Swami B. H. Bon Maharaj (1901 - 1982)

  Indischer Religionsphilosoph und Schriftsteller, der von 1924-1933 als Wanderprediger durch die Lande zog und von 1933-1936 Vorlesungen an europäischen, 1939-1941 an amerikanischen und japanischen Universitäten hielt. Bon gründete 1949 in Vrindaban (im Staat Uttar Pradesh, Indien) das »Institute of Oriental Philosophy«, das er leitete. Er war Vizepräsident der Indischen Gesellschaft für Religionsgeschichte und Herausgeber einer Zeitschrift für indische Philosophie und Kultur


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Inhaltsverzeichnis
Die absolute Gottheit ist kein endliches Wesen und hat keine stoffliche Form
Unpersönliche Unsterblichkeit


Die absolute Gottheit ist kein endliches Wesen und hat keine stoffliche Form
«Die andere Wirklichkeit» lässt sich, da sie völlig anders ist als unsere Sinneserfahrung, nicht in der Sprache der Kategorien unserer weltlichen Erfahrung schildern. Die absolute Gottheit ist kein endliches Wesen und hat keine stoffliche Form. In der Gita spricht der höchste Herr: «Narren irren, indem sie auf mich, das Höchste Wesen, schauen, als sei ich in menschlicher Gestalt eingeschlossen.» Die Sprache vermag die letzte Wirklichkeit nicht zu umfassen. Sie ist jenseits des Sonnenlichtes oder dem Schein des Mondes oder der Bewegtheit des Feuers (Upanischaden) — das ist eine volkstümliche, einfache Art, die Transzendenz dessen zu schildern, was wir das höchste Wesen nennen. Noch einmal, sogar der Gebrauch von Ausdrücken wie «Person» oder «Gott» hat keine wörtliche Bedeutung. Das Absolute wird zum Beispiel in den Upanischaden folgendermaßen geschildert «wandernder Berg, obgleich ohne Beine, alles sehend, das Fühlende und das Nichtfühlende, obgleich ohne Augen, und alles hörend, was geredet wird, obgleich ohne Ohren». Es ist also keine Person in unserem Sinn des Wortes, und der Ausdruck «Gott» im Sinne einer All-Persönlichkeit ist frei von jeder üblichen Bedeutung des Wortes Gott. Was aber außer uns ist, das ist auch in uns. Darum wird ein Versuch gemacht, das, was nicht in die Grenzen der Sprache eingeht, in einer Sprache zu schildern, die allegorisch, metaphorisch, symbolisch und mythisch sein kann und die uns vorwärts trägt auf das Ziel absoluter Erkenntnis des wahren und höchsten Selbst zu. Es gibt jedoch noch einen weiteren Punkt. Es ist wahr, dass Gott keine stoffliche Form haben kann, und er lässt sich nicht richtig und angemessen in weltlicher Sprache schildern; die ihrer selbst inne-gewordenen Heiligen haben die transzendentale Person Gottes als offenbar ähnlich menschlicher Gestalt und zugleich wesenhaft verschieden von ihr geschildert. Darum ist Gott Er ist in höchster Weise vollkommen, und Er hat eine eigene überweltliche Gestalt, unabhängig von jedem Begriff und von jeder stofflichen Form oder Person. Religiöse Behauptungen von wirklich ihrer selbst inneseienden und Gottes inneseienden Heiligen darf man teils wörtlich und teils allegorisch und symbolisch nehmen. Ob eine bestimmte Behauptung wörtlich zu nehmen ist oder nicht, erfordert sorgfältige Überlegung. S.80-81
Aus: Die Antwort der Religionen, Eine Umfrage mit 31 Fragen von Gerhard Szczesny bei »Glaubensfachleuten« der großen Bekenntnisge-meinschaften Judentum, Katholizismus, Protestantismus, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH , Reinsbek bei Hamburg 1971
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Genehmigung von Frau Claudia Szczesny-Friedmann, München

Unpersönliche Unsterblichkeit
In der Stunde des Todes verlässt die Seele den stofflichen Leib, zugleich mit der Vernunft, der Intelligenz und den Sinnesorganen (dem feinen Leib). Der Verband der Seele mit diesen Objekten besitzt eine Persönlichkeit. Sie kommt in den Himmel oder in die Hölle, je nach ihren guten oder bösen Taten. Sie wird auf dieser Erde wiedergeboren als Mensch oder als irgendein niederes Wesen, so lange wie die reine Seele, die völlig verschieden ist vom stofflichen Leib und dem geistigen Quantum, nicht endgültig von den groben und den feinen Leibern getrennt ist, im Stadium der letzten Befreiung und Gott-Innewerdung. Der stoffliche Leib und die feine Vernunft können Gott nicht erreichen; die reine und befreite Seele in ihrem eigenen Geist-Leib überweltlicher Natur ist es, die unmittelbar Gottes innewerden kann und sich im liebenden Dienst Seiner göttlichen Person betätigt. Im Hinduismus hält man die Reihe von Geburten, Toden und Wiedergeburten nicht für dasselbe wie die Unsterblichkeit. Die ambrosische Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit gilt in manchen Systemen als persönliche Unsterblichkeit oder als Unsterblichkeit der individuellen Seele, frei von allen Übeln, deren Erbe das Fleisch ist. Das ist ein immerwährendes Leben des individuellen Selbst in der ewigen, wechselseitigen Beziehung von Geben und Nehmen mit dem höchsten Selbst als dem überirdischen (aprâkrty) Liebenden mit dem Geliebten. Nach der Sankarite Advaita ist dies jedoch ein vorletztes Stadium des absoluten Lebens, das überschritten wird, wenn das Absolute als uneingeschränkte Wirklichkeit gegenwärtig wird. Hier ist das individuelle Selbst eins mit dem Absoluten. Das ist unpersönliche Unsterblichkeit.

Daraus folgt, dass von
Unsterblichkeit der menschlichen Person keine Rede ist und ebensowenig davon, dass Unsterblichkeit in der fortdauernden Existenz der sie konstituierenden Elemente und Prozesse besteht. Das ist eine ausschließlich christliche Idee und eine glatte Absurdität. Der Leib ist ein vergängliches stoffliches Objekt, aus fünf Elementen bestehend. Wenn das Individuum stirbt, löst sein stofflicher, physischer Leib sich auf, und die fünf Elemente trennen sich. Die nicht aufgebrauchte individuelle Seele verlässt den physischen Leib mit seiner feinen Vernunft, seiner Intelligenz und dem ganzen geistigen Quantum und geht durch Geburt in einen anderen physischen Leib ein. Es gibt keine Unsterblichkeit oder Dauer desselben Leibes und seiner Elemente, der am Tage des Gerichtes auferstehen könnte. Diese Theorie wird vom Hinduismus vollständig verworfen. Da die individuelle Seele immerwährend ist, fährt sie fort, durch unendliche Male von Geburt und Tod zu existieren, bis die unvermischte Seele, befreit von den Banden des stofflichen Leibes und der feinen Vernunft, sich mit dem höchsten Herrn vereinigt, unpersönlich oder persönlich. Da die individuelle Seele, selbst in ihrer Knechtschaft, eine begrenzte Willensfreiheit besitzt, kann sie fortfahren, sich zu erfreuen oder zu leiden, indem sie sich von Gott abwendet. Sie kann auch den Freuden und Leiden der Welt kurz entschlossen absagen und sich Gott zuwenden, in dem allein die Seele ihre höchste Seligkeit und ihren natürlichen Beruf findet. Wäre dieses Leben das einzige für eine selbstverlorene Seele, dann würden gewisse Seelen Gottes innewerden und durch Hingabe an Gott auf ewig befreit sein, andere aber auf ewig zur Hölle verdammt. Das ist unmöglich, weil alle Seelen ewige Diener des Herrn sind, befähigt, mit dem absoluten Selbst vereinigt zu werden, denn das endliche Selbst ist seinem Wesen nach identisch mit dem Absoluten. Geburten und Tode sind darum notwendige Faktoren für die individuellen Seelen in ihrer Knechtschaft, bis solche Seelen endgültig befreit werden. Daher ist es klar, dass der Mensch vor dieser Geburt als Mensch oder als irgendein anderes Wesen existiert hat, je nach seinem Karma oder seinem Verhalten im früheren Leben, und daß er nach dem Tode wieder in dieses Leben geboren wird, bis zu seiner endgültigen Befreiung in Gott-Innewerdung
. S.98ff.
Aus: Die Antwort der Religionen, Eine Umfrage mit 31 Fragen von Gerhard Szczesny bei »Glaubensfachleuten« der großen Bekenntnisge-meinschaften Judentum, Katholizismus, Protestantismus, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH , Reinsbek bei Hamburg 1971
Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Genehmigung von Frau Claudia Szczesny-Friedmann, München