Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815 - 1898)
Gründer
und erster Kanzler des deutschen Reiches. Bismarck
hat 1832 - 1835 Rechtswissenschaft in
Göttingen und Berlin studiert und seine Referendarzeit 1836
- 1839 in Aachen absolviert. Bei der Bewirtschaftung seiner Güter
in Pommern hatte er wohl Kontakte zu einem Pietistenkreis. 1847/48 wurde
er konservatives Mitglied des Vereinigten Landtags, nach 1848 Abgeordneter in der zweiten Kammer und im Erfurter Parlament. Nach
diplomatischen Tätigkeiten als Gesandter in Petersburg und in Paris
(1859 - 1862), wurde er am 8. 10. 1862 von
Wilhelm I. zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt.
Zu Bismarcks unumstrittenen größten
Leistungen zählt, dass er die deutsche Einigung im Gefolge des deutschen
Sieges im deutsch-französischen Krieges von 1870/71 im Rahmen der im wesentlichen von ihm selbst bestimmten Reichsverfassung von 1871 zustande brachte, was letztlich auch
dazu führte, dass er 1871 – 1890 der erste deutschen Reichskanzler werden konnte. Die an sich ihrer Zeit
vorauseilende, weitsichtige Sozialgesetzgebung, die die Arbeiterschaft mit
der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordung versöhnen sollte, verfehlt
ihre beabsichtigte Wirkung weitgehend durch gleichzeitige Unterdrückungsmaßnahmen im Jahre 1878 erlassenen Sozialistengesetz, Siehe auch Wikipedia und Projekt Gutenberg |
Inhaltsverzeichnis
Wir sind in Gottes gewaltiger
Hand
Leben nach dem Tode
Staat, Christentum, Konfession
und Kirche
Erziehung, Lehrer und
Schule
Wir sind
in Gottes gewaltiger Hand
Wie Gott will, es ist ja alles doch nur eine Zeitfrage, Völker und Menschen,
Torheit und Weisheit, Krieg und Frieden, sie kommen und gehen wie Wasserwogen,
und das Meer bleibt. Was sind unsere Staaten und ihre Macht und Ehre vor Gott
anders als Ameisenhaufen und Bienenstöcke, die der Huf eines Ochsen zertritt,
oder das Geschick eines Honigbauern ereilt!
Aus einem Briefe an seine Gattin,
2.Juni 1859
Wir sind in Gottes gewaltiger Hand ratlos und hilflos, soweit er uns selbst
nicht helfen will, und können nichts tun als uns in Demut unter seine Schickung
beugen.
Aus einem Briefe an seinen Schwager
Oskar v. Arnim, Reinfeld, 16. August 1869
Anstatt Gott zu danken für das Gute, was wir gehabt haben, denkt die Ungenügsamkeit
nur daran, zu lamentieren, dass wir es nicht mehr haben, während es andere
nie besessen haben.
Aus einem Briefe an seine Braut,
7. März 1847
Ich begreife nicht, wie ein Mensch, der über sich nachdenkt, und doch von
Gott nichts weiß oder wissen will, sein Leben vor Verachtung und Langeweile
ertragen kann, ein Leben, das hinfährt wie ein Strom, wie ein Schlaf, gleichsam
wie ein Gras, das bald welk wird. Wir bringen unsere Jahre zu wie ein Geschwätz.
In einem Briefe an seine Gattin,
3. Juli 1851
»Und setzet ihr nicht das Leben ein, so kann euch das Leben nicht gewonnen
sein«, was ich mir so erläutere in meiner Art: Im ergebenen
Gottvertrauen setz’ ich die Sporen ein und lass’ das wilde Ross
des Lebens mit dir fliegen über Stock und Block, gefasst darauf, den Hals
zu brechen, aber fruchtlos, da du doch einmal scheiden musst von allem, was
dir auf Erden teuer ist, und doch nicht auf ewig.
Aus einem Briefe an seine Braut,
7. März 1849
Entnommen aus: Goldene Worte des Alt-Reichskanzlers.
Aussprüche des Fürsten Bismarck über Politik, Leben und Weltanschauung.
Zusammengestellt von Dr. Adolph Kohut. Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.
Leipzig 1915 (S.88f.)
Leben
nach dem Tode
Wir gewahren mit Staunen, dass da ebenso frisch begonnene Leben schon bergab
geht, es wäre das An- und Ausziehen nicht wert, wenn es damit vorbei wäre.
An Oskar v. Arnim, 16.August
1861
Ich habe keinerlei Zweifel über ein zukünftiges Leben, denn das gegenwärtige
ist zu traurig und unvollkommen, als dass es unserem höchsten Selbst entsprechen
könnte. Es ist offenbar nur ein Kampf, der vergeblich sein würde,
wenn er hier endete. Ich glaube an eine letzte Vervollkommnung.
Zu dem englischen Maler Sir
William Blake Richmond, November 1887
Entnommen aus: Goldene Worte des Alt-Reichskanzlers.
Aussprüche des Fürsten Bismarck über Politik, Leben und Weltanschauung.
Zusammengestellt von Dr. Adolph Kohut. Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.
Leipzig 1915 (S.88ff)
Staat,
Christentum, Konfession und Kirche
Ich bin in konfessioneller Beziehung jederzeit tolerant gewesen, bis zu den
Grenzen, die die Notwendigkeit des Zusammenlebens verschiedener Bekenntnisse
in demselben staatlichen Organismus den Ansprüchen eines Sonderglaubens
zieht.
»Gedanken und Erinnerungen«,
Bd. II, S. 125
In einem geordneten Gemeinwesen soll jede Person und jedes Bekenntnis das Maß
an Freiheit genießen, welches mit der Freiheit der übrigen und der
Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes vereinbar ist. In dem Kampfe für
diesen Grundsatz wird Gott das Deutsche Reich auch gegen solche Gegner schützen,
welche seinem heiligen Namen einen Vorwand für ihre Feindschaft gegen unseren
inneren Frieden entnehmen.
Aus einer Ansprache an eine
Deputation, 5. September 1872
Ein gewisser Grad von positivem Christentum ist dem gemeinen Manne nötig,
wenn er nicht der menschlichen Gesellschaft gefährlich werden soll.
Zweite Kammer, 15. November
1849
Ich glaube, dass, wenn die Gesetzgebung das Volk lehren und leiten will, es
ihre Aufgabe ist, dahin zu wirken, dass das Volksleben sich in allen Verhältnissen
fest auf den Stab des Glaubens, an die Segnungen der Religion stützt.
Zweite Kammer, 15. November
1849
Entziehen wir die religiöse Grundlage dem Staate, so behalten wir als Staat
nichts, als ein zufälliges Aggregat von Rechten, eine Art Bollwerk gegen
den Krieg aller gegen alle, welche die ältere Philosophie aufgestellt hat.
Vereinigter Landtag, 15. Juni
1847
In Preußen gibt es verfassungsgemäß wie politisch einen Standpunkt,
den der vollen Freiheit der Kirche in kirchlichen Dingen und der entschiedenen
Abwehr jeden Übergriffs auf das staatliche Gebiet.
An den Gesandten beim päpstlichen
Stuhle Harry v. Arnim, Berlin, 26. Mai 1869
Die katholische Bevölkerung Deutschlands hat denselben Anspruch wie die
evangelische auf Berücksichtigung ihrer religiösen Überzeugung.
An den preußischen Gesandten
Graf v. Usedom in Florenz, 30. Oktober 1867
Konfessionell kann eine Regierung nur dann auftreten, wenn sie eine Staatsreligion
hat. Eine solche haben wir nicht.
Abgeordnetenhaus, 30. Januar
1872
Entnommen aus: Goldene Worte des Alt-Reichskanzlers.
Aussprüche des Fürsten Bismarck über Politik, Leben und Weltanschauung.
Zusammengestellt von Dr. Adolph Kohut. Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.
Leipzig 1915 (S.89ff)
Erziehung,
Lehrer und Schule
Der mächtige Einfluss, welche die Gesamtheit der Lehrer auf die nationale
Erziehung nimmt, besteht darin, , dass das deutsche Kind gleichsam wie ein unbeschriebenes
Blatt dem Lehrer an die Hand gegeben wird, und was dieser zuerst im primären
Unterricht darauf schreibt, bleibt in unzerstörbarer Schrift fürs
ganze Leben.
Aus einer Ansprache an Mitglieder
des bayrischen Volksschullehrervereins, 11. August 1893
In der Bildsamkeit der Jugend, in dem Festwachsen der Kindheitseindrücke
liegt die Gewalt des deutschen Lehrerstandes über die deutsche Zukunft
. . . Wer die Schule hat, hat die Zukunft.
Zu Mitgliedern des bayrischen
Volksschullehrervereins, August 1893
Für die Schule ist es eine dankbare Aufgabe, auf die Festigung des Gefühls,
dass wir alle Deutsche sind, hinzuwirken.
Zu Mitgliedern des bayrischen
Volksschullehrervereins, August 1893
Die Lehrer sollen ihren Zöglingen nicht mit den vorherrschenden Gefühlen
der amtlichen Stellung und Würde, sondern mit dem vorherrschenden Gefühl
der Liebe zu den Unmündigen entgegenkommen . . . Im Kinde steckt doch ein
Mensch, ein Gottesgeschöpf, das seinerseits Anspruch auf Achtung wegen
seiner Schwachheit und Hilflosigkeit hat, und auch im Herzen im freundlichen
Sinne behandelt werden sollte. Ich möchte sagen, wie der Mann gegenüber
der Frau rücksichtsvoller, höflicher ist, gerade weil er der stärkere
ist. Dieses Verhältnis der Überlegenheit ist zwischen Lehrer und Kind
noch in größerem Maße vorhanden. Aber gerade in dieser Überlegenheit
liegt auch für ein edel denkendes Herz das Interesse für den Schützling,
der ihm anvertraut ist. Also möchte ich den Lehrern ans Herz legen: fahren
Sie säuberlich mit dem Knaben Absalom und seien Sie freundlich und wohlwollend.
Aus einer Ansprache an die Lehrer
des Lüneburger Schullehrerseminars, 10. Mai 1894
Entnommen aus: Goldene Worte des Alt-Reichskanzlers.
Aussprüche des Fürsten Bismarck über Politik, Leben und Weltanschauung.
Zusammengestellt von Dr. Adolph Kohut. Druck und Verlag von Philipp Reclam jun.
Leipzig 1915 (S.91f)