Willibald Beyschlag (1823 - 1900)

 

Deutscher evangelischer Theologe, der im Jahre 1860 von der Universität Königsberg zum ordentlichen Professor für Praktische Theologie und neutestamentliche Exegese ernannt wurde und sich in erster Linie mit der Erforschung des Neuen Testamentes beschäftigte. Beyschlag übte scharfe Kritik an dem ultramontanen Katholizismus und strebte eine Einheit von Christentum und Kultur an, die nach seiner Auffassung das gesamte deutsche Geistesleben beherrschen sollte.

Siehe auch Wikipedia und Kirchenlexikon

 

Der Ölbergkampf
Seine Leiden wurden ihm Anlaß zum Gehorsam, und so zur Vollendung gelangt, ward er für alle, die gehorchen, der Urheber ewigen Heils. Heb 5,7/9

Niemals in seinem Leben sehen wir so klar auf den Grund seines Herzens wie hier, und niemals sehen wir ihn so vollkommen menschlich und so göttlich vollkommen zugleich. Er kann schwanken, fragen, zagen — dennoch, der Anker des Willens, eingesenkt in den Grund der Ewigkeit, in den Willen des himmlischen Vaters, reisst nicht.

»Nicht wie ich will, sondern wie du willst«,

das bleibt fest und klar, und von da aus klärt und festigt sich alles. Nicht das war ja von vornherein seiner Frage Sinn, ob es möglich sei, sich das Äußerste zu ersparen: das war fraglos möglich; noch war er frei, noch braucht er nur fliehen zu wollen. Aber an diese Möglichkeit denkt er gar nicht; er fragt nur, ob es denn im Rat seines himmlischen Vaters keinen andern, minder furchtbaren Weg gebe, das Werk auszuführen, zu dem er gesandt ist. Und wie nun im Gebetskampf die Erkenntnis: »Es ist nicht möglich« wieder durchdringt, da ist auch der erkannte Wille des Vaters des Sohnes entschlossener Wille, und an die Stelle des

»Nicht wie ich will, sondern wie Du willst«
,

tritt das

»lch und der Vater sind eins«
.

Eine weitere Versuchung nach dieser ist nicht mehr denkbar; ein noch größeres Opfer als das hier gebrachte gibt es nicht. Er ist der Heilige unter den Sündern, der im Gehorsam Vollendete. Er kann wirklich denen, die ihm gehorsam werden, ewigen Lebens Urheber sein
(Heb 5, 7/9). S.107
Aus: Otto Karrer, Jahrbuch der Seele . Aus der Weisheit der christlichen Jahrhunderte. Verlag Ars Sacra Josef Müller München