Jakob Böhme
(1575 – 1624)
>>>
Gott
Gott Vater, Sohn und
heiliger Geist
Von Gott dem Vater , Von
der Substanz und Eigenschaft des Vaters , Von
Gott dem Sohne , Von Gott dem
Hl. Geist , Von der
Menschwerdung Christi , Gott ,
Das 3. Kapitel
Von Gott
dem Vater
1. Günstiger Leser, allhie will ich dich treulich vermahnet haben, daß
du deinen Dünkel fahren lassest und dich nicht nach heidnischer Weisheit
vergaffest, dich auch an der Einfalt des Autoris nicht ärgerst; denn das
Werk ist nicht seiner Vernunft, sondern des Geistes Trieb.
Schaue du nur, daß du den Hl. Geist, der von Gott
ausgehet, in deinem Geiste habest, der wird dich in alle Wahrheit leiten und
sich dir offenbaren. Alsdann wirst du in seinem Lichte
und Kraft wohl sehen bis in die Hl. Dreifaltigkeit
und verstehen, was hienach geschrieben ist.
2. Als unser Heiland Jesus Christus seine Jünger lehrete beten, so sprach
er, wenn ihr wollet beten, so sprecht: Unser Vater, der
du bist im Himmel (Matth. 6, 9). Dieses
hat nicht den Verstand, daß der Himmel könnte den Vater begreifen
oder umfassen, denn er ist selber aus der göttlichen Kraft gemacht.
3. Denn Christus spricht: Mein Vater ist größer
denn alles (Joh. 10, 29) und im Propheten
spricht Gott: Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde ist
mein Fußschemel (Jes.
66, 1). Item: Was wollt ihr mir für ein Haus
bauen? Ich umfasse den Himmel mit einer Spanne und den Erdenboden mit einem
Dreilinge (Jes. 40, 12). Item:
In Jakob will ich wohnen und Israel soll meine Hütte sein
(Psalm 135, 4; Sir. 24, 13).
4. Daß aber Christus seinen Vater einen himmlischen
Vater nennet, damit meinet er, daß seines Vaters
Glanz und Kraft ganz lauter, hell und rein im Himmel erscheine und daß
über dem Zirk oder Schluß, den wir da mit unsern Augen sehen, das
wir Himmel heißen, erscheine die ganze triumphierende
Hl. Dreifaltigkeit, Vater, Sohn, Hl. Geist.
5. Auch so unterscheidet Christus hiemit seinen himmlischen Vater von dem Vater
der Natur, welcher ist die Sterne und Elementa. Dieselben sind unser natürlicher
Vater, daraus wir gemacht sind und in dessen Trieb
wir allhie in dieser Welt leben und von welchem
wir unsere Speise und Nahrung nehmen.
6. Er ist aber darum unser himmlischer Vater, daß unsere Seele sich stets
nach ihm sehnet und ihn begehret. Ja, sie dürstet und hungert stets nach
ihm. Der Leib hungert und dürstet nach dem
Vater der Natur, welches sind die Sterne und Elementa,
und derselbe Vater speiset und tränket ihn auch. Die Seele
aber dürstet und hungert stets nach dem himmlischen
heiligen Vater, und er speiset und tränket sie auch mit seinem Hl.
Geist und Freudenquell.
7. Nun aber haben wir nicht zwei Väter, sondern nur einen: der Himmel ist
aus seiner Kraft gemacht und die Sterne aus seiner Weisheit, die in ihm ist,
die von ihm ausgehet.
Von
der Substanz und Eigenschaft des Vaters
8. Wenn man nun betrachtet die ganze Natur und ihre Eigenschaft, so siehet man
den Vater. Wenn man anschauet den Himmel und die Sterne, so siehet man seine
ewige Kraft und Weisheit. Also viel(e) Sterne unter dem Himmel stehen,
die doch unzählig und der Vernunft unbegreiflich, auch ein Teil unsichtlich
sind, also viel‘ und mancherlei ist Gottes des Vaters
Kraft und Weisheit.
9. Es hat aber ein jeder Stern am Himmel eine andere Kraft und Qualität
als der andere, welche auch machen so vielerlei Unterschied in und unter den
Kreaturen auf Erden in dem ganzen Geschöpfe. Nun aber herrühren alle
Kräfte, die in der Natur sind, aus Gott, dem Vater, alles Licht, Hitze,
Kälte, Luft, Wasser und alle Kräfte der Erden, bitter, sauer, süß,
herbe, hart, weit und das man nicht erzählen kann, das hat alles seinen
Ausgang vom Vater.
10. Wenn man aber den Vater mit etwas vergleichen
will, so muß man ihn der runden Kugel des Himmels
vergleichen. Nicht mußt du denken, daß jede Kraft, die in
dem Vater ist, an einem besondern Teil und Orte in dem Vater stehe wie die Sterne
am Himmel; nein, sondern der Geist zeiget, daß alle
Kräfte in dem Vater ineinander sind wie eine Kraft, wie man dessen
ein Bild hat im Propheten Hesekiel Kap. 1, 15,
der sieht den Herrn im Geist und Vorbild gleich einem
Rade, da vier Räder ineinander sind und waren alle viere eines wie das
ander, und wenn sie gingen, so gingen sie schlechts [geradewegs]
für sich, auf welche Seite der Wind ging, da gingen
sie alle viere für sich und (be)durfte keines keiner Umwendung.
Also ist auch Gott der Vater, es sind alle Kräfte in dem Vater ineinander
wie eine Kraft, und alle Kräfte bestehen in dem Vater in einem unerforschlichen
Licht und Klarheit.
11. Nicht mußt du denken, daß Gott im Himmel und über
dem Himmel etwa stehe und walle wie eine Kraft und Qualität, die keine
Vernunft und Wissenschaft in sich habe, wie die Sonne. Die lauft an ihrem Zirk
herum und schüttet von sich die Hitze und das Licht, es bringe gleich der
Erde und den Kreaturen Schaden oder Frommen [Nutzen],
welches denn freilich geschähe, so die andern Planeten und Sterne nicht
wehreten. Nein, so ist der Vater nicht, sondern
ist ein allmächtiger, allweiser, allwissender, allsehender,
allhörender, allriechender, allfühlender, allschmeckender Gott, der
da ist in sich sänftig, freundlich, lieblich, barmherzig und freudenreich,
ja die Ereude selber.
12. Er ist aber von Ewigkeit
zu Ewigkeit also unveränderlich. Er hat sich in seinem Wesen noch
nie verändert, wird sich auch in alle Ewigkeit nicht verändern. Er
ist von nichts herkommen oder geboren, sondern ist selber
alles in Ewigkeit, und alles, was da ist, das ist von seiner Kraft worden, die
von ihm ausgehet. Die Natur und alle Kreaturen sind aus seiner Kraft
worden, die von ihm ist von Ewigkeit ausgangen. Seine Weite, Höhe und Tiefe
kann keine Kreatur, auch kein Engel im Himmel erforschen,
sondern die Engel leben in des Vaters Kraft ganz sänftig und freudenreich,
und singen immer in des Vaters Kraft.
Von Gott
dem Sohne
13. So
man nun will Gott, den Sohn, sehen, so muß
man abermal(s) natürliche Dinge anschauen, sonst kann ich nicht von ihm
schreiben. Der Geist siehet ihn wohl, aber man kann es
nicht reden oder schreiben, denn das göttliche Wesen stehet in Kraft, die
sich nicht schreiben oder reden lässet. Müssen derowegen Gleichnisse
vor uns nehmen, wenn wir wollen von Gott reden, denn wir leben in dieser Welt
im Stückwerk [1. Kor. 13, 9] und sind aus
Stückwerk gemacht worden. Will derowegen den Leser in jenes Leben zitieret
haben, da will ich eigentlicher und klärlicher mit ihm von diesem hohen
Artikul reden. Es wolle der liebhabende Leser derweil auf des Geistes Sinn sehen,
so wirds nicht fehlen, er wird auch ein Kräftlein davon bekommen, so ihn
nur hungert. Nun merke: Es sprechen die Türken und Heiden, Gott habe keinen
Sohn. Allhie tut die Augen recht auf und macht euch nicht selber stockblind,
so werdet ihr den Sohn sehen.
14. Der Vater ist alles und
alle Kraft bestehet in dem Vater. Er ist der Anfang und das Ende aller Dinge,
und außer ihm ist nichts; und alles, was da worden ist, das ist aus dem
Vater worden [2. Joh. 1, 3]. Denn vor Anfang
der Schöpfung der Kreaturen war nichts als nur allein Gott, und wo nun
nichts ist, daraus wird nichts. Alles Ding muß eine Ursache oder Wurzel
haben, sonst wird nichts. Nun aber mußt du nicht
denken daß der Sohn ein ander(er) Gott sei als der Vater. Du darfst auch
nicht denken, daß der Sohn außer dem Vater sei und sei ein besonder(er)
Teil, als wenn zwei Männer nebeneinander stehen, da einer den andern nicht
begreift. Nein, eine solche Substanz hat es nicht mit dem Vater und Sohne, denn
der Vater ist nicht ein Bild, mit etwas zu vergleichen, sondern der Vater ist
der Brunnquell aller Kräfte, und sind alle Kräfte ineinander wie eine
Kraft. Darum heißt er auch ein einiger Gott, sonst wo seine Kräfte
zertrennt wären, so wäre er nicht allmächtig. Nun aber ist er
der selbständige, allmächtige und allkräftige Gott.
15. Der Sohn aber ist das Herze in dem Vater. Alle Kräfte,
die in dem Vater sind, die sind des Vaters Eigentum, und der Sohn ist das Herze
oder der Kern in allen Kräften in dem ganzen Vater. Er ist aber
die Ursache der quellenden Freuden in allen Kräften in dem ganzen Vater.
Von dem Sohn, der da ist des Vaters Herze in allen seinen Kräften, steiget
auf die ewige himmlische Freude und quillet in allen Kräften des Vaters.
Eine solche Freude, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret hat und
in keines Menschen Herze nie gestiegen ist, wie St. Paulus saget 1.
Kor. 2,9.
16. So aber ein Mensch allhie auf Erden mit dem HI. Geist
erleuchtet wird aus dem Brunnquell Jesu Christi, daß die Geister
der Natur, welche bedeuten den Vater, angezündet werden, so gehet eine
solche Freude in seinem Herzen auf in alle Adern, daß der ganze Leib zittert
und der animalische Geist triumphieret, als wäre er in der Hl. Trinität,
welches allein die verstehen, die an dem Orte sind zu Gaste gewesen.
17. Dieses aber ist nur ein Vorbild oder Anblick des Sohns Gottes in dem Menschen,
dadurch der Glaube gestärkt und erhalten wird; denn die Freude kann in
einem irdischen Ge¬fäße nicht also groß sein als in einem
himmlischen, da die vollkommene Kraft Gottes völlig ist.
18. Hie muß ich nun im Gleichnis schreiben. Allhier will ich dir ein Gleichnis
in der Natur zeigen, wie da sei das hl. Wesen in der hl. Trinität: Schaue
an den Himmel, der ist eine runde Kugel und hat weder Anfang noch Ende, sondern
es ist überall der Anfang und das Ende, wo du ihn nur ansiehest. Also ist
auch Gott in und über dem Himmel, der hat weder Anfang noch Ende. Nun siehe
weiter an der Sterne Zirk, die bedeuten des Vaters mancherlei
Kraft und Weisheit, und sie sind auch aus des Vaters Kraft und Weisheit gemacht
worden. Nun der Himmel, die Sterne und die ganze Tiefe zwischen den Sternen
samt der Erden bedeuten den Vater; und die sieben Planeten bedeuten die sieben
Geister Gottes oder die Fürsten der Engel, unter welchen Herr Luzifer auch
einer gewesen ist vor seinem Fall, welche alle aus dem Vater gemacht sind im
Anfang der Schöpfung der Engel vor der Zeit der Welt.
19. Nun merke: Die Sonne gehet mitten in der Tiefe zwischen den Sternen in dein
runden Zirk, und sie ist das Heer der Sterne und gibt allen Sternen Licht und
Kraft, und tempe¬rieret aller Sterne Kraft, daß alles fein lieblich
und freudenreich wird. Auch so erleuchtet sie den Himmel, die Sterne und die
Tiefe über der Erde, und wirket in allen Dingen, was in dieser Welt ist,
und ist der König und das Hetze aller Dinge in dieser Welt, und die bedeutet
recht Gott den Sohn.
20. Denn gleichwie die Sonne mitten zwischen den Sternen und Erden stehet und
erleuchtet alle Kräfte und ist das Licht und Hetze aller Kräfte, und
alle Freude in dieser Welt, dazu alle Schönheit und Lieblichkeit stehet
in der Sonne Licht und Kraft, also auch der Sohn Gottes in dem Vater, der ist
das Hetze in dem Vater und leuchtet in allen Kräften des Vaters, und seine
Kraft ist die bewegliche, quellende Freude in allen Kräften des Vaters,
und leuchtet in dem ganzen Vater, gleichwie die Sonne in der ganzen Welt. So
man könnte die Erde wegnehmen, welche bedeutet das Haus der Trübsal
oder der Hölle, so wäre die ganze Tiefe gar licht an einem Ort wie
am andern. Also ist auch die ganze Tiefe im Vater gar licht an einem Orte wie
am andern, von dem Glanze des Sohns Gottes. Und gleichwie die Sonne ist eine
selbständige Kreatur, Kraft oder Licht, die nicht
aus allen Kreaturen scheinet, sondern in alle Kreaturen, und alle Kreaturen
freuen sich in ihrer Kraft, also ist auch der Sohn in dem Vater eine selbständige
Person und erleuchtet alle Kraft in dem Vater und ist des Vaters Freude oder
Hetze in seinem Centro oder Mitten.
21. Hie merke dies große Geheimnis Gottes: Die Sonne ist aus allen Sternen
geboren oder gemacht, und ist das Licht aus der ganzen Natur genommen und scheinet
wieder in die ganze Natur dieser Welt und ist mit den andern Sternen verbunden,
als wäre sie mit allen Sternen ein Stern.
22. Also ist auch der Sohn Gottes aus allen Kräften
seines Vaters von Ewigkeit immer geboren und nicht gemacht und ist das Herze
und Glanz aus allen Kräften seines himmlischen Vaters, eine selbständige
Person, das Zentrum oder in der Tiefe das Corpus des Glanzes. Denn des
Vaters Kraft gebäret den Sohn von Ewigkeit immerdar. So nun der Vater wurde
aufhören zu gebären, so wäre der Sohn nicht mehr, und so der
Sohn nicht mehr in dem Vater leuchtete, so wäre der Vater ein finster Tal;
denn des Vaters Kraft stiege nicht auf von Ewigkeit zu Ewigkeit, und könnte
das göttliche Wesen nicht bestehen.
23. Also ist der Vater das selbständige Wesen aller
Kräfte, und der Sohn ist das Herze in dem Vater, das aus allen Kräften
des Vaters immer geboren wird, und der des Vaters Kräfte wieder erleuchtet.
Nicht mußt du denken, daß der Sohn in dem Vater vermischt sei, daß
man seine Person nicht sehe oder erkenne; nein, wenn das wäre, so wäre
es nur eine Person. So wenig als die Sonne aus den andern Sternen scheinet,
und ob sie gleich aus andern Sternen ihren Ursprung hat, so wenig scheinet auch
der Sohn aus den Kräften des Vaters, was sein Corpus anlanget. Und ob er
gleich aus den Kräften des Vaters immer geboren wird, so scheinet er doch
wieder in die Kräfte des Vaters; denn er ist eine
andere Person als der Vater, aber nicht ein anderer Gott. Er ist ewig
in dem Vater, und der Vater gebäret ihn von Ewigkeit zu Ewigkeit immerdar,
und ist der Vater und der Sohn ein Gott, gleiches Wesens in Kraft und Allmacht.
Der Sohn sicher, hört, schmecket, fühlet, riecht und begreift alles
wie der Vater. In seiner Kraft lebet und ist alles, was da gut ist, wie in dem
Vater; aber das Böse ist nicht in ihm.
Von Gott
dem Hl. Geist
24. Gott, der Hl. Geist, ist die dritte Person in der triumphierenden hl. Gottheit,
und gehet vom Vater und Sohne aus der heilige wallende
Freudenquell in dem ganzen Vater, ein lieblich, sanftes und stilles Sausen,
aus allen Kräften des Vaters und des Sohnes, wie beim
Propheten Elia am Berge Horeb (1. Kön. 19,12)
und am Pfingsttage bei den Aposteln Christi zu sehen ist (Apg.
2,2).
25. So man aber seine Person, Substanz und Eigenschaft aus rechtem Grund beschreiben
will, so muß mans auch im Gleichnis vorbilden; denn den Geist kann man
nicht schreiben, dieweil er keine Kreatur ist, sondern die wallende
Kraft Gottes.
26. Nun siehe aber einmal die Sonne und Sterne an, die manch- und vielerlei
Sterne, die unaussprechlich oder unzählig sind, die bedeuten den Vater.
Aus denselben Sternen ist worden die Sonne, denn Gott hat sie daraus gemacht,
die bedeutet den Sohn Gottes. Nun sind von der Sonne und Sternen worden die
vier Elementa, Feuer, Luft, Wasser, Erde, wie ich hernach klar beweisen will,
wenn ich von der Schöpfung schreiben werde.
27. Nun merke Die drei Elementa, Feuer, Luft und Wasser, die haben dreierlei
Bewegung oder Qualifizierung, aber nur ein Corpus. Siehe, das Feuer oder
Hitze empöret sich aus der Sonne und Sternen, und aus der Hitze empöret
sich die Luft und aus der Luft das Wasser. Und in dieser Bewegung oder Qualifizierung
stehet aller Kreaturen Leben und Geist, auch alles, was in dieser Welt genannt
mag werden, das bedeutet den Hl. Geist.
28. Gleichwie die drei Elementa Feuer, Luft und Wasser von der Sonne und Sternen
ausgehen und sind ein Corpus ineinander und machen die lebendige Bewegung und
den Geist aller Kreaturen in dieser Welt, also auch gehet der Hl.
Geist vom Vater und Sohne aus, und machet die lebendige Bewegung in allen Kräften
des Vaters. Und gleichwie die drei Elementa in der Tiefe wallen als ein
selbständiger Geist, und machen Hitze, Kälte, Wolken und fließen
aus aller Sterne Kraft, und alle Kräfte der Sonne und Sterne sind in drei
Ele¬menten, als wären sie selber die Sonne und Sterne, daraus denn
aller Kreaturen Leben und Geist wird und darinnen bestehet, also
gehet der HI. Geist aus vom Vater und Sohne und wallet in dem ganzen Vater,
und ist aller Kräfte Leben und Geist in dem ganzen Vater.
29. Hie merke die tiefe Geheimnis: Alle Sterne, die man siehet und nicht siehet,
die bedeuten die Kraft Gottes des Vaters; nun aus
denselben Sternen ist geboren die Sonne, die ist das Herze aller Sterne. Nun
gehet aus allen Sternen aus die Kraft, die in jedem Sterne ist, in die Tiefe.
Nun gebet der Sonne Kraft, Hitze und Schein auch in die Tiefe, und in der Tiefe
ist aller Sterne Kraft mit der Sonne Schein und Hitze ein Ding, eine bewegende
Wallung, gleich eines Geistes oder einer Materia, allein daß es nicht
Vernunft bar, denn es ist nicht der Hl. Geist. Auch so gehöret das vierte
Element auch zu einem natürlichen Geiste, soll er aber Vernunft haben.
Also gehet aus Gott dem Vater aus
(in seine Tiefe) aus allen seinen Kräften und gebietet den Glanz,
das Herze oder den Sohn Gottes in seinem Centro. Den vergleicht man der runden
Kugel der Sonne, der leuchtet über sich, unter sich und neben sich, und
gehet der Glanz samt allen Kräften aus dem Sohne Gottes in den ganzen Vater.
30. Nun ist in der ganzen Tiefe des Vaters außer dem Sohne nichts denn
die vielerlei und unermeßliche oder unerforschliche Kraft des Vaters.
Und die unerforschliche Kraft und Licht des Sohnes, das ist in der Tiefe des
Vaters ein lebendiger, allkräftiger, allwissender, alihörender, allsehender,
all¬riechender allschmeckender, allfühlender Geist, in dem alle Kraft
und Glanz und Weisheit ist wie in dem Vater und Sohne.
31. Gleichwie in den vier Elementen ist der Sonne und aller Sterne Kraft
und Glanz, also auch in der ganzen Tiefe des Vaters und das ist und heißt
recht der HI. Geist, der die dritte selbständige Person ist in der Gottheit.
S.94f >>Fortsetzung
Aus: Jakob Böhme: Aurora oder Morgenröte
im Aufgang, Herausgegeben von Gerhard Wehr insel taschenbuch it 1411
Von
der Menschwerdung Christi
Von der Geburt Jesu Christi
, Die allerliebreichste Pforte
, Von der reinen Jungfrauschaft
.
Das 10. Kapitel
Von der
Geburt Jesu Christi, des Sohns Gottes, und wie er neun Monat sei im Mutterleibe
verschlossen gelegen, und wie seine Menschwerdung sei
Viel Disputieren hat man getrieben um die Menschwerdung Jesu Christi, aber fast
blind, und daraus mancherlei Meinungen gemacht, die Menschen also mit Meinungen
umzutreiben und die rechte Menschwerdung lassen liegen, daran unser ewig Heil
lieget. Dessen allen war Ursach, daß man das in äußerlichem
Witz und Kunst hat gesuchet und nicht am rechten Ziel. Wäre man in die
Menschwerdung eingegangen und aus Gott geboren worden, es hätte keines
Disputierens bedurft, denn der Geist Gottes eröffnet
einem jeden die Menschwerdung wohl in ihm selber, und ohne denselben ist kein
Finden. Denn wie wollen wir das in dieser Welt Vernunft finden, das nicht
in dieser Welt ist? Wir finden in der äußern Vernunft kaum einen
Glast davon, aber in Gottes Geist ist das rechte Finden.
2. Die Menschwerdung Christi ist ein solch Mysterium, davon die äußere
Vernunft nichts weiß, denn sie ist in allen dreien Prinzipien geschehen,
und mag nicht ergründet werden, man kenne denn den ersten Menschen in seiner
Schöpfung vorm Fall gründlich. Denn Adam sollte
den andern Menschen mit dem Charakter der Hl. Dreifaltigkeit aus sich gebären,
in dem der Name Jesus eingeleibet stund, aber es konnte nicht sein. Darum
mußte ein anderer Adam kommen, dem es möglich war, denn Christus
ist das jungfräuliche Bild mit dem Charakter der Hl. Dreifaltigkeit.
Er ist empfangen in Gottes Liebe und geboren in diese Welt. Adam hatte göttliche
Wesenheit und seine Seele war aus dem ersten Principio aus des Vaters Eigenschaft.
Die sollte sich mit der Imagination richten in des Vaters Herze als ins Wort
und Geist der Liebe und Reinigkeit, und essen von der Liebe Wesenheit, so hätte
sie Gottes Wesen im Wort des Lebens an sich behalten, und wäre mit der
Kraft aus dem Herzen Gottes geschwängert worden, davon sie denn aus sich
selber in ihrer Wesenheit imaginieret und ihre Wesenheit selber geschwängert
hätte, daß also wäre ein ganzes Gleichnis nach dem ersten Bild
[Urbild] durch Imagination
und der Seelen Willen Einergeben entstanden und in der Kraft der Wesenheit empfangen
worden.
3. Weil aber dieses in Adam nicht sein konnte wegen der Irdigkeit, die ihm anhing,
so geschah es im andern Adam Christo. Der ward auf eine solche Art durch Gottes
Imagination und Eingebung in des ersten Adams Bildnis empfangen.
4. Und ist uns erkenntlich, daß weil der erste Adam seine Imagination
hat in die Irdigkeit gesetzet und irdisch worden, auch solches wider Gottes
Vorsatz bestehen mußte. Denn allhier setzte Gott seinen Vorsatz in
Adams Kind und führte seine Imagination in das verderbte Bildnis und schwängerte
dasselbe mit seiner göttlichen Kraft und Wesenheit und wendete um der Seelen
willen aus der Irdigkeit in Gott, daß Maria eines solchen Kindes schwanger
ward, als Adam sollte schwanger werden, welches die eigene Vermögenheit
nicht tun konnte, sondern sank nieder in den Schlaf als in die Magiam,
da dann das Weib aus Adam gemachet ward, welches nicht sollte gemachet werden,
sondern Adam sollte sich in Veneris Matrice selber
schwängern und magisch gebären. Weils aber nicht
sein mochte, ward Adam zerteilet, und ward ihm sein eigener Wille der großen
Macht gebrochen und in Tod geschlossen. Weil er seine Imagination nicht
wollte in Gottes Geist setzen, so musste seine große Macht im Tode stillhalten
und den Geist Gottes lassen seine Imagination in sich setzen und mit ihm tun,
was er wollte.
5. Darum erweckte ihm Gottes Geist aus demselben Tode
das Leben, und ward desselben Lebens Geist, auf daß das Bildnis und Gleichnis
nach Gott, so von Ewigkeit war in Gottes Weisheit erkannt worden, doch mochte
erboren werden und bestehen. Denn sie stund vor den Zeiten der Welt von
Ewigkeit im jungfräulichen Spiegel in der Weisheit
Gottes, und solches in zweien Gestalten, als nach dem ersten
Principio des Vaters im Feuer und im andern Principio des Sohns im Lichte, und
war doch nur im Lichte offenbar und im Feuer gleich als in einer Magia als in
einer Möglichkeit. Gleichwie der gestirnte Himmel eine Figur dem
Menschen im Schlafe ins Gemüt modelt nach seiner Vermögenheit, also
ist auch das Bildnis im Centro des Feuers Natur erschienen ganz unsichtbar,
aber in der Weisheit im Spiegel der Gottheit ist sie als ein Bilde gleich einem
Schatten, aber ohne materialisch Wesen erschienen. Und ist doch in der Essenz
des Geistes gewesen, welcher, so er sich im Spiegel der Weisheit erblicket,
dieses Bildnis erkannt und gesehen hat und einst seinen Willen dareingesetzt,
sie in Wesenheit zu bringen, auf daß Gott ein Bild oder Gleichnis im Wesen
habe, da er sich nicht mehr dürfte [brauchte] als
im Spiegel schauen, sondern im Wesen empfinden. Und darum, so das erste Bild
in die strenge Macht imaginierte und darüber irdisch und tot ward, führete
Gottes Geist seinen Willen und Leben in den Tod und nahm aus dem Tode wieder
das erste Leben in sich, auf daß das erste Leben in vollem Gehorsam vor
ihm bestünde und er allein sei das Wollen und auch das Tun.
6. Also ist uns erkenntlich, daß Gott sei in das halbtote
Bildnis eingangen, verstehe: in Maria, und
eben in dieselbe jungfräuliche Gestalt, welche im
Tode verschlossen lag, darin Adam sollte schwanger werden und ein Bild
nach ihm in jungfräulicher Zucht gebären. In derselben eingeschlossenen
und halbertöteten jungfräulichen Matrice ist
Gottes Wort oder Herz als das Centrum der Hl. Dreifaltigkeit ein Menschenbild
worden, ohne Verletzung seines Wesens. Und weil die erste
lebendige jungfräuliche Matrix in Adam nicht wollte Gott gehorsam sein,
so ward sie ihm jetzt, als sie wieder aus dem Tode erwecket ward, gehorsam und
ergab sich ganz demütig und willig in Gottes Willen. Also ward jetzt
wieder das rechte jungfräuliche Bild im Gehorsam Gottes figurieret, denn
der erste Wille mußte im Tode bleiben, der wider Gottes Willen imaginierte;
und ward ein reiner, gehorsamer Wille erwecket, der in der himmlischen Sanftmut
und Wesen blieb, der nicht mehr das Bildnis im Feuer, in des Vaters Teil, in
ihm ließ aufquellen, sondern blieb in einer Qual, als dann die Gottheit
nur in einer Qual ihr Leben führet, als im Lichte,
im Hl. Geiste, und führet aber doch ihre Herrschaft über alle drei
Principia.
7. Also ist uns auch von der Menschwerdung Christi zu verstehen. Als Gottes
Geist das jungfräuliche Leben in Maria wieder erweckete, welches
in der irdischen Essenz im Tode und Grimme lag eingeschlossen,
so wendete sich dasselbe Leben nunmehr nur in einen Willen als in Gottes Liebe
und ergab sich dem Geiste Gottes. Also ward dasselbe Leben eines rechten jungfräulichen
Bildes schwanger, welches bei Adam sein sollte, aber nicht geschah, denn eine
Imagination empfing die andere, Gottes Imagination empfing die Imagination im
Tode und brachte sie wieder zum Leben; und dasselbe Leben imaginierte wieder
in Gott und ward Gottes schwanger und ward aus der Gottheit
und Menschheit eine Person. Die Gottheit hing an
der himmlischen Wesenheit, die von Ewigkeit je gewesen war mit Reich,
Kraft und Herrlichkeit als das Reich des Paradeises und die englische Welt als
der Geist und die siebente Gestalt am Centro naturae, wie im dritten
Teil »Vom dreifachen Leben« mit allen
Umständen [ausführlich] gemeldet worden.
Und die Menschheit hing an dem Reich dieser Welt.
Weil sich aber der Wille der Menschheit in die Gottheit ergab, so ward dieses
jungfräuliche Bild in Christo Jesu nur ein Gast in
dieser Welt, und seine Gottheit war ein Herr über diese Welt. Denn
also sollte das in Adam auch sein, daß das Kleinere und Ohnmächtige
unter dem Größern und Allmächtigen wäre. Aber Adams Wille
ging in das Kleine und Ohnmächtige; darum ward er ganz ohnmächtig
und fiel wieder in Schlaf und dem Schöpfer wieder heim. Aber dies
Bildnis mit Christo blieb in der göttlichen Wesenheit stehen und hing ihr
die irdische Qual in Knechtsamt- und Weise an, nun nicht mehr als ein
Herr wie über Adam und Maria, seine Mutter vor der hohen Benedeiung und
Eröffnung der Gottheit, sondern als ein Knecht, denn dies Bildnis war nun
in Gottes Geiste und Macht ein Herr über das dritte Principium dieser Welt.
8. Nun spricht die Vernunft: Wie ist es denn zugangen in dieser Menschwerdung?
Ist denn das Leben alsobald mit dem Punkt der Empfängnis
rege worden über den natürlichen Lauf, daß das Teil Marias als
des Weibes Samen hat alsobald gelebet? Nein, denn
es war ein essentialischer Same, und ward in seiner rechten natürlichen
Zeit rege mit Seele und Geist wie alle Adamskinder. Aber das
Teil der Gottheit, umgeben mit göttlicher Wesenheit und Weisheit, lebte
von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der Gottheit ging nichts zu noch ab; was sie
war, das blieb sie, und was sie nicht war, das wird sie. Sie gab sich mit himmlischer
göttlicher Wesenheit in die Essenz und Wesenheit Marias, und ward Marien
Essenz und Gottes Essenz eine Person, aber Marien Essenz
war tödlich [sterblich] und Gottes
Essenz untödlich [unsterblich]. Darum
mußten Marien Essentien am Kreuze sterben und durch
den Tod ins Leben gehen. Dazu halfen Gottes Essentien, sonst wäre
es nicht möglich gewesen. Also half uns Gottes Essenz und hilft uns noch
immerdar durch Christi Tod in Gottes Essenz und Leben
ein.
9. Also erkennen wir Christi Menschwerdung natürlich wie aller Menschenkinder.
Denn die himmlische, göttliche Wesenheit hat sich
mit ihrem Leben in die irdische halbertötete eingegeben. Der Herr gab sich
unter den Knecht, auf daß der Knecht lebendig würde; und ist zugleich
in neun Monden ein vollkommener Mensch worden und auch ein wahrer Gott blieben,
und ist auch auf Art und Weise aller Adamskinder zu dieser Welt geboren worden
durch denselben Gang wie alle Menschen. Und das darum, nicht daß
ers [Christus] bedürfte; er hätte können
magisch geboren werden, aber er wollte und sollte unsere unreine, tierische
Geburt und Eingang in dieses Leben heilen. Er sollte in
unserm Eingang in diese Welt eingehen und uns aus dieser Welt in Gottes Eingang
einführen und aus der irdischen Qual ausführen.
10. Denn so er wäre magisch auf göttliche Art
geboren worden, so wäre er nicht natürlich in dieser Welt gewesen,
denn die himmlische Wesenheit hätte müssen den irdischen Qual verschlingen.
Also wäre er uns nicht gleichworden, wie hätte er dann wollen
den Tod leiden und in Tod eingehen und den zerbrechen? Aber also ist es nicht:
Er ist wahrhaftig des Weibes Same und den natürlichen Weg wie alle Menschen
in diese Welt eingegangen, und aber den göttlichen Weg in der göttlichen
Macht und Wesenheit durch den Tod ausgegangen. Seine göttliche, lebendige
Wesenheit ist es, die im Tode bestund, die den Tod zerbrach und spottete, und
führete die verwundete halbtote Menschheit durch den Tod ins ewige Leben.
Denn das irdische Teil, welches er aus seiner Mutter Maria an sich, das ist:
an das göttliche Wesen annahm, das starb am Kreuz der irdischen Qual ab.
Also war die Seele in Gottes
Wesenheit und fuhr als ein Siegesfürst dem Teufel in seine Hölle,
das ist: in Gottes Zorn, und löschete
den mit Gottes Liebe und Sanftmut der göttlichen Liebe Wesenheit. Denn
es kam das Liebe-Feuer in des Zorns Feuer und ersäufte den Zorn, darin
der Teufel wollte Gott sein. Also ward der Teufel mit der Finsternis gefangen
genommen und verlor seine Herrschaft, denn der Stachel und das Schwert Cherubs,
des Würgeengels, ward allhier zerbrochen. Und das war die Ursache, daß
Gott Mensch ward, daß er uns aus dem Tode ins ewige
Leben einführete und den Zorn, der in uns brannte, mit seiner Liebe löschete.
11. Denn ihr sollt uns recht verstehen, wie Gottes Zorn sei gelöschet worden:
nicht mit dem tödlichen Blute Christi, das er vergoß, darüber
die Juden seiner spotteten, sondern mit dem Blute des
ewigen Lebens aus Gottes Wesen, welches unsterblich war, das da hatte
den Brunnquell des Wassers des ewigen Lebens. Das ward am Kreuz mit unter dem
äußerlichen Blute vergossen. Und da das äußere in Tod
fiel, da fiel das himmlische mit, aber es war unsterblich.
12. Also hat die Erde Christi Blut empfangen, davon sie
erzitterte und erbebete, denn der Grimm Gottes war jetzt in ihr überwunden,
und kam das lebendige Blut in sie, welches aus Gottes Wesenheit war vom Himmel
kommen. Das tat auf die Gräber der Heiligen und eröffnete den
Tod und machte ein Straße durch den Tod, daß der Tod ward schaugetragen;
denn als Christi Leib vom Tode aufstund, da trug er den Tod an seinem Leibe
schau, denn seine Macht war zerbrochen.
Das 11. Kapitel
Von der
Nutzbarkeit; was uns armen Evaskindern die Menschwerdung und Geburt Jesu Christi,
des Sohnes Gottes, nütze. Die allerliebreichste Porte.
Wir armen Evaskinder waren in Adam alle erstorben. Und
ob wir gleich lebeten, so lebeten wir doch nur in dieser Welt; und der Tod wartete
unser und verschlang je einen nach dem andern; und war uns kein Rat,
so uns nicht hätte Gott wieder aus seinem Wesen erboren, wir wären
in Ewigkeit nach dem Leibe nicht wiederkommen, und unsere Seele wäre in
Gottes Zorn-Qual bei allen Teufeln ewig blieben. Aber
die Menschwerdung Jesu Christi ist uns ein kräftig Wesen worden, denn um
unsretwillen ist Gott Mensch worden, auf das er unsere Menschheit wieder aus
dem Tode in sich brächte und unsere Seelen aus dem Feuer des Zorns Gottes
erlösete. Denn die Seele ist in sich
selber ein Feuerquall und hält in sich selber
inne das erste Principium, die herbe Strengigkeit, welche in sich selber nur
zum Feuer arbeitet. So aber dieser Seelengeburt die Sanftmut
und Liebe Gottes entzogen wird, oder aber: so sie mit ganz strenger Materia
infizieret wird, so bleibet sie eine Qual in der Finsternis, eine ganz
strenge Rauhigkeit, sich selber fressend und doch auch im Willen immer wieder
Hunger gebärend. Denn ein Ding, das keinen Anfang noch Grund hat, das hat
auch kein Ende, sondern es ist selber sein Grund, es gebieret sich selber.
2. Und wir doch auch nicht sagen wollen, daß Seele keinen Anfang habe.
Sie hat Anfang, aber nur nach der Kreatur, nicht nach der Essenz.
Ihre Essenz ist von Ewigkeit, denn das göttliche Fiat hat sie im Centro
der ewigen Natur gefasset und in ein substantialisch Wesen gebracht,
dazu mit dem ganzen t (Kreuz) mit dem Charakter der Hl.
Dreifaltigkeit als ein Gleichnis des dreifachen Geistes der Gottheit in der
Gottheit wohnet. Es geschehe nun in Liebe oder Zorn, das ist: im Licht
oder Feuer, in welches sie imaginieret, dessen wird sie schwanger, denn sie
ist ein magischer Geist, eine Qual in sich selber. Sie ist das Centrum
der Ewigkeit, ein Feuer der Gottheit im Vater, jedoch nicht in der Freiheit
des Vaters, sondern in der ewigen Natur. Sie ist nicht vor dem Wesen,
sondern im Wesen. Aber Gottes Freiheit ist außerm Wesen, wohnet aber im
Wesen. Denn im Wesen wird Gott offenbar, und wäre
auch kein Gott ohne Wesen, sondern eine ewige Stille ohne Qual. Aber
in der Qual wird das Feuer erboren und aus dem Feuer das Licht, da sich dann
zwei Wesen scheiden und zweierlei Qual führen, als eine grimmige, hungerige,
durstige im Feuer und eine sanfte, liebliche, gebende
im Licht, denn das Licht gibt und das Feuer nimmt. Das Licht gibt Sanftmut,
und aus Sanftmut wird Wesenheit. Die ist des Feuers Speise, sonst wäre
es ein grimmiger finsterer Hunger in sich selber, als denn ein Geist ist, so
er nicht Wesen des Lichts hat, gleich einem verschmachteten
Gift. So er aber Wesen der Sanftmut bekommt, so zeucht er das in sich und wohnet
darinne und brauchts zur Speise und auch zum Leben. Denn er infizieret sich
damit und schwängert sich, denn sein Wesen ist seine Erfüllung, also
daß der Hunger gestillet wird.
3. Also ist uns zu betrachten die menschliche Seele:
Sie ward genommen aus dem Centro naturae, nicht aus dem Spiegel des Ewigen als
aus der Qual dieser Welt, sondern aus der ewigen Essenz
des Geistes Gottes aus dem ersten Principio aus des Vaters Eigenschaft
nach der Natur, nicht von Wesen oder von etwas, sondern der Geist
der Gottheit blies ihm das Leben, verstehe: das Bildnis in Adam, selber ein
aus allen dreien Prinzipien. Er hat ihm das Centrum naturae als den Feuer-Quall
zum Leben eingeblasen und auch die Sanftmut der Liebe
aus dem Wesen der Gottheit als das ander Principium mit göttlicher
himmlischer Wesenheit, sowohl auch den Geist dieser Welt
als den Spiegel und Fürbild der Weisheit Gottes mit den Wundern.
4. Nun ist aber der Geist dieser Welt mit des Teufels Entzünden und Gift,
so er dareingeschmeißt hat, verderbet, denn der Teufel
wohnet in dieser Welt und ist ein steter Infizierer der äußern Natur
und Eigenschaft, wiewohl nur im Grimm als im herben Begehren ist er mächtig.
Aber er setzet seine Imagination mit seiner falschen Tinktur auch in
die Liebe und vergiftet der Seelen ihr bestes Kleinod, und hat Adams Seele mit
seiner Imagination mit seinem bösen Hunger-Geist
infizieret, daß also Adams Seele nach irdischer Qual lüsterte, von
welcher Lust sie mit irdischer Qual geschwängert ward, daß also das
äußere Reich ins innere eingeführet ward, davon das Licht im
Feuer des ersten Principii verlosch und seine göttliche
Wesenheit, darin er sollte ewig leben, in irdischen Tod eingeschlossen ward.
5. Also ward diesem Bildnis und auch Seele kein Rat mehr. Es bewegte sich denn
die Gottheit nach dem andern Principio als nach dem Lichte
des ewigen Lebens in ihr und zündete die in Tod eingeschlossene
Wesenheit wiederum mit dem Liebe-Glanz an, welches in der Menschwerdung Christi
geschah; und ist dies das allergrößeste Wunder, das Gott hat gewirket,
daß er sich mit dem Centro der Hl. Dreifaltigkeit
hat in des Weibes Samen beweget. Denn nicht im Feuer als in des Mannes
Tinktur wollte sich Gottes Herz offenbaren, sondern in des Geistes Tinktur als
in Veneris, in der Liebe des Lebens, auf daß das Feuer in des Mannes Tinktur
mit der Sanftmut und Liebe Gottes ergriffen würde. Denn aus dem eingeschlossenen
Tode sollte und mußte das ewige Leben wieder ausgrünen.
Denn allhier hat die Wurzel Jesse und rechte Aaronisrute gegründet und
schöne Früchte gebracht, denn in Adam ward das Paradeis in Tod geschlossen,
als er irdisch ward. Aber in Christo grünete das wieder aus dem Tode.
6. Von Adam haben wir alle den Tod
geerbet. Von Christo erben wir das
ewige Leben. Christus ist das jungfräuliche Bild, das Adam aus sich
sollte gebären mit beiden Tinkturen. Weil er aber nicht konnte, ward er
zerteilet und mußte durch zween Leiber gebären, bis der Silo kam,
das ist: der Jungfrauen Sohn, welcher aus Gott und Mensch
geboren ward. Er ist der Durchbrecher, von dem die Propheten redeten,
der aufscheußt [aufschießt] als ein Reiß. Er grünet als
ein Lorbeerbaum in Gottes Wesen. Er hat mit seiner Eingehung in die menschliche
halbertötete Essenz den Tod zerbrochen, denn er grünete zugleich in
menschlicher und auch in göttlicher Essenz. Er brachte uns mit in
unsere Menschheit die jungfräuliche Zucht der Weisheit Gottes. Er
umgab unsere Seelen-Essenz mit himmlischer Wesenheit. Er ward der Held im Streit,
da die zwei Reiche miteinander im Streit lagen, als Gottes Zorn und Liebe. Er
gab sich willig in Zorn und löschete den mit seiner Liebe, verstehe: in
der menschlichen Essenz. Er kam aus Gott in diese Welt und nahm unsere Seele
in sich ein, auf daß er uns aus der Irdigkeit dieser Welt wieder in sich
in Gott einführete. Er gebar uns in sich wieder neu, daß wir in Gott
zu leben wieder tüchtig wären. Aus seinem Willen gebar er uns, daß
wir sollen unseren Willen in ihn setzen. So führete er uns in sich zum
Vater in unser erstes Vaterland wieder ein, als ins Paradeis, daraus Adam ausging.
Er ist unser Brunnquell worden. Sein Wasser quillet in uns. Er ist unser Brunn
und wir seine Tropfen in ihm. Er ist die Fülle unserer Wesenheit worden,
auf daß wir in ihm in Gott leben. Denn Gott ist Mensch worden. Er
hat sein ungründlich und unmeßlich Wesen in die Menschheit eingeführet.
Sein Wesen, das den Himmel erfüllet, hat er in der Menschheit offenbaret.
Also ist das menschliche Wesen und Gottes Wesen ein Wesen worden, eine Fülle
Gottes. Unser Wesen ist sein Bewegen in seinem Himmel. Wir sind seine Kinder,
sein Wunder, sein Bewegen in seinem ungründlichen Leibe. Er ist Vater und
wir seine Kinder in ihm. Wir wohnen in ihm und er in uns. Wir sind sein Werkzeug,
damit er suchet und machet, was er will. Er ist das Feuer und auch das Licht
mit allem Wesen. Er ist verborgen und das Werk machet ihn offenbar.
7. Also erkennen wir, daß Gott ein Geist ist, und
sein ewiger Wille ist magisch als begehrend. Er macht aus Nichts immer
Wesen, und das in zweierlei Qual als nach dem Feuer und Lichte. Aus dem Feuer
wird Grimm, Aufsteigen, Hoffart, sich dem Lichte nicht wollen eineignen, sondern
ein grimmiger ernsthafter Wille, nach welchem er nicht Gott heißet, sondern
ein grimmig verzehrend Feuer. Dies Feuer wird auch in der bloßen Gottheit
nicht offenbar, denn das Licht hat das Feuer in sich verschlungen
und gibt dem Feuer seine Liebe, seine Wesenheit, sein Wasser, also daß
in Gottes Wesen nur Liebe, Freude und Wonne ist und kein Feuer erkannt wird.
Sondern das Feuer ist nur eine Ursache des begehrenden Willens und der
Liebe, sowohl des Lichtes und der Majestät, sonst würde kein Wesen,
wie solches nach der Länge in den vorgehenden Schriften ausgeführet
worden ist.
8. Und ist uns jetzt erkenntlich, worinnen unsere neue Wiedergeburt stehe, dieweil
wir doch nun in dieser Welt mit der irdischen Hütten [Leib]
verdecket und dem irdischen Leben heimgefallen sind, als nämlich
bloß in der Imagination, daß wir mit unserm Willen in Gottes Willen
eingehen und uns ihm ganz eineignen und übergeben, welches Glauben heißet.
Denn das Wort >Glauben< ist nicht historisch,
sondern es ist ein Nehmen aus Gottes Wesen, aus Gottes Wesen essen, Gottes Wesen
mit der Imagination in sein Seelenfeuer einführen, seinen Hunger damit
stillen und also Gottes Wesen anziehen, nicht als ein Kleid, sondern als einen
Leib der Seelen. Die Seele muß Gottes Wesen in ihrem
Feuer haben, sie muß von Gottes Brot essen, will sie Kind sein.
9. Also wird sie auch in Gottes Geiste und Wesen neugeboren
werden, der sie aus dem Acker des Grimmes und Zorns in den Acker der
Liebe, Sanftmut und Demut Gottes eingepfropfet, und blühet mit einer neuen
Blume, welche in Gottes Liebe wächset als in Gottes Acker. Dieselbe Blume
ist das rechte wahre Bildnis der Gottheit, die Gott begehrete, als er Adam zu
seinem Gleichnis schuf. Das hat uns nun wiedererboren
Jesus Christus, Gottes und des Menschen Sohn. Denn seine Wiedergeburt
aus Gottes und unserm Wesen ist unsere Wiedergeburt, seine Kraft, Leben und
Geist ist alles unser, und dürfen nichts mehr dazutun, als daß
wir nur bloß mit unserm Willen-Geiste durch
ihn in Gottes Wesen eingehen. So wird unser Wille in Gottes Willen neugeboren
und empfähet göttliche Kraft und Wesen. Nicht fremde, sondern unsere
erste, mit welcher wir in Adam in Tod eingingen, die wecket uns der Erstgeborene
aus den Toten wieder auf, welcher ist Christus. Er ist
Gott, ist aber aus uns geboren, auf daß er uns lebendig mache aus dem
Tode, nicht eines fremden Lebens, das wir allhie in dieser Welt nicht
hätten gehabt, sondern unsers eigenen Lebens; denn Gottes Vorsatz soll
bestehen. Die schöne Blume und Bildnis soll aus dem verderbten Acker wachsen,
und nicht allein das, sondern auch aus dem reinen Acker.
10. Aus der Jungfrauen sollten wir wiedergeboren werden,
und nicht aus dem Manne des Zorns, aus der Feuers-Tinktur, sondern aus
der Jungfrau der Liebe aus der Lichts-Tinktur. Wir ziehen mit unserer
Einergebung die Jungfrau Christi an. Wir werden hiermit die Jungfrau der Zucht,
Keuschheit und Reinigkeit in Ternario Sancto in der englischen Welt, ein Spiegel
der Hl. Dreifaltigkeit, in der sich Gott schauet, die er ihm hat zu seinem Gemahl
genommen. Er ist unser Mann, dem wir in Christo vermählet, vertrauet und
eingeleibet sind. Wir sind nun Maria im Bunde der Gnaden, aus der Gott und Mensch
geboren wird. Maria war die erste in der hohen Benedeiung, denn in ihr war das
Ziel, da der Bund hinweisete. Sie war in Gott in dem teuren
Namen Jesu erkannt, ehe der Welt Grund geleget ward, nicht daß sie das
Leben aus dem Tode brächte, sondern daß Gott wollte in ihr das Leben
aus dem Tode bringen. Darum ward sie hoch gebenedeiet, und ward ihr angezogen
die reine jungfräuliche Zucht. Und aus derselben Jungfrauschaft, daraus
Christus geboren ward, müssen wir alle geboren werden, denn Jungfrauen
müssen wir werden und dem Lamme Gottes folgen, anders sollen wir nicht
Gott schauen. Denn Christus saget: Ihr müsset von neuem geboren werden,
wollet ihr das Reich Gottes schauen, durch das Wasser und Hl. Geist. Das Wasser
ist die Jungfrauschaft, denn die Jungfrau führet des Lichtes und Wassers
Tinktur als Liebe und Sanftmut. Und der Geist, daraus wir sollen geboren werden,
ist der, der mit der Bewegung der Gottheit sich in des Weibes Samen einergab,
der den Tod zerbrach, der aus dem Wasser eine lichtflammende Blume ausgebieret,
da er der Blumen Geist und Leben ist, nicht nach dem Feuerquall des Grimmes,
sondern nach dem Quall des Lichts in der Sanftmut und
Demut.
Das 12. Kapitel
Von
der reinen Jungfrauschaft
Wir armen Evaskinder finden in uns keinen rechten reinen, züchtigen jungfräulichen
Gedanken, denn Mutter Eva, welche eine Frau war, hat uns alle weibisch und männisch
gemacht. Wir sind in Adam und Eva alle zu Mannen und Frauen
worden, es sei denn, daß wir in die himmlische Jungfrauschaft mit
unserm begehrenden Willen eingehen, in der uns Gott aus Christo hat wieder zu
Jungfrauen geboren. Nicht nach dem irdischen Leben, in welchem keine Zucht noch
Reinigkeit ist, sondern nach dem Leben der himmlischen
Jungfrauen, in welcher Christus ein Mensch ward, welche der Marien mit Überschattung
des Hl. Geistes angezogen ward, die ohne Grund, Ziel und Ende ist, die allenthalben
vor der Gottheit stehet, und ist ein Spiegel und Ebenbild der Gottheit.
In diese Jungfrau, darin die Hl. Dreifaltigkeit wohnet, darinnen wir vor den
Zeiten der Welt vom Geiste Gottes erblicket und in dem Namen Jesu erkannt worden,
müssen wir mit unserm Willen-Geiste eingehen. Denn unser wahres Bildnis,
in dem wir Gottes Gleichnis sind, ist uns mit Adam und Eva verbli¬chen und
irdisch worden, welches geschah durch Lust oder Imagination, und ward uns also
Gottes klares Angesicht verdecket, denn wir verloren himmlische Zucht.
2. Weil uns aber Gott aus seiner Gunst und Liebe zu uns hat sein helles Angesicht
in der Menschwerdung Christi wieder eröffnet, so liegets nur an dem, daß
gleichwie wir in Adam haben in die irdische Sucht imaginieret, davon wir irdisch
worden, daß wir nun unsern begehrenden Willen wieder in die himmlische
Jungfrau setzen und unsere Lust dareinführen. So
gehet unser Bildnis aus der irdischen Frauen aus und empfähet jungfräuliche
Essenz und Eigenschaft, darin Gott wohnet, da der Seelen Bildnis mag wieder
das Angesichte Gottes erreichen.
3. Die äußere Vernunft spricht: Wie mag das zugehen, daß wir
mögen aus der Jungfrauen wiedergeboren werden, daraus Christus geboren
ward? - Sie verstehet schlechts: Maria, - aber wir verstehen Maria nicht, welche
eine kreatürliche Jungfrau ist, als wir denn auch in der unmaterialischen
jungfräuliche Zucht kreatürliche Jungfrauen werden. So wir aber in
die Menschwerdung Christi eingehen, nicht nach dem äußern Leben in
den vier Elementen, sondern nach dem innern, in dem einen Element, da das Feuer
Gottes die vier Elementa in sich verschlinget und aber in seinem Lichte als
im andern Principio, indem der äußere Mann und Frau muß durch
den Tod gehen in Christi Auferstehung, eine Jungfrau in einem Element, da alle
vier inne verborgen liegen, in der rechten jungfräulichen Weisheit Gottes
ausgrünen. Wir müssen dem Manne und der Frauen
absterben und den verderbten Adam kreuzigen. Er muß mit Christo sterben
und in Vaters Zorn geworfen werden. Der verschlinget den irdischen Mann
und Frauen und gibt aus der Menschwerdung Christi der Seelen ein jungfräulich
Bild, da der Mann und die Frau nur ein Bild ist, mit eigner Liebe. Jetzt setzet
der Mann seine Liebe in die Frau und die Frau in den Mann. So aber die beide(n)
Liebe(n) in eine verwandelt werden, so ist keine Begierde zu der Vermischung
mehr in dem einigen Bilde, sondern das Bild liebet sich selber.
4. So ist nun das Bild im Anfang in der jungfräulichen
Weisheit Gottes erschaffen worden als aus göttlicher Wesenheit.
So nun die Wesenheit irdisch worden und in Tod gefallen ist, so wecket sie das
Wort, das Mensch ward, wieder auf. Also bleibet die irdische dem Tod im Zorne,
und das Aufgeweckte bleibet im Worte des Lebens in der jungfräulichen Zucht.
Und tragen wir allhier in dieser Welt einen zweifachen Menschen in einer Person:
als ein jungfräulich Bild, geboren aus der Menschwerdung Christi, und ein
irdisch Bild, männlich oder weiblich, im Tode und im Zorne Gottes beschlossen.
Das irdische muß das Kreuz tragen, sich im Zorn quälen, verfolgen
und schmähen lassen, wird auch endlich dem Tode gegeben, alsdann verschlingets
der Zorn im qualitätischen Feuer Gottes. Und so alsdann das Wort des Lebens,
welches in Maria Mensch ward, mit in dem irdischen Bild ist, so stehet Christus,
der das Wort des Lebens brachte, aus Gott, aus dem Tode auf und führet
die Essenz des qualitätischen Feuers, verstehe: die menschliche Essenz,
aus dem Tode aus, denn er ist aus dem Tode auferstanden und lebet in Gott. Und
sein Leben ist unser Leben worden, und sein Tod unser Tod.
Wir werden in seinem Tode begraben, grünen aber in seiner Auferstehung
und Überwindung in einem Leben aus.
5. Vernehmet doch nur den Sinn recht: Adam war das jungfräuliche Bild.
Er hatte die eigene Liebe, denn der Geist Gottes hatte ihm die eingeblasen.
Denn was kann Gottes Geist anders aus sich blasen als er selber ist? Nun ist
er aber alles und wird doch nicht aller Quall Gott genannt, sondern in allem
Quallen ist nur ein einiger Geist, der Gott ist als nach dem andern Principio
im Lichte, und ist doch kein Licht ohne Feuer. Er ist aber im Feuer nicht der
Liebe-Geist oder der Hl. Geist, sondern der Grimm der Natur und eine Ursache
des Hl. Geistes, ein Zorn und verzehrend Feuer. Denn im
Feuer wird der Geist der Natur frei und das essentialische Feuer gibt doch auch
die Natur und ist selber die Natur.
6. Nun verstehen wir doch nur einen Hl. Geist im Licht. Obs wohl alles ein Wesen
ist, verstehen wir doch, daß die Materia, welche aus
der Sanftmut des Lichts erboren wird, gleich als
ohnmächtig und dunkel ist, welche das Feuer in sich zeucht und verschlinget,
gibt aber aus der materialischen Qual, aus dem Feuer einen mächtigen Geist,
der da frei ist von der Materia und auch vom Feuer. Wiewohl ihn das Feuer hält,
so ergreifts doch nicht seine Qual, als wir dies sehen, daß das Licht
im Feuer wohnet, und hat doch nicht des Feuers Quall, sondern einen sanften
Liebe-Quall, welches auch nicht wäre, so die Materia nicht wäre im
Feuer gestorben und verzehret worden.
7. Also betrachten wir den ersten Adam: Er war aus der
Licht-Essenz und Wesenheit erdacht. Dieweil er aber in ein Geschöpfe
gehen sollte und sollte ein ganz Gleichnis Gottes nach allem Wesen, nach allen
dreien Prinzipien sein, so ward er auch mit dem Verbo
Fiat [Es werde!] in allem Wesen aller
dreien Prinzipien ergriffen und in ein Geschöpf gebracht. Nun waren zwar
alle drei Principia in ihm frei und stunden ineinander, ein jedes in seiner
Ordnung, und war ein recht ganz Gleichnis Gottes nach und aus dem Wesen aller
Wesen. Aber uns ist dies zu erkennen, wie das dritte Principium als die
Qual dieser Welt sei in der Entzündung Luzifers ganz grimmig, durstig und
bös worden, und habe die Qual alsobald in Adam nach dem andern Principio
als nach der himmlischen Materia gedürstet, davon die Sucht in Adam entstanden.
Denn die Qual der reinen Liebe aus dem HI. Geiste hatte das verweigert.
So aber die Liebe in die irdische Qual einging, sie zu ersättigen in ihrem
entzündeten Durste, so empfing die reine unmaterialische Liebe die begehrende,
irdische, verderbte Sucht. Jetzt verlosch das ander Principium, nicht als ein
Tod, daß es wäre als ein Nichts worden, sondern es ward im Grimmen-Durste
gefangen. Und so dann Gott ein Licht ist, so stund die reine Liebe-Qual
also im Tode außer dem Lichte Gottes eingeschlossen. Jetzt
war das Bildnis verderbet und im Grimm Gottes gefangen, und verlor die eigene
Liebe ihre Macht, denn sie ward in die verderbte Irdigkeit eingeschlossen und
liebte die Irdigkeit.
8. Also mußte aus diesem Bildnis ein Weib gemacht werden und die zwei
Tinkturen, als des Feuers Essenz und der Matricis wässerige Essenz geschieden
werden, als in einen Mann und Frau, daß doch die Liebe also in zweierlei
Qual rege wäre und also eine Tinktur die andere liebete und begehrete und
sich vermischten, davon dies Geschlechte fortgebauet und
erhalten würde.
9. Nun konnte aber dies Geschlechte der Menschen also in irdischer Qual nicht
Gott erkennen oder schauen, denn die reine Liebe ohne Makel war in die irdische
durstige Qual eingeschlossen, und war im Durste des Grimmes
der ewigen Natur, welche Luzifer entzündet hatte, gefangen. Denn
der Grimm hatte die Liebe mit der Irdigkeit in sich gezogen. So stund nun
in derselben gefangenen Liebe die jungfräuliche Zucht der Weisheit Gottes,
welche dem Adam mit dem andern Principio mit der himmlischen Wesenheit
ward mit zu seinem Leibe incorporieret und vielmehr derselben sanften Wesenheit
Geist mit dem Einblasen des Hl. Geistes, welcher dem Adam ward eingeblasen.
10. Jetzt war nun kein Rat, es erregte sich denn die Gottheit in der göttlichen
Jungfrau nach dem andern Principio in der im Tod eingeschlossenen Jungfrauschaft
und wurde ein anderes Bildnis aus dem ersten. Und ist uns erkenntlich und genug
verständlich, daß das erste Bildnis mußte dem Grimm gegeben
werden, damit er seinen Durst löschete; und mußte
in die Verwesung gehen als in das essentialische Feuer, da doch die Essenz nicht
verweset oder abstirbet, um welches willen Gott einen Tag bestimmt hat, da er
die Essenz des alten und ersten Adam will durchs Feuer führen, da
sie soll der Eitelkeit los werden als der Sucht des Teufels und Zorns der ewigen
Natur.
11. Und verstehen weiter, wie Gott habe das Leben seines heiligen Wesens wieder
in uns gebracht, indem er sich mit seinem eigenen Herzen oder Worte und Kraft
des göttlichen Lebens in der in Tod eingeschlossenen Jungfrauschaft beweget
als in der reinen Liebe, und dieselbe wieder entzündet und seine
himmlische Wesenheit mit der reinen Jungfrauschaft in die in Tod eingeschlossene
Jungfrauschaft eingeführet, und hat aus der himmlischen und aus der in
Tod und Zorn eingeschlossenen Jungfrauschaft ein neues Bildnis erboren.
12. Und dann zum dritten verstehen wir, daß dieses neue
Bildnis hat müssen durch den Tod und Grimm des Feuers wieder in die himmlische,
göttliche Wesenheit in Ternarium Sanctum eingeführet werden.
Denn die irdische Sucht, welche der Teufel hatte besessen, mußte im Zornfeuer
bleiben und ward dem Teufel zur Speise gegeben. Da soll er ein Fürst inne
sein nach dem Grimmen-Quall der ewigen Natur, denn der
Teufel ist des Grimmes Speise, und der Grimm ist des Teufels Speise.
13. Dieweil sich dann das Wort des ewigen Lebens hat wieder in unsere in Tod
eingeschlossenen kalten Liebe und Jungfrauschaft beweget und an sich genommen
unsere verderbte Jungfrauschaft, und ist ein innerlicher und äußerlicher
Mensch worden, und hat das Centrum als unser Seelenfeuer in seine Liebe eingeführet,
so erkennen wir seine in uns eingeführte Liebe und Jungfrauschaft für
unsere eigene Jungfrauschaft. Denn seine Liebe und Jungfrauschaft hat sich mit
unserer kalten Liebe und Jungfrauschaft vermählet und dareinergeben,
daß Gott und Mensch soll ewig eine Person sein.
14. Nun spricht die Vernunft: Das ist in Maria als nur in einer Person geschehen,
wo bleibe aber ich? Christus ist nicht auch in mir geboren worden.
15. Ach, unser großes Elende und Blindheit, daß wir nicht verstehen
wollen! Wie gar hat uns doch die irdische begreifliche
Sucht geblendet und der Teufel durch und mit dem greulichen Antichrist in Babel
verführet, daß wir gar keine Sinnen wollen haben? Siehe doch,
du elende und jämmerliche Vernunft, was du bist, anders nichts als ein
hurisch Weib an Gott. Wie soll ich dich anders nennen, da du doch der reinen
Jungfrauschaft an Gott brüchig und meineidig bist. Hast du nicht Adams
Fleisch, Seele und Geist, und bist aus Adam herkommen? Bist du nicht aus Adams
Wasser und Feuer entsprungen? Du bist ja Adams Kind, machs wie du willst, du
musst stillehalten. Du schwimmest in Adams Mysterio, beides: im Leben und im
Tode.
16. So ist ja das Wort Gottes in Adams in Tod eingeschlossener Jungfrauschaft
Mensch worden. Es hat sich das Herze Gottes in Adams Jungfrauschaft erreget
und (hat) die aus dem Tode durch Gottes Feuer in
die göttliche Qual eingeführet. Christus ist
Adam worden, aber nicht der zerteilete, sondern der jungfräuliche Adam,
der Adam vor seinem Schlafe war. Er hat den verderbten Adam in Tod, in Gottes
Feuer eingeführet und hat den reinen jungfräulichen aus dem Tode durch
Feuer ausgeführet, dessen Sohn du bist. So du aber nicht im Tode
bleibest liegen, als ein faul Holz, das nicht qualifizieren kann, welches im
Feuer keine Essenz gibt, sondern wird eine finstere Asche.
17. Nun spricht die Vernunft: Wie kommts denn, weil ich Christi Glied und Gottes
Kind bin, daß ich ihn nicht fühle noch empfinde? - Antwort: Ja, allhie
stecket es, liebes besudeltes Hölzlein; riech in deinem Busen, wonach stinkest
du, nach teuflischer Sucht als nach zeitlicher Wollust, nach Geiz, Ehren und
Macht. Höre, das ist des Teufels Kleid. Zieh diesen Pelz aus und wirf ihn
weg. Setze deine Begierde in Christi Leben, Geist, Fleisch und Blut, imaginiere
darein, als du hast in die irdische Sucht imaginieret, so wirst du Christus
in deinem Leibe, in deinem Fleisch und Blut anziehen. Du wirst Christus werden;
seine Menschwerdung wird sich zuhand in dir erregen, und wirst in Christo neugeboren
werden.
18. Denn die Gottheit oder das Wort, das sich in Maria erregete und Mensch ward,
das ward auch zugleich in allen verstorbenen Menschen von Adam her, welche ihren
Geist hatten in Gott oder in den verheißenen Messias einergeben und befohlen,
Mensch; und ging auch auf alle diejenigen, die noch sollten aus dem verderbten
Adam geboren werden, die sich nur dasselbe Wort würden lassen aufwecken,
denn der erste Mensch begreift auch den letzten. Adam ist der Stamm, wir sind
alle seine Äste. Christus ist aber unser Saft, Kraft
und Leben worden. So nun ein Ast am Baume verdorret, was mag das der
Saft und die Kraft des Baumes? Gibt sich doch die Kraft allen Ästen, warum
zeucht nicht der Ast den Saft und Kraft in sich? Es fehlet
an dem, daß der Mensch teuflische Kraft und Essenz anstatt der göttlichen
Essenz in sich zeucht, und läßt sich den Teufel verführen in
irdischer Sucht und Lust. Denn der Teufel kennet den Zweig, der ihm in
seinem gewesenen Lande gewachsen ist und noch wächset. Darum, wie er am
Anfang ein Lügner und Mörder ist gewesen, also
ist er noch und infizieret die Menschen, dieweil er weiß, daß sie
dem äußern Regiment der Sternen sind in seine magische Sucht gefallen.
So ist er ein steter Vergifter der Complexion [angeborenen
Charaktereigenschaften]. Und wo er ein Fünklein riecht, das ihm
dienet, das stellet er dem Menschen immer für. Imaginieret der Mensch nur
drein, er wird ihn bald infizieren.
19. Darum heißet es: Wachet, betet, seid nüchtern,
führet ein mäßiges Leben, denn der Teufel, euer Widersacher
gehet herum als ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge,
I. Petr. 5,8. - Trachtet nicht also nach Geiz,
Geld, Gut, Macht und Ehre, denn wir sind in Christo nicht von dieser Welt. Denn
darum ging Christus zum Vater als in das göttliche Wesen ein, daß
wir ihm sollen mit unsern Herzen, Sinnen und Willen nachfolgen. So wolle er
alle Tage bis an der Welt Ende bei uns sein (Matth.
28,20), - aber nicht in dieser Welt Qual. Wir sollen aus dieser Welt
Qual aus dem irdischen Menschen ausdringen und unseren Willen in sei¬nen
Willen ergeben und unsere Imagination und Lust in ihn einführen, so werden
wir in seiner Jungfrauschaft, die er in uns wieder erreget, schwanger, und empfahen
das Wort, das sich in ihm rege macht, in unsere in Tod eingeschlossene Jungfrauschaft,
und werden in Christo in uns selber neugeboren. Denn wie der Tod durch Adam
auf uns alle drang, also dringet das Wort des Lebens aus Christo auf uns alle.
Denn die Bewegung der Gottheit in der Menschwerdung Christi ist beweglich blieben
und steht allen Menschen offen. Es fehlet nur am Eingehen, daß sich der
Mensch läßt den Teufel halten. Christus darf nicht erst von seiner
Stätte weichen und in uns einfahren, wenn wir in ihm neugeboren werden,
denn das göttliche Wesen, darin er geboren war, hält an allen Orten
und Enden innen das andere Principium. Wo man sagen kann, da ist Gott gegenwärtig,
da kann man auch sagen: allda ist die Menschwerdung Christi
auch gegenwärtig, denn sie ist in Maria eröffnet worden und inqualieret
also hinter sich zurück bis in Adam und vor sich bis in den letzten Menschen.
20. Nun spricht die Vernunft: Der Glaube erreichet sie
allein. - Ja, recht; in dem rechten Glauben gehet die Schwängerung an,
denn der Glaube ist Geist und begehret Wesen, und das Wesen ist ohne das in
allen Menschen. Und fehlet nur daran, daß es der Glaubensgeist
ergreife. Und so es ergriffen wird, so blühet und wächset die schöne
Lilien aus, nicht allein ein Geist, sondern das jungfräuliche Bild wird
aus dem Tode ins Leben geboren. Die Rute Aaronis, welche dürre ist, grü¬net
aus dem dürren Tode aus und nimmt aus dem Tode seinen Leib, aus der halberstorbenen
Jungfrauschaft das schöne neue jungfräuliche Leben. Und die dürre
Rute Aaronis hat dies angedeutet sowohl der alte Zacharias, auch Abraham mit
seiner alten Sara, welche nach der äußeren Welt alle gleich als erstorben
waren und nicht mehr fruchtbar. Aber die Verheißung in der neuen Wiedergeburt
sollte es tun. Das Leben sollte aus dem Tode grünen. Nicht der alte Adam,
der irdisch war, soll Herr sein, auch nicht Esau der erstgeborene, dem zwar
das Erbe gehöret hätte, so Adam blieben wäre, sondern der andere
Adam: Christus, der aus dem ersten durch den Tod ausgrünet, soll Herr bleiben.
Nicht der Mann oder das Weib soll Gottes Reich besitzen,
sondern die Jungfrau, die aus des Mannes und Weibes Tode ausgeboren wird, soll
Königin der Himmel sein. Ein Geschlecht, nicht zwei, ein Baum, nicht
viele! Christus war der Stamm, weil er die Wurzel des neuen Leibes war, der
aus dem Tode grünete, der die verstorbene Jungfrau wieder als einen schönen
Zweig aus dem Tode ausführete. Und wir alle sind die Äste und stehen
alle auf einem Stamme, der ist Christus.
21. Also sind wir Christi Äste, seine Zweige, seine
Kinder, und Gott ist unser aller, auch Christi Vater. In ihm leben und
weben und sind wir. Wir tragen Christi Fleisch und Blut an uns, so wir aber
zur neuen Wiedergeburt kommen, denn in Christi Geist werden wir wiedergeboren.
Der in Maria in der verstorbenen Menschheit ein lebendiger Mensch ward ohne
Berührung eines Mannes, der wird auch in uns selber, in unserer verstorbenen
Jungfrauschaft ein neuer Mensch, und fehlet nunmehr nur noch an dem, daß
wir den alten Adam als die Hülse in Tod werfen, daß
des irdischen Lebens Qual von uns gehe und wir also dem Teufel aus seinem Lande
ausgehen.
22. Nicht allein dieses, denn der alte Adam muß nicht so ganz und gar
weggeworfen werden, sondern nur die Hülse als die Schale, darin der Same
verborgen liegt. Aus der alten Essenz muß der neue
Mensch in Gottes Bewegung ausgrünen als ein Halm aus dem Korne, wie uns
Christus lehret. Darum muß die Essenz in Gottes Zorn eingeworfen
werden, inne verfolget, geplaget, verspottet werden und dem Kreuz unterliegen.
Denn aus Gottes Zornfeuer muß der neue Mensch ausgrünen. Er muß
im Feuer bewähret werden. Wir waren des Zorns Essenz heimgefallen, aber
die Liebe Gottes stellete sich in Zorn und löschete den Zorn mit der Liebe
im Blut der himmlischen Wesenheit im Tode Christi. Also behielt der Zorn die
Hülse als den verderbten Menschen, verstehe: die irdische Qual, und die
Liebe behielt den neuen Menschen. Darum soll kein Mensch mehr himmlisch Blut
vergießen, sondern nur das irdische, tödliche. Denn Christus, der
ohne Mann und Weib empfangen ward, der konnte das alleine tun, denn in seiner
himmlischen Wesenheit war kein irdisch Blut. Er vergoß aber sein himmlisch
Blut unter das irdische, daß er uns arme irdische Menschen vom Grimm erlösete.
Denn sein himmlisch Blut mußte sich in seinem Blutvergießen
mit dem irdischen mengen, auf daß die Turba [Verwirrung]
in der Irdigkeit in uns, welche uns gefangen hält, ersäufet und der
Zorn mit der Liebe des himmlischen Bluts gelöschet würde. Er
gab sein Leben für uns in Tod, ging für uns in die Hölle ins
Vaters Feuer-Qual und aus der Hölle wieder in Gott, auf daß er den
Tod zerbräche, den Zorn ersäufte und uns eine Bahn machte. Da
Christus am Kreuze hing und starb, allda hingen wir mit und in ihm am Kreuz
und starben in ihm, stunden auch in ihm vom Tode auf und leben ewig in ihm als
ein Glied am Leibe. Und also hat des Weibes Same der Schlangen
den Kopf zertreten. Christus hats in uns und wir in Christo getan. Göttliche
und menschliche Essenz hats getan.
23. Also liegts nun jetzt an dem, daß wir ihm nachfolgen. Christus
hat wohl den Tod zerbrochen und den Zorn gelöschet. Aber wollen
wir seinem Bild ähnlich werden, so müssen wir ihm auch in seinem Tode
nachfolgen, sein Kreuz auf uns nehmen, uns lassen verfolgen, höhnen, spotten
und töten. Denn die alte Hülse gehöret dem Zorne Gottes. Sie
muß gefeget werden, weil nicht der alte Mensch soll in uns leben, sondern
der neue. Der alte wird dem Zorn dargegeben, denn aus dem Zorn blühet der
neue aus, gleichwie das Licht aus dem Feuer scheinet. Der alte Adam muß
also das Holz zum Feuer sein, auf daß der neue im Lichte des Feuers ausgrüne,
denn im Feuer muß er bestehen. Nichts ist ewig,
das nicht im Feuer bestehen kann und das nicht aus dem Feuer urständet.
24. Unsere Seele ist aus Gottes Feuer und der Leib aus des Lichtes Feuer, doch
verstehe allezeit mit dem Leibe eine stumme Wesenheit, welche nicht Geist, sondern
ein essentialisch Feuer ist. Der Geist ist viel höher,
denn sein Urstand ist Feuer des Grimmes, der grimmen Qual, und sein recht Leben
oder Leib, den er in sich hat, ist das Licht der Sanftmut. Das wohnet
im Feuer und gibt dem Feuer seine sanfte Nahrung oder Liebe, sonnten bestünde
das Feuer nicht, es will zu zehren haben. Denn Gott der Vater spricht auch:
Ich bin ein zorniger, eifriger, grimmiger Gott, ein verzehrend
Feuer, Deut. 4,24, und nennet sich
doch auch einen barmherzigen lieben Gott, I. Joh. 4,8
nach seinem Lichte, nach seinem Herzen. Darum spricht er: Ich
bin barmherzig; - denn
im Lichte wird das Wasser des ewigen Lebens geboren, welches das Feuer und den
Grimm des Vaters löschet. S.126ff.
Aus Jakob Böhme: Von der Menschwerdung Christi. Herausgegeben von Gerhard
Wehr. Insel it 1411