al-Busîrî
(? – 1294/97 n. Chr.)
Arabischer Dichter,
der das überschwängliche Lobgedicht auf Mohammed
»al- Burda« (der Mantel) schrieb, aus dem der folgende Textabschnitt
stammt.
Siehe auch Wikipedia
Der Prophet - ein Lobgedicht
auf Mohammed
Gott vergebe mir, daß ich ohne Taten rede. Ich habe es versäumt,
mir einen Vorrat von freiwilligen guten Taten vor meinem Tode zu verschaffen;
ich habe weder gebetet noch gefastet mehr als vorgeschrieben. Ich habe die sunna dessen vernachlässigt, der die dunkle Nacht durch Andachtsübung belebte,
bis seine Füße vor Schmerz wund wurden, weil sie anschwollen; der
die Eingeweide vor Hunger zusammenschnürte, der seine zarte Haut um die
Weichen mit Steinchen festschnürte; hohe Berge von Gold wollten ihn versuchen,
aber welche Verachtung bezeugte er ihnen! sein angeborenes Wesen nötigte
ihn, sie zu verschmähen; sein Wesen widerstrebt nicht seiner Unfehlbarkeit.
Wie könnte sein Wesen ihn dazu treiben, die Welt zu genießen? Wäre
doch die Welt nicht ohne ihn zustande gekommen - Muhammed, Herrn des irdischen
und des jenseitigen, der Menschen und der Djinnen (Dämonen), der beiden Völker: Araber und Barbaren.
Unser Prophet, welcher Gebote und Verbote einsetzte - niemand ist reiner als
er, wenn er bestätigt oder verneint. Er ist der Freund, auf dessen Fürbitte
wir vertrauen bei allen Schrecknissen, die uns treffen. Zu Gotte lud er ein;
diejenigen, welche an ihm festhalten, halten an einem Strick, der nicht zerreißt.
Er übertraf die Propheten in äußerer und innerer Schönheit.
Sie kamen ihm nicht nahe in Einsicht noch Adel. Sie begehrten alle vom Gesandten
Gottes eine Handvoll Wasser aus seinem Meere oder einen Schluck seines unaufhaltsamen
Regens zu erhalten. Er ist derjenige, dessen Inneres und Äußeres
vollkommen sind, und der Schöpfer der Menschen wählte
ihn als Freund. Er hat keinen Ebenbürtigen, der seiner schönen Eigenschaften
teilhaft wäre; das eigene Wesen der Schönheit hat ungeteilt in ihm
seinen Sitz.
Sage nicht von ihm, was die Christen von ihrem Propheten behaupten; aber erteile
ihm sonst, welches Lob du willst. Sprich seinem Wesen zu, was du willst, vom
Edlen, sprich seiner Kraft zu, was du willst, von Stärke. Denn die Vorzüge
des Gesandten Gottes sind ohne Massen, niemand kann es mit seinem Mund beschreiben.
Wenn seine Wunder in Größe seiner Kraft entsprächen, würde
sein Name, wenn er genannt wird, vermorschte Gebeine beleben. Aus Fürsorge
für uns hat er uns nicht mit dem, was unser Verstand nicht faßt,
gequält; wir sind frei von Zweifel und Unsicherheit. Die Menschen sind
außerstande, sein inneres Wesen zu begreifen; niemanden siehst du,
nah oder fern, der nicht damit zu kurze käme. Sein
Wesen ist wie die Sonne, welche nur aus der Ferne unseren Augen klein scheint,
aber in der Nähe das Gesicht blendet.
Wie könnte sein wahres Wesen in dieser Welt gefasst werden, von schlafenden
Leuten, deren Interesse an ihm durch ein Traumbild befriedigt wird, und die
keine höhere Erkenntnis von ihm erreichen, als dass
er ein Mensch und das beste aller Geschöpfe Gottes sei. Alle Wunder,
welche die edlen Gesandten zustande brachten, erhielten sie von seinem Licht.
Er ist die hochedle Sonne, und sie sind ihre Sterne, welche ihr Licht den Menschen
im Dunkel strahlen machen. Wie edel war die Gestalt eines Propheten, dessen
Charakter seine Zierde war, der sich in Schönheit verhüllte, dessen
Merkmal Lächeln war; wie die Blume an Anmut, wie der Vollmond an Adel,
wie das Meer an Reichtum, wie die Zeit an Energie. Kein Wohlgeruch kann mit
dem sein Gebein umschließenden Staube verglichen werden. Selig, wer seinen
Duft einatmet und küßt!
Leugne nicht die Offenbarung, welche er in seinem Traumgesicht empfing; er hat
ein Herz, das nicht schlummert, wenn auch die Augen schlafen. Wie oft hat seine
Hand durch Berührung einen Kranken geheilt und einen Bedürftigen aus
der Schlinge des Wahnsinns gelöst, und wie oft hat sein Gebet dem wüsten
Hungerjahr Leben geschenkt!
O, du, der Beste von denen, zu deren Gehöfte die Gnadesuchenden hinstreben,
fürbaß und auf den Rücken der tiefe Spuren tretenden Kamele.
Nachts zogst du von Heiligtum zu Heiligtum, wie der Vollmond in der tiefen Finsternis
dahin zieht; in der Nacht stiegst du immer weiter empor, bis daß du eine
Stätte erreichtest »in Entfernung eines Bogengeschosses«, die
niemand vorher erreicht noch erstrebt. Deshalb gaben dir die sämtlichen
Propheten und Gesandten einen Vorzug, wie man den Herrn vor einem Diener auszeichnet.
Und du durchzogst mit ihnen die sieben Himmel in einer Ritterschar, deren Bannerträger
du warst, daß du erlangtest eine Vereinigung - wie verborgen den Augen!
- und ein Geheimnis - wie versteckt!
Heil uns, dem Stamm des Islam! Wir haben durch Gottes
Fürsorge einen Pfeiler, der nicht zerbricht.
Du, Edelster der Geschöpfe! Ich habe niemanden, bei dem ich Zuflucht suche,
außer dir, wenn die Stunde eintritt, die Alle trifft. Und deine Autorität,
o Gesandter Gottes, wird mir genügen, wenn der Hochedle sich als Rächer
offenbart.
O, Seele! Verzweifle nicht wegen eines Fehltritts, auch wenn er groß wäre!
Beim Vergeben sind die schweren Sünden wie die kleinen. O, Herr! lass
nicht meine Hoffnung bei dir getäuscht werden, und laß meine Rechnung
nicht vereitelt werden. Sei deinem Knechte gnädig in dieser und jener Welt!
sein Mut verlässt ihn, wenn die Schrecknisse ihm drohen. S.361-363
Nach Die Burda, ein Lobgedicht auf Muhammad von Al-Busiri, heraus gegeben von
C. A. Ralfs, Wien 1860.
Aus: Textbuch zur Religionsgeschichte. Herausgegeben von D. Edv. Lehmann und
D. Hans Haas, A. Deichertsche Verlagsbuchhandlung