René Descartes [latinisiert: Renatus Cartesius] (1596 – 1650)

Französischer Philosoph und Mathematiker, der in der Jesuitenschule La Flèche erzogen wurde. Descartes war seit 1618 in Kriegsdiensten, reiste dann in Europa und lebte seit 1629 zumeist in den Niederlanden. 1649 folgte er einem Ruf der Königin Christine nach Stockholm, wo er dann bis zu seinem Tod blieb. Descartes wurde durch sein kritische, alles in Frage stellende Denkweise und seine methodische Naturauffassung zum ersten systematischen Denker der Neuzeit und Begründer des modernen Rationalismus. Er hält dabei noch an der traditionellen Verbindung von Theologie und Wissen fest, behandelt Wissen jedoch nach einer an der analytischen Geometrie entwickelten Methode »klarer« Anschauung und mechanisch-konstruierender Verbindung von Ideen. Sein philosophischer Neuansatz besteht in der Aufstellung eines sicheren Wahrheitskriteriums für alles Erkennen nach vorangegangenem »methodischem Zweifel« an allem Wissen. Die einzige Gewissheit ist für ihn die meditative Erkenntnis: »indem ich denke, bin ich« (cogito ergo sum). Nur was »clare et distincte« (klar und deutlich, unmittelbar-intuitiv und rational unterscheidbar) erkannt werden kann, ist wahr. Mit seinem seinsorientierten Nachweis der Existenz eines ewigen, allmächtigen, allwissenden, allweisen, wahrhaftigen und durch keine Unvollkommenheiten eingeschränkten Gottes will er sicherstellen, dass die Wirklichkeit nicht prinzipiell auf einer Täuschung beruht. Diese methodischen Ansätze führten ihn zu einer dualistischen Weltauffassung, die alles Seiende aus der Zweiheit von geistig-seelischer denkender Substanz (res cogitans) und materieller, ausgedehnter Substanz (res extensa) erklärt. Hierdurch übte er wesentlichen Einfluss auf die erkenntnistheoretische Subjekt-Objekt-Spaltung in der neuzeitlichen Philosophie aus. Das Zusammenwirken beider Substanzen im Menschen führte er auf eine leib-seelische Wechselwirkung durch Verknüpfung (infloxus physicus) über die Zirbeldrüse zurück. Den lebendigen Organismus verstand er als Maschine. Seine mechanistische Weltsicht führte er bis in die Psychologie durch. Die von ihm eingeführte algebraische Bezeichnungsweise hat sich unverändert erhalten, seine analytische Geometrie ist wegweisend und eine Vorstufe der heutigen. Er unterscheidet zwischen »geometrischen«, (algebraischen) und »mechanischen« (transzendenten) Problemen, wobei nur die ersteren exakt lösbar seien, die letzteren aber nur angenähert. Er entwickelte den Fundamentalsatz der Algebra: die Descartessche Zeichenregel und die algorithmische Auflösung der Gleichungen 4. Grades. Mit seinen Gedanken übte Descartes einen erheblichen Einfluss auf das europäische Geistesleben aus, der bis in die Gegenwart reicht.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

Inhaltsverzeichnis
Über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis
Dritte Meditation: Über das Dasein Gottes
Vierte Meditation: Über Wahrheit und Irrtum
Fünfte Meditation: Über das Wesen der materiellen Dinge und nochmals über das Dasein Gottes

Sechste Meditation: Über das Dasein der materiellen Dinge und die reale Unterschiedenheit von Seele und Körper.

Ludwig Feuerbach: Über die Cartesischen Beweise vom Dasein Gottes

Über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis
1. Da wir als Kinder auf die Welt kommen und über sinnliche Gegenstände urteilen, bevor wir den vollen Gebrauch unserer Vernunft erlangt haben, so werden wir durch viele Vorurteile an der Erkenntnis der Wahrheit gehindert und es scheint kein anderes Mittel dagegen zu geben, als einmal im Leben sich zu entschließen, an Allem zu zweifeln, wo der geringste Verdacht einer Ungewissheit angetroffen wird.

2. Es ist sogar nützlich, schon das Zweifelhafte für falsch zu nehmen, um desto sicherer das zu finden, was ganz sicher und am leichtesten erkennbar ist.

3. Dieses einstweilige Zweifeln ist aber auf die Erforschung der Wahrheit zu beschränken. Denn im tätigen Leben würde oft die Gelegenheit zum Handeln vorübergehen, ehe wir uns aus den Zweifeln befreit hätten, und hier muss man oft das bloß Wahrscheinliche hinnehmen und manchmal selbst unter gleich wahrscheinlichen Dingen eine Wahl treffen.

4. Da wir hier aber bloß auf die Erforschung der Wahrheit ausgehen, werden wir zunächst zweifeln, ob die sinnlichen oder bildlich vorgestellten Dinge bestehen. Denn erstens betreffen wir die Sinne bisweilen auf dem Irrtum, und die Klugheit fordert, niemals denen viel zu trauen, die uns auch nur einmal getäuscht haben. Sodann glauben wir alle Tage im Traume Vieles wahrzunehmen oder vorzustellen, was nirgends ist, und es zeigt sich gegen diese Zweifel kein sicheres Zeichen, an dem der Traum von dem Wachen zu unterscheiden wäre.

5. Wir werden auch das Übrige bezweifeln, was wir bisher für das Gewisseste gehalten haben; selbst die mathematischen Beweise und die Sätze, welche wir bisher für selbstverständlich angesehen haben. Denn teils haben wir gesellen, dass Manche in Solchem geirrt und das, was uns falsch schien, für ganz gewiss und selbstverständlich angenommen haben; teils haben wir gehört, dass es einen allmächtigen Gott gibt, der uns geschaffen hat, und wir wissen nicht, ob er uns vielleicht nicht so hat schaffen wollen, dass wir immer und selbst in dem, was uns ganz offenbar scheint, getäuscht werden. Denn dies ist ebenso gut möglich, als die Täuschung in einzelnen Fällen, deren Vorkommen wir bereits bemerkt haben. Setzen wir aber, dass nicht der allmächtige Gott, sondern wir selbst oder irgend ein Anderer uns geschaffen habe, so wird es, je weniger mächtig wir den Urheber, dass wir unvollkommen sind und immer getäuscht werden.

6. Mag nun unser Urheber sein, wer er wolle, und mag er so mächtig und so trügerisch sein, als man wolle, so haben wir doch die Macht in uns, dem nicht ganz Gewissen und Ausgemittelten unsere Zustimmung zu versagen und so uns vor jedem Irrtum zu verwahren.

7. Indem wir so Alles nur irgend Zweifelhafte zurückweisen und für falsch gelten lassen, können wir leicht annehmen, dass es keinen Gott, keinen Himmel, keinen Körper gibt; dass wir selbst weder Hände noch Füße, überhaupt keinen Körper haben; aber wir können nicht annehmen, dass wir, die wir solches denken, nichts sind; denn es ist ein Widerspruch, dass das, was denkt, in dem Zeitpunkt, wo es denkt, nicht bestehe. Deshalb ist die Erkenntnis:

»Ich denke, also bin ich«
(ego cogito, ergo sum)

von allen die erste und gewisseste, welche bei einem ordnungsmäßigen Philosophieren hervortritt.

8.
Auch ist dies der beste Weg, um die Natur der Seele und ihren Unterschied vom Körper zu erkennen. Denn wenn man prüft, wer wir sind, die wir alles von uns Verschiedene für falsch halten, so sehen wir deutlich, dass weder die Ausdehnung noch die Gestalt noch die Ortsbewegung noch Ähnliches, was man dem Körper zuschreibt, zu unserer Natur gehört, sondern nur das Denken. Dies wird deshalb eher und sicherer als die körperlichen Gegenstände erkannt; denn man begreift es schon, während man über alles Andere noch zweifelt.

9. Unter Denken verstehe ich Alles, was mit Bewusstsein in uns geschieht, insofern wir uns dessen bewusst sind. Deshalb gehört nicht bloß das Einsehen, Wollen, Bildlich-Vorstellen, sondern auch das Wahrnehmen hier zum Denken. Denn wenn ich sage: »Ich sehe, oder ich wandle, deshalb bin ich« und ich dies von dem Sehen oder Wandeln, was mit dem Körper erfolgt, verstehe, so ist der Schluss nicht durchaus sicher; denn ich kann meinen, dass ich sehe oder wandele, obgleich ich die Augen nicht öffne und mich nicht von der Stelle bewege, wie dies in den Träumen oft vorkommt; ja, es könnte geschehen, ohne dass ich überhaupt einen Körper hätte. Verstehe ich es aber von der Wahrnehmung selbst oder von dem Wissen meines Sehens oder Wandelns, so ist die Folgerung ganz sicher, weil es dann auf die Seele bezogen wird, welche allein wahrnimmt oder denkt, dass sie sieht oder wandelt.

10. Ich erkläre hier viele andere Ausdrücke, deren ich mich schon bedient habe oder in dem Folgenden bedienen werde, nicht näher, weil sie an sich genügend bekannt sind. Ich habe oft bemerkt, dass Philosophen fehlerhafter Weise das Einfachste und an sich Bekannte durch logische Definitionen zu erklären suchten, obgleich sie es damit nur dunkler machten. Wenn ich deshalb hier gesagt habe, der Satz: »Ich denke, also bin ich,« sei von allen der erste und gewisseste, welcher bei einem ordnungsmäßigen Philosophieren hervortrete, so habe ich damit nicht bestreiten wollen, dass man vorher wissen müsse, was »Denken«, was »Dasein«, was »Gewissheit« sei; ebenso, dass es unmöglich sei, dass das, was denkt, nicht bestehe, und Ähnliches; sondern ich habe nur ihre Aufzählung nicht für nötig erachtet, weil es die einfachsten Begriffe sind, und sie für sich allein nicht die Erkenntnis eines bestehenden Dinges gewähren.

11. Um aber einzusehen, dass wir unsere Seele nicht bloß früher und gewisser, sondern auch klarer als den Körper erkennen, ist festzuhalten, wie nach natürlichem Licht es offenbar ist, dass das Nichts keine Zustände oder Eigenschaften hat. Wo wir mithin solche antreffen, da muss auch ein Gegenstand oder eine Substanz, der sie angehören, bestehen. Ferner ist ebenso offenbar, dass wir diese Substanz um so klarer erkennen, je mehr wir dergleichen Zustände in dem Gegenstande oder in der Substanz antreffen. Nur ist offenbar, dass wir deren mehr in unserer Seele als in irgend einer anderen Sache antreffen, weil es unmöglich ist, dass wir etwas Anderes erkennen, ohne dass uns dies nicht auch viel sicherer zur Erkenntnis unserer Seele führte. Wenn ich z.B. annehme, dass die Erde ist, weil ich sie fühle oder sehe, so muss ich danach noch viel mehr annehmen, dass meine Seele besteht. Denn es ist möglich, dass ich meine, die Erde zu berühren, obgleich keine Erde besteht; aber es ist unmöglich, dass ich dies meine, und meine Seele, die dies meint, nicht sei. Dasselbe gilt von allem Anderen.

12. Wenn dies Personen, die nicht ordnungsmäßig philosophieren, nicht so erscheint, so kommt es davon, dass sie die Seele niemals genau von dem Körper unterschieden haben; und wenn sie auch ihr eigenes Dasein für gewisser als alles Andere erachteten, so bemerkten sie doch nicht, dass unter dem eigenen Dasein hier nur die Seele allein zu verstehen ist; vielmehr verstanden sie darunter bloß ihren Körper, den sie mit ihren Augen sahen und mit ihren Händen betasteten, und dem sie das Wahrnehmungsvermögen fälschlich zuschrieben. So wurden sie von der Erkenntnis der Natur der Seele abgeführt.

13. Wenn nun die Seele, die zwar sich selbst erkannt hat, über alles Andere aber noch zweifelt, rings umherschaut, um ihre Kenntnisse auszudehnen, so findet sie zwar zunächst in sich die Vorstellungen von vielen Dingen; aber so lange sie nur diese Vorstellungen betrachtet, ohne zu behaupten oder zu leugnen, dass etwas ihnen Ähnliches ausserhalb ihrer bestehe, kann sie nicht irren. Sie findet auch gewisse gemeinsame Begriffe und bildet daraus mancherlei Beweise, welche sie für wahr hält, so lange sie darauf Acht hat. So hat sie z.B. die Vorstellungen der Gestalten und Zahlen in sich, und unter anderen gemeinsamen Begriffen den, dass Gleiches zu Gleichem hinzugetan, Gleiches ergibt; auch wird aus solchen leicht bewiesen, dass die drei Winkel eines Dreiecks gleich zwei rechten sind u.s.w. Hiernach hält die Seele dies und Ähnliches für wahr, so lange sie auf die Vordersätze achtet, aus denen sie dies abgeleitet hat. Da man indes nicht immer darauf Acht haben kann, und man sich später besinnt, dass man nicht sicher ist, ob man nicht mit einer solchen Natur erschaffen worden, dass man selbst in dem anscheinend Unzweifelhaftesten sich irrt, so erscheint auch hier der Zweifel für berechtigt, und jede gewisse Erkenntnis unmöglich, so lange man den Urheber seines Daseins nicht kennt.

14. Wenn die Seele dann unter ihren verschiedenen Vorstellungen die eines allweisen, allmächtigen und höchst vollkommenen Wesens betrachtet, welche bei Weitem die vornehmste ist, so erkennt sie darin dessen Dasein nicht bloß als möglich oder zufällig, wie bei den Vorstellungen anderer Dinge, die sie bestimmt auffasst, sondern als durchaus notwendig und ewig. So wie z.B. die Seele in der Vorstellung eines Dreiecks es als notwendig darin enthalten erkennt, dass seine drei Winkel gleich zwei rechten sind, und deshalb überzeugt ist, dass ein Dreieck drei Winkel hat, die zwei rechten gleich sind, so muss sie lediglich daraus, dass sie einsieht, in der Vorstellung eines höchst vollkommenen Wesens sei das notwendige und ewige Dasein enthalten, folgern, dass das höchst vollkommene Wesen bestehe.

15. Sie wird um so mehr davon überzeugt sein, wenn sie beachtet, dass in keiner anderen von ihren Vorstellungen dieses notwendige Dasein in dieser Weise enthalten ist; denn sie wird daraus ersehen, dass diese Vorstellung eines höchst vollkommenen Wesens nicht von ihr gebildet ist und keine chimärische, sondern eine wahre und unveränderliche Natur darstellt, welche bestehen muss, da das notwendige Dasein in ihr enthalten ist.

16. Dies wird, sage ich, unsere Seele leicht annehmen, wenn sie sich vorher von allen Vorurteilen losgemacht hat. Wir sind jedoch gewöhnt, bei allen anderen Dingen das Wesen von dem Dasein zu unterscheiden, auch mancherlei Vorstellungen von Dingen, die niemals sind oder waren, beliebig zu bilden, und daher kommt es leicht, dass, wenn wir nicht ganz in der Betrachtung des höchst vollkommenen Wesens uns vertiefen, nun zweifeln, ob dessen Vorstellung nicht zu denen gehöre, die wir willkürlich bilden, oder bei denen wenigstens das Dasein nicht zu ihrem Wesen gehört.

17. Wenn wir die Vorstellungen in uns weiter betrachten, so sehen wir, dass sie, als bloße Weisen zu denken, nicht sehr verschieden von einander sind, wohl aber insofern die eine diese, die andere jene Sache vorstellt, und dass, je mehr gegenständliche Vollkommenheit sie in sich enthalten, um so vollkommener ihre Ursachen sein müssen. Wenn z.B. Jemand die Vorstellung einer sehr künstlichen Maschine hat, so kann man mit Recht nach der Ursache fragen, woher er sie hat; ob er irgendwo eine solche von einem Anderen gefertigte Maschine gesehen hat, oder ob er die mechanischen Wissenschaften so genau erlernt hat, und seine erfinderische Kraft so groß ist, dass er diese nirgends gesehene Maschine bei sich selbst habe ausdenken können? Denn das ganze Kunstwerk, was in seiner Vorstellung nur gegenständlich oder wie in einem Bilde enthalten ist, muss in dessen Ursache, sei sie, welche sie wolle, nicht bloß gegenständlich oder vorgestellt, sondern wenigstens in der ersten und vornehmsten Ursache in gleichem oder überwiegendem Maße wirklich vorhanden sein.

18. Deshalb können wir, da wir die Vorstellung Gottes oder eines höchsten Wesens in uns haben, mit Recht fragen, woher wir sie haben. Wir werden in dieser Idee eine solche Unermesslichkeit finden, dass wir uns überzeugen, sie könne uns nur von einem Gegenstände eingeflößt sein, welcher wirklich alle Vollkommenheiten in sich vereinigt, d.h. nur von dem wirklich daseienden Gott. Denn es ist nach dem natürlichen Licht offenbar, dass aus Nichts nicht Etwas werden kann, und dass das Vollkommene nicht von einem Unvollkommeneren als seine wirkende und vollständige Ursache hervorgebracht werden kann, und dass in uns keine Vorstellung oder kein Bild einer Sache sein kann, von dem nicht irgendwo in oder außer uns ein Urbild besteht, was alle seine Vollkommenheiten wirklich enthält. Da wir nun jene höchsten Vollkommenheiten, deren Vorstellung wir haben, auf keine Weise in uns antreffen, so folgern wir daraus mit Recht, dass sie in einem von uns verschiedenen Wesen, nämlich in Gott sein müssen oder mindestens einmal gewesen sein müssen, woraus klar folgt, dass sie auch noch bestehen.

19. Dies ist denen, welche gewohnt sind, die Vorstellung Gottes zu betrachten und auf seine höchsten Vollkommenheiten zu achten, ganz gewiss und offenbar. Denn wenn wir auch diese Vollkommenheiten nicht begreifen, weil es die Natur des Unendlichen ist, dass es von uns, die wir endlich sind, nicht begriffen wird, so können wir sie doch klarer und deutlicher als die körperlichen Dinge einsehen, weil sie unser Denken mehr erfüllen, einfacher sind und durch keine Beschränkungen verdunkelt werden.

20. Da indes nicht Jedermann dies bemerkt, und da wir, gleich denen, welche die Vorstellung einer künstlichen Maschine zwar besitzen, aber meist nicht wissen, woher sie sie haben, uns auch nicht entsinnen, dass uns die Vorstellung Gottes einmal von Gott gekommen sei, indem wir sie immer gehabt haben, so ist noch zu untersuchen, von wem wir selbst sind, die wir die Vorstellung eines höchst vollkommenen Gottes in uns haben. Denn nach dem natürlichen Licht kann offenbar ein Ding, was etwas Vollkommeneres weiß, als es selbst ist, nicht von sich kommen; denn sonst hätte es sich selbst alle die Vollkommenheiten zugeteilt, deren Vorstellung es in sich hat, und deshalb kann es auch nur von Jemand kommen, der alle jene Vollkommenheiten in sich trägt, d.h. der Gott ist.

21. Nichts kann die Kraft dieses Beweises erschüttern, sobald wir auf die Natur der Zeit oder die Dauer der Dinge Acht haben; denn deren Teile sind nicht von einander abhängig noch jemals zugleich. Deshalb folgt aus unserem Dasein in diesem Augenblick nicht unser Dasein in der nächst folgenden Zeit, wenn nicht eine Ursache, nämlich die, welche uns hervorgebracht hat, uns fortwährend gleichsam wieder hervorbringt, d.h. erhält. Denn es ist leicht einzusehen, dass diese uns erhaltende Kraft nicht in uns selbst sein kann, und dass der, welcher so mächtig ist, dass er uns, die wir von ihm verschieden sind, erhält, um so mehr auch sich selbst erhält, oder vielmehr, dass er der Erhaltung von Niemand bedarf und deshalb Gott ist.

22. Dieser Beweis vom Dasein Gottes aus seiner Vorstellung hat den großen Vorzug, dass wir, soweit die Schwäche unserer Natur es zulässt, erkennen, wer er ist. Denn wenn wir auf diese uns angeborene Vorstellung blicken, so finden wir, dass er ewig, allwissend, allmächtig, die Quelle aller Güte und Wahrheit und der Schöpfer aller Dinge ist, und dass er endlich Alles in sich hat, was wir klar als eine unendliche oder durch keine Unvollkommenheit beschränkte Vollkommenheit erkennen.

23. Denn es gibt allerdings Vieles, worin wir einige Vollkommenheit bemerken, aber doch auch einige Unvollkommenheit oder Beschränkung antreffen, und was deshalb Gott nicht zukommen kann. So enthält die körperliche Natur in Folge der in der räumlichen Ausdehnung eingeschlossenen Teilbarkeit die Unvollkommenheit, teilbar zu sein, und deshalb ist es gewiss, dass Gott kein Körper ist. Ebenso ist unser Wahrnehmen zwar eine Vollkommenheit; allein in allem Wahrnehmen ist auch ein Leiden, und Leiden heißt von Etwas abhängen, und deshalb kann in Gott kein Wahrnehmen, sondern nur das Einsehen und Wollen angenommen werden; ebenso, dass er nicht wie wir gleichsam durch getrennte Handlungen einsieht, will und handelt, sondern durch eine, immer dieselbe und höchst einfache Handlung. Unter »Alles« verstehe ich alle Dinge; denn Gott will nicht die Bosheit der Sünde; denn sie ist kein Ding.

24. Da also Gott allein von Allem, was ist oder sein kann, die wahre Ursache ist, so folgen wir offenbar dem richtigsten Weg im Philosophieren, wenn wir versuchen, aus der Kenntnis Gottes selbst die Erklärung der von ihm geschaffenen Dinge abzuleiten, da wir so die vollkommenste Kenntnis, nämlich die Kenntnis der Wirkung aus der Kenntnis der Ursachen gewinnen. Um damit hierbei sicher und ohne Gefahr des Irrtums zu beginnen, wollen wir die Vorsicht gebrauchen und uns immer gegenwärtig halten, dass Gott der unendliche Schöpfer aller Dinge ist, und wir durchaus endlich sind.

25. Wenn daher Gott uns etwas von sich oder anderen Dingen offenbaren sollte, was die natürlichen Kräfte unseres Verstandes überschreitet, wie dies bei den Mysterien der Fleischwerdung und der Dreieinigkeit der Fall ist, so werden wir, obgleich wir sie nicht klar einsehen, doch uns nicht weigern, sie zu glauben, und wir werden uns durchaus nicht wundern, dass Vieles teils in seiner eigenen unermesslichen Natur, teils in den von ihm geschaffenen Dingen unsere Fassungskraft überschreitet.

26. Wir werden deshalb uns nicht mit Streitigkeiten über das Unendliche ermüden; denn bei unserer eigenen Endlichkeit wäre es verkehrt, wenn wir versuchten, etwas darüber zu bestimmen und so es gleichsam endlich und begreiflich zu machen. Wir werden uns deshalb nicht mit der Antwort auf die Frage mühen, ob die Hälfte einer unendlichen Linie ebenfalls unendlich sei, oder ob die unendliche Zahl gleich oder ungleich sei und Ähnliches; denn nur der, welcher seine Seele für unendlich hält, kann meinen, hierüber nachdenken zu müssen. Wir werden dagegen Alles, bei dessen Betrachtung man kein Ende finden kann, zwar nicht als unendlich behaupten, aber als endlos ansehen. So kann man sich keinen Raum so groß vorstellen, dass eine Vergrößerung desselben unmöglich wäre, und man wird deshalb die Größe der möglichen Dinge als eine endlose bezeichnen. Ebenso wird man die Größe für ohne Ende teilbar halten, weil kein Körper in so viel Teile geteilt werden kann, dass diese Teile nicht immer noch weiter teilbar wären. Ebenso wird man die Zahl der Sterne für nicht-beschränkt annehmen, weil man sich keine so große Zahl derselben vorstellen kann, dass Gott nicht noch mehr hätte erschaffen können. Dasselbe gilt für das Übrige.

27. Wir nennen diese Dinge endlos statt unendlich, um das Wort »unendlich« nur für Gott aufzubewahren, weil wir in ihm allein in jeder Hinsicht nicht bloß keine Grenzen finden, sondern auch bejahend erkennen, dass er keine hat, bei anderen Dingen aber nicht so bejahend ihre Grenzenlosigkeit erkennen, sondern nur zugestehen, dass wir die hier etwa vorhandenen Grenzen nicht finden können.

28. Deshalb werden wir aus dem Zwecke, welchen Gott oder die Natur bei Herstellung der natürlichen Dinge sich vorgesetzt hat, keine Gründe in Betreff dieser entnehmen können. Denn wir können uns nicht anmaßen, seine Absichten dabei zu wissen, sondern wir werden ihn nur als die wirkende Ursache aller Dinge betrachten und sehen, welche Schlüsse uns das von ihm empfangene natürliche Licht gestattet aus demjenigen seiner Attribute, von denen wir nach seinem Willen einige Kenntnis haben, in Betreff seiner in den Sinn fallenden Wirksamkeit zu ziehen. Wir werden jedoch dabei eingedenk bleiben, dass wir, wie erwähnt, diesem natürlichen Lichte nur so lange vertrauen, als nicht das Entgegengesetzte von Gott selbst offenbart ist.
Aus: René Descartes, Prinzipien der Philosophie (Principia philosophiae) S. 1-16 Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie von Platon bis Nietzsche
Veröffentlichung auf Philo-Website mit freundlicher Erlaubnis des Verlages der Directmedia Publishing GmbH, Berlin


29. Das erste Attribut Gottes, das hier in Betracht kommt, ist, dass er im höchsten Grade wahrhaft und Geber allen Lichtes ist. Er kann uns deshalb nicht betrügen noch auch im eigentlichen oder positiven Sinne die Ursache der Irrtümer sein, denen wir uns ausgesetzt sehen. Denn wenn auch die Macht zu täuschen bei den Menschen als ein Beweis von Verstand gelten möchte, so geht doch der Wille zu täuschen nur aus Bosheit, Furcht oder Schwäche hervor und kann daher Gott nicht zugeschrieben werden.

30. Daraus folgt, dass das natürliche Licht (lumen naturae) oder das von Gott uns verliehene Erkenntnisvermögen, niemals einen Gegenstand erfassen kann, der nicht, soweit er erfasst wird, d. h. soweit er klar und deutlich erkannt ist, wahr wäre. Denn Gott müsste mit Recht ein Betrüger genannt werden, wenn er uns jenes Vermögen derart gegeben hätte, dass wir, wenn wir uns seiner richtig bedienen, das Falsche für das Wahre hielten. Damit ist jener äußerste Zweifel beseitigt , wonach wir nicht wüssten, ob wir nicht vielleicht eine Natur hätten, die auch in dem, was am offenbarsten erscheint, getäuscht werde. Ja auch die übrigen früher erwähnten Zweifelsgründe lassen sich nach diesem Grundsatz leicht sämtlich beseitigen. Denn es können uns nunmehr die mathematischen Wahrheiten nicht mehr als verdächtig erscheinen, da sie vollkommen deutlich sind. Und wenn wir auf das, was in den Wahrnehmungen im Wachen wie im Traume klar und deutlich ist, achten und dies von dem Verworrenen und Undeutlichen absondern, werden wir leicht erkennen, was bei jeder Sache für wahr zu halten ist. Ich brauche dies hier nicht weiter klarzulegen, weil es in den metaphysischen Meditationen schon behandelt worden ist, und die genauere Erklärung von dem unten Folgenden abhängig ist.

Aus: René Descartes, Prinzipien der Philosophie. Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Arthur Buchenau S.10f.
Felix Meiner Verlag Hamburg, Philosophische Bibliothek Band 28

Dritte Meditation: Über das Dasein Gottes
1. Ich will jetzt meine Augen schließen, meine Ohren verstopfen und alle meine Sinne ablenken, auch die Bilder der körperlichen Dinge sämtlich aus meinem Bewußtsein tilgen, oder doch, da sich dies wohl kaum tun läßt, sie als eitel und falsch gleich nichts achten; ich will mich nur mit mir selbst unterreden, tiefer in mich hineinblicken und so versuchen, mich mir selbst nach und nach bekannter und vertrauter zu machen.

2. Ich bin ein denkendes Ding, d. h. ein solches, das zweifelt, bejaht, verneint, wenig versteht, vieles nicht weiß, das will, nicht will, auch Einbildung und Empfindung hat. Denn — wie schon oben bemerkt — wenngleich das, was ich in der Empfindung oder in der Einbildung habe, außer mir vielleicht nichts ist, so bin ich doch dessen gewiß, daß jene Weisen des Bewußtseins, die ich Empfindungen und Einbildungen nenne, insofern als sie nur gewisse Weisen des Bewußtseins sind, in mir vorhanden sind.

3. Und mit diesen wenigen Worten habe ich alles aufgezählt, was ich wahrhaft weiß, oder zum mindesten alles, von dem ich bisher bemerkt habe, daß ich es weiß. Nun will ich noch sorgfältigere Umschau halten, ob nicht vielleicht doch noch etwas anderes in mir ist, was ich bis jetzt nicht berücksichtigt habe.

4. Ich bin gewiß, daß ich ein denkendes Ding bin, — weiß ich also etwa schon, was dazu erforderlich ist, irgendeiner Sache gewiß zu sein? Nun, — in dieser ersten Erkenntnis ist nichts anderes enthalten, als ein gewisses klares und deutliches Erfassen des von mir Ausgesagten. Dies würde allerdings nicht genügend sein, mich der Wahrheit einer Sache gewiß zu machen, wenn es einmal vorkommen könnte, daß irgend etwas, das ich in dieser Weise klar und deutlich erfasse, falsch wäre. Und somit meine ich bereits als allgemeine Regel aufstellen zu dürfen, daß alles das wahr ist, was ich recht klar und deutlich erfasse.

5. Indessen habe ich vieles früher als durchaus gewiß und augenscheinlich gelten lassen, was ich trotzdem später als zweifelhaft ertappt habe. Was für Dinge waren denn das? Nun, die Erde, der Himmel, die Gestirne und alles übrige, was ich vermöge der Sinne bemerkte. Was aber erfaßte ich hiervon klar? — Offenbar, daß die Ideen selbst oder das Bewußtsein solcher Dinge sich meinem Geiste darboten; aber das bestreite ich ja auch jetzt gar nicht, daß diese Ideen in mir sind Etwas anderes aber war es, was ich ehemals behauptete, und was ich ebenfalls, weil ich gewöhnt war, es zu glauben, klar zu erfassen meinte, in Wahrheit aber nicht erfaßte: nämlich, daß gewisse Dinge außer mir existieren, von denen jene Ideen herrührten und denen sie vollkommen ähnlich seien. Und hierin irrte ich mich entweder, oder aber, wenn mein Urteil zufällig richtig war, so lag das doch nicht an der Kraft meines Erfassens.

6. Wie aber, wenn ich in arithmetischen oder geometrischen Dingen irgend etwas recht Einfaches und Leichtes betrachtete, — wie daß 2 + 3 = 5 ist und dergleichen — habe ich wenigstens das klar genug durchschaut, um es als wahr behaupten zu können? Nun, ich habe aus keinem anderen Grunde später geurteilt, daß sich auch daran zweifeln lasse, als weil es mir in den Sinn kam, es habe etwa irgendein Gott mir eine solche Natur verleihen können, daß ich mich auch in dem täuschte, was mir am alleroffenbarsten zu sein schien. So oft aber diese vorgefaßte Meinung von der Allmacht Gottes mir aufstößt, kann ich nicht umhin, einzugestehen, daß es ihm, wenn er nur will, ein Leichtes sei, zu bewirken, daß ich mich selbst in dem irre, was ich auf das klarste mit den Augen des Geistes zu durchschauen glaube. So oft ich mich aber den Gegenständen selbst, die ich recht klar zu erfassen vermeine, zuwende, lasse ich mich so vollkommen von ihnen überzeugen, daß ich unwillkürlich in die Worte ausbreche: Täusche mich, wer es kann. Niemals wird er doch bewirken, daß ich nichts bin, solange ich das Bewußtsein habe, etwas zu sein, oder daß es irgend einmal wahr ist, daß ich nie gewesen bin, wenn es jetzt wahr ist, daß ich bin, oder etwa daß 2 + 3 mehr oder weniger seien als 5 und dergleichen, worin ich nämlich einen offenen Widerspruch erkenne.

7. Und da ich sicherlich gar keine Veranlassung habe, zu glauben, daß es einen betrügerischen Gott gibt, da ich noch nicht einmal zur Genüge weiß, ob es überhaupt einen Gott gibt, so ist der nur von dieser Meinung abhängende Grund zum Zweifel in der Tat recht schwach und, sozusagen, metaphysisch. Um aber auch ihn zu heben, muß ich, sobald sich nur eine Gelegenheit dazu bietet, untersuchen, ob es einen Gott gibt, und wenn, ob er ein Betrüger sein kann. Denn solange ich das nicht weiß, scheint es nicht, daß ich über irgend etwas anderes jemals völlig gewiß sein kann.

8. Jetzt aber dürfte die Ordnung es erfordern, daß ich zuvor alles, was mir bewußt ist, in gewisse Klassen teile und genau prüfe, in welchen von diesen Bewusstseinsarten eigentlich die Wahrheit oder Falschheit liegt.

9. Einige davon sind gleichsam Bilder der Dinge, und nur diesen kommt eigentlich der Name ,,Idee“ zu; so wenn ich mir einen Menschen, eine Chimäre, den Himmel, einen Engel oder auch Gott denke. Einiges andere aber ist außerdem noch anders geartet; wenn ich z.B. will, wenn ich fürchte, bejahe, verneine, so erfasse ich zwar stets irgendeine Sache als das Objekt meines Bewußtseins, aber mein Bewußtsein schließt noch etwas mehr ein, als die Ähnlichkeit mit diesem Gegenstande. Von diesen Bewußtseinsarten heißt nun eine Klasse: Willensäußerungen oder Gemütsbewegungen, eine andere: Urteile.

10. Was nun die Ideen anbetrifft, so können sie, wenn man sie nur an sich betrachtet und sie nicht auf irgend etwas anderes bezieht, nicht eigentlich falsch sein; denn ob mir meine Einbildung nun eine Ziege oder eine Chimäre vorstellt — so ist es doch ebenso wahr, daß ich die eine, wie daß ich die andere in der Einbildung habe.

11. Auch in dem Willen selbst oder in den Gemütsbewegungen hat man keine Falschheit zu fürchten; denn möchte ich etwas noch so Schlechtes, ja etwas, was es in aller Welt nicht gibt, wünschen, so bleibt es nichtsdestoweniger wahr, daß ich es wünsche.

12. Es bleiben demnach nur die Urteile übrig, bei denen ich mich vor dem Irrtum zu hüten habe. Der vorzüglichste und häufigste Irrtum aber, den man in ihnen vorfinden kann, besteht darin, daß ich urteile, die in mir vorhandenen Ideen seien gewissen außer mir befindlichen Dingen ähnlich oder entsprechend; denn wenn ich bloß die Ideen selbst als gewisse Weisen meines Bewußtseins betrachtete und sie nicht auf irgend etwas anderes bezöge, so würden sie mir gewiß kaum irgendeinen Stoff zum Irrtum geben können.

13. Von diesen Ideen aber, scheint es, sind die einen mir eingeboren, andere von außen hinzugekommen, wieder andere von mir selbst gemacht. Denn daß ich einsehe, was ein »Ding“, was ,,Wahrheit“, was ,,Bewußtsein“ ist, das scheine ich nicht anderswoher, als aus meiner eigenen Natur zu haben; daß ich aber jetzt ein Geräusch höre, die Sonne sehe, die Wärme des Feuers wahrnehme, das rührt, wie ich bisher geurteilt habe, von gewissen außer mir befindlichen Dingen her. Sirenen schließlich, Hippogryphen und dergleichen werden von mir selbst ausgedacht. Doch ich mag vielleicht auch vermeinen, alle Ideen kämen mir von außen zu, oder alle seien eingeboren oder alle von mir gemacht; denn noch habe ich ihren wahren Ursprung nicht klar durchschaut.

14. Hier jedoch haben wir vornehmlich über die Ideen, welche ich gleichsam als von außer mir existierenden Dingen entnommen ansehe, eine Untersuchung anzustellen, und ferner darüber, welcher Grund eigentlich mich dazu bewegt, zu glauben, sie seien diesen Dingen ähnlich. Es scheint das nämlich die Natur mich zu lehren, außerdem aber mache ich an mir die Erfahrung, daß sie nicht von meinem Willen, also auch nicht von mir selbst abhängen; denn sie bieten sich häufig auch wider, meinen Willen mir dar, zum Beispiel jetzt eben fühle ich Wärme, ob ich will oder nicht, und darum glaube ich, diese Empfindung oder Idee der Wärme komme von einer von mir verschiedenen Sache, nämlich von der Wärme des Feuers, bei dem ich sitze, her, und es liegt mir nichts näher, als zu urteilen, daß jene Sache eher ein Gleichnis ihrer selbst, als irgend etwas anderes, in mich hineinschickt.

15. Ob diese Gründe aber verläßlich genug sind, das will ich jetzt sehen. Sage ich nämlich, die Natur lehre mich dies, so verstehe ich darunter nur, daß ich durch einen gewissen in mir liegenden Trieb dazu gebracht werde, dies zu glauben, aber nicht, daß die natürliche Einsicht (lumen naturale) es mir als wahr bezeugt. Dies beides ist aber voneinander weit verschieden. Alles nämlich, was die natürliche Einsicht bezeugt — wie daß daraus, daß ich zweifle, folgt, daß ich bin und dergleichen — das kann in keiner Weise zweifelhaft sein. Denn es gibt keine andere Fähigkeit, der ich in gleicher Weise vertraue, wie dieser Einsicht, und die mich belehren könnte, daß das nicht wahr sei. Was aber die in mir liegenden Triebe betrifft, so habe ich früher bereits häufig geurteilt, daß sie mich nach der schlechten Seite geführt haben, wenn es sich darum handelte, das Gute zu erwählen. Und ich sehe nicht ein, weshalb ich ihnen in irgendeiner anderen Sache mehr vertrauen sollte.

16. Ferner, wenngleich jene Ideen nicht von meinem Willen abhängen, so steht darum noch nicht fest, daß sie notwendig von außer mir befindlichen Dingen herrühren. Denn wie diese Triebe, von denen soeben die Rede war, wenn sie gleich in mir sind, dennoch von meinem Willen verschieden zu sein scheinen, so gibt es in mir vielleicht auch irgendeine andere, mir nur noch nicht genügend bekannte Fähigkeit, welche diese Ideen hervorbringt, wie es mir bisher ja stets so geschienen hat, daß sich jene, während ich schlafe, ohne irgendwelche Mitwirkung äußerer Dinge in mir bilden. Selbst wenn sie aber von Dingen ausgingen, die von mir verschieden sind, so folgt daraus nicht, daß sie diesen Dingen ähnlich sein müssen; vielmehr meine ich, oft in vielen Dingen einen großen Unterschied angetroffen zu haben.

17. So finde ich z. B. zwei verschiedene Ideen der Sonne bei mir vor, die eine so, als ob sie aus den Sinnen geschöpft wäre, und diese mag am ehesten zu denen zu zählen sein, von denen ich meine, daß sie von außen kommen. Durch diese erscheint mir die Sonne sehr klein. Die andere Idee hingegen ist aus den Berechnungen der Astronomie entnommen, d. h. sie ist aus gewissen, mir eingeborenen Begriffen gebildet oder in irgendeiner anderen Weise von mir zustande gebracht. Durch diese erweist sich mir die Sonne als vielmal größer, denn die Erde. Offenbar können nun nicht beide einer und derselben außer mir existierenden Sonne ähnlich sein, und die Vernunft überzeugt mich, daß ihr die am unähnlichsten ist, welche am unmittelbarsten von ihr selbst herzukommen scheint.

18. Dies alles beweist zur Genüge, daß ich bisher nicht auf Grund eines sicheren Urteils, sondern nur aus blindem Trieb geglaubt habe, es existierten gewisse von mir verschiedene Dinge, welche ihre Ideen oder ihre Abbilder durch Vermittlung der Sinnesorgane oder in irgendeiner anderen Weise in mich hineinsenden.

19. Doch es bietet sich mir noch ein anderer Weg, um zu prüfen, ob einige von den Dingen, deren Ideen in mir vorhanden sind, außer mir existieren. Insofern nämlich jene Ideen nur gewisse Weisen des Bewußtseins sind, vermag ich unter ihnen keinerlei Ungleichheit zu entdecken, und alle scheinen gleichermaßen von mir auszugehen, insofern aber die eine diese, die andere jene Sache vertritt (repraesentat), sind sie offenbar äußerst verschieden voneinander. Denn ohne Zweifel sind die, welche mir Substanzen darstellen, etwas mehr und enthalten sozusagen mehr ,,objektive Realität“ (realitas objectiva) in sich, als die, welche nur Modi oder Accidentien darstellen, und wiederum enthält die Idee, durch welche ich einen höchsten Gott denke, der ewig, unendlich, allwissend, allmächtig und der Schöpfer aller außer ihm vorhandenen Dinge ist, wahrlich mehr objektive Realität in sich, als die Ideen, durch welche endliche Substanzen sich darstellen. Nun ist es vermöge der natürlichen Einsicht offenbar, daß zum mindesten ebensoviel Realität in der gesamten wirkenden Ursache (causa efficiens) vorhanden sein muß, wie in der Wirkung eben dieser Ursache. Denn ich möchte wohl wissen, wovon sonst die Wirkung ihre Realität hernehmen sollte, als von der Ursache? Und wie könnte die Ursache ihr diese geben, wenn sie sie nicht selbst hätte?

20. Hieraus folgt aber, daß weder etwas aus dem Nichts, noch auch etwas Vollkommeneres — d. i. was mehr Realität in sich enthält — aus dem weniger Vollkommenen entstehen kann. Und zwar ist dies nicht nur ersichtlich wahr für die Wirkungen, deren Realität ,,aktuell“ (actualis) oder ,,formal“ (formalis) ist, sondern auch für die Ideen, in denen man nur die objektive Realität in Betracht zieht; das heißt: nicht nur kann z. B. ein Stein, der vorher nicht war, nicht jetzt zu sein anfangen, ohne daß er ins Dasein gerufen worden wäre durch etwas, in dem alles das in ,,formaler“ oder ,,eminenter“ Weise enthalten ist, was in dem Steine gesetzt ist, oder es kann die Wärme sich nicht auf einen Gegenstand übertragen, der vorher nicht erwärmt war, als von einem Ding, das mindestens von gleicher Vollkommenheit ist, wie die Wärme, — und ebenso steht es mit den übrigen —, sondern es kann auch in mir die Idee des Steines und die der Wärme nur dadurch vorhanden sein, daß sie von irgendeiner Ursache in mir gesetzt sind, die mindestens ebensoviel Realität enthält, wie ich mir in dem Steine oder in der Wärme denke. Denn wenngleich jene Ursache nichts von ihrer aktuellen oder formalen Realität in meine Idee überträgt, so darf ich deshalb nicht annehmen, die Ursache brauche darum weniger reell zu sein. Vielmehr ist die Natur der Idee selbst so beschaffen, daß sie von sich aus gar keine andere formale Realität verlangt als die, welche sie aus meinem Bewußtsein entnimmt, von dem sie ein Modus ist.

21. Daß aber diese Idee diese oder jene objektive Realität vielmehr enthält, als eine andere, das muß sie offenbar von irgendeiner Ursache haben, in welcher zum mindesten ebensoviel formale Realität enthalten ist, als sie selbst an objektiver Realität enthält. Gesetzt nämlich, es fände sich in einer Idee irgend etwas, das nicht auch in ihrer Ursache gewesen ist, so hätte sie dies also aus dem Nichts. So unvollkommen aber auch die Seinsweise ist, vermöge welcher die Sache in objektiver Weise durch ihre Idee im Verstande ist, so ist sie wahrlich doch nicht gar nichts und kann demnach auch nicht aus dem Nichts sein.

22. Auch darf ich nicht mutmaßen, daß, wenn die Realität, die ich in meinen Ideen annehme, nur objektiv ist, dieselbe Realität nicht in formaler Weise in den Ursachen dieser Ideen zu sein brauchte, sondern daß es genügte, wenn sie in ihnen ebenfalls objektiv sei; denn wie diese objektive Seinsweise den Ideen ihrer eigenen Natur nach zukommt, ebenso kommt die formale Seinsweise den Ursachen der Ideen, zum mindesten den ersten und vorzüglichsten, ihrer Natur nach zu. Und wenngleich etwa eine Idee aus einer anderen entstehen könnte, so kann dies doch nicht ins Unendliche fortgehen, sondern man muß schließlich zu irgendeiner ersten gelangen, deren Ursache gleichsam das Urbild darstellt, in welchem die gesamte Realität in formaler Weise enthalten ist, die in der Idee nur in objektiver Weise vorhanden ist. So leuchtet es mir vermöge der natürlichen Einsicht ein, daß die Ideen in mir gleichsam Bilder sind, die zwar leichtlich hinter der Vollkommenheit der Dinge zurückbleiben mögen, denen sie entnommen sind, die aber nicht irgend etwas Größeres oder Vollkommeneres enthalten können.

23. Und um so länger und aufmerksamer ich dies alles prüfe, um so klarer und deutlicher erkenne ich es als wahr. Doch was soll ich schließlich daraus folgern? Nun, wenn die objektive Realität irgendeiner meiner Ideen so groß ist, daß ich dessen gewiß bin, daß diese weder in formaler noch in eminenter Weise in mir enthalten ist, daß folglich ich selbst nicht die Ursache dieser Idee sein kann, so folgt daraus notwendig, daß ich nicht allein in der Welt bin, sondern daß auch irgendeine andere Sache, welche die Ursache dieser Idee ist, existiert. Findet sich aber keine solche Idee in mir, so habe ich offenbar gar keinen Beweisgrund, der mich der Existenz irgendeiner von mir verschiedenen Sache versicherte, habe ich doch alles in sorgfältigster Weise in Augenschein genommen und nichts anderes bisher finden können.

24. Unter diesen meinen Ideen gibt es aber außer der, welche mir mein eigenes Ich vergegenwärtigt — die ja hier keine Schwierigkeit bereiten kann — eine andere, welche mir Gott, andere, welche mir körperliche und unbeseelte Dinge, andere, welche Engel, wieder andere, welche Tiere und schließlich solche, welche andere mir ähnliche Menschen vorstellen. Und was die Ideen anbetrifft, welche mir andere Menschen oder Tiere oder Engel vergegenwärtigen, so sehe ich leicht ein, daß sie sich aus denen zusammensetzen lassen, die ich von mir selbst, von den körperlichen Dingen und von Gott habe, wenn es selbst außer mir keine Menschen, Tiere oder Engel in der Welt gäbe. Was aber die Idee der körperlichen Dinge anbetrifft, so bietet sich in ihnen nichts so Großes dar, das nicht aus mir selbst hätte hervorgehen können. Prüfe ich sie nämlich eingehender und untersuche sie einzeln in derselben Weise, wie gestern die Idee des Wachses, so bemerke ich, daß es nur sehr wenig ist, was ich in ihnen klar und deutlich erfasse, nämlich die Größe, d. i. die Ausdehnung nach Länge, Breite und Tiefe, die Gestalt, welche aus der Begrenzung dieser Ausdehnung entspringt, die Lage, welche die verschiedenen Gestalten zueinander einnehmen, und die Bewegung oder die Veränderung dieser Lage. Hierzu kann man noch die Substanz, die Dauer und die Zahl hinzufügen. Alles übrige aber, wie Licht, Farben, Töne, Gerüche, Geschmäcke, Wärme und Kälte und sonstige Berührungsqualitäten, denke ich nur in recht verworrener und dunkler Weise, und also weiß ich noch nicht, ob sie wahr oder falsch sind, d. i. ob die Ideen, die ich von ihnen habe, die von Dingen oder von Nicht-Dingen sind. Wenngleich nämlich die eigentliche oder formale Falschheit sich — wie oben bemerkt — nur in Urteilen findet, so gibt es doch eine gewisse materiale Falschheit in den Ideen, wenn sie ein Nicht-Ding gleich wie ein Ding darstellen. So sind z. B. die Ideen, die ich von der Wärme und Kälte habe, nur so wenig klar und deutlich, daß ich aus ihnen nicht lernen kann, ob Kälte nur Abwesenheit der Wärme oder Wärme nur Abwesenheit der Kälte, oder ob beide reale Qualitäten sind oder keine von beiden. Nun kann es aber keine Ideen geben, die nicht Dinge darstellen wollen. Wenn es nun wahr ist, daß Kälte nichts anderes ist als Abwesenheit der Wärme, so wird die Idee, die sie mir wie etwas Reales und Positives darstellt, nicht mit Unrecht als falsch bezeichnet und dasselbe gilt für die übrigen Fälle.

25. Diesen Ideen brauche ich wahrlich nicht einen von mir verschiedenen Urheber zuzuweisen. Sind sie nämlich falsch, d. h. stellen sie keine Dinge dar, so weiß ich vermöge der natürlichen Einsicht, daß sie aus nichts hervorgehen, d. i. aus keinem anderen Grunde in mir sind, als weil meiner Natur irgend etwas mangelt und sie nicht durchaus vollkommen ist. Sind sie aber wahr, so sehe ich nicht ein, weshalb sie nicht aus mir selbst stammen könnten, da sie mir ja nur eine so geringe Realität verleihen, daß ich ihren Sachgehalt nicht einmal von einem Nicht-Ding unterscheiden kann. Von dem aber, was die Ideen der körperlichen Dinge Klares und Deutliches enthalten, ließe sich, wie es scheint, einiges — nämlich die Substanz, die Dauer, die Zahl und was sonst dieser Art sein mag — leicht aus der Idee meiner selbst entlehnen. Denn denke ich den Stein als Substanz, d. h. als ein Ding, das fähig ist, durch sich selbst zu existieren, und ebenso mich selbst als Substanz, so mag ich zwar recht gut begreifen, daß ich ein denkendes und nicht ausgedehntes Ding bin, der Stein dagegen ein ausgedehntes und nicht denkendes Ding, daß also zwischen beiden Begriffen ein sehr großer Unterschied ist, dennoch scheinen sie aber darin, daß sie Substanzen sind, miteinander übereinzukommen. Ebenso da ich jetzt erkenne, daß ich existiere, mich auch entsinne, früher eine Zeitlang existiert zu haben, und da ich die mannigfachsten Gedanken habe, deren Zahl ich kenne, — so gewinne ich die Ideen der Dauer und der Zahl, die ich sodann auf beliebige andere Dinge übertragen kann. Alles übrige aber, woraus sich die Ideen der körperlichen Dinge zusammensetzen, nämlich Ausdehnung, Gestalt, Lage und Bewegung, ist zwar in mir, da ich nichts anderes als ein denkendes Ding bin, nicht in formaler Weise enthalten, da es aber nur gewisse Modi der Substanz sind und ich eine Substanz bin, so können sie, wie es scheint, in eminenter Weise in mir enthalten sein.

26. Es bleibt daher einzig die Idee Gottes, bei der zu erwägen ist, ob sie etwas ist, das nicht aus mir selbst hervorgehen konnte.

27. Unter dem Namen Gottes verstehe ich eine Substanz, die unendlich, unabhängig, von höchster Einsicht und Macht ist, und von der ich selbst geschaffen worden bin, ebenso wie alles andere Existierende, falls es nämlich existiert. Und wahrlich! dies alles ist solcher Art, daß, je sorgfältiger ich es erwäge, es um so unmöglicher scheint, daß es von mir selbst hervorgegangen wäre. Man muß daher aus dem Zuvorgesagten schließen, daß Gott notwendig existiert. Denn wenngleich die Idee der Substanz in mir ist, eben darum weil ich selbst eine Substanz bin, so wäre es doch nicht die Idee der unendlichen Substanz, da ich endlich bin, wenn sie nicht von irgendeiner Substanz herrührte, die in Wahrheit unendlich ist.

28. Ich darf auch nicht vermeinen, ich erfaßte das Unendliche nicht durch eine wahrhafte Idee, sondern nur durch die Verneinung des Endlichen, so wie ich die Ruhe und die Dunkelheit durch die Verneinung der Bewegung und des Lichtes erfasse. Denn ganz im Gegenteil sehe ich offenbar ein, daß mehr Realität in der unendlichen Substanz, als in der endlichen enthalten ist, und daß demnach der Begriff des Unendlichen dem des Endlichen, d. i. der Gottes dem meiner selbst in gewisser Weise vorhergeht. Wie sollte ich es sonst auch verstehen, daß ich zweifle, daß ich etwas wünsche, d. i. daß mir etwas mangelt und ich nicht ganz vollkommen bin, wenn gar keine Idee eines vollkommeneren Wesens in mir wäre, durch dessen Vergleichung ich meine Mangelhaftigkeit erkenne?

29. Auch darf man nicht sagen, diese Idee Gottes sei vielleicht material falsch und könne also aus nichts stammen, wie ich das oben von den Ideen der Wärme, der Kälte und ähnlichen Dingen bemerkt habe. Denn da sie vielmehr im höchsten Grade klar und deutlich ist und mehr objektive Realität, als irgendeine andere enthält, so gibt es keine, die an sich wahrer, keine, die in geringerem Grade der Falschheit verdächtig wäre.

30 Es ist, sage ich, diese Idee des höchst vollkommenen, unendlichen Wesens im höchsten Grade wahr. Denn wenngleich man sich etwa ausdenken könnte, daß ein solches Wesen nicht existiert, so kann man sich doch nicht ausdenken, daß seine Idee mir nichts Reales vorstellt, wie ich das oben von der Idee der Kälte gesagt habe. Sie ist auch im höchsten Grade klar und deutlich; denn alles, was ich als real, wahr und eine gewisse Vollkommenheit einschließend in klarer und deutlicher Weise erfasse, das ist ganz in ihr enthalten.

31. Dem steht auch nicht im Wege, daß ich das Unendliche nicht begreife oder daß es unzähliges andere in Gott gibt, was ich nicht begreifen und woran ich vielleicht nicht einmal irgendwie mit meinen Gedanken rühren kann; denn es liegt im Wesen des Unendlichen, daß es von mir als Endlichem nicht begriffen wird, und es genügt, daß ich eben dies einsehe und urteile, alles das, was ich klar und deutlich erfasse und von dem ich weiß, daß es eine gewisse Vollkommenheit einschließt, und auch vielleicht noch unzähliges andere, was ich nicht weiß, sei in Gott in formaler oder eminenter Weise enthalten, damit die Idee, welche ich von ihm habe, die wahrste, klarste und deutlichste aller in mir vorhandenen ist.

32. Doch vielleicht bin ich etwas mehr, als ich selbst einsehe und sind alle die Vollkommenheiten, die ich Gott zuschreibe, der Möglichkeit nach irgendwie in mir enthalten, wenngleich sie sich noch nicht entfalten und noch nicht zur Aktualität gelangt sind; mache ich doch schon an mir die Erfahrung, daß meine Erkenntnis nach und nach wächst. Und ich sehe nicht, was dem im Wege stände, daß sie so mehr und mehr wüchse bis ins Unendliche und warum ich nicht vermöge der so gewachsenen Erkenntnis alle übrigen Vollkommenheiten Gottes sollte erreichen können? Und schließlich, warum, wenn doch einmal die Fähigkeit zu diesen Vollkommenheiten in mir ist, sie nicht auch hinreichen sollte, um ihre Idee hervorzurufen?

33. Indessen kann nichts von dem allen der Fall sein; denn erstlich, mag es nun wahr sein, daß meine Erkenntnis gradweise wächst, und daß in mir vieles zwar der Möglichkeit nach, aber noch nicht aktuell ist, so geht doch nichts hiervon die Idee Gottes an, in der nämlich nichts bloß der Möglichkeit nach enthalten ist; denn eben dieses gradweise Anwachsen ist der sicherste Beweis der Unvollkommenheit. Außerdem, wenn auch meine Erkenntnis stets weiter und weiter wüchse, so sehe ich nichtsdestoweniger ein, daß sie darum doch niemals aktuell unendlich sein wird, da sie ja niemals soweit gelangen wird, daß sie nicht immer noch eines weiteren Zuwachses fähig wäre. Gott aber, urteile ich, sei in der Weise aktuell unendlich, daß zu seiner Vollkommenheit sich nichts hinzutun läßt. Und endlich begreife ich, daß das objektive Sein einer Idee nicht von etwas bloß Potentiellem — das ja eigentlich gesprochen nichts ist — hervorgerufen werden kann, sondern nur von etwas Aktuellem oder Formalem.

34. Und, wahrlich, unter diesem allen ist nichts, was mir nicht vermöge der natürlichen Einsicht offenbar wäre, wenn ich nur sorgfältig darauf achte. Nur wenn ich weniger achtgebe und die Bilder der sinnlichen Dinge die Schärfe meines Geistes abstumpfen, so besinne ich mich nicht leicht darauf, weshalb die Idee eines vollkommeneren Wesens, als ich bin, notwendig von einem in Wahrheit vollkommeneren Wesen ausgehen muß.

35. Und darum möchte ich weiter fragen, ob ich selbst, der ich diese Idee habe, existieren könnte, wenn kein solches Wesen existierte. Nun, woher sollte ich mein Dasein haben? Offenbar von mir selbst, oder von meinen Eltern oder irgend etwas anderem minder Vollkommenen, als Gott; kann man sich doch nichts Vollkommeneres, ja sogar nichts gleich Vollkommenes wie ihn denken oder aussinnen. Hätte ich aber mein Dasein von mir, so würde ich nicht zweifeln, keine Wünsche haben, es würde mir überhaupt nichts mangeln; denn ich hätte mir alle Vollkommenheiten gegeben, von denen irgendeine Idee in mir vorhanden ist, und so wäre ich selbst Gott. Auch darf ich nicht glauben, das mir Mangelnde möchte etwa schwieriger zu erwerben sein, als das, was ich jetzt besitze; vielmehr muß es offenbar viel schwerer gewesen sein, daß ich, d. h. ein Ding oder eine Substanz, die denkt, aus nichts auftauchte, als zu der Erkenntnis von vielen mir unbekannten Dingen zu gelangen, die nur Accidentien jener Substanz sind. Und sicherlich würde ich doch, wenn ich jenes Größere von mir allein hätte, mir das nicht versagt haben, was leichter zu erwerben ist, ebensowenig aber auch irgend etwas anderes von dem, was ich als in der Idee Gottes enthalten erkenne, da es mir ja nicht schwieriger zu erwerben scheint. Wäre das der Fall, so würde es mir sicherlich auch schwieriger scheinen, — wenn ich doch alles übrige, was ich besitze, von mir selbst hätte, da ich die Erfahrung machen würde, daß hierin meine Macht ihre Schranken findet.

36. Dem Zwange dieser Gründe entgehe ich auch nicht durch die Annahme, ich sei stets gewesen, wie ich jetzt bin, als ob daraus folgte, daß überhaupt nach keinem Urheber meines Daseins zu fragen sei. Denn man kann die gesamte Lebenszeit in unzählig viele Teile teilen, deren jeder von den übrigen in keiner Weise abhängt. Dann folgt also daraus, daß ich kurz zuvor existiert habe, keineswegs, daß ich jetzt existieren muß, es sei denn, daß irgendeine Ursache mich für diesen Augenblick gewissermaßen von neuem schafft, d. h. mich erhält. Betrachtet man nämlich aufmerksam die Natur der Dauer, so leuchtet ein, daß es durchaus derselben Kraft und Tätigkeit bedarf, um irgendein Ding von Augenblick zu Augenblick zu erhalten, wie um es von neuem zu erschaffen, wenn es noch nicht existierte. Es gehört somit zu dem, was durch die natürliche Einsicht offenbar ist, daß Erhaltung nur dem Gesichtspunkte des Denkens nach von Schöpfung verschieden ist.

37. Daher muß ich jetzt mich selbst fragen, ob ich irgendeine Kraft besitze, durch die ich bewirken kann, daß ich, der ich jetzt bin, auch eine Weile später da sein werde. Da ich nämlich nichts anderes bin, als ein denkendes Ding oder da wenigstens für jetzt genau nur von dem Teile von mir, der ein denkendes Ding ist, die Rede ist, so müßte ich, wenn eine solche Kraft in mir wäre, mir zweifellos ihrer bewußt sein. Indessen ich habe keine Erfahrung einer solchen Kraft, und eben daraus erkenne ich aufs klarste, daß ich von irgendeinem von mir verschiedenen Wesen abhänge.

38. Vielleicht aber ist dieses Wesen nicht Gott, vielleicht bin ich von meinen Eltern erzeugt oder von irgend welchen anderen Ursachen, die weniger vollkommen sind als Gott? Indessen es ist, wie gesagt, einleuchtend, dass in der Ursache mindestens ebensoviel Realität vorhanden sein muß, wie in der Wirkung. Da ich aber ein denkendes Ding bin, und ich diese Idee Gottes in mir habe, so wird man zugeben müssen, dass, was man auch als Ursache meines Daseins annehme, diese ebenfalls ein denkendes Ding sein und die Idee aller Vollkommenheiten haben muß, die ich Gott zuschreibe. Und so läßt sich nun in Betreff ihrer wiederum die Frage stellen: existiert sie durch sich oder durch eine andere Ursache? Wenn durch sich selbst, so erhellt aus dem Gesagten, daß sie selbst Gott ist. Denn, hat sie die Kraft, durch sich zu existieren, so hat sie zweifelsohne auch die Kraft, alle die Vollkommenheiten aktuell zu besitzen, deren Ideen sie in sich hat, d. h. alle die, welche ich mir in Gott denke. Existiert sie aber durch eine andere Ursache, so wird es sich wiederum in derselben Weise von dieser anderen fragen, ob sie durch sich oder durch eine andere existiert, bis man schließlich zur letzten Ursache gelangt, die Gott sein wird. Denn es ist hinreichend klar, daß es hier keinen Fortschritt ins Unendliche geben kann, zumal da es sich nicht nur um die Ursache handelt, die mich ursprünglich ins Dasein gerufen hat, sondern besonders auch um die, welche mich gegenwärtig erhält.

39. Auch kann man sich nicht denken, es hätten etwa mehrere Teilursachen zusammen-gewirkt, um mich hervorzubringen, und ich habe von der einen die Idee der einen Gott zugeschriebenen Vollkommenheit, von der anderen die einer anderen erhalten, so daß sich zwar alle diese Vollkommenheiten irgendwo im Universum fänden, aber nicht alle miteinander in einem einzigen vereinigt, welches Gott wäre. Denn es ist vielmehr die Einheit, Einfachheit oder Untrennbarkeit von allem in Gott Vorhandenen eine der vorzüglichsten Vollkommenheiten, die ich in ihm denke. Und sicherlich hat die Idee dieser Einheit aller seiner Vollkommenheiten nicht durch irgendeine Ursache in mich hineingebracht werden können, durch die ich nicht auch die Ideen der anderen Vollkommenheiten erhalten hätte. Denn sie hat nicht bewirken können, daß ich jene als miteinander verbunden und untrennbar dächte, wenn sie nicht zugleich bewirkte, daß ich in gewisser Weise erkannte, welches denn jene seien.

40. Was schließlich die Eltern angeht, so mag immerhin alles wahr sein, was ich jemals von ihnen angenommen habe, dennoch erhalten sie mich wahrlich nicht, noch auch haben sie mich, insofern ich ein denkendes Ding bin, irgendwie hervorgebracht, sondern sie haben nur gewisse Anlagen in die Materie gelegt, der, wie ich angenommen habe, mein Ich, d. h. mein Geist — denn dieser allein gilt mir jetzt als ich selbst — innewohnt. Also kann wegen ihrer hier keine Schwierigkeit entstehen, sondern man muß auf alle Weise zu dem Schlusse kommen, daß dadurch allein, daß ich existiere und daß eine Idee eines vollkommensten Wesens, d. i. Gottes, ja mir ist, einleuchtend ist, daß Gott auch existiert.

41. Es bleibt aber noch zu untersuchen, in welcher Weise ich jene Idee von Gott erhalten habe. Denn ich habe sie weder aus den Sinnen geschöpft, noch auch ist sie mir jemals wider mein Erwarten gekommen, wie es die Ideen der sinnlichen Dinge zu tun pflegen, wenn sie sich den äußeren Sinnesorganen darbieten oder darzubieten scheinen. Ebensowenig aber habe ich sie mir ausgedacht; denn ich kann durchaus nichts von ihr wegnehmen, auch nichts ihr hinzufügen. Es bleibt demnach nur übrig, daß sie mir eingeboren ist, ebenso wie mir auch die Idee meiner selbst eingeboren ist.

42. Und es ist auch nicht zu verwundern, daß Gott bei meiner Erschaffung mir diese Idee eingepflanzt hat, gleichsam als das Zeichen, das der Künstler seinem Werke aufgeprägt hat. Übrigens braucht jenes Zeichen gar nicht etwas von dem Werke selbst Verschiedenes zu sein, sondern einzig und allein daher, daß Gott mich geschaffen hat, ist es recht glaubhaft, daß ich in gewisser Weise nach seinem Bilde und seiner Ähnlichkeit geschaffen bin, und daß diese Ähnlichkeit, — in welcher die Idee Gottes enthalten ist, — von mir durch dieselbe Fähigkeit erfaßt wird, durch die ich mich selbst erfasse. Das heißt: wenn ich den Blick meines Geistes auf mich selbst richte, so sehe ich nicht nur ein, daß ich ein unvollständiges von einem anderen abhängiges Ding bin, ein Ding, das nach Größerem und Größerem oder nach Besserem ohne Grenzen strebt, sondern zugleich auch, das der, von dem ich abhänge, dieses Größere nicht nur in einer stets ohne Ende fortschreitenden Weise und der Möglichkeit nach, sondern wirklich unendlich in sich enthält — und also Gott ist. Die ganze zwingende Kraft des Beweisgrundes liegt darin, dass ich anerkenne, dass ich selbst mit dieser meiner Natur, - insofern ich nämlich die Idee Gottes in mir habe, unmöglich existieren könnte, wenn nicht Gott auch wirklich existierte, jener Gott, sage ich, dessen Idee in mir ist, d. h. der alle die Vollkommenheiten besitzt, die ich zwar nicht begreifen, aber doch in gewisser Weise in Gedanken erreichen kann und der durchaus keinen Mängeln unterliegt. Hieraus erhellt zur Genüge, daß er kein Betrüger sein kann, denn es ist mir doch durch die natürliche Einsicht offenbar, daß aller Trug, alle Täuschung durch irgendeinen Mangel bedingt ist.

43. Bevor ich das aber sorgfältiger untersuche und zugleich auf die Prüfung der anderen Wahrheiten eingehe, die daraus geschlossen werden können, will ich mich hier eine Weile bei der Betrachtung Gottes aufhalten, seine Eigenschaften bei mir erwägen und die Schönheit dieses unermeßlichen Lichtes, soweit es der Blick meines gleichsam geblendeten Geistes aushält, anschauen, bewundern und anbeten. Denn wie der Glaube uns lehrt, daß die höchste Seligkeit des anderen Lebens einzig und allein in diesem Schauen der göttlichen Majestät besteht, so machen wir auch jetzt schon die Erfahrung, daß wir aus dem gegenwärtigen, wenn auch viel unvollkommeneren Anschauen die höchste Lust schöpfen können, zu der wir in diesem Leben fähig sind.

Aus: René Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen (S.27-43)
Zum erstenmal vollständig übersetzt und herausgegeben von Arthur Buchenau
Felix Meiner Verlag, Philosophische Bibliothek Band 27

Vierte Meditation: Über Wahrheit und Irrtum
1. Ich habe mich in diesen Tagen daran gewöhnt, meinen Geist von den Sinnen abzulenken und so sorgsam beachtet, wie wir äußerst wenig von den körperlichen Dingen wahrhaft erfassen, weit mehr vom menschlichen Geiste und noch viel mehr von Gott erkennen, — daß es mir jetzt nicht mehr die geringsten Schwierigkeiten machen wird, meine Gedanken von den Gegenständen der Einbildung zu den von aller Materie abgesonderten Gegenständen des reinen Denkens hinzulenken.

2. Und ich habe doch eine weit deutlichere Idee vom menschlichen Geiste, insofern er ein denkendes Ding ist, das weder nach Länge, Breite und Tiefe ausgedehnt ist, noch sonst etwas vom Körper hat — als die Idee von irgendeiner körperlichen Sache. Achte ich nun darauf, daß ich zweifle, d. h. daß ich ein unvollkommenes und abhängiges Ding bin, dann bietet sich mir eine so klare und deutliche Idee eines unabhängigen und vollkommenen Wesens — d. i. Gottes — dar, und daraus allein, daß eine solche Idee in mir ist, oder daß ich, der ich eine solche Idee habe, existiere, komme ich zu dem einleuchtenden Schluß, daß Gott eben auch existiert, und daß meine ganze Existenz in jedem Augenblick von ihm abhängt, so daß ich zuversichtlich glaube, es könne nichts einleuchtender, nichts gewisser vom menschlichen Geiste erkannt werden. Und schon meine ich, einen Weg zu sehen, auf dem man von dieser Betrachtung des wahren Gottes —, in dem nämlich alle Schätze des Wissens und der Weisheit verborgen sind, — zur Erkenntnis aller übrigen Dinge gelangt.

3.
Denn erstens erkenne ich, daß er mich unmöglich jemals täuschen kann, denn in aller Täuschung und allem Betrug liegt etwas von Unvollkommenheit. Und möchte es auch scheinen, als ob ,,täuschen können“ ein Zeichen von Scharfsinn, oder ein Beweis von Macht sei, so bezeugt doch ,,täuschen wollen“ unzweifelhaft entweder Bosheit oder Schwäche und trifft demnach auf Gott nicht zu.

4. Sodann mache ich die Erfahrung, daß in mir eine gewisse Fähigkeit zu urteilen ist, die ich sicherlich, wie auch alles übrige, was in mir ist, von Gott empfangen habe, und da er mich nicht täuschen will, so wird diese Fähigkeit doch gewiß nicht derart sein, daß ich bei ihrem rechten Gebrauch jemals irren könnte.

5. Auch bliebe hierüber gar kein Zweifel, wenn daraus nicht zu folgen schiene, daß ich also niemals irren könne. Denn wenn ich alles, was in mir ist, von Gott habe, und er mir gar keine Fähigkeit zu irren gegeben hätte, so scheint es, als ob ich niemals irren könnte. Und solange ich demnach nur an Gott denke und mich ganz zu ihm hinwende, entdecke ich keinen Grund zu Irrtum oder Falschheit. Wende ich mich aber hernach zu mir selbst zurück, so mache ich die Erfahrung, daß ich trotzdem unzähligen Irrtümern ausgesetzt bin, und forsche ich nach deren Ursache, so bemerke ich, daß sich mir nicht nur die reale und positive Idee Gottes, d. i. des vollkommensten Wesens, darbietet, sondern auch, wenn ich so sagen darf, eine gewisse negative Idee des Nichts oder dessen, was von aller Vollkommenheit am weitesten entfernt ist, und daß ich gleichsam als ein Mittleres zwischen Gott und das Nichts, d. i. zwischen das höchste Sein und das Nicht-Sein so gestellt bin, daß, sofern ich von dem höchsten Wesen geschaffen worden bin, allerdings nichts in mir ist, wodurch ich getäuscht oder zum Irrtum verleitet werden könnte, sofern ich aber auch in gewisser Weise am Nichts, d. i. am Nicht-Sein teilhabe, d. h. sofern ich nicht selbst das höchste Wesen bin, und mir außerordentlich viel mangelt, es nicht so sehr zu verwundern ist, daß ich mich täusche. Und so erkenne ich mit Gewißheit, daß der Irrtum als solcher nicht irgend etwas Reales, von Gott Abhängendes, sondern nur ein Mangel ist, und daß ich also, um zu irren, nicht einer von Gott zu diesem Zwecke verliehenen Fähigkeit bedarf, sondern daß der Irrtum mir nur deshalb begegnet, weil die von Gott mir gegebene Fähigkeit, das Wahre zu beurteilen, in mir nicht unendlich ist. ...

Aus: René Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen (S.44-45)
Zum erstenmal vollständig übersetzt und herausgegeben von Arthur Buchenau
Felix Meiner Verlag, Philosophische Bibliothek Band 27


Fünfte Meditation: Über das Wesen der materiellen Dinge und nochmals über das Dasein Gottes
1. Vieles bleibt mir noch über Gottes Eigenschaften, vieles über die Natur meiner selbst oder meines Geistes zu erforschen übrig, doch werde ich das vielleicht ein anderes Mal wieder aufnehmen. Für jetzt scheint mir nichts dringender nötig zu sein, — nachdem ich bemerkt habe, wovor ich mich zu hüten habe und was ich tun muss, um zur Wahrheit zu gelangen, — als dass ich versuche, aus den Zweifeln, auf die ich in den vergangenen Tagen verfallen bin, herauszukommen, und zusehe, ob sich irgendeine Gewissheit in Betreff der materiellen Dinge gewinnen lässt.

2. Und zwar muss ich, bevor ich prüfe, ob irgendwelche solche Dinge außer mir existieren, die Ideen derselben betrachten, sofern sie in meinem Bewusstsein sind, und zusehen, welche von ihnen deutlich, welche dagegen verworren sind.

3. Denn deutlich stellt sich mir in der Einbildung dar die Größe, welche die Philosophen gewöhnlich die stetige nennen, d, h. die Ausdehnung dieser Größe oder vielmehr der so und so großen Sache, nach Länge, Breite und Tiefe. In ihr zähle ich verschiedenartige Teile, und diesen Teilen schreibe ich allerlei Größe, Gestalt, Lage und Ortsbewegung zu, und diesen Bewegungen irgendwelche Dauer.

4. Diese Bestimmungen sind mir nun, nicht nur im allgemeinen betrachtet, durchaus bekannt und durchsichtig, sondern ich erfasse, wenn ich nur aufmerke, außerdem auch Unzähliges, im besonderen in Betreff der Gestalten, der Zahl, der Bewegung und dergleichen, dessen Wahrheit so offenkundig ist und so sehr meiner Natur entspricht, dass es mir, während ich es zuerst entdecke, so vorkommt, als ob ich nicht sowohl irgend etwas Neues lernte, als vielmehr, dessen, was ich vorher schon wusste, mich erinnerte; oder zum erstenmal auf das achtete, was längst in mir war, aber ohne dass ich schon früher den Blick meines Geistes darauf gerichtet hätte.

5. Hierbei verdient meiner Meinung nach die höchste Beachtung, dass ich bei mir unzählige Ideen finde von gewissen Dingen, von denen man, wenngleich sie vielleicht nirgendwo außer mir existieren, dennoch nicht sagen kann, sie seien Nichts. Und wenngleich ich sie in gewisser Weise willkürlich denke, so erdichte ich sie dennoch nicht, vielmehr haben sie ihre wahrhaften und unveränderlichen Naturen. Wenn ich mir z. B. ein Dreieck vorstelle, so mag vielleicht eine solche Figur nirgend in der Welt außer meinem Bewusstsein existieren, noch je existiert haben, dennoch hat sie fürwahr eine bestimmte Natur oder Wesenheit oder Form, die unveränderlich und ewig ist, die weder von mir ausgedacht ist, noch von meinem Geiste abhängt, wie daraus hervorgeht, daßsssich von diesem Dreieck mancherlei Eigenschaften beweisen lassen, wie dass seine drei Winkel gleich zwei rechten sind, dass bei ihm dem größten Winkel die größte Seite gegenüber liegt und dergleichen, was ich jetzt klar erkenne, ich mag wollen oder nicht, wenngleich ich vorher keineswegs an diese Eigenschaften gedacht habe, als ich mir das Dreieck vorstellte, und ich sie also auch nicht erdacht haben kann.

6. Übrigens ist es für die Sache ohne Belang, wenn ich behaupte, mir sei etwa von den äußeren Dingen durch Vermittlung der Sinnesorgane jene Idee des Dreiecks gekommen, da ich ja bisweilen Körper von dreieckiger Form gesehen habe. Kann ich doch unzählige andere Figuren mir ausdenken, betreffs deren kein Verdacht walten kann, sie seien jemals durch Vermittlung der Sinne in mich hineingekommen, und trotzdem kann ich von ihnen genau wie vom Dreieck mancherlei Eigenschaften beweisen, die alle sicherlich wahr sind, da sie ja von mir klar erkannt werden und die darum irgend etwas sind, nicht ein reines Nichts. Offenbar ist alles, was wahr ist, auch etwas! Und ich habe bereits ausführlich bewiesen, dass alles das wahr ist, was ich klar erkenne, und hätte ich dies auch nicht bewiesen, so ist es doch sicherlich die Natur meines Geistes, dass ich nicht umhin könnte, ihm zuzustimmen, so lange wenigstens, als ich es klar erfasse. Auch entsinne ich mich, dass ich stets, auch vor dieser Zeit, als ich noch im höchsten Grade an den sinnlichen Objekten hängen blieb, solche einleuchtend erkannten Wahrheiten von den Figuren und Zahlen oder andere zur Arithmetik oder Geometrie oder überhaupt zur reinen und abstrakten Mathematik gehörende, für die allergewissesten gehalten habe.

7. Wenn jetzt aber einzig und allein daraus, dass ich die Idee irgendeiner Sache meinem Bewusstsein entnehmen kann, folgt, dass alles was ich klar und deutlich als zur Sache gehörend erfasse, tatsächlich ihr zugehört, — sollte sich daraus nicht auch ein Beweisgrund für das Dasein Gottes entnehmen lassen? Zweifellos finde ich seine Idee, d. h. die des höchst vollkommenen Wesens, ebenso bei mir vor, wie die Idee einer beliebigen Figur oder Zahl. Auch sehe ich genau so klar und deutlich ein, dass es zu seiner Natur gehört, immer aktuell zu existieren, wie ich einsehe, dass, was ich von irgendeiner Figur oder Zahl beweise, auch zu der Natur dieser Figur oder Zahl gehört. Selbst wenn demnach nicht alles, worüber ich in diesen Tagen nachgedacht habe, wahr wäre, so müsste doch das Dasein Gottes bei mir zum mindesten in demselben Grade der Gewissheit stehen, in welchem bisher die mathematischen Wahrheiten gestanden haben.

8. Gleichwohl leuchtet dies in der Tat auf den ersten Blick nicht gänzlich ein, sondern es erweckt einen gewissen sophistischen Anschein. Da ich nämlich gewohnt bin, in allen anderen Dingen das Dasein (existentia) von der Wesenheit (essentia) zu unterscheiden, so rede ich mir leicht ein, dass jenes auch von der Wesenheit Gottes getrennt werden könne und so Gott sich als nicht aktuell existierend denken lässt. Achte ich indessen sorgfältiger darauf, so wird es offenbar, daß sich das Dasein von der Wesenheit Gottes ebensowenig trennen läßt, wie von der Wesenheit des Dreiecks, dass die Größe seiner drei Winkel zwei rechte beträgt, oder von der Idee des Berges die Idee des Tales. Es widerstreitet daher ebensosehr, sich einen Gott, d. h. ein höchst vollkommenes Wesen zu denken, dem das Dasein mangele, d. h. dem eine gewisse Vollkommenheit mangele, als einen Berg zu denken ohne Tal.

9. Aber gesetzt auch, daß ich Gott nicht anders als existierend denken könnte, wie einen Berg nicht ohne Tal, so folgt doch sicher daraus, dass ich den Berg mit dem Tale denke, nicht, dass es überhaupt einen Berg in der Welt gibt, und so scheint auch daraus, dass ich Gott als daseiend denke, nicht zu folgen, dass Gott existiert, legt doch mein Denken den Dingen keine Notwendigkeit auf! Und ebenso wie ich mir ein geflügeltes Pferd in der Einbildung vorstellen kann, wenngleich kein Pferd Flügel hat, so könnte ich etwa auch Gott das Dasein andichten, wenngleich gar kein Gott existiert. — Doch nein! Hier liegt der Trugschluss; denn daraus, dass ich den Berg nicht ohne Tal denken kann, folgt allerdings nicht, dass der Berg und das Tal irgendwo existieren, sondern nur, dass der Berg und das Tal, sie mögen nun existieren oder auch nicht existieren, voneinander nicht getrennt werden können. Dagegen folgt daraus, dass ich Gott nur als existierend denken kann, dass das Dasein von Gott untrennbar ist, und demnach, dass er in Wahrheit existiert, — nicht als ob mein Denken dies bewirkte, oder als ob es irgendeiner Sache eine Notwendigkeit auferlegte, sondern im Gegenteil, weil ja die Notwendigkeit der Sache selbst, nämlich des Daseins Gottes, mich dazu bestimmt, dies zu denken. Denn es steht mir nicht frei, Gott ohne Dasein — d. h. das vollkommenste Wesen ohne die ganze Vollkommenheit — zu denken, wie es mir freisteht, mir ein Pferd mit oder ohne Flügel vorzustellen.

10. Auch darf man hier nicht sagen, ich müsse zwar notwendig Gottes Dasein setzen, wenn ich einmal gesetzt habe, dass er alle Vollkommenheiten besitze, — da ja das Dasein eine von diesen ist, — aber die erste Setzung sei nicht notwendig gewesen, sowie auch keine Notwendigkeit für mich vorliege, zu glauben, alle vierseitigen Figuren könne man in einen Kreis einschreiben; gesetzt aber, ich sei dieser Meinung, ich notwendig zugeben müsse, daß sich in einen Rhombus ein Kreis einschreiben lässt, was doch offenkundig falsch ist. Wenngleich ich nämlich nicht notwendig jemals auf irgendeinen Gedanken von Gott verfallen muss, so ist es dennoch, so oft es mir beliebt, an ein erstes und höchstes Wesen zu denken, und seine Idee gleichsam aus der Schatzkammer meines Geistes hervorzuholen, notwendig, ihm alle Vollkommenheiten zuzuschreiben, wenn ich sie auch für jetzt nicht alle aufzähle oder auf die einzelnen achte. Und diese Notwendigkeit reicht vollständig aus, um später, wenn ich bemerke, dass das Dasein eine Vollkommenheit ist, richtig zu schließen, dass ein erstes und höchstes Wesen existiert. So ist es ja auch nicht notwendig, mir jemals irgendein Dreieck in der Einbildung vorzustellen, so oft ich aber willens bin, eine geradlinige Figur mit nur drei Winkeln zu betrachten, muss ich dieser notwendig diejenigen Eigenschaften zuschreiben, aus welchen man richtig folgert, dass seine drei Winkel nicht größer als zwei rechte sind, wenngleich ich eben dies für jetzt nicht bemerke. Untersuche ich aber, welche Figuren sich in einen Kreis einschreiben lassen, so ist es keineswegs notwendig, daß ich annehme, alle vierseitigen Figuren gehörten dazu. Ja, ich kann mir eben dies nicht einmal ausdenken, solange ich gewillt bin, nichts anderes als das klar und deutlich Eingesehene gelten zu lassen.

11. Es ist demnach ein großer Unterschied zwischen den falschen Setzungen dieser Art und den wahren mir eingeborenen Ideen, deren erste und vorzüglichste die Idee Gottes ist. Denn ich sehe in der Tat auf vielerlei Art ein, dass diese nicht etwas Erdichtetes, von meinen Gedanken Abhängendes ist, sondern das Abbild einer wahrhaften und unveränderlichen Natur.

12. Erstens nämlich kann ich mir keine andere Sache ausdenken, zu deren Wesenheit das Dasein gehörte, als Gott allein. Sodann ist es mir nicht möglich, zwei oder mehrere Götter dieser Art anzunehmen. Und setze ich einmal, dass jetzt einer existiert, so sehe ich die offenbare Notwendigkeit ein,
dass er schon von Ewigkeit her gewesen ist und in Ewigkeit bleiben wird. Schließlich aber erfasse ich in Gott noch vieles andere, von dem allen ich nichts abziehen noch verändern kann.

13. Aber welcher Art des Beweises ich mich schließlich auch bedienen mag, immer kommt es darauf hinaus, dass mich allein das völlig zu überzeugen vermag, was ich klar und deutlich erfasse. Und wenn auch einiges von dem, was ich so erfasse, für einen jeden auf der Hand liegt, so wird dagegen anderes nur von denen entdeckt, die es in nähere Betrachtung ziehen und genau untersuchen. Nachdem es aber entdeckt ist, gilt dieses nicht für weniger gewiss als jenes. Wenngleich es z. B. nicht so ohne weiteres einleuchtet, dass im rechtwinkligen Dreieck das Quadrat über der Grundlinie gleich der Summe der Quadrate der beiden Seiten ist, wie dass diese Grundlinie dem größten Winkel des Dreiecks gegenüberliegt, so glaubt man es doch ebenso, nachdem man es einmal eingesehen hat.

14. Was aber Gott betrifft, so würde ich sicherlich nichts eher und leichter erkennen, als ihn, wenn nicht mein Geist durch Vorurteile verdunkelt würde und die Bilder der körperlichen Dinge mein Bewusstsein gänzlich einnähmen. Denn, — was ist an sich offenkundiger, als dass das höchste Sein ist, oder daß Gott, dem allein es zukommt, dass das Dasein zu seinem Wesen gehört, also existiert ?! Und obgleich ich einer aufmerksamen Betrachtung bedurft habe, um eben dies zu erfassen, so bin ich doch jetzt dessen nicht nur in gleicher Weise gewiss, wie alles anderen, was mir am gewissesten erscheint, sondern ich bemerke außerdem auch, dass die Gewissheit aller übrigen Dinge gerade hiervon so durchaus abhängt, dass man ohne das niemals irgend etwas vollkommen wissen kann.

15. Denn ich habe zwar eine derartige Natur, dass ich nicht umhin kann zu glauben, etwas sei wahr, solange ich es klar und deutlich erfasse, aber ich habe trotzdem auch eine derartige Natur, dass ich nicht imstande bin, den Blick meines Geistes stets auf dasselbe Ding zu heften, um es klar zu erfassen, und es kehrt mir häufig die Erinnerung früherer Urteile wieder. Achte ich nun nicht weiter auf die Gründe, aus welchen ich eine Sache so beurteilt habe, so können andere Gründe beigebracht werden, die mich, wenn ich nicht wüsste, dass es einen Gott gibt, leicht von meiner Meinung abwendig machen könnten, und so würde ich niemals von irgendeiner Sache eine wahre und sichere Wissenschaft haben, sondern nur unbestimmte und veränderliche Meinungen.

16. Wenn ich z. B. die Natur des Dreiecks betrachte, so leuchtet es allerdings mir, der ich mit den Prinzipien der Geometrie vertraut bin, aufs klarste ein, dass seine drei Winkel gleich zwei rechten sind. Und ich kann nicht umhin, dies als wahr anzunehmen, solange ich auf den Beweis dieses Satzes achte; sobald ich aber den Blick meines Geistes einmal hiervon abgewandt habe, kann es leicht vorkommen, — wenn ich mich auch noch erinnere, es aufs klarste durchschaut zu haben, — dass ich an der Wahrheit des Satzes zweifle, wenn ich nicht weiß, daß es einen Gott gibt. Denn ich kann mir einreden, ich sei von der Natur so geschaffen, daß ich mich bisweilen selbst in dem täusche, was ich am klarsten zu erfassen meine, zumal da ich mich entsinne, häufig vieles als wahr und gewiss angesehen zu haben, von dem ich dann in der Folge durch andere Gründe bestimmt wurde zu urteilen, es sei falsch.

17. Habe ich aber erst einmal eingesehen, daß es einen Gott gibt und zugleich auch, daß alles übrige von ihm abhängt und daß er kein Betrüger ist, und habe ich daraus geschlossen, daß alles, was ich klar und deutlich erfasse, notwendig wahr ist, so läßt sich, — selbst wenn ich nicht weiter auf die Gründe achte, aus denen ich geurteilt habe, dass jenes wahr sei, sondern mich nur entsinne, es klar und deutlich durchschaut zu haben, — kein Gegengrund beibringen, der mich zum Zweifel verleiten könnte, sondern ich besitze hiervon ein wahres und sicheres Wissen. Und das nicht nur hiervon, sondern auch von allem übrigen, das ich mich entsinne, früher einmal bewiesen zu haben, so von der Geometrie und dergleichen. Denn was will man mir jetzt entgegnen? Etwa ich sei so geschaffen, dass ich mich häufig täusche? Aber ich weiß bereits, dass ich mich in dem, was ich deutlich eingesehen habe, nicht täuschen kann. Oder wird man sagen, ich hätte sonst vieles als wahr und sicher angesehen, was ich später als falsch ertappt habe? Aber nichts hiervon hatte ich klar und deutlich erfasst, vielmehr hatte ich es nur in Unkenntnis dieser Regel der Wahrheit wegen anderer Gründe etwa angenommen, die ich sodann als nicht so fest entdeckte. Was will man also sagen? Etwa — wie ich mir vor kurzem den Einwand machte — ich träumte vielleicht, d. h. es sei alles das, was ich jetzt denke, nicht wahrer als das, was sich dem Träumenden darbietet? Indessen — auch das ändert nichts; denn, wenn ich selbst träumte, so ist dennoch sicher alles wahr, was meinem Verstande einleuchtend ist.

18. Und so sehe ich klar, dass die Gewissheit und die Wahrheit alles Wissens einzig von der Erkenntnis des wahren Gottes abhängt, so sehr, daß ich, bevor ich ihn nicht erkannte, nichts über irgendeine andere Sache vollkommen wissen konnte. Jetzt aber kann Unzähliges sowohl von Gott selbst und den anderen reinen Verstandesdingen, als auch von der gesamten körperlichen Natur, die den Gegenstand der reinen Mathematik bildet, mir vollkommen bekannt und gewiss sein.

Aus: René Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen (S.53ff.)
Zum erstenmal vollständig übersetzt und herausgegeben von Arthur Buchenau
Felix Meiner Verlag, Philosophische Bibliothek Band 27


Sechste Meditation:
Über das Dasein der materiellen Dinge und die reale Unterschiedenheit von Seele und Körper.
1. Es erübrigt noch, zu untersuchen, ob materielle Dinge existieren. Nun weiß ich zwar bereits zum mindesten, dass sie, sofern sie den Gegenstand der reinen Mathematik ausmachen, existieren können, da ich sie ja klar und deutlich erfasse. Gott ist nämlich zweifellos imstande, alles das zu bewirken, was ich imstande bin, so zu erfassen. Und ich habe nur dann geurteilt, dass es für ihn unmöglich sei, irgend etwas zu schaffen, wenn es ein Widerspruch wäre, dass ich es deutlich erfasse. Außerdem scheint aus der Fähigkeit der Einbildung, die, wie ich an mir erfahre, ich stets anwende, wenn ich mich mit jenen materiellen Dingen beschäftige, zu folgen, dass diese existieren. Betrachte ich nämlich aufmerksamer, was die Einbildungskraft eigentlich ist, so leuchtet mir ein, dass sie nichts anderes ist, als eine gewisse Anwendung der Erkenntniskraft auf den Körper, der ihr unmittelbar gegenwärtig ist, und der demnach existiert.

2. Damit dies ganz klar werde, untersuche ich erstlich den Unterschied zwischen der Einbildungskraft und der reinen Verstandestätigkeit. Habe ich nämlich z. B. ein Dreieck in der Einbildung, so denke ich es nicht nur als eine durch drei Seiten eingeschlossene Figur, sondern ich schaue zugleich auch diese drei Linien mit dem Blicke meines Geistes als mir gegenwärtig an, und das nenne ich »etwas in der Einbildung haben«. Will ich aber über ein Tausendeck nachdenken, so erfasst mein Verstand es zwar ebensogut als eine aus tausend Seiten bestehende Figur, wie er das Dreieck als eine aus drei Seiten bestehende Figur erfasst, aber ich habe diese tausend Seiten nicht in derselben Weise in meiner Einbildung, d. h. ich schaue sie nicht als gegenwärtig an. Und wenngleich ich, — infolge meiner Gewohnheit, mich stets der Einbildungskraft zu bedienen, so oft ich die körperlichen Dinge erwäge, — mir etwa jetzt irgendeine Figur verworren vorstelle, so ist es offenbar, dass diese nicht das Tausendeck ist, da sie ja in nichts von der verschieden ist, die ich mir alsdann vorstellen würde, wenn ich an ein Zehntausendeck oder jede beliebige andere Figur von sehr vielen Seiten dächte, und da sie nicht das geringste dazu beiträgt, die Eigenschaften zu entdecken, durch welche sich das Tausendeck von anderen Vielecken unterscheidet.

3. Handelt es sich aber um ein Fünfeck, so kann ich zwar seine Figur, wie die des Tausendecks, ohne die Hilfe der Einbildungskraft denken, aber ich kann auch ebendieselbe in der Einbildung haben, indem ich nämlich den Blick meines Geistes auf seine fünf Seiten und zugleich auf die durch diese eingeschlossene Fläche richte. Und ich bemerke hierbei offenbar, dass es für mich einer ganz besonderen Anstrengung des Geistes bedarf, um etwas in der Einbildung zu haben, einer Anstrengung, die ich beim Denken nicht nötig habe. Diese neue Anspannung des Geistes aber zeigt klar den Unterschied zwischen Einbildungskraft und reiner Verstandestätigkeit.

4. Zudem bemerke ich, dass diese in mir vorhandene Kraft der Einbildung, insofern sie sich von der Kraft des reinen Denkens unterscheidet, zu der Wesenheit meiner selbst, d. h. meines Geistes, nicht erforderlich ist. Denn wenn sie mir auch fehlte, so würde ich doch zweifellos ebenderselbe bleiben, der ich jetzt bin. Hieraus scheint zu folgen, dass sie von etwas abhängt, was von mir verschieden ist. Da sehe ich nun leicht ein: wenn irgendein Körper existiert, mit dem der Geist so verbunden ist, dass er nach Belieben sich darauf richten kann, um ihn gleichsam zu betrachten, so ist es möglich, dass ich eben dadurch die körperlichen Dinge in der Einbildung habe. Und es unterscheidet sich diese Bewusstseinsart nur soweit von der reinen Verstandestätigkeit, als der Geist beim reinen Denken sich sozusagen auf sich selbst richtet und irgendeine der Ideen, die in ihm sind, betrachtet. Wenn er aber etwas in der Einbildung hat, so richtet er sich auf den Körper und schaut in ihm irgend etwas an, das der entweder von ihm selbst gedachten oder sinnlich erfassten Idee entspricht. Leicht, sage ich, sehe ich ein, dass die Einbildung so zustande kommen kann, sofern nämlich ein Körper existiert. Da sich überdem ja keine andere gleich angemessene Weise darbietet, sie zu erklären, so entnehme ich daraus mit Wahrscheinlichkeit, dass der Körper existiert, aber eben nur mit Wahrscheinlichkeit, und wenn ich gleich sorgfältig alles prüfe, so sehe ich trotzdem noch nicht, wie aus dieser deutlichen Idee der körperlichen Natur, die ich in meiner Einbildung vorfinde, sich irgendein Beweisgrund entnehmen ließe, aus dem das Dasein irgendeines Körpers mit Notwendigkeit folgte.

5. Außer dieser körperlichen Natur, die den Gegenstand der reinen Mathematik ausmacht, pflege ich aber noch vieles andere in der Einbildung zu haben, z. B. Farben, Töne, Geschmäcke, Schmerz und dergleichen, wenngleich nichts in so deutlicher Weise. Da ich dies nun besser durch die Sinne erfasse, von denen es mit Hilfe des Gedächtnisses zur Einbildung gelangt zu sein scheint, so muss ich, um es bequemer behandeln zu können, in gleicher Weise auch von der Sinnesempfindung handeln und zusehen, ob sich aus dem, was durch die Bewusstseinsart, die ich »Empfindung« nenne, erfasst wird, irgendein sicherer Beweis für das Dasein der körperlichen Dinge gewinnen lässt.

6. Und zwar will ich mir hier erstens ins Gedächtnis rufen, was denn die Dinge sind, welche ich früher, als durch die Sinne erfasst, für wahr gehalten habe, und aus welchen Gründen ich sie dafür gehalten habe; sodann will ich auch die Gründe erwägen, aus denen ich dieselben Dinge späterhin in Zweifel gezogen habe, und endlich überlegen, was ich jetzt von ihnen zu halten habe.

7. Erstens habe ich wahrgenommen, dass ich einen Kopf, Hände, Füße und die übrigen Glieder habe, aus denen jener Körper besteht, den ich als einen Teil meiner selbst oder vielleicht sogar als mein Ganzes ansah; außerdem nahm ich wahr, dass dieser Körper sich zwischen vielen anderen Körpern befindet, durch die er auf mannigfache, sei es zuträgliche oder unzuträgliche Weise beeinflusst werden kann, und zwar bemaß ich dies Zuträgliche nach dem Gefühle der Lust, das Unzuträgliche nach der Empfindung des Schmerzes. Abgesehen von dem Schmerze und der Lust aber empfand ich in mir auch Hunger, Durst und andere Begehrungen dieser Art und ebenso gewisse körperliche Neigungen zur Fröhlichkeit und Traurigkeit, zum Zorne und zu anderen Affekten, außer mir dagegen empfand ich, abgesehen von der Ausdehnung, den Figuren und Bewegungen der Körper, in ihnen auch Härte, Wärme und die anderen Berührungsqualitäten, ferner Licht, Farben, Gerüche, Geschmäcke und Töne, nach deren Verschiedenheit ich Himmel, Erde, Meere und die übrigen Körper voneinander unterschied.

8. Und, in der Tat, nicht ohne Grund glaubte ich wegen der Ideen aller jener Beschaffenheiten, die sich meinem Bewußtsein darboten, und die allein ich eigentlich und unmittelbar empfand, gewisse von meinem Bewußtsein gänzlich verschiedene Dinge zu empfinden, nämlich Körper, von denen jene Ideen herrührten. Denn ich machte die Erfahrung, daß mir diese Ideen durchaus ohne meine Zustimmung kamen, so daß ich keinen Gegenstand empfinden konnte, wenn ich auch wollte, wenn er nicht meinem Sinnesorgane gegenwärtig war, andrerseits ihn empfinden mußte, wenn er gegenwärtig war.

9. Und da die sinnlich erfaßten Ideen viel lebendiger und ausdrucksvoller und auch in ihrer Art deutlicher waren, als irgendwelche von denen, die ich mir selbst mit Vorwissen und mit Bewußtsein in meinem Denken bildete, oder die ich als meinem Gedächtnis eingeprägt bemerkte, so schien es unmöglich zu sein, daß sie von mir selbst herrührten. Es blieb darum nur übrig, daß sie von gewissen anderen Dingen mir zukamen, und da ich von diesen Dingen keine Kenntnis anderswoher hatte, als aus eben diesen Ideen, so konnte mir nichts anderes in den Sinn kommen, als daß diese jenen ähnlich seien.

10. Da ich mich außerdem erinnerte, daß ich mich eher der Sinne als der Vernunft bedient habe, und da ich sah, daß die von mir selbst gebildeten Ideen nicht so ausdrucksvoll sind, wie die waren, welche ich sinnlich erfaßte, und daß sie sich meist aus deren Teilen zusammensetzten, so konnte ich mir leicht einreden, daß ich gar keine Idee in meinem Verstande hätte, die ich nicht zuvor in der Sinnesempfindung gehabt hätte.

11. Auch hatte ich wohl einen Grund, wenn ich annahm, daß der Körper, den ich mit einem gewissen besonderen Rechte als den meinen bezeichnete, mir mehr zugehörte, als alles andere. Ich konnte mich nämlich niemals von ihm trennen, wie von den übrigen Körpern, ferner fühlte ich alle Begehrungen und Affekte in ihm und für ihn, schließlich aber nahm ich den Schmerz und den Kitzel der Lust in seinen Teilen, nicht aber in anderen außer ihm befindlichen wahr.

12.Warum aber auf diese ich weiß selbst nicht wie beschaffene Empfindung des Schmerzes eine gewisse Traurigkeit der Seele, warum auf das Lustgefühl eine gewisse Freude folgt, oder warum jene nicht näher zu beschreibende Erregung des Magens, die ich Hunger nenne, mich daran erinnert, Speise zu mir zu nehmen, ebenso die Trockenheit der Kehle ans Trinken usw., — dafür habe ich in der Tat keinen anderen Grund, als daß die Natur es mich so gelehrt hat. Denn es ist durchaus keine Verwandtschaft (affinitas), soviel ich wenigstens einsehe, zwischen dieser Erregung und dem Willen, Speise zu mir zu nehmen, oder zwischen der Empfindung einer Schmerz erregenden Sache und dem aus dieser Empfindung entstehenden Bewußtsein der Traurigkeit, aber auch alles übrige, was ich in Betreff der Sinnesobjekte urteilte, schien die Natur mich gelehrt zu haben. Daß sich das so verhalte, davon hatte ich mich schon überzeugt, noch bevor ich irgendwelche Gründe erwogen hatte, durch die eben dies bewiesen würde.

13. Sodann aber hat eine Reihe von Erfahrungen nach und nach mein ganzes Vertrauen auf die Sinne ins Wanken gebracht. Denn bisweilen erschienen mir Türme, die ich von ferne für rund gehalten hatte, in der Nähe als viereckig, und die gewaltig großen, auf ihrer Spitze errichteten Bildsäulen von der Erde aus gesehen als klein. Und in unzähligen anderen solchen Dingen ertappte ich das Urteil der äußeren Sinne als trügerisch, und nicht nur das der äußeren, sondern auch das der inneren; denn was kann es Innerlicheres geben, als den Schmerz? Gleichwohl habe ich früher einmal von Menschen gehört, denen man ein Bein oder einen Arm abgeschnitten hatte, und die trotzdem bisweilen in dem ihnen fehlenden Körperteile Schmerz zu empfinden vermeinten, und daher schien es auch bei mir nicht durchaus sicher zu sein, daß irgendein Glied mir Schmerz bereite, obgleich ich in ihm den Schmerz empfand.

14. Zu diesen Zweifelsgründen nun habe ich vor kurzem zwei von höchster Allgemeinheit hinzugefügt. Der erste war, daß nichts von dem, was ich jemals während des Wachens zu empfinden geglaubt habe, derart ist, daß ich es nicht auch irgend einmal im Schlafe zu empfinden meinen könnte. Da ich nun nicht annehme, daß das, was ich im Schlafe zu empfinden meine, von außer mir befindlichen Dingen kommt, so sah ich nicht recht ein, weshalb ich dies eher von dem annehmen sollte, was ich im Wachen zu empfinden meine. Der zweite Grund war folgender: Da ich den Urheber meines Daseins noch nicht kannte — oder doch zum mindesten vorgab, ihn noch nicht zu kennen — so sah ich nicht, was dem im Wege stehe, daß meine Natur so eingerichtet sei, daß ich mich selbst in dem täuschte, was mir am allerwahrsten zu sein schien.

15. Was aber die Gründe anbetrifft, durch die ich mich vorher von der Wahrheit der Sinnendinge überzeugt hatte, so machte es keine Schwierigkeit, auf sie zu antworten. Da nämlich die Natur mich zu vielem zu treiben schien, was mir die Vernunft widerriet, so war ich der Meinung, man dürfe dem uns von der Natur Gelehrten überhaupt kein rechtes Vertrauen schenken. Und wenn auch die sinnlichen Wahrnehmungen von meinem Willen nicht abhingen, so war ich doch nicht der Meinung, daß man darum schließen müßte, sie rührten von Dingen her, die von mir verschieden sind, da ja vielleicht in mir selbst irgendeine Fähigkeit sein kann, — wenngleich sie mir noch nicht bekannt ist, — welche sie hervorruft.

16. Jetzt aber, wo ich beginne, mich selbst und den Urheber meines Daseins besser zu kennen, bin ich der Meinung, daß man zwar nicht alles, was ich von den Sinnen zu haben meine, ohne weiteres gelten lassen, aber auch nicht alles in Zweifel ziehen darf.

17. Und da ich ja erstlich weiß, daß alles, was ich klar und deutlich denke, in der Weise von Gott geschaffen werden kann, wie ich es denke, so genügt es für mich, ein Ding ohne ein anderes klar und deutlich denken zu können, um mir die Gewißheit zu geben, daß das eine vom andren verschieden ist, da wenigstens Gott es getrennt setzen kann. Auch kommt es nicht darauf an, durch welche Macht dies geschieht, damit man sie für verschieden hält. Daraus also, daß ich weiß, ich existiere und daß ich inzwischen bemerke, daß durchaus nichts anderes zu meiner Natur oder Wesenheit gehöre, als allein, daß ich ein denkendes Ding bin, schließe ich mit Recht, daß meine Wesenheit allein darin besteht, daß ich ein denkendes Ding bin. Und wenngleich ich vielleicht —oder vielmehr gewiß, wie ich später auseinandersetzen werde — einen Körper habe, der mit mir sehr eng verbunden ist, so ist doch, — da ich ja einerseits eine klare und deutliche Idee meiner selbst habe, sofern ich nur ein denkendes, nicht ein ausgedehntes Ding bin, und andrerseits eine deutliche Idee vom Körper, sofern er nur ein ausgedehntes, nicht denkendes Ding ist — soviel gewiß, daß ich von meinem Körper wahrhaft verschieden bin und ohne ihn existieren kann.

18. Außerdem finde ich in mir gewisse besondere und von meinem Ich verschiedene Fähigkeiten, nämlich die Fähigkeiten der Einbildung und der Empfindung, ohne welche ich mein ganzes Ich klar und deutlich denken kann, aber nicht umgekehrt lassen sich jene ohne mich denken, d. h. ohne eine denkende Substanz, in der sie sind. Sie schließen nämlich in ihrem formalen Begriffe eine Art von Denktätigkeit (intellectio) in sich, wodurch ich erfasse, daß sie sich von mir wie die Modi vom Dinge unterscheiden.

19. Ich erkenne auch noch gewisse andere Fähigkeiten, wie die, den Ort zu verändern, verschiedene Gestalten anzunehmen und ähnliche, die sich allerdings ebensowenig wie die vorhergehenden ohne irgendeine Substanz denken lassen, der sie einwohnen, und die demnach auch nicht ohne diese existieren können. Es ist aber klar, daß diese, sofern sie existieren, einer körperlichen, d. h. ausgedehnten Substanz innewohnen müssen, nicht aber einer denkenden, da ja in ihrem klaren und deutlichen Begriffe zwar eine gewisse Ausdehnung, aber durchaus nichts von Denken enthalten ist.

20. Nun ist aber in mir eine gewisse passive Fähigkeit zu empfinden, d. h. die Ideen der Sinnendinge aufzunehmen und zu erkennen; doch könnte diese mir gar nichts nützen, wenn es nicht auch eine gewisse aktive Fähigkeit entweder in mir oder in einem anderen gäbe, welche diese Ideen hervorruft und bewirkt. Und diese kann in der Tat in mir nicht sein, da sie ja gar keine Denktätigkeit zur Voraussetzung hat, und da jene Ideen nicht durch mein Zutun, sondern häufig auch gegen meinen Willen hervorgerufen werden. Es bleibt also nur übrig, daß sie in irgendeiner von mir verschiedenen Substanz ist. Da nun in dieser die gesamte Realität entweder in formaler oder in eminenter Weise enthalten sein muß, die in objektiver Weise in den durch jene Fähigkeit hervorgerufenen Ideen ist, — wie bereits oben bemerkt, — so ist diese Substanz entweder Körper, d. h. die körperliche Natur, welche nämlich alles das in formaler Weise enthält, was die Ideen in objektiver Weise enthalten, oder aber es ist Gott, oder irgendein edleres Geschöpf als der Körper, das die Realität in eminenter Weise enthält.

21. Da nun Gott aber kein Betrüger ist, so ist es ganz offenbar, daß er diese Ideen nicht unmittelbar von sich oder auch durch Vermittlung irgendeines Geschöpfes in uns sendet, in dem die objektive Realität derselben nicht in formaler, sondern nur in eminenter Weise enthalten wäre. Denn da Gott mir durchaus keine Fähigkeit gegeben hat, dies zu erkennen, sondern im Gegenteil einen großen Hang, zu glauben, sie würden von körperlichen Dingen entsandt, so sehe ich nicht ein, in welcher Art man erkennen könnte, daß er nicht ein Betrüger sei, wenn sie anderswoher, als von den körperlichen Dingen kämen. — Folglich existieren die körperlichen Dinge.

22. Indessen vielleicht existieren sie nicht alle genau so, wie ich sie mit den Sinnen wahrnehme, da ja dieses sinnliche Wahrnehmen in vielen Fällen recht dunkel und verworren ist; aber es ist wenigstens alles das in ihnen wirklich vorhanden, was ich klar und deutlich denke, d. h. alles das, ganz allgemein betrachtet, was in dem Gegenstande der reinen Mathematik einbegriffen ist.

23. Was aber das übrige anbetrifft, so ist dies entweder etwas Besonderes, wie daß die Sonne diese bestimmte Größe, diese Gestalt hat usw., oder es gehört zu dem minder klar Gedachten, wie Licht, Ton, Schmerz und dergleichen. Wenngleich dies nun recht zweifelhaft und ungewiß ist, so zeigt sich mir doch, — weil Gott kein Betrüger ist und weil es darum nicht möglich ist, daß sich irgendeine Falschheit in meinen Meinungen findet, ohne daß er mir auch die Fähigkeit verliehen hätte, sie zu berichtigen die sichere Hoffnung, auch hierin zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen.

24. Und es unterliegt in der Tat keinem Zweifel, daß alles das, was mich meine Natur lehrt, eine gewisse Wahrheit in sich birgt. Denn unter der Natur in ihrem umfassendsten Sinne verstehe ich nichts anderes, als entweder Gott selbst oder die von Gott eingerichtete Gesamtordnung der geschaffenen Dinge; unter meiner Natur im besonderen aber nichts anderes, als die Verknüpfung von dem allen, was Gott mir zugeteilt hat.

25. Da ist aber nichts, was mich diese ausdrücklicher lehrte, als daß ich einen Körper habe, welcher sich schlecht befindet, wenn ich Schmerz empfinde, welcher der Speise oder des Trankes bedarf, wenn ich Hunger oder Durst leide und dergleichen. Ich darf demnach nicht daran zweifeln, daß hierin eine gewisse Wahrheit liegt.

26. Es lehrt mich ferner die Natur durch eine Empfindung des Schmerzes, Hungers, Durstes usw., daß ich nicht nur in der Weise meinem Körper gegenwärtig bin, wie der Schiffer seinem Fahrzeug, sondern daß ich aufs engste mit ihm verbunden und gleichsam vermischt bin, so daß ich mit ihm eine gewisse Einheit bilde. Denn sonst würde ich, der ich nur ein denkendes Ding bin, nicht, wenn mein Körper verletzt wird, darum Schmerz empfinden, sondern ich würde diese Verletzung nur durch bloßes Denken erfassen, wie der Schiffer durch das Gesicht wahrnimmt, wenn irgend etwas am Schiffe zerbricht, und ich würde alsdann, wenn der Körper der Speise oder des Trankes bedarf, eben dies in bestimmter Weise denken, ohne dabei die verworrenen Hunger oder Durstempfindungen zu haben. Denn es sind doch sicherlich diese Empfindungen des Hungers, Durstes, Schmerzes usw. nichts anderes als gewisse, aus der Vereinigung und gleichsam Vermischung des Geistes mit dem Körper entstandene Weisen des Bewußtseins.

27. Außerdem aber lehrt mich die Natur, daß in der Umgebung meines Körpers eine Mannigfaltigkeit von anderen Körpern existiert, von denen ich einige aufsuchen, andere meiden muß. Und zweifellos schließe ich daraus, daß ich verschiedenartige Farben, Töne, Gerüche, Geschmäcke, Wärme, Härte und dergleichen empfinde, mit Recht, daß in den Körpern, von denen mir diese verschiedenartigen Wahrnehmungen der Sinne zukommen, gewisse Verschiedenartigkeiten vorhanden sind, die jenen entsprechen, wenngleich sie ihnen freilich nicht ähnlich sind. Und daraus, daß einige dieser Wahrnehmungen mir angenehm, andere unangenehm sind, kann ich mit vollkommener Gewißheit folgern, daß mein Körper oder vielmehr mein gesamtes Ich, sofern ich aus Körper und Geist zusammengesetzt bin, von den umgebenden Körpern in mannigfacher Weise zuträglich und unzuträglich beeinflußt werden kann.

28. Es gibt indessen noch vieles andere, das mich, wie es scheint, die Natur gelehrt hat, und das ich dennoch nicht in Wahrheit von ihr, sondern von einer gewissen Gewohnheit, unüberlegt zu urteilen, erhalten habe, und bei dem es darum recht leicht vorkommen kann, daß es falsch ist: so, daß der gesamte Raum, in dem sich gar nichts meine Sinne Beeinflussendes darbietet, leer sei; daß z. B. in einem warmen Körper irgend etwas vorhanden sei, was der in mir vorhandenen Idee der Wärme durchaus ähnlich ist, in dem Weißen oder in dem Grünen eben das von mir empfundene ,,grün“ und ,,weiß“, in dem Bitteren und Süßen derselbe Geschmack und ebenso bei den übrigen Sinnen enthalten sei; daß ferner Gestirne, Türme und alle beliebigen anderen Körper nur von eben der Größe und Gestalt seien, in der sie sich meinen Sinnen darstellen und anderes der Art.

29. Damit ich aber hierbei alles mit genügender Deutlichkeit erfasse, muß ich noch genauer definieren, was ich eigentlich darunter verstehe, wenn ich sage, ,,die Natur lehrt mich etwas“. In diesem Ausdrucke nehme ich nämlich die „Natur“ in einem engeren Sinne, als wenn ich darunter die Zusammenfassung (complexio) alles dessen verstehe, was mir Gott zugeteilt hat. Denn in dieser Zusammenfassung ist vieles enthalten, was allein dem Geiste zugehört, wie wenn ich mir bewußt werde, daß, was geschehen ist, nicht ungeschehen gemacht werden kann und alles übrige, was mir durch die natürliche Einsicht bekannt ist, wovon hier nicht weiter die Rede ist. Vieles ist darin auch einbegriffen, was sich allein auf den Körper bezieht, wie daß er abwärts strebt und dergleichen. Indessen auch darum handelt es sich jetzt nicht, sondern nur um das, was Gott mir, als dem aus Körper und Geist Zusammengesetzten verliehen hat. Diese ,,Natur“ lehrt mich darum zwar, das zu meiden, was das Gefühl des Schmerzes, und das aufzusuchen, was das Gefühl der Lust erregt und dergleichen mehr; aber es ist nicht klar, daß sie uns außerdem lehrt, aus jenen Wahrnehmungen der Sinne ohne vorhergehende Prüfung des Verstandes irgendeinen Schluß über außer uns befindliche Dinge zu ziehen, da es ja dem Geiste allein, nicht aber dem aus Körper und Geist Zusammengesetzten zuzukommen scheint, die Wahrheit davon zu erkennen.

30. Z. B., wenngleich ein Stern keinen größeren Reiz auf mein Auge ausübt, als das Feuer einer kleinen Fackel, so liegt darin doch keine reale oder positive Neigung, die mich zu der Annahme veranlaßt, er sei nicht größer, sondern ich habe ohne Grund seit meiner Jugend so geurteilt. Und wenngleich ich bei der Annäherung an das Feuer Wärme empfinde und, komme ich ihm zu nahe, Schmerz, so ist doch in der Tat kein Grund vorhanden, der mich davon zu überzeugen vermöchte, daß in dem Feuer etwas dieser Wärme, wie ja auch nicht etwas jenem Schmerze Ähnliches sei, sondern nur, daß in ihm irgend etwas enthalten ist, was es auch schließlich sei, das in uns die Empfindungen der Wärme und des Schmerzes hervorruft. Wenngleich auch in irgendeinem Raume nichts meine Sinne Beeinflussendes ist, so folgt darum nicht, daß in dem Raume gar kein Körper sei. Vielmehr sehe ich, daß ich hierin, wie auch in sehr vielem anderen, daran gewöhnt bin, die Ordnung der Natur gänzlich umzukehren. Während die Sinnesempfindungen mir von der Natur eigentlich nur gegeben sind, um dem Geiste anzuzeigen, was für das Zusammengesetzte, von dem er nur ein Teil ist, zuträglich oder unzuträglich ist, und sie insofern klar und deutlich genug sind, gebrauche ich sie als sichere Regeln, um unmittelbar zu erkennen, worin das Wesen der außer mir befindlichen Körper besteht, wovon sie mir doch nur sehr dunkle und verworrene Kunde geben!

31. Nun aber habe ich mir schon früher zur Genüge klargemacht, wie es trotz der Güte Gottes vorkommen kann, daß meine Urteile falsch sind. Aber hier erhebt sich eine neue Schwierigkeit in Betreff dessen, das die Natur mich aufzusuchen oder zu meiden lehrt und auch in Betreff der inneren Sinne, die ich auf Irrtümern ertappt zu haben meine, wie wenn z. B. jemand, durch den angenehmen Geschmack irgendeiner Speise verführt, das darin verborgene Gift zu sich nimmt. Aber die Natur treibt ihn in diesem Falle doch nur, das Wohlschmeckende zu begehren, nicht aber das Gift, das sie offenbar nicht kennt; und alles, was man hieraus schließen kann, ist also, daß meine Natur nicht allwissend ist. Das ist nun nicht weiter zu verwundern; denn da der Mensch ein beschränktes Wesen ist, so kommt ihm auch nur eine Natur von beschränkter Vollkommenheit zu.

32. Nun irren wir aber auch nicht selten selbst in dem, wozu die Natur uns treibt, wie wenn die Kranken Trank oder Speise begehren, die ihnen bald darauf Schaden bringen wird. Hier könnte man vielleicht sagen, sie irrten deshalb, weil ihre Natur verderbt ist; doch das hebt die Schwierigkeit nicht, da ja ein kranker Mensch ebensogut ein Geschöpf Gottes ist wie ein gesunder, und es scheint demnach ebenso widersprechend, daß jener eine betrügerische Natur von Gott erhalten habe.

33. Und ebenso, wie eine aus Rädern und Gewichten zusammengesetzte Uhr nicht weniger genau alle Gesetze der Natur beobachtet, wenn sie schlecht angefertigt ist und die Stunden nicht richtig anzeigt, als wenn sie in jeder Hinsicht dem Wunsche des Anfertigers genügt, so verhält sich auch der menschliche Körper, wenn ich ihn als eine Art von Maschine betrachte, die aus Knochen, Nerven, Muskeln, Adern, Blut und Haut so eingerichtet und zusammengesetzt ist, daß, auch wenn gar kein Geist in ihr existierte, sie doch genau dieselben Bewegungen hätte, die jetzt in ihm nicht durch die Herrschaft des Willens und also nicht durch den Geist erfolgen. Und so begreife ich leicht, daß es für den Körper ebenso natürlich ist, wenn er z. B. wassersüchtig ist, daß er an derselben Trockenheit der Kehle leidet, welche im Geiste die Empfindung des Durstes zu erregen pflegt, und daß dadurch auch seine Nerven und die übrigen Teile so gestimmt werden, daß er den Trank zu sich nimmt, durch den die Krankheit sich steigert, als wenn er, ohne diese Krankheit zu haben, durch eine ähnliche Trockenheit der Kehle veranlaßt wird, einen ihm nützlichen Trank zu sich zu nehmen.

34. Zwar könnte ich, wenn ich auf die ursprünglich beabsichtigte Verwendung der Uhr zurückblickte, sagen, sie wiche von ihrer ,,Natur“ ab, wenn sie die Stunden nicht richtig angibt, und wenn ich in derselben Weise die Maschine des menschlichen Körpers betrachte als gleichsam für die Bewegungen eingerichtet, die in ihr vor sich zu gehen pflegen, so möchte ich meinen, daß auch er von seiner Natur abirrt, wenn seine Kehle trocken ist, ohne daß doch das Trinken zu seiner Erhaltung beiträgt. Dennoch kann es mir gar nicht entgehen, daß diese letzte Bedeutung der ,,Natur“ von der ersteren weit verschieden ist. Die ,,Natur“ ist in diesem Falle nämlich nichts anderes, als eine bloße, von meinem Denken abhängende Bezeichnung, indem ich den kranken Menschen und die schlecht angefertigte Uhr mit der Idee des gesunden Menschen und der richtig gemachten Uhr vergleiche; und sie haftet den Dingen, von welchen sie ausgesagt wird, nur äußerlich an. In dem früheren Sinne aber verstehe ich unter ,,Natur“ etwas, das sich tatsächlich in den Dingen vorfindet, und das demnach eine gewisse Wahrheit in sich schließt.

35. Allerdings, wenngleich es in Rücksicht auf den Wassersüchtigen nur eine äußerliche Bezeichnung ist, wenn man sagt, seine Natur sei deshalb verdorben, weil er eine trockene Kehle hat, ohne des Trankes zu bedürfen, so ist es doch, in Rücksicht auf das Zusammengesetzte, d. h. auf den mit einem solchen kranken Körper verbundenen Geist, nicht eine bloße Bezeichnung, sondern ein wahrhafter Irrtum der Natur, daß ihn dürstet, während doch der Trank ihm schaden wird. Es bleibt daher noch zu prüfen, inwiefern die Güte Gottes nicht hindert, daß die so verstandene ,,Natur“ betrügerisch ist.

36. Nun bemerke ich hier erstlich, daß ein großer Unterschied zwischen Geist und Körper insofern vorhanden ist, als der Körper seiner Natur nach stets teilbar, der Geist hingegen durchaus unteilbar ist. Denn, in der Tat, wenn ich diesen betrachte, d. h. mich selbst, insofern ich nur ein denkendes Ding bin, so vermag ich in mir keine Teile zu unterscheiden, sondern erkenne mich als ein durchaus einheitliches und ganzes Ding. Und wenngleich der ganze Geist mit dem ganzen Körper verbunden zu sein scheint, so erkenne ich doch, daß, wenn man den Fuß oder den Arm oder irgendeinen anderen Teil des Körpers abschneidet, darum nichts vom Geiste weggenommen ist. Auch darf man nicht die Fähigkeiten des Wollens, Empfindens, Erkennens als seine Teile bezeichnen, ist es doch ein und derselbe Geist, der will, empfindet und erkennt. Im Gegenteil aber kann ich mir kein körperliches, d. h. ausgedehntes Ding denken, das ich nicht in Gedanken unschwer in Teile teilen und ebendadurcb als teilbar erkennen könnte, und das allein würde hinreichen, mich zu lehren, daß der Geist vom Körper gänzlich verschieden ist, wenn ich es noch nicht anderswoher zur Genüge wüßte.

37. Sodann bemerke ich, daß der Geist nicht von allen Teilen des Körpers unmittelbar beeinflußt wird, sondern nur vom Gehirn, oder sogar nur von einem ganz winzigen Teile desselben, nämlich von dem, worin der Gemeinsinn seinen Sitz haben soll. So oft dieser Teil nun in gleicher Weise gestimmt ist, stellt er dem Geiste dasselbe dar, wenn sich auch inzwischen die übrigen Teile des Körpers auf verschiedene Arten verhalten mögen, wie unzählige Erfahrungen beweisen, die ich hier nicht aufzuzählen brauche.

38. Außerdem bemerke ich, daß es die Natur des Körpers ist, daß keiner seiner Teile von einem etwas entfernteren bewegt werden kann, ohne daß er nicht in genau derselben Weise von irgendeinem der dazwischen liegenden bewegt werden könnte, wenn auch jener entferntere nicht wirkt. Wenn man z. B. an einem Seil A B C D, dessen letzter Teil D ist, zieht, so wird sich sein erster Teil A ganz ebenso bewegen, wie er auch bewegt werden könnte, wenn man an einem von den dazwischen liegenden Teilen B und C zöge, und der letzte Teil D in Ruhe bliebe. Ganz ähnlich verhält es sich, wenn ich am Fuße einen Schmerz empfinde; es hat mich da die Physik gelehrt, daß diese Empfindung vermöge der in dem Fuße verbreiteten Nerven erfolgt, die sich von dort gleich einem Seile bis zum Gehirne erstrecken, und die, wenn im Fuße angezogen, auch die inneren Teile des Gehirnes ziehen, bis zu denen sie sich erstrecken und in diesen eine gewisse Bewegung auslösen, die von der Natur so eingerichtet ist, daß sie den Geist einen Schmerz empfinden läßt, als ob dieser im Fuß vorhanden wäre. Weil aber jene Nerven das Schienbein, den Schenkel, die Lenden, den Rücken und den Hals durchlaufen müssen, um vom Fuße nach dem Gehirne zu gelangen, so kann es vorkommen, daß, wenn auch der im Fuße befindliche Teil nicht berührt wird, sondern nur einer der dazwischenliegenden, dennoch genau dieselbe Bewegung im Gehirne, wie in dem beschädigten Fuße hervorgerufen wird, und infolgedessen wird dann der Geist notwendig denselben Schmerz empfinden; dasselbe aber muß man auch von jeder beliebigen anderen Empfindung annehmen.

39. Ich bemerke schließlich, daß, da eine jede von den Bewegungen, die in dem Teile des Gehirns vor sich gehen, der unmittelbar den Geist beeinflußt, ihm nur eine einzige Empfindung mitteilt, sich hierbei nichts Besseres ausdenken läßt, als wenn sie dem Geiste unter allen, die sie ihm mitteilen kann, gerade die mitteilt, welche im höchsten Grade und am häufigsten zur Erhaltung des gesunden Menschen beiträgt. Die Erfahrung aber bestätigt, daß alle uns von der Natur verliehenen Empfindungen diese Beschaffenheit haben, und also in ihnen durchaus nichts ist, was nicht die Macht und Güte Gottes bewiese.

40. Werden z. B. die Fußnerven in heftiger und außergewöhnlicher Weise bewegt, so gibt jene durch das Rückenmark bis zu den inneren Teilen des Gehirns dringende Bewegung dem Geiste ein Zeichen, etwas zu empfinden, nämlich einen wie im Fuße vorhandenen Schmerz, wodurch der Geist veranlaßt wird, die Ursache desselben, da sie dem Fuße schädlich ist, nach Möglichkeit zu entfernen.

41. Allerdings hätte Gott die Natur des Menschen auch so einrichten können, daß dieselbe Bewegung im Gehirne dem Geiste irgend etwas anderes darstellte, nämlich entweder sich selbst, sofern sie im Gehirne, oder sofern sie im Fuße oder an einer der dazwischenliegenden Stellen ist, oder irgend etwas anderes; — aber nichts anderes hätte zur Erhaltung in gleicher Weise beigetragen. In derselben Weise, wenn wir des Trinkens bedürfen, so entsteht in der Kehle eine gewisse Trockenheit, welche die Nerven erregt und vermittels ihrer das Innere des Gehirns. Und diese Bewegung ruft im Geiste die Empfindung des Durstes hervor, da uns ja bei dieser ganzen Angelegenheit nichts nützlicher ist, als zu wissen, daß wir zur Erhaltung der Gesundheit des Trankes bedürfen, und ebenso verhält es sich in den anderen Fällen.

42. Hieraus ist es nun völlig klar, daß unbeschadet der unermeßlichen Güte Gottes die Natur des Menschen, sofern er aus Geist und Körper zusammengesetzt ist, nicht anders kann als uns bisweilen täuschen, denn wenn irgendeine Ursache nicht im Fuße, sondern in einem beliebigen anderen der Teile, durch welche hindurch sich die Nerven von dem Fuße bis zum Gehirne erstrecken, oder auch im Gehirne selbst genau dieselbe Bewegung erregt, die erregt zu werden pflegt, wenn der Fuß beschädigt wird, so wird der Schmerz wie im Fuße vorhanden empfunden, und der Sinn wird naturgemäß getäuscht werden. Denn da ja eine und dieselbe Bewegung im Gehirne stets eine und dieselbe Empfindung im Geiste hervorrufen muß, und diese Bewegung weit häufiger aus einer den Fuß verletzenden Ursache zu entstehen pflegt, als einer anderen, die irgendwo anders existiert, so ist es vernünftiger, daß sie dem Geiste stets den Schmerz des Fußes als den irgendeines anderen Teiles mitteilt. Und wenn einmal die Trockenheit der Kehle nicht wie gewöhnlich davon herrührt, daß zur Gesundheit des Körpers der Trank nötig ist, sondern aus einer gerade entgegengesetzten Ursache entsteht, wie es bei dem Wassersüchtigen der Fall ist, so ist es weit besser, daß sie in diesem Falle täuscht, als wenn sie mich vielmehr immer dann täuschen würde, wenn der Körper sich in gesundem Zustande befindet. Und so auch in den übrigen Fällen.

43. Diese Betrachtung trägt nun außerordentlich viel dazu bei, nicht nur alle Irrtümer, denen meine Natur unterworfen ist, zu bemerken, sondern auch, sie leicht verbessern oder vermeiden zu können. Denn da ich weiß, daß alle Empfindungen mir in Betreff dessen, was dem Körper nützlich ist, weit häufiger das Wahre als das Falsche anzeigen, da ich mich ferner fast stets mehrerer Sinne bedienen kann, um eine und dieselbe Sache zu prüfen und überdies des Gedächtnisses, welches das Gegenwärtige mit dem Vorhergehenden verknüpft, und des Verstandes, der bereits alle Gründe des Irrtums durchschaut, so brauche ich nicht fernerhin zu fürchten, daß das von den Sinnen mir täglich Dargebotene falsch sei.

44. So darf ich denn alle übertriebenen Zweifel dieser Tage als lächerlich zurückweisen. Dies gilt vorzüglich von dem allgemeinsten in Betreff des Traumes, welchen ich nicht vom Wachen zu unterscheiden vermochte. Jetzt nämlich merke ich, daß zwischen beiden der sehr große Unterschied ist, daß niemals meine Träume sich mit allen übrigen Erlebnissen durch das Gedächtnis so verbinden, wie das, was mir im Wachen begegnet. Denn in der Tat, wenn mir im Wachen plötzlich jemand erschiene und gleich darauf wieder verschwände, wie es in Träumen geschieht, und zwar so, daß ich weder sähe, woher er gekommen, noch wohin er gegangen, so würde ich dies nicht mit Unrecht eher für eine bloße Vorspiegelung oder für ein in meinem Gehirne erdichtetes Trugbild halten, — als urteilen, daß es ein wirklicher Mensch sei. Bietet sich mir aber etwas dar, wovon ich in deutlicher Weise bemerke, woher, wo und wann es kommt, und vermag ich seine Wahrnehmungen ohne jede Unterbrechung mit dem gesamten übrigen Leben zu verknüpfen, so bin ich ganz gewiß, daß es mir nicht im Traume, sondern im Wachen begegnet. Auch brauche ich an der Wahrheit dessen nicht im geringsten zu zweifeln, wenn ich alle Sinne, das Gedächtnis und den Verstand zu der Prüfung zusammengenommen habe und mir von keinem dieser irgend etwas gemeldet wird, das irgendeinem der anderen widerstritte. Denn daraus, daß Gott kein Betrüger ist, folgt jedenfalls, daß ich mich in solchen Dingen nicht täusche.

45. Da indessen die Notwendigkeit des Handelns uns zu einer so genauen Prüfung nicht immer Zeit läßt, so kann man nicht leugnen, daß das Leben des Menschen häufig in Einzelheiten dem Irrtum unterworfen ist, und man muß am Ende die Schwäche unserer Natur anerkennen
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Aus: René Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen (S.61ff.)
Zum erstenmal vollständig übersetzt und herausgegeben von Arthur Buchenau
Felix Meiner Verlag, Philosophische Bibliothek Band 27


Ludwig Feuerbach: Über die Cartesischen Beweise vom Dasein Gottes
Der Beweis von der Existenz Gottes aus seinem Wesen oder aus der Idee von ihm, der bekanntlich den Namen des ontologischen führt, sich im wesentlichen schon bei einigen Scholastikern, namentlich Anselmus, zum Teil selbst schon bei Augustin angedeutet findet und nach C.
[C. =Cartesius = Descartes] mit einiger Modifikation in die Leibnizisch-Wolffische Schule überging, hat schon zur Zeit des C. heftige Anfechtungen erleiden müssen und ist in neuerer Zeit, wie bekannt, hauptsächlich von Kant kritisiert worden, dessen Kritik dann Hegel wieder in seiner Logik (B. 3) einer strengen Prüfung unterwarf. Die wesentlichen Punkte, auf die es beim richtigen Verständnis sowohl dieses als des vorhergehenden Beweises ankommt, sind:

1. Die Idee Gottes ist nicht nur eine notwendige (nicht gemachte, willkürliche) und allgemeine, mit dem Wesen des Geistes identische (eingeborne) Idee, sondern auch ihrem Gegenstand oder Inhalt nach die vollkommenste, die reellste aller Ideen und daher von allen andern Vorstellungen oder Ideen unterschieden. Sie ist die Idee aller Ideen, die allerwahrste, die absolut positive, und daher kann der Übergang von ihr zum Sein nur dann kurios erscheinen, wenn man den wesentlichen Unterschied und Vorzug dieser Idee vor allen andern übersieht und sie mit jeder beliebigen subjektiven Vorstellung gleichsetzt. ,,Non enim vis mei argumenti desumitur ab idea in genere sumpta, sed a peculiari ejus proprietate, quae in idea, quam habemus de Deo, evidentissima est, atque in nullis aliarum conceptibus potest reperiri, nempe ab existensiae necessitate, quae requiritur ad cumulum perfectionum, sine quo Deum intelligere non possumus. [Die Kraft meines Arguments leitet sich nicht von der Idee schlechthin her, sondern von der besonderen Eigenart der Idee, die wir von Gott haben, die ganz offenkundig und bei keinem anderen Begriff zu finden ist, nämlich von der Notwendigkeit der Existenz, die zur höchsten Vollkommenheit gehört, ohne die wir Gott nicht denken können.j
(,,R. Descart. Notae in Program. quoddam etc,“, p. 187)

2. Die Idee Gottes enthält notwendige Existenz; Gott kann gar nicht anders als seiend gedacht werden, von seinem Wesen ist sein Sein unabsonderlich, ununterscheidbar. C. selbst erklärt sich nicht näher und bestimmter über die Existenz und das Wesen Gottes und die Einheit beider in ihm. Zur Erläuterung und Entwickelung dieser Ideen mag daher kürzlich folgendes dienen. Bei endlichen Wesen ist die Existenz vom Wesen unterschieden oder absonderlich, d. h., ihr Wesen ist geistig, ihre Existenz sinnlich, und darin eben ist diese von jenem unterschieden und absonderlich. Das Wesen z. B. des Menschen ist die Geistigkeit, die Vernunft oder wie man es sonst nennen und bestimmen will, aber die Existenz desselben sind die vielen einzelnen Menschen, die in die Sinne fallen. Gottes Wesen ist klar und deutlich, seine Existenz daher, da sie eins mit dem Wesen ist, ebenso klar, so deutlich, so lichtvoll und hell wie sein Wesen; bei dem Menschen dagegen ist die Existenz gleichsam die Sonnenfinsternis der Idee; so viele Menschen, so viele Flecken in der Sonne ihres Wesens; sie verdunkeln das an sich klare und deutliche Wesen; d. i., in der Idee erkenne ich nicht, weil die Existenz des Menschen die vielen existierenden Menschen sind, die Existenz desselben, ich schaue sie nicht durch das Licht der Vernunft, es ist ein Abbruch zwischen der Idee oder dem Wesen und der Existenz, die daher, als nicht unmittelbar mit dem Wesen verbunden, zufällig, bedingt, abhängig, eine nur mögliche, aber nicht notwendige ist; sie fällt in die Sinne; die Existenz des Menschen, d. i. die Existierenden, lerne ich erst durch den Sinn, die sinnliche Anschauung kennen; das Wesen fällt nur in die Vernunft. Aber bei Gott ist nicht diese Trennung, er selbst ist sein Sein, ,,ipse suum esse est“
(Resp. V, p. 74); wie sein Wesen, so fällt daher auch seine Existenz in die Vernunft, wird zugleich mit dem Wesen von ihr geschaut und ergriffen. Die Existenz Gottes spiegelt ungetrübt sein klares Wesen wider; in einem Lichte wird daher sein Sein und sein Wesen geschaut, mit einem und demselben Organe werden beide ergriffen, nämlich mit dem Auge der Vernunft. Der Begriff des Wesens Gottes ist zugleich der Begriff seiner Existenz auch, Wesen und Existenz ist in ihm eins, das Denken und Erkennen seines Wesens und Seins daher auch ein Akt. Von Gottes Wesen ist seine Existenz nicht zu unterscheiden, d. h. doch wohl, seine Existenz ist eine wesentliche, keine sinnliche, so daß ich, um von seinem Dasein mich zu überzeugen, eines andern Organs als der Vernunft bedürfte; ich kann und brauche daher nicht, um mich von seiner Existenz zu überzeugen, etwa über die Vernunft oder die Idee hinauszugehen in die Region der sinnlichen Erfahrung oder einer andern unbekannten Sphäre. ,,Deduxi probationem Existentiae Dei ex Idea, quam in me sentio, Entis summe perfecti, quae notio communis est, quae de eo habetur. Et verum est solam considerationem talis Entis facillime deducere ad cognitionem ejus Existentiae, ita ut fere idem sit concipere Deum et concipere quod existat. [Den Beweis für die Existenz Gottes habe ich von der Idee eines höchst vollkommenen Wesens hergeleitet, die ich in mir weiß und die dem gewöhnlichen Gottesbegriff entspricht. In der Tat führt allein die Erwägung eines solchen Wesens unschwer zur Erkenntnis seiner Existenz, so daß es fast das gleiche ist, Gott und seine Existenz zu denken.]“ („Epist.“, P. III, Ep. 114)

Es ergibt sich auch hieraus
3., daß der Beweis vom Dasein Gottes, obwohl ihn C. als einen Beweis darstellt und ihn auch in die Form eines Schlusses bringt, nur der Form nach, aber nicht dem Wesen, der Sache, der substantiellen Idee nach ein Schluß oder Beweis ist. Die Hauptsache, worauf es hier ankommt, ist die Idee Gottes als des Wesens, in dem das Wesen nicht von der Existenz unterschieden ist. Diese Idee ist für sich selbst der Beweis, daß er ist. Die Idee selbst ist die Gewißheit, das Zeugnis, daß Gott ist; er kann gar nicht anders gedacht werden als seiend; indem ich ihn denke, die Idee von ihm habe, so bin ich schon gewiß, daß er ist; sonst habe ich nicht die Idee von ihm. Die Existenz wird nicht erst durch ein andres oder Drittes mit dem Wesen verbunden; nicht durch ein andres oder die Verknüpfung mit ihm werde ich erst gewiß, daß er ist; die Gewißheit von seinem Dasein kommt nirgendwoanders her als aus seiner Idee. Der Begriff Gottes ist der Beweis von seinem Dasein. Die Form des Beweises ist daher nur äußerlich, tut nichts zur Sache, ist nur eine der damaligen und auch noch spätern Gewohnheit, alles in mathematische oder logische Beweisformen zu bringen, gemäße Verständigung für das Subjekt. Gott denken und gewiß sein, daß er ist, ist nicht ein in sich verschiedener, getrennter und vermittelter Akt; die Schluß- und Beweisform, die wesentlich nur ist eine Verbindung von Getrenntem oder wenigstens Verschiedenem, ist also hier nur ein Unwesentliches. C. sagt selbst: ,,Quod autem ad Deum attinet, certe nisi praejudiciis obruerer, er rerum sensibilium imagines cogitarionem meam omni ex parte obsiderent, nihil illo prius aut facilius agnoscerem, nam quid ex se apertius, quam summum ens esse sive Deum, ad cujus solius essentiam existentia pertinet, existere? [Was Gott betrifft, so würde ich gewiß nichts eher und leichter erkennen, würden mich nicht Vorurteile verwirren und die Bilder der sinnlichen Objekte mein Denken von allen Seiten bedrängen; denn was ist an sich so offensichtlich, als daß es ein höchstes Wesen gibt oder ein Gott existiert, bei dem allein die Existenz zum Wesen gehört?]“
(Medit. V) Ferner: ,,Considerent in aliarum quidem omnium naturarum ideis existentiam possibilem, in Dei autem Idea non possibilem tantum, sed omnino necessariam contineri. Ex hoc enim solo et absque ullo discursu cognoscent, Deum existere, eritque ipsis non minus per se notum, quam numerum binarium esse parem, vel ternarium imparem et similia. Nonnulla enim quibusdam per se nota sunt, quae ab aliis non nisi per discursum intelliguntur. [Man bedenke, daß in den Ideen aller anderen Naturdinge die Existenz als Möglichkeit, in der Gottesidee dagegen nicht nur als Möglichkeit, sondern vielmehr als Notwendigkeit enthalten ist. Daraus allein und ohne jede Vermittlung erkenne man die Existenz Gottes, die an sich nicht weniger offen zutage liegt, als daß die Zweizahl gerade, die Dreizahl ungerade ist, und dergleichen mehr. Freilich ist einiges manchen von selbst klar, was andere erst aus Vermittlungen begreifen.]“ („Ration. mor. geom. disp.“, S. 87)

4. Gassendi macht dem C. den Einwurf, daß er die Existenz unter die Perfektionen oder Eigenschaften Gottes rechne. ,,Allein, weder in Gott noch sonstwo ist die Existenz eine Vollkommenheit oder Eigenschaft, sondern die Voraussetzung der Vollkommenheiten. Denn was nicht existiert, hat weder Vollkommenheit noch Unvollkommenheit; und was existiert und mehrere Vollkommenheiten hat, das hat nicht die Existenz als eine unter andern Vollkommenheiten, sondern als das, wodurch sowohl es selbst als die Vollkommenheiten wirklich sind.“
(Object. V) Descartes erwidert hierauf: „Ich sehe nicht ein, warum nicht die Existenz ebensogut eine Eigenschaft (proprietas) genannt werden kann als die Allmächtigkeit, wenn man nämlich unter dem Wort Eigenschaft jedes Attribut oder alles, was von einer Sache ausgesagt werden kann, versteht, wie es hier verstanden werden muß. Im Gegenteil, die notwendige Existenz ist in Gott im strengsten Sinne eine Eigenschaft, denn nur ihm kommt sie zu und in ihm allein ist sie ein Bestandteil des Wesens.“ (Resp. V, p. 74) Allerdings hat Gassendi recht, wenn er behauptet, daß die Existenz keine Perfektion oder Eigenschaft oder Attribut ist. Allein diese unrichtige Vorstellung hebt nicht die Wahrheit der Idee auf; und es kommt ja alles darauf an, daß die Existenz in der Beziehung nur zum Wesen steht, in welcher Beziehung die Existenz die Bedeutung einer bloßen Perfektion verliert und die der Perfektion der Perfektionen, der Realität der Realitäten bekommt.

Dem C. wurde außerdem noch von seinen Gegnern, so auch von dem Jesuiten Gabriel Daniel in seinem satyrischen ,,Voyage du monde de Des-Cartes“, der Vorwurf gemacht, daß Gott nach ihm das Prinzip der Gewißheit sei, er erst durch die Gewißheit von Gottes Dasein gewiß werde, daß das, was er klar und deutlich einsehe, wahr sei, und doch daher, daß er klar und deutlich einsehe, daß die Existenz notwendig in der Idee Gottes enthalten sei, die Gewißheit herhole, daß Gott existiere, also das erste durch das zweite und das zweite durch das erste beweise. Allein, es ist zu bemerken, daß der Geist nicht erst vermittelst der Gewißheit von Gottes Dasein, sondern unmittelbar — denn das macht ja ihn gerade zum Geist, zum Bewußtsein — seiner selbst, seiner Existenz gewiß ist und ebenso aus sich selbst gewiß ist und sein kann, daß das, was er klar und deutlich einsieht, wahr ist, daß ferner Gott nicht sowohl erst das Prinzip der Gewißheit ist als vielmehr das Prinzip der Vervollständigung der Gewißheit, der Bestätigung, der objektiven Autorisation, daß das, was dem Geiste durch seinen klaren und deutlichen Begriff aus ihm selbst gewiß ist, auch wirklich wahr sei. Allerdings bleibt ein Widerspruch übrig, der aber in der Sache selbst enthalten ist, in dem Geiste nämlich, wiefern er Selbst ist, und der sich daher auch später auf eine noch viel stärkere Weise als in C. in verschiedenen moralischen und religiösen, selbst philosophischen Ansichten der neuern Zeit vorfindet, die den Geist als Selbst zu ihrem Prinzip haben, und als ein Niederschlag, gleichsam als der Satz der Cart. Philosophie angesehen werden müssen.

,,Da ich gewiß bin“
, fährt C. fort, ,,daß Gott ist das unendliche Wesen, das alle Perfektionen in sich enthält, so bin ich auch gewiß, daß Gott mich nie täuscht und betrügt; denn die Täuschung, der Betrug ist eine Unrealität und kann daher als solche Gott, dem absolut Reellen, nicht zukommen.“
(Medit. IV) ,,Er ist vielmehr die höchste Wahrhaftigkeit, die Quelle alles Lichtes. Es ist daher ein Widerspruch, daß er die eigentliche oder positive Ursache unserer Irrtümer ist. Es ist also notwendig, daß das Licht der Natur oder das uns von Gott gegebene Erkenntnisvermögen nie ein Objekt erfassen kann, das nicht wahr ist, insofern es erfaßt wird, d. i., insofern es klar und deutlich erkannt wird. Denn Gott würde mit Recht ein Betrüger genannt, wenn er ein Erkenntnisvermögen uns gegeben hätte, das verkehrt wäre und Falsches für Wahres ergriffe. Es schwindet daher jetzt der frühere Zweifel, der in mir deswegen entstand, weil ich nicht wußte, ob ich nicht vielleicht eine solche Natur hätte, die mich selbst im Evidentesten täuschte.“ („Princ. Phil.“, P. I, § 29, 30) ,,Durch die Gewißheit von der Realität und Wahrhaftigkeit Gottes werde ich darum jetzt auch gewiß, daß materielle Dinge existieren; denn die Vorstellungen von den materiellen Dingen produziere ich nicht aus mir selbst, sie entstehen im Gegenteil oft wider meinen Willen und ohne daß ich dabei mittätig bin, ich sehe vielmehr klar ein, daß sie von den Dingen selbst herkommen; Gott würde mich daher täuschen, wenn sie anderswoher als von den Dingen in mich kämen, und es existieren folglich materielle Dinge. Ebenso werde ich nun auch gewiß, daß ich mit einem Körper eng verbunden bin. Die Gewißheit aller Erkenntnis hängt daher allein von der Erkenntnis Gottes ab, so daß man, ehe man Gott kennt, nichts vollkommen wissen kann. (Medit. VI u.IV)

Der Geist hat sich also wohl in dem Bewußtsein Gottes aus dem Standpunkt der bloßen Selbstgewißheit zum Bewußtsein der Wahrheit und Unendlichkeit erhoben, aber er kommt doch nicht über sich hinaus; denn das Bewußtsein von Gott ist selbst wieder nur die Gewißheit seiner selbst, Gott ihm nur die Bestätigung und Bewährung dessen, was ihm aus ihm selbst gewiß ist, nur die Garantie, daß das, was er klar und deutlich einsieht, wahr ist. ,,Non dubium est, quin Deus sit capax, ea omnia efficiendi, quae ego sic percipiendi sum capax, nihilque unquam ab illo fieri non posse judicavi, nisi propter hoc, quod illud a me distincte percipi repugnaret. [Zweifellos ist Gott imstande, alles zu bewirken, was ich klar und deutlich zu erfassen vermag, und nie habe ich angenommen, daß ihm etwas zu schaffen nur deswegen unmöglich sei, weil es sich vielleicht von mir nicht deutlich erfassen läßt.]“
(Medit. VI, p. 35) Bei C. hat also schon Gott, in dieser Beziehung wenigstens, dieselbe Bedeutung, die er fast überall in der neuem Zeit erhielt, nur mit dem großen Unterschied, daß bei C. Gott die Affirmation des denkenden Geistes ist, während er nachher die Bedeutung bekam, nur die Bestätigung, die Affirmation der subjektiven Herzenswünsche zu sein.
Aus : Ludwig Feuerbach, Geschichte der neuern Philosophie von Bacon von Verulam bis Benedikt Spinoza.
Herausgegeben von Joachim Höppner (S.208ff.)
Reclam-Bibliothek Band 647, © Reclam-Verlag Leipzig 1990