darin, während er teilweise schon aus den Gliedern <des Alls den Elementen> entwichen war. Soweit er nun aber immer vorauslief, so weit rückte ihm stets der holdgesinnte, göttliche Drang der untadeligen Liebe nach. Da entstanden alsbald sterbliche Wesen, die früher unsterblich zu sein pflegten, und gemischte, die früher ungemischt waren, nachdem sie ihre Pfade gewechselt hatten. Und aus ihnen ergossen sich, wie sie sich so mischten, unzählige Scharen sterblicher Geschöpfe, in tausenderlei Gestalten, ein Wunder zu schauen. fr. 35In diesem Stadium (des Kampfes) irrten die Glieder, infolge ihrer Trennung durch den Streit, noch vereinzelt umher, indem sie nach Vereinigung miteinander strebten. fr. 52 <Simplicius zu Aristoteles, Vom Himmel 587, 18ff.>

Es ergibt sich aber, daß auch unter der Herrschaft der Liebe überhaupt keine Sinneswahrnehmung möglich ist oder doch nur in geringerem Grade, weil sich die Stoffe dann <noch> vereinigen und keine Ausflüsse von ihnen erfolgen.
Theophrast, Von der Sinneswahrnehmung 20 = 33 A 86


Die göttliche Natur der Seele

Er glaubt, daß die Seelen göttlicher Natur sind, göttlich aber auch diejenigen, die an ihnen <den Seelen> »rein als Reine« teilhaben.
Aetius I 7, 28 = 31 A 12 Das dürfte ein weiser Mann wohl nicht wähnen in seinem Herzen, daß die Menschen nur so lange existieren wie sie leben, was sie so »leben« nennen, und ihnen Schlimmes und Gutes widerfahre; daß sie dagegen, bevor sie <aus den Elementen> zusammengefügt waren und nachdem sie sich <in diese wieder> aufgelöst hatten, überhaupt nichts seien. <Hierzu sagt Plutarch, der die Verse anführt:> Das sind nicht Worte eines Mannes, der leugnet, daß die Geborenen und Lebenden existierten, sondern vielmehr die jemandes, der glaubt, daß auch die noch nicht Geborenen und die schon Gestorbenen Existenz haben. fr.15 Menschen umgebenden Erdstoff <nennt er den die Seele umgebenden Körper>. fr.148

<Die Natur,> die die Seelen mit fremdartigem Gewande von Fleisch umkleidet. Vergl. fr.126

Fall der Seelen in die Leiblichkeit, in das »Diesseits«
Es gibt einen Spruch des Schicksals, einen alten, in alle ! Ewigkeit geltenden Beschluß der Götter, der mit breiten Eidschwüren versiegelt ist: Wenn jemand in seinem Frevel seine Hand mit Mordblut befleckt und wer, vom Streite verführt, einen Meineid schwört, aus der Zahl der Dämonen, denen ein langes Leben zuteil geworden ist — alle die müssen dreimal zehntausend Jahre fern von den Seligen umherirren, indem sie im Laufe der Zeit allerlei Gestalten sterblicher Wesen annehmen und des Lebens mühselige Pfade wechseln. Denn der Lüfte Gewalt verjagt sie zum Meere, aber das Meer speit sie aus auf das Land, das Land zu den Strahlen der leuchtenden Sonne; die aber wirft sie in die Wirbel der Lüfte. Einer empfängt sie vom andern, doch es hassen sie alle. Zu ihnen gehöre auch ich jetzt; von Gott verworfen irre ich umher, weil ich dem rasenden Streite vertraute. fr.115

Gott nennt Empedokles hier das Eine und die Einheit jenes <des Sphairos>, in der er sich befand, bevor er durch den Streit losgerissen wurde und in diese Vielheit der Dinge unter der Weltherrschaft des Streites geriet.
Vergl. hierzu Hyppolytus VIII 29 (bei Diehls unter fr.115) in seinen Erläuterungen der Verse des Empedokles

Empedokles sagt, daß es für die Seelen, die gesündigt haben, Gesetz sei, in das Diesseits zu fallen, und er behauptet, daß er selber, von Gott verbannt, hierher gekommen wäre.
Plotin IV, 8, 1Ich weinte und jammerte, wie ich den ungewohnten Ort blickte. fr. 118

Aus welchen Ehren und welcher Fülle der Seligkeit <gestürzt>, weile ich nun auf Erden! fr. 119

... den freudlosen Ort, wo Mord und Groll und Scharen anderer Unheilsgötter, ausdorrende Krankheiten und Fäulnis und Werke der Verwesung auf der Wiese des Unglücks im Dunkel umherschweifen. fr. 121Da waren die Erdmutter und die weitblickende Sonnenjungfrau, der blutige Streit und die ruhig-ernst blickende Harmonie, Frau Schön und Frau Häßlich, Frau Rasch und Frau Trüge und die liebreizende Wahrhaftigkeit und die schwarzäugige Unklarheit. fr. 122 Und die Gestalten des Wachstums und Schwundes, des Schlafens und Wachens, der Bewegung und Ruhe, der reichbekränzten Pracht und des Schmutzes, des Schweigens- und Redens. fr.123, Rowohlts Klassiker, Band 19

Wehe dir, du elendes Geschlecht der Sterblichen, du unseliges! Aus solchem Hader, solchen Seufzern seid ihr entsprossen! fr.124

Denn aus Lebendigem machte er Totes, die Gestalten vertauschend, (und aus Totem Lebendiges). fr.125, Rowohlts Klassiker, Band 19

Ein weiblicher Daimon, der die Seelen mit fremdartiger Fleischeshülle umkleidet. fr.126, Rowohlts Klassiker, Band 19

Seelenwanderung
Er lehrt auch, daß die Seele in mancherlei Gestalten von Tieren und Pflanzen eingehe. Diogenes Laertius VIII 77 = 21 A 1

Ich war ja einst schon Knabe, Mädchen, Strauch, Vogel und aus dem Meere emportauchender stummer Fisch. fr. 117Unter den mühseligen Pfaden der Seelen versteht er ihr wechselvolles Eingehen in die verschiedenen Leiber.... Es wechseln ja die Seelen einen Leib nach dem anderen, da sie vom Streite verpflanzt und gestraft und nicht in der Ruhe ihrer Ureinheit gelassen werden. Vielmehr würden die Seelen von dem Streit mit jeder Art von Strafen gezüchtigt, die Körper auf Körper wechseln müßten... Dann <unter Beziehung auf V. 9—12 von fr. 115>: Das ist die Bestrafung, die der Demiurg <der Streit> mit ihnen vornimmt, wie ein Schmied, der das Eisen umwandelt und aus dem Feuer in das Wasser taucht. Zur Bedeutung der Seelenwanderung im Sinne des Empedokles vgl. insbesondere Hippolytos a. O. zu fr. 115 Unter den Tieren werden sie zu Löwen, die in den Bergen hausen und auf der nackten Erde lagern, unter den schön belaubten Bäumen aber zum Lorbeer. fr. 127

Ihr Freunde, die ihr die mächtige Stadt am gelben Akragas bewohnt, den Burgberg hinauf, nur auf gute Werke bedacht, ehrwürdiger Schutz der Fremdlinge, ihr, die ihr keine Schlechtigkeit kennt, seid mir gegrüßt! Ich wandele unter euch als unsterblicher Gott, nicht mehr als Mensch, von allen geehrt, wie es sich gebührt, Binden und blühende Kränze ums Haupt. Wenn ich mit ihnen, Männern und Frauen, in die blühenden Städte komme, erweist man mir Verehrung. Die Menschen aber folgen mir zu Tausenden, um zu erfragen, wo der Pfad zum Heile führt. Die einen möchten Orakelsprüche haben, die deren fragen wegen allerlei Krankheiten, um ein heilsames
Wort zu vernehmen. Werden sie doch schon lange von argen Schmerzen gequält. fr.112

Zuletzt aber werden sie zu Sehern, Sängern und Ärzten und Führern unter den erdbewohnenden Menschen, und von da wachsen sie empor zu Göttern, an Ehren Reichsten. fr. 146<Sie sind dann> der anderen Unsterblichen Herdgenossen, sitzen am selben Tische mit ihnen, menschlichem Jammer entrückt, in unerschöpflicher Kraft. fr. 147

Panpsychismus

So hat nun alles Anteil erhalten an Atem und Geruch. fr.102

Noch befremdlicher glaubte Empedokles, daß alle Wesen vernunftbegabt wären, nicht nur die Tiere, sondern auch die Pflanzen.
Sextus Empiricus gegen die dogmatischen Philosophen VIII 286 (unter fr.110 bei Diels)Denn wisse nur: alles hat Vernunft und Anteil am Denken. fr.110, 10 Aber das für alle Wesen verbindliche Gesetz ist durch den weiten Luftraum und durch den unermeßlichen Bereich des Sonnenlichtes überall ausgespannt. fr.135

Die Anhänger des Pythagoras und des Empedokles und die andern italischen Philosophen behaupten, daß für uns Menschen nicht nur untereinander und zwischen uns und den Göttern eine Gemeinschaft bestände, sondern auch mit den vernunftlosen Tieren. Denn es gäbe nur einen einzigen Lebenshauch <Pneuma>, der die ganze Welt wie eine Seele durchdringe und uns auch mit jenen vereine. Wir tun daher unrecht und handeln gottlos, wenn wir sie töten und uns von ihrem Fleisch nähren, da wir dann unsere <eigenen> Verwandten morden. Sextus Empiricus I 127 <unter fr. 136 D.>

Entstehen und Vergehen
Etwas anderes will ich dir sagen: Entstehung gibt es von keinem einzigen all der sterblichen Dinge noch ein Ende im verderblichen Tode. Nein! Nur Mischung gibt es und <wieder> Trennung des Gemischten; das Wort »Entstehung« gibt es nur beiden Menschen. fr.8Die aber behaupten, wenn sich beim Menschen die Elemente mischen und ans Licht treten oder beim Geschlecht der wilden Tiere oder der Bäume oder der Vögel, dann entstände etwas; wenn sich aber die Elemente wieder trennen, dann reden sie von unseligem Tode. Zu dieser Redeweise haben sie kein Recht; freilich drücke ich mich selber auch manchmal so aus, es einmal so üblich ist. fr. 9Die Toren! Sie haben ja keine langen Gedanken. Wähnen sie doch, es könnte etwas entstehen, was vorher <überhaupt> nicht vorhanden war oder etwas sterben und in jeder Hinsicht zugrunde gehen. fr. 11Denn es ist unmöglich, daß etwas aus dem gar nicht Vorhandenen entsteht. Und ebenso ist es unmöglich und unerhört, daß etwas, was vorhanden ist, schlechthin zugrunde gehen könnte. Denn immer wird es da sein, wohin es einer jedesmal stellt. fr. 12

Im All gibt es nirgends einen leeren Raum, noch einen, der übervoll wäre. fr.13

Im Weltall gibt es kein Leeres. Woher sollte also etwas hinzukommen? fr.14

Empedokles behauptet, daß es überhaupt keinen leeren Raum gäbe.Theophrast, Von der Sinneswahrnehmung 13 = 31 A 86Und es ist der Schöpfer und Urheber der Entstehung aller gewordenen Dinge der verderbliche Streit, dagegen <die Ursache> des Ausgangs der Welt des Gewordenen und ihre Verwandlung und ihre Rückkehr in die Einheit <des Sphairos> die Liebe. Über sie sagt Empedokles, daß sie beide unsterblich und ungeworden sind und überhaupt keinen Anfang ihres Seins haben, mit folgenden Worten:
Hippolytos VII 29 <Lemma zu fr. 16>

Denn wie sie <Liebe und Streit> früher waren, so werden sie auch fernerhin sein, und niemals wird die unendliche Zeit dieser beiden beraubt sein. fr.16

Empedokles scheint zu behaupten, daß zufolge der Notwendigkeit die Liebe und der Streit abwechselnd die Dinge beherrschen und in Bewegung setzen, während sie sich in der Zwischenzeit in Ruhe befinden. Aristoteles, Physik VIII 1. 252 a 7ff. = 31 A 38Wie Empedokles sagt, werden die Dinge abwechselnd in Bewegung und wieder in Ruhe versetzt; bewegt werden sie, wenn die Liebe aus der Vielheit die Einheit oder der Streit aus der Einheit die Vielheit herstellt; dagegen ruhen sie in den Zwischenzeiten.
Aristoteles, Physik VIII 1. 252 a 7ff. = 31 A 38

Es ist nicht wohl bedacht, die Entstehung <der Welt> aus getrennten und in Bewegung befindlichen <Stoffen> erfolgen zu lassen. Daher läßt Empedokles die Entstehung unter der Obmacht der Liebe beiseite. Denn er hätte das Himmelsgewölbe nicht bauen können, indem er es aus getrennten <Stoffen> herstellte, wo er doch ihre Vereinigung durch die Liebe geschehen läßt. Denn der Kosmos ist zuammengesetzt aus den getrennten Elementen. Daher ist es notwendig, daß er aus einer einzigen und vereinten <Masse> entsteht.
Aristoteles, Vom Himmel III 2. 301 a 14ff. = 31 A 42

Empedokles behauptet, daß die Welt jetzt unter der Obmacht des Streites in dem gleichen Zustande wäre wie früher unter der der Liebe.
Aristoteles, Vom Entstehen und Vergehen II 7.334 a 5 = 31 A 42

Andere Denker aber behaupten, daß aus der Einheit die in ihr ruhenden Gegensätze ausgeschieden würden, wie das Anaximander tut und all die Philosophen, die die Einheit und Vielheit der Dinge behaupten, wie das auch Empedokles und Anaxagoras tun. Denn auch diese lassen sich aus der Mischung <der Stoffe> die übrigen Dinge ausscheiden; sie unterscheiden sich aber dadurch voneinander, daß Empedokles diesen Vorgang periodisch, Anaxagoras dagegen nur einmal erfolgen läßt und daß dieser <als Grundstoffe> die Homöomerien und ihr Gegenteil in unendlicher Zahl annimmt, Empedokles dagegen die sogenannten Elemente.
Aristoteles, Physik I 4. 187 a 20ff. = 31 A 46

Empedokles behauptet, daß männliche und weibliche Wesen entstanden seien, je nach dem Einfluß von Wärme oder Kälte. Daher werde berichtet, daß die ersten männlichen Wesen mehr im Osten und Süden aus der Erde entstanden seien, die weiblichen <mehr> im Norden.
Aetius V 7,1 = 31 A 81 Die Rolle des Zufalls
Man <d.h. Anhänger des Empedokles> behauptet, Feuer, Wasser, Erde und Luft verdankten sämtlich der Natur und dem Zufall ihr Dasein, bewußter Absicht dagegen keines von diesen <Elementen>; und ebenso seien die nach diesen entstandenen Körper, wie Erde, Sonne, Mond und Sterne, durch diese <Ursachen> geworden, die durchaus unbeseelt seien. Und alle die einzelnen <Stoffmassen>, die durch den Zufall der ihnen eigentümlichen Kraft in Bewegung geraten und, so wie sie gerade zusammengetroffen waren, irgendwie gut zueinander paßten, warme mit kalten oder trockene mit feuchten und weiche mit harten, und alle, die infolge der Mischung der Gegensätze zufällig notgedrungen miteinander vermischt wurden — die hätten auf diese Weise und dementsprechend die ganze Welt hervorgebracht, und alles, was auf der Welt ist, wie auch sämtliche Lebewesen und Pflanzen, nachdem alle Jahreszeiten durch sie entstanden waren —, aber nicht durch den Geist — so sagen sie —, auch nicht durch irgendeinen Gott oder infolge einer bewußten Absicht, sondern, ,wie gesagt, durch Natur und Zufall. Platon, Gesetze X 889 B = 31 A 48Und zugleich gibt er keinen anderen Grund für den Wechsel <der Dinge> selber an, als daß es so seiner Natur nach geschieht.
Aristoteles, Metaphysik II 4. 1000 b 12 <bei Diel unter fr. 20> Denn der Streit bewirkt die Trennung <der Elemente>; es wurde aber der Äther < = Luft> nicht etwa vom Streit aufwärts bewegt, sondern bald sagt Empedokles: wie vom Zufall, »denn die Luft stieß auf ihrem Lauf bald so, oft aber auch anders zusammen« <mit den andern Elementen>, bald aber sagt er, daß sich das Feuer seiner Natur nach aufwärts bewege... Was ist nun das erste Bewegende und der Urgrund der Bewegung <nach Empedokles>? Aristoteles, Vom Werden und Vergehen II 6. 334 a 1 <unter fr. 53>Empedokles sagte, daß sich die Luft nicht immer ganz nach oben absondere, sondern wie es sich gerade träfe.
Aristoteles, Physik II 4. 196 a 19 <unter fr. 33 D.>
Da das Blut <im Körper> seiner Natur nach sich auf- und abwärts bewege. .. Aristoteles, Von der Atmung , 7. 473 b 1ff. <unter fr. 100>Gerade wie Empedokles behauptet, daß unter der Herrschaft der Liebe, wie es der Zufall gerade fügte, zuerst Teile der Lebewesen, wie Köpfe, Hände und Füße, entstanden seien und sich dann vereinigt hätten ... Simplicius zu Aristoteles, Physik 371, 32 D. <unter fr. 61 D.>:

Wo nun alles zusammenkam, wie wenn es zu einem bestimmten Zwecke geschähe, das blieb erhalten, da es zufällig <»von selber«> passend zusammengetroffen war. Alles aber, was sich nicht so <unter solcher Voraussetzung> vereinigte, ging und geht zugrunde.
Aristoteles, Physik II 7. 198 b 29 <unter fr. 61 D>

Und er behauptet, daß die meisten Teile der Lebewesen zufällig entstanden seien; so, wenn er sagt (fr. 98, 1): »Die Erde aber traf mit diesen <den anderen Elementen> in annähernd gleichem Verhältnis <zufällig> zusammen«, und dann wieder <fr. 85>: »Die milde Flamme aber erhielt <bei der Bildung des Auges> zufällig nur eine ganz geringe Beimischung von Erdstoff«. fr. 85 <Simplicius zu Aristoteles, Physik 331, 3 D.>

Empedokles hat unrecht, wenn er sagt, die Lebewesen hätten mancherlei <Eigentümlichkeiten>, weil es sich bei ihrer Urentstehung zufällig so getroffen habe; so hätten z. B. auch <gewisse Tiere> ein so gestaltetes Rückgrat, weil es damals geschehen sei, daß die Wirbelsäule durch eine zufällige Wendung <des Tieres> zerbrach. fr. 97 <Aristoteles, Von den Teilen der Tiere I 1. 640 a 18ff.>

Und vieles derart <über die Wirkung des Zufalls> könnte man in dem naturphilosophischen Gedicht des Empedokles finden, was man anführen könnte; so auch die folgende Stelle: »Durch diesen Willen des Zufalls nun haben alle Wesen Bewußtsein.«
fr. 183 <Simplicius zu Aristoteles, Physik 331,10 D.>Und soweit die lockersten Stoffe bei ihrem Fall zufällig zusammenstießen. fr.104

Erkenntnislehre
Die Erkenntnis erfolge auf Grund des Gleichen, das Nichterkennen infolge des Ungleichen. Theophrast, Von der Sinneswahrnehmung 10 = 31 A 86Parmenides, Empedokles, Platon lassen die Sinneswahrnehmung auf Grund des Gleichen entstehen. Theophrast, ebenda 1 = 31 A 86Ferner, wenn auch das Gleiche nicht in die Poren hineinpassen sollte, sondern sie nur berührte, wodurch die Entstehung der Wahrnehmung erklärlich würde; denn auf diese beiden Faktoren führt er die Erkenntnis zurück: auf das Gleiche und auf die Berührung.
Theophrast ebenda 15 <Theophrast in seiner Kritik der empedokleischen Erkenntnislehre>

Die Erkenntnis des Gleichen erfolgt <nach Empedokles> durch das Gleiche. Aristoteles, Metaphysik II 4. 1000 b 5 <unter fr. 109 D.>

»Denn mit der Erde <in uns> sehen wir die Erde, mit dem Wasser das Wasser, mit der Luft die göttliche Luft, aber mit dem Feuer das vernichtende Feuer, mit der Liebe die Liebe, den Streit mit dem traurigen Streite.« fr.109

Diejenigen, bei denen die Elemente zu gleichen Teilen und ähnlicher Form gemischt und nicht zu weit voneinander entfernt gelagert, auch weder zu klein noch zu groß seien, das seien die klügsten Menschen, und sie hätten die schärfen Sinne. Entsprechend sei es bei den ihnen am nächsten kommenden. Die aber, bei denen es umgekehrt sei, das seien die größten Toren. Und diejenigen, bei denen die Elemente dünn und locker gelagert seien, seien töricht und mühselig. Die aber, bei denen sie dicht und in kleine Splitter zertrümmert angeordnet wären, solche Menschen griffen eine Sache hitzig an und unternähmen vielerlei, aber sie brächten nur wenig fertig, weil die Bewegung ihres Blutes zu ungestüm sei. Diejenigen aber, die in einem einzelnen Teil ihres Körpers eine mittlere Mischung hätten, die seien gerade in diesem Bereiche begabt. Daher seien die einen gute Redner, die anderen gute Künstler, weil die einen in ihren Händen, die anderen in ihrer Zunge die rechte Mischung <der Elemente> hätten. Ähnlich verhalte es sich auch mit den anderen Fähigkeiten. Theophrast, Von der Sinneswahrnehmung 11 = 31 A 86Denn eng sind die Hilfsquellen über die Glieder <des Körpers> gebreitet; viel Jammervolles bricht über die Menschen herein, was ihr Denken abstumpft. Und wenn sie einen kleinen Teil ihres Lebens, das gar kein »Leben« ist, überschaut haben, dann fliegen sie eines frühen Todes davon, wie Rauch in die Lüfte gehoben, nur von dem Einen überzeugt, auf das ein jeder gerade stieß, überall umhergetrieben; und doch wähnt jeder, die ganze Wahrheit gefunden zu haben! — So wenig kann diese von den Menschen gesehen oder gehört oder mit dem Geiste erfaßt werden. Du aber wirst, da du einmal hierher geraten bist, nicht mehr erfahren, als sterblicher Geist sich zu erheben vermag. fr.2

Doch wohlan, betrachte scharf mit jedem Sinne, wie ein jedes Ding offenbar ist; und glaube den Augen nicht mehr als den Ohren; schätze auch nicht das brausende Gehör höher als die Wahrnehmungen des Gaumens und setze nicht die Glaubwürdigkeit der anderen Sinne zurück, soweit es einen Pfad der Erkenntnis gibt, sondern suche jedes einzelne Ding zu erkennen, soweit es offenbar ist. fr. 4, 9ff.

Da ist nur ein heiliger unaussprechlicher Geist . . .
Unmöglich ist es, uns die Gottheit nahezubringen, so daß wir sie mit Augen sehen oder mit Händen greifen könnten - was ja doch der Hauptweg ist, auf dem der Glaube in das Menschenherz dringt. fr.133

Ist Gott doch nicht mit menschenähnlichem Haupte an den Gliedern versehen, und es schwingen sich nicht zwei Arme herab von einem Rücken; er hat auch keine Füße oder hurtige Kniee oder behaartes Schamglied. Nein! Da ist nur ein heiliger unaussprechlicher Geist, der mit seinen schnellen Gedanken die ganze Welt durchfliegt.
fr.134
Kröner Stuttgart, Kröners Taschenausgabe Band 119 Die Vorsokratiker herausgegeben von Wilhelm Capelle Die Fragmente und Quellenberichte übersetzt und eingeleitet von Wilhelm Capelle Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Alfred Kröner Verlags, Stuttgart