Ambrosius, griech. »der Unsterbliche« (340 – 397)
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Lateinischer
Kirchenlehrer und Kirchenvater; Sohn des Präfectus Prätorio
für Gallien; nach Augustinus (conf:
V, 13) »best- und weltbekannt« denn Augustinus hatte »voll Spannung am Wort des Ambrosius gehangen,
sich oft an den Süßigkeiten seines Vortrags ergötzt, ja
er verdankte seinem Mund allererst die Bekehrung« (Epist. 147). Der
Bildungsgang des Ambrosius begann in Rom, dort
wurde er Konsul (370) und dann Konsular für
Amilia und Ligurien (374), eilte auf seinen
neuen Amtssitz nach Mailand, um dort gegen die Umtriebe der Arianer Ordnung zu stiften — und wurde »durch den Volkswillen«
(durch die allgemeine Begeisterung über eine Kinderstimme, die plötzlich
aus der Menge gerufen hatte: »Ambrosius, Bischof!«)
Kirchenfürst, noch ehe er die Taufe empfangen hatte. Ambrosius war der Berater des Kaisers Gratian, der unter
seinem Einfluss die letzten Staatsbeiträge für den antiken Götterkult abschaffte, die heidnischen Privilegien und Tempelgüter einzog, schließlich
das letzte Wahrzeichen der alten Götter beseitigen ließ: die Bildsäule der Siegesgöttin, die der Kaiser
Augustus im Sitzungssaal des Senats hatte errichten lassen. Es war
auch der Einfluss des Ambrosius, der im Jahre 381 auf dem Konzil zu Aquileia überwog
und zur endgültigen Verurteilung der Arianer führte. Er setzte die allgemeine Geltung des Nicänischen Glaubensbekenntnisses durch
und führte nach östlichem Vorbild den hymnischen Kirchengesang ein. Die literarischen Meisterwerke des Ambrosius sind vornehmlich der christlichen Einverleibung des Alten Testamentes gewidmet
so vor allem das »Hexameron«, ein
Kommentar zu den sechs Schöpfungstagen der Genesis. - Heiliger
(Tag: 7. 12). Siehe auch Wikipedia , Kirchenlexikon und Heiligenlexikon Siehe auch Bibliothek der Kirchenväter |
Aus dem Hexameron
1., 1. Erstaunlichem Wahn konnten Menschen verfallen; einige von ihnen stellten drei Ursprünge für alles Seiende auf,
Gott, die Ideen, die Materie. So Platon und seine Schule. Diese
drei Urprinzipien seien, so versicherten sie, ungeschaffen,
anfangslos, unvergänglich. Gott habe
also nicht als Schöpfer der Materie, sondern nur
als Bildner, dem eine Idee vorschwebt, die Welt
aus der Materie gemacht. Andere gibt es, die halten sogar die Welt selbst für unvergänglich, also nicht für geschaffen. Wieder
andere — so Aristoteles und seine Schule — nehmen zwei Urprinzipien an, Materie und Form,
und in Verbindung damit ein drittes, das sie »das
Bewirken« nennen... Pythagoras nahm
nur eine einzige Welt an, wogegen andere, wie
Demokrit, das Dasein zahlloser verschiedener Welten behaupten... Wie ließe sich bei so widersprechenden Ansichten der wahre Sachverhalt ermitteln?...
1., 1, 5. Da der heilige Moses im göttlichen
Geiste voraussah, dass solche menschlichen Irrtümer begangen werden
könnten, vielleicht sogar schon zu seiner eigenen Zeit auch begangen worden
waren, stellte er den folgenden Satz an den Anfang seines Berichtes: »Im
Anfang hat Gott den Himmel und die Erde erschaffen.« Er spricht
zugleich damit aus, dass jedes Ding einen Anfang,
die Welt einen Urheber, die Materie einen Schöpfer habe. Man sollte
daraus erkennen: Gott ist der Anfang des
Alls, gemäß der Antwort, die das Evangelium vom Sohne
Gottes berichtet, der auf die Frage »Wer bist du?« erwiderte: »Der Anfang!« (Joh.
8, 25.) Nur Gott hat allen Dingen den Anfang ihres Entstehens gegeben, Gott allein ist der Schöpfer der Welt. Nicht nur an Hand einer Idee,
gleichsam als ein Nachformer der Materie, der nur nach irgendwie gegebenen Mustern
seine Werke gestaltet, sondern aus dem Nichts, nach Seinem freien Ermessen.
Zutreffend also gebraucht Moses die Wendung »Im Anfang hat Er geschaffen«; damit wollte er bekunden,
dass gleich das Ergebnis der vollendeten Schöpfung den nachfolgenden Aufzeigungen der Einzelheiten in seiner Darstellung vorangestellt
sei, um die unbegreifliche Schnelligkeit des Schöpfungsvorgangs auszudrücken.
1., 6, 1. Wir müssen beachten, wer dies ausspricht. Es ist
Moses, der mit allen Weisheiten der Ägypter so wohlvertraut war, Moses, den die Tochter des Pharao aus dem Nil hatte heben lassen und
der von ihr wie ein eigenes Kind behandelt worden war, Moses, den sie liebgewonnen
und in allen Lehren und Geheimnissen damaliger Weltweisheit hatte unterrichten
und ausbilden lassen. Obwohl sein Name Moses »der
aus dem Wasser Gerettete« bedeutete, glaubte er trotzdem nicht,
wie Thales, dass alles aus dem Wasser komme.
Und obwohl er auf dem Königshof herangewachsen und an Genuß gewöhnt
war, zog er es trotzdem vor — aus Gerechtigkeitsliebe —, das bittere
Brot freiwilliger Verbannung zu essen, statt in Üppigkeit als hoher Würdenträger
der pharaonischen Gewaltherrschaft seine Dienste der Ungerechtigkeit und der
Sünde zu widmen... Ihm stellt die Schrift das Zeugnis aus, daß »kein
Prophet nach Moses aufstand. der — ihm gleich — den Herrn gekannt
hätte von Angesicht zu Angesicht« (Deut.
34, 10). Nicht in Visionen oder in Träumen, sondern von Mund
zu Mund hat er mit Gott sprechen dürfen, er ist vom Allerhöchsten
der Gnade gewürdigt worden, Gottes Gegenwart nicht nur im Bild oder
in Rätseln und Parabeln zu schauen, sondern in der klaren Helle des Tages
und der Wahrheit.
Dieser Mann ist es, der die Worte weiterleitete, welches durch den Herrn in
ihm laut wurden, so wie verheißen worden war, als Gott ihn zum Pharao
sandte: »Ziehe hin, und ich werde deinen Mund öffnen
und dich lehren, was du sprechen sollst«
(Exod. 4, 12). Und wenn er schon die Worte, die zur Entlassung seines
Volkes aus der Knechtschaft gesprochen werden mußten, von Gott selbst
empfangen hat — um wieviel mehr muß dies für jene Worte zutreffen,
die über den Himmel auszusagen ihm aufgetragen worden war! Nicht in Überredung
durch menschliche Weisheit (1. Kor. 2, 4), nicht
durch Trugschlüsse der Philosophen, sondern in Erweisung von Geist und
Kraft, als Zeuge gleichsam der göttlichen Schöpfung,
hat er es auszusprechen gewagt: »Im Anfang schuf
Gott Himmel und Erde.« Moses wartete
also nicht erst die Ergebnisse eines langwierigen Prozesses ab, ließ nicht
erst vielleicht vergeblich bleibende Versuche anstellen, ob sich diese Welt
allmählich aus Atomverbindungen etwa Schritt für Schritt zusammengefügt
haben könnte, er wartete auch nicht auf Schüler der Materie, um durch
diese erst einmal solche Eigenschaften der Materie erproben zu lassen, durch
welche sie die Welt vielleicht geformt haben könnte, sondern er glaubte,
es gleich vorweg aussprechen zu müssen, daß
Gott der alleinige Urheber des Alls sei.
Ein Mann voll Weisheit, begriff er, daß nur in Gottes
Geist alles Sein und Dasein, alles Wesen und Sosein, aller Grund der
sichtbaren und unsichtbaren Dinge beruhen kann und daß nicht erst, wie
die Philosophen immer noch lehren, die Verbindung der Atome deren stetige Fortdauer
ermögliche. Ihm kam es vor, als spannen alle diese Gelehrten nur ein Spinnengewebe und daß sie immer wieder zu kleine, unzureichende, wesenlose Prinzipien
für das Dasein von Himmel und Erde ansetzten. Hätten diese Prinzipien
nicht in der göttlichen Macht ihres göttlichen
Lenkers einen festen Bestand und wären diese Elemente nur wie zufällig
miteinander verbunden, so müßten sie sich längst wieder
aufs Geratewohl aufgelöst haben. Kein Wunder übrigens, daß die,
welche Gott nicht kennen, auch nichts vom Schöpfer
der Welt wissen, der doch alles bestimmt und alles regiert. Lassen wir
uns darum nicht von bloßen Meinungen anführen, und folgen wir lieber
dem, der die Allgegenwart sowohl des Schöpfers als auch des Lenkers an sich selbst Wirklich erfahren
hat.
1., 8. »Im Anfang« — so hat Moses also begonnen. Eine treffliche Anordnung! Er betont vor allem gerade
das, was man in der griechischen und römischen Welt zu leugnen pflegt:
Der Mensch soll erkennen, daß diese Welt einen Anfang hat — wir
sollen sie nicht länger für anfangslos halten.., und dazu das treffliche »Er hat geschaffen« — womit nämlich
die Anmaßung einer ungeschaffenen
ewigen Welt widerlegt und auch der Annahme
eines zeitlichen Verlaufs des Schöpfungsakts von vornherein vorgebeugt
werden soll. Die Menschen müssen einsehen, wie unvergleichlich der Schöpfer
ist; die Ausführung Seiner Willenstat geht jedem merklichen Zeitablauf
voraus. Niemand sah Ihn schöpfen und schaffen, und auch Er sieht nur das
geschaffene Werk vor sich. Wie könnte auch von einem Zeitablauf die Rede
sein, wenn wir da lesen: »Er sprach, und es wurde,
Er befahl, und es war erschaffen« (Ps.
32, 9). Nicht also bedurfte es eines Kunstaufwands oder einer Kraftanstrengung
für den, der mit Seinem Willensakt die majestätische Pracht eines
so gewaltigen Werkes vollendet — so daß Er das Nichtseiende auf
einmal ins Dasein versetzt. So plötzlich, daß weder die Schöpfung
Seinem Willensakt nachkommt oder vorangeht, noch Sein Willensakt der Schöpfung
zuvorkommen kann.
Wir staunen noch über das Werk, wir fragen nach dem Meister, der einer so gewaltigen Schöpfung ihren Anfang hat geben
können, der es so plötzlich ins Dasein gerufen hat — da fügt Moses auch schon die Antwort hinzu: »Den Himmel und die Erde«, die also hat Gott geschaffen.
So haben wir den Schöpfer selbst vernommen und dürfen nicht zweifeln:
Dieser ist es, in welchem Melchisedek den Abraham gesegnet hat, den Stammvater so vieler Völker, mit den Worten: »Gesegnet
sei Abraham vor Gott dem Höchsten, der den Himmel und die Erde erschaffen
hat.« ... (S.285-288)
Enthalten in: Christliche Geisteswelt, Band I, Die
Väter der Kirche . Herausgegeben von Walter Tritsch ,Holle Verlag , Darmstadt