Die Antwort des Lactantius auf Epikurs Theodizee-Frage:

Gott will entweder die Übel aufheben und kann nicht;
oder Gott kann und will nicht;
oder Gott will nicht und kann nicht;
oder Gott will und kann.

Wenn Gott will und nicht kann, so ist er ohnmächtig; und das widerstreitet dem Begriffe Gottes.
Wenn Gott kann und nicht will, so ist er missgünstig, und das ist gleichfalls mit Gott unvereinbar.
Wenn Gott nicht will und nicht kann, so ist er missgünstig und ohnmächtig zugleich, und darum auch nicht Gott.
Wenn Gott will und kann, was sich allein für die Gottheit geziemt, woher sind dann die Übel, und warum nimmt er sie nicht hinweg?


gibt Lactantius folgende Antwort:

Ich weiß, dass die meisten Philosophen, die für das Walten der Vorsehung eintreten, durch diese Beweisführung in Verlegenheit kommen und beinahe wider Willen zum Geständnis gedrängt werden, dass Gott sich um nichts kümmere; worauf es Epikur zunächst abgesehen hat.

Aber wir, denen der Grund der Übel am Tage liegt, lösen dieses Schreckbild von Beweis ohne Schwierigkeit auf.

Gott kann alles, was er will, und Schwäche oder Missgunst ist nicht in ihm.


Er kann also die Übel hinweg nehmen, aber er will nicht; und doch ist er darum nicht missgünstig.

Er nimmt sie aus dem Grunde nicht hinweg, weil er, wie bemerkt, dem Menschen zugleich die Weisheit (Vernünftigkeit) verliehen hat, und weil mehr Gutes und Annehmliches in der Weisheit liegt, als Beschwerlichkeit in den Übeln.


Denn die Weisheit bewirkt, dass wir auch Gott erkennen und vermöge dieser Erkenntnis die Unsterblichkeit erlangen, und darin besteht das höchste Gut. Wenn wir also nicht vorher das Übel erkennen, so vermögen wir auch das Gut nicht zu erkennen. Aber das hat weder Epikur noch irgendein anderer sich klar gemacht, dass mit der Aufhebung der Übel zugleich die Weisheit hinweg genommen würde, und dass keine Spur von Tugend mehr im Menschen bliebe; denn das Wesen der Tugend liegt im Ertragen und Überwinden der Bitterkeit der Übel. So müssten wir also wegen des geringfügigen Vorteils der Aufhebung der Übel des größten und wahren und uns ausschließlich zukommenden Gutes entbehren. Es steht demnach fest, dass alles der Bestimmung des Menschen dient, sowohl die Übel als auch die Güter.
Bibliothek der Kirchenväter, Des Luc. Cael. Firm. Lactantius Schriften: Vom Zorne Gottes (De ira dei), Ziffer 13, S.101 – 103, 1919 Kempten & München, Verlag der Jos. Köselschen Buchhandlung

http://www.philos-website.de/autoren/lactantius_g.htm

Vielleicht steckt ja das Böse im urgründigen Trieb des Urwesens aufgrund seines ewigen Dasein-Müssens und kann nur durch das leib- und schmerzhafte Erleiden der bösen und üblen Erfahrungen im zeitlich begrenzten Dasein dieser Todeswelt eliminiert bzw. gut gemacht werden. Es ist ja einsichtig, dass das Böse nicht einfach unbesehen durch den Tod hindurchmarschieren und im »himmlischen Jenseits« Fuß fassen, agieren und sich verewigen darf. So gesehen wäre unsere Leibeshaft in der missliebigen Leidenschaft dieser Welt ein Reinigungsprozess, der im besten Fall in einem Einigungsprozess vollendet wird. Es ist allerdings durchaus vom ewigen Haus aus denkbar, dass ein unheilbar erkranktes böses Wesen im Tode in einen traumlosen Schlaf fällt (anderer Tod), aus dem es kein Erwachen mehr für es gibt. In Fällen, die nicht rettungslos unheilbar erkrankt sind, mag die göttliche Vorsehung weitere Chancen zur Besserung in weiteren Wiedergeburten bereithalten.

http://www.philos-website.de/autoren/hiob_g.htm