Bion von Borysthenes (335 - 245 v.Chr.)
Griechischer Philosoph. Bion war der Sohn eines Salzfischhändlers und einer Prostituierten. Xenokrates, Theophrast, der Kyniker Krates und der Atheist Theodoros waren seine Lehrer. Manche bezeichnen ihn als Schöpfer der Diatribe, einer Prosagattung, für die es in der deutschen Sprache keinen genau entsprechenden Ausdruck gibt, man versteht darunter »Traktate«, »Essays«, »weltliche Predigten«.

Siehe auch Wikipedia

Über die Götter
Krates fragte Stilpon: »Freuen sich die Götter, wenn man sie verehrt und zu ihnen betet?« Da soll Stilpon geantwortet haben: »Idiot! Frag mich so etwas nicht auf der Straße, sondern wenn wir allein sind.« Bion soll dasselbe gesagt haben, als man ihn fragte, ob die Götter existieren.
Diog. Laert. 2,117

Der Gott, der die Kinder von Übeltätern bestraft, ist noch lächerlicher als der Arzt, der den Enkel oder Sohn behandelt, weil der Großvater oder Vater krank war. Plutarchus: De sera numinis vindicta 19, 561c

Das sind eure Götter, die Abbilder, die [Nachkommen] zeugen, und dann noch jene »lahmen, runzligen, schielenden Litai«, eher Töchter des Thersites als des Zeus [zu nennen], so dass Bion, wie mir scheint, ganz treffend gesagt hat: »Mit welchem Recht können die Menschen Zeus um treffliche Kinder bitten, wenn er selber nicht imstande war, sich solche zu verschaffen?« Clem. Alex.protr. 19,561c

Draußen sitzt der Abergläubische, in Sacktuch gehüllt der mit schmutzigen Lumpen gegürtet. Manchmal wälzt sich nackt im Schlamm und bekennt irgendwelche Sünden und Verfehlungen, die er beging — zum Beispiel hatte das und jenes gegessen oder getrunken oder einen Weg eingeschlagen, den die Gottheit nicht zuließ. Wenn es ihm aber sehr gut geht und es sich um einen milden Fall von Aberglauben handelt, bleibt er zu Hause, wird geschwefelt und magisch gereinigt, und die alten Weiber hängen ihm, als wäre er ein Nagel, alles an, was sie gerade tragen, oder befestigen es an ihm. Plut. superst. 7,168d

Einmal weist Bion logisch nach, daß jeder, ein andermal, dass keiner sich gegen die Götter vergeht. Wenn er all. vom Felsen hinunter stürzen möchte, sagt er: »Jeder, der das, was den Göttern gehört, genommen, gebraucht und für sich verwendet hat, vergeht sich gegen die Götter Alles gehört ja den Göttern. Was man also nimmt, nimmt man den Göttern weg, denn ihnen gehört alles; wer also irgendetwas nimmt, vergeht sich gegen die Götter Wenn er dann entscheidet, dass man ungestraft Tempel zerstören und das Capitol ausplündern dürfe, sagt er: »Es gibt keine Vergehen gegen die Götter; denn alles, was man nimmt, wird von einem Ort, der den Göttern gehört an einen Ort befördert, der [auch] den Göttern gehört. Seneca: De beneficiis 7,7,1
Kröner Stuttgart, Kröners Taschenausgabe Band 484, Georg Luck, Die Weisheit der Hunde
Texte der antiken Kyniker in deutscher Übersetzung mit Erläuterungen (S.244-246)
© 1997 by Alfred Kröner Verlag in Stuttgart, Veröffentlichung auf Philos-Website mit freundlicher Erlaubnis des Alfred Kröner Verlags, Stuttgart